Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

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O.- v. - Guericke Universität Magdeburg Institut für Sportwissenschaft Dozent: Dr. Wolfram Streso Wintersemester 2011/12 vorgelegt am Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht. Verfasser: Franz Schulze Matr.-Nr. 179124 B.A. Berufsbildung 6. Semester

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Eine Bachelorarbeit von Franz Schulze, vom Institut für Sportwissenschaft der Universität O.- v.- Guericke Universität Magdeburg.

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O.- v. - Guericke Universität Magdeburg Institut für Sportwissenschaft Dozent: Dr. Wolfram Streso Wintersemester 2011/12 vorgelegt am

Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den

Schulsportunterricht. Verfasser: Franz Schulze Matr.-Nr. 179124 B.A. Berufsbildung 6. Semester

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1. Einleitung 1

2. Die Institution Schule 3 2.1 Struktur und Aufgaben der Schule in Deutschland 3

2.2 Rahmenrichtlinien als inhaltliche Vorgaben zur 4

Unterrichtsgestaltung

3. Der Sportunterricht in der Schule 5 3.1 Institutionelle und organisatorische Bedingungen für den 6

Schulsports.

3.2 Rahmenrichtlinien für das Unterrichtfach Sport der 9

Sekundarstufe I und Sekundarstufe II in Sachsen-Anhalt

3.2.1 Rahmenrichtlinien für das Fach Sport in der Sekundarstufe I 9

in Sachsen-Anhalt

3.2.2 Rahmenrichtlinien für das Fach Sport in der Sekundarstufe II 10

in Sachsen-Anhalt

3.3 Methoden im Schulsportunterricht 12

4. Das Skateboardfahren in der Institution Schule 14 4.1 Geschichtliche Entwicklung des Skateboardfahrens 15

4.2 Skateboardfahren im Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I 16

und Sekundarstufe II in Sachsen-Anhalt.

4.3 Bestehende Konzepte zur Vermittlung des Skateboardfahrens 17

4.4 Der Beitrag des Skateboardfahren zu zentralen Bildungs- und 19

Erziehungsaufgaben der Schule

4.4.1 Soziale-Aspekte 19

4.4.2 Leistungsaspekte 20

4.4.3 Ästhetische Aspekte 21

4.4.4 Gesundheits- und medizinischer Aspekt 22

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Inhaltsverzeichnis…………………………………………………....Seite

5. Das Konzept im Überblick 23 5.1. Exemplarische Möglichkeiten zur Umsetzung 24

pädagogischer Perspektiven im Bewegungsfeld

Skateboardfahren

5.2 Organisatorische Vorbereitungen zur Gestaltung des 25

Unterrichtsthemas: Skateboardfahren

5.3 Die physischen und psychischen Qualifikationen der 27

Lernenden und Lehrenden.

5.4 Konzeptdarstellung 29

6. Resümee 33

7. Quellen und Literaturverzeichnis 35

8. Abbildungsverzeichnis 38

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1. Einleitung

Seit der Einführung des Faches Sport in der Schule 1861 haben sich Begriffe

sowie Vorstellungen über Ziele, Inhalte und Methoden, die Rahmenbedingungen

und auch die Praxis immer wieder verändert. Infolgedessen muss im Kontext

vom Wandel der Jugend, der Schule, des Sports und der Gesellschaft immer

wieder über eine neue Gestaltung von Schulsportinhalten nachgedacht und

diskutiert werden (vgl. Balz, 1996, S. 7). Schülerinnen und Schüler spielen dabei

eine entscheidende Rolle. Sie sind es, die häufig auf neue Bewegungsformen

aufmerksam werden, diese nutzen, sie ausprobieren und ihnen teilweise ganze

Lebensstile zuschreiben, wie z.B. beim Skateboarden (vgl. Heim, 2006, S. 17).

Die neuen Bewegungsformen werden oft als „Trendsportart“ betitelt. Jürgen

Schwier beschreibt die Trendsportart wie folgt: „Der Begriff der Trendsportart

kennzeichnet dabei neuartige bzw. lifestylegerecht aufgearbeitete

Bewegungsformen, die als „charismatische Produkte“ (Lamprecht & Stamm

1998, S. 372) ein erhebliches Verbreitungspotenzial besitzen. Trends im Feld

des Sports sind ferner dadurch gekennzeichnet, dass sie unsere eingewöhnten

Sportvorstellungen überschreiten und zuvor unbekannte oder vernachlässigte

Auslegungen des menschlichen Sichbewegens in unseren Horizont rücken“

(Schwier, 2000, S. 20).

Die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen tragen zusätzlich zur

Ausweitung des Interesses der Schülerinnen und Schüler an Trendsportarten bei.

Horst Opaschowski (2000) schildert dies wie folgt: „In einer Zeit, in der fast

alles erkundet, erfahren, erforscht und ausgelotet erscheint und alle Gene

entschlüsselbar sind, sucht der Mensch neue Herausforderungen, die – wie die

Natur- Unwägbarkeiten und Risiken enthalten, damit das Leben ein Abenteuer

bleibt“ (S. 15).

Es ist fraglich, ob der Schulsport mit seiner Orientierung an traditionellen

Schulsportarten und dessen Ausübung nicht Gefahr läuft, eine entscheidende

Entwicklung zu verpassen und damit die Bedürfnisse von Schülerinnen und

Schülern nicht mehr befriedigen kann.

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Hieraus ergibt sich die Fragestellung der vorliegenden Arbeit:

Ist eine Eingliederung der Trendsportart „Skateboardfahren“ in den

Schulsportunterricht möglich und wie kann einen Vermittlung aussehen?

Der Aufbau der Arbeit orientiert sich an einer Struktur, die vom Allgemeinen

(Institution Schule) zum Besonderen (Skateboardfahren in der Schule)

ausgerichtet ist.

Im ersten Teil dieser Arbeit werden die Aufgaben und Strukturen der Institution

Schule näher betrachtet. Des Weiteren wird kurz auf den Bildungs- und

Erziehungsauftrag eingegangen.

Anschließend folgt eine detaillierte Betrachtung des Schulsportunterrichtes. Es

werden grundlegende institutionelle und organisatorische Bedingungen des

Schulsports aufgezeigt. Im speziellen rücken die Rahmenlehrpläne des Landes

Sachsen-Anhalt in das Betrachtungsspektrum dieser Arbeit.

Bevor allerdings ein Konzept als solches näher erläutert wird, soll im Kapitel 4

ein Überblick zur Trendsportart „Skateboardfahren“ gegeben werden.

Beginnend mit einer geschichtlichen Betrachtung findet im weiteren Verlauf des

Kapitels eine Auseinandersetzung mit der eingangs gestellten Frage, ob eine

Eingliederung der Trendsportart „Skateboardfahren“ in den Schulsportunterricht

möglich ist, statt. Die Vereinbarkeit mit den Rahmenlehrplänen sowie der

Beitrag zu zentralen Bildungs- und Erziehungsaufgaben stehen im Mittelpunkt

dieses Abschnitts. Zusätzlich werden bestehende Konzepte zur Vermittlung

aufgezeigt.

Nach theoretischer Betrachtung der Ausgangssituation folgt im Kapitel 5 die

Darstellung des Konzeptes. Überlegungen für eine mögliche Eingliederung des

Skateboardfahrens, in die von der Schule entwickelten pädagogischen

Perspektiven sowie grundlegende organisatorische, physische und psychische

Voraussetzungen werden dabei berücksichtigt und herausgearbeitet. Der

Hauptteil des Konzeptes befasst sich mit einer möglichen konzeptionellen

Vermittlung. Am Ende der Arbeit wird ein Resümee gegeben.

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2. Die Institution Schule

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ca. 12 Millionen Schülerinnen und

Schüler, die an etwa 42000 Schulen, von schätzungsweise 800000 Lehrerinnen

und Lehrern unterrichtet werden. Die Daten verdeutlichen die zentrale Stellung

der Schule im Alltag der Menschen und der Gesellschaft (vgl. Ackeren &

Klemm, 2009, S. 11). Im folgenden Abschnitt wird sich näher mit der Institution

Schule auseinandergesetzt.

