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Generierung von gesättigten N-Heterozyklen
mit Iminreduktasen
Von der Fakultät 4: Energie-, Verfahrens- und Biotechnik der Universität Stuttgart genehmigte Abhandlung zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)
Vorgelegt von
Niels Borlinghaus
aus Wuppertal
Hauptberichter: Prof. Dr. Bernhard Hauer
Mitberichter: Prof. Dr. Albert Jeltsch
Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors
Tag der mündlichen Prüfung:
12.12.2019
Institut für Biochemie und Technische Biochemie
Abteilung Technische Biochemie
2019
II
III
Folgende Fachartikel wurden im Rahmen dieser Arbeit veröffentlicht:
M. Lenz, N. Borlinghaus, L. Weinmann, B. M. Nestl „Recent advances in imine reductase
catalyzed reactions.“ World J. Microbiol. Biotechnol. 2017, 33, 199.
N. Borlinghaus, B. M. Nestl „Switching the Cofactor Specificity of an Imine Reductase.“
ChemCatChem 2018, 10, 183–187.
N. Borlinghaus, S. Gergel, B. M. Nestl „Biocatalytic Access to Piperazines from Diamines
and Dicarbonyls.” ACS Catal. 2018, 8, 3727–3732.
A. Al-Shameri, N. Borlinghaus, L. Weinmann, P. N. Scheller, B. M. Nestl, L. Lauterbach
„Synthesis of N-heterocycles from diamines via H2-driven NADPH recycling in the presence
of O2.“ Green Chem. 2019, 21, 1396–1400.
N. Borlinghaus, L. Weinmann, F. Krimpzer, P. Scheller, A. Al-Shameri, L. Lauterbach,
A.-S. Coquel, C. Lattemann, B. Hauer, B. Nestl „Cascade biotransformation to access 3-
methylpiperidine in whole cells.“ ChemCatChem. 2019, 11, 5738– 5742.
N. Borlinghaus, S. Gergel, Bettina M. Nestl, F. Thol, H. Penders “Preparation of imine
reductases at 15L scale and their application in asymmetric piperazine synthesis”,
accepted book chapter for „Practical methods for Biocatalysis and Biotransformations 3”,
edited by J. Whittall and P. W. Sutton, published by Wiley-VCH.
N. Borlinghaus, B. M. Nestl „Reductive Hydrazinations with Imine Reductases”
Manuscript in preparation.
IV
V
I. Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel „Generierung von
gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen“ selbstständig verfasst habe, und dass
ich keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle
wörtlich oder sinngemäß aus anderen Werken übernommenen Aussagen sind als solche
gekennzeichnet worden. Des Weiteren bestätige ich, dass die vorgelegte Arbeit nicht in
gleicher oder ähnlicher Form bei einer anderen Institution zur Erlangung eines
akademischen Grades eingereicht wurde
I. Declaration of Authorship:
I hereby declare that the present thesis entitled “Generation of saturated N-Heterocycles
with imine reductases” is the result of my own work, that all sources used or quoted
have been indicated, and that I have not used any illegitimate means. I further declare
that I have not submitted this thesis for a degree in some form or another.
Korntal, 05.07.2019
Niels Borlinghaus
VI
II. Danksagung
An erster Stelle möchte ich mich bei Herr Prof. Dr. Bernhard Hauer bedanken, der
mich als Doktorand in seinen Arbeitskreis aufgenommen hat und mir die Bearbeitung
dieses spannenden Themas überlassen hat. Weiterhin möchte ich mich für die
Unterstützung und die Ermutigung während meiner Arbeit bedanken. Auch für die
vielen Freiheiten, die ich in meiner Forschung hatte, und das damit verbundene
Vertrauen, möchte ich mich bedanken.
Herrn Prof. Dr. Albert Jeltsch und Herrn Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors danke ich herzlich
für die Übernahme des Zweitgutachters, bzw. für die Übernahme des
Prüfungsvorsitzenden.
Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Dr. Bettina Nestl für die hervorragende
Betreuung während meiner gesamten Zeit als Doktorand. Vor allem für die fachliche
Unterstützung und den Austausch über theoretische und praktische Fragestellungen,
sowie für die Überarbeitung von Manuskripten und die Überarbeitung dieser Arbeit
möchte ich mich herzlich bedanken. Danken möchte ich auch für deine ständige und
unermüdliche Motivation in allen Phasen dieses Projektes.
Ein weiterer Dank gilt Dr. Bernd Nebel für die fachliche Unterstützung bei analytischen
Fragestellungen, sowie für die Sicherstellung einer funktionierenden Analytik.
Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kooperationspartnern Dr. Oliver Lenz,
Dr. Lars Lauterbach und Ammar Al-Shameri an der TU Berlin. Hierbei möchte ich
mich vor allem für die enge und produktive Zusammenarbeit bedanken, sowie für den
fachlichen Austausch. Auch für die herzliche Aufnahme bei meinen Aufenthalten in
Berlin möchte ich mich bedanken.
Ein weiterer Dank geht an meine Kollegen aus dem IRED-Team (Maike Lenz, Philipp
Scheller, Leonie Weinmann und Bettina Nestl). Dies war eine sehr lehrreiche und
produktive Zusammenarbeit für mich.
Auch möchte ich mich bei den Kollegen des Rosalind-Franklin-Labors (Sebastian
Gergel, Benjamin Aberle, Ludwig Bengel, Maike Lenz, Julia Halder, Sara Hoffman,
Lars Hinner) für die freundschaftliche Arbeitsatmosphäre und die vielen fachlichen
Diskussionen bedanken.
VII
Darüber hinaus möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, mit
denen ich in den letzten drei Jahren zusammen arbeiten durfte. Bei euch bedanke ich
mich vor allem für die angenehme Atmosphäre und die Hilfsbereitschaft im Laboralltag,
sowie für die Bereitschaft sich jederzeit über fachliche und technische
Problemstellungen auszutauschen.
Bedanken möchte ich mich auch bei den Studenten Sebastian Gergel, Andreas Reichl,
Phillip Jegl und Steffen Bernhard, welche in verschieden Bereichen dieses Projektes
beteiligt waren und von mir betreut wurden.
Auch bedanken möchte ich mich bei der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für
die finanzielle Unterstützung dieses Projektes.
Nicht zuletzt möchte ich mich bei meiner großartigen Frau Mareike bedanken, die mich
stets voll und ganz bei meiner Arbeit unterstützte.
VIII
III. Inhaltsverzeichnis
I. Eidesstattliche Erklärung ......................................................................................................................... V
II. Danksagung ................................................................................................................................................ VI
III. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................... VIII
IV. Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................................... XIII
V. Zusammenfassung ................................................................................................................................. XIV
V. Abstract .................................................................................................................................................... XVII
1. Einleitung ................................................................................................................................................. 1
1.1. Biokatalyse ....................................................................................................................................... 1
1.2. N-Heterozyklen .............................................................................................................................. 2
1.2.1. N-Heterozyklen als Pharmabausteine ............................................................................... 3
1.2.2. Piperazine .................................................................................................................................... 4
1.3. Enzymatische Bildung von chiralen N-Heterozyklen ...................................................... 6
1.4. Iminreduktasen .............................................................................................................................. 7
1.4.1. Reaktionsmechanismus .......................................................................................................... 9
1.4.2. IRED katalysierte Reaktionen............................................................................................ 11
1.4.3. Promiskuitive, iminreduzierende Enzymaktivitäten ............................................... 13
1.4.4. Enzymkaskaden mit Iminreduktasen ............................................................................ 14
2. Motivation ............................................................................................................................................ 16
3. Material und Methoden ................................................................................................................. 17
3.1. Materialien .................................................................................................................................... 17
3.1.1. Chemikalien .............................................................................................................................. 17
3.1.2. Vewendete Enzyme ............................................................................................................... 17
3.1.3. Verwendete Kits ..................................................................................................................... 18
3.1.4. Verwendete Plasmide ........................................................................................................... 18
3.1.5. Verwendete Mutagenese-Primer ..................................................................................... 19
IX
3.1.6. Verwendete E. coli Stämme ................................................................................................. 21
3.1.7. Verwendete Puffer und Lösungen .................................................................................... 22
3.2. Molekularbiologische Methoden ........................................................................................... 24
3.2.1. Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ................................................................................... 24
3.2.2. Klonierung mittels Gibson assembly ................................................................................ 25
3.2.3. Ortsgerichtete Mutagenese mittels Gibson assembly ................................................ 25
3.2.4. Ortsgerichtete Mutagenese mittels QuikChangeTM .................................................... 26
3.2.5. Agarose-Gelelektrophorese ................................................................................................ 26
3.2.6. Herstellung chemisch kompetenter Zellen ................................................................... 27
3.2.7. Hitzeschocktransformation von E. coli Zellen ............................................................. 27
3.2.8. Plasmidisolierung aus E. coli .............................................................................................. 28
3.2.9. DNA-Sequenzierung ............................................................................................................... 29
3.3. Kultivierung und Protein-Expression ................................................................................. 29
3.3.1. Verwendete Kulturmedien .................................................................................................. 29
3.3.2. Expression von IREDs im Schüttelkolben ..................................................................... 30
3.3.3. Expression von PuOs im Schüttelkolben ....................................................................... 31
3.3.4. Toxizitätsstudie in E. coli JW5510 .................................................................................... 31
3.4. Proteinreinigung und Validierung ........................................................................................ 32
3.4.1. Zellaufschluss ........................................................................................................................... 32
3.4.2. Co2+-basierte Affinitätschromatographie ...................................................................... 32
3.4.3. Proteinkonzentrationsbestimmung ................................................................................ 34
3.4.4. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) ................................................. 34
3.5. Bestimmung der Enzymaktivität........................................................................................... 35
3.5.1. Photometrischer NAD(P)H-Assay für IREDs ................................................................ 35
3.5.2. Photometrische Analyse kinetischer Parameter für IREDs .................................... 37
3.5.3. Photometrischer NAD(P)H -Assay für Alkoholdehydrogenasen .......................... 38
3.5.4. Photometrischer H2O2-basierter Assay für Oxidasen ............................................... 39
X
3.5.5. In vitro Biotransformationen mit IREDs ....................................................................... 40
3.5.6. In vitro Biotransformationen mit kontinuierlicher Substratzugabe .................. 43
3.5.7. In vitro Biotransformationen mit Enzymkaskaden ................................................... 44
3.6. In vivo Biotransformation in E.coli JW5510 ..................................................................... 46
3.7. Probenaufarbeitung (Extraktion und Derivatisierung) ............................................... 46
3.8. Screening-Systeme ..................................................................................................................... 50
3.8.1. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter
Kofaktorspezifität .................................................................................................................................... 50
3.8.2. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit erhöhter
Aktivität für Substrate mit niedriger Anfangsaktivität ............................................................. 52
3.8.3. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter
Stereoselektivität ..................................................................................................................................... 54
3.9. Analytische Methoden .............................................................................................................. 55
3.9.1. Gaschromatographie (GC) .................................................................................................. 56
3.9.2. Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) ................................................ 59
3.10. Bioinformatische Methoden ............................................................................................... 60
3.10.1. Erstellung eines Homologiemodells ........................................................................... 60
3.10.2. Docking, Energieminimierung und MD-refinements mit Yasara .................... 60
3.10.3. Multisequenzalignments ................................................................................................. 60
3.10.4. Strukturalignments ........................................................................................................... 61
4. Ergebnisse ............................................................................................................................................ 62
4.1. Asymmetrische Reduktion von zyklischen Iminen ....................................................... 62
4.1.1. Vergleich der kinetischen Parameter von R-IRED_Ms mit R-IRED_Sr für
Modellsubstrate........................................................................................................................................ 62
4.1.2. Testen neuer Iminsubstrate ............................................................................................... 63
4.2. Reduktive Aminierung .............................................................................................................. 64
4.2.1. Reduktive Aminierung mit ausgewählten Beispielsubstraten ............................. 65
4.2.2. Erweiterung des Substratspektrums durch Verwendung von Hydrazinen .... 66
XI
4.3. Doppelte reduktive Aminierung ............................................................................................ 69
4.3.1. Studien zur Aufklärung des Reaktionsweges ............................................................... 72
4.3.2. Aktivitätsvergleich mit R-IRED_Sr und S-IRED_Pe ..................................................... 74
4.3.3. Untersuchung des Substratspektrums ........................................................................... 75
4.3.4. Quantifizierung, Upscaling und Produktisolierung ................................................... 77
4.3.5. Aktivitätssteigerung durch Verwendung von Additiven ......................................... 79
4.3.6. Toxizitätsstudie ....................................................................................................................... 81
4.3.7. In vivo Biotransformationen ............................................................................................... 83
4.3.8. Verwendung von α-Ketosäureester an Stelle von Dicarbonylen ......................... 85
4.3.9. Verwendung von α-Hydroxycarbonylen an Stelle von Dicarbonylen ................ 86
4.3.10. Doppelte reduktive Hydrazinierung ........................................................................... 89
4.4. Bildung von N-Heterzyklen mithilfe von Enzymkaskaden ......................................... 91
4.4.1. Enzymkaskade mit Putrescinoxidase und IRED ......................................................... 91
4.4.2. Enzymkaskade mit Alkoholdehydrogenasen oder Alkoholoxidasen und
R-IRED_Ms ................................................................................................................................................... 95
4.5. Entwicklung von NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Varianten ...................................... 98
4.5.1. Weiterführende Untersuchung von Varianten V8 und V10 ................................ 100
4.5.2. Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT und R-IRED_Ms-V8 ..................................... 103
4.6. Mutationsstudie zur Identifizierung von Stereoselektivitäts-bestimmenden
Aminosäurepositionen ........................................................................................................................ 104
5. Diskussion .......................................................................................................................................... 111
5.1. Charakterisierung von R-IRED_Ms..................................................................................... 111
5.2. Reduktive Hydrazinierung.................................................................................................... 113
5.3. Doppelte reduktive Aminierung ......................................................................................... 115
5.4. Doppelte reduktive Hydrazinierung ................................................................................. 119
5.5. Verwendung von Additiven zur Steigerung der Enzymaktivität ........................... 119
5.6. IRED katalysierte Reaktion von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen ............... 120
XII
5.7. Änderung der Kofaktorspezifität ........................................................................................ 121
5.8. Änderung der Stereoselektivität......................................................................................... 126
6. Ausblick ............................................................................................................................................... 131
7. Anhang .................................................................................................................................................. 133
7.1. Archivierte Plasmide ............................................................................................................... 133
7.2. Aminosäure- und DNA-Sequenzen .................................................................................... 133
7.2.1. DNA-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus .... 133
7.2.2. Aminosäure-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus
stipitatus (WT) ........................................................................................................................................ 134
7.2.3. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V8 .......... 134
7.2.4. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V10 ........ 134
7.2.5. Aminosäure-Sequenz von R-IRED_Ms-Variante 44A2 (veränderte
Stereoselektivität) ................................................................................................................................. 135
7.2.6. Plasmidkarte von pBAD33_R-IRED_Ms-His6 ............................................................ 135
7.3. Beispielhafte SDS-Gele ............................................................................................................ 136
7.4. Beispielhafte Chromatogramme ......................................................................................... 137
7.5. Mögliche Substratorientierungen für die Bildung von enantiokomlementären
Produkten ................................................................................................................................................. 140
8. Literaturverzeichnis ..................................................................................................................... 141
9. CURRICULUM VITAE ...................................................................................................................... 152
XIII
IV. Abkürzungsverzeichnis
Å Ångström 1 Å = 10−10 m HPLC Hochleistungsflüssigkeitschromatograohie
ABTS 2,2-Azino-di(3-ethylbenzthiazolin-6-sulfonsäure)
HRP horseradish peroxidase
ACN Acetonitril IPTG Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid
ADH Alkoholdehydrogenase IRED Iminreduktase
ADP Adenosindiphosphat kb Kilobasen
AO Alkoholoxidase KBE Koloniebildende Einheiten
APS Ammoniumpersulfat kDa Kilodalton
ATP Adenosintriphosphat Kpi Kaliumphosphat
AU Absorptionseinheiten LB lysogeny broth
β-HAD β-Hydroxysäuredehydrogenase M Molar (mol L-1)
BCA Bicinchoninsäure MeOH Methanol
BSA bovine serum albumin MD molecular dynamics
C Kohlenstoff MOPS 3-(N-Morpholino)propansulfonsäure
CMC Kritische Mizellbildungskonzentration MS Massenspektrometrie(-Detektor)
Co Cobalt MTBE tert-Butyl-Methylether
CV Säulenvolumen N Stickstoff
DAD Diodenarray-Detektor NAD(P)H Nikotinamidadenindinukleotid(phosphat)
DCM Dichlormethan NH3 Amoniak
ddH2O Doppelt deionisiertes Wasser NMR Kernspinresonanz(-Messung)
de Diastereomerenüberschuss O2 Molekularer Sauerstoff
DHFR Dihydrofolatreduktase OD600 Optische Dichte bei λ = 600 nm
DMSO Dimethylsulfoxid P2CR Pyrrolin-2-carboxylatreduktase
DNA Desoxyribonukleinsäure PAGE Polyacrylamidgelelektrophorese
dNTP Desoxyribonukleosidtriphosphat PCR Polymerasenkettenreaktion
dr Diastereomerenverhältnis PDB Proteindatenbank
DRR Dihydroreticulinreduktase PEG Polyethylenglycol
DTT Dithiothreitol PP Pyrophosphat
E. coli Escherichia coli PuO Putrescinoxidase
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure rr Regioisomerenverhältnis
ee Enantiomerenüberschuss RT Raumtemperatur
ELAA Ethyl-4-chloroacetoacetat SDS Natriumdodecylsulfat
EtOH Ethanol SDR short chain dehydrogenase/reductase
F420 Koenzym F420 SH Lösliche Hydrogenase
FDH Formiatdehydrogenase TAE TRIS-Acetat-EDTA
FE Flächeneinheiten TB Terrific Broth
FID Flammenionisationsdetektor TIRED Thiazolinyl Iminreduktase
G6P Glukose-6-phosphat TOF turnover frequency
G6PDH Glukose-6-phosphatdehydrogenase TRIS Tris(hydroxymethyl)aminomethan
GC Gaschromatograph(ie) U Unit (1 U ≙ 1µmol min-1)
H2 Molekularer Wasserstoff WT Wildtyp
H2O2 Wasserstoffperoxid
XIV
V. Zusammenfassung
Gesättigte N-Heterozyklen sind sehr gefragte Verbindungen, die als Bausteine für die
Synthese von Pharmazeutika und Agrochemikalien eingesetzt werden. Insbesondere die
Bereitstellung von chiralen Vorstufen gilt in der organischen Chemie als sehr
herausfordernd. Immer häufiger setzt man deshalb Biokatalysatoren ein, welche sich
durch ihre exzellente Stereo-, Regio- und Chemoselektivität auszeichnen. Für die
enzymvermittelte Generierung von chiralen, gesättigten N-Heterozyklen sind nur
wenige Enzyme bekannt, von denen die meisten zu spezifisch sind, um sie abseits ihrer
natürlichen Funktion einzusetzen. Iminreduktasen (IREDs) hingegen erwiesen sich in
letzter Zeit als sehr vielversprechende Biokatalysatoren mit vergleichsweise breitem
Substratspektrum. Die Entwicklung von neuen und bereits bestehenden IRED-basierten
Biotransformationen zur Herstellung chiraler N-Heterozyklen ist deshalb ein
Forschungsgebiet mit großem Potenzial.
Im Rahmen dieser Arbeit konnte das Reaktions- und Produktspektrum von IREDs
erheblich erweitert werden. Die Entwicklung von neuen Methoden und die Erschließung
neuer Substratfamilien ermöglichte die Bildung von N-Heterozyklen, welche zuvor
enzymatisch nicht zugänglich waren. Erstmals wurde eine IRED katalysierte, doppelte
reduktive Aminierung angewendet, bei welcher Diamine und Dicarbonyle zu Piperazin
Heterozyklen oder Piperazin-ähnlichen Produkten umgesetzt wurden. Die verwendeten
Substratgruppen stellen hochreaktive Substanzen dar, welche ohne die Anwesenheit
von IREDs rasch zu diversen Nebenprodukten abreagieren. Durch die Verwendung von
IREDs konnte die Nebenproduktbildung hingegen fast vollständig unterdrückt werden,
da die Substrate kontrolliert und mit hoher Aktivität umgesetzt wurden. Dabei konnten
ausgezeichnete Produktbildungen von bis zu > 99%, sowie Stereoselektivitäten von bis
zu > 99% und Regioselektivitäten von bis zu > 99% erreicht werden. Die Durchführung
von spezifischen Kontrollexperimenten führte außerdem zu ersten Hinweisen bezüglich
der Abfolge der einzelnen Katalyseschritte. Eine besonders hohe Aktivität und ein sehr
breites Substratspektrum gegenüber dieser neuartigen Applikation wurde bei der
R-selektiven IRED aus Myxococcus stipitatus (R-IRED_Ms) festgestellt. So konnten 84
verschiedene Produkte gebildet werden. Neben Piperazinen konnten auch
Homopiperazine (Diazepane), sowie bi- und trizyklische Produkte gebildet werden.
Dabei war es möglich an allen sechs Positionen des Piperazinrings unterschiedliche
XV
Substituenten einzuführen. In Up-Scaling Experimenten mit 50 mM Substrat konnten bis
zu 8,1 g L-1 Produkt gebildet und eine isolierte Ausbeute von bis zu 87% erreicht
werden.
Durch die Kombination von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen, sowie durch die
Verwendung von Hydrazinen anstelle von Diaminen, konnte das Substrat- und
Produktspektrum zusätzlich erweitert werden. So konnte beispielsweise erstmals
(S)-2-Hydroxymethylpiperazin ausgehend von Dihydroxyaceton und Ethylendiamin
gebildet werden. Des Weiteren gelang die Bildung von Hexahydropyridazinen und
1,2-Diazepanen mit Hilfe von Hydrazinen und Dicarbonylen.
Weitere sehr bedeutsame N-Heterozyklen sind Pyrrolidine und Piperidine. Durch die
Anwendung einer Enzymkaskade mit einer Putrescinoxidase und einer IRED konnten
verschiedene 1‘-, 2‘- und 3‘-substituierte Pyrrolidine und Piperidine ausgehend von
Diaminen gebildet werden. Dabei konnten Produktbildungen von bis zu 99% und
Stereoselektivitäten von bis zu 93% (ee) erreicht werden. Auf diesem Weg gelang auch
die Bildung von N-Methylpyrrolidin, welches ein tertiäres, zyklisches Aminprodukt ist
und durch andere alternative Enzymkaskaden bislang nicht zugänglich war.
Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Anwendbarkeit von IREDs war die
Generierung einer NADH-abhängigen IRED-Variante. Bislang sind nur NADPH-
abhängige IREDs bekannt, jedoch hat die Verwendung von NADH gegenüber NADPH
einige Vorteile. So ist NADH deutlich günstiger und stabiler als NADPH. Außerdem
stehen effizientere und kostengünstigere Kofaktor-Regenerationssysteme zur
Verfügung.
Durch die Mutagenese der Aminosäurereste an den Positionen N32, R33, T34, K37, L67
und T71 in R-IRED_Ms, sowie durch die photometrische Untersuchung von über 1800
Kolonien konnten einige vielversprechende Varianten identifiziert werden. Die besten
Varianten V8, V9 und V10 zeigten eine bis zu 2900-fach gesteigerte NADH/NADPH
Spezifität, sowie bis zu 100% Aktivität mit NADH verglichen mit dem Wildtypenzym und
NADPH.
Die durchgeführten Studien mit R-IRED_Ms zeigen ein einzigartiges Reaktions- und
Substratspektrum. Für einige Pharmabausteine wird jedoch eine enantiokomplementäre
IRED benötigt, um das gefragte Produktenantiomer zu bilden. Eine S-selektive IRED mit
XVI
ähnlichen Eigenschaften zu finden könnte jedoch sehr aufwendig sein. Es wurde deshalb
versucht die Stereoselektivität von R-IRED_Ms durch enzyme engineering zu ändern, in
der Hoffnung, dass die Eigenschaften gegenüber dem Substrat- und Reaktionsspektrum
erhalten bleiben. In einem enantio-sensitiven Screening mit über 3000 Kolonien konnte
eine neue Region identifiziert werden, welche einen starken Einfluss auf die
Stereoselektivität des Enzyms hat. Die Variante 44A2 mit fünf Mutationen in dieser
Region zeigte einen Enantiomerenüberschuss von 91% (S) gegenüber der Bildung von
2-Methylpyrrolidin. Im Vergleich zum Wildtyp (>99% R) wurde die Stereoselektivität
somit fast vollständig umgekehrt. Es zeigte sich, dass die eingeführten Aminosäurereste
in Variante 44A2 eine substratspezifische Stereoselektivitätsänderung bewirken. Es
konnte jedoch noch nicht geklärt werden, welche Interaktionen letztendlich für die
substratabhängige Änderung der Selektivität verantwortlich sind.
Insgesamt konnte durch diese Arbeit die Anwendbarkeit und das Verständnis gegenüber
IREDs verbessert werden. Die Entwicklung von neuen Methoden und Reaktionen, sowie
die Mutagenesestudien zeigen, dass IREDs sehr vielseitige Biokatalysatoren mit
erstaunlichen Fähigkeiten sind. Vor allem für die Bildung von N-Heterozyklen weisen sie
ein großartiges Potenzial auf, das im Bereich der Biokatalyse bislang einzigartig ist und
in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen könnte.
XVII
V. Abstract
Saturated N-heterocycles are highly demanded compounds that are used as building
blocks for the synthesis of pharmaceuticals and agrochemicals. In particular, the
provision of chiral precursors is very challenging in organic chemistry. Therefore,
biocatalysts with excellent stereo-, regio- and chemoselectivity are increasingly used.
Only a few enzymes are known for the enzyme-mediated generation of chiral, saturated
N-heterocycles. Most of them are very specific demonstrating activity towards the
natural substrates. In contrast, imine reductases (IREDs) have recently proven to be
very promising biocatalysts with a broad substrate scope. Therefore, the development of
new and existing IREDs for the production of chiral N-heterocycles is a field of research
with great potential.
In this work, the reaction and product spectrum of IREDs could be considerably
expanded. The development of new methods and the use of new substrate families
enabled the formation of N-heterocycles, which were previously not accessible by
biocatalytic approaches. For the first time, an IRED-catalyzed double reductive
amination was applied, in which diamines and dicarbonyls were directly converted to
piperazine heterocycles or piperazine-like products. The used substrates represent
highly reactive substances which rapidly react, without the presence of IREDs, to various
by-products. By using IREDs, however, the by-product formation could be almost
completely suppressed because the substrates were controlled and reacted with high
activity. Excellent product formations of up to > 99%, stereoselectivities of up to > 99%
as well as regioselectivities of up to > 99% were achieved. The performance of specific
control experiments also led to initial indications regarding the sequence of the
individual catalysis steps. Particularly high activity and a broad substrate spectrum were
observed for the R-selective IRED from Myxococcus stipitatus (R-IRED_Ms). Thus 84
different products could be formed. In addition to piperazines and homopiperazines
(diazepanes), bi- and tricyclic products could also be generated. Thereby, it was possible
to introduce different substituents at all six positions of the piperazine moiety. In up-
scaling experiments with 50 mM substrate, up to 8.1 g L-1 product could be formed, and
an isolated yield of up to 87% could be achieved.
XVIII
The combination of α-hydroxycarbonyls with diamines, as well as the use of hydrazines
instead of diamines, further expanded the substrate and product spectrum. For example,
(S)-2-hydroxymethyl piperazine could be formed for the first time from
dihydroxyacetone and ethylenediamine. Furthermore, hexahydropyridazines and
1,2-diazepanes were formed from hydrazines and dicarbonyls.
Other very important N-heterocycles are pyrrolidines and piperidines. By applying an
enzyme cascade combining a putrescine oxidase with an IRED, different 1'-, 2'- and 3'-
substituted pyrrolidines and piperidines could be formed from diamines. Product
formations of up to 99% and stereoselectivities of up to 93% (ee) could be achieved. In
this way, the formation of N-methyl pyrrolidine, which is a tertiary cyclic amine product
and has not been accessible through other alternative enzyme cascades, was also
successfully generated.
A further step to improve the applicability of IREDs was the generation of an NADH-
dependent IRED variant. So far only NADPH-dependent IREDs are known, but the use of
NADH has some advantages over NADPH. NADH is much cheaper and more stable than
NADPH. Besides, more efficient and cost-effective cofactor regeneration systems are
available.
By mutagenesis of amino acid residues at positions N32, R33, T34, K37, L67 and T71 in
R-IRED_Ms, and by photometric analysis of over 1800 colonies, promising variants could
be identified. The best variants V8, V9, and V10 showed up to 2900-fold increased
NADH/NADPH specificity and up to 100% activity with NADH compared to wild type
enzyme and NADPH.
The studies performed with R-IRED_Ms show a remarkable reaction and substrate
spectrum. However, for some pharmaceutical building blocks, enantiocomplementary
IREDs are required to form the desired S- as well as R-product enantiomers. In this light,
finding an S-selective IRED with similar properties remains challenging. As an
alternative, the stereoselectivity of R-IRED_Ms was changed with enzyme engineering. In
an enantio-sensitive screening with over 3000 colonies, a new region could be
identified, which has a strong influence on the stereoselectivity. The variant 44A2 with
five mutations in this region showed an enantiomeric excess of 91% (S) for the
formation of 2-methylpyrrolidine. Thus, the stereoselectivity was almost completely
reversed compared to the wild type (> 99% R). By further experiments, it was shown
XIX
that the amino acid residues introduced in variant 44A2 caused a substrate-specific
change in stereoselectivity. However, it has not yet been clarified, which specific
interactions are responsible for the substrate-dependent change in selectivity.
Overall, this work improved the applicability and understanding of IREDs. The
development of new methods and reactions as well as the mutagenesis studies show
that IREDs are very versatile biocatalysts with incredible capabilities. Especially for the
formation of N-heterocycles, they show great potential, which is unique in the field of
biocatalysis and could gain more and more importance in the future.
XX
Einleitung
1
1. Einleitung
Der weltweite Bedarf an Feinchemikalien ist enorm. Insbesondere in der
pharmazeutischen Industrie werden ständig neue komplexe chemische Bausteine
benötigt, sodass auch neue Herstellungsverfahren entwickelt werden müssen.[1]
Besonders herausfordernd ist dabei der Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe, da die
meisten etablierten chemischen Prozesse auf fossilen Ressourcen basieren.[2,3]
Außerdem müssen für die Herstellung von komplexen Feinchemikalien oft zahlreiche
Prozessschritte mit teils niedriger Effizienz und hohem Energiebedarf angewendet
werden, was die Nachhaltigkeit zusätzlich verschlechtert.[4] Die Nachfrage für
alternative, bioökonomische Prozesse ist deshalb sehr hoch, sodass chemische
Verfahren zunehmend durch biotechnologische Ansätze ersetzt werden.[5–7] Die
Verwendung von Enzymen oder ganzen Zellen als Biokatalysatoren gewinnt deshalb in
den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung.[8–15]
1.1. Biokatalyse
Im Fokus der Biokatalyse stehen Enzyme und deren Fähigkeit spezifische Reaktionen
katalysieren zu können.[16,17] Es handelt sich somit um ein naturwissenschaftliches Feld,
das die Fachbereiche Biotechnologie und Chemie verbindet. Der größte Vorteil von
enzymvermittelten Reaktionen gegenüber chemischen Reaktionen ist die meist hohe
natürliche Selektivität von Enzymen. So können chemo-, regio- und stereoselektive
Biotransformationen gewährleistet werden.[18–21] Des Weiteren bietet eine
biokatalytische Applikation die Möglichkeit zu nachhaltigeren und
umweltfreundlicheren Prozessen.[7,22,23] Weitere Vorteile sind die Evolvierbarkeit und
Kombinierbarkeit von Enzymen.[18,24] Dennoch gibt es auch einige Nachteile von
Biokatalysatoren gegenüber chemischen Katalysatoren. Die Verfügbarkeit von Enzymen
ist beschränkt und häufig weisen sie ein vergleichsweise schmales Substratspektrum
auf.[17] Auch die Stabilität und Aktivität von Enzymen unter nicht natürlichen
Gegebenheiten ist oft ein limitierender Faktor.[25] Einige Enzyme sind außerdem
abhängig von teuren Kofaktoren, sodass diese in einem Prozess bereitgestellt werden
müssen.[17] Durch den Einsatz von Ganzzellsystemen oder enzymatischen Kofaktor-
Regenerationssystemen kann die Bereitstellung von Kofaktoren zwar deutlich reduziert
werden,[26–29] jedoch ist dies nicht immer erfolgreich.
Einleitung
2
Weltweit arbeiten Forschergruppen an der Verbesserung von biokatalytischen
Systemen um die Anwendbarkeit von Enzymen zu verbessern. Durch ein sogenanntes
„enzyme engineering“ können einige der erwähnten Schwachstellen adressiert werden.
Die zur Verfügung stehenden Technologien für die Entwicklung von Enzymen haben
sich in den letzten Jahren maßgeblich verbessert, was zuletzt sogar zur Verleihung des
Chemienobelpreis an Prof. Frances H. Arnold geführt hat.[30] Das Prinzip beim enzyme
engineering ist die zyklische Anwendung von Mutagenese, Genexpression und Selektion,
um die Eigenschaften von Enzymen gezielt zu verändern.[31–34] Zahlreiche Studien
zeigen, dass beispielsweise Stabilität und Aktivität deutlich verbessert werden
können.[35,36] Auch das Substratspektrum und die Selektivität von Enzymen kann über
ein enzyme engineering verändert und erweitert werden.[37–41] Zusätzlich sorgt die
Identifizierung neuer natürlich vorkommender Enzyme für eine stetig steigende
Verfügbarkeit von Biokatalysatoren. Auch die Entwicklung nicht natürlicher
Enzymaktivitäten,[42–44] sowie die Entwicklung von artifiziellen Enzymen (denovo
design)[45] tragen dazu bei, dass immer mehr neue und verbesserte Enzymsysteme für
industrielle Applikationen zur Verfügung stehen.[13]
1.2. N-Heterozyklen
N-Heterozyklen sind zyklische organische Verbindungen, deren Ringsysteme neben
Kohlenstoffen aus mindestens einem Stickstoffatom bestehen. Solche Verbindungen sind
in der Natur weit verbreitet und für Organismen jeglicher Art lebensnotwendig.[46] Das
Vorkommen von N-Heterozyklen in Lebewesen ist breit gefächert. Essentielle
Komponenten sind z.B. die Pyrimidin- und Purinbasen der DNA, die Aminosäuren Prolin,
Histidin und Tryptophan, sowie verschiedene Porphyrine und andere Kofaktoren.
Daneben gibt es eine Vielzahl an komplexen Sekundärmetaboliten, bei denen
N-Heterozyklen als Grundbausteine auftreten.[47] Solche Verbindungen machen einen
Großteil der sogenannten Alkaloide aus und haben typischerweise sehr spezifische
biologische Wirkungen.[48,49] Besonders bekannt sind beispielsweise einige Opioide,
welche durch ihre spezifische Bindung an verschiedenen Rezeptoren des
Nervensystems eine schmerzlindernde Wirkung erzeugen.[50] Über 20.000 Alkaloide
sind bereits beschrieben worden.[51] Die meisten dieser Verbindungen enthalten die im
Folgenden abgebildeten N-Heterozyklen (Abb.1).[49,52]
Einleitung
3
Abbildung 1: Häufig auftretende N-Heterozyklen in Alkaloiden. Die wichtigsten Alkaloid-Gruppen wurden anhand der strukturellen Verwandtschaft (ohne Berücksichtigung des Biosynthesewegs) zugeordnet. Weitere wichtige Alkaloid-Gruppen sind die Phenylethylamino-Alkaloide, welche in der Regel keinen N-Heterozyklus enthalten, sowie die Terpenoid- und Stereoid-Alkaloide, welche nicht zu einem bestimmten N-Heterozyklus zugeordnet werden können.
1.2.1. N-Heterozyklen als Pharmabausteine
Auch in der Entwicklung von pharmazeutischen Wirkstoffen macht man sich die
biologische Wirksamkeit von N-Heterozyklen zu Nutze. So enthalten drei Viertel der 120
umsatzstärksten niedermolekularen Pharmazeutika aus 2018 einen N-Heterozyklus.[53]
Ein wichtiger Ausgangspunkt für nachfolgende Syntheseschritte in der Herstellung von
pharmazeutischen Wirkstoffen ist deshalb die Bildung eines N-Heterozyklus. Hierfür
existieren teilweise gut etablierte chemische Verfahren. Häufig werden vor allem fünf-
und sechsgliedrige Heterozyklen mit unterschiedlichen Sättigungsgraden benötigt
(Abb.2).[54] Die chemische Herstellung aromatischer N-Heterozyklen kann z.B. über eine
Paal-Knorr- Synthese[55] oder eine Michael-Addition[56] erfolgen. Für nicht aromatische
N-Heterozyklen existieren andere chemische Verfahren, die häufig miteinander
kombiniert werden müssen. Der mehrstufige Prozess beinhaltet dabei zum Beispiel
Metall katalysierte Zyklisierungen, C-H-Aminierungen, Hydroaminierungen, Ring-
Transformationen, oder Imin- bzw. Enamin- Reduktionen.[57–59]
Einleitung
4
Abbildung 2: Die fünf häufigsten N-Heterozyklen bezogen auf 640 N-heterozyklische Pharmazeutika (modifiziert nach E. Vitaku et al.).[54] Neben Pyridinen (blau, aromatisch) zählen vier nicht aromatische N-Heterozyklen (Piperidine, Piperazine, Cepheme, Pyrrolidine, rot) zu den fünf häufigsten Vertretern. Der angegebene prozentuale Anteil bezieht sich auf die 640 analysierten N-heterozyklischen Pharmazeutika (zugelassen in den USA).
Eine zusätzliche Herausforderung sind C-substituierte gesättigte Heterozyklen, da bei
diesen Verbindungen Stereozentren existieren. Somit müssen stereoselektive Verfahren
eingesetzt werden um ein pharmazeutisches Endprodukt mit möglichst hoher
Enantiomerenreinheit zu erhalten.[60] Dies ist jedoch in einem rein chemischen Prozess
meist aufwendig und nur mit Hilfe von aufwendigen Verfahren oder teuren
Katalysatoren realisierbar.[57,58,61,62] Die Identifizierung und Entwicklung von Enzymen
zur biokatalytischen Herstellung von chiralen N-Heterozyklen ist daher eine
vielversprechende Alternative.
1.2.2. Piperazine
Piperazine sind privilegierte Bausteine der Pharmaindustrie, welche in über 6% aller
oral verabreichten Medikamente enthalten sind.[63,64] Damit gilt Piperazin als der dritt
häufigste Heterozyklus in allen Pharmazeutika.[54,65] Umso erstaunlicher ist es, dass
Piperazine in der Natur quasi nicht vorkommen. Nur eine Hand voll Piperazin-haltiger
Naturstoffe konnten bislang gefunden werden.[66–71] Die Biosynthese dieser Stoffe lässt
sich nach derzeitigem Wissensstand auf die Dimerisierung von Aminoaldehyden bzw.
Aminosäuren zurückführen.[66,68,70] Hierfür spricht vor allem eine symmetrische
Anordnung der Substituenten an Position 2 und 5 des Piperazinrings, sowie die
Aufklärung des Biosynthesewegs von Herquilin A in Penicillium herquei.[66] Im Gegensatz
zur natürlichen Bildung von Piperazin gibt es zahlreiche chemische Verfahren zur
Bildung von Piperazinen, welche sich aufgrund der hohen Nachfrage etabliert haben.
