Krisenintervention in
der Sozialen Arbeit
Erarbeitung von Zugängen und
Ansätzen für Professionelle der
Sozialen Arbeit
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
Krisenintervention in der
Sozialen Arbeit
Erarbeitung von Zugängen und Ansätzen für
Professionelle der Sozialen Arbeit
Bachelorarbeit von:
an der:
begleitet von:
Isabelle Held
Im oberen Gern 50
8409 Winterthur
FS16
FHS St. Gallen
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Studienrichtung Soziale Arbeit
Prof. Stefan Ribler
Dozent Fachbereich Soziale Arbeit
Für den vorliegenden Inhalt ist ausschliesslich die Autorin verantwortlich.
Winterthur, 10. Oktober 2018
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
Inhaltsverzeichnis
Abstract 1
Vorwort 4
Einleitung 5
1 Krise 7
1.1 Definition 7
1.1.1 Psychosoziale Krise 8
1.2 Arten von Krisen 9
1.2.1 Verlustkrisen 10
1.2.2 Veränderungskrisen 13
1.2.3 Entwicklungskrisen 15
1.3 Auswirkungen von Krisen 17
1.3.1 Gefahrenaspekt 17
1.3.2 Chancenaspekt 19
1.4 Gesellschaftlicher Wandel in Bezug auf Krisen 20
2 Krisenintervention 21
2.1 Definition und Abgrenzung 21
2.2 Ziele 22
2.3 Grundprinzipien 23
2.4 Allgemeines Kriseninterventionskonzept – BELLA 26
2.5 Gesprächsphasenkonzept und Ablauf für Krisengespräche 27
3 Krisenintervention in der Sozialen Arbeit 31
3.1 Definition Sozialer Arbeit 31
3.2 Gegenstand Sozialer Arbeit 31
3.3 Rahmung Sozialer Arbeit in der Krisenintervention 33
4 Zugänge und Ansätze zur Krisenbewältigung 36
4.1 Beziehungsgestaltung 36
4.1.1 Herstellung einer tragfähigen Beziehung 37
4.1.2 Nähe und Distanz 38
4.1.3 Verantwortung klären 40
4.1.4 Vermeidung von Beziehungsabbrüchen 41
4.2 Herstellung einer sicheren Grundlage 42
4.2.1 Schützender Kontext initiieren 42
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4.2.2 Emotionale Entlastung 44
4.2.3 Fünf Säulen der Identität 46
4.3 Ressourcenerschliessung 49
4.3.1 Ressourcenorientierung 49
4.3.2 Netzwerkintervention 51
4.3.3 Copinganalyse und Modifikation 53
5 Weiterführende Ansätze 55
5.1 Psychoedukation 55
5.2 Motivational Interviewing 56
Schlussbetrachtung 58
Beantwortung der Fragestellung 58
Fachliche und persönliche Reflexion 60
Ausblick 61
Literaturverzeichnis 62
Quellenverzeichnis 65
Abbildungsverzeichnis 66
Schlussblatt 67
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
1
Abstract
Titel: Krisenintervention in der Sozialen Arbeit.
Kurzzusammenfassung: Diese Bachelorarbeit befasst sich mit dem Themenfeld
Krisenintervention in der Sozialen Arbeit. Die Fokussierung liegt
hierbei auf den Unterstützungsmöglichkeiten von Menschen in
Krisensituationen. Explizit werden Zugänge und Ansätze für eine
Krisenintervention in der Sozialen Arbeit dargelegt.
Autor(en): Isabelle Held
Referent/-in: Prof. Stefan Ribler
Publikationsformat: BATH
MATH
Semesterarbeit
Forschungsbericht
Anderes
Veröffentlichung (Jahr): 2018
Sprache: Deutsch
Zitation: Held, Isabelle. (2018). Krisenintervention in der Sozialen Arbeit.
Unveröffentlichte Bachelorarbeit, FHS St.Gallen, Fachbereich
Soziale Arbeit.
Schlagwörter (Tags): Krise, Krisenintervention, Gegenstand Soziale Arbeit, Zugänge
und Ansätze zur Krisenbewältigung
Ausgangslage:
Inzwischen gibt es verschiedene Fachliteratur bezüglich Krisenintervention. Diese sind jedoch
mehrheitlich psychotherapeutisch ausgerichtet. Betreffend Krisenintervention in der Sozialen
Arbeit, welche auf sozialarbeiterische Zugangsweisen und Ansätze verweisen, besteht nach
wie vor ein mangelndes Literaturangebot. Doch da die Soziale Arbeit einen wesentlichen
Beitrag zur Krisenintervention leisten kann, wäre solche spezialisierte Fachliteratur für die
berufliche Praxis hilfreich und auch notwendig.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
2
Ziel:
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist die Herausarbeitung von sozialarbeiterischen
Zugangsweisen und Ansätzen für die Krisenintervention. Diese fokussieren sich auf eine
professionelle Unterstützung von Betroffenen in Krisensituationen. Daher lautet die
Fragestellung wie folgt: Mit welchen Zugängen und Ansätzen können Professionelle der
Sozialen Arbeit in Krisen unterstützend sein? Die Beantwortung der Fragestellung erfolgt auf
einer allgemeinen Ebene, sodass die erarbeiteten Erkenntnisse in jeglichen
sozialarbeiterischen Arbeitsfeldern ihre Verwendung finden können. Demnach umfasst die
Arbeit eine Zusammenstellung von Interventionsmöglichkeiten für Sozialarbeitende in der
Krisenintervention, die als substanzielle Grundlagenkenntnisse für die Praxis fungieren. Denn
Sozialarbeitende begegnen Menschen in Krisensituationen in unterschiedlichen Kontexten
und Handlungsfeldern. Die Relevanz des Themas Krisenintervention zeigt sich anhand von
Studien, welche das häufige Auftreten von Krisensituationen eruierten und in der hohen Anzahl
von Suiziden und Suizidversuchen in der heutigen Gesellschaft.