2.1 Struktur und Aufgabe der Schule in Deutschland

Das Schulsystem in Deutschland wird in vier Sektionen untergliedert. Der

Elementarstufe sind die Kindergärten zuzuordnen. In der Primarstufe findet sich

die Grundschule wieder. Die Sekundarstufe I umfasst Hauptschule, Realschule

und das Gymnasium. Den Abschluss bildet die Sekundarstufe II mit gymnasialer

Oberstufe und den berufsbildenden Schulen.

Die Schule übernimmt dabei wesentliche Aufgaben der Bildung, Erziehung und

Sozialisation. Über verbindliche Lehrpläne werden Bildungsziele

festgeschrieben, welche Schüler durch ideal formulierte Qualifikationsmaßstäbe

auf einen erhofften Zustand hin qualifizieren. Des Weiteren soll die Schule

soziales Verhalten entwickeln, das zu einem adäquaten und

eigenverantwortlichen Handeln in Lernsituationen sowie im gesellschaftlichen

Zusammenleben befähigt (vgl. Haselbeck, 2007, S. 18ff).

Kern des Bildungs- und Erziehungsauftrages ist es, die Schüler ihren

Voraussetzungen und Fähigkeiten nach zu fördern und sie für eine aktive

Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu qualifizieren (vgl. Bräutigam, 2009,

S. 33).

Die Rahmenrichtlinien der einzelnen Bundesländer verleihen der Schule dabei

einen ernsten und auf das konzentrierte Lernen bezogenen Charakter (vgl.

Kultusministerium Sachsen-Anhalt, 2009, S. 1).

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2.2 Rahmenrichtlinien als inhaltliche Vorgaben zur Unterrichtsgestaltung

Die Rahmenrichtlinien sind ein Oberbegriff für die von staatlicher Seite

erlassenen Vorgaben und Forderungen, die im Bildungssystem erzielt werden

sollen. Inhaltlich nehmen sie Bezug auf eine programmatische

Zusammenstellung von Sollaussagen zu den Erziehungs- und

Unterrichtsaufgaben der Schule und ihren Fächern. Es werden fach- und

stufenbezogene sowie fächerübergreifende Ziele und inhaltliche Vorgaben

definiert. Zusätzlich ist bei der Ausgestaltung der Rahmenrichtlinien auf

bestimmte Funktionen zu achten. Sie sollten eine Orientierungs-, Steuerungs-,

Legitimations- und Innovationsfunktion besitzen sowie die Schaffung von

Freiräumen gewähren (vgl. Bräutigam, 2009, S. 74 - 76). Neue

Unterrichtsinhalte sind auf ihre Verträglichkeit mit den Rahmenrichtlinien zu

prüfen.

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3. Der Sportunterricht in der Schule

Alle Schulfächer stehen in der Verantwortung, den an die Schule gestellten

Gesamtauftrag zu erfüllen. Was für die Gesamtheit aller Schulfächer gilt, trifft

auch für das Fach Sport zu (vgl. Bräutigam, 2009, S. 33).

Nach Bräutigam (2009) „bietet der Sportunterricht die Chance, die Entwicklung

leistungsmotivierten Handelns zu fördern: Ausbildung von Vertrauen in die

eigene Leistungsfähigkeit und Zuversicht in das Vermögen, Anforderungen und

Belastungen kraft eigener Anstrengung bewältigen zu können; Unterstützung

beim Aufsuchen von Herausforderungen; Entwicklung von Motivation und

Bereitschaft, sich Ziele zu setzten und diese konsequent und kontinuierlich zu

verfolgen, sich dabei anzustrengen und bei Erfolg die Ergebnisse des Handelns

auf die eigenen Fähigkeiten zurückzuführen“ (S. 33).

Die durch den Staat definierten Rechte und Pflichten sind als institutionelle

Rahmenbedingungen zu sehen und sichern die Verlässlichkeit und

Berechenbarkeit des Schulsystems. Der Schulsport findet damit in einem fixen

Rahmen von inhaltlichen und organisatorischen Reglementierungen statt. Auf

diese Weise wird der Schulsport grundsätzlich von den außerschulischen

Bewegungs- und Sportaktivitäten abgegrenzt (vgl. Bräutigam, 2009, S. 53).

Bei der Suche nach neuen Schulsportinhalten muss sich daher vorab mit

grundlegenden Bedingungen des Schulsportunterrichts auseinander gesetzt

werden.

Das folgende Kapitel soll die institutionellen Bedingungen des Sports in der

Schule aufzeigen und einen Blick auf die methodische Vermittlung im Fach

Sport werfen.

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3.1 Institutionelle und organisatorische Bedingungen für den Schulsport

Die vom Staat vorgegebenen Rechte und Pflichten für den Schulunterricht

bringen für den Schulsport differenzierte Bedingungen mit sich. In diesem

Abschnitt sollen die Merkmale herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den

Sportunterricht aufgezeigt werden. Michael Bräutigam (2009) charakterisiert in

seinem Werk „ Sportdidaktik - Ein Lehrbuch in 12 Lektionen“ acht Merkmale,

die stark angelehnt sind an den Beitrag „Sport als Schulfach“ von Karlheinz

Scherler. Die Merkmale zeigen detailliert die Bedingungen auf, denen der

Schulsport unterliegt und sollen auch in dieser Arbeit Verwendung finden. Um

den Rahmen der Arbeit nicht zu überschreiten, wird jedes Merkmal lediglich

kurz beschrieben. Für einen umfassenderen Einblick wird auf die einschlägige

Literatur verwiesen.

1. Verpflichtende Teilnahme: Der Schulbesuch ist gesetzlich reglementiert. Es

herrscht allgemeine Schulpflicht. Die Teilnahme am Sportunterricht ist davon

nicht ausgeschlossen.

2. Pädagogische Ziele: Sämtliche Schulfächer müssen ein pädagogisches

Aufgaben- und Zielespektrum abdecken. Zum einen sind das fachspezifische

Ziele, wie im Sportunterricht die Vermittlung sportmotorischer Fertigkeiten,

zum andern fächerübergreifende Ziele, wie die Ausprägung der

Sozialkompetenz.

3. Unterricht nach Stoffplänen: Das Schulwesen steht unter staatlicher Obhut.

Die Länder sind für die Ausgestaltung der Lehrpläne und Richtlinien

verantwortlich. Sie sichern einen gemeinsamen Lernerfahrungsbestand sowie

einen vergleichbaren Lernfortschritt.

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4. Zensuren für Leistungen: Die Lernerfolge der Schüler werden in Form von

Zensuren und Zeugnissen gemessen und fixiert. Im Fach Sport sollen

Qualifikationen ausgebildet werden, die die Schule als sinnvoll ansieht.

Gleichzeitig muss geklärt werden, welche Kompetenzen als bewertungswirksam

zu erachten sind und wie diese als Leistung diagnostiziert werden können. Nicht

nur die sportliche Leistung ist ausschlaggebend, sondern vielmehr der

individuelle Leistungsfortschritt, die Motivation, das Engagement sowie das

soziale Verhalten.

5. Leitung durch professionelle Lehrkräfte: Die Lehrkräfte verfügen über

fachliche Qualifikationen, die eine sachbezogene Unterweisung ihrer Schüler

sichert und sie befähigt, die Erziehung und Bildung der Schüler zu unterstützen.

Der Sportlehrer kombiniert Sport mit Absichten und Ideen und erweitert den

Erfahrungshorizont seiner Schüler.

6. Unterricht in Jahrgangsklassen: Die Schüler werden in altershomogenen

Klassen- und Kursverbänden zusammengesetzt, können aber eine Heterogenität

in den sportlichen Leistungsvoraussetzungen und -fähigkeiten sowie in

sportbezogenen Interessen und Vorlieben haben. Zusätzlich kann die

Klassengröße verhindern, dass alle Schüler gleichzeitig sportlich aktiv werden.