Einleitung
5
Neben der Reduktion von Pyrazinen oder Diketopiperazinen werden auch Metall-
vermittelte oder Metall-katalysierte Zyklisierungsreaktionen angewendet.[64,72–79]
Bekannte Beispiele für Piperazin-haltige Pharmazeutika sind das Bruskrebs-
Medikament Palbociclib, die Leukämie-Medikamente Dasatinib und Imatinib, die
Schizophrenie-Medikamente Aripiprazol und Brexpiprazol, das Herzmedikament
Ranolazin oder das Potenzmittel Sildenafil.[53] Besonders häufig weisen Piperazin-
haltige Verbindungen psychoaktive Wirkungen auf, sodass einige Piperazinvorstufen
auch für die Herstellung von verschiedenen Drogen missbraucht werden.[80]
Meistens werden Piperazine ohne C-Substituenten als Vorstufe benötigt. Doch auch
chiral substituierte Piperazine werden immer häufiger in der Entwicklung von
Pharmazeutika eingesetzt.[81–86] Bekannte Beispiele sind die HIV-Medikamente Indinavir
und Vicriciroc, das Antidepressivum Mirtazapin, das Beruhigungsmittel Vestipiant oder
das Antibiotikum Sparfloxacin (Abb.3).[87–91] Hier werden chirale C-substituierte
Piperazine als Pharmabausteine benötigt, deren chemische Bereitstellung sehr
herausfordernd ist.[73,92]
Abbildung 3: Beispiele für bekannte Pharmazeutika, bei welchen chirale C-substituierte Piperazine (rot markiert) als Vorstufe benötigt werden.
Einleitung
6
1.3. Enzymatische Bildung von chiralen N-Heterozyklen
Aufgrund der signifikanten Präsenz von N-Heterozyklen in Lebewesen, gibt es
zahlreiche Enzyme die bei deren Biosynthese beteiligt sind. Dabei sind für eine
biotechnologische Applikation vor allem solche Enzyme interessant, die die Bildung von
chiralen N-Heterozyklen ermöglichen. In den meisten bekannten Biosynthesewegen
werden hierfür Reduktasen eingesetzt, welche die stereoselektive Reduktion eines
prochiralen zyklischen Imins katalysieren. Ein sehr bekanntes Beispiel hierfür findet
man im Primärstoffwechsel in der Biosynthese von L-Prolin.[93–95] Wie alle
proteinogenen Aminosäuren wird auch L-Prolin mit einer exzellenten
Enantiomerenreinheit gebildet. In manchen Biosynthesewegen wird das Stereozentrum
schon durch die Vorstufe L-Ornithin oder L-Glutaminsäure vorgegeben. Besonders
interessant ist jedoch die Biosynthese mittels Pyrrolidin-2-carboxylatreduktase (P2CR).
Dieses Enzym ist in der Lage eine prochirale zyklische Imin-Zwischenstufe
stereoselektiv zu reduzieren, sodass ausschließlich L-Prolin entsteht (Abb.4, A).[96] Die
P2CR gehört zu der Familie der Ketimin-Reduktasen, welche auch für die Reduktion von
weiteren zyklischen Iminen genutzt werden können. Jedoch sind sie auf Substrate mit
einem 2‘-Carboxylsubstituent angewiesen.[97,98]
Daneben sind ein paar Enzyme des Sekundärstoffwechsels bekannt, welche ebenfalls die
Reduktion von zyklischen Iminen katalysieren. Ein Beispiel ist die
Dihydrofolatreduktase (DHFR), welche die selektive Reduktion von 7,8-Dihydrofolat zu
(S)-5,6,7,8-Tetrahydrofolat katalysiert (Abb.4, B).[99] Die Thiazolinyl Iminreduktase
(TIRED) katalysiert die Reduktion eines Thiazolinrings in der Biosynthese der
Siderophore Pyochelin und Yersiniabactin (Abb.4, C).[100,101] Auch in der Biosynthese
von Morphin wird ein zyklisches Imin reduziert. Hier katalysiert die
Dihydroreticulinreduktase (DRR) die Reduktion eines Dihydroquinolinrings
(Abb.4, D).[102,103] Ein weiteres Enzym, das an dieser Stelle zu erwähnen ist, ist die F420-
abhängige Reduktase (TomJ) im Biosyntheseweg von Tomaymycin, welche eine
Pyrrolin-ähnliche Struktur reduziert (Abb.4, E).[104] Jedoch wird bei diesem Schritt kein
Stereozentrum erzeugt.
Im Gegensatz zu diesen sehr spezifischen Enzymen (A-E) weisen Iminreduktasen
(IREDs) ein deutlich breiteres Substratspektrum auf, sodass eine Vielzahl zyklischer
Iminsubstrate selektiv reduziert werden können (Abb.4, F).[105] Die natürliche Funktion
Einleitung
7
dieser Enzymfamilie ist bislang nicht bekannt. Aufgrund des breiten Substratspektrums
ist die Beteiligung in einem einzigen spezifischen Biosyntheseweg eher
unwahrscheinlich.
Abbildung 4: Die Abbildung zeigt verschiedene bekannte Enzyme, welche die stereoselektive Reduktion von zyklischen Iminen katalysieren können und damit zur Bildung von chiralen N-Heterozyklen beitragen.
1.4. Iminreduktasen
Lange Zeit gab es kaum biokatalytische Möglichkeiten um chirale gesättigte
N-Heterozyklen herzustellen, da entsprechende Enzyme noch nicht beschrieben
Einleitung
8
wurden. Erst 2010 wurde die Enzymfamilie der Iminreduktasen (IREDs) entdeckt,
sodass neue enzymatische Ansätze möglich waren.[106] 2011 wurden die ersten IREDs
aus Streptomyces-Stämmen erfolgreich isoliert und charakterisiert.[107] Seit 2013 kennt
man außerdem die ersten Röntgenstrukturen von IREDs (Abb. 5).[108] IREDs sind
homodimere Proteine mit je einem N-terminalen NADPH-Bindemotiv
(Rossmannfaltung). Eine Besonderheit ist, dass die beiden Monomere sehr stark
ineinander verschränkt sind. Nach der N-terminalen Domäne durchdringt eine lange
α-Helix die C-terminale Domäne des jeweils anderen Monomers. Anschließend folgt der
C-terminale Teil, welcher wiederum von der langen α-Helix des anderen Monomers
durchdrungen wird. Es handelt sich also nicht um zwei Monomere, die über eine
Oberflächeninteraktion miteinander verbunden sind. Stattdessen sind die Monomere so
sehr ineinander verflochten, dass eine Dissoziation unter Beibehaltung der
Proteinfaltung kaum möglich scheint.
Abbildung 5: Darstellung der Röntgenstruktur der R-selektiven IRED aus Streptomyces kanamyceticus, welche 2013 gelöst wurde (pdb-ID = 3zhb).[108] Gezeigt ist sowohl die Sekundärstrukturdarstellung (A) als auch die Oberflächendarstellung (B). Die beiden (Homo-)Monomere sind in Grau und Beige dargestellt. Die beiden gebundenen NADP+-Moleküle sind ebenfalls gezeigt. Die Darstellung erfolgte mit Pymol.
Einleitung
9
Das aktive Zentrum wird jeweils aus der N-terminalen Domäne des einen Monomers
und der C-terminalen Domäne des anderen Monomers gebildet. Erste Hinweise weisen
darauf hin, dass es einen „offenen“ und „geschlossenen“ Zustand des aktiven Zentrums
gibt, bei welchen sich die beiden Domänen in einem unterschiedlichen Abstand
zueinander befinden.[109] Dies hängt auch davon ab, ob NADPH gebunden ist oder nicht.
Die Kristallstrukturen von unterschiedlichen Enzymkonformationen bestätigen, dass
das aktive Zentrum einer starken Dynamik unterliegt.[109]
Die Funktionen der konservierten Aminosäurereste im aktiven Zentrum sind bislang
weitestgehend ungeklärt. Die Position 171 (Nummerierung bezogen auf die R-selektive
IRED aus Myxococcus stipitatus, R-IRED_Ms) wurde bereits mehrfach als katalytisch
aktive Aminosäure beschrieben. Sie befindet sich auf der gleichen Domäne wie die
NADPH Bindetasche. Hier ist in den meisten R-selektiven IREDs eine Asparaginsäure
(D-Typ) und in den meisten S-selektiven IREDs ein Tyrosin (Y-Typ) konserviert.[110]
Aufgrund der Ausrichtung und der Konservierung dieser Position, vermutet man eine
Beteiligung an der Protonierung des Substrates.[108,111] Allerdings könnte die
Protonierung auch über ein aktiviertes Wassermolekül ablaufen.[105,111] Bei
Negativkontrollen mit einer Mutation an dieser Stelle wurden unterschiedliche
Beobachtungen gemacht. Häufig zeigte sich eine drastisch reduzierte Aktivität.[112]
Teilweise wurden jedoch auch erhebliche Restaktivitäten detektiert.[113] Es könnte sein,
dass die katalytische Beteiligung von Position 171 nur auf einen Teil der IREDs zutrifft.
Hierfür spricht auch die Tatsache, dass manche IREDs an dieser Stelle Aminosäuren
aufweisen, welche keine Protonierung übernehmen können (z.B. Phenylalanin, Alanin
oder Asparagin).[114]
1.4.1. Reaktionsmechanismus
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass der Katalysemechanismus von
Iminreduktasen (Abb. 6) ähnlich wie bei den Ketoreduktasen, bzw. wie bei der
Reduktionsreaktion von Alkoholdehydrogenasen abläuft.[109,115–117]
Der entscheidende Schritt im Reaktionsmechanismus von IREDs ist der nukleophile
Angriff des Hydrids von NADPH auf den positiv teilgeladenen und damit elektrophilen
Kohlenstoff der Iminbindung. Bei diesem Schritt wird außerdem die Stereoselektivität
Einleitung
10
determiniert. Abhängig davon, ob der Angriff des Hydrids von der Re- oder Si-Seite
erfolgt, entsteht das S- oder R-Enantiomer.[118] Mit diesem Schritt verbunden ist eine
Elektronenumlagerung im Nikotinamid-Teil, sodass NADP+ entsteht. Das
π-Elektronenpaar der Imin-Doppelbindung klappt zum Stickstoff. Dieser wird
protoniert, sodass aus dem Iminsubstrat schließlich ein Aminprodukt gebildet wird.
Falls die Protonierung durch einen Aminosäurerest erfolgt, muss dieser anschließend
wieder regeneriert werden. Bevor ein weiterer Katalysezyklus durchlaufen werden
kann, muss der verbrauchte Kofaktor (NADP+) diffusiv durch NADPH ersetzt werden.
Außerdem muss das Produkt aus dem aktiven Zentrum entlassen werden, um die
Aufnahme eines neuen Substrates zu ermöglichen.
Abbildung 6: Vorgeschlagener Katalysezyklus für Iminreduktasen am Beispiel der Reduktion von 2-Methylpyrrolin zu (R)- oder (S)-2-Methylprrolidin. 1) Hydridtransfer und Protonierung; 2) Gegebenenfalls Regenerierung der katalytischen Aminosäure durch Protonierung.
Einleitung
11
1.4.2. IRED katalysierte Reaktionen
Die Reduktion von Iminen ist der namensgebende Reaktionstyp welcher durch IREDs
katalysiert wird (Abb. 7). Die Herausforderung bei Iminen ist, dass sie Hydrolyse-labil
sind und in eine Carbonyl- und Aminkomponente zerfallen können.[119] Im wässrigen
Milieu stellt sich ein pH-abhängiges Gleichgewicht zwischen dem Imin und dem
Hydrolyseprodukt ein, wobei die Hydrolyse bei hohen pH-Werten vermindert
stattfindet.[120] Azyklische Imine sind im Vergleich zu zyklischen Iminen meist deutlich
instabiler. Durch Substituenten mit einem +I- oder +M-Effekt kann die Imingruppe
stabilisiert werden.[119,121]
Die IRED katalysierte Reduktion des Imins zum Amin hat ebenfalls einen Einfluss auf
das Hydrolysegleichgewicht. Das Imin wird dem Gleichgewicht entzogen, sodass sich
dieses zu Gunsten der IRED verschiebt.
Abbildung 7: IRED katalysierte Reduktion von zyklischen bzw. azyklischen Iminen, sowie das Hydrolysegleichgewicht des Iminsubstrats. Als Beispiele wurden die Substrate 2-Methylpyrrolin (zyklisches Imin) und N-Benzylidenmethylamin (azyklisches Imin) dargestellt.
Um die Stabilität des Iminsubstrats zu gewährleisten wurden zunächst nur zyklische
Imine oder durch Phenylgruppen stabilisierte azyklische Imine eingesetzt.[107,113,122–124]
So wurden mit IREDs anfangs hauptsächlich Pyrrolidine, Piperidine,
Tetrahydroisoquinoline, Indoline oder Hexahydro-β-carboline gebildet.[112,125–127] Dabei
wurden neben zyklischen Iminen auch zyklische Iminium-Ionen eingesetzt. Später
Einleitung
12
stellte man fest, dass auch instabile Imine von IREDs umgesetzt werden können. Hierfür
setzt man jedoch nicht das Imin sondern das Carbonyl- und Aminsubstrat ein.[98,128]
Beide Substrate stehen in einem Gleichgewicht mit dem Imin, welches durch die IRED
reduziert werden kann (Abb. 8). Diese Art der Anwendung wird als reduktive
Aminierung bezeichnet und bietet extrem viele Möglichkeiten im Vergleich zur
normalen Imin Reduktion.[98,109,128–131] Im Gegensatz zu Iminsubstraten stehen
vielzählige stabile und kostengünstige Substrate zur Verfügung, welche miteinander
kombiniert werden können.[132,133]
Abbildung 8: Reaktionsschema der IRED katalysierten Iminreduktion (blau) ausgehend vom Iminsubstrat, sowie die reduktive Aminierung (orange) ausgehend vom Carbonyl- und Aminsubstrat.
Eine interessante Thematik bezüglich der reduktiven Aminierung ist auch die
Fragestellung, ob IREDs einen Einfluss auf die Kondensationsreaktion haben. Erste
Hinweise deuten darauf hin, dass zumindest manche IREDs die Fähigkeit besitzen, die
Kondensation katalytisch zu beschleunigen. Anhand von Kristallstrukturen von Enzym-
Substrat-Komplexen wurde eine Tyrosinrest-vermittelte Aktivierung der
Carbonylgruppe bei einer IRED aus Aspergillus terreus postuliert.[109] Es wird deshalb
angenommen, dass auch die Kondensationsreaktion enzymatisch beschleunigt wird,
sodass beide Reaktionsschritte der reduktiven Aminierung unter dem Einfluss der
Iminreduktase stehen. In diesem Zusammenhang wird deshalb auch die Bezeichnung
„reduktive Aminase“ anstelle von Iminreduktase verwendet.[109,132]
Auch die Rückreaktion, also die Oxidation eines Amins zu einem Imin, kann durch IREDs
katalysiert werden, wobei hierfür höhere pH-Werte (<10,0) benötigt werden.[134] In
diesem Fall ist es außerdem förderlich ein Amin auszuwählen, dessen Imin-Analogon
sehr instabil ist, und somit sofort hydrolysiert. So wird das Gleichgewicht zu Gunsten
der Oxidation verschoben.[134]
Neben den Imin reduzierenden Aktivitäten konnte auch eine promiskuitive Aktivität von
IREDs gegenüber der Reduktion einer aktivierten Carbonylverbindung beobachtet
Einleitung
13
werden. Jedoch konnte dies bislang nur für ein Substrat (2,2,2-Trifluoroacetophenon)
gezeigt werden, welches stereoselektiv zum entsprechenden Akloholprodukt umgesetzt
wurde.[135]
1.4.3. Promiskuitive, iminreduzierende Enzymaktivitäten
Abseits der IREDs wurden mittlerweile in weiteren Enzymfamilien Imin-reduzierende
Aktivitäten detektiert. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die natürliche Funktion,
sondern um eine promiskuitive Aktivität, welche in der Regel auch nicht sehr stark
ausgeprägt ist. Eine nah verwandte Enzymfamilie der IREDs sind die
β-Hydroxysäuredehydrogenasen.[114] Sie katalysieren normalerweise die Oxidation von
Hydroxygruppen oder die Reduktion von Carbonylgruppen. Jedoch weisen sie zusätzlich
eine, wenn auch schwache, promiskuitive Aktivität für die Reduktion von zyklischen
Iminen auf. Dies konnte am Beispiel von 2-Methylpyrrolin gezeigt werden.[115] Durch
einen gezielten Austausch einer Aminosäure im aktiven Zentrum von β-HADs konnte
diese Anfangsaktivität außerdem um das 12-fache gesteigert werden.[115]
Des Weiteren zeigt die Glutamatdehydrogenase eine reduzierende Aktivität gegenüber
Pyrrolin-2-carboxylat und Piperidin-2-carboxylat. Dabei wird ähnlich wie bei der P2CR
die stereoselektive Bildung von L-Prolin bzw. L-Pipecolinsäure beobachtet.[136] Eine
weitere promiskuitive Aktivität wurde bei der Glukosedehydrogenase gegenüber
Dihydroisoquinolin-Derivaten festgestellt.[137] Die Glukosedehydrogenase gehört zu der
großen Enzymfamilie der kurzkettigen Dehydrogenasen/Reduktasen (SDRs) mit über
168 000 bekannten Proteinen.[138] Es ist also wahrscheinlich, dass noch weitere Enzyme
dieser Familie existieren, die eine ähnliche promiskuitive Aktivität aufweisen.
Neben promiskuitiven Aktivitäten konnten auch schon artifizielle Enzymaktivitäten für
die Reduktion von zyklischen Iminen erzeugt werden. Dies gelang mit Hilfe von
artifiziellen Metalloenzymen.[139–141] Hierbei konnten jedoch nur moderate
Stereoselektivitäten erreicht werden.[141]
Auch für die reduktive Aminierung wurden bereits weitere Enzymfamilien gefunden,
welche diese Reaktion promiskuitiv katalysieren können. Hierzu gehört die
Opinsäuredehydrogenase, sowie die Ketiminreduktasen und die Amin
Einleitung
14
Dehydrogenasen.[142–146] Die Möglichkeiten sind im Vergleich zu IREDs jedoch deutlich
beschränkter, vor allem in der Wahl des Aminsubstrates.
1.4.4. Enzymkaskaden mit Iminreduktasen
Eine wichtige Voraussetzung für eine wirtschaftliche Anwendung von
Biotransformationen ist die Zugänglichkeit der Ausgangsverbindungen. In diesem
Zusammenhang sind Multienzymsysteme sehr förderlich.[147] So können komplexe
Strukturen schrittweise ausgehend von einfachen Verbindungen aufgebaut werden. Die
Aneinanderreihung von mehreren biokatalytischen Schritten wird dabei als
Enzymkaskade bezeichnet. Auch für die Generierung von gesättigten N-Heterozyklen
wurden bereits einige Enzymkaskaden mit IREDs entwickelt (Abb. 9).[148–151] Die
Anwendung von zusätzlichen Enzymen ermöglicht die Verwendung von sehr einfachen
linearen Ausgangsverbindungen.
Abbildung 9: Verschiedene Enzymkaskaden zur Bildung von gesättigten N-Heterozyklen ausgehend von einfachen linearen Verbindungen. Als Ausgangsverbindung können Diamine (A,B), Dicarbonyle (C) oder Ketosäuren (D) verwendet werden.
Einleitung
15
Ausgehend von Diaminen (A, B), Dicarbonylen (C) oder Ketosäuren (D) können
Aminoaldehyde in ein oder zwei Schritten enzymatisch gebildet werden. Die
Aminoaldehyde reagieren spontan unter Abspaltung von Wasser zu zyklischen Iminen,
welche schließlich durch eine IRED reduziert werden können, sodass gesättigte
N-Heterozyklen entstehen. Die abgebildeten Enzymkaskaden A, C und D konnten
außerdem auch im Ganzzell-System (E. coli) durchgeführt werden.
Die angewendete Route über eine Aminoaldehyd Zwischenstufe erinnert stark an die
natürlichen Biosynthesewege von gesättigten N-Heterozyklen. Auch hier verläuft die
Synthese in der Regel über ein Aminoaldehyd.[93,94,152–156]
Motivation
16
2. Motivation
Die Untersuchung und Entwicklung von Iminreduktasen (IREDs) führte in den letzten
neun Jahren zu beeindruckenden Ergebnissen. Vor allem durch die reduktive
Aminierung konnte die Anwendbarkeit von IREDs erheblich gesteigert werden, sodass
nun die Bildung von vielzähligen chiralen primären, sekundären und tertiären Aminen
möglich ist. Der Zugang zu N-Heterozyklen ist jedoch immer noch sehr beschränkt. Zwar
können einige zyklische Imine stereoselektiv reduziert werden, jedoch sind für viele
wichtige N-Heterozyklen entsprechende Iminvorstufen nicht verfügbar. Piperazin ist
beispielsweise der zweithäufigste gesättigte N-Heterozyklus in Pharmazeutika. Dennoch
gibt es (abseits dieser Arbeit) bislang keine biokatalytischen Methoden um Piperazine
mit unterschiedlichem Substituierungsmuster aufzubauen.
Ziel dieser Arbeit war es, den enzymatischen Zugang zu neuen N-Heterozyklen zu
schaffen. Hierfür sollten insbesondere IREDs sowie IRED-basierte Enzymkaskaden
eingesetzt werden.
Für die Anwendung von Enzymkaskaden sollten unter anderem unterschiedliche
Kofaktorregenerationssysteme in Betracht gezogen werden. Hierbei ist jedoch die
strikte NADPH Abhängigkeit von IREDs eine große Einschränkung. Um dies zu umgehen
sollte eine NADH abhängige IRED mittels ortsgerichteter Mutagenese entwickelt
werden, sodass neue Möglichkeiten eröffnet werden.
Neben Enzymkaskaden sollten auch neue Substrate und Reaktionen mit IREDs getestet
werden. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei dem Aufbau von Piperazingerüsten
gelten, da dies sehr gefragte Pharmabausteine sind. Des Weiteren sollten analog zu
Aminen auch Hydrazine als neuartige IRED-Substrate getestet werden. Auch sollte
geprüft werden, ob sich diese für die IRED katalysierte Bildung von N-Heterozyklen
eignen.
Zuletzt sollten außerdem Aminosäurepositionen in der aktiven Tasche identifiziert
werden, welche zur Stereoselektivität von IREDs beitragen. Die identifizierten
Positionen sollten schließlich für ein beispielhaftes enzyme engineering herangezogen
werden, um die Stereoselektivität einer ausgewählten Iminreduktase vollständig
umzukehren. So sollte auch das Verständnis über die Funktion verschiedener
selektivitätsbestimmender Aminosäuren im aktiven Zentrum verbessert werden.
Material und Methoden
17
3. Material und Methoden
3.1. Materialien
3.1.1. Chemikalien
Alle in dieser Arbeit verwendeten Chemikalien wurden, sofern nicht anders angegeben,
von den Firmen Sigma Aldrich und Fluka (Steinheim, DE), abcr GmbH (Karlsruhe, DE),
VWR (Darmstadt, DE), Thermo Fisher (Braunschweig, DE), Alfa Aesar (Karlsruhe, DE),
Fluorochem (Hadfield, UK) und Prozomix (Haltwhistle, UK) bezogen.
3.1.2. Vewendete Enzyme
Neben den selbst hergestellten Enzymen kamen auch einige kommerziell erhältliche
Enzyme zum Einsatz (Tab. 1).
Tabelle 1: Verwendete Enzyme und deren Verwendung.
Enzym Herkunft Verwendung
PfuUltraII Fusion HS DNA-Polymerase
Agilent (Santa Clara, US) PCR, QuikChange-PCR
Phusion High-Fidelity DNA-Polymerase
NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly
T5-Exonuclease NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly
Taq DNA-Ligase NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly
Dpn1 NEB (Frankfurt, DE) Verdau von DNA-Templat
DNAseI (Rind) Sigma Aldrich (Steinheim, DE)
Enzymatischer Zellaufschluss
Lysozym aus Hühnereiweiß AppliChem GmbH (Darmstadt, DE)
Enzymatischer Zellaufschluss
Peroxidase (Meerrettich) AppliChem GmbH (Darmstadt, DE)
Aktivitäts-Assay für Oxidasen
Glukose-6-P-Dehydrogenase aus Leuconostoc mesenteroides
Alfa Aesar (Karlsruhe, DE) Regeneration von NADPH und NADH
Formiat-Dehydrogenase aus Candida boidinii
Sigma Aldrich (Steinheim, DE)
Regeneration von NADH
Material und Methoden
18
3.1.3. Verwendete Kits
Für verschiedene molekular- und mikrobiologische Techniken wurden
Anwendungsspezifische Kits verwendet, welche im Folgenden aufgeführt sind (Tab. 2).
Tabelle 2: Verwendete Kits und deren Verwendung.
Kit Herkunft Verwendung
ZyppyTM Plasmid Miniprep Kit
Zymo Research (Irvine, US)
Isolierung von Plasmid-DNA aus E. coli
DNA Clean and ConcentratorTM
Zymo Research (Irvine, US)
DNA-Reinigung
ZymocleanTM Gel DNA Recovery Kit
Zymo Research (Irvine, US)
Extraktion von DNA aus einem Agarosegel
PierceTM BCATM Protein Assay Kit
Thermo Fisher (Braunschweig, DE)
Bestimmung der Gesamt-Proteinkonzentration
3.1.4. Verwendete Plasmide
Für die heterologe Expression und Herstellung von Iminreduktasen (IREDs) und
Putrescinoxidasen (PuOs) wurden drei verschiedene Expressionssysteme verwendet,
sodass auch drei verschiedene Plasmide eingesetzt wurden (Tab 3).
Tabelle 3: Verwendete Plasmide.
Plasmid Empfänger-stamm
Resistenz-marker Operon
Verwendeter Induktor
An-wendung
pET28a(+) E. coli DH5α / E. coli BL21(DE3)
Kanamycin-Resistenz
Lactose-Operon
IPTG IREDs
pBAD18[157] E. coli JW5510 Ampicillin-Resistenz
Arabinose-Operon
L(+)-Arabinose
PuOs
pBAD33[157] E. coli JW5510 Chlor-amphenicol-Resistenz
Arabinose-Operon
L(+)-Arabinose
IREDs
Material und Methoden
19
3.1.5. Verwendete Mutagenese-Primer
Für das Einfügen von zielgerichteten Mutationen wurden verschiedene Techniken
angewendet, wobei spezifische Oligonukleotide (Primer) eingesetzt wurden (Tab 4,5).
Alle Primer wurden von Metabion International AG (Planegg, DE) bezogen.
Tabelle 4: Verwendete Primer zur Generierung von R-IRED_Ms Enzymvarianten mit geänderter Kofaktorspezifität.
Ziel- Mutation
Verwen-detes Templat
Muta-genese Strategiea
Ange-wendete Technikb
Sequenz (5‘->3‘) V = vorwärts, R = rückwärts
R33X, T34X, K37X
WT 3 B V: GTGGAACHVCRMKAAAGCCDAKAGCGAACCGCTGGCAAAACTG R: GTTCGCTMTHGGCTTTMKYGBDGTTCCACACCGTGGTCGTGTAG
N32X V1 2 A V: CACGACCACGGTGTGGNNKTACGAGAAAGCC R: GGCTTTCTCGTAMNNCCACACCGTGGTCGTG
K37X V1 2 A V: GAACTACGAGAAAGCCNNKAGCGAACCGCTGGC R: GCCAGCGGTTCGCTMNNGGCTTTCTCGTAGTTC
L67X V5 2 A V: CGTGGTTAATGTGNNKGATTATGACACCTCTGATC R: GATCAGAGGTGTCATAATCMNNCACATTAACCACG
T71X V5 2 A V: GTGCTGGATTATGACNNKTCTGATCAGCTGCTGC R: GCAGCAGCTGATCAGAMNNGTCATAATCCAGCAC
L75X V8 2 A V: GACACCTCTGATCAGNNKCTGCGCCAAGACGAAG R: CTTCGTCTTGGCGCAGMNNCTGATCAGAGGTGTC
N32E V3 1 A V: CACGACCACGGTGTGGGAATACGAGAAAGCC R: GGCTTTCTCGTATTCCCACACCGTGGTCGTG
R33Y WT 1 A V: CCACGGTGTGGAACTACACCAAAGCCAAAAGCG R: CGCTTTTGGCTTTGGTGTAGTTCCACACCGTGG
R37A V8 1 A V: GAATACGAGAAAGCCGCGAGCGAACCGCTGGC R: GCCAGCGGTTCGCTCGCGGCTTTCTCGTATTC
L67I V7 1 A V: CGTGGTTAATGTGATTGATTATGACGTGTCTGATC R: GATCAGACACGTCATAATCAATCACATTAACCACG
T71V WT 1 A V: GTGCTGGATTATGACGTGTCTGATCAGCTGCTGC R: GCAGCAGCTGATCAGACACGTCATAATCCAGCAC
T71V V6 1 A V: CGTGGTTAATGTGATTGATTATGACGTGTCTGATC R: GATCAGACACGTCATAATCAATCACATTAACCACG
a Folgende Mutagenesestrategien kamen zum Einsatz: 1) Punktmutation(en); 2) Sättigungsmutagenese an einer Position; 3) Kombinatorische Teilsättigungsmutagenese
an drei Positionen gleichzeitig. b Folgende Techniken zum Einführen von Mutationen wurden angewendet:
A) QuikChange™-PCR; B) Gibson assembly.
Tabelle 5: Verwendete Primer zur Generierung von R-IRED_Ms Enzymvarianten mit geänderter Stereoselektivität. Die Mutationsstelle im Primer ist grau markiert.
Ziel- Mutation
Verwen-detes Templat
Muta-genese Strategiea
Ange-wendete Technikb
Sequenz (5‘->3‘) V = vorwärts, R = rückwärts
A122V, T123P, P124A
V8 1 A V: CGGTGCGATCATG GTT CCG GCG GATTTTATTGGCCAG R: CTGGCCAATAAAATC CGC CGG AAC CATGATCGCACCG
D171Y V8 1 A V: CATGCCTCAGCACTG TAT AGCGCCCTGCTGTTTCAG R: CTGAAACAGCAGGGCGCT ATA CAGTGCTGAGGCATG
M178F V8 1 A V: CCTGCTGTTTCAG TTC TGGGGCACCCTGTTC R: GAACAGGGTGCCCCA GAA CTGAAACAGCAGG
Material und Methoden
20
Q234D, T235V, L236D
V8 1 A V: CTGACCGCAGACGCT GAT GTG GAT GCAAGTCTGGAAGG R: CCTTCCAGACTTGC ATC CAC ATC AGCGTCTGCGGTCAG
H242G V8 1 A V: CAAGTCTGGAAGCT GGT AACGTGGCGTTC R: GAACGCCACGTT ACC AGCTTCCAGACTTG
S95X, D171X
V8 3 B V: CAGCTGACC KHT GGTTCTCCGGCACTGGC R: CAGGGCGCT ADM CAGTGCTGAGGCATGACC V: CTCAGCACTG KHT AGCGCCCTGCTGTTTCAG R: CGGAGAACC ADM GGTCAGCTGAACCAGCAG
I120X, M121X
V8 3 A V: CTGGACGGTGCG KHT KHT GCCACCCCGGATTTTATTG R: CAATAAAATCCGGGGTGGC ADM ADM CGCACCGTCCAG
A122X, T123X
V8 3 A V: GACGGTGCGATCATG KHT KHT CCGGATTTTATTGGC R: GCCAATAAAATCCGG ADM ADM CATGATCGCACCGTC
L175X, M178X
V8 3 A V: GACAGCGCCCTG KHC TTTCAG KHT TGGGGCACCCTG R: CAGGGTGCCCCA ADM CTGAAA GDM CAGGGCGCTGTC
A241X, H242X
V8 3 A V: CTGGCAAGTCTGGAA KHT KHT AACGTGGCGTTCC R: GGAACGCCACGTT ADM ADM TTCCAGACTTGCCAG
V212X V8 2 A V: CTGACCGAACCG NNK ACCCAGGGTGCCGTTG R: CGGCACCCTGGGT MNN CGGTTCGGTCAGTTTG
A237X V8 2 A V: GACGCTCAGACGCTG NNK AGTCTGGAAGCTCATAAC R: GAGCTTCCAGACT MNN CAGCGTCTGAGCGTCTG
M13X V8 2 A V: GTTATTGGCGCTGGCCGT NNK GGCTCCGCACTG R: CAGTGCGGAGCC MNN ACGGCCAGCGCCAATAAC
P124X V8 2 A V: CGATCATGGCCACC NNK GATTTTATTGGCCAGGC R: GCCTGGCCAATAAAATC MNN GGTGGCCATGATCG
A245X V8 2 A V: GGAAGCTCATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTG R: CAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTATGAGCTTCC
L170X, D171Y, S172Q
V8 1+2 A V: CATGCCTCAGCACTG NNK TAC CAG GCCCTGCTGTTTCAG R: CTGAAACAGCAGGGC CTG GTA MNN CAGTGCTGAGGCATG
A245X 15B7 2 A V: GGAAGTTTATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTG R: CAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTCAAATATTCC
A241X, H242X
110D2 3 A V: CTGGCAAGTCTGGAA KHT KHT AACGTGTTGTTCC GGAACAACACGTT ADM ADM TTCCAGACTTGCCAG
A241X 15B7 2 C
V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA NDT TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA VHG TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA TGG TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG
H242X 15B7 2 C
V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT NDT AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT VHG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT TGG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG
A241M, H242X
V8 1+2 C
V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG NDT AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG VHG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG TGG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG
E240X, N243X
15B7 3 B V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTG KHT GTTTAT KHT GTGGCGTTCCAACACCTGCTGGCC R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG
V244X, F246X
110C2 3 A V: GTCTGGAAGCTCATAAC KHT TGT KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM ACA ADM GTTATGAGCTTCCAGAC
V244X, 15B7 1+3 A V: GTCTGGAAGTTTATAAC KHT TGT KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM ACA ADM GTTATAAACTTCCAGAC
Material und Methoden
21
A245C, F246X
V244X, F246X
110D2 3 A V: GTCTGGAAGCTCATAAC KHT TTG KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM CAA ADM GTTATGAGCTTCCAGAC
V244X, A245L, F246X
24E4 1+3 A V: GTCTGGAAATTTATAAC KHT TTG KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM CAA ADM GTTATAAATTTCCAGAC
A245L D171Y 1 A V: GGAAGCTCATAACGTG TTG TTCCAACACCTGCTGG R: CCAGCAGGTGTTGGAA CAA CACGTTATGAGCTTCC
A245X 24E4 2 A V: GTCTGGAAATTTATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTGG R: CCAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTATAAATTTCCAGAC
G96D, S79X
V8 1+2 A V: GTTCAGCTGACCAGC GAT NNK CCGGCACTGGCTC R: GAGCCAGTGCCGG MNN ATC GCTGGTCAGCTGAAC
T94X, G96D, S79X
V8 1+3 A V: CTGGTTCAGCTG KHT AGCGAT KHT CCGGCACTGGCTG R: CAGCCAGTGCCGG ADM ATCGCT ADM CAGCTGAACCAG
F246X 110D2 2 A V: GAAGCTCATAACGTG TTG NNK CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG MNN CAA CACGTTATGAGCTTC
A241X 23B3 2 A V: GCTGGCAAGTCTGGAA NNK TATAACGTGTTGTTCC R: GGAACAACACGTTATA MNN TTCCAGACTTGCCAGC
H242X 23B3 2 A V: GGCAAGTCTGGAAGTT NNK AACGTGTTGTTCCAAC R: GTTGGAACAACACGTT MNN AACTTCCAGACTTGCC
N243X 23B3 2 A V: CAAGTCTGGAAGTTTAT NNK GTGTTGTTCCAACACC R: GGTGTTGGAACAACAC MNN ATAAACTTCCAGACTTG
N243X V244X
23B3 3 A V: CAAGTCTGGAAGTTTAT KHT KHT TTGTTCCAACACCTGC R: GCAGGTGTTGGAACAA ADM ADM ATAAACTTCCAGACTTG
a Folgende Mutagenesestrategien kamen zum Einsatz: 1) Punktmutation(en); 2) Sättigungsmutagenese an einer Position; 3) Kombinatorische Teilsättigungsmutagenese an zwei Positionen gleichzeitig. b Folgende Techniken zum Einführen von Mutationen wurden angewendet:
A) QuikChange™-PCR; B) Gibson assembly; C) Gibson assembly kombiniert mit „22c-trick”.[158]
3.1.6. Verwendete E. coli Stämme
Das Gen für R-IRED_Ms wurde im Rahmen eines früheren Projektes von GenSkript
(Piscataway, US) synthetisiert und in einem pET28a(+)-Vektor geliefert. Deshalb wurde
zunächst mit einem passenden Expressionsstamm (E. coli BL21(DE3)) gearbeitet,
welcher das Gen für die nötige T7-Polymerase trägt. Für die Klonierungsarbeiten mit
pET28a(+) wurde außerdem der Klonierungsstamm E. coli DH5α verwendet. Im
weiteren Verlauf wurde das Gen in einen pBAD33-Vektor überführt. In diesem Plasmid
standen auch weitere IREDs zur Verfügung, welche bereits in Vorarbeiten kloniert
wurden. Für pBAD-Plasmide wurde der Stamm E. coli JW5510 aus der Keio-
Collection[159] herangezogen, bei welchem die Gene der Abbauenzyme von
L(+)-Arabinose ausgeschaltet sind. Auch für die Arbeiten mit PuOs, welche in einem
Material und Methoden
22
pBAD18-Vektor integriert waren, wurde E. coli JW5510 verwendet. Neben der
Expression von IREDs und PuOs wurden auch sämtliche Klonierungsarbeiten in diesem
Stamm durchgeführt. Tabelle 6 zeigt den Genotyp der verwendeten Stämme.
Tabelle 6: Genotypen der verwendeten E. coli Stämme.
Stamm Genotyp
E. coli DH5α F- fhuA2 lac(del)U169 phoA glnV44 Φ80' lacZ(del)M15 gyrA96 recA1 relA1 endA1 thi-1 hsdR17
E. coli BL21(DE3) F- ompT gal dcm lon hsdSB(rB- mB-) λ(DE3 [lacI lacUV5-T7 gene 1 ind1 sam7 nin5])
E. coli JW5510 F- Δ(araD-araB)567 ΔlacZ4787(::rrnB-3)λ-ΔygjG763::kann rph-1 Δ(rhaD-rhaB)568 hsdR514
3.1.7. Verwendete Puffer und Lösungen
3.1.7.1. Puffer zur Herstellung kompetenter E. coli-Zellen (RbCl-Methode)
Tabelle 7: Puffer zur Herstellung kompetenter E. coli-Zellen.
TFBI-Puffer TFBII-Puffer
Kaliumacetat 0,59 g MOPS 0,21 g
RbCl 2,42 g RbCl 0,12 g
CaCl2 0,29 g CaCl2 1,1 g
MgCl2·4H2O 2,0 g Glycerin 37,8 g
Glycerin 37,8 g ddH2O 200 mL
ddH2O 200 mL pH 6,5 mit NaOH
pH 5,8 mit Essigsäure
3.1.7.2. Puffer und Lösungen für die Agarose-Gelelektrophorese
Tabelle 8: Puffer und Lösungen für die Agarose-Gelelektrophorese.
DNA-Ladepuffer 50x TAE-Puffer 0,7%ige Agaroselösung
Saccharose 4 g TRIS 0,21 g Agarose 3,5 g
Orange G 20 mg Essigsäure 57,1 mL 1x TAE-Puffer Ad 500 mL
ddH2O 10 mL EDTA 18,6 g
ddH2O ad 1 L
Material und Methoden
23
3.1.7.3. Puffer und Lösungen für die Proteinreinigung
Tabelle 9: Puffer und Lösungen für die Proteinreinigung.