7. Sport im 45-Minuten-Takt: Mit der Unterteilung der Schule in Fächer besteht

eine an die Konzentrationsfähigkeit der Lehrer und Schüler orientierte

Unterrichtsstunden- und Pausengestaltung. Die Zeitvorgabe im Sportunterricht

sorgt für ein ausgewogenes Zeitmanagement, welches zur Strukturierung und

Rhythmisierung des Unterrichts dient. Das Problem dieser zeitlichen Struktur ist,

dass die einzelnen Unterrichtsphasen (Aufwärm-, Erarbeitungs-, Ausklangphase)

unter einem enormen Zeitdruck stattfinden.

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8. Sport auf dem Schulgelände: Das Schulgebäude besitzt zusätzlich zu den

Klassenräumen spezielle Fachräume. Die Sporthalle ist Fachraum für das

Unterrichtsfach Sport. Es ist auf eine adäquate und aktuelle Ausstattung der

Sporthalle zu achten, da sie als Grundlage für die inhaltliche Ausgestaltung des

Sportunterrichts dient.

Die hier aufgezeigten Merkmale lassen deutlich werden, in welchem Rahmen

der Sportunterricht in der Einrichtung Schule stattfindet und an welche

Bedingungen er geknüpft ist. Die inhaltlichen Vorgaben, die ihren Niederschlag

in den Lehrplänen der einzelnen Bundesländer finden, sollen im anschließenden

Abschnitt näher betrachtet werden.

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3.2. Rahmenrichtlinien für das Unterrichtfach Sport der Sekundarstufe I und

Sekundarstufe II in Sachsen-Anhalt

Für das Agieren des Sportlehrers ist ein systematischer Entwurf seines

pädagogischen Handelns im Unterricht fundamental. Die Kompetenz der

Sportlehrer liegt darin, eine fundierte und begründete Vorstellung von den

Anliegen und Schwerpunkten ihres Faches zu haben. Ein Wegweiser, an dem

sich der Sportlehrer orientieren kann und soll, sind die sogenannten

Rahmenrichtlinien der einzelnen Bundesländer (vgl. Bräutigam, 2009, S. 73).

Der vorliegende Abschnitt setzt sich mit den Rahmenrichtlinien der

Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II des Faches Sport in Sachsen-Anhalt

auseinander.

3.2.1 Rahmenrichtlinien für das Fach Sport in der Sekundarstufe I in Sachsen-

Anhalt

In der Sekundarstufe I nimmt die Gewichtung der Sporterziehung zu. Sie

orientiert sich vornehmlicher an der realen Sportwelt und richtet sich nach

Sportarten aus (vgl. Bräutigam, 2009, S. 75 - 76). Jeder Schüler soll über die

Sport- und Bewegungsaufgaben die sportliche Handlungskompetenz entwickeln.

Sie wird als Fähigkeit verstanden, in schulischen, beruflichen, gesellschaftlichen

und privaten Situationen selbstständig und zielgerichtet motorisch aktiv zu

werden. Kompetenzkriterien sind dabei: Faires Kooperieren und Konkurrieren,

Wahrnehmen und Gesunderhalten des Körpers, erkennen gesellschaftlicher

Zusammenhänge sowie das Erfahren, Gestalten und Leisten von Bewegung. Die

Kompetenzentwicklung vollzieht sich über eine Reihe von Bewegungsfeldern.

Bewegungsfelder sind thematische Bausteine, die nicht mehr die einzelne

Sportart in den Fokus der Betrachtung rücken, sondern die Bewegung an sich.

Das Land Sachsen-Anhalt sieht zehn Bewegungsfelder für das Fach Sport vor:

Fitness fördern; spielen, laufen, springen und werfen; turnerisches Bewegen;

rhythmisches Bewegen, tanzen und gestalten; kämpfen; bewegen auf Rollen;

bewegen im Wasser; bewegen auf dem Wasser; bewegen auf Eis und Schnee.

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Die Rahmenrichtlinien geben explizit vor, welche Kompetenzbereiche

angesprochen werden sollen, wo grundlegende Wissensstände und

fächerübergreifende Bezüge zu finden sind. Zusätzlich beinhalten sie eine

zeitliche Struktur. Trotz der detaillierten Ausarbeitung werden den Lehrkräften

Freiräume zugesprochen (vgl. Kultusministerium Sachsen-Anhalt, 2010, S. 6ff).

3.2.2 Rahmenrichtlinien für das Fach Sport in der Sekundarstufe II in Sachsen-

Anhalt

Die Sekundarstufe II besteht aus der gymnasialen Oberstufe und den

berufsbildenden Schulen. Das Fach Sport wird in den Rahmenlehrplänen

differenziert ausgelegt.

In der gymnasialen Oberstufe ist der Sport gleichgestellt mit den

wissenschaftlichen Fächern und kann als Grund- und Leistungskurs belegt

werden. Das didaktische Konzept des Sportunterrichts orientiert sich hierbei am

gymnasialpädagogischen Gesamtauftrag der einzelnen Schulstufen (vgl.

Bräutigam, 2009, S. 81 - 82).

In der berufsbildende Schule kann der Sportunterricht als Bindeglied zwischen

dem in der allgemeinbildenden Schule praktizierten Sportunterricht und der

individuellen Freizeitgestaltung im Berufsleben begriffen werden (vgl.

Kultusministerium Sachsen-Anhalt, 2009, S. 6). Ein einheitliches

Vermittlungskonzept ist aufgrund der Heterogenität der Schülergruppen nicht

möglich. Stärker als in anderen Schulformen ist in der Berufsschule auf die

individuelle Ausgangs- und Bedürfnislage der Schüler einzugehen (vgl.

Bräutigam, 2009, S. 82 - 83). Zur Erweiterung der Handlungskompetenz sind in

der Berufsbildenden Schule folgende Bewegungsfelder vorgesehen: spielen,

laufen, springen und werfen; bewegen an und mit Geräten; rhythmisches

Bewegen; gestalten und tanzen; gleiten, rollen und fahren; bewegen im Wasser;

mit oder ohne Partner kämpfen; alltags- und berufsmotorische Anforderungen

bewältigen. Über pädagogische Perspektiven wird der Inhalt der

Bewegungsfelder konkretisiert (vgl. Kultusministerium Sachsen-Anhalt, 2009,

S. 9ff).

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Die Ausführungen zu den Rahmenrichtlinien machen deutlich, dass der

Schulsport weitreichend und systematisch in die allgemein-pädagogische

Zielorientierung eingebunden ist. Die Entwicklung der Rahmenrichtlinien wird

durch jedes Bundesland separat festgelegt. Es kommt zu differenzierten

Ausführungen. Trotzdem lassen sich Gemeinsamkeiten ausmachen, wie z. B. die

pädagogischen Dimensionen oder die fachdidaktischen Grundsätze (vgl.

Bräutigam, 2009, S. 80). Sollen neue Inhalte integriert werden, müssen sie auf

ihren Beitrag zur Zielerfüllung des Sportunterrichts geprüft werden.

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3.3 Methoden im Schulsportunterricht

Das Kapitel soll durch eine kurze Stellungnahme zu den Lehrmethoden, die im

Schulsportunterricht verwendet werden, seinen Abschluss finden.

„Methode ist Weg zum Ziel oder Weise der Vermittlung eines Inhaltes“, meint

Dietrich Kurz (1998, S. 12). Die Definition unterstellt eine Rang- und

Reihenfolge der Entscheidungen. Anfänglich legt man Ziele und Inhalte fest,

aufbauend darauf wird die passende Methode gewählt (vgl. Kurz, 1998, S. 12).

Eine detaillierte Ausführung aller publizierten Methoden ist kaum möglich, da

zum einen die Vermittlungsprobleme starken Variationen unterworfen sind und

zusätzlich von den Sport- und Bewegungsaktivitäten mitbestimmt werden, zum

anderen ist die Wahl der Methoden durch die pädagogische Ausrichtung jeder

einzelnen Schule fixiert (vgl. Bräutigam, 2009, S. 138). Beispielhaft werden vier

mögliche allgemeine Vermittlungsansätze aufgezeigt.

Analytische-synthetische Methode: Hier wir die Gesamtbewegung in diverse

Teilbewegungen untergliedert. Die Beherrschung der einzelnen Teilbewegungen

soll zum Erwerb der Gesamtbewegung führen.

Ganzheitsmethode: Es wird auf eine Aufteilung der Gesamtbewegung verzichtet

und von Beginn an der komplexe Bewegungsablauf geschult.

Induktive Methode: Bei dieser Methode wird das eigene bzw. selbstständige

Lernen in den Fokus gerückt. Es werden Vermittlungshilfen angeboten, jedoch

steht es den Lernenden frei, sie zu nutzen.

Deduktive Methode: Diese Methode gibt explizite Lernhilfen bzw. genaue

Bewegungsanweisungen und -vorschriften vor, die zu einer schnelleren

Zielerreichung führen sollen (vgl. Dober, 2010, S. 1).

Eine Entscheidung, welche Methode im Sportunterricht genutzt werden soll, ist

an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft, die der individuellen Einschätzung

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der lehrenden Person unterliegt (vgl. Bräutigam, 2009, S. 136ff). Mit der

Aufnahme neuer Inhalte muss über eine passende methodische Vermittlung

nachgedacht werden.

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4. Das Skateboardfahren in der Institution Schule

Die starre Ausrichtung auf Sportarten des traditionellen Schulsportkanons birgt

weitreichende Gefahren. So lässt das Interesse von Kindern und Jugendlichen an

Sportarten wie Turnen, Leichtathletik, Gymnastik und/oder an den Ballspielen

auch deshalb nach, weil das Sporttreiben in der Schule keine deckungsgleichen

Inhalte mehr zum Freizeitsport aufweist, wie es noch im letzten Jahrhundert der

Fall war. Es zeigt sich, dass nicht nur die pädagogische Vermittlung der Sportart

den Unterschied ausmacht, sondern vielmehr die Sportart selbst. Der so

entstandene Kontrast zwischen Schul- und Freizeitsport wird immer mehr

ausgeweitet. Eine Erweiterung des Schulsportkanons sollte daher ins Blickfeld

der Schule rücken (vgl. Sieland, 2002, S. 39 - 40).

Im folgenden Abschnitt wird auf die Forderung von P. Sieland nach einer

Erweiterung des Schulsportkanons am Beispiel der Trendsportart

„Skateboardfahren“ eingegangen. Dabei wird auf die eingangs gestellte Frage

einer möglichen Eingliederung des Skateboardfahrens in den

Schulsportunterricht Bezug genommen. Nach einem kurzen Blick in die

Entwicklungsgeschichte des Skateboardings soll im weiteren Verlauf untersucht

werden, wie eine Eingliederung in den Schulsportunterricht aussehen könnte

und welchen Beitrag die Trendsportart zu den Bildungs- und Erziehungszielen

der Schule leisten kann.

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4.1 Geschichtliche Entwicklung des Skateboardfahrens

Die Entwicklung des Skateboards ist bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts

zurück zu verfolgen und geht von den Vereinigten Staaten von Amerika aus. Sie

nehmen zusätzlich bei Innovationen die Vorreiterrolle ein. Die Gemeinde der

Surfer suchte eine Möglichkeit, bei schlechtem Wellengang das Gefühl des

Surfens zu erleben. Sie schraubten und bastelten sich aus den damals zur

Verfügung stehenden Materialien ihre eigenen Skateboards zusammen. Diese

bestanden zum Teil lediglich aus einer Holzplanke und Stahlrollen. Mitte der

60er Jahre wurde das Skateboarden in den Vereinigten Staaten von Amerika zu

einer eigenen Sportart erklärt und die Zahl der Anhänger stieg stark an. Mit dem

regelrecht einsetzenden Skateboard-Boom erhöhten sich die Verletzungszahlen,

infolgedessen wurde das Skateboardfahren auf der Straße und im öffentlichen

Raum in vielen Gemeinden verboten. Die Skateboarder mussten sich neue

Austragungsorte suchen. Sie entdeckten u. a. leere Swimmingpools zum

Ausüben ihrer Sportart. Eine weitere Boomphase zeichnete sich Mitte der 70er

Jahre ab. Eine Vielzahl an Firmen etablierte sich auf dem Markt und es wurde

mit neuen Materialien experimentiert. Als eine der wichtigsten Innovationen ist

der Einsatz der Urethan-Rolle zu sehen. Sie ermöglichte ein kontrolliertes und

schnelles Dahingleiten auf fahrbarem Untergrund. Gleichzeitig wurde die Form

des Skateboards variiert. Das sogenannte „Kicktail“ etablierte sich. Hierbei

handelt es sich um den leicht nach oben gebogenen hinteren Teil des

Skateboardbretts. Mit dem Boom in den 70er Jahren entstanden auch zahlreiche

Skateparks. Es gab damals ca. 20 Mio. Skateboardfahrer in Amerika. Mit dem

neuen Fahrgefühl, welches die Urethan-Rolle mit sich brachte, entstanden neue

Bewegungsmöglichkeiten, die das Skateboarding in die Vertikale wachsen ließ.

Infolgedessen stieg die Zahl an Verletzungen erneut rapide an. Zusätzlich gab es

Probleme mit den Versicherungen. Diese Umstände führten zu einem Abflauen

des Skateboard-Booms, der Anfang der 90er Jahre durch eine weitere

Entwicklungsphase wiederbelebt wurde. Die Gemeinde der Skateboarder

erschloss sich mehr und mehr die urbane Landschaft und so entwickelte sich das

Streetskating. „Skateboarder wurden zu Guerillas, die aus ihrer kalten

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Umgebung etwas völlig Neues herausholten. Der kreative Umgang mit Dingen,

die von anderen übersehen werden, definiert Steetskating“, meint Holger von

Krosigk (2009, S. 29). In der weiteren geschichtlichen Beobachtung lassen sich

immer wieder kleine bis mittelstarke Schwankungen festhalten, aber die

Popularität nimmt stetig zu (vgl. Krosigk, 2009, S. 1 - 35).

4.2 Skateboardfahren im Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I und

Sekundarstufe II in Sachsen-Anhalt.

Der Inhalt dieses Abschnittes geht der Frage nach, inwieweit es durch die

Reglementierungen der Kultusministerien der jeweiligen Bundesländer möglich

ist, das Skateboardfahren mit in den Sportunterricht einzugliedern. Die Inhalte

und Strukturen der Rahmenlehrpläne für das Fach Sport wurden im Punkt 3.2

dargelegt. Die Rahmenlehrpläne sehen die Vermittlung der Kompetenzen über

Bewegungsfelder vor. Unter den zehn Bewegungsfeldern des Fachlehrplanes

Sport der Sekundarstufe I findet sich das Bewegungsfeld „Bewegen auf Rollen“.

Das Kultusministerium Sachsen-Anhalt (2010) formuliert dieses Bewegungsfeld

wie folgt: „Sich rollend oder fahrend zu bewegen (z. B. auf Inlinern, Skateboard,

Fahrrad) ist für Kinder und Jugendliche sehr reizvoll. Sie erleben höhere

Geschwindigkeiten, müssen kalkulierte Risiken eingehen und bewegen sich in

der Natur bei verschiedenen Wetterverhältnissen auf wechselnden Strecken“ (S.

10). Unter diesen Gesichtspunkten ließe sich eine Eingliederung des

Skatboardfahrens in den Sportunterricht der Sekundarstufe I im Bewegungsfeld

„Bewegen auf Rollen“ durchaus realisieren.