Bindepuffer Waschpuffer (5 mM Imidazol)
Elutionspuffer (500 mM Imidazol)
KCl 22,4 g KCl 22,4 g KCl 22,4 g
Kpi-Puffer (50 mM)
ad 1 L
Imidazol 342 mg
Imidazol 34,2 g
Kpi-Puffer
(50 mM) ad 1 L
Kpi-Puffer (50 mM)
ad 1 L
3.1.7.4. Puffer und Lösungen für die SDS-PAGE
Tabelle 10: Puffer und Lösungen für die SDS-PAGE
6x SDS-Ladepuffer Coomassie Färbelösung
Coomassie Entfärbelösung
DTT 926 mg Ethanol 300 mL Ethanol 300 mL
Glycerin 3,78 g Essigsäure 100 mL Essigsäure 100 mL
SDS 1 g Coomassie 1 g ddH2O 600 mL
Bromphenol-blau 12 mg ddH2O 600 mL
TRIS-HCl Puffer pH 8,0 (350 mM)
10 mL
Material und Methoden
24
3.2. Molekularbiologische Methoden
3.2.1. Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Zur Amplifikation linearer DNA-Fragmente wurden PCR-Methoden angewendet. Hierbei
wird die DNA zunächst thermisch in die Einzelstränge aufgetrennt. Durch Absenken der
Temperatur erfolgt anschließend die Anlagerung von Oligonukleotiden (Primer) an die
Einzelstränge. Im nächsten Schritt wird die Temperatur wieder erhöht, sodass das
Temperaturoptimum der DNA-Polymerase erreicht wird. Diese bindet an das 3‘-Ende
des Primers und beginnt den fehlenden Strang in 5‘->3‘ Richtung zu vervollständigen.
Durch periodische Wiederholung dieser drei Schritte mit einem passenden
Temperaturprogram kann das DNA-Fragment exponentiell vervielfältigt werden. Im
Folgenden sind die Komponenten eines PCR-Ansatzes (Tab 11), sowie das allgemeine
Temperaturprogram gezeigt, (Tab 12).
Tabelle 11: Zusammensetzung eines PCR-Ansatzes (Endvolumen 50 µl).
Komponente Volumen / µl
10x PfuUltraII-Puffer 5
DMSO 1
dNTPs (10 mM) 1,25
DNA-Templat (50-100 ng µl-1) 0,5-1
Vorwärts-Primer (10 µM) 1
Vorwärts-Primer (10 µM) 1
PfuUltraII Fusion HS Polymerase 0,75
ddH2O 39-39,5
Tabelle 12: Temperaturprogram für eine PCR.
Schritt Temperatur Dauer Zyklen
Hot-start PfuUltraII Denaturierung Primer-Anlagerung Elongation Auffüllreaktion
95°C 95°C 55°C 72°C 72°C
2 min 30 s 45 s 20s / kb 4 min
1 30 1
Material und Methoden
25
3.2.2. Klonierung mittels Gibson assembly
Die Durchführung des Gibson assembly erfolgte nach Gibson et al.[160] Zunächst wurden
geeignete Primer designt, welche für die PCR eingesetzt wurden. Die gewonnenen
linearen DNA-Fragmente wurden anschließend mit einem präparativen Agarosegel
getrennt, ausgeschnitten und mit dem ZymocleanTM Gel DNA Recovery Kit gereinigt.
Schließlich wurden 5 µl der DNA-Fragmente mit 15 µl eines 1,33-fach konzentrierten
Gibson-Mastermix vermischt. Die enthaltenen Komponenten sind in Tabelle 13
aufgeführt. Abhängig von Anzahl und Größe der Fragmente wurde ein bestimmtes
Mischungsverhältnis gewählt. Meistens wurden ein großes und ein kleines Fragment
vermischt. Hierbei wurde ein Verhältnis von 1 (großes Fragment) zu 3 (kleines
Fragment) bezogen auf die Stoffmengenkonzentration gewählt.
Tabelle 13: Auflistung aller im Gibson-Mix enthaltenen Komponenten, sowie die resultierenden Endkonzentrationen.
Komponente Endkonzentration
TRIS-HCl Puffer (pH 7,5) 100 mM
PEG-800 5% (w/v)
MgCl2a 10 mM
DTT 10 mM
dNTPs je 0,05 mM
NAD+ 1 mM
T5 Exonuklease 4 U mL-1
Phusion® High-Fidelity Polymerase 25 U mL-1
Taq DNA Ligase 4000 U mL-1
a hydratisiertes Salz wurden verwendet
3.2.3. Ortsgerichtete Mutagenese mittels Gibson assembly
Neben der Klonierung von DNA-Fragmenten können auch Mutationen über Gibson
assembly in ein Gen eingeführt werden. Ähnlich wie bei der QuikChange™-Methode
(Kap. 3.2.4) wird auch hier die Mutation über Primer eingefügt. Der Hauptvorteil hierbei
besteht jedoch darin, dass mehrere Mutationen an sehr unterschiedlichen Stellen
gleichzeitig eingefügt werden können. Weitere Vorteile gegenüber der QuikChange™
Material und Methoden
26
Methode sind die exponentielle Amplifikat-Bildung und eine höhere Effizienz bei der
anschließenden Transformation von E. coli Zellen.
3.2.4. Ortsgerichtete Mutagenese mittels QuikChangeTM
Bei dem von Stratagene (La Jolla, US) entwickelten QuikChangeTM-Protokoll können eine
oder mehrere nebeneinanderliegende Mutationen mit Hilfe von mutagenen Primern in
ein Gen eingefügt werden. Im Vergleich zur ortsgerichteten Mutagenese mittels Gibson
assembly ist die QuikChange™-Methode etwas schneller, außerdem sind die benötigten
Primer kleiner und damit günstiger. Die QuikChange™-Primer sind etwa 30-35
Nukleotide lang und sind (abgesehen von der Mutationsstelle in der Mitte des Primers)
komplementär zur Templat-DNA. Bei jedem PCR-Zyklus wird das ganze Plasmid
amplifiziert. Die amplifizierten DNA-Stränge tragen die gewünschte Mutation, jedoch
können sie nicht für weitere Zyklen als Templat dienen, da der nun komplementäre
Primer in die falsche Richtung zeigt. Aus diesem Grund ist die Amplifikatbildung nicht
exponentiell sondern nur linear ansteigend, sodass nach 30 Zyklen das Verhältnis von
Amplifikat zu Templat maximal 30:1 beträgt. Aus diesem Grund ist der anschließende
Verdau der Templat-DNA mit Dpn1 sehr wichtig. Um einen maximal wirksamen Verdau
zu erreichen, wurden 2 µl Dpn1 zu 50 µl PCR-Produkt gegeben und für 1-2 h bei 37°C
inkubiert.
3.2.5. Agarose-Gelelektrophorese
45 mL Agaroselösung (0,7% w/v, 70°C) wurden mit 2,5 µl Midori Green (Nippon
Genetics Europe GmbH, Düren, DE) vermischt und zum Aushärten in eine
Agarosegelkammer gegossen. Nach Überschichtung mit TAE-Puffer und Beladung der
Geltaschen erfolgte die Elektrophorese (100 Volt, 45-60 min). Als Marker wurde der
1kbp plus DNA Marker (Fermentas, St. Leon-Rot, DE) verwendet. Die aufgetrennten
DNA-Fragmente wurden anschließend unter UV-Licht (λ = 365 nm) analysiert und
gegebenenfalls aus dem Gel ausgeschnitten.
Material und Methoden
27
3.2.6. Herstellung chemisch kompetenter Zellen
Die Herstellung chemisch kompetenter E. coli Zellen erfolgte nach der RCl-Methode.
Hierfür wurden 100 mL vorgewärmtes LB-Medium mit 500 µl Zellsuspension
(Vorkultur) angeimpft und in einem 250 ml Erlenmeyerkolben bei 37°C und 180 rpm
inkubiert. Nach etwa 2,5-3,5 h wurden die Zellen bei einer OD600 von 0,5-0,7 geerntet
(10 min, 3220 g, 4°C). Das Zellpellet wurde anschließend mit 40 mL gekühltem TFBI-
Puffer resuspendiert und 15 min auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Zellen
erneut zentrifugiert (10 min, 3220 g, 4°C). Das Pellet wurde nun mit 5 mL TFBII-Puffer
resuspendiert und erneut für 15 min auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Zellen
auf vorgekühlte Plastik-Tubes verteilt (je 25 µl) und zügig bei -80°C tiefgefroren.
3.2.7. Hitzeschocktransformation von E. coli Zellen
Bei der Hitzeschocktransformation werden chemisch kompetente E. coli Zellen mit
Plasmid versetzt und durch einen Wärmeimpuls zur Aufnahme der DNA angeregt.
Hierbei kann die Effizienz durch verschiedene Parameter deutlich verbessert werden,
was jedoch nicht immer nötig ist. Bei der Transformation mit linearer DNA ist die
Ausbeute an transformierten Kolonie bildenden Einheiten (KBE) deutlich geringer als
bei der Transformation mit isolierten zyklischen Plasmiden (Re-Transformation). Des
Weiteren ist die Ausbeute bei der Transformation mit PCR- oder Gibson assembly-
Produkt stark davon abhängig wie gut die vorangegangenen Schritte funktioniert haben.
Sodass zur Sicherheit die Transformationseffizienz maximiert werden sollte. Im
Folgenden sind die Protokolle für die Re-Transformation (geringe Effizienz) und die
Transformation mit PCR- oder Gibson assembly-Produkt (hohe Effizienz) gezeigt
(Tab. 14).
Material und Methoden
28
Tabelle 14: Verwendete Parameter bei der Hitzeschocktransformation von E. coli Zellen.
Parameter bei der Hitzeschock-transformation
Re-Transformation
Transformation mit PCR- / Gibson assembly-Produkt
Menge an chemisch kompetenten Zellen
≥ 5 µl 25 µl
Menge an eingesetztem Plasmid
10-50 ng 100-200 ng
Inkubationszeit auf Eis vor dem Hitzeschock
2-5 min 15-30 min
Länge des Hitzeschocks bei 42°C
45-60 s 60 s
Inkubationszeit auf Eis nach dem Hitzeschock
2 min 2 min
Zugabe von kaltem LB-Medium
250 µl 250 µl
Inkubation im Thermo-shaker (37°C, 600 rpm)
45-60 min 60 min
Verwendetes Volumen zum Ausplattieren
50 µl 275 µl (verteilt auf 2-3 Platten)
Inkubation der Platten bei 37°C
14-18 h 14-18 h
3.2.8. Plasmidisolierung aus E. coli
Für die Isolierung von Plasmid-DNA aus E. coli wurde das ZyppyTM Plasmid Miniprep Kit
von Zymo Research (Irvine, US) verwendet. Die einzelnen Schritte erfolgten nach der im
Kit enthaltenen Anleitung. Vor jeder Plasmidisolierung wurden 5 mL LB-Medium mit
Antibiotikum versetzt, mit einer Einzelkolonie angeimpft und über Nacht bei 37°C
inkubiert. Für die Isolierung wurden je 4 mL Zellsuspension eingesetzt. Die Elution der
DNA am Ende der Prozedur erfolgte mit 40-45 µl vorgewärmtem, doppelt deionisierten
Wasser (≈ 50°C).
Material und Methoden
29
3.2.9. DNA-Sequenzierung
Die Sequenzierung von DNA-Abschnitten wurde von Eurofins-GATC (Ebersberg, DE)
durchgeführt. Hierfür wurden 20 µl DNA-Lösung (40-60 ng µl-1) verschickt und ein
passender vorrätiger Sequenzierungsprimer ausgewählt (Tab. 15).
Tabelle 15: Verwendete Sequenzierungsprimer aus dem Sortiment von Eurofins-GATC.
Primer Anwendung Richtung Sequenz (5‘->3‘)
T7 pET28a(+) vorwärts TAATACGACTCACTATAGGG
T7-term pET28a(+) rückwärts CTAGTTATTGCTCAGCGGT
pBAD-FP pBAD33/pBAD18 vorwärts ATGCCATAGCATTTTTATCC
pTrcHis-RP pBAD33 rückwärts CTTCTGCGTTCTGATTTAATCTG
3.3. Kultivierung und Protein-Expression
3.3.1. Verwendete Kulturmedien
Alle Kulturmedien (Tab. 16) wurden nach der Präparation autoklaviert und
anschließend mit dem passenden Antibiotikum versetzt (Tab. 17).
Tabelle 16: Zusammensetzung der verwendeten Komplexmedien.
LB-Medium LB-Agar TB-Medium
Trypton 10 g Trypton 10 g Trypton 12 g
Hefeextrakt 5 g Hefeextrakt 5 g Hefeextrakt 24 g
NaCl 10 g NaCl 10 g Glycerin 5 g
dH2O ad 1 L Agar-Agar 16 g 10x TB-Salta 0,1 L
dH2O ad 1 L dH2O 0,9 L
a 0,72M K2HPO4 0,17M KH2PO4 (Zugabe nach Autoklavieren)
Material und Methoden
30
Tabelle 17: Zusammensetzung von M9-Minimalmedium
M9-Medium 10x M9-Salze Spurenelement- lösung (SE)
10x M9-Salze
1x Na2HPO4 337 mM EDTA 13,4 mM
Glukose 0,4% KH2PO4 220 mM FeCl3 3,1 mM
MgSO4 1 mM NaCl 85,5 mM ZnCl2 0,62 mM
CaCl2a 0,3 mM NH4Cl 93,5 mM CuCl2 76 µM
Biotin 1 µg mL-1 CoCl2 42 µM
Thiamin 1 µg mL-1 H3BO3 162 µM
100x SE 1x MnCl2a 8,1 µM
a hydratisierte Salze wurden verwendet
Tabelle 18: Verwendete Antibiotika.
Antibiotikum Endkonzentration Anwendung
Chloramphenicol 34 µg mL-1 IREDs in pBAD33
Ampicillin 100 µg mL-1 PuOs in pBAD18
Kanamycin 50 µg mL-1 IREDs in pET28a(+)
3.3.2. Expression von IREDs im Schüttelkolben
Zur Expression von IREDs wurden 400 mL steriles TB-Medium mit Chloramphenicol
versetzt (Endkonzentration: 34 µg mL-1) und mit 2 mL Zellsuspension (Vorkultur)
angeimpft. Die Zellen wurden in 2 L-Erlenmeyerkolben (ohne Schikane) bei 37°C und
180 rpm inkubiert (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH).
Nach etwa 3-4 h wurde eine OD600 von 0,9-1,1 erreicht. Dann wurden die Zellen mit
L(+)-Arabinose induziert (Endkonzentration: 0,02%) und für weitere 20 h bei 25°C und
180 rpm inkubiert (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH). Die
Zellernte erfolgte durch Zentrifugation bei 4°C und 8980 g für 20 min (Zentrifuge:
Avanti J-26S XP; Rotor: JLA8.1, Beckman, Krefeld, DE).
Material und Methoden
31
3.3.3. Expression von PuOs im Schüttelkolben
Zur Expression von PuOs wurden 400 mL steriles TB-Medium mit Ampicillin versetzt
(Endkonzentration: 100 µg mL-1) und mit 2 mL Zellsuspension (Vorkultur) angeimpft.
Die Zellen wurden nun in 2 L-Erlenmeyerkolben (ohne Schikane) bei 37°C und 180 rpm
inkubiert (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH). Nach etwa
3 h wurde eine OD600 von 0,7-0,9 erreicht. Dann wurden die Zellen mit L(+)-Arabinose
induziert (Endkonzentration: 0,02%) und für weitere 20 h bei 25°C und 180 rpm
inkubiert (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH). Die Zellernte
erfolgte durch Zentrifugation bei 4°C und 8980 g für 20 min (Zentrifuge: Avanti J-26S
XP; Rotor: JLA8.1, Beckman, Krefeld, DE).
3.3.4. Toxizitätsstudie in E. coli JW5510
Zur Ermittlung der Toxizität verschiedener Substanzen gegenüber wachsenden E. coli
Zellen wurde der Einfluss der Substrate auf die relative Wachstumsrate der Zellen in LB-
bzw. TB-Medium bei 30°C bzw. 37°C analysiert. Hierfür wurden jeweils 250 mL
Erlenmeyerkolben mit 100 mL Medium befüllt und mit E. coli JW5510 Zellen beimpft.
Bei Erreichen einer OD600 von 0,05 wurde das schwach bewachsene Medium verwendet
um Deep-Well-Platten (Ritter riplate SW, 2 mL, Ritter GmbH, Schwabmünchen, DE) mit
je 1 mL pro well zu befüllen. Die Medien wurden anschließend mit unterschiedlichen
Substanzen in unterschiedlichen Konzentrationen (0,05-50 mM) versetzt und bei 30°C
bzw. 37°C und 320 rpm (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen,
CH) inkubiert. In regelmäßigen Abständen wurde die OD600 ermittelt um die
Wachstumsrate (µ = 𝑓(𝑡) = ln(
𝑂𝐷𝑡𝑂𝐷𝑡0
)
𝑡−𝑡𝑜) zu berechnen. Als Vergleichspunkt dienten
Kontrollen ohne zugegebene Substanz.
Material und Methoden
32
3.4. Proteinreinigung und Validierung
3.4.1. Zellaufschluss
Für den Zellaufschluss wurde das Zellpellet von 800 mL Zellsuspension mit 30 mL
Bindepuffer mit einem vorgekühltem Dounce-Homogenisator resuspendiert. Die
homogene Zellsuspension wurde nun mit einem Hochdruckhomogenisator (Emulsi Flex
C-5, Avestin, CA) in 3 Zyklen mit 750-1000 bar Gegendruck bei 4°C aufgeschlossen. Das
so gewonnene Zelllysat wurde anschließend durch Zentrifugation von Schwebstoffen
und Zelltrümmern befreit (45 min, 4°C, 11440 g, Zentrifuge: Avanti J-26S XP; Rotor:
JA14.50, Beckman, Krefeld, DE). Der Überstand mit dem gelösten Zielprotein wurde mit
einem Spritzenfilter filtriert (Polyethersulfon-Membran mit 0,45 µm Porendurchmesser,
VWR, Darmstadt, DE) und auf Eis gelagert.
3.4.2. Co2+-basierte Affinitätschromatographie
Alle IREDs und PuOs wurden mit einem N-terminalen His6-Tag exprimiert, welcher für
die Co2+-basierte Affinitätschromatographie notwendig ist. Hierfür wurden die Gene am
N-Terminus um 60 bp (IREDs) bzw. 33 bp (PuOs) verlängert. Dabei codiert die
angefügte Sequenz unter anderem für sechs aufeinanderfolgende Histidine, umrandet
von einem Glycin-Serin-Motiv, welches zur Flexibilität des Tags beiträgt (Tab. 19).
Tabelle 19: Verwendete His6-Tags für die Co2+-basierte Affinitätschromatographie. Das Histidin-Motiv ist rot markiert, das benachbarte Glycin-Serin-Motiv ist grau markiert.
His6-Tag (Aminosäuresequenz) Position Anwendung
MGSSHHHHHHSSGLVPRGSH N-terminal IREDs
MGSHHHHHHGS N-terminal PuOs
Die gelösten His-Tag-Proteine sind im Lysat enthalten, welches zuvor durch den
Zellaufschluss gewonnen wurde. Die Isolierung der Zielproteine aus dem Lysat erfolgte
nun mit Hilfe von His GraviTrapTM TALON® Säulen (GE Healthcare, Little Chalfont, UK).
Die Säulen haben ein Säulenvolumen (CV) von 1 mL und ein Durchmesser von 16 mm.
Der Durchfluss der verwendeten Lösungen basiert allein auf Gravitation, sodass keine
Geräte benötigt werden. Das Protokoll zur Reinigung von IREDs und PuOs mit
angefügtem His6-Tag ist im Folgenden aufgeführt (Tab. 20). Das His6-Motiv ist in der
Material und Methoden
33
Lage zweiwertige Metallionen (z.B. Co2+ oder Ni2+) mit hoher Affinität zu binden, sodass
ein entsprechendes Säulenmaterial die His-Tag-Proteine bindet. Das Zielprotein bleibt
am Säulenmaterial gebunden, während andere Proteine in der Regel spätestens beim
Waschschritt von der Säule gewaschen werden. Die Elution des Zielproteins erfolgt
durch eine 500 mM Imidazol-Lösung. Imidazol ist bei hohen Konzentrationen in der
Lage die Koordination der Histidinreste mit Co2+ aufzuheben, indem es al kompetitiver
Elektronendonor selbst eine Wechselwirkung mit Co2+ eingeht, und das Protein
verdrängt.[161]
Tabelle 20: Arbeitsschritte für die Co2+-Affinitätschromatographie zur Aufreinigung von IREDs und PuOs
Arbeitsschritt Verwendete Lösung
Verwendetes Volumen
Aufgefangene Fraktion
Spülen ddH2O 10 mL ---
Spülen, Äquilibrieren Bindepuffer 10 mL ---
Beladen der Säule Lysat 25-35 mL ---
Waschen Bindepuffer 5 mL ---
Waschen Waschpuffer (5 mM Imidazol)
5 mL ---
Eluieren Elutionspuffer (500 mM Imidazol)
1 mL Fraktion 1
Eluieren Elutionspuffer (500 mM Imidazol)
2 mL Fraktion 2
Eluieren Elutionspuffer (500 mM Imidazol)
2 mL Fraktion 3
Spülen Elutionspuffer (500 mM Imidazol)
10 mL ---
Spülen ddH2O 20 mL ---
Spülen 20% Ethanol 5 mL ---
Nach der Elution befindet sich das Zielprotein in einer 500 mM Imidazol-Lösung, sodass
eine Umpufferung notwendig ist. Hierfür wurde Fraktion 2 in einen Dialyseschlauch
(Spectra/Por® 1, 6 – 8 kDa MWCO, Spectrum Laboratories, Los Angeles, US) überführt
und zweimal 2 h in 5 L kaltem Kpi-Puffer(50 mM, 4°C) unter Rühren dialysiert.
Material und Methoden
34
3.4.3. Proteinkonzentrationsbestimmung
Die Ermittlung der Gesamtproteinkonzentration erfolgte mit dem PierceTM BCATM
Protein Assay Kit (Thermo Fisher, Braunschweig, DE). Die Durchführung der
Konzentrationsbestimmung, sowie die Kalibrierung des Kits erfolgte nach den im Kit
enthaltenen Protokollen. Für die Kalibriergerade wurde der BSA-Standard (2 mg mL-1)
verwendet, welcher im Kit enthalten ist. Um eine Absorption im linearen Bereich der
Kalibriergerade zu erreichen wurden gereinigte Proteine in einer 50-fachen, bzw. Lysate
in einer 100-fachen Verdünnung eingesetzt. Nach der Inkubation der Enzymlösung mit
der Reaktionslösung kommt es zur Bildung eines Farbkomplexes aus Cu+ und
Bicinchoninsäure.[162] Die Messung der Absorption bei λ = 562 nm erfolgte mit dem
SPECTRAmax 340C Photometer (Molecular Devices, Sunnyvale, US). Alle Messungen
wurden in Triplikaten durchgeführt.
3.4.4. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)
Die Auftrennung von Proteinen nach Größe erfolgte durch SDS-Polyacrylamid-
Gelelektrophorese (SDS-PAGE).[163] Hierfür wurden 12%ige Fertig-SDS-Gele verwendet
(ExpressPlusTM PAGE GEL, GenScript, Piscataway, US). Als Laufpuffer wurde ein 1x TRIS-
MOPS-Puffer (GenScript, Piscataway, US) verwendet. Zunächst wurde eine
Proteinkonzentration von 2,4 µg µl-1 (gereinigtes Enzym) bzw. 4,8 µg µl-1 (Lysat)
eingestellt. 20 µl der Proteinlösung wurde mit 4 µl SDS-Ladepuffer versetzt und für
10 min bei 95 °C denaturiert. Anschließend wurden 10 µl der Lösung in die SDS-PAGE
Gel-Tasche überführt. Als Protein-Marker wurde der PageRuler Prestained Protein
Ladder (Fermentas, St. Leon-Rot, DE) verwendet. Die Elektrophorese erfolgte für 40-
50 min bei konstanten 140 Volt. Anschließend wurde das Gel entnommen und in
Coomassie-Färbelösung inkubiert (20 min, RT). Die Entfärbung erfolgte über Nacht in
Coomassie-Entfärbelösung (15-20 h, RT).
Material und Methoden
35
3.5. Bestimmung der Enzymaktivität
3.5.1. Photometrischer NAD(P)H-Assay für IREDs
Die Aktivität von IREDs kann über die Abnahme des Kofaktors NAD(P)H erfolgen.
Hierbei macht man sich zu Nutze, dass NAD(P)H bei λ = 340 nm ein
Absorptionsmaximum aufweist, die oxidierten Form NAD(P)+ absorbiert in diesem
Wellenlängenbereich hingegen nicht. Die NAD(P)H-Abnahme kann also photometrisch
bei λ = 340 nm erfolgen.
Für die Ermittlung der Enzymaktivität von IREDs wurde zunächst eine Kalibriergerade
mit verschiedenen NAD(P)H-Konzentrationen erstellt. Sie ermöglichte die Umrechnung
der Absorptions-Abnahme (AU min-1) in NAD(P)H-Verbrauch (µM min-1). Die
Reaktionen wurden in 96-well Mikrotiterplatten (Greiner Bio-One GmbH,
Kremsmünster, AT) durchgeführt. Dabei wurde je ein Volumen von 200 µl eingestellt.
Die Messung erfolgte bei 25°C. Die Reaktion wurde kurz vor Beginn der Messung
entweder mit der Zugabe von NAD(P)H (Iminreduktion) ober mit der Zugabe von
Carbonylsubstrat (Reduktive Aminierung, Doppelt Reduktive Aminierung), oder mit der
Zugabe von IRED (Reduktive Hydrazinierung, Doppelt Reduktive Hydrazinierung)
gestartet. Die Messung der Absorption bei λ = 340 nm erfolgte mit dem SPECTRAmax
340C Photometer (Molecular Devices, Sunnyvale, US). Der Zeitraum der Messung war
abhängig vom Substrat und von der Art der Reaktion und betrug zwischen 10 und
60 min. Dabei wurde das Zeitintervall (Δt) der Messpunkte immer so gewählt, dass 61
Zeitpunkte enthalten sind (z.B.: t = 15 min, Δt = 15 s; oder t = 20 min, Δt = 20 s). Im
Folgenden sind beispielhafte Ansätze zur photometrischen Bestimmung der IRED
Aktivität für verschiedene Reaktionen gezeigt (Tab. 21-25).
Material und Methoden
36
Tabelle 21: Ansätze zur photometrischen Aktivitätsbestimmung von IREDs für die Reduktion von Iminsubstraten.
NADPH-Assay NADH-Assay
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM
Iminsubstrat 5 mM Iminsubstrat 5 mM
R-IRED_Ms-WT 0,2-30 µM R-IRED_Ms-V8 0,2-30 µM
NADPH 0,4 mM NADH 0,35 mM
Tabelle 22: Ansätze zur photometrischen Aktivitätsbestimmung von IREDs für die reduktive Aminierung.
NADPH-Assay NADH-Assay
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM
Aminsubstrat 10 mM Aminsubstrat 10 mM
Carbonylsubstrat 5 mM Carbonylsubstrat 5 mM
R-IRED_Ms-WT 5-30 µM R-IRED_Ms-V8 5-30 µM
NADPH 0,4 mM NADH 0,35 mM
Tabelle 23: Ansätze zur photometrischen Aktivitätsbestimmung von IREDs für die reduktive Hydrazinierung.
NADPH-Assay
Komponente End-konzentration
Kpi-Puffer pH 6,0 200 mM
Hydrazinsubstrat 50 mM
Carbonylsubstrat 25 mM
R-IRED_Ms-WT 5-30 µM
NADPH 0,4 mM
Material und Methoden
37
Tabelle 24: Ansätze zur photometrischen Aktivitätsbestimmung von IREDs für die doppelte reduktive Aminierung.
NADPH-Assay NADH-Assay
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer, pH 7,0 50 mM
Diamin 5 mM Diamin 5 mM
Dicarbonyl 5 mM Dicarbonyl 5 mM
R-IRED_Ms-WT 1-60 µM R-IRED_Ms-V8 1-60 µM
NADPH 0,4 mM NADH 0,35 mM
Tabelle 25: Ansatz zur photometrischen Aktivitätsbestimmung von R-IRED_Ms für die reduktive Hydrazinierung.
NADPH-Assay
Komponente End-konzentration
Kpi-Puffer, pH 6,0 200 mM
Hydrazinsubstrat 50 mM
Carbonylsubstrat 25 mM
R-IRED_Ms-WT 1-60 µM
NADPH 0,4 mM
3.5.2. Photometrische Analyse kinetischer Parameter für IREDs
Für die Ermittlung der kinetischen Parameter bezüglich der IRED katalysierten
Reduktion verschiedener Iminsubstrate wurden dieselben Bedingungen gewählt wie
bereits in (Kap. 3.5.1) beschrieben. Dabei wurde die Substratkonzentration in sinnvollen
Schritten variiert (0,05 mM - 50 mM), sodass eine Interpretation der Datenpunkte
möglich war. Zur Ermittlung der kinetischen Parameter wurde eine Michaelis-Menten-
Kinetik angenommen (𝑣 = 𝑓(𝑆) =𝑣𝑚𝑎𝑥∙[𝑆]
𝐾𝑚+[𝑆]). Km ist hierbei die Michaelis-Menten-
Konstante und beschreibt die Substratkonzentration, bei der die Umsatzgeschwindigkeit
des Enzyms halbmaximal ist. Für Substrate, bei denen die Aktivität bei steigender
Substratkonzentration zunächst anstieg und schließlich wieder abnahm wurde der
Material und Methoden
38
Term mit einer Inhibierungskonstante (Ki) erweitert und eine
Substratüberschussinhibierung berücksichtigt (𝑣 = 𝑓(𝑆) =𝑣𝑚𝑎𝑥
𝐾𝑚[𝑆]
+[𝑆]
𝐾𝑖
).
Die jeweiligen Parameter wurden so gewählt, dass die Summe der quadratischen
Abweichungen der Messpunkte zur berechneten kinetischen Funktion (𝑓(𝑆)) minimal
war. Alle Substratkonzentrationen wurden in Triplikaten gemessen.
3.5.3. Photometrischer NAD(P)H -Assay für Alkoholdehydrogenasen
Zur Ermittlung der Aktivität von Alkoholdehydrogenasen (ADHs) bezüglich der
Oxidation von Hydroxy-Gruppen zu Carbonyl-Gruppen wurde ein ähnlicher Assay wie
bei den IREDs angewendet. Diesmal wurde jedoch die Bildung und nicht die Abnahme
von NAD(P)H detektiert, da während der Oxidationsreaktion von Dehydrogenasen
NAD(P)+ zu NAD(P)H umgewandelt wird. Es wurde je ein Volumen von 200 µl in
Mikrotiterplatten (Greiner Bio-One GmbH, Kremsmünster, AT) eingestellt. Die Messung
erfolgte bei 25°C. Die Reaktion wurde kurz vor Beginn der Messung durch die Zugabe
von NAD(P)+ gestartet. Die Messung der Absorption bei λ = 340 nm erfolgte mit dem
SPECTRAmax 340C Photometer (Molecular Devices, Sunnyvale, US). Im Folgenden ist
ein beispielhafter Ansatz zur photometrischen Bestimmung der Oxidationsaktivität von
ADHs gezeigt (Tab. 26).
Tabelle 26: Eingesetzte Komponenten und Endkonzentrationen für die photometrische Bestimmung der Oxidationsaktivität von ADHs.
Komponente Endkonzentration
Puffera 50 mM
Alkoholsubstrat 5-25 mM
ADH 0,5 mg mL-1
NAD(P)+ 2,5 mM
a Die Art des Puffers, sowie der pH Wert wurde (falls bekannt) an das Enzym angepasst.
Material und Methoden
39
3.5.4. Photometrischer H2O2-basierter Assay für Oxidasen
Bei der von Oxidasen katalysierten Oxidation dient molekularer Sauerstoff (O2) als
Elektronakzeptor. Dabei wird meist O2 zu Wasserstoffperoxid (H2O2) reduziert. Die
H2O2-Bildung ist somit proportional zur Enzymaktivität. Sie lässt sich mit einer
Peroxidase und dem Farbstoff ABTS photometrisch quantifizieren. Die Peroxidase
verwendet das entstandene H2O2 als Elektronakzeptor um ABTS zu ABTS+ zu oxidieren
(Abb. 10), welches bei λ = 405 nm photometrisch detektiert werden kann.
Abbildung 10: Peroxidase katalysierte Oxidation von ABTS.
Die photometrische Bestimmung der Aktivität von Oxidasen erfolgte in
Mikrotiterplatten (Greiner Bio-One GmbH, Kremsmünster, AT) mit einem Füllvolumen
von 200 µl. Die Detektion der ABTS+-Bildung erfolgte mit dem SPECTRAmax 340C
Photometer (Molecular Devices, Sunnyvale, US) bei λ = 405 nm für 15 min bei 30°C. Im
Folgenden ist ein beispielhafter Ansatz zur photometrischen Bestimmung der Aktivität
von Oxidasen gezeigt (Tab. 27).
Tabelle 27: Eingesetzte Komponenten und Endkonzentrationen für die photometrische Bestimmung der Aktivität von Oxidasen.
Komponente Endkonzentration
TRIS-HCl Puffer pH=8,0 50 mM
Amin- oder Alkoholsubstrat
10-50 mM
Oxidase 0,01-5 µM
HRPa 8 U mL-1
ABTS 2 mM
NAD(P)+ 2,5 mM
a horse radish peroxidase (HRP), Peroxidase aus Armoracia rusticana.
Material und Methoden
40
3.5.5. In vitro Biotransformationen mit IREDs
Um die Produktbildung der IREDs für verschiedene Substrate zu ermitteln wurden
Biotransformationen in 2,5 mL Glasgefäßen (Rotilabo Sample Vials, Carl Roth, Karlsruhe,
DE) durchgeführt. Dabei wurde ein Füllvolumen von 200 µl bzw. 350 µl
(Probenentnahme zu drei Zeitpunkten) eingestellt. Die Inkubation der Proben erfolgte
vorwiegend in einem Inkubationsschüttler (25 °C, 180 rpm, Multitron/Pro, Infors AG,
Bottmingen, CH) und manchmal in einem Thermoschüttler (25 °C, 550 rpm,
Thermomixer-comfort, Eppendorf AG, Hamburg, DE). Im Folgenden sind beispielhafte
Biotransformationsansätze gezeigt (Tab. 28-32).
Tabelle 28: Beispielhafte Ansätze zur Biotransformation von Iminsubstraten mit Hilfe von IREDs
Reduktion von Iminen Reduktion von Iminen in
Anwesenheit von Poloxameren
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM
Iminsubstrat 5 mM Poloxamer 1-10 %
IRED 0,5-5 µM Iminsubstrat 5 mM
NAD(P)H 2-2,5 mM IRED 0,5-5 µM
MgCl2 2,5 mM NAD(P)H 2-2,5 mM
G6P 20 mM MgCl2 2,5 mM
G6PDH 5 U mL-1 G6P 20 mM
G6PDH 5 U mL-1
Material und Methoden
41
Tabelle 29: Beispielhafte Biotransformationsansätze zur reduktiven Aminierung bzw. Hydrazinierung von Carbonylen mit Hilfe von IREDs
Reduktive Aminierung Reduktive Hydrazinierung
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 6,0 100 mM
Aminsubstrat 25 mM Hydrazinsubstrat 50 mM
Carbonylsubstrat 5 mM Carbonylsubstrat 25 mM
IRED 2-30 µM IRED 5-30 µM
NAD(P)H 2,5 mM NAD(P)H 2,5 mM
MgCl2 2,5 mM MgCl2 2,5 mM
G6P 20 mM G6P 30 mM
G6PDH 5 U mL-1 G6PDH 5 U mL-1
Tabelle 30: Beispielhafte IRED katalysierte Biotransformationsansätze zur doppelten reduktiven Aminierung von Dicarbonylen mit Diaminen.
Doppelte reduktive Aminierung Doppelte reduktive Aminierung mit
erhöhten Substratkonzentrationen
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,0 100 mM
Diaminsubstrat 5 mM Diaminsubstrat 50 mM
Dicarbonylsubstrat 6,25 mM Dicarbonylsubstrat 62,5 mM
IRED 5-60 µM IRED 30 µM
NAD(P)H 2-2,5 mM NAD(P)H 2,5 mM
MgCl2 2,5 mM MgCl2 2,5 mM
G6P 30 mM G6P 110 mM
G6PDH 5 U mL-1 G6PDH 10 U mL-1
Material und Methoden
42
Tabelle 31: IRED katalysierter Biotransformationsansatz zur doppelten reduktiven Aminierung von Dicarbonylen mit Diaminen mit FDH-Regenerationssystem (links). IRED katalysierter Biotransformationsansatz zur reduktiven Aminierung von Hydroxycarbonylen mit Diaminen (rechts).
Doppelte reduktive Aminierung in Anwesenheit von Additiven
Doppelte reduktive Aminierung mit FDH-Regenerationssystem
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM
Additiv 1-10 % Diaminsubstrat 10 mM
Diaminsubstrat 10 mM Dicarbonylsubstrat 12,5 mM
Dicarbonylsubstrat 12,5 mM IRED (V8) 30 µM
IRED 15 µM NADH 2 mM
NAD(P)H 2 mM Natriumformiat 30 mM
MgCl2 2,5 mM FDH 8 U mL-1
G6P 30 mM
G6PDH 5 U mL-1
Tabelle 32: Biotransformationsansatz für die IRED katalysierte doppelte reduktive Hydrazinierung (links) und für die reduktive Aminierung von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen (rechts).
Doppelte reduktive Hydrazinierung
Reduktive Aminierung von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 6,0 100 mM Kpi-Puffer pH 8,0 100 mM
Hydrazinsubstrat 5 mM Diaminsubstrat 5 mM
Carbonylsubstrat 5 mM α-Hydroxycarbonyl 50 mM
IRED 30 µM IRED 30 µM
NAD(P)H 2,5 mM NAD(P)H 2,5 mM
MgCl2 2,5 mM MgCl2 2,5 mM
G6P 30 mM G6P 30 mM
G6PDH 5 U mL-1 G6PDH 5 U mL-1
Material und Methoden
43
3.5.6. In vitro Biotransformationen mit kontinuierlicher Substratzugabe
Die in vitro Biotransformationen (doppelte reduktive Aminierung) mit kontinuierlicher
Substratzugabe erfolgten in 2,5 mL Glasgefäßen bei Raumtemperatur. Die
Durchmischung wurde mit einem Magnetrührstab (5x2 mm) und einem Magnetrührer
gewährleistet. Die Zugabe des Dicarbonylsubstrates erfolgte kontinuierlich, um die
spontane Nebenreaktion mit Diaminen zu verringern. Gleichzeitig wird so die Enzym-
Inaktivierung durch Dicarbonyle[164] reduziert. Für die kontinuierliche Zugabe wurde
eine Spritzenpumpe (LA-30, Landgraf Laborsysteme HLL GmbH, Langenhagen, DE)
verwendet. Hierbei wurde typischerweise ein Endvolumen von 350 µl eingestellt. Die
Zugabe des Dicarbonyls erfolgte mit einer Flussrate von 8,75 µ h-1 für 5 h. Nach weiteren
60 min wurde die Reaktion mit NaOH gestoppt. Im Folgenden sind beispielhafte
Reaktionsansätze für niedrige und hohe Substratkonzentrationen gezeigt (Tab. 33,34).