In der Sekundarstufe II lässt sich ein ähnliches Bewegungsfeld ausmachen,

welches eine Eingliederung des Skateboardfahrens ermöglicht. So findet sich in

den Rahmenrichtlinien der Berufsschule das Bewegungsfeld „Gleiten, rollen und

fahren“ (vgl. Rahmenrichtlinien Berufsbildende Schulen Sachsen-Anhalt, 2009,

S. 14ff). Die beiden Beispiele zeigen, dass trotz Reglementierungen seitens der

Kultusministerien eine Assimilation des Skateboardfahrens im

Schulsportkontext möglich ist.

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4.3 Bestehende Konzepte zur Vermittlung des Skateboardfahrens

Die Bewegungsaneignung in Szenen, wie bei den Skateboardern, grenzt sich von

den traditionellen Formen des Lehrens und Lernens von Bewegung im

Schulsport grundsätzlich ab. Die Ausbildung erfolgt meist in einem kollektiven

Verbund, in dem die Protagonisten ihre Lernprozesse selbst organisieren. Das

Einüben von Techniken im traditionellen Sinn findet nicht statt, sondern es wird

sich experimentell und mimetisch mit den Bewegungsanforderungen und Tricks

beschäftigt. Es steht die Virtuosität des Sichbewegens im Vordergrund. Das

Ausprobieren, Nachahmen und der Austausch mit Szeneangehörigen ist ein

wichtiger Bestandteil des Lernprozesses. Ganz ohne Orientierung an der

Überbietungsperspektive wird der Maßstab des Besserwerdens verfolgt (vgl.

Schwier, 2002, S. 8).

Jürgen Schwier bezieht seine Aussagen allgemein auf Trendsportarten, denen

sich das Skateboardfahren unmissverständlich zuordnen lässt. Daher können

Konzepte, wie das „Trendsportartenkonzept“ von G. Küßner, als

Vermittlungsorientierung aufgegriffen werden.

Eine andere Art der Vermittlung beschreibt Lange (2007) in seinem Werk

„Trendsport für die Schule“. Er sieht den Lernprozess wesentlich im Handeln

und Erfahren und nicht durch didaktisch-methodische Entscheidungen der

Schule begründet. Die Kinder und Jugendlichen finden in ihrer Freizeit ganz

selbstständig Lösungen zur Bewältigung von Bewegungssituationen. Das

Sichbewegen in Trendsportarten soll als wesentlicher Faktor fokussiert werden

und über die reizvollen motorischen Dimensionen der Trendsportart vermittelt

werden (vgl. Lange, 2007, S. 26 - 30).

Ein weiterer Vermittlungsansatz kann über die traditionellen Methoden, wie z.

B. über die Lehrmethode „vom Leichten zum Schweren“ und „vom Einfachen

zum Komplexen“, stattfinden (vgl. Lange, 2007, S. 24 - 25). Sie sollen den

Schülern möglichst schnell alle Fähig- und Fertigkeiten sowie die Techniken der

Sportart vermitteln. Der Lehrer zeigt, wie die Bewegungsaufgabe ablaufen soll.

Ziele und Inhalte werden in den Mittelpunkt gerückt, weniger die Frage nach der

Methode. Jeder Inhalt und auch neue Bewegungsformen lassen sich so

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vermitteln, z. B. auch das Skateboardfahren (vgl. Lange, 2007, S. 24 - 25). Eine

einheitliche methodische Vermittlungsstruktur besteht nicht (vgl. Lange 2007, S.

8). Jedoch sollte der Blick auf die Bewegungsaneignung in Szenen näher in den

Fokus der Betrachtung rücken. Hier zeigt sich, dass Lernen nicht nur durch eine

Lehrperson geschieht, sondern durch eigenes Handeln und die Erfahrung. Der

Jugendliche übernimmt somit selbst das Lösen der Bewegungsaufgabe. Hieraus

lassen sich ganz neue lernmethodische Ansätze ableiten (vgl. Lange, 2007, S. 26

- 28).

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4.4 Der Beitrag des Skateboardfahrens zu zentralen Bildungs- und

Erziehungsaufgaben der Schule

Wie bereits im Abschnitt 2.1 erwähnt, verfolgt die Schule einen Bildungs- und

Erziehungsauftrag. Dieser Abschnitt thematisiert die wesentlichen Bildungs- und

Erziehungsziele der Schule im Hinblick auf ihre Erfüllung durch den Schulsport.

Im Weiteren wird dargestellt, welchen Beitrag das Skateboardfahren dazu leisten

kann.

4.4.1 Soziale Aspekte

Ein Zusammenleben in der Gesellschaft setzt soziale Werte voraus. Der

Schulsport scheint ein adäquates Mittel zu sein, um soziale Lernprozesse zu

fördern. Modellhaft kann den Schülern im Sportunterricht eine geeignete Form

des sozialen Miteinanders aufgezeigt werden. Sie erlernen die Qualifikationen

für ein kooperatives, rücksichtsvolles, faires und tolerantes Handeln (vgl.

Bräutigam, 2009, S. 35 - 36).

„Da es im Sport darum geht, miteinander zu handeln, ist kooperatives und auf

Verständigung ausgerichtetes Vorgehen nötig. Interaktions- und

Kommunikationsprozesse durchdringen den Sport. Sie finden nicht nur während

der Aktivitäten, sondern auch vorher und nachher statt. Sinnverständigung,

Handlungsabsprachen, Regelübereinkommen, Konfliktlösungen,

Kompromissvereinbarungen sind allesamt Voraussetzungen und Bestandteile

des Sporttreibens“ (Bräutigam, 2009, S. 37). Wie bereits im Abschnitt 4.3

aufgezeigt, findet das Lernen in Szenen, wie beim Skateboarding, meist in einem

kollektiven Verbund statt, indem die Protagonisten ihre Lernprozesse selbst

organisieren. Das Ausprobieren, Nachahmen und der Austausch mit

Szeneangehörigen steht im Mittelpunkt des Lernprozesses (vgl. Schwier, 2002,

S. 8). Nutzt man dieses Potenzial, ergeben sich hier fast wie von selbst

Interaktions- und Kommunikationsprozesse, die ein soziales Miteinander sowie

die soziale Kompetenz der Subjekte fördern.

Page 23: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

20

4.4.2 Leistungsaspekte

Das Wissen über sein eigenes Können zählt zu den wesentlichen Faktoren der

persönlichen Entwicklung. Leistungs- und Erfolgserlebnisse nehmen eine

entscheidende Rolle ein. Über ihr Feedback können Individuen sich selbst

kennenlernen und eine sichere Identität formen. Der Sportunterricht bietet eine

Fülle von leistungs- und erfolgsorientierten Tätigkeiten an.

Eine Handlung wird zur Leistung, wenn sie nach einem Gütemaßstab bewertet

wird und dieser mit anderen verglichen werden kann. Ein Vergleich kann

intraindividuell, interindividuell oder sachbezogen sein. Zusätzlich versucht der

Mensch sich selbst in der Tätigkeit zu verwirklichen. Der erfolgreiche Abschluss

und die Bestätigung durch Dritte stellt ein Grundbedürfnis dar.

Durch das breite Spektrum sportlicher Betätigungsformen weist der

Sportunterricht ein hohes pädagogisches Potenzial zum Erfahren der

individuellen Fähigkeiten auf. Leistungen sind dabei klar und eindeutig

diagnostizierbar. Das körperliche Können, die Geschicklichkeit und die

Beweglichkeit werden für sich selbst und andere in der Regel deutlich sichtbar.

Die Erlebnisqualität der Könnenserfahrungen sollte ins Zentrum rücken. Unter

diesem Gütekriterium werden individuelle Interpretationsmöglichkeiten

geschaffen. Das erlernen eines neuen Kunststückes auf dem Skateboard kann

unmittelbare und „ich-bedeutsame“ Erlebnisse und Erfahrungen des eigenen

Körpers erzeugen und so zu einem realistischen und positiven Selbstwertgefühl

beitragen (vgl. Bräutigam, 2009, S. 33-35).

Page 24: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

21

4.4.3 Ästhetische Aspekte

Eine authentische Wirklichkeitserfahrung wird in der modernen Zeit meist

ersetzt durch eine in den Medien inszenierte Darstellung der Realität. Der

direkte Kontakt zur Wirklichkeit bleibt häufig aus. Körperliche Aktivitäten

werden auf das Minimum reduziert. Die Schule tritt somit mehr und mehr in die

Pflicht, die ästhetische Erziehung zu übernehmen (vgl. Bräutigam, 2009, S. 39).

„Ästhetisches Handeln heißt, Dinge über sinnliche Wahrnehmung zu erfassen

und Dinge auf diese Wahrnehmung hin hervorzubringen und zu gestalten. [….]

Indem sie das sinnliche Wahrnehmungsvermögen des Menschen herausfordern,

liefern sie eine eigenständige Zugangsweise zur Wirklichkeit und bilden die

Grundlage jeder eigenen Erfahrung“ (Bräutigam, 2009, S. 39).

Der Sport aktiviert auf eine lebendige Weise Wahrnehmungsprozesse und regt

ein Zusammenspiel aller Sinne an. Zusätzlich können spezielle Gefühle über

ästhetische Ausdrucksformen bekundet werden z. B. die Eleganz oder der

Rhythmus der Bewegung.

Gerade über die Ästhetik des eigenen Körpers, die Kunst des Sichbewegens und

die Auseinandersetzung mit dem urbanen Raum, können ästhetische

Erziehungsaspekte im Schulsport durch das Skateboardfahren realisiert werden

(vgl. Schwier, 1996, S. 75).

Page 25: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

22

4.4.4 Gesundheits- und medizinischer Aspekt

Die Zielstellung der Gesundheitserziehung in der Schule ist, die Schüler auf eine

gesundheitsbewusste und aktive Teilnahme am Leben vorzubereiten. Die

Schüler sollen in ihren motorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit)

und in den psychomotorischen Fähigkeiten (wie z. B. Differenzierungsfähigkeit,

Reaktionsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit) geschult werden, die sie in realen

Situationen des Lebens zu einem angemessenen Reagieren und Agieren

befähigen (vgl. Vogel, 2006, S. 10). Der Schulsport hat die Möglichkeit,

gesundheitsfördernde Maßnahmen in einen attraktiven und Freude bringenden

Rahmen zu verpacken und ist dadurch in der Lage, die sportliche und

körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und zu einem sportlichen Lebensstil

beizutragen (Bräutigam, 2009, S. 39). Der Sportunterricht bietet die Chance, den

Schülern neue Bewegungsformen zu erschließen, wie z. B. Inline-Skating oder

Skateboardfahren (vgl. Vogel, 2006, S. 10).

Das Anforderungsprofil des Skateboardfahrenes ist gekennzeichnet durch eine

hohe sensomotorische Beanspruchung, eine geschulte Koordination und eine

kontrollierte Körperbeherrschung (vgl. Warnke, 2006, S. 134). Mit dem Einsatz

dieser Trendsportarten im Schulsportunterricht eröffnen sich neue

Möglichkeiten, die definierten Ziele der Gesundheitserziehung in der Schule zu

realisieren. Einen zentralen Aspekte nimmt die Schulung des Gleichgewichtes

ein (vgl. Lange, 2007, S. 38).

Page 26: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

23

5. Das Konzept im Überblick

Im vorliegenden Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens bildet ein

offener und erfahrungsorientierter Sportunterricht die Ausgangssituation. Der

Fokus des Konzeptes liegt auf einer allgemeinen Vermittlung der

Grundfertigkeiten des Skateboardfahrens. Die Konkretisierung der

Bewegungsfelder über pädagogische Perspektiven wird in diesem Abschnitt

aufgegriffen. Grundlage sind die vom Land Sachsen-Anhalt für die

Berufsbildenden Schulen entworfenen pädagogischen Perspektiven des Faches

Sport.

Die bei der Unterrichtsplanung zu berücksichtigenden Aspekte werden im

weiteren Verlauf betrachtet. Es wird Bezug auf organisatorische Dinge, wie z. B.

die Materialauswahl, aber auch auf die physischen und psychischen

Qualifikationen der Lernenden und Lehrenden eingegangen. Den Abschluss

bildet ein exemplarisches Unterrichtskonzept.

Page 27: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

24

5.1 Exemplarische Möglichkeiten zur Umsetzung pädagogischer

Perspektiven im Bewegungsfeld Skateboardfahren

Die Abbildung zeigt mögliche Umsetzungsformen pädagogischer Perspektiven

im Bewegungsfeld Skateboardfahren.

Abb. 1: Exemplarische Möglichkeiten zur Umsetzung pädagogischer Perspektiven im Bewegungsfeld

Skateboardfahren

Page 28: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

25

5.2 Organisatorische Vorbereitungen zur Gestaltung des Unterrichtsthemas:

Skateboardfahren

Die Planung einer Unterrichtseinheit, die sich thematisch mit dem

Skateboardfahren auseinandersetzt, bedingt eine Reihe von organisatorischen

Vorbereitungsmaßnahmen. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Faktoren bei

der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen wären.

Austragungsort:

Das Skateboardfahren ist eine Freiluftsportart. Die Skateboardfahrer nutzen den

urbanen Raum zur Ausübung ihrer Aktivitäten (vgl. Schwier, 1996, S. 71ff).

Will man dieser Charaktereigenschaft im Unterricht gerecht werden, bietet sich

eine Unterrichtseinheit in den Frühjahrs- oder Sommermonaten an. Zu den

weiteren Voraussetzungen zählt ein möglichst großes Areal mit glattem

Bodenbelag. Das Areal sollte frei von Verunreinigungen wie z. B. kleinen

Steinen, Ästen oder Blättern sein sowie eine geringe Fluktuation anderer

Verkehrsteilnehmer aufweisen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Die

Freiluftsportarten sind dem Kalkül des Wetters unterworfen. Bei Regen sollte

daher eine Halle aufgesucht werden, da sich das Risiko möglicher Stürze bei

nassem Fahrbahnbelag erhöht (vgl. Vogel, 2006, S. 20 - 22).

Zeit:

Die Zeit, die für eine Unterrichtseinheit zur Verfügung steht, sollte wegen der

An- und Abreise sowie wegen des Anlegens der Schutzausrüstung angemessen

ausgelegt sein. Die Reglementierungen der Schule sehen eine Taktung von 45

Minuten für eine Unterrichtsstunde vor. Um einen adäquate Vermittlung zu

ermöglichen, sollte eine Doppelstunde mit 90 Minuten gewählt werden (vgl.

ebd.).

Page 29: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

26

Lehrpersonal:

Die Lehrperson sollte im Umgang mit dem Skateboard Erfahrung haben, um den

Schülern im Hinblick auf die Bewegungsvorstellung bessere Einblicke zu

ermöglichen. So wird er seiner Vorbildfunktion gerechter und die Euphorie für

neue Bewegungsformen kann dadurch von den Schülern leichter aufgegriffen

werden. Weist das Lehrpersonal diese Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht auf, ist

es ratsam, sich an Fachleute zu wenden oder Schulungsmaßnahmen zu besuchen

(vgl. ebd.).

Materielle Voraussetzungen:

Die materiellen Voraussetzungen spielen eine wichtige Rolle, denn nicht jeder

Schüler besitzt ein Skateboard und die passende Schutzausrüstung oder sieht

sich in der Lage, die Materialien zu kaufen. Daher sollte seitens der Schule über

eine geeignete Materialausstattung (Skateboards und Schutzbekleidung)

nachgedacht werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit bei lokalen

Skateboardvereinen oder Skateboardschulen die benötigten Materialien

auszuleihen. Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass das Tragen der

Schutzkleidung zur Ausübung des Trendsports zwingend notwendig ist, um

schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden (vgl. ebd.).