Tabelle 33: Beispielhafte IRED katalysierte Biotransformationsansätze zur doppelten reduktiven Aminierung mit kontinuierlicher Substratzugabe für niedrige und hohe Substratkonzentrationen.
Doppelte Reduktive Aminierung mit 5 mM Substrat
Doppelte Reduktive Aminierung mit 50 mM Substrat
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,0 500 mM
Diaminsubstrat 5 mM Diaminsubstrat 50 mM
Dicarbonylsubstrat 6,25a mM Dicarbonylsubstrat 62,5a mM
IRED 30 µM IRED 30 µM
NAD(P)H 2,5 mM NAD(P)H 2,5 mM
MgCl2 2,5 mM MgCl2 2,5 mM
G6P 40 mM G6P 160 mM
G6PDH 5 U mL-1 G6PDH 5 U mL-1 a theoretisch verwendete Endkonzentration nach fünfstündiger Zugabe
Material und Methoden
44
Tabelle 34: Beispielhafter IRED katalysierter Biotransformationsansatz zur doppelten reduktiven Aminierung mit kontinuierlicher Substratzugabe unter Anwendung der Formiatdehydrogenase (FDH) bei einer Gesamt-Substratkonzentration von 40 mM im 10 mL Maßstab.
Doppelte Reduktive Aminierung mit 40 mM Substrat und FDH-Regenerationssystem im 10 mL-Maßstab
Komponente End-konzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 200 mM
Pluronic-P123 5%
Diaminsubstrat 40 mM
Dicarbonylsubstrat 42a mM
IRED 30 µM
NADH 2,5 mM
Natriumformiat 100 mM
FDH 12 U mL-1
a theoretisch verwendete Endkonzentration nach fünfstündiger Zugabe
3.5.7. In vitro Biotransformationen mit Enzymkaskaden
Für die Bildung von N-Heterozyklen ausgehend von einfachen linearen Substraten
wurden verschiedene Enzymkaskaden getestet. Dabei wurden die
Reaktionsbedingungen an die verwendeten Enzyme angepasst. Die Inkubation erfolgte
in 2,5 mL Glasgefäßen (25 °C, 180 rpm, Rotilabo Sample Vials, Carl Roth, Karlsruhe, DE)
mit einem Füllvolumen von 200-400 µl. Bei der Verwendung von Oxidasen wurden die
Glasgefäße horizontal geschüttelt um den Sauerstoffeintrag zu verbessern. Im Folgenden
sind beispielhafte Biotransformationsansätze für verschiedene Kaskaden gezeigt
(Tab. 35,36).
Material und Methoden
45
Tabelle 35: Beispielhafte Biotransformationsansätze zur Bildung von N-Heterozyklen ausgehend von Diaminen bzw. Diolen mit Hilfe von Oxidasen und IREDs in einer Enzymkaskade.
Enzymkaskade mit PuOs und IREDs
Enzymkaskade mit Alkoholoxidasen und IREDs
Komponente End-konzentration
Komponente
End-konzentration
TRIS-HCl Puffer pH 8,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,5 50 mM
Diaminsubstrat 5-10 mM Diolsubstrat 250 mM
PuO 0.1-5 mg mL-1 Ethylendiamin 5 mM
IRED 1 mg mL-1 Alkohol-Oxidase 0,05 mg mL-1
NADPH 2,5 mM IRED 30 µM
MgCl2 2,5 mM NAD(P)H 2,5 mM
G6P 20 mM Catalase 20 U mL-1
G6PDH 1 U mL-1 MgCl2 2,5 mM
G6P 30 mM
G6PDH 5 U mL-1
Tabelle 36: Beispielhafte Biotransformationsansätze zur Bildung von N-Heterozyklen ausgehend von Diolen und Ethylendiamin mit Hilfe von Dehydrogenasen und IREDs in einer Enzymkaskade.
Diol-Biotransformation mit Dehydrogenasen und IREDs
Komponente End-konzentration
Kpi-Puffer pH 8,0 100 mM
MgCl2 2,5 mM
Diolsubstrat 50 mM
ECAAa 50 mM
NAD+ 2,5 mM
ADH 2 U mL-1
Ethylendiaminb 5 mM
NADPHb 2,5 mM
IREDb 60 µM
G6Pb 30 mM
G6PDHb 5 U mL-1
a Ethyl-4-chlororacetoacetat b Zugabe nach 4 h
Material und Methoden
46
3.6. In vivo Biotransformation in E.coli JW5510
Neben den Biotransformationen mit gereinigten Enzymen (in vitro) wurden auch
Biotransformationen im Ganz-Zell-System (in vivo) durchgeführt. Dafür wurde zunächst
R-IRED_Ms in E.coli JW5510 in TB-Medium exprimiert. Die Zellen wurden anschließend
geerntet und in verschiedenen Medien resuspendiert (M9-Medium, TB-Medium,
100 mM Kpi-Puffer pH 7,0). Die Ganzzell-Biotransformation erfolgte bei
Raumtemperatur in 2,5 mL Glasgefäßen mit einem Füllvolumen von 1000 µL. Die
Zugabe des Dicarbonyls erfolgte kontinuierlich mit Spritzenpumpe (LA-30, Landgraf
Laborsysteme HLL GmbH, Langenhagen, DE) und einer Flussrate von 25 µ h-1 für 5 h.
Nach weiteren 60 min wurde die Reaktion mit NaOH gestoppt. Die Komponenten des
Ganzzellansatzes sind in Tabelle 37 gezeigt.
Tabelle 37: Komponenten und Endkonzentrationen eines Ganzzellansatzes für die doppelte reduktive Aminierung.
Komponente Endkonzentration
Zellsuspension in verschiedenen Medien
OD600: 40
Glukose 0-100 mM
L(+)-Arabinose 0,02%
Diamin 5 mM
Dicarbonyl 6,25 mM
a theoretisch verwendete Endkonzentration nach fünfstündiger Zugabe.
3.7. Probenaufarbeitung (Extraktion und Derivatisierung)
Für die Analyse der gebildeten Produkte mittels GC oder HPLC (normal phase) war es
notwendig die Produkte in eine organische Phase zu bringen. Hierfür wurden
verschiedene Extraktions-Methoden eingesetzt. In den meisten Fällen war außerdem
eine Derivatisierung nötig, da die Produkte nicht hydrophob genug waren um in die
organische Phase zu gehen. Im Folgenden sind mehrere Extraktions- und
Derivatisierungs-Methoden gezeigt, mit denen die allermeisten Proben aus dieser Arbeit
erfolgreich aufgearbeitet werden konnten (Tab. 38-44).
Material und Methoden
47
Tabelle 38: Protokoll zur Aufarbeitung von polaren Pyrrolidinen und Piperidinen.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 100 µl Probe und Überführung in ein 1,5 mL Plastiktube.
2 Zugabe von 10 µl des internen Standards (50 mM Stock-Konzentration)
3 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes auf ≈ 14 durch Zugabe von 20 µl NaOH (5 M)
4 Zugabe von 250 µl Derivatisierungs-Mix (MTBE, 50 µl mL-1 Essigsäure-Anhydrid)
5 Derivatisierung und Extraktion durch 30 s vortexen
6 Zentrifugation (2 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
7 Entnahme von 200 µl organischer Phase (oben) und Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
Tabelle 39: Protokoll zur Aufarbeitung von polaren Piperazinen.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 100 µl Probe und Überführung in ein 1,5 mL Plastiktube.
2 Zugabe von 10 µl des internen Standards (50 mM Stock-Konzentration)
3 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes auf ≈ 14 durch Zugabe von 20 µl NaOH (5 M)
4 Zugabe von 250 µl Derivatisierungs-Mix (DCM, 50 µl mL-1 Essigsäure-Anhydrid)
5 Derivatisierung und Extraktion durch 30 s vortexen
6 Zentrifugation (2 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
7 Entnahme von 200 µl organischer Phase (unten) und Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
Material und Methoden
48
Tabelle 40: Protokoll zur Aufarbeitung von unpolaren zyklischen Aminprodukten.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 100 µl Probe und Überführung in ein 2 mL Plastiktube.
2 Zugabe von 10 µl des internen Standards (50 mM Stock-Konzentration)
3 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes auf ≈ 14 durch Zugabe von 20 µl NaOH (5 M)
4 Zugabe von 750 µl MTBE
5 Extraktion durch 30 s vortexen
6 Zentrifugation (1 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
7 Entnahme von 600 µl organischer Phase (oben) und Überführung in ein GC-Glasgefäß ohne Glaseinsatz.
Tabelle 41: Protokoll zur Aufarbeitung von N-Methyl-Pyrrolidin.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 1 mL Probe und Überführung in ein 2 mL Plastiktube.
2 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes durch Zugabe von 50 µl NaOH (5 M)
3 Zugabe von 250 µl DCM
4 Extraktion durch 2 min vortexen
5 Zentrifugation (2 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
6 Entnahme von 200 µl organischer Phase (unten) und Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
Material und Methoden
49
Tabelle 42: Probenaufarbeitung für die chirale GC-Analyse von Pyrrolidinen, Piperidinen und 1-Methyl-3-phenylpiperazin.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 100 µl Probe und Überführung in ein 2 mL Plastiktube.
2 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes auf ≈ 14 durch Zugabe von 20 µl NaOH (5 M)
3 Zugabe von 250 µl Derivatisierungs-Mix (MTBE, 50 µl mL-1 Essigsäure-Anhydrid)
4 Derivatisierung und Extraktion durch 30 s vortexen
5 Quenchen des überschüssigen Essigsäure-Anhydrids durch Zugabe von 100 µl 4%iger Methylamin-Lösung
6 Zugabe von 250 µl MTBE
7 30 s vortexen
8 Zentrifugation (1 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
9 Entnahme von 200 µl organischer Phase (oben) und Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
Tabelle 43: Probenaufarbeitung für die chirale HPLC-Analyse von 2-Methylpiperazin und 2-Phenylpiperazin.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 100 µl Probe und Überführung in ein 2 mL Plastiktube.
2 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes auf ≈ 14 durch Zugabe von 20 µl NaOH (5 M)
3 Zugabe von 200 µl Derivatisierungs-Mix (DCM, 5 mM 1-Fluor-2,4-dinitrobenzol)
4 30 s vortexen
5 Inkubation für 60 min bei 30°C
6 Quenchen des überschüssigen 1-Fluor-2,4-Dinitrobenzols durch Zugabe von 5 µl Diethylamin.
7 Zugabe von 200 µl DCM
8 30 s vortexen
9 Zentrifugation (1 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
10 Entnahme von 200 µl organischer Phase (unten) und Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
Material und Methoden
50
Tabelle 44: Protokoll für die HPLC-Analyse (Umkehrphase) von Ethambutol.
Schritt Beschreibung
1 Entnahme von 350 µl Probe und Überführung in ein 2 mL Plastiktube
2 Abstoppen der Reaktion und Erhöhung des pH-Wertes durch Zugabe von 10 µl NaOH (5 M)
3 Zugabe von 700 µl DCM
4 30 s vortexen
5 Zentrifugieren (1 min, 20200 g, RT) zur Trennung der Phasen
6 Überführung von 500 µl der organischen Phase in ein neues Plastiktube
7 Eindampfen der organischen Phase mit einem Evaporator (GeneVac EZ-2, SP Scientific, Ipswich, UK) bei 40°C für etwa 30 min
8 Zugabe von 200 µl Laufmittelgemisch (50% H2O, 50% ACN)
9 30 s vortexen
10 Überführung in ein GC-Glasgefäß mit Glaseinsatz.
3.8. Screening-Systeme
3.8.1. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter Kofaktorspezifität
Für die Identifizierung von R-IRED_Ms Enzym-Varianten mit geänderter
Kofaktorspezifität wurde ein photometrisches Screening-System im 96-well Format
entwickelt. Zunächst wurden 96er Deep-Well-Platten (Ritter riplate SW, 2 mL, Ritter
GmbH, Schwabmünchen, DE) mit LB-Medium (750 µL pro well, 34 µg mL-1
Chloramphenicol) befüllt und mit Einzelkolonien der Mutantenbibliothek beimpft. Diese
Vorkulturplatte wurde bei 25°C und 800 rpm für etwa 22 h inkubiert (TiMix Control mit
TH30-Thermostat, Edmund Bühler GmbH, Hechingen, DE). Mit der Vorkulturplatte
wurde anschließend eine Expressionsplatte (ebenfalls 96er Deep-Well-Platte)
angeimpft. Hierfür wurden 50 µl der Vorkultur auf je 950 µl LB-Medium (34 µg mL-1
Chloramphenicol, 0,021% Arabinose) gegeben. Die Expression der R-IRED_Ms Varianten
erfolgte ebenfalls bei 25°C und 800 rpm für 22 h (TiMix Control mit TH30-Thermostat,
Edmund Bühler GmbH, Hechingen, DE). Anschließend wurden die Zellen durch
Material und Methoden
51
Zentrifugation (4°C, 15 min, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG,
Hamburg, DE) geerntet und die Zellpellets über Nacht bei -80°C tiefgefroren. Für den
enzymatischen Zellaufschluss wurden die Pellets mit 200 µl Lysepuffer (50 mM Kpi-
Puffer, pH 7,0, 750 µg mL-1 Lysozym, 10 µg mL-1 DNAseI) re-suspendiert und für 60 min
bei 37°C und 180 rpm (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH)
inkubiert. Anschließend wurde die Suspension in Rund-Boden-Mikrotiterplatten
überführt und zur Abtrennung der unlöslichen Bestandteile für 60 min zentrifugiert
(4°C, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG, Hamburg, DE). Während
der Zentrifugation wurden pro Platte jeweils zwei Reaktionsplatten (Tab. 45)
vorbereitet (eine für den NADPH-Assay und eine für den NADH-Assay). Nach der
Zentrifugation wurde das lösliche E. coli Lysat (Überstand) erhalten, in welchem die
exprimierten R-IRED_Ms Varianten gelöst sind. 150 µl des Überstandes wurden sehr
vorsichtig abgenommen, in eine frische Rund-Boden-Mikrotiterplatte überführt und bei
4°C gelagert. Nun wurden die Reaktionsplatten nacheinander durch Zugabe von Lysat
gestartet (60 µl Lysat auf 240 µl Reaktionsmix) und die Abnahme des Kofaktors
NAD(P)H photometrisch bei λ = 340 nm verfolgt (25°C, t = 30 min, Δt = 30 s,
SPECTRAmax 340C Photometer Molecular Devices, Sunnyvale, US).
Tabelle 45: Komponenten und Endkonzentrationen der Screening-Reaktionsplatte für die Messung der NADH und NADPH-Abnahme zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter Kofaktorspezifität.
Komponente Endkonzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM
Methylpyrrolin 5 mM
NAD(P)H 0,35 mM
Lysata Verhältnis 1:4
a Zugabe von Lysat zum Starten der Reaktion kurz vor der Messung.
Aus den Messungen konnte nun für jede Variante sowohl die Aktivität mit NADH, als
auch die Aktivität mit NADPH berechnet werden. Die Kofaktorspezifität ergab sich aus
dem Quotient der NADH-Abnahme und der NADPH-Abnahme. Für die Auswahl von
positiv veränderten Varianten wurde sowohl die Spezifität als auch die absolute
Aktivität mit NADH als Kofaktor berücksichtigt. Zur Bestätigung der positiv veränderten
Enzymvarianten wurde ein Re-Screening durchgeführt. Hierfür wurden die Plasmide
der ausgewählten Mutanten isoliert und für eine Re-Transformation von E. coli JW5510
Material und Methoden
52
verwendet. Es wurden von jeder Mutante je sechs Kolonien verwendet und das
Screening mit dieser biologischen Sechsfachbestimmung wiederholt und mit dem
Wildtyp bzw. Parent-Enzym verglichen. Diejenigen Varianten, die unter
Berücksichtigung der Varianz eine signifikante Verbesserung zeigten, wurden nun
sequenziert. Des Weiteren wurden solche Varianten im Schüttelkolben exprimiert und
für eine genauere Analysen gereinigt.
3.8.2. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit erhöhter Aktivität für Substrate mit niedriger Anfangsaktivität
Ein Screening auf Basis von Substraten mit niedriger Grundaktivität ist sehr
herausfordernd, da sich die schwache IRED Enzymaktivität von der
Hintergrundaktivität des E. coli Lysats abheben muss. Die Varianz muss also so niedrig
wie möglich gehalten werden und gleichzeitig muss eine hohe IRED-Konzentration
gewährleistet werden. Das photometrische Screening-System im 96-well Format wurde
deshalb für diese Anwendung verändert. Zunächst wurden 96er Deep-Well-Platten
(Ritter riplate SW, 2 mL, Ritter GmbH, Schwabmünchen, DE) mit TB-Medium (550 µL
pro well, 34 µg mL-1 Chloramphenicol) befüllt und mit Einzelkolonien der Mutanten-
Bibliothek beimpft. Diese Vorkulturplatte wurde bei 37°C und 320 rpm für etwa 20 h
inkubiert (Inkubationsschüttler HT Minitron, Infors AG, Bottmingen, CH). Mit der
Vorkulturplatte wurde anschließend eine Expressionsplatte (ebenfalls 96er Deep-Well-
Platte) angeimpft. Hierfür wurden 50 µl der Vorkultur auf je 950 µl TB-Medium
(34 µg mL-1 Chloramphenicol, 0,021% w/v Arabinose) gegeben. Die Expression der
R-IRED_Ms Varianten erfolgte bei 25°C und 800 rpm für 24 h (TiMix Control mit TH30-
Thermostat, Edmund Bühler GmbH, Hechingen, DE). Anschließend wurden die Zellen
durch Zentrifugation (4°C, 15 min, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf
AG, Hamburg, DE) geerntet. Die Zellpellets wurden anschließend in 500 µl Kpi-Puffer
(50 mM, pH 7,0) re-suspendiert und erneut abzentrifugiert (4°C, 15 min, 3220 g,
Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG, Hamburg, DE). Die gewaschenen
Zellpellets wurden über Nacht bei -80°C tiefgefroren. Für den enzymatischen
Zellaufschluss wurden die Pellets mit 500 µl Lysepuffer (50 mM Kpi-Puffer, pH 7,0,
400 µg mL-1 Lysozym, 5 µg mL-1 DNAseI) re-suspendiert und für 120 min bei 25°C und
180 rpm (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH) inkubiert. Zur
Material und Methoden
53
Abtrennung der unlöslichen Bestandteile wurden zwei Zentrifugationsschritte
durchgeführt. Zunächst wurden die Deep-Well-Platten für 30 min zentrifugiert (4°C,
3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG, Hamburg, DE). Anschließend
wurden je 300 µl Überstand in eine Rund-Boden-Mikrotiterplatte überführt und für
weitere 30 min zentrifugiert (4°C, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf
AG, Hamburg, DE). Während der Zentrifugation wurden je zwei
Reaktionsplatten (Tab. 46) vorbereitet (eine für die Zielreaktion und eine für die
Detektion der Hintergrundreaktion). Nach der Zentrifugation wurden 200 µl des
Überstandes in eine frische Rund-Boden-Mikrotiterplatte überführt und bei 4°C
gelagert. Nun wurden die Reaktionsplatten nacheinander mit Lysat versetzt (80 µl Lysat
auf 120 µl Reaktionsmix). Nach Zugabe des Substrates wurde die Abnahme des
Kofaktors NAD(P)H photometrisch bei λ = 340 nm verfolgt (25°C, t = 20 min, Δt = 20 s,
SPECTRAmax 340C Photometer Molecular Devices, Sunnyvale, US).
Aus den Messungen konnte nun für jede Variante sowohl die Gesamtaktivität für die
NAD(P)H-Abnahme, als auch die Hintergrundaktivität für die NAD(P)H-Abnahme
berechnet werden. Die Differenz dieser Steigungen kann auf die IRED-Aktivität
zurückgeführt werden.
Bei der Auswahl des Substrates ist zu beachten, dass insbesondere Carbonylsubstrate
wie z.B. Glyoxal oder Methylglyoxal sehr hohe Hintergrundaktivitäten im E. coli Lysat
aufweisen, was die Extraktion geringer IRED-Aktivitäten trotz optimiertem Screening-
System quasi unmöglich macht.
Tabelle 46: Komponenten und Endkonzentrationen der Screening-Reaktionsplatten für die Messung der NAD(P)H-Abnahme zur Identifizierung von IRED-Varianten mit höherer Aktivität, am Beispiel einer doppelten reduktiven Aminierung.
Reaktionsplatte Kontrollplatte
Komponente Endkonzentration Komponente Endkonzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM
Diamin 5 mM Dicarbonyla 5 mM
Dicarbonyla 5 mM NAD(P)H 0,35 mM
NAD(P)H 0,35 mM Lysata Verhältnis 2:3
Lysata Verhältnis 2:3
a Zugabe kurz vor der Messung.
Material und Methoden
54
3.8.3. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter Stereoselektivität
Das Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter
Stereoselektivität im 96-well Format erfolgte mit Hilfe von Gaschromatographie (GC)
und einer chiralen Säule. Als Modellsubstrat zur Bestimmung der Stereoselektivität
wurde 2-Methylpyrrolin ausgewählt. Als Parent diente die R-IRED_Ms-Variante V8,
welche NADH-abhängig ist.[165] Zunächst wurden 96er Deep-Well-Platten (Ritter riplate
SW, 2 mL, Ritter GmbH, Schwabmünchen, DE) mit TB-Medium (600 µL pro well,
34 µg mL-1 Chloramphenicol) befüllt und mit Einzelkolonien der Mutanten-Bibliothek
beimpft. Diese Vorkulturplatte wurde bei 37°C und 320 rpm für etwa 8 h inkubiert
(Inkubationsschüttler HT Minitron, Infors AG, Bottmingen, CH). Mit der Vorkulturplatte
wurde anschließend eine Expressionsplatte (ebenfalls 96er Deep-Well-Platte)
angeimpft. Hierfür wurden 100 µl der Vorkultur auf je 900 µl TB-Medium (34 µg mL-1
Chloramphenicol, 0,022% w/v Arabinose) gegeben. Die Expression der R-IRED_Ms
Varianten erfolgte bei 25°C und 800 rpm für 22 h (TiMix Control mit TH30-Thermostat,
Edmund Bühler GmbH, Hechingen, DE). Anschließend wurden die Zellen durch
Zentrifugation (4°C, 15 min, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG,
Hamburg, DE) geerntet und die Zellpellets über Nacht bei -80°C tiefgefroren. Für den
enzymatischen Zellaufschluss wurden die Pellets mit 400 µl Lysepuffer (50 mM Kpi-
Puffer, pH 7,0, 400 µg mL-1 Lysozym, 5 µg mL-1 DNAseI) resuspendiert und für 60 min
bei 37°C und 180 rpm (Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH)
inkubiert. Zur Abtrennung der unlöslichen Bestandteile wurde die Deep-Well-Platte für
30 min zentrifugiert (4°C, 3220 g, Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG,
Hamburg, DE). Während der Zentrifugation wurde je eine Reaktionsplatte
vorbereitet (Tab. 47). Nach der Zentrifugation wurden 150 µl des Überstandes in die
Reaktionsplatte gegeben, welche zuvor mit 50 µl Reaktionsmix versetzt wurde. Die
Biotransformation von 2-Methylpyrrolin erfolgte für 4 h bei 25°C und 180 rpm
(Inkubationsschüttler Multitron/Pro, Infors AG, Bottmingen, CH).
Nach 4 h wurde die Biotransformation durch Zugabe von 20 µl NaOH (5M) gestoppt.
Anschließend folgte die Derivatisierung und Extraktion durch Zugabe von 250 µl
Derivatisierungsmix (MTBE, 4 µl mL-1 Essigsäureanhydrid). Da die zur Verfügung
stehenden Abdichtungsvorrichtungen für Deep-Well-Platten nicht dicht genug waren
um beim Schütteln von MTBE dem Dampfdruck Stand zu halten, wurde auf Schütteln
Material und Methoden
55
verzichtet. Stattdessen wurden die Phasen durch auf- und abpipettieren (10 Mal mit
400 µl) durchmischt. Anschließend erfolgte die Zugabe von 50 µl 4%iger, wässriger
Methylamin-Lösung um das überschüssige Essigsäureanhydrid zu quenchen.
Anschließend wurde die organische Phase durch Zugabe von 750 µl MTBE vergrößert.
Erneut wurden die Phasen mit der Pipette durchmischt (8 Mal mit 1000 µl).
Anschließend wurden die Phasen durch Zentrifugation getrennt (4°C, 4 min, 3220 g,
Zentrifuge: 5810 R, Rotor: A-4-62, Eppendorf AG, Hamburg, DE). 200 µl der organischen
Phase (oben) wurden in GC-Glasgefäße mit Glaseinsatz überführt und gasdicht
verschlossen. Die Trennung und Analyse der gebildeten Produktenantiomere erfolgte
mit chiraler GC.
Tabelle 47: Komponenten und Konzentrationen der Screening-Reaktionsplatten für die Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter Stereoselektivität.
Komponente Konzentration im Reaktionsmix Endkonzentration
Kpi-Puffer pH 7,0 50 mM 50 mM
Methylpyrrolin 40 mM 10 mM
NADH 8 mM 2 mM
MgCl2 10 mM 2,5 mM
G6PDH 2,4 U mL-1 0,6 U mL-1
Lysat --- Verhältnis 3:1
3.9. Analytische Methoden
Für die qualitative und quantitative Analyse gebildeter Produkte wurden
unterschiedliche analytische Methoden eingesetzt. Die Auftrennung der aufgearbeiteten
Proben erfolgte chromatographisch mittels Gaschromatographie (GC) oder
Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC). Für die qualitative Analyse der
Produktpeaks wurden Masse-Detektoren (GC-MS / LC-MS) verwendet. Für die
quantitative Analyse der Produktpeaks wurde ein Flammenionisations-Detektor (GC-
FID) oder ein Diodenarray-Detektor (HPLC-DAD) verwendet.
Material und Methoden
56
3.9.1. Gaschromatographie (GC)
Die meisten Produkte wurden mittels Gaschromatographie analysiert. Voraussetzung
hierfür war, dass der Analyt spätestens nach einer Derivatisierung in eine organische
Phase extrahiert werden kann. Außerdem musste der Siedepunkt je nach verwendeter
Säule unterhalb von 320°C bzw. unterhalb von 220°C (chirale GC) liegen. Im Folgenden
sind die verwendeten Gaschromatographen und Detektoren (Tab. 48), sowie die
verwendeten GC-Säulen (Tab. 49) und die verwendeten Methoden (Tab. 50) gezeigt. In
(Tab. 50) sind die analysierten Produkte mit Zuordnung einer Methode aufgelistet.
Tabelle 48: Verwendete Gaschromatographen.
Nummer Gaschromatograph Detektor Sampler
1 Shimadzu GC-2010 (Kyōto, JP)
FID (integriert) Shimadzu AoC-20
2 Agilent GC 7890A (Waldbronn, DE)
MSa+FID (Agilent 5975C Series MSD)
Autosampler 7693
3 Agilent GC 7820A (Waldbronn, DE)
MSa (5977B MSD) PAL RSI 120
a Quadrupol-Technologie mit Elektronenspray-Ionisation (70 eV), Scan-Modus (40-400 m z-1).
Tabelle 49: Verwendete GC-Säulen.
Nummer Säule Länge/Durchmesser/ Flüssigkeitsfilm Material
1 HP-1ms UI, Agilent
30 m / 250 µm / 0.25 µm
100% Dimethylpolysiloxan
2 DB-5, Agilent 30 m / 250 µm / 0.25 µm
5% Phenyl-, 95% Dimethylpolysiloxan
3 ZB-5, Phenomenex
30 m / 250 µm / 0.25 µm
5% Phenyl-, 95% Dimethylpolysiloxan
4 Beta-DEX 225, Supelco
30 m / 250 µm / 0.25 µm
25% 2,3-di-O-acetyl-6-O-TBDMS-ß-cyclodextrin in SPB-20 poly(20% Phenyl 80% Dimethylpolysiloxan)
5 CP-Chirasil-DEX CB, Agilent
30 m / 250 µm / 0.25 µm
Cyclodextrin gebunden an Dimethylpolysiloxan
Material und Methoden
57
Tabelle 50: Verwendete GC-Methoden und Temperaturprogramme.
Nr. Temperaturprogramm Säule GC Split Temperatur Heizrate Temperatur Haltezeit Injektor Detektor
1 -
8°C min-1 50°C min-1
100°C 130°C 200°C
1 min - -
1, 3 1 5 250 330
2 - 40°C 5 min 3 1 5 250 330
3
- 40°C min-1 2,5°C min-1
20°C min-1
50°C min-1
100°C 150°C 170°C 200°C 260°C
1 min - - -
2 min
1,3 1 5 250 330
4
- 40°C min-1 2,5°C min-1
50°C min-1
100°C 155°C 165°C 300°C
- - -
2 min
1 1 5 250 330
5 -
20°C min-1 50°C min-1
50°C 90°C
200°C
1 min - -
1 1 5 250 330
6
- 50°C min-1 10°C min-1
50°C min-1
120°C 200°C 230°C 300°C
- - -
2 min
3 1 10 250 330
7
- 40°C min-1 4°C min-1
50°C min-1
100°C 260°C 290°C 320°C
1 min - -
2 min
1,3 1 5 250 330
8 - 150°C 8 min 1 1 15 250 330
9
- 20°C min-1 10°C min-1
50°C min-1
100°C 150°C 200°C 320°C
1 min - -
2 min
1 1 5 250 330
10 -
25°C min-1 100°C 320°C
1 min 2,5 min 2 2,3 5 250 330
11 -
20°C min-1 50°C min-1
50°C 150°C 320°C
2 min -
2,5 min 2 2,3 5 250 330
12 - 153 7,5 min 4 1 10 225 225 13 - 142 15 min 4 1 10 225 225
14
- 50°C min-1 1,5°C min-1
50°C min-1
100°C 130°C 150°C 220°C
2 min - -
1 min
4 1 15 250 255
15 -
50°C min-1 5°C min-1
120°C 180°C 200°C
2 min -
2 min 5 1 40 225 225
Material und Methoden
58
Tabelle 51: Zuordnung der analysierten Produkte zu den beschriebenen Methoden.
Quantitative Analyse
Produkte Derivatisierunga Methode
Pyrrolidin, 2-Methylpyrrolidin, Piperidin, 2-Methylpiperidin, 3- Methylpiperidin
Ja 1
N-Methylpyrrolidin Nein 2
Piperazin, N-Methylpiperazin, N-Ethylpiperazin, N-Isopropylpiperazin, 2,5-Dimethylpiperazin, Octahydro-2H-pyrido[1,2-a]pyrazin
Ja 3
2-Methylpiperazin Ja 4
1,4-Dimethylpiperazin Nein 5
2-Hydroxymethylpiperazin Ja 6
2-Phenylpiperazin, N-Methyl-3-phenylpiperazin Ja 7
2-Phenylpiperazin, N-Methyl-3-phenylpiperazin Nein 8
Homopiperazin Ja 9
Qualitative Analyse und Produktidentifizierung
Produkte Derivatisierunga Methode
Alle Piperazinprodukte außer solche, die an beiden Stickstoffen eine Substitution aufweisen
Ja 10
Alle zyklischen Hydrazine Ja 10
N-Benzyl-3-phenylpiperazin, N-Benzyl-Decahydroquinoxalin, Tetradecahydrophenazin, 2-(6-methoxy-2-naphthyl)piperazin, 6b,7,8,9,10,10a-hexahydroacenaphtho[1,2-b]pyrazin
Nein 10
Piperazine mit Substitutionen an beiden Stickstoffen Nein 11
Chirale Analyse
Produkte Derivatisierunga Methode
R/S-2-Methylpyrrolidin (Screening) Ja 12
R/S-2-Methylpyrrolidin Ja 13
R/S-2-Methylpiperidin, R/S-3-Methylpiperidin Ja 14
R/S-N-Methyl-3-phenylpiperazin Ja 15 a Derivatisierung erfolgte mit Essigsäureanhydrid
Material und Methoden
59
3.9.2. Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC)
Für ein paar wenige Produkte war eine Analyse mittels GC nicht möglich oder nicht
zufriedenstellend. Insbesondere die Auftrennung der Enantiomere von
2-Methylpiperazin, 2-Phenylpiperazin und 2-Hydroxymethylpiperazin war mittels
chiraler GC nicht erfolgreich. Bei diesen Produkten wurde die Bestimmung des
Enantiomerenüberschuss (ee) deshalb mit einer HPLC (Normalphase) durchgeführt.
Hierfür wurde ein HPLC-System von Agilent verwendet (Agilent 1200 series,
Waldbronn, DE; Ausstattung: Degaser G1322A, quaternäres Pumpensystem G1311A,
Säulenthermostat G1316A, Autosampler G1329A, Dionenarray-Detektor (DAD)
G1315D). Für die Trennung der Enantiomere wurde eine Chiraalpak IC Säule (Länge:
250 mm, Durchmesser: 4,6 mm, Porengröße: 5 µm, Daicel, Osaka, JPN) eingesetzt. Die
Säule wurde auf 20°C temperiert, als Laufmittel wurde eine Mischung aus Cyclohexan,
Ethanol und Diethylamin (75%, 24,8%, 0,2% v/v) isokratisch verwendet. Die Trennung
erfolgte innerhalb von 25 min mit einer Flussrate von 0,7 mL min-1.[166]
Die Analyse von Ethambutol erfolgte mittels LC-MS (Umkehrphase). Hierfür wurde
ebenfalls ein LC-System von Agilent verwendet (Agilent 1260 series, Waldbronn, DE;
Ausstattung: Degaser G4225A, quaternäres Pumpensystem G1312B, Säulenthermostat
G1316A, Autosampler G1367E, Massen-Detektor (MS) 6130 Quadrupol MS). Es wurde
eine Kinetex HILIC Säule (Länge: 50 mm, Durchmesser: 2,1 mm, Porengröße: 1,7 µm,
Phenomenex, Aschaffenburg, DE) verwendet. Die Säule wurde auf 40°C temperiert, als
Laufmittel wurde eine Mischung aus H2O und Acetonitril (ACN) eingesetzt. Die
Trennung erfolgte innerhalb von 30 min unter Anwendung eines
Konzentrationsgradienten (Tab. 52) und mit einer konstanten Flussrate von 0,5 mL min-
1. Der MS-Detektor wurde mit einer positiven Ionisierung (3500 V) im Scan-Modus (50-
400 m z-1) betrieben.
Tabelle 52: Konzentrationsgradient des LC-MS-Programms zur Analyse von Ethambutol.
Gradient [% min-1] ACN [%] Haltezeit
- 98 3 min
4,4 10 2 min
- 98 5 min
Material und Methoden
60
3.10. Bioinformatische Methoden
3.10.1. Erstellung eines Homologiemodells
Die Erstellung von Homolgiemodellen erfolgte mithilfe des Swiss-Model Servers[167,168].
In einem Online-Tool (https://swissmodel.expasy.org/) wurde die Aminosäuresequenz
im FASTA-Format eingefügt. Die Ermittlung eines geeigneten Templats für die
Modellierung war ebenfalls in diesem Tool enthalten und basierte auf einer möglichst
hohen Aminosäuresequenzidentität. Die Generierung des 3D-Homologiemodells
basierte auf der Kristallstruktur des Templats.
3.10.2. Docking, Energieminimierung und MD-refinements mit Yasara
Die Dockingstudien mit NADH und den R-IRED_Ms-Varianten wurden mit Yasara[169]
durchgeführt. Hierfür wurde für die Enzymvarianten jeweils ein Homologiemodell
erstellt (Kap. 3.10.1). NADPH wurde mit einem Strukturalignment mit PyMol in das
Homologiemodell eingefügt und anschließend wurde die Phosphat-Gruppe durch eine
Hydroxygruppe ersetzt. Anschließend wurden getrennte pdb-Dateien für das Enzym
und NADH erstellt. Die Enzym pdb-Datei wurde mit Yasara in einer mit Wasser gefüllten
Simulationsbox energieminimiert (YAMBER3 Kraftfeld). Anschließend wurde ein
Docking mit NADH und der energieminimierten Enzymvariante durchgeführt. Das beste
Docking-Ergebnis wurde anschließend erneut energieminimiert und unter Anwendung
eines sogenannten MD-refinement simuliert (0,5 ns, YAMBER3 Kraftfeld).
3.10.3. Multisequenzalignments
Zur Identifizierung konservierter Aminosäurepositionen wurden Multisequenz-
alignments mit Clustal Omega[170] (https://www.ebi.ac.uk/Tools/msa/clustalo/)
erstellt. Hochkonservierte Positionen, sowie funktionell konservierte Positionen wurden
automatisch gekennzeichnet.
Material und Methoden
61
3.10.4. Strukturalignments
Für einen strukturellen Vergleich verschiedener IREDs wurden Strukturalignments mit
der freien Software PyMol (The PyMOL Molecular Graphics System, Version 1.2r1,
Schrödinger, LLC) durchgeführt. Hierbei werden die Strukturen so übereinandergelegt,
dass die Summe aller räumlichen Abstände zwischen den Strukturen minimal ist.
Ergebnisse
62
4. Ergebnisse
4.1. Asymmetrische Reduktion von zyklischen Iminen
Eine zentrale Aktivität von IREDs ist die asymmetrische Reduktion von zyklischen
Iminen zur Generierung von chiralen zyklischen Aminen. Jedoch wurde bislang nur ein
schmales Substratspektrum für diese Art von Reaktion publiziert. Um neue IREDs mit
neuen Aktivitäten zu identifizieren wurden in Vorarbeiten mit GSK (Glaxo Smith Kline
GmbH, Brentford, UK) 35 verschiedene IREDs mit 347 Iminsubstraten getestet (Daten
sind nicht veröffentlicht). Dabei konnte für 122 Substrate eine Aktivität nachgewiesen
werden. Das Substratspektrum dieser Enzymfamilie geht also weit über das hinaus, was
bislang beschrieben wurde. Jedoch waren die Substratspektren von Enzym zu Enzym
sehr unterschiedlich, wobei eine IRED, die R-selektive IRED aus Myxococcus stipitatus
(R-IRED_Ms), ein besonders breites Substratspektrum zeigte.
Da die Entwicklung neuer IRED katalysierter Reaktionen und die Verwendung neuer
Substrate im Fokus dieser Arbeit stand, wurde diese vielversprechende IRED für die
weiteren Arbeiten ausgewählt.
4.1.1. Vergleich der kinetischen Parameter von R-IRED_Ms mit R-IRED_Sr für
Modellsubstrate
Um ein erstes Bild der katalytischen Eigenschaften von R-IRED_Ms zu gewinnen, wurden
die kinetischen Parameter für einige Modellsubstrate untersucht (Tab. 53). Die Analyse
zeigt, dass substituierte Pipereidine (2-4) deutlich effizienter reduziert werden als
Methylpyrroline (1) und Dihydroisoquinoline (5-6). Auffallend ist der relativ hohe
Km-Wert (1,0 mM) bezüglich 1 und die starke Substratüberschuss-inhibierung
(KI = 0,21 mM) bei der Verwendung von Dihydroisoquinolin (5).
Ergebnisse
63
Tabelle 53: Kinetische Parameter von R-IRED_Ms für ausgewählte Iminsubstrate.