Page 30: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

27

5.3 Die physischen und psychischen Qualifikationen der Lernenden und

Lehrenden.

Im folgenden Gliederungspunkt rücken die Akteure, die Schülerinnen und

Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer, in das Blickfeld der Betrachtung. Es

wird auf grundlegende Voraussetzungen zur Ausübung der Trendsportart

„Skateboardfahren“ im Schulsportunterricht eingegangen.

Ein athletisches Anforderungsprofil zur Trendsportart „Skateboarding“

beschreibt K. Warnke (2006)

„ Die sensomotorischen Anforderungen beim Skateboardfahren sind besonders hochgesteckt. [….] Durch die entsprechende Verlagerung des Körpergewichtes auf die Längskanten des Boards wird dieses gelenkt, beschleunigt und gebremst. [….] Dazu wird in allen Momenten eine kontrollierte Körperbeherrschung und eine geschulte Koordination benötigt. Insbesondere die Beschleunigung des Boards, mit oder ohne Anstoßen, erfordert eine gut entwickelte Rumpfmuskulatur. Ist die Körpermitte nicht ruhig auf dem Brett zentriert, läuft das Board unruhig und der Verlust der Balance ist vorprogrammiert“ (S. 134 - 135).

Das von Warnke beschriebene Anforderungsprofil zeigt deutlich, dass die

Voraussetzungen zur Ausübung der Sportart „Skateboarding“ nicht zu

unterschätzen sind. Die Schülerinnen und Schüler sollten daher die physischen

Voraussetzungen mitbringen oder diese in einem separaten Training schulen.

Besondere Beachtung ist auf die Rumpfmuskulatur zu lenken. Sie ist

ausschlaggebend für eine sichere Kontrolle des Skateboards. Trotz der hohen

physischen Anforderungen kann die Basisform des Skateboardfahrens leicht

erlernt werden. Das Skateboardfahren trägt entscheidend zur Schulung der

koordinativen Fähigkeiten der Akteure bei und spricht besonders das

Gleichgewichtsgefühl an.

In der Planung der Unterrichtseinheit sind die individuellen

Leistungsvoraussetzungen des Klassenverbandes zu diagnostizieren und zu

berücksichtigen. Insbesondere sind die unterschiedlichen Entwicklungsphasen

von Jungen und Mädchen zu beachten, die zu differenzierten körperlichen

Leistungsvoraussetzungen führen (vgl. Vogel, 2006, S. 22).

Page 31: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

28

Die Lehrkräfte stehen vor der Situation, den meist in der Freizeit von den

Schülern betriebenen Sport, in der Schule als ernsthafte Unterrichtseinheit zu

vertreten und zu vermitteln (vgl. Bräutigam, 2009, S. 18). Sie haben die

Aufgabe, die positiven Eigenschaften und innovativen Potenziale des

Freizeitsports mit in das Spannungsfeld des Sportunterrichtes zu integrieren.

Damit treten die Sportpädagogen in die Verantwortung, sich mit dem Spektrum

der Bewegungsangebote und -möglichkeiten auseinander zu setzen und die

damit verbundenen Interessen zu verstehen und kennen zu lernen (vgl. Lange,

2007, S. 8 ff).

Page 32: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

29

Motorische Ziele

- Koordinative und gleichgewichtsbeanspruchende Fertigkeiten fördern durch das Erlernen der Grundtechnik des Skateboardfahrens. Anfänger: Sicherer Stand, vorwärts- und Kurvenfahren, bremsen und absteigen. Fortgeschrittene: erste Tricks (Olli, Kickflip) - Die Geschicklichkeit ausbauen, indem gezielt Hindernisse umfahren werden. - Reaktionsfähigkeit steigern durch Reagieren auf plötzlich auftretende Hindernisse. - Aerobe Ausdauer weiterentwickeln, indem intensive Trainingsstrecken gefahren werden.

Kognitive Ziele

- Die Bedeutung der Schutzausrüstung begreifbar machen, indem Stürze simuliert werden. - Aktiver Umweltschutz durch alternative Fortbewegungsmittel. - Verständnis zur Bedeutung und Notwendigkeit des Bremsens bzw. des sicheren Absteigens schulen. - Kreativität fördern durch eigene Bewegungsgestaltung.

Sozial-affektive Ziele - Spaß bei der Bewegungsausübung verspüren, die auf abwechslungsreichem Weg erfahren wird. - Angst vor dem Skateboardfahren verlieren durch sichere Beherrschung des Sportgerätes und das Tragen der Schutzausrüstung. - Kooperationsbereit-schaft entwickeln, indem die Fortgeschrittenen den Anfängern helfen und sich auch helfen lassen. - Teamfähigkeit hervorrufen durch gemeinsam auszuführende Bewegungsabläufe.

Abb. 2 Beispielhafte Lernziele

5.4 Konzeptdarstellung

In der exemplarisch konzeptionellen Darstellung werden zunächst die einzelnen

Lernziele formuliert und im Anschluss mögliche Unterrichtseinheiten zur

Realisierung präsentiert. Jan Vogel (2006) entwickelte ein Konzept zur

Vermittlung des Inline-Skatings, das als Grundlage dient. Aufgrund der nahezu

deckungsgleichen Anforderungsprofile der Trendsportarten Inline-Skating und

Skateboardfahren bietet sich dieser Vergleich an. Des Weiteren sind beide

Trendsportarten dem Bewegungsfeld „Gleiten, rollen und fahren“ zuzuordnen.

Die Lernziele werden in drei Bereiche gegliedert, den motorischen Bereich, den

kognitiven Bereich und den sozial-affektiven Bereich. So können jedem Bereich

separate Lernziele zugeordnet werden. Die folgende Abbildung stellt die

Einteilung beispielhaft dar.

Page 33: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

30

Zur Realisierung der Lernziele ist die nachstehende Unterrichtsreihe vorgesehen. Sie bezieht die in Punkt 3.3.1 aufgezeigten

pädagogischen Perspektiven mit ein.

Unterrichtsgegenstand, Bezug zur pädagogischen Perspektive

Inhalt der Stunde Absicht und Intention

1.

Kennenlernen des Sportgerätes (Materialkunde), erste spielerische Versuche, sich auf dem Skateboard zu bewegen sowie die Bedeutsamkeit der Schutzausrüstung erfahren. Pädagogische Perspektive: 1, 4

- Theorie: Vorstellung der Materialien und Funktionsweise der einzelnen Komponenten. - Das korrekte Tragen der Schutzkleidung - Fallübungen - erste kleine Spiele im Sitzen oder liegend auf dem Skateboard (Skateboard-Bowling)

- Die Wichtigkeit der Schutzkleidung zu erfahren. - Kennenlernen der neuen Gleichgewichtsbeanspruchung. - Ängste abbauen.

2.

Unterschiedliche Methoden der Fortbewegung auf dem Skateboard erfahren, richtiges Absteigen und Bremsen erlernen sowie die richtige Fußstellung finden. Pädagogische Perspektiven: 1, 3, 4, 6

- Theorie: Bedeutung der Schutzausrüstung erneut aufzeigen. (Unfallszenario) - Hinweise geben auf die unterschiedlichen Fußstellungen und Fahrtechniken. - Grundstellungen kennenlernen und sich für eine entscheiden. (Goofy oder Regular, rechter oder linker Fuß steht vorne.) - Absteigen und bremsen aus der Fahrt.

- Die Konsequenzen eines Unfalls ohne Schutzausrüstung deutlich machen. - Sicherheit auf dem Skateboard erlangen.

3.

Unterschiedliche Methoden der Fortbewegung auf dem Skateboard erfahren, richtiges Absteigen und Bremsen erlernen. Pädagogische Perspektiven: 1, 3, 4, 6

- Theorie: Bremsweg des Skateboards. - Sturzprävention. - Geschwindigkeit erfahren (Partnerübung).