Substrat Produkt Km kcat KI kcat Km-1
mM s-1 mM mM-1 s-1
1,0 2,3 20 2,2
0,10 1,5 --- 15
0,34 2,7 4 7,9
0,84 4,8 --- 5,7
0,29 0,9 0,21 3,1
0,11 0,04 13 0,36
4.1.2. Testen neuer Iminsubstrate
Das breite Subtratspektrum von R-IRED_Ms gegenüber Iminen (GSK-Screening), sowie
die Bestätigung einer guten katalytischen Effizienz gegenüber Modell-Iminsubstraten
gab Anlass für die Untersuchung weiterer, anspruchsvoller Iminsubstrate, für welche
bislang keine IRED Aktivitäten beschrieben wurden. Verschiedene 5-, 6- und 7-gliedrige
zyklische Imine wurden getestet. Dabei wurden solche Verbindungen ausgewählt, bei
denen ein zweiter Stickstoff (13-23) oder ein anderes zweites Heteroatom (24-26)
enthalten war (Abb. 11).
Abbildung 11: Getestete 5- und 6- und 7-gliedrige zyklische Iminsubstrate mit je zwei enthaltenen Heteroatomen pro Heterozyklus. Verbindungen 17 und 19 wurden im Rahmen der Masterarbeit von Sebastian Gergel synthetisiert.[171]
Ergebnisse
64
Von diesen 14 getesteten Verbindungen wurden vier Verbindungen erfolgreich
umgesetzt (19, 20, 25 und 26). Aus der beobachteten NADPH-Abnahme wurde die
Wechselzahl oder kurz TOF (engl. für turnover frequency) berechnet, welche ein Maß für
die Enzymaktivität ist (Tab. 54). Zum Vergleich wurde die Aktivität unter gleichen
Bedingungen für das Modellsubstrat 2-Methylpyrrolin (1) gemessen.
Tabelle 54: Gemessene Aktivitäten (TOF) für die Reduktion von neuen Iminsubstraten mit R-IRED_Ms. Zum Vergleich wurde die Aktivität unter gleichen Bedingungen für das Modellsubstrat 2-Methylpyrrolin (1) gemessen.
Imin- substrat
Erwartetes Produkt
Aktivität (TOF)
120 ± 4 min-1
22,8 ± 0,2 min-1
0,035 ± 0,001 min-1
5,9 ± 0,2 min-1
118 ± 8 min-1
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
4.2. Reduktive Aminierung
Eine weitere interessante Fähigkeit von IREDs ist die reduktive Aminierung. Hierbei
wird ein Carbonylsubstrat mit einem Aminsubstrat kombiniert. Die spontane Bildung
eines Imin-Intermediates und die anschließende IRED katalysierte Reduktion
ermöglicht die Verknüpfung beider Substrate zu einem Aminprodukt. Diese Art der
Reaktion eröffnet den Zugang zu einer Vielzahl von chiralen Aminen. Jedoch können mit
dieser Methode keine N-Heterozyklen gebildet werden, da beide Substrate linear
Ergebnisse
65
miteinander verknüpft werden. Deshalb stand die (einfache) reduktive Aminierung
nicht im Hauptfokus dieser Arbeit.
4.2.1. Reduktive Aminierung mit ausgewählten Beispielsubstraten
Um die Anwendbarkeit der R-IRED_Ms im Bereich der reduktiven Aminierung grob
einschätzen zu können wurde die Aktivität für ein paar ausgewählte reduktive
Aminierungen bestimmt. Zuvor wurde das pH-Optimum für die reduktive Aminierung
untersucht. Interessanter Weise lag das pH-Optimum wie auch bei der Reduktion von
zyklischen Iminen bei pH 7,0. Die meisten IREDs benötigen höhere pH-Werte um eine
optimale Katalyse der reduktiven Aminierung zu erreichen.[128,130] Fünf verschiedene
Substratkombinationen wurden mit R-IRED_Ms getestet (Tab. 55).
Tabelle 55: Gemessene Enzymaktivitäten mit R-IRED_Ms für die reduktive Aminierung mit ausgewählten Substratkombinationen.
Nr. Carbonyl-substrata
Amin-substrata
Erwartetes Produkt
Aktivität (TOF)
A
50,2 ± 0,5 min-1
B
22,9 ± 0,1 min-1
C
0,020 ± 0,003 min-1
D
0,44 ± 0,03 min-1
E
---
a Carbonyl- und Aminsubstrate wurden im Verhältnis1:5 eingesetzt. --- keine Aktivität beobachtet Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Die höchsten Aktivitäten wurden bei Substratkombinationen A und B gemessen. Dies
zeigt, dass sowohl Ketone als auch Aldehyde mit R-IRED_Ms gut reduktiv aminiert
Ergebnisse
66
werden können. Die Aktivität gegenüber Ketonen mit aromatischem Rest (33, 34) war
insgesamt deutlich schwächer. Vor allem Acetophenon (33) wurde kaum umgesetzt. Die
Bildung des Antihistamins Cyclizin (42) gelang nicht.
4.2.2. Erweiterung des Substratspektrums durch Verwendung von Hydrazinen
Nachdem bereits die Reduktion eines zyklischen Hydrazons (Kap. 4.1.2), (20)
erfolgreich gezeigt werden konnte, stellte sich die Frage ob sich Hydrazine für die
reduktive Aminierung eignen. Hierbei würde sich aus dem Carbonylsubstrat und dem
Hydrazinsubstrat ein Hydrazon-Intermediat bilden, welches anschließend durch
R-IRED_Ms zu einem verknüpften Hydrazin reduziert werden könnte. Diese Art der
reduktiven Aminierung mit Hydrazinen wird im Folgenden „reduktive Hydrazinierung“
genannt, da kein Amin sondern ein Hydrazin aus der Reaktion hervor geht.
Auch mit dieser Reaktion können keine N-Heterozyklen gebildet werden. Jedoch handelt
es sich um eine neue enzymatische Aktivität. Deshalb wurde die reduktive
Hydrazinierung etwas ausführlicher untersucht. Wieder war eine Optimierung der
Reaktionsparameter notwendig. Die höchste Aktivität wurde bei pH 6,0 im Kpi-Puffer
beobachtet. Zunächst wurden 29 Carbonylsubstrate mit Methylhydrazin kombiniert und
die Aktivität photometrisch bestimmt (Tab. 56-59).
Tabelle 56: Gemessene Aktivitäten für die reduktive Hydrazinierung von linearen und verzweigten aliphatischen Aldehyden mit Methylhydrazin (43).
Aldehyd (linear)
Aktivität (TOF)
Aldehyd (verzweigt)
Aktivität (TOF)
--- 0,74 ± 0,02 min-1
6,9 ± 0,4 min-1 0,72 ± 0,04 min-1
9,0 ± 0,3 min-1 1,19 ± 0,06 min-1
6,3 ± 0,6 min-1
0,54 ± 0,05 min-1
0,64 ± 0,10 min-1 Methylhydrazin
--- keine Aktivität beobachtet. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Ergebnisse
67
Tabelle 57: Gemessene Aktivitäten für die reduktive Hydrazinierung von linearen und verzweigten aliphatischen Ketonen mit Methylhydrazin (36).
Keton (linear)
Aktivität (TOF)
Keton (verzweigt)
Aktivität (TOF)
0,31 ± 0,03 min-1
0,12 ± 0,01 min-1
1,3 ± 0,2 min-1 0,08 ± 0,02 min-1
0,24 ± 0,02 min-1 0,08 ± 0,01 min-1
0,55 ± 0,03 min-1
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Tabelle 58: Gemessene Aktivitäten für die reduktive Hydrazinierung von zyklischen und Hydroxy-funktionalisierten Ketonen mit Methylhydrazin (36).
Keton (zyklisch)
Aktivität (TOF)
Keton (mit Hydroxygruppe)
Aktivität (TOF)
0,31 ± 0,04 min-1
0,27 ± 0,02 min-1
0,57 ± 0,08 min-1 0,18 ± 0,01 min-1
36 ± 2 min-1 ---
0,16 ± 0,05 min-1
--- keine Aktivität beobachtet. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Tabelle 59: Gemessene Aktivitäten für die reduktive Hydrazinierung von aromatischen Aldehyden und Ketonen mit Methylhydrazin (36).
Arylaldehyd Aktivität (TOF)
Arylketon Aktivität (TOF)
---
---
--- 0,83 ± 0,17 min-1
--- 0,51 ± 0,15 min-1
--- keine Aktivität beobachtet. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Ergebnisse
68
Die gemessenen Aktivitäten zeigen, dass verzweigte Carbonylsubstrate schlechter
umgesetzt werden als lineare. Des Weiteren werden lineare aliphatische Aldehyde
besser reduktiv hydraziniert als lineare aliphatische Ketone. Die optimale Kettenlänge
für lineare aliphatische Aldehyde liegt bei 3-5 Kohlenstoffen mit einer maximalen
Aktivität von 9 min-1 (TOF) mit n-Butanal (32). Bei den linearen aliphatischen Ketonen
zeigte ebenfalls das C4-Substrat (53) das beste Ergebnis (TOF = 1,3 min-1). Verzweigte
(56-58) und Hydroxy-funktionalisierte Ketone (62-64) hingegen zeigten nur schwache
Aktivitäten unterhalb von 0,3 min-1 (TOF). Bei zyklischen Ketonen konnte der Sechsring
(31) deutlich besser umgesetzt werden als der 4- oder 5-Ring (59, 60). Mit 31 wurde
außerdem im Rahmen dieses Substratscreenings die höchste Aktivität gemessen
(TOF = 36 min-1). Die Verwendung eines ähnlichen Substrates mit einer konjugierten
Doppelbindung (61) zeigte trotz der sterischen Ähnlichkeit kaum Aktivität. Im Vergleich
zu aliphatischen Substraten wurden aromatische Aldehyde und Ketone nur schlecht
umgesetzt. Mit Benzaldehyd (65) und Acetophenon (33) wurde keine Aktivität
beobachtet. Mit den Ketonen 34 und 68 wurde eine geringe Aktivität von 0,83 bzw.
0,51 min-1 (TOF) detektiert.
Neben Methylhydrazin (43) wurde ein weiteres Hydrazin getestet. Da Hydrazine sehr
giftig und hoch reaktiv sind wurde ein zyklisches Hydrazin (Hexahydropyridazin, 69)
ausgewählt, das weniger reaktiv und weniger giftig ist. Auch mit 69 wurden einige
Carbonyle getestet, jedoch zeigte die Negativkontrolle ohne Carbonylsubstrat eine
starke NADPH-Abnahme. Es fand also eine Reaktion zwischen NADPH und 69 statt, die
das Signal überdeckte. Eine photometrische Analyse war deshalb nicht möglich.
Stattdessen wurden zwei verschiedene Biotransformationen durchgeführt um eine
entsprechende Hydrazinierung mit 69 mittels GC-MS zu bestätigen (Tab. 60).
Für alle getesteten Substratkombinationen konnte eine reduktive Hydrazinierung
mittels GC-MS erfolgreich bestätigt werden. Theoretisch ist eine IRED katalysierte
Weiterreaktion des Produktes mit dem Carbonylsubstrat denkbar, jedoch wurde dies
nur bei einer Substratkombination (32 mit 69) beobachtet. Hier fand zu einem geringen
Teil (≈ 1%) eine zweite reduktive Hydrazinierung mit 32 und dem bereits gebildeten
Produkt 75a statt, sodass 75b gebildet wurde.
Ergebnisse
69
Tabelle 60: Analysierte Biotransformationen für die reduktive Hydrazinierung von Carbonylen mit Hydrazinen. Die abgebildeten Produkte konnten erfolgreich mit einem Massendetektor identifiziert werden. Die Peakfläche der Produktpeaks ist in Flächeneinheiten (FE) angegeben.
Carbonyl-substrata
Hydrazin-substrata
Erwartetes Produkt
Peakfläche (GC-MS)b (x1.000.000 FE)
20,4
23,1
49,7
155,8
5,4
100,5 1,1
a Carbonyl- und Aminsubstrate wurden im Verhältnis 1:2 eingesetzt. b Produktpeaks wurden anhand der Molmasse des acetylierten Produkts, sowie dessen Fragmentierungsmuster identifiziert.
4.3. Doppelte reduktive Aminierung
Die Bildung eines N-Heterozyklus unter Anwendung einer intermolekularen einfachen
reduktiven Aminierung ist nicht möglich, da hierfür mindestens zwei Bindungen
geknüpft werden müssen. Es wurde deshalb untersucht, ob eine doppelte reduktive
Aminierung möglich ist, bei der zwei C-N-Bindungen geknüpft werden. In Abbildung 12
sind zwei verschiedene Möglichkeiten für eine solche Reaktion gezeigt. Zum einen
könnte eine Aminocarbonyl-Verbindung verwendet werden (A), die mit sich selbst
zweimal verknüpft wird. Jedoch sind solche Substrate in der Regel instabil und es gibt
nur wenige kommerziell erhältliche Substrate mit einem Aminocarbonyl-Motiv. Des
Weiteren ist mit dieser Reaktion nur die Bildung von symmetrisch substituierten
N-Heterozyklen möglich, was die Anwendbarkeit erheblich einschränkt. Alternativ
Ergebnisse
70
könnten Dicarbonyle mit Diaminen kombiniert werden (B). Beide Substratgruppen sind
stabil und kommerziell verfügbar. Durch die Kombination von verschieden
substituierten Substraten ist die Bildung von asymmetrisch substituierten Piperazinen
oder Homopiperazinen möglich.
Abbildung 12: Möglichkeiten für die doppelte reduktive Aminierung. A) Verwendung von Aminocarbonylen zur Bildung von symmetrisch substituierten N-Heterozyklen am Beispiel von einfach-substituierten Substraten. B) Verwendung von Dicarbonylen und Diaminen zur Bildung von asymmetrisch substituierten N-Heterozyklen am Beispiel von einfach-substituierten Dicarbonylen mit nicht-substituierten Diaminen.
Wegen der klaren Vorteile von Möglichkeit B gegenüber Möglichkeit A wurden
hauptsächlich Reaktionen des Typs B untersucht. Eine Aktivität von R-IRED_Ms
gegenüber Reaktionstyp A wurde lediglich an drei Beispielsubstraten (76-78)
getestet (Tab. 61), jedoch konnte bei diesen Substraten kaum eine Aktivität und keine
Produktbildung beobachtet werden.
Tabelle 61: Getestete Aminocarbonylsubstrate für die R-IRED_Ms katalysierte doppelte reduktive Aminierung zur Bildung symmetrisch substituierter Piperazin Heterozyklen.
Aminocarbonyl-substrat
Erwartetes Produkt
Aktivität (TOFNADPH )
Produkt-bildung
0,004 ± 0,0001 min-1 ---
--- ---
--- ---
--- keine Aktivität bzw. Produktbildung beobachtet. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Ergebnisse
71
Im nächsten Schritt sollte die doppelte reduktive Aminierung mit Dicarbonylen und
Diaminen getestet werden. Hierfür wurde zunächst Glyoxal (82) mit Ethylendiamin (83)
kombiniert um die Bildung von Piperazin (84) zu ermöglichen. Dabei wurde eine starke
R-IRED_Ms Aktivität in Form einer NADPH-Abnahme beobachtet (Abb. 13) und durch
entsprechende Kontrollen bestätigt. Das Signal bei λ = 340 nm wurde bei längeren
Messungen durch die Bildung eines absorptiven Nebenprodukts überlagert. Durch die
Wahl einer geeigneten Enzym- und Substratkonzentration wurde ein Absorptionssignal
erhalten, welches zunächst durch die IRED-Aktivität (NADPH-Abnahme) dominiert wird,
und schließlich, nach Verbrauch von NADPH den Anstieg des gebildeten
Nebenproduktes zeigt.
Abbildung 13: Photometrischer Nachweis der R-IRED_Ms Aktivität (P1) für die doppelte reduktive Aminierung mit Glyoxal (82) und Ethylendiamin (83), sowie verschiedene Kontrollmessungen (K1-K4). K1 = Kontrolle ohne Enzym; K2 = Kontrolle ohne Glyoxal; K3 = Kontrolle ohne Ethylendiamin; K4 = Kontrolle ohne NADPH.
Mit diesem Test konnte zwar die Aktivität mit 82 und 83 eindeutig nachgewiesen
werden, jedoch musste noch überprüft werden, ob eine einfache oder eine doppelte
reduktive Aminierung katalysiert wird. Es wurde deshalb eine Biotransformation
durchgeführt um die Bildung von 84 mittels GC-MS zu bestätigen. Die Messung zeigte,
0
0,5
1
1,5
2
2,5
0 5 10 15 20 25 30
Ab
sorp
tio
n b
ei
34
0 n
m [
AU
]
Reaktionszeit [min]
K1
K2
K3
K4
P1
Ergebnisse
72
dass die eingesetzten Substrate erfolgreich zu 84 umgesetzt wurden. Die beobachtete
NADPH-Abnahme basiert demnach auf einer doppelten reduktiven Aminierung,
wenngleich nicht gesagt werden kann, ob die beobachtete Steigung die Aktivität beider
Reduktionsschritte repräsentiert oder nur die Aktivität des ersten Reduktionsschrittes.
Dies hängt davon ab, welcher Reduktionsschritt der ratenbegrenzte Schritt ist.
Theoretisch ist eine nachfolgende reduktive Aminierung zwischen dem
Piperazinprodukt und dem Carbonylsubstrat denkbar, welche zu ungewollten
Nebenprodukten führen würde. Dies wurde jedoch nicht beobachtet. Eine
entsprechende Aktivität konnte außerdem in einer Kontrollreaktion mit Glyoxal (82)
und Piperazin (84) ausgeschlossen werden, bei der keine NADPH-Abnahme beobachtet
wurde.
4.3.1. Studien zur Aufklärung des Reaktionsweges
Für die doppelte reduktive Aminierung sind zwei verschiedene Reaktionswege (A, B)
denkbar (Abb. 14). In Reaktionsweg A wird das erste Imin-Intermediat (I-1) zuerst
mittels IRED reduziert, sodass ein nicht-zyklisches Amin-Intermediat (I-2a) entsteht.
Anschließend folgt eine zweite Kondensationsreaktion zu I-3-1. Dieses Intermediat
steht durch Imin-Enamin-Tautomerie im Gleichgewicht mit I-3-2 und I-3-3. Ausgehend
von I-3-1 oder I-3-3 folgt die finale IRED katalysierte Reduktion zur Bildung des
Piperazinproduktes. In Reaktionsweg B finden zuerst beide Kondensationsreaktionen
statt, sodass ein zyklisches Diimin-Intermediat (I-2b) gebildet wird. Anschließend folgt
die IRED katalysierte Reduktion zu I-3-1. Der letzte Reduktionsschritt zur Bildung des
Piperazinproduktes läuft identisch ab zu Reaktionsweg A ab.
Einen Nachweis zu finden, ob R-IRED_Ms Reaktionsweg A oder B bevorzugt ist nicht
trivial, da alle Reaktionen im Gleichgewicht miteinander stehen. Die Intermediate I-2a
und I-2b können deshalb auch im jeweils anderen Reaktionsweg auftreten, ohne dass
sie zur Reaktion beitragen. Der Nachweis von Intermediaten liefert deshalb keinen
Beweis für einen bestimmten Reaktionsweg. Um dennoch einen Hinweis für den
präferierten Reaktionsweg zu bekommen wurde im Rahmen der Masterarbeit von
Sebastian Gergel[171] ein Diimin-Intermediat (I-2b) synthetisiert, dessen Gleichgewicht
stark auf der Seite des Diimins liegt. Hierfür wurde 5,6-Dimethyl-2,3-dihydropyrazin
Ergebnisse
73
(17) ausgewählt. Durch den +I-Effekt der beiden Methylgruppen liegt das
Hydrolysegleichgewicht stärker auf Seiten des Diimins. Ein weiterer Vorteil dieser
Verbindung ist, dass die beiden Methyl-Substituenten die Bildung von Nebenprodukten
während der Synthese stark reduzieren.
Abbildung 14: Mögliche Reaktionswege für die doppelte reduktive Aminierung, am Beispiel der Bildung von substituierten Piperazinen.[172] In Reaktionsweg A laufen zwei aufeinanderfolgende reduktive Aminierungen ab, wobei die erste intermolekular ist und die zweite intramolekular. In Reaktionsweg B finden zuerst beide Kondensationsreaktionen statt zur Bildung eines zyklischen Diimins. Anschließend folgen zwei Reduktionsschritte zur Bildung des Piperazinproduktes.
Durch die Messung der Aktivitäten mit I-2b (17) im Vergleich zu den
Ausgangssubstraten (85 mit 83) kann die Präferenz des Enzymes zumindest für diese
Substratkombination beurteilt werden (Tab. 62). Interessanterweise konnte keine
Aktivität für die Reduktion des Diimin-Intermediates (17) festgestellt werden (B).
Ergebnisse
74
Ausgehend von dem entsprechenden Dicarbonyl bzw. Diamin wurde hingegen eine
starke NADPH-Abnahme und schließlich auch die Bildung von 86 beobachtet.
Tabelle 62: Vergleich der Aktivität von R-IRED_Ms für die Bildung von 86 im Vergleich zum Diimin-Intermediat, welches in Reaktionsweg B auftreten würde.[171]
Nr. Substrat(e)
Erwartetes Produkt
Aktivität (TOFNADPH )
A
24,1 min-1
B ---
--- keine Aktivität beobachtet.
4.3.2. Aktivitätsvergleich mit R-IRED_Sr und S-IRED_Pe
Nachdem die Aktivität für die doppelte reduktive Aminierung mit R-IRED_Ms für
mehrere Substratkombinationen nachgewiesen werden konnte, stellte sich die Frage ob
auch andere IREDs diese Fähigkeit besitzen. Es wurden deshalb Biotransformationen
mit R-IRED_Ms und mit der R-selektiven IRED aus Streptosporangium roseum DSM43021
(R-IRED_Sr), sowie mit der S-selektiven IRED aus Paenibacillus elgii (S-IRED_Pe)
durchgeführt (Tab. 63).[172] Für den Vergleich wurden drei Substratkombinationen
(A, B, C) ausgewählt. Kombination A zur Bildung von Piperazin (84) kann als
Modellreaktion für diese Art der Biotransformation gesehen werden. Die weiteren
Substratkombinationen B und C führen zur Bildung von chiralen Piperazinen (90a,
91a), welche unter anderem als Pharmabausteine für die Produktion von Vicriciroc
(HIV-Wirkstoff) bzw. Mirtazapin (Antidepressivum) eingesetzt werden können. Für
diese Verbindungen wurde auch erstmals die Stereoselektivität der IREDs gegenüber
der doppelten reduktiven Aminierung untersucht.
Ergebnisse
75
Tabelle 63: Vergleich drei verschiedener IREDs bezüglich der doppelten reduktiven Aminierung mit drei beispielhaften Substratkombinationen. Gezeigt sind die Produktbildungen mit 5 mM Substrat nach 6 h, sowie die Enantiomerenüberschüsse der gebildeten chiralen Piperazinprodukte.[172]
Nr. Dicarbonyl-substrata
Diamin-substrata
Erwartetes Produkt
Produktbildung und Enantiomerenüberschuss (%)
R-IRED_Ms R-IRED_Sr S-IRED_Pe
A
84 ± 5 14 ± 1 ---
B
95 ± 7 >99 (R)
>99 94 (R)
33 ± 7 88 (S)
C
>99 >99 (R)
7 ± 1 56 (R)
4 ± 1 17 (S)
--- keine Produktbildung beobachtet Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Der Vergleich von drei verschiedenen IREDs zeigt, dass die doppelte reduktive
Aminierung auch von anderen IREDs katalysiert werden kann. Es handelt sich also um
eine generelle Fähigkeit dieser Enzymfamilie. Es wurden Produktbildungen von bis zu
>99% und Stereoselektivitäten von bis zu >99% erreicht. Durch den Einsatz von
S-IRED_Pe war auch die Bildung des S-Enantiomers möglich, jedoch waren die Aktivität
und die Selektivität deutlich geringer. R-IRED_Ms zeigte insgesamt die höchste Aktivität
und Stereoselektivität und wurde für weitere Studien ausgewählt.
4.3.3. Untersuchung des Substratspektrums
Um das Substratspektrum für die doppelte reduktive Aminierung mit R-IRED_Ms zu
untersuchen wurden 117 Substratkombinationen getestet. Es wurden sowohl NADPH-
Assays als auch Biotransformationen durchgeführt. In Tabelle 64 sind 84
Substratkombinationen gezeigt, bei denen eine R-IRED_Ms katalysierte Produktbildung
nachgewiesen werden konnte. Eine grobe Einschätzung der Aktivität anhand der
NADPH-Abnahme und anhand der detektierten Produktpeak-Fläche ist durch ein
Farbschema gekennzeichnet. Des Weiteren sind in Tabelle 65 solche
Substratkombinationen gezeigt, bei denen keine Produktbildung nachgewiesen werden
konnte.
Ergebnisse
76
Tabelle 64: Getestete Substratkombinationen für die doppelte reduktive Aminierung mit erfolgreicher Produktbildung.[172] Anhand der NADPH-Abnahme (photometrisch) und der Produktbildung (GC-MS) wurden die Substratkombinationen bezüglich der beobachteten Aktivität in drei Gruppen unterteilt (rot = niedrige Aktivität, türkis = moderate Aktivität, blau = hohe Aktivität). Die Synthese und Aktivitätsbestimmung einiger substituierter Phenylglyoxale erfolgte im Rahmen der Bachelorarbeit von Andreas Reichl.[173]
a) Beide möglichen Regioisomere wurden detektiert. b) Eins von zwei möglichen Regioisomeren wurde detektiert.
Zahlreiche Piperazin- und Homopiperazinprodukte konnten erfolgreich gebildet
werden. Dabei wurden Substrate mit unterschiedlichen sterischen Ansprüchen
hohe Aktivität
moderate Aktivität
niedrige Aktivität
a) a)
a) b) b) b)
a) b) b) b)
Ergebnisse
77
akzeptiert. Neben C- und N-substituierten Piperazinen konnten auch einige bi-
und trizyklische Produkte gebildet werden.
Tabelle 65: Substratkombinationen, bei denen keine Produktbildung mit R-IRED_Ms beobachtet wurde. Das erwartete Produkt, welches jedoch nicht gebildet wurde, ist in Rot dargestellt.
Diaminsubstrate, bei welchen sich eine aromatische Gruppe direkt am Amin-Stickstoff
befindet (200-202) wurden von R-IRED_Ms nicht akzeptiert. Carboxy-funktionalisierte
Diamine (205-208) wurden ebenfalls nicht akzeptiert. Auch die Bildung von einigen 7-,
8- und 9-gliedrigen Ringprodukten (225-226, 237-239) war nicht erfolgreich. Harnstoff
(209) und Guanidin (210) eigneten sich nicht für die doppelte reduktive Aminierung.
Nur wenige der getesteten Dicarbonyle (194-199) wurden von R-IRED_Ms nicht
akzeptiert.
4.3.4. Quantifizierung, Upscaling und Produktisolierung
Von den 84 erfolgreichen Produktbildungen konnten 13 quantifiziert werden, da
entsprechende Produktstandards zur Verfügung standen. Für drei Beispiele wurde
außerdem ein Upscaling (10-fache Substratkonzentration, 50 mM) mit anschließender
Produktisolierung durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 66 aufgeführt.[172]
Ergebnisse
78
Tabelle 66: Produktbildungen, Ausbeuten und Selektivitäten in der R-IRED_Ms katalysierten Bildung von ausgewählten Piperazinen und Homopiperazinen.[172]
Produktbildung Isolierte
Ausbeute ee dr rr
Produktbildung (5 mM)a (5 mM)a (50 mM)b
% % (g L-1) % (mg) % %
84 ± 5 10 ± 1 (0,4)
6 (0,5)
--- --- ---
89 ± 5
> 95 68 ± 7 (3,4)
65 (6,0)
> 99 (R)
--- --- 85 ± 3
39 ± 1 n.b. n.b. n.b. --- --- > 99
71 ± 2 n.b. n.b. n.b. 97:3 trans
--- > 99
40 ± 2d n.b. n.b. > 99 (R)
n.b. 2:1 > 95
> 99 n.b. n.b. 90 ± 1 --- --- 1,5 ± 0,1c
> 99d 92 ± 9 (8,1)
87 (9,5)
> 99 (R)
--- > 99:1
a 5 mM Diaminsubstrat und 6,25 mM Dicarbonylsubstrat (kontinuierliche Zugabe), 1 mg mL-1 R-IRED_Ms; die Bestimmung der Produktbildung erfolgte nach 6 h. b 50 mM Diaminsubstrat und 62,5 mM Dicarbonylsubstrat (kontinuierliche Zugabe), 1 mg mL-1 R-IRED_Ms; die Bestimmung der Produktbildung erfolgte nach 6 h. c wegen geringer Aktivität wurde die doppelte Menge R-IRED_Ms eingesetzt (2 mg mL-1). d Werte beziehen sich auf das abgebildete Regioisomer. ee Enantiomerenüberschuss, dr Diastereomerenverhältnis, rr Regioisomerenverhältnis, n.b. nicht bestimmt. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Insgesamt konnten sehr hohe Produktbildungen erreicht werden. Biotransformationen
bei denen das Diamin 1,2-Diaminopropan (112) verwendet wurde, zeigten eine
verminderte Produktbildung (90b, 129). Bei Homopiperazin (128) konnte trotz
doppelter IRED-Konzentration nur eine Produktbildung von 1,5 % erreicht werden. Die
Verwendung von einfach N-substituierten Diaminen zeigte im Vergleich mit 68 eine um
bis zu 15% gesteigerte Aktivität (124, 192). Im Up-scaling wurde das beste Ergebnis mit
91a erzielt. Hierbei wurden 8,1 g L-1 Produkt gebildet und 87 % des Produktes konnten
isoliert werden. Es zeigte sich, dass R-IRED_Ms bei 91a neben der hohen
Stereoselektivität auch eine hohe Regioselektivität von > 99:1 aufweist. Ähnliche
Beobachtungen konnten auch bei anderen Produkten gemacht werden, bei welchen
C-substituierte Dicarbonyle mit N-substituierten Diaminen kombiniert wurden. Im
Ergebnisse
79
Gegensatz dazu ging die Regioselektivität weitestgehend verloren, wenn C-substituierte
Dicarbonyle mit C-substituierten Diaminen kombiniert wurden, wie z.B. bei 129
(rr = 2:1).
4.3.5. Aktivitätssteigerung durch Verwendung von Additiven
Im Rahmen der Bachelorarbeit von Steffen Bernhard konnte gezeigt werden, dass durch
die Verwendung von Additiven wie TPGS-750-M oder einigen Poloxameren die Aktivität
von R_IRED_Ms gesteigert werden kann.[174] In der Arbeit wurde ausschließlich die
Reduktion von zyklischen Iminen untersucht. Nun sollte überprüft werden, ob sich
dieser Effekt auch für die doppelte reduktive Aminierung übertragen lässt. Als
Modellsystem wurde die Bildung von 91a ausgewählt. Es wurde der Einfluss von vier
verschiedenen Additiven (Poloxamer F-127, Poloxamer F-68, Poloxamer P-123 und
TPGS-750-M) untersucht (Abb. 15).
Abbildung 15: Strukturformeln der verwendeten Additive. Die verwendeten Poloxamere sind Blockpolymere und gehören zu den Pluronics®. Sie bestehen aus veretherten Ethylenglycol- bzw. 1,2-Propandiol-Einheiten. Die verwendeten Pluronic Poloxamere variieren lediglich in der mittleren Größe der einzelnen Polymerblöcke (x, y).[175] TPGS-750-M hingegen ist ein VitaminE-Derivat mit einem Succinyl-Linker und einem Polyethylenglycol-Rest (n ≈ 15). Die endständige Hydroxygruppe ist methyliert.
Eine wichtige Kenngröße für solche Verbindungen ist die kritische Mizellenbildungs-
Konzentration (CMC). Sie gibt an, ab welcher Konzentration einer wässrigen Lösung eine
Mizellbildung beobachtet wird. Die literaturbekannten CMCs der verwendeten Additive
sind in Tabelle 67 aufgeführt.
Ergebnisse
80
Tabelle 67: Auflistung der verwendeten Additive mit literaturbekannter kritischer Mizellenbildungs-Konzentration (CMC).[175,176]
Additiv CMCa
Pluronic F-127 2,8 µM
Pluronic F-68 480 µM
Pluronic P-123 4,4 µM
TPGS-750-M 400 µM
a CMC bei pH 7,4 und 37°C
Die Effekte der Additive wurde in drei verschiedenen Puffersystemen (Kpi-, TRIS-HCl
und TEOA-Puffer je 50 mM, pH 7,0) untersucht. Dabei wurden je vier verschiedene
Konzentrationen (2%, 5%, 7,5% und 10% w/v) des Additivs eingesetzt. Es wurden
10 mM Diaminsubstrat und 12,5 mM Dicarbonylsubstrat verwendet und eine
R_IRED_Ms-Konzentration von 10 µM eingestellt. Um sowohl positive als auch negative
Effekte analysieren zu können wurde die Reaktion nach 20 min gestoppt. Zu diesem
Zeitpunkt lag die Produktbildung ohne Additiv je nach Puffersystem zwischen 17% und
38%. Die beobachteten Effekte sind in Abbildung 16 dargestellt.
In allen drei Puffersystemen konnten positive Effekte der Additive gegenüber der
Aktivität von R-IRED_Ms beobachtet werden. Die besten Ergebnisse wurden mit den
Poloxameren F-127 und P-123 erzielt. Hierbei konnte im Kpi-Puffer eine bis zu 1,5-fache
Aktivitätssteigerung und in den anderen Puffern sogar eine bis zu 2,4-fache Steigerung
beobachtet werden. Poloxamer F-68 zeigte hingegen kaum positive Effekte. Die
Verwendung von 2 % (w/v) TPGS zeigte ebenfalls einen positiven Effekt in allen Puffern.
Die Verwendung von noch höheren Konzentrationen war mit TPGS-750-M aufgrund der
hohen Viskosität nicht möglich.
Ergebnisse
81
Abbildung 16: Produktbildungen nach 20 min als Maß für die Aktivität von R-IRED_Ms bezüglich der Umsetzung von N-Methylethylendiamin (89) und Phenylglyoxal (88) zu (R)-N-Methyl-3-phenylpiperazin (91a, 100% ≙ 10 mM). Vergleich von Biotransformationen mit und ohne Zugabe von Additiven in drei verschiedenen Puffersystemen (Pufferstärke jeweils 50 mM, pH 7,0). Die angegebenen Fehlerbalken entsprechen der Standardabweichung einer Dreifachbestimmung.
4.3.6. Toxizitätsstudie
Um zu testen, ob auch Ganzzellsysteme für die doppelte reduktive Aminierung in Frage
kommen, wurde zunächst überprüft, in welchem Maße Dicarbonyle, Diamine und
Piperazine toxisch für E. coli sind. Für die Toxizitätsstudie wurden solche Substrate
ausgewählt, welche zur Bildung der Produkte 84, 90a und 91a eingesetzt werden, sowie
0
10
20
30
40
50
Pro
du
ktb
ild
un
g [
%]
HEPES
0
10
20
30
40
50
Pro
du
ktb
ild
un
g [
%]
TEOA
0
10
20
30
40
50
60
70
Pro
du
ktb
ild
un
g[%
]
Kpi
F-127 F-68 P123 TPGS
F-127 F-68 P123 TPGS
F-127 F-68 P123 TPGS
Ergebnisse
82
die Produkte selbst. Die Studien wurden sowohl in LB- als auch in TB-Medium
durchgeführt (Tab. 68). Als Maß für die Toxizität wurde die relative Wachstumsrate
(µrel) berechnet. 100% entsprechen der gemessenen Wachstumsrate von E. coli ohne
Zugabe von Substanzen.
Tabelle 68: Relative Wachstumsraten von E. coli in Anwesenheit verschiedener Substanzen. Die Messungen erfolgten in LB- bzw. TB-Medium. Vier verschiedene Konzentrationen der jeweiligen Substanzen wurden getestet. Vermindertes Wachstum ist hellblau (schwache Toxizität) bzw. orange (starke Toxizität) gekennzeichnet.
Substanz
Relative Wachstumsraten µrel [%]a
0,1 mM 1 mM 10 mM 50 mM LB TB LB TB LB TB LB TB
96 ± 2 > 99 97 ± 1 > 99 66 ± 2 70 ± 1 3 ± 2 8 ± 7
96 ± 1 98 ± 1 65 ± 1 76 ± 2 2 ± 1 10 ± 15 --- 2 ± 1
97 ± 1 > 99 79 ± 2 83 ± 1 3 ± 1 6 ± 6 n.b. n.b.
> 99 > 99 97 ± 1 98 ± 2 97 ± 1 97 ± 1 --- ---
> 99 > 99 98 ± 1 > 99 98 ± 1 98 ± 1 --- 19 ± 15
98 ± 1 > 99 > 99 > 99 97 ± 2 > 99 --- 67 ± 3
> 99 > 99 > 99 > 99 97 ± 1 > 99 17 ± 9 72 ± 1
97 ± 1 > 99 97 ± 1 98 ± 1 96 ± 3 98 ± 1 14 ± 2 22 ± 2
a 100% entsprechen der gemessenen Wachstumsrate von E. coli ohne Zugabe von Substanzen. LB: 100% ≙ 1,56 h-1; TB: 100% ≙ 2,27 h-1. --- kein Wachstum beobachtet, n.b. nicht bestimmt. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Die Toxizitätsstudie zeigt, dass die getesteten Diamine und Piperazine in
Konzentrationen ≤ 10 mM keinen Einfluss auf das Wachstum haben. Die höchsten
Toxizitäten zeigten die Dicarbonyle 87 und 88. Hier wurde schon bei einer
Konzentration von 1 mM ein vermindertes Wachstum festgestellt. Bei 10 mM und
50 mM fand bei diesen Substraten kaum noch Wachstum statt. Es ist bereits bekannt,
Ergebnisse
83
dass Glyoxale eine hohe Toxizität gegenüber Zellen und insbesondere gegenüber
Proteinen aufweisen.[164] Von den getesteten Dicarbonylen wurde Glyoxal (82) am
besten verkraftet. Hier lag die relative Wachstumsrate mit 10 mM 82 immerhin noch bei
etwa 70%. Bei einer Konzentration von 50 mM wurde bei allen Substanzen kaum noch
Wachstum beobachtet. Eine Ausnahme sind die Piperazine 84 und 90a, bei ihnen betrug
die relative Wachstumsrate trotz der hohen Konzentration im TB-Medium noch etwa
70%. Hier war der Unterschied zum LB-Medium besonders deutlich, in welchem kein
Wachstum (50 mM 84) bzw. nur 17% Wachstum (50 mM 90a) beobachtet wurde. Der
Unterschied könnte auf die höhere Pufferkapazität von TB-Medium zurückzuführen
sein.
4.3.7. In vivo Biotransformationen
Um zu zeigen, dass die doppelte reduktive Aminierung zur Bildung von
Piperazinprodukten auch in vivo möglich ist, wurde eine Ganzzell-Biotransformation mit
einer Substratkonzentration von 5 mM (Diamin) bzw. 6,25 mM (Dicarbonyl)
durchgeführt. Als Modellreaktion wurde die Bildung von 90a ausgehend von den
Substraten 87 und 83 ausgewählt. Die toxische Wirkung von 87 wurde durch eine
kontinuierliche Zugabe vermindert. Für die Zellsuspension wurden verschiedene
Medien und Lösungen getestet (Tab. 69). Dabei wurde jeweils eine OD600 von 25
(≈ 42,5 g L-1 Zellfeuchtgewicht[177]) eingestellt. Es zeigte sich, dass frische Zellen eine
höhere Aktivität aufweisen als solche, die bereits einmal eingefroren und wieder
aufgetaut wurden. Die Leervektor-Negativkontrollen zeigten wie erwartet keine
Produktbildung.