- Rücksichtsvolles Fahren. - Kooperation und Kommunikation. - Neue Bewegungserfahrungen machen.

Page 34: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

31

4.

Erlernen der Kurvenfahrtechnik. Pädagogische Perspektiven: 3, 4, 6

- Theorie: Gesundheit fördern durch abwechslungsreiche Bewegungsformen. - Kurven fahren durch Verlagerung des Körpergewichtes auf Längskanten des Brettes.

- Skateboardfahren als alternatives und umweltfreundliches Fortbewegungsmittel kennenlernen. - Fliehkräfte erfahren und entgegenwirken können.

5.

Verbesserung und Festigung des Kurvenfahrens. Pädagogische Perspektiven: 3, 4, 6

- Kurvenfahren im Slalom. - Enge Kurven fahren. Es soll versucht werden das Skateboard durch Gewichtsverlagerung nach hinten oder vorn anzuheben und seitlich zu verschieben.

- Den Umgang mit dem Sportgerät festigen. - Sicherheitsgefühl verstärken.

6.

„Fun Fun Fun“ Spiele, Tricks und Kür auf dem Skateboard. Pädagogische Perspektiven: 2, 4, 5, 6

- Gruppenweise werden Tricks einstudiert oder eine Kür geprobt. Kommunikation und Erfahrungsaustausch.

- Soziales Verhalten und Kooperation werden gefördert. - Kreativität entwickelt. - Wagnisse eingegangen.

7.

Vorbereitung auf einen Ausflug zum Skatepark/zur Skatehalle, Hindernisparcours. Pädagogische Perspektiven: 1, 4, 6

- Theorie: Aufbau und Funktionsweise der Elemente eines Skateparks/einer Skatehalle, Sicherheitsbestimmungen. - Hindernisparcours durchfahren.

- Trainieren an realitätsnahen Bedingungen. - Den Umgang mit dem Sportgerät weiter festigen. - Defizite erkennen.

Page 35: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

32

8.

„Skatepark/Skatehalle wir kommen!“ Ausflug in den Skatepark oder in die Skatehalle. Pädagogische Perspektiven: 1, 2, 3, 6

- Gemeinsames außerschulisches Skateboarderlebnis unter pädagogischer Anleitung

- Verantwortlicher Umgang in der Gruppe - Gemeinschaftsgefühl stärken - Die gelernten Fertigkeiten und Fähigkeiten in einem realen Umfeld anwenden können. (Adaptionsfähigkeit)

Tab. 1 Unterrichtsreihe „ Skateboardfahren“

Page 36: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

33

6. Resümee

In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass sich die Schule den real existierenden

gesellschaftlichen Prozessen und Problemfeldern nicht entziehen kann.

Konsequenterweise sollte der Sportunterricht die Sportarten und sportlichen

Betätigungsformen aufgreifen, mit denen sich Schüler und Schülerinnen im

außerschulischen Bereich konfrontiert sehen. Diese Vermittlung kann sinnvoll

nur über die Beschäftigung mit Sportarten geschehen, die diese Veränderungen

repräsentieren, wie z. B. die Trendsportarten (vgl. Sieland, 2002, S. 38 - 39).

Im Speziellen wurde in dieser Arbeit die Trendsportart „Skateboardfahren“

betrachtet.

Viele Kritiker sehen die Trendsportarten als nicht geeignet, um im

Sportunterricht vermittelt zu werden. Demnach ist eine Sportart für den

Sportunterricht geeignet, wenn sie vielseitige aber für jeden Schüler zumutbare

körperliche Herausforderung stellt, ein möglichst vielseitiges Repertoire an

Bewegungsmöglichkeiten und sportlichen Handlungsmöglichkeiten bietet, aber

dennoch den Zugang für alle ermöglicht (vgl. Söll, 2000, S. 4 - 8). Die

vorliegende Arbeit macht deutlich, dass das Skateboardfahren den

Anforderungen durchaus gerecht werden kann. Zusätzlich besteht mit der

thematischen Annäherung an die reale Freizeitwelt der Kinder und Jugendlichen

die Chance, neues Interesse am Sportunterricht zu wecken, die Kinder und

Jugendlichen mit ihren Lebens- und Sportgewohnheiten ernst zu nehmen und die

Kluft zwischen Schule und „Leben“ zu verkleinern (vgl. Sieland, 2002, S. 38 -

39).

Gerade in den aktuellen Bildungs- und Lehrplänen, sowie in der didaktischen

Begleitliteratur eröffnen sich große Möglichkeitsräume für offene, verspielte und

zukunftsorientierte Bewegungsformen (vgl. Lange, 2007, S. 7). Lang nimmt mit

der Aussage Stellung zu der eingangs gestellten Frage nach einer möglichen

Thematisierung des Skateboardfahrens im Schulsportunterricht. In dieser Arbeit

wurden die Rahmenlehrpläne des Faches Sport in Sachsen-Anhalt betrachtet.

Page 37: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

34

Danach kann das Skatboardfahren eindeutig in das Bewegungsfeld „Bewegen

auf Rollen“ eingeordnet werden. Somit stände der Thematisierung bzw.

Umsetzung aus Sicht der Institution Schule nichts im Wege.

Eine Untersuchung der Einstellung von Lehrkräften gegenüber Trendsportarten

ergab, dass ein überwiegender Anteil der Lehrkräfte neuen Inhalten positiv

gegenübersteht, viele aber Schwierigkeiten in der Umsetzung und Vermittlung

sehen (vgl. Sieland, 2003, S. 82ff). Mit der konzeptionellen Darstellung einer

Unterrichtseinheit, die sich thematisch mit dem Skateboardfahren

auseinandersetzt, versucht die Arbeit der Frage nach einer möglichen

Vermittlung nach zu gehen.

Die in dieser Arbeit dargestellten Überlegungen, den Schulsportunterricht durch

neue Sportarten bzw. Trendsportarten zu erweitern, gewinnen zukünftig immer

mehr an Bedeutung, betrachtet und berücksichtigt man den Trend bei der

Entwicklung der Schulformen. Schule wird in Zukunft, noch stärker als heute, in

einem Ganztagsschulbetrieb stattfinden. Die Schule nimmt somit immer mehr

Platz im Leben der Schüler ein. Damit wird der Freiraum zur individuellen

Freizeitgestaltung der Schülerinnen und Schüler durch die Schule begrenzt z. B.

die Teilnahme an außerschulischen Sportaktivitäten. Die Aufnahme von

Trendsportarten in den Schulsportunterricht kann eine alternative zum fehlenden

Freizeitsport darstellen (vgl. Gröpler, 2012, S. 3).

Page 38: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

35

7. Quellen und Literaturverzeichnis

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Page 41: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

38

8. Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Exemplarische Möglichkeiten zur Umsetzung pädagogischer 24

Perspektiven im Bewegungsfeld Skateboardfahren

Abb. 2 Beispielhafte Lernziele 29

Tab. 1 Unterrichtsreihe „Skateboardfahren“ 30

Page 42: Ein Konzept zur Vermittlung des Skateboardfahrens für den Schulsportunterricht

39

Franz Schulze Mat.- Nr: 179124

Ehrenwörtliche Versicherung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter

Benutzung der angegebenen Literatur- und Hilfsmittel angefertigt habe. Wörtlich

übernommene Sätze und Satzteile aus anderen Druckwerken oder aus

Internetpublikationen sind als Zitat belegt, andere Anlehnungen hinsichtlich Aussage

und Umfang unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde in gleicher

oder ähnlicher Form in keiner anderen Lehrveranstaltung als Leistungsnachweis

eingereicht.

Ich bin darüber unterrichtet, dass die Lehrenden angewiesen sind, schriftliche Arbeiten

zu überprüfen, und dass ein Vergehen eine Meldung beim Prüfungsausschuss der

Fakultät zur Folge hat, die im schlimmsten Fall zum Ausschluss aus der Universität

führen kann.

……………………………… Magdeburg , den …………………….

Franz Schulze