Im Vergleich zu den in vitro Experimenten (Kap. 4.3.4) zeigten die in vivo
Biotransformationen eine deutlich niedrigere Produktbildung. Die höchste
Produktbildung wurde in 100 mM Kpi-Puffer mit 25 mM Glukose beobachtet. Im
Folgenden wurde getestet, ob die Zugabe von Glukose oder die Verlängerung der
Reaktionszeit zu einer höheren Produktbildung im Ganzzellansatz führt (Abb. 17).
Ergebnisse
84
Tabelle 69: Gemessene Produktbildungen im Ganzzellsystem in verschiedenen Medien bzw. Lösungen. Insgesamt wurden 5 mM Diamin (83) und 6,25 mM Dicarbonyl (87) eingesetzt. Die Zugabe des Dicarbonyls erfolgte kontinuierlich über 5 h. Reaktionen wurden nach 6 h gestoppt und mittels GC-FID analysiert.
Medium / Lösung Produktbildung
LB-Medium 18,1%
TB-Medium 4,8%
M9-Medium 19,1 ± 2,0%
M9-Medium (+ 25 mM Glukose) 15,1%
100 mM Kpi-Puffer 6,5%
100 mM Kpi-Puffer (+ 25 mM Glukose) 24,4 ± 2,1% Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Abbildung 17: Produktbildung zu verschiedenen Zeitpunkten in der Ganzzellbiotransformation zur Bildung von R-2-Methylpiperazin (90a). Es wurde eine Zellkonzentration von OD600 = 25 eingestellt. Die Reaktion wurde in 100 mM Kpi-Puffer (pH 7,0) mit 25 mM Glukose durchgeführt. Nach einer fünfstündigen kontinuierlichen Substratzugabe wurden die Proben erneut mit 25 mM Glukose versetzt und für weitere 25 h inkubiert.
Die Analyse der Ganzzellbiotransformation zu verschiedenen Zeitpunkten zeigt, dass die
Produktbildung in den ersten acht Stunden stetig ansteigt und dann abflacht. Die Zugabe
von weiterer Glukose nach 5 h erwies sich als förderlich.
Ergebnisse
85
4.3.8. Verwendung von α-Ketosäureester an Stelle von Dicarbonylen
Es stellte sich die Frage, ob auch α-Ketosäureester mit Diaminen kombiniert werden
können. In einer solchen Reaktion wäre nur eine IRED katalysierte reduktive
Aminierung nötig. Die zweite C-N Bindungsknüpfung könnte durch die sogenannte
Aminolyse[178] erfolgen, bei der eines der Amine den Carboxyl-Kohlenstoff nukleophil
angreift und der veresterte Alkohol abgespalten wird (Abb. 18).
Abbildung 18: Postulierte Bildung von Ketopiperazinen aus α-Ketosäureestern und Diaminen. Die Reaktion besteht aus einer IRED katalysierten reduktiven Aminierung und einer Aminolyse. Die abgebildeten Schritte können auch in umgekehrter Reihenfolge erfolgen.
Drei verschiedene α-Ketosäureester (244-246) wurden mit Ethylendiamin (83)
kombiniert um die beschriebene Rektion mittels NADPH-Assay zu untersuchen
(Tab. 70). Anschließend wurden zusätzlich Biotransformationen durchgeführt um die
Bildung von Ketopiperazinen nachzuweisen.
Obwohl bei zwei der getesteten α-Ketosäureester eine signifikante NADPH-Abnahme
beobachtet wurde, konnte die Produktbildung mittels GC-MS nicht nachgewiesen
werden. Vermutlich ist eine spontane Aminolyse unter den angewendeten
Reaktionsbedingungen nicht erfolgt. Die Negativkontrollen ohne Enzym zeigten wie
erwartet keine NADPH Abnahme. Als Alternative kann der Schritt der Aminolyse
chemisch durchgeführt werden. In einem zweiten Schritt kann dann die Iminvorstufe
des Ketopiperazins durch R-IRED-Ms reduziert werden. Dies wurde bereits für die
Bildung von 249 erfolgreich durchgeführt.[171]
Ergebnisse
86
Tabelle 70: Verwendete α-Ketosäureester für die Umsetzung mit 83 zur Bildung von Ketopiperazinen.[171]
α-Ketosäure-ester Diamin
Erwartetes Produkt TOFNADPH
Produkt bildung
0,9 ± 0,08 min-1 ---
4,1 ± 0,5 min-1 ---
--- ---
--- keine Aktivität beobachtet / keine Produktbildung nachgewiesen Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
4.3.9. Verwendung von α-Hydroxycarbonylen an Stelle von Dicarbonylen
Die Tatsache, dass Ethylendiamin (83) ein sehr gutes Substrat für die doppelte
reduktive Aminierung mit R-IRED_Ms ist, führte zu der Idee Ethambutol (250) zu bilden,
welches ein gefragtes Antibiotikum ist. Hierfür wären zwei reduktive Aminierungen mit
1-Hydroxy-2-Butanon (63) an den beiden Aminogruppen notwendig (Abb. 19). Im
Gegensatz zur doppelten reduktiven Aminierung mit Dicarbonylen würde bei einer
solchen Reaktion kein N-Heterozyklus entstehen. Nach der Optimierung der
Reaktionsparameter konnte eine deutliche NADPH-Abnahme beobachtet werden. Die
Zugabe von 63 in einem starken Überschuss (10:1) zeigte sich von Vorteil. Trotz der
beobachteten NADPH-Abnahme konnte die Bildung von 250 mittels LC-MS
ausgeschlossen werden. Interessanterweise bildete sich stattdessen 2-Etyhlpiperazin
(251).
Dies war der erste Hinweis darauf, dass auch α-Hydroxycarbonyle mit Diaminen
kombiniert werden können, um entsprechende Piperazinprodukte zu generieren. Diese
Erkenntnis schien zunächst nicht sonderlich gewinnbringend, da ein enormer
Überschuss des α-Hydroxycarbonyls notwendig ist und die beobachtete Aktivität gering
war. Die Verwendung von Dicarbonylen ist somit deutlich effizienter. Dennoch ergab
sich eine bedeutsame Anwendung für diese neu entdeckte Aktivität. Die Bildung von
2-Hydroxymethylpiperazin (255) als mögliche Vorstufe für Piperazin-2-carboxylat war
Ergebnisse
87
bislang nicht möglich, da das entsprechende Dicarbonyl sehr instabil ist und deshalb
nicht käuflich erwerblich ist. Es wurde sogar eine Synthese mittels Selenoxidation
unternommen[179], jedoch war das erwünschte Dicarbonyl noch mit Selendioxid
verunreinigt, sodass die verwendeten Enzyme sofort denaturierten.
Abbildung 19: Die Biotransformation von 1-Hydroxy-2-butanon (63) mit Ethylendiamin führte nicht wie anfangs erwartet zur Bildung von Ethymbutol (250), sondern zur Bildung von 2-Ethylpiperazin (251).
Durch die neue Erkenntnis konnte nun das entsprechende α-Hydroxycarbonyl
(Dihydroxyaceton, 254) anstelle des Dicarbonyls eingesetzt werden, um die Bildung von
255 zu erreichen. Neben 254 wurden noch weitere α-Hydroxycarbonyle getestet, um
eine generelle Anwendung dieser Reaktion zu bestätigen. Nachdem für die meisten der
getesteten Substratkombinationen eine signifikante NADPH-Abnahme festgestellt
wurde, wurden Biotransformationen durchgeführt um die Produktbildung zu bestätigen
(Tab. 71). Eine Quantifizierung wurde nur für die Bildung von 255 durchgeführt, da die
anderen Produkte durch Verwendung des entsprechenden Dicarbonyls besser
zugänglich sind.
Alle getesteten α-Hydroxycarbonyle wurden erfolgreich zum Piperazinprodukt
umgesetzt. Lediglich die Bildung von 2-Hydroxymethylhomopiperazins (256) unter
Verwendung von 1,3-Propandiamin (118) gelang nicht. Das wichtigste Ergebnis dieser
Studie war die erstmalige Bildung von 255. Eine quantitative Analyse zu verschiedenen
Zeitpunkten dieser Biotransformation ist in Tabelle 72 gezeigt.
Ergebnisse
88
Tabelle 71: Getestete α-Hydroxycarbonyle für die reduktive Aminierung mit Diaminen zur Bildung von Piperazinen. Die Bestätigung der Produktbildung erfolgte mittels GC-MS.
α-Hydroxy-carbonyla Diamina
Erwartetes Produkt
Produktbildung bestätigt (GC-MS)
Ja
Ja
Ja
Ja
Jab
Nein
a α-Hydroxycarbonyl und Diamin wurden im Verhältnis 10:1 eingesetzt. b Quantifizierung siehe (Tab. 72).
Tabelle 72: Die R-IRED_Ms katalysierte Bildung von Hydroxymethylpiperazin (255) erfolgte mittels reduktiver Aminierung von Dihydroxyaceton (254, 50 mM) mit Ethylendiamin (83, 5 mM). Die voranschreitende Produktbildung wurde zu verschiedenen Zeitpunkten ermittelt.
Reaktions-zeit Produktbildung Enantiomerenüberschuss
2 h 62 ± 3% n.b.
5 h 82 ± 2% n.b.
20 h 98 ± 2% > 95% (S) n.b. nicht bestimmt. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Für 255 konnte eine Produktbildung von 98 ± 2% mit einem Enantiomerenüberschuss
von > 95 % nach 20 h erreicht werden.
Ergebnisse
89
4.3.10. Doppelte reduktive Hydrazinierung
Die Verwendung von Hydrazinen für die reduktive Aminierung wurde bereits
erfolgreich getestet (Kap. 4.2.2). Nun wurde untersucht, ob Dicarbonyle mit Hydrazinen
doppelt reduktiv aminiert werden können. Dabei handelt es sich um eine ähnliche
Reaktion wie bei der doppelten reduktiven Aminierung, nur dass beide Stickstoffe aus
derselben funktionellen Gruppe (Hydrazingruppe) bereitgestellt werden (Abb. 20). Als
Produkt resultiert ein zyklisches Hydrazin, weshalb diese Reaktion im Folgenden
doppelte reduktive Hydrazinierung genannt wird.
Abbildung 20: Generelles Reaktionsschema der doppelten reduktiven Hydrazinierung von Dicarbonylen mit Hydrazinen.
Für diese Art der Reaktion wurden verschiedene Substratkombinationen getestet. Dabei
wurde neben Methylhydrazin (43) auch Hydrazin (261) und Hexahydropyridazin (69)
als Nukleophil eingesetzt. Die R-IRED_Ms katalysierte Bildung von zyklischen
Hydrazinprodukten wurde mittels GC-MS überprüft (Tab. 73).
Insgesamt konnten sechs zyklische Hydrazinprodukte erfolgreich gebildet werden (266,
268-271, 273). Dabei erwies sich als hilfreich, wenn das Dicarbonyl- und
Hydrazinsubstrat vor Zugabe des Enzyms zunächst für 5 min inkubiert wurden. Durch
die Kondensation der Substrate kann die toxische Wirkung gegenüber den Enzymen
verringert werden. Eine Quantifizierung der Produktbildung war nicht möglich, da keine
Produktstandards zur Verfügung standen. Stattdessen sind in Tabelle 73 die
gemessenen Peakflächen angegeben, welche zumindest eine grobe Einschätzung der
Enzymaktivität erlauben. Insgesamt konnte jedoch gezeigt werden, dass eine R-IRED_Ms
katalysierte doppelte reduktive Hydrazinierung von Dicarbonylen zur Bildung von
zyklischen Hydrazinen möglich ist.
Ergebnisse
90
Tabelle 73: Getestete Substratkombinationen für die doppelte reduktive Aminierung von Dicarbonylen mit Hydrazinen. Die Bildung von zyklischen Hydrazinprodukten wurde mittels GC-MS überprüft.
Diarbonyl Hydrazin Erwartetes Produkt
Produktbildung bestätigt (GC-MS)a
Peakfläche (x1.000.000 FE)
Nein ---
Nein ---
Nein ---
Nein ---
Ja 29,2
Nein ---
Ja 69,9
Ja 107,8
Ja 1,3
Ja 3,3
Nein ---
Ja 341,0
a Produktpeaks wurden anhand der Molmasse des acetylierten Produkts, sowie dessen Fragmentierungsmuster identifiziert.
Ergebnisse
91
4.4. Bildung von N-Heterzyklen mithilfe von Enzymkaskaden
Verschiedene Enzymkaskaden wurden getestet um zum einen die Bildung von
N-Heterozyklen ausgehend von sehr einfachen Verbindungen zu ermöglichen. Zum
anderen sollte der Zugang zu neuen N-Heterozyklen geschaffen werden, für die bislang
keine passenden Substrate zur Verfügung standen.
4.4.1. Enzymkaskade mit Putrescinoxidase und IRED
Die Bildung von N-Heterozyklen ausgehend von Diaminen unter Anwendung einer
Putrescinoxidase aus Rhodococcus erythropolis (PuO_Re) kombiniert mit einer IRED
wurde im Rahmen der Doktorarbeit von Leonie Weinmann bereits untersucht.[151] Sie
konnte mit dieser Art Enzymkaskade sowohl in vitro als auch in vivo erfolgreich
Pyrrolidin- und Piperidinderivate bilden. Nach der Oxidation des Diamins durch PuO_Re
bildet sich ein Aminocarbonyl-Intermediat, welches spontan unter Abspaltung von
Wasser zum zyklischen Imin reagiert. Dieses kann schließlich mir einer IRED zum
zyklischen Aminprodukt reduziert werden (Abb. 21). Um die Vergleichbarkeit mit den
Vorarbeiten zu gewährleisten wurde nicht die R-IRED_Ms sondern die R-IRED_Sr für
diese Kaskade eingesetzt.
Abbildung 21: Schematische Darstellung der Enzymkaskade zur Bildung von substituierten Pyrrolidinen und Piperidinen, ausgehend von Diaminen unter Verwendung von PuO_Re und R-IRED_Sr.
In Zusammenarbeit mit Ammar Al-Shameri (Arbeitskreis Dr. Oliver Lenz und Dr. Lars
Lauterbach, Institut für Chemie, TU Berlin) wurde diese Enzymkaskade weiter
untersucht und mit einem H2-basiertem Kofaktorregenerationssystem[180,181]
kombiniert.[182] Zunächst wurde das Substratspektrum von PuO_Re untersucht. Neben
dem Wildtypenzym wurden auch fünf verschiedene Enzymvarianten getestet, welche
aus der Mutantenbibliothek einer vorangegangenen Mutationsstudie
entstammen.[151,183] Die Mutationen der Varianten liegen vor allem im
Ergebnisse
92
Substrateingangskanal, welcher stellenweise nur sehr schmal ist, und somit für
verzweigte Substrate kaum durchlässig ist. Die Oxidationsaktivität gegenüber elf
Diaminen wurde photometrisch analysiert (Tab. 74).
Das natürliche Substrat (204) wurde wie erwartet vom Wildtypenzym am besten
umgesetzt. Für längerkettige und Methyl-substituierte Diamine (274-278) zeigte sich
jedoch, dass je nach Substrat die Enzymvarianten V1 oder V2 eine höhere Aktivität als
der Wildtyp aufweisen.
Tabelle 74: Aktivitäten von PuO_Re-Varianten für die Oxidation verschiedener Diamine. Die am besten geeignetsten Enzymvarianten (abhängig vom verwendeten Substrat) sind grau hinterlegt.
Aktivität (TOF / min-1) mit verschiedenen PuO_Re-Enzymvariantena
Diamin WT V1 V2 V3 V4 V5
--- --- --- --- --- ---
--- --- --- --- --- ---
1128 ± 47 940 ± 42 509 ± 8 793 ± 14 233 ± 4 3.8 ± 0.3
98 ± 9 105 ± 2 121 ± 11 68 ± 5 30 ± 2 1.9 ± 0.2
20 ± 1 30 ± 1 30 ± 1 12 ± 0.5 1.3 ± 0.1 0.7 ± 0.04
5.6 ± 0.1 10 ± 1 3.5 ± 0.1 2.2 ± 0.1 3.3 ± 0.1 0.1 ± 0.01
47 ± 8 43 ± 1 82 ± 3 33 ± 2 8.1 ± 0.3 1.3 ± 0.1
372 ± 18 456 ± 20 255 ± 5 281 ± 2 104 ± 4 1.0 ± 0.3
--- --- --- --- --- ---
1.6 ± 0.1 0.7 ± 0.14 0.9 ± 0.03 0.6 ± 0.01 0.2 ± 0.01 0.2 ± 0.01
242 ± 10 686 ± 34 203 ± 10 114 ± 4 109 ± 6 1.0 ± 0.1
a WT: Wildtyp; Variante V1: E203G; Variante V2: L200I, E203S, I206L; Variante V3: D202S, F205I; Variante V4: E203P, I206L; Variante V5: L200I, E203S, I206L, E325Y. --- keine Aktivität beobachtet Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
In der Arbeit von Leonie Weinmann wurde bereits gezeigt, dass bei der Verwendung der
Substrate 276 und 277 ein moderater Enantiomerenüberschuss (ee) des
Piperidinproduktes beobachtet werden kann, welcher allerdings mit steigender
Reaktionszeit und Produktbildung sinkt.[151] Dieses Phänomen wurde nochmals genauer
Ergebnisse
93
untersucht. Hierfür wurde die Produktbildung und der ee nach 30 min Reaktionszeit bei
unterschiedlichen Enzymkonzentrationen ermittelt (Tab. 75).
Tabelle 75: Produktbildung und Enantiomerenüberschüsse für die Bildung von 8 und 282 mithilfe von PuO und IRED in unterschiedlichen Enzymverhältnissen. Reaktionen wurden nach 30 min gestoppt.
Enzymkonzentration (mg mL-1)
Produktbildung (%), (ee %)
PuO_Re-V1 R-IRED_Sr
0,1 1 2 ± 0.1 (57 S) 22 ± 3 (93 R)
0,2 1 n.b. 33 ± 1 (87 R)
0,5 1 12 ± 3 (55 S) n.b.
1 1 16 ± 4 (57 S) 72 ± 1 (43 R)
5 1 47 ± 3 (47 S) 90 ± 1 (3 R)
5 1 86 ± 3 (40 S)a 99 ± 1 (rac.)a
a Messwerte nach 2 h. n.b. nicht bestimmt, rac. racemisch. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Durch die Änderung des PuO/IRED Verhältnis konnte die Produktbildung nach 30 min
schrittweise erhöht bzw. erniedrigt werden. Je höher das PuO : IRED Verhältnis, desto
höher die Produktbildung. Die Messungen bestätigen, dass der ee mit zunehmender
Produktbildung abnimmt. Dieser Effekt ist besonders stark bei der Bildung von
3-Methylpiperidin (282). Hier wird bei einer Produktbildung von 22% ein ee von
93% (R) gemessen. Nach vollständiger Umsetzung hingegen liegt das Produkt als
Racemat vor.
Um die Anwendbarkeit dieser Enzymkaskade zu verdeutlichen wurde die
Biotransformation von fünf verschiedenen Diaminen untersucht (Tab. 76).[182] Die
Kofaktorregeneration erfolgte u. a. H2-basiert mit einer NADP+-abhängigen
Hydrogenase-Variante aus Ralstonia euthropha H16 (SHE341A/S342R). Die Versuche mit
SHE341A/S342R wurden von Ammar Al-Shameri (TU Berlin, Arbeitskreis Dr. Oliver Lenz
und Dr. Lars Lauterbach) durchgeführt.
Ergebnisse
94
Tabelle 76: Erreichte Produktbildungen und Enantiomerenüberschüsse für die Biotransformation zur Bildung von N-Heterozyklen ausgehend von Diaminen, unter Anwendung der Enzymkaskade bestehend aus PuO_Re-V1 und R-IRED_Sr. [182] Für die Kofaktorregeneration wurde sowohl die SHE341A/S342R (Bedingung1) als auch die Glukose-6-phosphatdehydrogenase (Bedingung 2, 3) verwendet.
Produktbildung und
Enantiomerenüberschuss (ee %) Diamin Produkt Bedingung 1a Bedingung 2b Bedingung 3c
71 ± 7% n.b. n.b.
30 ± 4% 34 ± 2% n.b.
97 ± 2% n.b. n.b.
24 ± 12%
(40 S) 86 ± 3%
(40 S) 16 ± 4%
(57 S)
56 ± 6% (25 R)
99 ± 1% (rac.)
22 ± 3% (93 R)
a Verwendung von 10 mM Substrat, NADPH-Regenerierung mit SHE341A/S342R, Proben wurden mit H2 und O2 (50:50) begast, 4 h, 22°C. b Verwendung von 5 mM Substrat, 5 mg mL-1 PuO_Re V1, 1 mg mL-1 R-IRED_Sr, NADPH-Regenerierung mit Glukose-6-phosphatdehydrogenase, 2 h, 25°C. c Verwendung von 5 mM Substrat, 0,1 mg mL-1 PuO_Re-V1 (für 282) bzw.1 mg mL-1 PuO_Re-V1 (für 8),1 mg mL-1 R-IRED_Sr, NADPH-Regenerierung mit Glukose-6-phosphatdehydrogenase (G6PDH), 0,5 h, 25°C. n.b. nicht bestimmt. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Mit der beschriebenen Enzymkaskade konnten zwei Pyrrolidine (283, 284) und drei
Piperidine (285, 8, 282) erfolgreich gebildet werden. Je nach Reaktionsbedingung
konnten hohe Produktbildungen (bis zu 99%) oder hohe Enantiomerenüberschüsse (bis
zu 93%) erreicht werden.
Zusätzlich konnte die Kaskade zu Bildung von 282 im Ganzzellsystem gezeigt
werden.[151] In Zusammenarbeit mit Leonie Weinmann und Sanofi-Aventis Deutschland
und unter Verwendung eines 20 L Bioreaktors konnten bis zu 80 g L-1 Produkt gebildet
werden. [184]
Ergebnisse
95
4.4.2. Enzymkaskade mit Alkoholdehydrogenasen oder Alkoholoxidasen und R-IRED_Ms
Die Bildung von chiralen Piperazinen mit funktionalisiertem Substituent ist
herausfordernd, da die meisten Dicarbonylvorstufen instabil und nicht erhältlich sind. In
Kapitel (Kap. 4.3.9) konnte dieses Problem umgangen werden, indem ein
α-Hydroxycarbonyl anstelle des Dicarbonyls verwendet wurde. So gelang bereits die
Bildung von 2-Hydroxymethylpiperazin (255). Doch auch die Verfügbarkeit von
α-Hydroxycarbonylen mit zusätzlicher funktioneller Gruppe ist sehr beschränkt.
Verwendet man hingegen Diole, können zahlreiche funktionalisierte Substrate
eingesetzt werden (Tab. 77). Im Folgenden wurde deshalb versucht Diole enzymatisch
zum α-Hydroxycarbonyl zu oxidieren. Eine Anschließende Umsetzung mit
Ethylendiamin (83), katalysiert durch R-IRED_Ms, könnte schließlich zur Bildung
entsprechender Piperazinprodukte führen (Abb. 22). Jedoch ist dabei zu beachten, dass
für den zweiten Schritt ein Überschuss des α-Hydroxycarbonyls nötig ist, und somit die
Kaskade nur dann möglich ist, wenn der erste Schritt mit einer sehr hohen Aktivität
katalysiert wird.
Tabelle 77: Beispiele für verfügbare Diole und zugehörige Piperazinprodukte, die durch eine entsprechende Enzymkaskade gebildet werden würden.
Diol Produkt Diol Produkt
Ergebnisse
96
Abbildung 22: Schematische Darstellung der Enzymkaskade zur Bildung von chiralen Piperazinen mit funktionalisierten Substituenten, ausgehend von Diolen unter Verwendung von Alkoholdehydrogenasen (A) oder Alkoholoxidasen (B) und R-IRED_Ms.
Aufgrund des hohen Potenzials dieser Kaskade wurden einige Alkoholdehydrogenasen
(ADHs) und Alkoholoxidasen (AOs) hinsichtlich der Oxidationsaktivität gegenüber
Diolen getestet. Für das Screening wurden die Diole 286-290 ausgewählt. Die
Ergebnisse des Screenings sind in Tabelle 78 aufgeführt.
Insgesamt wurden vier Enzyme mit Oxidationsaktivität gegenüber Diolen gefunden. Die
Glycerindehydrogenase aus Cellulomonas sp. zeigte Aktivität gegenüber 286-288 und
290. Jedoch gelangen diese Oxidationen nur bei pH-Werten >9 (Optimum bei pH 10,5).
R-IRED_Ms hingegen zeigt für diese Reaktion ein pH-Optimum von 7-8. Es wurden daher
Enzymkaskaden mit R-IRED_Ms bei pH 8, 9 und 9,5 durchgeführt. Jedoch konnte keine
Bildung von Piperazinprodukten festgestellt werden. Eine weitere vielversprechende
Oxidationsaktivität zeigte die ADH80 von C-LEcta (Leipzig, DE). Hier wurde zwar nur
eine Aktivität gegenüber 286 gemessen, im Gegensatz zur Glycerindehydrogenase war
jedoch die Oxidation bei pH 8,0 möglich. So konnte die Enzymkaskade mit R-IRED_Ms
bei pH 8,0 durchgeführt werden. Verschiedene Substrat- und Kofaktor-Konzentrationen,
sowie die Verwendung von zwei getrennten Kofaktorregenerationssystemen wurde
untersucht. Dennoch konnte keine Produktbildung festgestellt werden. Ähnlich verhielt
es sich bei der Anwendung von Alkoholoxidasen. Obwohl Oxidationsaktivitäten
Ergebnisse
97
gegenüber der Diole beobachtet wurden (Galaktoseoxidase aus Dactylium dendroides,
sowie mit der AO aus Pichia pastoris), waren die entsprechenden Enzymkaskaden nicht
erfolgreich.
Tabelle 78: Aktivitätsscreening einiger Alkoholdehydrogenasen und Alkoholoxidasen gegenüber fünf ausgewählten Diolen (286-290). Enzym-Substrat-Kombinationen, bei denen eine Aktivität beobachtet wurde, sind blau gekennzeichnet.
Alkoholdehydrogenasen (ADHs)
ADH aus Saccharomyces cerevisiae
ADH aus Thermoanaerobacter brockii
ADH aus Parvibaculum lavamentivorans
Lactat-DH aus dem Muskelgewebe von Hasen
Glutamat-DH aus der Rinderleber
Gukose-6-phosphat-DH aus Leuconostoc mesenteroides
Gukose-6-phosphat-DH aus Saccharomyces cerevisiae
Glycerin-DH aus Cellulomonas sp.
ADH80 von C-LEcta (Ursprung unbekannt)
ADH107 von C-LEcta (Ursprung unbekannt)
ADH171 von C-LEcta (Ursprung unbekannt)
ADH175 von C-LEcta (Ursprung unbekannt)
Alkoholoxidasen (AOs)
Glukoseoxidase aus Aspergillus niger
Galaktoseoxidase aus Dactylium dendroides
Galaktoseoxidase Variante M3-5[185]
AO aus Pichia pastoris
Cholinoxidase aus Arthrobacter chlorophenolicus WT
Cholinoxidase aus Arthrobacter chlorophenolicus L7[186]
Cholinoxidase aus Arthrobacter chlorophenolicus N1[186]
Ergebnisse
98
4.5. Entwicklung von NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Varianten
Alle bislang bekannten IREDs sind strikt NADPH abhängig. Die Verwendung von NADH
anstelle von NADPH ist jedoch deutlich attraktiver. Ziel war es deshalb die
Kofaktorspezifität von R-IRED_Ms zu ändern.
Um die Anfangsaktivität von R-IRED_Ms mit NADH einschätzen zu können wurden die
kinetischen Parameter bezüglich 2-Methylpyrrolin (1) in Anwesenheit von NADPH und
NADH verglichen (Tab. 79). Für einen Vergleich wurden dieselben Messungen
außerdem mit R-IRED_Sr durchgeführt.
Tabelle 79: Vergleich der kinetischen Parameter bezüglich 2-Methylpyrrolin (1) in Anwesenheit von NADPH und NADH. Die Messungen wurden mit R-IRED_Ms und zum Vergleich auch mit R-IRED_Sr durchgeführt.
NADPH NADH
IRED Km kcat KI kcat Km-1 Km kcat KI kcat Km-1
mM min-1 mM mM-1 min-1 mM min-1 mM mM-1 min-1
R-IRED_Ms 1,0 ± 0,1 138 ± 3 20 ± 2 134 ± 16 10,6 ± 1,2 1,8 ± 0,2 21 ± 5 0,17 ± 0,01
R-IRED_Sr 1,4 ± 0,1 69 ± 3 45 ± 6 49 ± 3 2,6 ± 0,7 0,47 ± 0,06 38 ± 12 0,18 ± 0,02
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Wie erwartet werden bei der Verwendung von NADH mit beiden Enzymen deutlich
schlechtere Werte erreicht. Die katalytische Effizienz ist etwa 460-fach (R-IRED_Ms)
bzw. 270-fach (R-IRED_Sr) verschlechtert. Dennoch erreicht R-IRED_Ms mit NADH einen
etwa vierfach höheren kcat-Wert als R-IRED_Sr und zeigt somit die höhere
Anfangsaktivität in Anwesenheit von NADH.
Die Mutationsstrategie zur Änderung der Kofaktorbindetasche (Rossmannfaltung)
erfolgte in Anlehnung an die Vorschläge des Online-Tools CSR-SALAD[187]
(http://www.che.caltech.edu/groups/fha/CSRSALAD/index.html). Da zu diesem
Zeitpunkt noch keine Kristallstuktur für R-IRED_Ms zur Verfügung stand, wurde die
Kristallstruktur der R-selektiven IRED aus Strepromyces kanamyceticus (R-IRED_Sk) als
Input-Datei verwendet. Die vorgeschlagenen Mutantenbibliotheken an Positionen 32-34,
37, 67, 71 und 75 wurden erstellt und gescreent (Tab. 80). An Position 37 wurde
zusätzlich eine Sättigungsmutagenese durchgeführt (Tab. 80, Runde 2). Als
Modelsubstrat wurde 2-Methylpyrrolin (1) ausgewählt.
Ergebnisse
99
Tabelle 80: Durchgeführte Mutageneserunden zur Identifizierung von R-IRED_Ms-Varianten mit geänderter Kofaktorspezifität.[165] In Runde 1 wurde eine Teilsättigungsmutagenese gleichzeitig an drei Stellen durchgeführt (orange). Anschließend folgten Sättigungsmutagenesen (Runde 2-7, rot), und die manuelle Kombinierung von vielversprechenden Mutationen (nicht gezeigt).
Mutageneserunde Aminosäureposition
32 33 34 37 67 71 75
Wildtyp-Sequenz N R T K L T L
Runde 1 N X1 X2 X3 L T L
Runde 2 N Y E X L T L
Runde 3A X Y E A L T L
Runde 3B X Y E R L T L
Runde 4 E Y E R X T L
Runde 5 E Y E R L X L
Runde 6 E Y E R L T X
Etablierte Mutationen aus vorherigen Runden
X1 Teilsättigungsmutagenese mit X = C,H,N,P,R,S,T,Y
X2 Teilsättigungsmutagenese mit X = A,D,E,K,N,T
X3 Teilsättigungsmutagenese mit X = D,E,K,N,Y
X Sättigungsmutagenese mit X = alle 20 Aminosäuren
Verschiedene Aminosäureaustausche führten zu verbesserten Aktivitäten mit NADH,
bzw. zu einer verbesserten Spezifität (𝐴𝑘𝑡𝑖𝑣𝑖𝑡ä𝑡 𝑚𝑖𝑡 𝑁𝐴𝐷𝐻
𝐴𝑘𝑡𝑖𝑣𝑖𝑡ä𝑡 𝑚𝑖𝑡 𝑁𝐴𝐷𝑃𝐻). Die einzige Position, an der
keine Mutation mit verbesserter Aktivität oder Spezifität gefunden wurde, war
Position 75. Einige vielversprechende Mutationen wurden im Anschluss manuell
kombiniert, sodass bis zu sechs Mutationen pro Enzymvariante eingeführt wurden. In
Tabelle 81 sind die Aktivitäten und Spezifitäten für 15 R-IRED_Ms-Varianten gezeigt.[188]
Ergebnisse
100
Tabelle 81: Aktivitäten und Kofaktorspezifitäten für verschiedene R-IRED_Ms-Varianten. Die höchste erreichte Aktivität gegenüber NADH, sowie die höchste erreichte Spezifität wurden grau markiert.
Variante Mutationen TOFNADH TOFNADPH Spezifität
min-1 min-1 TOFNADH TOFNADPH-1
Wildtyp - 2,0 ± 0,1 91 ± 2 0,022 ± 0,001
1 R33Y 4,1 ± 0,1 61 ± 1 0,067 ± 0,001
2 T71V 11,7 ± 0,4 16 ± 1 0,74 ± 0,03
3 (V1) R33Y, T34E 9,4 ± 1 6,6 ± 1 1,4 ± 0,3
4 (V2) R33Y, T34E, K37A 10,4 ± 0,2 0,70 ± 0,03 14,7 ± 0,6
5 (V3) R33Y, T34E, K37R 12,7 ± 0,4 9,0 ± 0,3 1,4 ± 0,06
6 R33Y, T34E, K37A, T71V 32 ± 1 2,4 ± 0,1 13,4 ± 0,6
7 R33Y, T34E, K37R, T71V 37 ± 1 26 ± 1 1,4 ± 0,1
8 (V4) N32E, R33Y, T34E, K37A 2,2 ± 0,1 0,05 ± 0,01 45 ± 3
9 (V5) N32E, R33Y, T34E, K37R 10,0 ± 0,5 0,8 ± 0,06 11,9 ± 1,0
10 N32E, R33Y, T34E, T71V 29 ± 1 2,8 ± 0,05 10,3 ± 0,5
11 (V6) N32E, R33Y, T34E, K37R, L67I 14,3 ± 0,2 0,95 ± 0,05 15,1 ± 0,8
12 (V7) N32E, R33Y, T34E, K37R, T71V 45 ± 3 2,5 ± 0,08 17,9 ± 1,2
13 (V8) N32E, R33Y, T34E, K37R, L67I, T71V 94 ± 10 4,8 ± 0,2 19,6 ± 2,2
14 (V9) R33Y, T34E, K37A, L67I, T71V 84 ± 2 6,6 ± 0,3 12,8 ± 0,6
15 (V10) N32E, R33Y, T34A, K37R, L67I, T71V 38 ± 5 0,60 ± 0,02 64 ± 8
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Einige Varianten mit verbesserter Aktivität gegenüber NADH bzw. verbesserter
Kofaktorspezifität konnten identifiziert werden. Die Aktivität mit NADH konnte
vollständig wiederhergestellt werden (V8). Die höchste Spezifität wurde mit Variante
V10 erreicht. Hier wurde NADH 64-mal besser akzeptiert als NADPH. Damit wurde die
Spezifität gegenüber dem Wildtyp um das 2900-fache erhöht.
4.5.1. Weiterführende Untersuchung von Varianten V8 und V10
Die gezeigten Aktivitäten der Enzymvarianten (Kap. 4.5) wurden bei einer
Substratkonzentration von 5 mM ermittelt. Nun sollte untersucht werden, inwiefern sich
die kinetischen Parameter der Varianten V8 und V10 im Vergleich zum Wildtyp
unterscheiden. Hierfür wurden die kinetischen Parameter mit 2-Methylpyrrolin (1) in
Anwesenheit von NADH bzw. NADPH untersucht (Tab. 82).[165]
Ergebnisse
101
Tabelle 82: Kinetische Parameter bezüglich 2-Methylpyrrolin (1) von R-IRED_Ms-Wildtyp (WT) und den Varianten V8 und V10 in Anwesenheit von NADPH bzw. NADH.[188]
In Anwesenheit von NADPH
Km (mM) kcat (s-1) KI (mM) kcat Km-1 (mM-1 s-1)
WT 1,0 ± 0,1 2,3 ± 0,1 20 ± 2 134 ± 16
V8 12 ± 2 0,14 ± 0,01 11 ± 2 0,7 ± 0,1
V10 6,8 ± 0,9 0,02 ± 0,002 16 ± 4 0,2 ± 0,03
In Anwesenheit von NADH
Km (mM) kcat (s-1) KI (mM) kcat Km-1 (mM-1 s-1)
WT 23 ± 1 0,09 ± 0,003 12 ± 1 0,2 ± 0,01
V8 9,8 ± 0,3 3,9 ± 0,04 21± 0,2 24 ± 01
V10 11 ± 2 1,5 ± 0,2 29 ± 6 7,9 ± 1,6
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Die Bestimmung der kinetischen Parameter bestätigt, dass die Kofaktorspezifität von V8
und V10 erfolgreich umgedreht wurde. V8 erreicht sogar höhere Wechselzahlen (kcat)
mit NADH als der Wildtyp mit NADPH. Jedoch zeigen beide Varianten einen erhöhten
KM-Wert, sodass die katalytische Effizienz (kcat KM-1) insgesamt deutlich niedriger ist als
beim Wildtyp.
Im nächsten Schritt wurden Biotransformationen mit 8 mM 1 durchgeführt, um die
Produktbildung und die Stereoselektivität der Varianten V8 und V10 mit dem Wildtyp
zu vergleichen (Tab. 83).[188] Die Enzymkonzentration (2 µM) und die Reaktionszeit
(45 min) wurden so gewählt, dass der Will-Typ beim Abstoppen der Reaktion gerade
den Vollumsatz erreicht. Somit ist eine optimale Vergleichbarkeit gegeben. Auf ein
Kofaktorregenerationssystem wurde an dieser Stelle verzichtet. Stattdessen wurde ein
Überschuss an NAD(P)H (10 mM) eingesetzt.
Ergebnisse
102
Tabelle 83: Produktbildungen und Enantiomerenüberschüsse bezüglich der Bildung von 2-Methylpyrrolidin (7) mit R-IRED_Ms-Wildtyp (WT) und den Varianten V8 und V10 in Anwesenheit von NADPH bzw. NADH.[188]
In Anwesenheit von NADPH
Produktbildung (%) ee (%)
WT > 98 > 99 R
V8 46 ± 2 > 99 R
V10 11± 1 > 99 R
In Anwesenheit von NADH
Produktbildung (%) ee (%)
WT 14 ± 1,7 > 99 R
V8 > 98 > 99 R
V10 94 ± 3 > 99 R
Diese Ergebnisse zeigen, dass sich beide Varianten (V8, V10) hervorragend für eine
Biotransformation von 1 eignen. Beide erreichten mit NADH ähnliche Produktbildungen
wie der Wildtyp mit NADPH. Die Stereoselektivität wurde nicht beeinflusst.
Um festzustellen ob die generierten Varianten V8-V10 auch für andere Reaktionen
eingesetzt werden können, wurde beispielhaft die Bildung von 84 und 255 untersucht
(Tab. 84).
Tabelle 84: Produktbildung und Enantiomerenüberschüsse für die Varianten V8-V10 bezüglich der Bildung von 84 und 255.
Produktbildung (%), (ee %)
Substrate Produkte Reaktionszeit WT (NADPH)
V8 (NADH)
V9 (NADH)
V10 (NADH)
4 h 84 ± 5 82 ± 3 81 ± 1 65 ± 1
5 h
82 ± 2
77 ± 2
n.b.
67 ± 5
20 h > 98 (>95 S)
> 98 (>95 S)
n.b. 93 ± 1 (>95 S)
n.b. nicht bestimmt. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Ergebnisse
103
Die beiden Beispiele zeigen, dass die generierten Varianten auch für andere
Reaktionstypen, wie die doppelte reduktive Aminierung oder die Reaktion von
α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen, geeignet sind. Es wurden ähnliche
Produktbildungen erreicht wie beim Wildtyp. Die Stereoselektivität bei der Bildung von
255 wurde durch die eingefügten Mutationen nicht beeinträchtigt.
4.5.2. Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT und R-IRED_Ms-V8
Durch eine Kooperation mit der Forschungsgruppe von Prof. Gideon J. Grogan
(Universität York) konnte die Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT und R-IRED_Ms-V8
gelöst werden (Abb. 23).
Abbildung 23: Gelöste Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT (links) und R-IRED_Ms-V8 mit gebundenem Kofaktor (NAD(P)+, hellblau). Die gezeigten Strukturen sind bislang noch nicht in der Proteindatenbank hinterlegt. Die beiden IRED-Monomere sind jeweils in zwei verschiedenen Grautönen angedeutet. Die Visualisierung erfolgte mit Pymol. Gezeigt ist die Oberflächen-Darstellung des Enzyms.
Ergebnisse
104
4.6. Mutationsstudie zur Identifizierung von Stereoselektivitäts-bestimmenden Aminosäurepositionen
Durch eine Mutationsstudie im aktiven Zentrum von R-IRED_Ms sollten
Stereoselektivitäts-bestimmende Aminosäurepositionen identifiziert werden. Die
gefundenen Positionen sollten anschließend für die Entwicklung einer S-selektiven
Enzymvariante genutzt werden. Als Templat für diesen „selectivity-switch“ wurde die
NADH-abhängige Variante V8 eingesetzt. Eine erfolgreiche Änderung der
Stereoselektivität hätte also den Nebeneffekt, dass erstmals auch eine NADH-abhängige,
S-selektive IRED zur Verfügung steht.
Verschiedene, teils Literatur-bekannte Positionen wurden für eine erste Mutationsrunde
adressiert. Die Positionen wurden anhand eines Multisequenz-Alignments ausgewählt,
für welches die Sequenzen verschiedener R- und S-selektiver IREDs herangezogen
wurden (Abb. 24).
Abbildung 24: Multisequenz-Alignment mit 31 IREDs, davon 12 S-selektive (blau) und 19 R-selektive IREDs (grün). Die Sequenz von R-IRED_Ms ist dickgedruckt. Zur Orientierung sind einige Aminosäurepositionen angegeben (bezogen auf R-IRED_Ms). Eine Besonderheit ist die „D-Typ“ S-selektive IRED aus Streptomyces rimosus. Im Gegensatz zu den meisten S-selektiven IREDs weist sie kein Tyrosin (Y), sondern eine Asparginsäure (D) an der katalytischen Position auf (gelb markiert).
96 123 171 178 234 242Aminosäureposition (R-IRED_Ms):
S-s
ele
kti
ve
IR
ED
sR
-se
lek
tiv
e I
RE
Ds
212
Ergebnisse
105
Die Positionen 123, 171 und 178 (bezogen auf R-IRED_Ms) sind bereits mehrfach in
Bezug auf R- und S-Selektivität beschrieben worden.[110,114] Jedoch können auch mit
diesen Positionen keine absoluten Regeln abgeleitet werden. Die S-selektive IRED aus
Streptomyces rimosus entspricht beispielsweise dem „D-Typ“, jedoch ist sie nicht wie
erwartet R-selektiv sondern S-selektiv.[110]
Im Rahmen dieser Arbeit wurden auf Sequenzebene weitere signifikante Positionen im
aktiven Zentrum gefunden. So weisen die meisten S-IREDs an Position 96 (bezogen auf
R-IRED_Ms) eine Asparaginsäure auf, während R-IREDs vorwiegend Glycin an dieser
Position aufweisen. Position 123 wurde bislang immer einzeln betrachtet, schaut man
sich jedoch auch die benachbarten Positionen an fällt auf, dass bei S-IREDs häufig das
Motiv „VPA“ und bei R-IREDs häufig das Motiv „AVP“ zu finden ist. Es sind also dieselben
Aminosäuren vorhanden, jedoch ist die Reihenfolge verändert. An Position 212 befindet
sich bei R-IREDs häufig ein Tryptophan, in S-IREDs hingegen befinden sich überwiegend
kleine Aminosäuren an dieser Position. Auch interessant ist, dass an Position 234 bei
S-IREDs eine Asparaginsäure konserviert ist. An derselben Position konnte bei R-IREDs
jedoch keine Konservierung festgestellt werden. Eine weitere signifikante Position ist
242. Hier ist bei S-IREDs vorwiegend ein Methionin oder Glycin zu finden. Bei R-IREDs
hingegen befindet sich dort meistens ein Histidin oder ein Glutamin.
Zunächst wurden an den genannten Positionen einige gezielte Mutationen eingeführt
und getestet. An den Positionen S96 und D171 wurden außerdem eine Sättigungs- bzw.
kombinierte Teilsättigungsmutagenese durchgeführt (Tab. 85). Als Modellreaktion
wurde die Reduktion von 2-Methylpyrrolin (1) zu (R)- oder (S)-2-Methylpyrrolidin (7)
ausgewählt.
Die generierten Enzymvarianten, sowie die erstellten Mutantenbibliotheken wurden
mittels Platten-Screening (Kap. 3.8.3) analysiert. Jedoch konnte keine Variante mit
geänderter Stereoselektivität gefunden werden. Die Varianten R1A1-R1A5 wurden
außerdem für eine genauere Analyse gereinigt. Jedoch waren sie extrem instabil und
präzipitierten nach kurzer Zeit. Die einzige stabile Variante war R1A3 (M178F), jedoch
zeigte sie keinerlei Veränderung der Stereoselektivität.
Ergebnisse
106
Tabelle 85: Eingeführte Mutationen im Rahmen der ersten Mutageneserunde zur Identifizierung Selektivitäts-bestimmender Aminosäurepositionen.
Nr. Aminosäureposition
94 96 97 122 123 124 170 171 172 178 234 235 236 242
Wildtyp T G S A T P L D S M Q T L H
R1A1 T G S V P A L D S M Q T L H
R1A2 T G S A T P L Y S M Q T L H
R1A3 T G S A T P L D S F Q T L H
R1A4 T G S A T P L D S M D V D H
R1A5 T G S A T P L D S M Q T L G
R21 T G S A T P X Y Q M Q T L H
R37 T D X A T P L D S M Q T L H
R38 X1 D X1 A T P L D S M Q T L H
Gezielte Mutation
X1 Teilsättigungsmutagenese mit X = A, D, F, S, V, Y
X Sättigungsmutagenese mit X = alle 20 Aminosäuren
Da diese rationale Vorgehensweise keinen Erfolg zeigte wurden keine gezielten
Einzelmutationen mehr vorgenommen. Stattdessen wurden im nächsten Schritt weitere
Bibliotheken im aktiven Zentrum generiert und gescreent. Dabei wurden alle
Aminosäurepositionen berücksichtigt, welche sich in der Nähe vom C4-Atom von NADH
(Position des Hydrid-Transfers) befinden. Aminosäurepositionen, die sich in räumlicher
Nähe zueinander befanden, wurden zu Paaren zusammengefasst und in einer
kombinierten Teilsättigungsmutagenese gleichzeitig ausgetauscht. Somit wurden auch
kombinatorische Effekte teilweise berücksichtigt. An allen weiteren Positionen wurde
eine Sättigungsmutagenese durchgeführt (Tab. 86).
Ergebnisse
107
Tabelle 86: Eingeführte Mutationen im Rahmen der zweiten Mutageneserunde zur Identifizierung Selektivitäts-bestimmender Aminosäurepositionen.
Nr. Aminosäureposition
13 95 120 121 122 123 124 171 175 178 212 237 241 242 245
Wildtyp M S I M A T P D L M V A A H A
R18 X S I M A T P D L M V A A H A
R11 M X1 I M A T P X1 L M V A A H A
R12 M S X1 X1 A T P D L M V A A H A
R13 M S I M X1 X1 P D L M V A A H A
R19 M S I M A T X D L M V A A H A
R14 M S I M A T P D X1 X1 V A A H A
R16 M S I M A T P D L M X A A H A
R17 M S I M A T P D L M V X A H A
R15 M S I M A T P D L M V A X1 X1 A
R110 M S I M A T P D L M V A A H X
X1 Teilsättigungsmutagenese mit X = A, D, F, S, V, Y
X Sättigungsmutagenese mit X = alle 20 Aminosäuren
Alle zehn Mutantenbibliotheken der zweiten Mutageneserunde wurden mittels Platten-
Screening analysiert. Dabei konnten in den Bibliotheken R11-R14 sowie in den
Bibliotheken R16-R19 keine Varianten mit veränderter Stereoselektivität beobachtet
werden. In der Bibliothek R15 konnte eine Variante (15B7, A141V/H242Y) identifiziert
werden, die im Vergleich zum Wildtyp etwas mehr S-Enantiomer gebildet hat, sodass
der Enantiomerenüberschuss (ee) von > 99% R auf 95% R sank. Eine weitere Variante
wurde in R110 gefunden (110C2, A245C) mit einem ee von 97% R. Am
vielversprechendsten war jedoch Variante 110D2 (A245L), welche zwar kaum aktiv
war, jedoch ein fast racemisches Produktgemisch generierte (ee ≈ 14% R).
Aufgrund dieser Ergebnisse wurden die Positionen 241, 242 und 245, sowie die
umliegenden Aminosäuren in einer weiteren Mutageneserunde verändert (Tab. 87).
Ergebnisse
108
Tabelle 87: Eingeführte Mutationen im Rahmen der dritten Mutageneserunde zur Identifizierung Selektivitäts-bestimmender Aminosäurepositionen.
Nr. Aminosäureposition
240 241 242 243 244 245 246
Wildtyp E A H N V A F
R22 E V Y N V X F
R36 E I Y N V X F
R23 E X1 X1 N V L F
R24 E X Y N V A F
R25 E V X N V A F
R26 E M X N V A F
R27 X1 V Y X1 V A F
R28 E A H N X1 C X1
R29 E V Y N X1 C X1
R31 E A H N X1 L X1
R32 E I Y N X1 L X1
R39 E A H N V L X
R41 E X Y N V L F
R42 E V X N V L F
R43 E V Y X V L F
R44 E V Y X1 X1 L F
Etablierte Mutationen aus vorherigen Runden
X1 Teilsättigungsmutagenese mit X = A, D, F, S, V, Y
X Sättigungsmutagenese mit X = alle 20 Aminosäuren
Alle 16 Mutanten-Bibliotheken der dritten Mutageneserunde wurden mittels Platten-
Screening analysiert. Es zeigte sich, dass diese Region einen starken Einfluss auf die
Stereoselektivität hat. Durch das Einführen zusätzlicher Mutationen in dieser Region
konnte die Bildung des S-Enantiomers weiter gesteigert werden. Einige Enzymvarianten
mit veränderter Stereoselektivität konnten gefunden werden. In Tabelle 88 sind alle
gefundenen Varianten sortiert nach Stereoselektivität aufgeführt.
Ergebnisse
109
Tabelle 88: Identifizierte R-IRED_Ms-Varianten mit geänderter Stereoselektivität bezüglich der Bildung von 2-Methylpyrrolidin (7).
Variante Mutationen Enantiomeren-überschuss (%)
Wildtyp - > 99 (R)
V8 N32E / R33Y / T34E / K37R / L67I / T71V > 99 (R)
110C2 V8 + A245C 97 (R)
15B7 V8 + A241V / H242Y 95 (R)
27H9 V8 + E240D / A241V / H242Y / N243F 94 (R)
27F7 V8 + E240D / A241V / H242Y / N243Y 92 (R)
24E4 V8 + A241I /H242Y 92 (R)
27C8 V8 + E240S / A241V / H242Y / N243Y 91 (R)
25C11 V8 + A241V / H242F /A245T 80 (R)
36BB10 V8 + A241I/H242Y/A245T 78 (R)
36F10 V8 + A241I/H242Y/A245G 68 (R)
110D2 V8 + A245L 14 (R)
41C3 V8 + A241L/H242Y/A245L 31 (S)
23B3 V8 + A241V/H242Y/A245L 72 (S)
44D6 V8 + A241V/H242Y/N243A/V244S/A245L 72 (S)
44E2 V8 + A241V/H242Y/N243D/V244S/A245L 72 (S)
43G9 V8 + A241V/H242Y/N243Y/A245L 78 (S)
44B4 V8 + A241V/H242Y/N243D/V244F/A245L 80 (S)
44A2 V8 + A241V/H242Y/N243D/V244Y/A245L 91 (S)
Durch die Einführung von fünf Mutationen an den Positionen 241-245 konnte ein
Enantiomerenüberschuss von 91% (Variante 44A2) erreicht werden. Das bedeutet, dass
etwa 95,5% S-Enantiomer und nur 4,5% R-Enantiomer gebildet wurden. Die
Stereoselektivität konnte also fast vollständig gedreht werden. Allerdings wurde bei
allen S-selektiven Varianten eine stark reduzierte Aktivität festgestellt. Um einen
genaueren Vergleich der Aktivitäten zu ermöglichen wurde die Variante 44A2 gereinigt.
Es zeigte sich jedoch, dass diese Enzymvariante nicht sehr stabil ist und bereits kurz
nach der Reinigung allmählich denaturierte. Eine zweite Aufreinigung mit 5% (w/v)
Glycerin als Stabilisator verlief ähnlich und führte nicht zu einer Verbesserung der
Enzymstabilität. Direkt nach der Reinigung wurden Biotransformationen gestartet,
wobei zu diesem Zeitpunkt ein Teil des Enzyms bereits denaturiert war. Die Ergebnisse
der Biotransformation sind in Tabelle 89 zusammengefasst. Neben der Reduktion von
2-Methylpyrrolin (1) wurde außerdem die Bildung von N-Methyl-3-phenylpiperazin
Ergebnisse
110
untersucht. Zum Vergleich wurden außerdem Biotransformationen mit dem Wildtyp
und mit der S-selektiven IRED aus Paenibacillus elgii (S-IRED_Pe) durchgeführt.
Tabelle 89: Produktbildungen und Enantiomerenüberschüsse aus der in vitro Untersuchung mit der R-IRED_Ms Variante 44A2. Zum Vergleich wurden Biotransformationen mit S-IRED_Pe durchgeführt.
Produktbildung %, (ee %)
Substrat/e Produkte R-IRED_Ms-WT 44A2 S-IRED_Pe
> 99
(>99 R) >99
(91 S) >99
(95 S)
> 99
(>99 R) 15 ± 2 (99 R)
4 ± 1 (17 S)
Die angegebene Standardabweichung bezieht sich auf eine Dreifachbestimmung.
Überaschenderweise war die Stereoselektivität von 44A2 gegenüber der Bildung von
91a nahezu unverändert verglichen mit dem Wildtyp. Die induzierte S-Selektivität ließ
sich also nicht auf eine andere Reaktion übertragen.
Diskussion
111
5. Diskussion
Im Fokus dieser Arbeit stand die Generierung von N-Heterozyklen mit Hilfe von
Iminreduktase (IRED) basierten biokatalytischen Systemen. Durch die Anwendung einer
R-selektiven IRED aus Myxococcus stipitatus und die Entwicklung neuartiger IRED
katalysierter Reaktionen konnten schließlich zahlreiche Zielverbindungen erfolgreich
generiert werden. Weiterhin gelang durch einen enzyme engineering Ansatz erstmalig
die Entwicklung einer strikt NADH abhängigen IRED, sodass neue
Kofaktorregenerationssysteme zur Verfügung stehen. Eine umfangreiche
Mutationsstudie im aktiven Zentrum ermöglichte darüber hinaus die Identifizierung von
selektivitätsbestimmenden Positionen, sodass ein „enantioselectivity-switch“ mit einer
Iminreduktase durchgeführt werden konnte.
5.1. Charakterisierung von R-IRED_Ms
Das IRED-Screening der Firma GSK (Glaxo Smith Kline GmbH) war ein wichtiger Hinweis
dafür, dass IREDs abseits von den bislang beschriebenen Reaktionen eine Vielzahl
weiterer zyklischer Imine reduzieren können. Die R-selektive IRED aus Myxococcus
stipitatus (R-IRED_Ms) zeigte dabei das breiteste Substratspektrum und wurde deshalb
für weitere Studien ausgewählt.
Die ermittelten kinetischen Parameter von R-IRED_Ms (Kap. 4.1.1) bezüglich einiger
Modellsubstrate zeigen, dass dieses Enzym eine höhere Affinität zu Piperidinen (2-4)
und Dihydroisoquinolinen (5,6) aufweist verglichen mit 2-Methylpyrrolin (1). Mit
Dihydroisoquinolinen werden jedoch nur schwache Aktivitäten erreicht.
Vergleicht man die Werte von R-IRED_Ms mit literaturbekannten Werten von anderen
IREDs[124] (Tab. 90) fällt auf, dass phenylsubstituierte Pipereidine (3,4) mit einer
verhältnismäßig hohen Effizienz umgesetzt werden. Interessant dabei ist, dass
2-Phenylpipereidin (3) eine relativ starke Substratüberschussinhibierung erzeugt
(KI ≈ 4 mM). Mit 4-Fluoro-2-phenylpiperidin (4) hingegen, wird keine Inhibierung
beobachtet. Ähnliches wird auch bei der R-selektiven IRED aus Streptosporangium
roseum DSM43021 (R-IRED_Sr) und bei der S-selektiven IRED aus Paenibacillus elgii
(S-IRED_Pe) beobachtet. Da die aktive Tasche von IREDs in der Regel sehr hydrophob ist,
Diskussion
112
könnte es sein, dass sich hydrophobe Gruppen im aktiven Zentrum anlagern und dieses
blockieren, ohne dass dabei eine Katalyse erfolgt. Dies ist eine von mehreren möglichen
Gründen für eine Substratüberschussinhibierung.[189] Die beobachtete Inhibierung,
welche bei Substraten mit Phenylring (3, 5, 6) besonders hoch ist, könnte durch eine
solche Blockade der aktiven Tasche erklärt werden. Bei 4 hingegen werden die
hydrophoben Wechselwirkungen durch den Fluor-Substituenten verringert, was ein
Grund dafür sein könnte, weshalb eine Substratüberschussinhibierung nicht beobachtet
wird.
Tabelle 90: Vergleich der ermittelten kinetischen Parameter von R-IRED_Ms mit literaturbekannten Werten von anderen IREDs.[124] R-IRED_Sr: R-selektive IRED aus Streptosporangium roseum DSM43021, R-IRED_St: R-selektive IRED aus Streptomyces turgidiscabies, S-IRED_Pe: S-selektive IRED aus Paenibacillus elgii.
Substrat IRED Km
(mM) kcat
(s-1) KI
(mM) kcat Km-1
(mM-1 s-1) R-IRED_Ms
R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
1,0 1,1 1,8 1,3
2,3 1,0 0,5
0,03
20 28 21 33
2,2 0,9 0,3
0,02
R-IRED_Ms R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
0,1 0,2 0,2 1,4
1,5 11 8
0,1
--- 11 31
140
15
55 36 0,8
R-IRED_Ms R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
0,34 0,5 0,3 1,4
2,7 0,4 0,1
0,002
4 16 7 8
7,9 1,0 0,5
0,002
R-IRED_Ms R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
0,84 0,4 0,3 2,8
4,8 0,4 0,2 0,1
--- --- 11 ---
5,7 0,1 0,6
0,004
R-IRED_Ms R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
0,29 0,05 0,06 0,13
0,9 0,4 0,3 0,1
0,2 6 4
91
3,1 8,4 5,8 0,9
R-IRED_Ms R-IRED_Sr R-IRED_St S-IRED_Pe
0,11 0,08 0,03 0,14
0,04 0,22 0,1
0,01
13 24 15 ---
0,36 2,8 3,8
0,08
Neben der Bestimmung der kinetischen Parameter beinhaltete die weitere
Charakterisierung von R-IRED_Ms das Testen neuer Iminsubstrate (Kap. 4.1.2). Dabei
zeigte sich unter anderem, dass 3-Phenyl-5,6-dihydropyrazin-2(1H)-one (19) mit hoher
Aktivität zum Ketopiperazinprodukt reduziert wird (Kap. 4.1.2, Tab. 54). Mittels
Diskussion
113
Aminolyse[178] von Glyoxylatestern mit Ethylendiamin könnten neben 19 noch weitere
analoge Substrate hergestellt werden (einstufige Synthese). Durch die anschließende
Reduktion mit R-IRED_Ms könnte somit die Bildung unterschiedlicher chiraler
Ketopiperazine ermöglicht werden. Ein Beispiel für die Anwendung eines chiralen
Ketopiperazins ist die Herstellung des Anti-Diabetes Wirkstoffs Evogliptin.[190]
Weiterhin gelang die Reduktion eines Dihydrothiazols (25, Kap. 4.1.2, Tab. 54). Ähnliche
Substrate konnten in einer anderen Studie bereits erfolgreich von IREDs reduziert
werden.[191] Eine außergewöhnlich hohe Aktivität wurde außerdem gegenüber dem
Iminsubstrat 26 beobachtet (Kap. 4.1.2, Tab. 54). Hierbei handelt es sich um einen
siebengliedrigen Ring mit den Heteroatomen Stickstoff und Sauerstoff. Es wurde bereits
beschrieben, dass IREDs Heterozyklen mit Stickstoff und Sauerstoff reduzieren können,
jedoch wurden bei diesen Studien 2H-1,4-Benzoxazine eingesetzt, welche sich stark von
26 unterschieden.[192]
Gegenüber Imidazolinen (13-14) und Tetrahydropyrimidinen (15-16) konnte keine
Aktivität nachgewiesen werden. Durch den zweiten Stickstoff, der sich bei diesen
Substraten direkt neben der Imingruppe befindet, gibt es eine Mesomerie-
Stabilisierung.[193] Dies könnte der Grund für das Ausbleiben einer IRED katalysierten
Reduktion sein.
Im nächsten Schritt konnte gezeigt werden, dass auch reduktive Aminierungen mit
R-IRED_Ms möglich sind. Von den wenigen getesteten Substraten zeigte sich
Cyclohexanon (31) als das am besten geeignetste Carbonylsubstrat. Ein Vergleich mit
anderen Studien zeigt, dass auch bei anderen IREDs häufig die höchsten Aktivitäten mit
Cyclohexanon gemessen werden. [130–132]
5.2. Reduktive Hydrazinierung
Eine bislang noch nicht beschriebene Reaktion ist die IRED katalysierte Umsetzung von
Carbonylsubstraten mit Hydrazinen anstelle von Aminen. In diesem Fall wird kein Imin-
Intermediat, sondern ein Hydrazon-Intermediat gebildet, welches anschließend mit
einer IRED zum Hydrazin reduziert werden kann (Abb. 25). Diese Art der Reaktion wird
deshalb in dieser Arbeit auch als reduktive Hydrazinierung bezeichnet. Je nachdem wie
viele Substituenten sich am Hydrazinsubstrat befinden, können weitere Reaktionen mit
Diskussion
114
dem Produkt und dem Carbonylsubstrat stattfinden, sodass verschiedene weitere
Hydrazinierungsprodukte möglich sind (Abb. 25).
Abbildung 25: Allgemeines Reaktionsschema der IRED katalysierten reduktiven Hydrazinierung von Carbonylen mit Hydrazinen, am Beispiel von einfach substituierten Hydrazinen. Durch zusätzliche reduktive Hydrazinierungsschritte können theoretisch weitere Hydrazinierungsprodukte entstehen.
Die Ergebnisse des Substratscreenings (Kap. 4.2.2, Tab. 56-59), sowie die identifizierten
Hydrazinprodukte (Kap. 4.2.2, Tab. 60) zeigen, dass die reduktive Hydrazinierung
analog zur reduktiven Aminierung angewendet werden kann. Die Weiterreaktion der
Produkte mit dem Carbonylsubstrat wurde nur in einem Fall beobachtet. Diese
Möglichkeit der Nebenproduktbildung spielt also kaum eine Rolle und ist kein
wesentlicher Nachteil gegenüber der reduktiven Aminierung. Ein Grund für das
Ausbleiben der Weiterreaktion ist möglicherweise der sterische Anspruch des
Nukleophils. Ähnliche Beobachtungen gibt es auch bei der Verwendung von sterisch
anspruchsvollen Aminen für die reduktive Aminierung.[128,132]
Ein Vergleich der Ergebnisse der reduktiven Hydrazinierung (Kap. 4.2.2) mit den
Ergebnissen der reduktiven Aminierung (Kap. 4.2.1) zeigt, dass die Substratpräferenz
von R-IRED_Ms für beide Reaktionstypen ähnlich ist. Bei vier Carbonylsubstraten
(31-34) ist ein direkter Vergleich möglich. Hier zeigt sich, dass Methylamin insgesamt
besser akzeptiert wird als Methylhydrazin. Diese Beobachtung trifft jedoch nicht auf
Phenylaceton (34) zu. Hier war die Aktivität mit Methylhydrazin doppelt so hoch wie
mit Methylamin.
Im Vergleich zu chiralen Aminen, welche bei der reduktiven Aminierung gebildet
werden, gibt es kaum bekannte Pharmazeutika mit Hydrazin Strukturmotiven. Jedoch
treten Hydrazine häufig als Zwischenstufen in verschiedenen Syntheserouten auf, wie
Diskussion
115
beispielsweise bei der Fischerschen Indolsynthese.[194] Eines von wenigen Beispielen für
ein Pharmazeutikum mit Hydrazingruppe ist das Zytostatikum Procarbazin.[195]
Eine mögliche Anwendung für die reduktive Hydrazinierung wäre auch die Bildung von
chiralen, primären oder sekundären Aminen mithilfe eines zweiten chemischen
Schrittes. Nach der IRED katalysierten Bildung des chiralen Hydrazins könnte das
Hydrazin mit Wasserstoff reduktiv gespalten werden, sodass ein primäres oder
sekundäres chirales Amin zurückbleibt (Abb. 26). Für die Spaltung können
beispielsweise Nickel- oder Palladium-Katalysatoren eingesetzt werden.[196–199]
Interessant ist diese Strategie vor allem dann, wenn bei der reduktiven Hydrazinierung
höhere Aktivitäten oder Selektivitäten erreicht werden als bei der reduktiven
Aminierung.
Abbildung 26: Bildung von primären oder sekundären Aminen durch eine doppelte reduktive Hydrazinierung mit anschließender reduktiver Spaltung des Hydrazins.
5.3. Doppelte reduktive Aminierung
Die doppelte reduktive Aminierung ist eine neue Anwendungsmöglichkeit für IREDs,
welche im Rahmen dieser Arbeit erstmals beschrieben wurde.[172] Sie ermöglicht die
direkte Bildung von substituierten Piperazinen und Homopiperazinen ausgehend von
Dicarbonylen und Diaminen.
Eine Herausforderung bei dieser Reaktion ist, dass Dicarbonyle und Diamine in
wässriger Lösung spontan miteinander reagieren, und diverse Nebenprodukte bilden
können. [200] Je nach Substratkombination sind diese Reaktionen unterschiedlich schnell
und zeigen sich meist durch eine Verfärbung der Lösung. Durch die Verwendung von
R-IRED_Ms werden die Substrate jedoch meist rasch umgesetzt, sodass die
Nebenreaktionen weitestgehend unterdrückt werden. Oft bleibt deshalb die Lösung der
Biotransformation klar, während sich die Negativkontrolle ohne Enzym verfärbt. Die
stark verminderte Nebenproduktbildung durch den Einsatz von R-IRED_Ms konnte
außerdem mittels GC-MS bestätigt werden.
Diskussion
116
Im Gegensatz zur (einfachen) reduktiven Aminierung sind bei dieser Reaktion zwei
IRED katalysierte Reduktionen nötig, sodass sich zwei mögliche Reaktionswege ergeben
(Kap. 4.3.1, Abb. 14). Die Tatsache, dass das Diimin-Intermediat 17 (Intermediat aus
Reaktionsweg B) nicht von R-IRED_Ms reduziert werden konnte (Kap. 4.3.1, Tab. 62), ist
ein Beweis dafür, dass zumindest für die Substratkombination 2,3-Butandion (85) mit
Ethylendiamin (83) Reaktionsweg A bevorzugt wird. Somit wird das erste (lineare)
Imin, welches nach der ersten Kondensationsreaktion entsteht, direkt reduziert, noch
bevor die zweite Kondensation stattfindet. Erst dann bildet sich das zweite (zyklische)
Imin, welches anschließend reduziert wird. Da es sich bei der zweiten Kondensation um
eine intramolekulare Reaktion handelt, kann davon ausgegangen werden, dass die
zweite Kondensation schneller abläuft als die erste (intermolekulare) Kondensation.
Falls beide Kondensationen außerhalb des Enzyms stattfinden sollten, ist eine
Reduktion des ersten Kondensationsproduktes kaum möglich, da das Intermediat
vermutlich rasch zum Diimin weiterreagiert, bevor es das aktive Zentrum von
R-IRED_Ms erreicht. Die Ergebnisse können deshalb auch als Indiz dafür gesehen
werden, dass die Kondensationsreaktion im aktiven Zentrum des Enzyms stattfindet.
Ein weiterer Hinweis dafür, dass R-IRED_Ms an der Kondensationsreaktion beteiligt ist,
ist das ermittelte pH-Optimum, welches sowohl für die einfache als auch für die doppelte
reduktive Aminierung bei pH 7,0 liegt.[132] Die enzymunabhängige Kondensation im
wässrigen Milieu wird hingegen bei höheren pH-Werten begünstigt. Dies ist auch der
Grund, weshalb bei anderen IREDs für die reduktive Aminierung häufig ein pH-Optimum
von pH > 9,0 beobachtet wird. [128,130] Ein Vorschlag für den Mechanismus der IRED
vermittelten Kondensationsreaktion wurde bereits am Beispiel einer IRED aus
Aspergillus terreus beschrieben.[109]
Durch die Untersuchung von 117 Substratkombinationen für die doppelte reduktive
Aminierung mit R-IRED_Ms konnten eine Reihe an Erkenntnissen gewonnen werden.
Zunächst fällt auf, dass der Großteil der getesteten Dicarbonyle akzeptiert wurde. Dabei
wurden sowohl sehr kleine als auch sehr große Dicarbonyle umgesetzt. Es stellt sich die
Frage wie es dem Enzym gelingt, solch große Substrate ins aktive Zentrum zu schleusen,
bzw. die noch größeren Produkte dann wieder aus dem aktiven Zentrum zu entlassen.
Hierbei kommt dem Enzym zu Nutze, dass sich das aktive Zentrum an der Grenzfläche
zwischen zwei Monomeren befindet. Eine Öffnung des aktiven Zentrums ist deshalb
deutlich einfacher als bei anderen Enzymen, bei denen sich das aktive Zentrum im
Diskussion
117
Inneren eines Monomers befindet. Erste Hinweise für eine „offene“ und „geschlossene“
Konformation bei IREDs wurden bereits beschrieben.[109]
Auch auf Seiten der Diaminsubstrate wurden verschieden große Substituenten
akzeptiert. Jedoch zeigte sich, dass Diamine, bei denen sich eine aromatische Gruppe in
direkter Nachbarschaft zum Stickstoff befindet, nicht umgesetzt werden. Es ist bekannt,
dass aromatische Amine eine niedrigere Nukleophilie aufweisen.[201] Ein weiterer Grund
könnte sein, dass das Imin- oder Diimin-Intermediat durch das konjugierte π-System
stabilisiert wird und deshalb nicht reduziert wird. Gegen diese Erklärung sprechen
jedoch die hohen Aktivitäten, die mit Phenylglyoxal (88) erreicht werden. Auch hier
entstehen Imin-Intermediate mit konjugiertem 𝜋-System, welche sehr effizient von
R-IRED_Ms reduziert werden.
Auch Carboxy-funktionalisierte Diamine wurden nicht akzeptiert. Ein Grund dafür
könnte die hydrophobe aktive Tasche sein, welche vermutlich kaum Interaktionen mit
derartig polaren Verbindungen zulässt.
Durch Verwendung von 1,3-Propandiamin (118) konnten auch siebengliedrige
Heterozyklen, sogenannte Homopiperazine (Diazepane), gebildet werden. Jedoch war
die Aktivität deutlich geringer. Die Bildung von acht- oder neungliedrigen Heterozyklen
gelang nicht. In 7-10 gliedrigen Ringsystemen existieren höhere Ringspannungen
(Prelog-Spannung), sodass der Ringschluss energetisch benachteiligt ist.[202,203] Dies
könnte ein möglicher Grund für die niedrige Aktivität sein.
Bei der Bildung von einfach C-substituierten Piperazinen konnten
Enantiomerenüberschüsse (ee) von bis zu > 99% erreicht werden (90a, 137a,
91a, Kap. 4.3.4, Tab. 66). Dies ist vor allem deshalb eindrücklich, da zwischen den
beiden Reduktionsschritten das Intermediat über Imin-Enamin-Tautomerie
racemisieren kann (Kap. 4.3.1, Abb. 14). Um dennoch diese exzellente Stereoselektivität
erklären zu können, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Reduktion des
Intermediates läuft sehr schnell ab, sodass die Racemisierung stark unterdrückt wird.
Oder das Gleichgewicht zwischen den beiden möglichen Imin-Intermediaten liegt stark
auf der Seite des prochiralen Imins, also auf der Seite, bei der sich auch der
C-Substituent befindet. Hierfür spricht die Tatsache, dass Alkylgruppen oder
Arylgruppen die Imingruppe aufgrund des +I bzw. +M-Effekts stabilisieren.
Diskussion
118
Bei zweifach C-substituierten Piperazinen können theoretisch zwei chirale Zentren
stereoselektiv gebildet werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die bereits erwähnte
Imin-Enamin-Tautomerie vollständig unterdrückt wird. Es hängt also davon ab, wie
schnell der letzte Reduktionsschritt abläuft. Bei hohen Aktivitäten kann die
Racemisierung unterdrückt werden, sodass beide chirale Zentren stereoselektiv gebildet
werden. Ein Beispiel hierfür ist die Bildung von 2,3-Dimethylpiperazin (86) mit einem
Diastereomerenverhältnis von 97:3 (trans).
Bei der Umsetzung von asymmetrischen Dicarbonylen mit asymmetrischen Diaminen
können zwei mögliche Regioisomere entstehen. Dies ist davon abhängig welche
Carbonylgruppe mit welcher Amingruppe reagiert. Wenn C-substituierte Dicarbonyle
mit N-substituierten Diaminen kombiniert wurden, war die Regioselektivität sehr hoch,
und nur eins von zwei möglichen Regioisomeren wurde detektiert. Ein Beispiel hierfür
ist die Bildung von 91a. Hier reagierte das primäre Amin ausschließlich mit dem Keton
und das sekundäre Amin ausschließlich mit dem Aldehyd. Eine solche Regioselektivität
wurde hingegen nicht beobachtet, wenn C-substituierte Dicarbonyle mit
C-substituierten Diaminen kombiniert wurden. In diesen Fällen wurden beide
Regioisomere detektiert. Ein Grund für den Verlust der Regioselektivität könnte darin
bestehen, dass die beiden primären Aminogruppen des Diaminsubstrats zu ähnlich sind
und deshalb IRED keine klare Präferenz bezüglich der Orientierung des Diamins
aufweist. Ein Beispiel für eine solche Substratkombination ist die Bildung von 129. Hier
wurde ein Regioisomerenverhältnis von etwa 2:1 beobachtet.
Durch verschiedene in vivo Experimente konnte gezeigt werden, dass die doppelte
reduktive Aminierung auch im Ganzzellsystem gelingt. Jedoch war es nicht möglich eine
Produktbildung von über 25% zu erreichen. In späteren Experimenten mit E. coli-Lysat
zeigte sich, dass verschiedene Glyoxale (82, 87, 88) durch E. coli-eigene Enzyme
reduziert werden. Dabei handelt es sich vermutlich um Alkoholdehydrogenasen (ADHs),
welche eine oder beide Carbonyl-Gruppen unter NAD(P)H-Verbrauch reduzieren. Somit
konkurriert R-IRED_Ms mit den in E. coli enthaltenen ADHs um das angebotene
Dicarbonyl. Dies kann als Grund für die verminderte Produktbildung gesehen werden.
Diskussion
119
5.4. Doppelte reduktive Hydrazinierung
Auch die Bildung von Hexahydropyridazinen und 1,2-Diazepanen mit zwei
nebeneinander liegenden Stickstoffen ausgehend von Hydrazinen und Dicarbonylen
konnte erfolgreich gezeigt werden (Kap. 4.3.10). Die Bildung von fünfgliedrigen Ringen
war jedoch nicht möglich. Als Grund hierfür kann die spontane Reaktion der Substrate
zu Pyrazol gesehen werden,[204] welches in großen Mengen sowohl in der Probe, als auch
in der Negativkontrolle ohne Enzym als Nebenprodukt detektiert wurde. Die Bildung
von sechs- und siebengliedrigen Ringprodukten war hingegen erfolgreich. Häufig wurde
neben dem zyklischen Hydrazinprodukt auch das zyklische Hydrazonintermediat
detektiert. Hier war die Peakfläche sogar meist deutlich größer verglichen mit dem
Hydrazinprodukt. Dies ist ein Hinweis dafür, dass die erste IRED katalysierte Reduktion
schneller abläuft als die zweite Reduktion. Durch Verlängerung der Reaktionszeit oder
durch Erhöhung der Enzymkonzentration könnte die Produktbildung weiter gesteigert
werden. Im Vergleich zu zyklischen Aminen finden zyklische Hydrazine bislang kaum
Anwendung in der Industrie. Ein Beispiel für ein Pharmazeutikum mit einem chiralen,
zyklischen Hydrazin ist der blutdrucksenkende Wirkstoff Cilazapril.[205]
5.5. Verwendung von Additiven zur Steigerung der Enzymaktivität
Durch die Verwendung der Poloxamere Pluronic F-127 oder Pluronic P-123, konnte die
Aktivität für die R-IRED_Ms katalysierte doppelte reduktive Aminierung bis zu 2,4-fach
gesteigert werden. Die eingesetzten Konzentrationen (2-10% w/v) waren deutlich
oberhalb der kritischen Mizellbildungskonzentration (CMC). Zusätzliche Studien mit
weiteren Substraten und weiteren Additiven wurden im Rahmen der Bachelorarbeit von
Steffen Bernhard durchgeführt.[174] Ein Vergleich der Ergebnisse zeigt, dass der Effekt
nicht nur pufferabhängig sondern auch substratabhängig ist. Ein stabilisierender Effekt
kann deshalb ausgeschlossen werden, da dies eine substratunabhängige
Aktivitätssteigerung zur Auswirkung hätte. Ein literaturbekanntes Beispiel für den
Einsatz von Additiven zur Steigerung der Enzymaktivität sind Studien mit Esterasen.
Hierbei wirkt das Additiv als Löslichkeits- bzw. Phasenvermittler.[206] In einer weiteren
Studie wurden Mizellen bildende Additive verwendet um die Aktivität einer
Alkoholdehydrogenase gegenüber lipophilen Substraten zu verbessern.[207] Auch hier
Diskussion
120
fungierte das eingesetzte Additiv unter anderem als Löslichkeitsvermittler.
In dieser Arbeit wurden die Aktivitätssteigerungen jedoch mit sehr gut löslichen
Substraten beobachtet, sodass in diesem Fall die Erklärung einer
Löslichkeitsverbesserung nicht ausreicht. In einem Test mit 3,4-Dihydroisoquinolin (5),
welches vergleichsweise schlecht löslich ist, war der positive Effekt sogar deutlich
geringer als bei gut löslichen Substraten.[174] Die substratabhängige Aktivitätssteigerung
ist ein Hinweis darauf, dass das Additiv in irgendeiner Form einen Einfluss auf den
Enzymsubstratkomplex hat. Um jedoch die Frage nach der Ursache für die
Aktivitätssteigerung zu klären, sind weitere Untersuchungen notwendig.
5.6. IRED katalysierte Reaktion von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen
Die Bildung von Piperazinprodukten ausgehend von α-Hydroxycarbonylen ist eine
spezielle Art der reduktiven Aminierung, welche im Rahmen dieser Arbeit entdeckt
wurde. Der gezeigte Reaktionsweg ist eine mögliche Erklärung für diese Art der
Reaktion (Abb. 27).
Abbildung 27: Mögliche Reaktionswege zur Bildung von Piperazinprodukten ausgehend von α-Hydroxycarbonylen am Beispiel von einfach C-substituierten α-Hydroxycarbonylen mit Ethylendiamin (83).
Diskussion
121
Im Gegensatz zur doppelten reduktiven Aminierung ist in diesem Fall nur ein
Reduktionsschritt nötig. Stattdessen ist eine Umlagerung des ersten Imin-Intermediates
nötig. Die Keto-Endiol-Tautomerie bei α-Hydroxycarbonylen führt dazu, dass zwei
mögliche Carbonyltautomere vorliegen, welche im Gleichgewicht miteinander stehen.
Bei einfach C-substituierten α-Hydroxycarbonylen ist das eine Carbonyltautomer ein
Keton und das andere Carbonyltautomer ein Aldehyd (A). Somit kann die
Kondensationsreaktion mit Ethylendiamin (83) theoretisch entweder mit dem Keton
(oben) oder mit dem Aldehyd (unten) erfolgen. Das gebildete Imin-Intermediat lagert
sich anschließend durch Imin-Enamin-Tautomerie und Keto-Enol-Tautomerie um (B).
Das nun vorliegende Aminocarbonyl-Intermediat zyklisiert unter Wasserabspaltung
zum zyklischen Imin (C).
Der entscheidende Unterschied der beiden Reaktionswege ist nun, dass ausgehend vom
Aldehyd (unten) ein prochirales Imin-Intermediat gebildet wird. Durch die
anschließende IRED katalysierte Reduktion kann das Piperazinprodukt stereoselektiv
gebildet werden (D). Beim oberen Reaktionsweg, ausgehend vom Keton, ist dies
hingegen nicht möglich. Bei einem Kontrollexperiment mit 3-Hydroxy-3-methyl-2-
butanon, bei dem eine Umlagerung aufgrund des tertiären Alkohols nicht möglich ist,
wurde wie erwartet kein Piperazinprodukt beobachtet.
Die Tatsache, dass 2-Hydroxymethylpiperazin (255) ausgehend von Dihydroxyaceton
(254) mit einem Enantiomerenüberschuss von > 95% gebildet wurde, ist ein starker
Hinweis darauf, dass das Aldehydtautomer und nicht das Ketotautomer für die
reduktive Aminierung genutzt wird. Der Carbonyl-Kohlenstoff von Aldehyden ist stärker
positiv teilgeladen als bei Ketonen. Deshalb ist der nukleophile Angriff des Diamins bei
Aldehyden im Vergleich zu Ketonen begünstigt. Dies könnte ein möglicher Grund für die
Bevorzugung des Aldehydtautomers sein.
5.7. Änderung der Kofaktorspezifität
Alle bislang beschriebenen Vertreter der IRED-Enzymfamilie sind strikt NADPH-
abhängig.[105,111] Für die biotechnologische Anwendung ist jedoch NADH der geeignetere
Kofaktor. Zum einen ist NADH stabiler[208] und billiger, zum anderen stehen für NADH
deutlich effizientere Kofaktorregenerationssysteme zur Verfügung.[209–213]
Diskussion
122
Um die Kofaktorspezifität von R-IRED_Ms zu ändern wurden verschiedene
Mutantenbibliotheken erstellt und gescreent.[188] Ziel dabei war es nicht nur eine NADH-
abhängige Variante zu erstellen, sondern Ziel war es auch, dass diese Variante eine
gleichermaßen hohe Aktivität aufweist wie das Wildtypenzym. Die angewendete
Mutationsstrategie basierte auf dem Vorschlag des Online-Tools CSR-SALAD[187]. Obwohl
die Kristallstruktur einer verwandten IRED als Input-Datei für dieses Tool verwendet
wurde, war die Vorhersage sehr zuverlässig. Die Mutagenese zeigte an sechs von sieben
vorgeschlagenen Positionen die erwünschten Effekte. Abweichend vom Vorschlag des
Online-Tools wurden an Position K37 alle 20 Aminosäuren getestet. Nur so konnten die
Mutationen K37A und K37R gefunden werden, welche sich als sehr förderlich erwiesen.
Die adressierten Aminosäurepositionen können in zwei Gruppen eingeteilt werden. N32,
R33, T34 und K37 bilden eine Bindetasche für die 2‘-Phosphatgruppe von NADPH.
Durch Mutationen an dieser Stelle kann die Interaktion mit der Phosphatgruppe
verringert, und gleichzeitig die Interaktion mit der 2‘-Hydroxygruppe von NADH
verbessert werden. Mutationen in diesem Bereich wirken deshalb sehr stark auf die
Kofaktorspezifität. Die Positionen L67 und T71 hingegen interagieren mit dem
Adenosin-Teil von NAD(P)H. Dieser Teil ist bei beiden Kofaktoren gleich aufgebaut,
jedoch haben diese Aminosäuren einen Einfluss auf die Positionierung des Kofaktors.
Mutationen in diesem Bereich wirken deshalb eher auf die Aktivität als auf die
Spezifität.[187]
Durch die Kombination von verschiedenen Mutationen an allen sechs Positionen konnte
die Spezifität vollständig umgedreht werden. Dabei zeigte die Mutation K37A den
höchsten Effekt auf die Spezifität und die Mutation T71V den höchsten Effekt auf die
Aktivität mit NADH. Die beste Variante (V8) zeigte eine gleich hohe Aktivität mit NADH
verglichen mit dem Wildtyp und NADPH. Um die Effekte der Mutationen in dieser
Variante besser zu verstehen, wurde in Kooperation mit der Forschungsgruppe von
Prof. Gideon J. Grogan (Universität York) die Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT und
R-IRED_Ms-V8 gelöst, sodass ein direkter struktureller Vergleich möglich ist (Abb. 28).
In der Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT ist die natürliche Konformation und
Positionierung von NADPH zu sehen. Vergleicht man dies mit der Kristallstruktur von
R-IRED_Ms-V8, so sind kaum Unterschiede in der Ausrichtung des Kofaktors zu
erkennen. Durch die Einführung der sechs gezeigten Mutationen ist es demnach
Diskussion
123
gelungen, NADH trotz der fehlenden 2‘-Phosphatgruppe in der natürlichen
Konformation und Positionierung zu binden. Vor allem der Nikotinamid-Teil des
Kofaktors (in dieser Darstellung der untere Teil) ist quasi identisch angeordnet. Dies ist
insofern wichtig, da hier der Hydridtransfer auf das Substrat stattfindet. So lässt sich
auch erklären, weshalb die Variante V8 eine vollständig wiederhergestellte Aktivität
aufweist.
Abbildung 28: 3D-Darstellung der Kofaktorbindestelle von R-IRED_Ms Wildtyp (links) und R-IRED_Ms-V8 (rechts) basierend auf der Kristallstruktur. Der co-kristallisierte Kofaktor NADP+ (links) bzw. NAD+ (rechts) ist in Hellblau dargestellt. Die in dieser Studie adressierten Aminosäurereste sind in Cyan dargestellt. Gezeigt ist nur eines von zwei R-IRED_Ms-Monomeren. Das zweite Monomer würde in dieser Darstellung den unteren Teil der Kofaktorbindestelle verdecken und wurde für eine bessere Ansicht ausgeblendet. Die Visualisierung wurde mit PyMol durchgeführt.
Anhand der Kristallstruktur kann auch die Rolle der eingeführten Aminosäurereste
erahnt werden. So ist es sehr wahrscheinlich, dass die eingefügten Glutaminsäurereste
an Position 32 und 34, sowie der Argininrest an Position 37 eine Interaktion mit der
Ribose von NADH eingehen. Insbesondere Wasserstoffbrücken zwischen den besagten
Resten und der 2‘- bzw. 3‘-Hydroxygruppe sind denkbar. Neben der gesteigerten
Affinität zu NADH wird die Bindung zu NADPH verschlechtert. Die Mutationen N32E und
T34E verkleinern die 2‘-Phosphat-Bindetasche, sodass es zu sterischen Hinderungen bei
der Bindung von NADPH kommt. Des Weiteren sorgen die beiden negativ geladenen
WT V8
N32
K37
T34R33
T71
L67
N32E
K37R
T34E
R33Y
T71V
L67I
Diskussion
124
Glutaminsäurereste für eine elektrostatische Abstoßung der ebenfalls negativ geladenen
Phosphatgruppe.
Bei genauerem Betrachten der gebundenen Kofaktoren können geringfügige
Unterschiede im Adenosin-Teil des Kofaktors festgestellt werden. Dies könnte im
Zusammenhang mit den Aminosäureresten an Position 33 und 71 stehen. Durch die
Mutation T71V wird eine mögliche Wasserstoffbrücke aufgelöst, was der Auslöser für
die leichte Drehung des Adenin-Teils sein könnte. Offensichtlich ist dies sehr wichtig für
die optimale Ausrichtung und Bindung von NADH, da die Mutation T71V einen stark
positiven Effekt auf die Aktivität mit NADH zeigte. Eventuell werden dadurch auch die
anderen Interaktionen verbessert, was die positiven kooperativen Effekte der Mutation
T71V mit den weiteren Mutationen erklären würde.
Eine weitere wichtige Position ist R33. Es ist beschrieben, dass der Argininrest der
Haupt-Interaktionsparnter der 2‘-Phosphatgruppe von NADPH ist.[187] Eine Mutation an
dieser Stelle schwächt somit die Affinität zu NADPH ab. Der Austausch von Arginin
gegen Tyrosin an dieser Position führte zu den besten Ergebnissen. Möglicherweise gibt
es eine förderliche π-π-Wechselwirkung zwischen dem Tyrosinrest und dem Adenin-
Teil.
Neben V8 war auch V10 eine sehr interessante Variante. Sie zeigt zwar eine geringere
Aktivität mit NADH, dafür jedoch eine 2900-fach erhöhte NADH/NADPH Spezifität. Dies
liegt daran, dass fast ausschließlich NADH akzeptiert wird. Für V10 wurde keine
Kristallstruktur gelöst, jedoch unterscheiden sich die Varianten V8 und V10 nur in
Position 37. Die Frage ist nun, warum der Alaninrest bei V10 an dieser Stelle dazu führt,
dass NADPH viel schlechter akzeptiert wird. Die natürliche Aminosäure an dieser
Position ist ein Lysin, welches eine positive Ladung trägt und damit die negativ geladene
2‘-Phosphatgruppe stabilisiert. Bei V8 ist an dieser Stelle ein Arginin welches ebenfalls
eine positive Ladung trägt. Der stabilisierende Effekt bleibt also erhalten, sodass trotz
der anderen Mutationen NADPH immer noch zu einem gewissen Grad interagieren kann.
Durch die Mutation zu Alanin geht diese Stabilisierung vollständig verloren, was der
Grund dafür sein könnte, dass NADPH bei Variante V10 kaum noch akzeptiert wird.
Die Tatsache, dass die Varianten V8 und V10 auch für andere Substrate und andere
Reaktionstypen erfolgreich eingesetzt werden konnten (Kap. 4.5.1 Tab. 84) zeigt, dass
das aktive Zentrum der Varianten ähnlich funktionsfähig ist wie das des Wildtyps.
Diskussion
125
Dennoch haben sich die katalytischen Eigenschaften von V8 und V10 verändert, was
anhand der gemessenen kinetischen Parameter deutlich wird (Kap. 4.5.1 Tab. 82). Beide
Varianten zeigen eine verschlechterte Affinität zu 2-Methylpyrrolin (1) im Vergleich
zum Wildtyp. Diese Beobachtung war entgegen der Erwartungen, da die Positionierung
des Kofaktors fast identisch ist und keine Mutationen im aktiven Zentrum vorgenommen
wurden. Anhand der Kristallstrukturen wurde nun das aktive Zentrum vom Wildtyp und
V8 verglichen. Die Überlagerung der Strukturen zeigte, dass sowohl die
Sekundärstruktur, als auch die Ausrichtung der Aminosäurereste bei beiden Strukturen
im aktiven Zentrum gleich ist. Die einzige Auffälligkeit war der Methioninrest an
Position 121. Hier zeigt der Methylrest in zwei unterschiedliche Richtungen (Abb. 29).
Auch wenn der Unterschied nur geringfügig ist, kann daraus geschlossen werden, dass
es durchaus weitreichende Effekte der eingefügten Mutationen, bzw. des veränderten
Kofaktors gibt, welche sich bis ins aktive Zentrum erstrecken. Die besagte Methylgruppe
befindet sich in unmittelbarer Nähe (6,4 Å) zum C4-Atom des Kofaktors, an welchem der
Hydridtransfer stattfindet. Des Weiteren ist sie in direkter Nachbarschaft (2,8 Å) zum
katalytisch beteiligten Asparaginsäurerest. Eine Beeinflussung der katalytischen
Eigenschaften ist deshalb denkbar.
Abbildung 29: Dreidimensionale Anordnung der Aminosäuren M121 und D171 im aktiven Zentrum von R-IRED_Ms-WT (beige) und R-IRED_Ms-V8 (blau). Die Strukturen wurden mithilfe eines Struktur-Alignments (PyMol) übereinander gelagert.
D171
M121
NAD(P)+
Diskussion
126
5.8. Änderung der Stereoselektivität
Eine der wichtigsten Eigenschaften von IREDs ist die hohe Stereoselektivität, die es
ermöglicht chirale Amine mit exzellenter Enantiomerenreinheit zu generieren.[105,214]
Die durchgeführten Studien mit R-IRED_Ms zeigen die effiziente Bildung von
verschiedensten chiralen N-Heterozyklen. Das außergewöhnlich breite
Substratspektrum von R-IRED_Ms und dessen hohe Aktivität gegenüber der doppelten
reduktiven Aminierung ist bislang einzigartig. Jedoch ist durch dieses Enzym nur ein
Enantiomer zugänglich. Für einige Pharmabausteine wird jedoch das jeweils andere
Enantiomer benötigt. Zwar sind bereits einige S-selektive IREDs beschrieben worden,
jedoch könnte es sehr aufwendig sein, eine enantiokomplementäre IRED mit
vergleichbaren Eigenschaften zu finden. Eine alternative Möglichkeit ist deshalb die
Änderung der Stereoselektivität durch enzyme engineering, in der Hoffnung, dass die
besagten Eigenschaften erhalten bleiben.
Um Anhaltspunkte für eine Mutagenesestrategie zu finden stellt sich die Frage,
inwiefern sich die aktiven Zentren von R- und S-selektiven IREDs unterscheiden, und
welche Aminosäurepositionen für die Stereoselektivität verantwortlich sind. Auf
Sequenzebene konnten bereits einige signifikante Unterschiede zwischen R- und
S-selektiven IREDs festgestellt werden.[110,112,114] Die bekannteste Position ist D171
(R-IRED_Ms-Nummerierung), welche auch als katalytisch aktive Aminosäure
beschrieben wird.[108] Während ein Großteil der R-selektiven IREDs an dieser Position
eine Asparaginsäure aufweisen, besitzen die meisten S-selektiven IREDs ein Tyrosin.[114]
Die genaue Funktion des konservierten Asparaginsäure- bzw. Tyrosinrests ist bislang
unklar. Ob, und in welcher Form diese Position an der Protonierung des Substrats
beteiligt ist, scheint von IRED zu IRED unterschiedlich zu sein. Dies zeigen
unterschiedliche Ergebnisse von Mutationsstudien an dieser Position,[112,113] sowie die
Tatsache, dass auch IREDs mit Aminosäuren wie Alanin oder Phenylalanin an dieser
Position existieren.[114]
Einerseits ist eine direkte Beteiligung von Position 171 im Katalysemechanismus
denkbar. Hierbei würde die Protonierung des Stickstoffs direkt durch die Carboxy- bzw.
Hydroxygruppe der Aminosäure erfolgen. Andererseits könnte es auch eine indirekte
Beteiligung geben, bei der beispielsweise ein Wassermolekül koordiniert und aktiviert
wird, welches dann die Protonierung übernimmt. Daneben ist auch die Beteiligung
Diskussion
127
mehrerer Aminosäuren unter Ausbildung eines Protonennetzwerks denkbar. Ein
solches System wurde bereits für die nahe verwandten β-Hydroxysäuredehydrogenasen
beschrieben.[215]
Um die Funktion von D171 in R-IRED_Ms zu untersuchen wurden Varianten mit
Mutationen an dieser Position erstellt. Die meisten Varianten der Sättigungsmutagenese
(D171X) zeigten kaum Aktivität, was ein Hinweis für die Wichtigkeit dieser Position im
Katalysezyklus ist. Um zu überprüfen, ob D171 als Protonendonor fungiert, wurde die
Asparaginsäure gegen Asparagin ausgetauscht (D171N). Bei dieser Mutation wird die
Carboxylgruppe durch eine Carboxamidgruppe ausgetauscht, sodass der
Aminosäurerest die protonierende Fähigkeit verliert. Die Positionierung der
funktionellen Gruppe, sowie die Fähigkeit zur Wasserstoffbrückenbildung bleibt jedoch
erhalten. Da die Variante V8-D171N eine kaum verringerte Aktivität zeigte, kann eine
D171 vermittelte direkte Protonierung ausgeschlossen werden. Stattdessen ist es
naheliegend, dass es sich um eine indirekte Beteiligung handelt, welche auch durch die
Aminosäure Asparagin übernommen werden kann. Da S-selektive IREDs meistens ein
Tyrosin an dieser Position aufweisen, wurde auch die Mutation D171Y gezielt eingeführt
und getestet. Jedoch zeigte diese Variante einen fast vollständigen Aktivitätsverlust.
Auch konnten keine Veränderungen in der Stereoselektivität festgestellt werden.
Neben Position D171 gibt es noch weitere literaturbekannte Positionen, welche sich bei
R- und S-selektiven IREDs signifikant unterscheiden. Dazu zählen die Positionen P124
und M178 (R-IRED_Ms-Nummerierung).[110] Doch durch die Mutagenese an diesen und
weiteren signifikanten Positionen konnten ebenfalls keine Varianten mit geänderter
Stereoselektivität gefunden werden.
Das bislang einzige literaturbekannte Beispiel für eine Änderung der Stereoselektivität
bei IREDs ist eine Studie an der R-selektiven IRED aus Aspergillus oryzae
(R-IRED_Ao).[132] Hierbei wurden Einzelmutationen an Position W210 (R-IRED_Ao-
Nummerierung) eingefügt. Dabei konnte gezeigt werden, dass insbesondere die
Mutation W210A bei den getesteten reduktiven Aminierungen zu einer signifikanten
Änderung der Stereoselektivität führt.[132] Eine Sättigungsmutagenese an der analogen
Position in R-IRED_Ms (V212) zeigte jedoch keinerlei Varianten mit geänderter
Stereoselektivität. Vermutlich ist an dieser Stelle eine drastische Vergrößerung der
Substratbindetasche notwendig um eine Änderung der Stereoselektivität zu erreichen.
Diskussion
128
Da R-IRED_Ms jedoch bereits eine relativ kleine Aminosäure (Valin) an dieser Position
besitzt, ist eine derartige Veränderung nicht möglich.
In weiteren Mutagenesestudien im aktiven Zentrum zeigte sich schließlich, dass
Mutationen in einer bestimmten Region (A241-A245) zur Änderung der
Stereoselektivität beitragen. Durch die Kombination von fünf Mutationen in diesem
Bereich (Variante 44A2) konnte die Stereoselektivität von > 99% R (ee) zu 91% S (ee)
geändert werden. Diese Variante trägt die Mutationen A241V, H242Y, N243D, V244Y
und A245L. Besonders interessant ist hierbei die Mutation H242Y, da Tyrosin ein
potenzieller Protonendonor ist. Außerdem befindet sich diese Position in einem sehr
ähnlichen Abstand (≈7,4 Å) zum C4-Atom von NADH verglichen mit D171 (Abb. 30). Es
ist also denkbar, dass Y242 die Protonierung des Substrats von der anderen Seite
ermöglicht und somit eine geänderte Substratorientierung unterstützt (Anhang,
Kap. 7.5, Abb. 40). Die Erstellung und Untersuchung der Variante 44A2-Y242F spricht
jedoch gegen diese Hypothese. Durch den Austausch von Tyrosin zu Phenylalanin kann
weder eine direkte, noch eine indirekte Protonierung durch diese Position stattfinden.
Dennoch wurde eine ähnliche Aktivität wie bei 44A2 und ein Überschuss des
S-Enantiomers beobachtet (ee = 48% S). Eine katalytische Beteiligung von Y242 kann
somit ausgeschlossen werden.
Abbildung 30: Darstellung der aktiven Tasche von R-IRED_Ms-V8 mit gebundenem NAD+ (hellblau) und einiger wichtiger Aminosäuren (cyan).
D171
A245
H242
A241
V212
Diskussion
129
Möglich wäre stattdessen eine substratspezifische Interaktion der Positionen 241-245
mit 2-Methylpyrrolin (1). Dies würde auch erklären, weshalb die Stereoselektivität
gegenüber der Reduktion von 1 nahezu vollständig umgekehrt wurde und gleichzeitig
die Stereoselektivität gegenüber der Bildung von N-Methyl-3-phenylpiperazin (91a)
unverändert blieb.
Abbildung 31: Schematische Darstellung der aktiven Tasche von R-IRED_Ms-WT (A, C) und R-IRED_Ms-44A2 (B, D) mit zwei verschiedenen Substraten (blau, orange). Die beiden IRED-Monomere sind durch verschiedene Grautöne gekennzeichnet. Gezeigt ist ein Vorschlag zur Wirkungsweise der eingeführten Mutationen bei der Variante 44A2 zur Erklärung der substratspezifischen Stereoselektivitätsveränderung. Beim Wildtypenzym werden die Substrate in der pro-R-Konfiguration gebunden (A, C), was zur Bildung des R-Enantiomers führt. Bei der Variante 44A2 ermöglichen die eingeführten Aminosäurereste an Position 241-245 eine substratspezifische Interaktion, sodass abhängig vom Substrat entweder eine alternative Substratorientierung (pro-S) gewährleistet wird (B), oder weiterhin die „pro-R“-Konfiguration favorisiert wird (D).
Folgende Hypothese kann somit aufgestellt werden um eine substratspezifische
Stereoselektivitätsveränderung zu erklären: Die Aminosäureaustausche an den
Positionen 241-245 in der Variante 44A2 ermöglichen eine spezifische Interaktion mit
2-Methylpyrrolin (1), sodass eine geänderte Substratorientierung („pro-S“) ermöglicht
WT
WT
44A2
44A2
A) B)
C) D)
pro-R
pro-R pro-R
pro-S
Pos. 241-245
Pos. 241-245
Pos. 241-245
Pos. 241-245
Diskussion
130
wird, die zur Bildung des S-Enantiomers führt. Bei der Bildung von N-Methyl-3-
phenylpiperazin (91a) hingegen wird diese pro-S-Konfiguration nicht unterstützt,
sodass die Substratorientierung trotz der Mutationen gleich bleibt („pro-R“) und das
R-Enantiomer gebildet wird (Abb. 31).
Insgesamt konnte durch diese Mutagenesestudie eine neue Region identifiziert werden,
welche abhängig vom eingesetzten Substrat einen Einfluss auf die Stereoselektivität des
Enzyms hat. Die durchgeführten Kontrollen lassen die Vermutung zu, dass es sich um
eine spezifische Interaktion des Substrates mit den Positionen 241-245 handelt. Für eine
Bestätigung dieser Hypothese sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig.
Ausblick
131
6. Ausblick
Die nachhaltige Bereitstellung von chiralen, gesättigten N-Heterozyklen zur Produktion
von Pharmazeutika und anderen Feinchemikalien ist sehr gefragt. Neben den bekannten
chemischen Methoden gewinnen biotechnologische Alternativen immer mehr an
Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit konnten unter Anwendung von Iminreduktasen
(IREDs) neue biokatalytische Methoden entwickelt werden, die die Bildung von
unterschiedlichen chiralen, gesättigten N-Heterozyklen ermöglichen.
Durch die Anwendung einer doppelten reduktiven Aminierung gelang erstmals die
direkte Generierung von Piperazinen und Homopiperazinen ausgehend von
Dicarbonylen und Diaminen. Neben den 117 getesteten Substratkombinationen gibt es
noch zahlreiche weitere Substratkombinationen die getestet werden können, um
weitere Produkte zu bilden. Zusätzlich zu der Erschließung von neuen Produkten wäre
auch die Generierung von enatiokomplementären Produkten sehr interessant. In einigen
Beispielen ist das S-Enantiomer besonders gefragt, welches von R-IRED_Ms nicht
gebildet wird. Es wäre deshalb von Interesse eine S-selektive IRED zu finden oder zu
entwickeln, die eine hohe Aktivität gegenüber der doppelten reduktiven Aminierung
aufweist.
Ein weiteres Piperazin-Derivat mit hohem Potenzial ist Piperazin-2-carboxylat. Hierfür
kann 2,3-Diaminopropansäure herangezogen werden, welche wiederum aus
Asparaginsäure synthetisiert werden kann.[216,217] Die entsprechende Reaktion war mit
der R-selektiven IRED aus Myxococcus stipitatus (R-IRED_Ms) nicht erfolgreich, sodass
weitere IREDs hinsichtlich dieser Reaktion getestet werden müssten. Eine Alternative
wäre die enzymatische oder chemische Oxidation von (S)-Hydroxymethylpiperazin,
welches mithilfe von R-IRED_Ms gebildet werden kann.
Die doppelte reduktive Aminierung gelang auch im Ganzzellsystem, jedoch konnten im
Rahmen dieser Arbeit nur geringe Produktbildungen beobachtet werden. Dies könnte
durch weitere Studien verbessert werden. Dabei wäre zum Beispiel interessant
verschiedene Knock-out E. coli-Stämme zu testen, bei denen Alkoholdehydrogenasen
ausgeschaltet sind, sodass die ungewollte Reduktion des Dicarbonylsubstrats
vermindert stattfindet.[218] Auch könnte berücksichtigt werden, dass die Aufnahme des
Diamins in die Zelle möglicherweise pH-abhängig ist, und dass eine Verstoffwechselung
des Diamins über eine Glutaminsynthetase möglich ist.[219] Ein weiterer Vorschlag wäre
Ausblick
132
die in vivo Bildung des Dicarbonylsubstrats ausgehend vom Primärstoffwechsel. Hier ist
vor allem die Methylglyoxalsynthase ein sehr interessantes Enzym.[220]
Bei der Änderung der Kofaktorspezifität von R-IRED_Ms konnte eine Variante (V8)
gefunden werden, welche mit NADH dieselbe Aktivität aufweist, wie der Wildtyp mit
NADPH. Durch die Aufklärung der Kristallstruktur von V8 konnten einige Erkenntnisse
gewonnen werden welche sich möglicherweise auf andere IREDs übertragen lassen. Die
Durchführung eines sogenannten „cofactor-switch“ bei anderen IREDs könnte somit
erleichtert werden.
Die ausführliche Mutagenesestudie im aktiven Zentrum von R-IRED_Ms zur Änderung
der Stereoselektivität führte ebenfalls zu wichtigen Erkenntnissen. So konnte eine neue
Selektivitäts-bestimmende Region identifiziert werden. Eine Mutagenese an dieser Stelle
kann, wie in dieser Arbeit gezeigt, zu einer substratspezifischen Umkehrung der
Stereoselektivität führen. Dies könnte auch bei anderen IREDs angewendet werden. Die
erreichte Selektivität von Variante 44A2 lag bei 91% S (Enantiomerenüberschuss).
Durch die Weiterentwicklung des Enzyms könnte womöglich die verlorengegangene
Aktivität und Stabilität wieder hergestellt werden. Des Weiteren sind weiterführende
Untersuchungen notwendig um ein besseres Verständnis bezüglich der beobachteten
Effekte zu gewinnen.
Anhang
133
7. Anhang
7.1. Archivierte Plasmide
ITB-Nummer Plasmid
Beschreibung des enthaltenen Gens Quelle
pITB5583 pET28a(+)_R-IRED_Ms Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus GSK, Dr. Murray Brown
pITB5584 pBAD33_R-IRED_Ms Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Diese Arbeit
pITB5585 pBAD33_R-IRED_Ms-V8 Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Mutationen: N32E, R33Y, T34E, K37R, L67I, T71V
Diese Arbeit
pITB5586 pET28a(+)_R-IRED_Ms-V8 Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Mutationen: N32E, R33Y, T34E, K37R, L67I, T71V
Diese Arbeit
pITB5587 pBAD33_R-IRED_Ms-V9 Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Mutationen: R33Y, T34E, K37A, L67I, T71V
Diese Arbeit
pITB5588 pBAD33_R-IRED_Ms-V10 Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Mutationen: N32E, R33Y, T34E, K37A, L67I, T71V
Diese Arbeit
pITB5589 pBAD33_R-IRED_Ms-44A2 Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus Mutationen: N32E, R33Y, T34E, K37R, L67I, T71V, A241V, H242Y, N243D, V244Y, A245L
Diese Arbeit
7.2. Aminosäure- und DNA-Sequenzen
7.2.1. DNA-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus
ATGGGCAGCAGCCATCATCATCATCATCACAGCAGCGGCCTGGTGCCGCGCGGCAGCCAT ATGAAACCGACCCTGACCGTTATTGGCGCTGGCCGTATGGGCTCCGCACTGATTAAAGCA TTCCTGCAATCTGGCTACACGACCACGGTGTGGAACCGTACCAAAGCCAAAAGCGAACCG CTGGCAAAACTGGGCGCACATCTGGCTGATACGGTGCGTGACGCCGTTAAACGCAGCGAT ATTATCGTGGTTAATGTGCTGGATTATGACACCTCTGATCAGCTGCTGCGCCAAGACGAA GTGACGCGTGAACTGCGCGGCAAACTGCTGGTTCAGCTGACCAGCGGTTCTCCGGCACTG GCTCGTGAACAGGAAACGTGGGCGCGCCAACATGGCATTGATTATCTGGACGGTGCGATC ATGGCCACCCCGGATTTTATTGGCCAGGCAGAATGCGCTCTGCTGTACAGTGGTTCCGCG GCCCTGTTCGAAAAACACCGTGCTGTCCTGAATGTGCTGGGCGGTGCCACCAGCCATGTC GGCGAAGATGTTGGTCATGCCTCAGCACTGGACAGCGCCCTGCTGTTTCAGATGTGGGGC ACCCTGTTCGGTACGCTGCAAGCACTGGCTATTTCTCGCGCAGAAGGCATCCCGCTGGAA AAAACCACGGCGTTTATCAAACTGACCGAACCGGTCACCCAGGGTGCCGTTGCAGATGTC CTGACCCGTGTTCAGCAAAATCGCCTGACCGCAGACGCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA GCTCATAACGTGGCGTTCCAACACCTGCTGGCCCTGTGTGAAGAACGTAATATCCATCGC GGTGTTGCGGATGCCATGTACTCCGTTATTCGTGAAGCGGTCAAAGCCGGCCACGGTAAA GATGACTTTGCAATTCTGACCCGCTTCCTGAAATAA
Anhang
134
7.2.2. Aminosäure-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus (WT)
HHHHHH = His6-Tag; M = ursprüngliches Start-Methionin
MGSSHHHHHHSSGLVPRGSHMKPTLTVIGAGRMGSALIKAFLQSGYTTTVWNRTKAKSEPLAKLGAHL
ADTVRDAVKRSDIIVVNVLDYDTSDQLLRQDEVTRELRGKLLVQLTSGSPALAREQETWARQHGIDYLD
GAIMATPDFIGQAECALLYSGSAALFEKHRAVLNVLGGATSHVGEDVGHASALDSALLFQMWGTLFGTL
QALAISRAEGIPLEKTTAFIKLTEPVTQGAVADVLTRVQQNRLTADAQTLASLEAHNVAFQHLLALCEER
NIHRGVADAMYSVIREAVKAGHGKDDFAILTRFLK
7.2.3. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V8
HHHHHH = His6-Tag; M = ursprüngliches Start-Methionin; X = Punktmutation
MGSSHHHHHHSSGLVPRGSHMKPTLTVIGAGRMGSALIKAFLQSGYTTTVWEYEKARSEPLA
KLGAHLADTVRDAVKRSDIIVVNVIDYDVSDQLLRQDEVTRELRGKLLVQLTSGSPALAREQET
WARQHGIDYLDGAIMATPDFIGQAECALLYSGSAALFEKHRAVLNVLGGATSHVGEDVGHASA
LDSALLFQMWGTLFGTLQALAISRAEGIPLEKTTAFIKLTEPVTQGAVADVLTRVQQNRLTAD
AQTLASLEAHNVAFQHLLALCEERNIHRGVADAMYSVIREAVKAGHGKDDFAILTRFLK
7.2.4. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V10
HHHHHH = His6-Tag; M = ursprüngliches Start-Methionin; X = Punktmutation
MGSSHHHHHHSSGLVPRGSHMKPTLTVIGAGRMGSALIKAFLQSGYTTTVWEYEKAASEPLA
KLGAHLADTVRDAVKRSDIIVVNVIDYDVSDQLLRQDEVTRELRGKLLVQLTSGSPALAREQET
WARQHGIDYLDGAIMATPDFIGQAECALLYSGSAALFEKHRAVLNVLGGATSHVGEDVGHASA
LDSALLFQMWGTLFGTLQALAISRAEGIPLEKTTAFIKLTEPVTQGAVADVLTRVQQNRLTAD
AQTLASLEAHNVAFQHLLALCEERNIHRGVADAMYSVIREAVKAGHGKDDFAILTRFLK
Anhang
135
7.2.5. Aminosäure-Sequenz von R-IRED_Ms-Variante 44A2 (veränderte Stereoselektivität)
HHHHHH = His6-Tag; M = ursprüngliches Start-Methionin; X = Punktmutation
MGSSHHHHHHSSGLVPRGSHMKPTLTVIGAGRMGSALIKAFLQSGYTTTVWNRTKAKSEPLA
KLGAHLADTVRDAVKRSDIIVVNVLDYDTSDQLLRQDEVTRELRGKLLVQLTSGSPALAREQE
TWARQHGIDYLDGAIMATPDFIGQAECALLYSGSAALFEKHRAVLNVLGGATSHVGEDVGHAS
ALDSALLFQMWGTLFGTLQALAISRAEGIPLEKTTAFIKLTEPVTQGAVADVLTRVQQNRLTA
DAQTLASLVYDYLFQHLLALCEERNIHRGVADAMYSVIREAVKAGHGKDDFAILTRFLK
7.2.6. Plasmidkarte von pBAD33_R-IRED_Ms-His6
Abbildung 32: Plasmidkarte von pBAD33_R-IRED_Ms-His6.
Anhang
136
7.3. Beispielhafte SDS-Gele
Abbildung 33: Beispielhaftes SDS-Gel für die Trennung verschiedener E. coli Lysate mit überexprimierter R-IRED_Ms (WT) und verschiedenen R-IRED_Ms-Varianten (V1-V10).
Abbildung 34: Beispielhaftes SDS-Gel für die Trennung verschiedener gereinigter IREDs. Gezeigt ist sowohl die R-IRED_Ms (WT) sowie verschiedene R-IRED_Ms-Varianten (V1-V10).
Anhang
137
7.4. Beispielhafte Chromatogramme
Abbildung 35: Beispielchromatogramm für die Bestimmung der Produktkonzentration für die Bildung von 2-Methylpyrrolidin (7) mit 3-Methylpiperidin als internen Standard.
Abbildung 36: Beispielchromatogramm für die chirale GC-Messung zur Bestimmung der Stereoselektivität gegenüber der Bildung von 2-Methylpyrrolidin (7).
Anhang
138
Abbildung 37: Chromatogram der chiralen GC-Messung zur Auftrennung von R- und S-Methylpyrrolidin (7). Neben den Produktstandards (rosa, schwarz) sind die gebildeten Produktenantiomere aus der Biotransformation mit R-IRED_Ms-V8 (braun) bzw. mit R-IRED_Ms-44A2 (blau) gezeigt.
Abbildung 38: Beispiel-GC-MS-Chromatogramm (oben) zur Identifizierung von doppelt acetyliertem Piperazin (84 x 2Ac) aus der Biotransformation mit R-IRED_Ms ausgehend von den Substraten Glyoxal (82) und Ethylendiamin (83). Sowie das zugehörige Massenfragmentierungsmuster (unten).
(R)-Methylpyrrolidin
(R/S)-Methylpyrrolidin
Biotransformation mit R-IRED_Ms-V8
Biotransformation mit R-IRED_Ms-44A2
Retentionszeit (min)
8,25 8,5 8,75 9,0 9,25
170
Anhang
139
Abbildung 39: Beispiel-GC-MS-Chromatogramm (oben) des dopelt acetylierten Produktstandards für Piperazin (84 x 2Ac). Sowie das zugehörige Massenfragmentierungsmuster (unten).
170
Anhang
140
7.5. Mögliche Substratorientierungen für die Bildung von enantiokomlementären Produkten
Abbildung 40: Darstellung verschiedener Ausrichtungen des Substrates, die zur Bildung unterschiedlicher Produkt-Enantiomere führt. Drei verschiedene Möglichkeiten sind am Beispiel eines 2‘-substituierten Pyrrolins gezeigt. Die Art der Substrat-Drehung ist durch Rotationspfeile angedeutet, der gezeigte Mechanismus ist jeweils derselbe. Der Hydrid-Transfer ist in Rot gezeigt und erfolgt bei A) und C) von oben, und bei B) von unten (gestrichelt).
Die in (Abb. 40-A) angedeutete Substratorientierung soll beispielhaft für eine
pro-R-Orientierung sein. Dabei wird gewährleistet, dass die Protonierung von der Seite
der katalytischen Aminosäure erfolgt. Wenn die Substratorientierung zu einer
pro-S-Orientierung geändert werden soll, ergeben sich zwei Möglichkeiten
(Abb. 40-B,C). Bei der in B) gezeigten Substratorientierung wird weiterhin die
Protonierung von der Seite der katalytischen Aminosäure ermöglicht, da sich die
Position des Stickstoffs nicht ändert. Bei der in C) gezeigten Substratorientierung ist
hingegen eine Protonierung von der gegenüberliegenden Seite notwendig.
Zwischenzeitlich wurde vermutet, dass der eingeführte Tyrosinrest an Position 242
diese Aufgabe übernehmen kann. Diese Hypothese wurde jedoch widerlegt.
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9. CURRICULUM VITAE
PERSÖNLICHE DATEN
Name Niels Borlinghaus
Geburtsdaten 18.03.1992, Wuppertal
Nationalität deutsch
AKADEMISCHER WERDEGANG
06/2016 - 08/2019 Promotion, Institut für Biochemie und technische Biochemie, Abteilung technische Biochemie, bei Prof. Dr. Bernhard Hauer Doktorarbeit: „Generierung von gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen.“
10/2014 – 04/2016 Master of Science
Technische Biologie, Universität Stuttgart Masterarbeit: „Entwicklung von promiskuitiven Enzymaktivitäten hinsichtlich C-C-knüpfenden Reaktionen.“
10/2011 – 10/2014 Bachelor of Science
Technische Biologie, Universität Stuttgart Bachelorarbeit: „Optimierung eines P450-Fusionskonstruktes durch Änderung der Interaktionsfläche zwischen Häm- und Reduktase-Domäne“
09/2008 – 06/2011 Abitur
Mathilde-Planck-Gymnasium, Ludwigsburg