Vorgehensweise:
Diese Bachelorarbeit erfolgte in einer vertieften Auseinandersetzung mit Fachliteratur, welche
sich den Themenfeldern Krise, Krisenintervention, Gegenstand Sozialer Arbeit sowie dem
sozialarbeiterischen Tätigkeitsbereich in der Krisenintervention widmet. Ferner werden
Interventionsmöglichkeiten in Form von Zugängen und Ansätzen der Sozialen Arbeit
veranschaulicht sowie weiterführende Ansätze als Ergänzung thematisiert. Demnach werden
verschiedene untergeordnete Fragen verfolgt.
Im ersten Kapitel werden die Grundlagen einer Krise erläutert. Was ist eine Krise und wie kann
sich eine Krise zeigen? Wie können Krisen im Lebensverlauf entstehen und welche
verschiedenen Arten gibt es? Welche Auswirkungen können diese haben und wie lassen sich
Krisen im heutigen gesellschaftlichen Wandel verordnen?
Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen einer Krisenintervention dargelegt. Was ist eine
Krisenintervention und welche Grundprinzipien sowie Ziele beinhaltet sie? Welche Konzepte
gibt es hierzu, die als Orientierungshilfen für die Fachkraft fungieren können?
Im dritten Kapitel erfolgt die Verknüpfung der Krisenintervention mit der Sozialen Arbeit. Was
ist der Gegenstand Sozialer Arbeit? Was beinhaltet die sozialarbeiterische Tätigkeit in der
Krisenintervention und wie lässt sich Soziale Arbeit in einem solchen Kontext verorten?
Schliesslich werden im vierten Kapitel zentrale Zugangsweisen und Ansätze der sozialen
Arbeit in der Krisenintervention erarbeitet. Welche sozialarbeiterischen Zugänge und Ansätze
können in Krisensituationen unterstützend wirken?
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3
Abschliessend werden im fünften Kapitel zwei weiterführende Ansätze aufgezeigt, die
folgende Fragestellung fokussieren: Welche weiterführenden Ansätze können nach einer
akuten Krisenüberwindung hilfreich sein?
Erkenntnisse:
Sozialarbeitende müssen unterschiedliche Fach-, Methoden- und Selbstkompetenzen
aufweisen, um Menschen in Krisen unterstützend zu begleiten. Einerseits müssen
Sozialarbeitende über fundierte Grundlagenkenntnisse bezüglich Krisen und
Krisenintervention verfügen, um einen ersten Zugang zu einem umfassenden
Krisenverständnis sowie deren passenden Intervention zu erlangen. Hierbei ist das Wissen
über Krisengeschehnisse, verschiedene Krisenarten und deren Auslöser sowie Auswirkungen
von Krisen zentral. Das Ziel einer Krisenintervention, welches die Stabilisierung und die «Hilfe
zur Selbsthilfe» fokussiert, ist anzustreben. Aufgrund der belastenden Ausnahmesituation gilt
es, spezifischen Grundprinzipien zu folgen, wie beispielsweise dem Prinzip der
Ressourcenorientierung, der interdisziplinären Zusammenarbeit, des schnellen Beginns und
zeitlichen Begrenzung einer Krisenintervention sowie des strukturierenden Interventionsstils.
Andererseits müssen Sozialarbeitende verschiedene Zugänge und Ansätze für eine
Methodenflexibilität kennen. Dabei ist die Fähigkeit gefordert, diese falladäquat einsetzen zu
können, um der Individualität von Menschen in Krisen gerecht zu werden. Gestützt auf das
Kriseninterventionskonzept BELLA und auf den Gegenstand Sozialer Arbeit werden die
Beziehungsgestaltung, die Herstellung einer sicheren Grundlage mit ihrem schützenden
Kontext und der Herbeiführung von Entlastung, sowie die Ressourcenerschliessung, welche
die Ressourcenorientierung, Netzwerkintervention und die Copinganalyse umfasst,
thematisiert. Und nicht zuletzt müssen Sozialarbeitende eine professionelle Grundhaltung
besitzen, indem sie sich den Betroffenen und ihrer Situation empathisch zuwenden, jedoch
auch einen professionellen und tragfähigen Beziehungsaufbau anstreben.
Literaturquellen (Auswahl):
Kunz, Stefanie, Scheuermann, Ulrike & Schürmann, Ingeborg. (2009). Krisenintervention. Ein
fallorientiertes Arbeitsbuch für Praxis und Weiterbildung (3., aktual. Aufl.). Weinheim und
München: Juventa Verlag.
Sonneck, Gernot, Kapusta, Nestor, Tomandl, Gerald & Voracek, Martin. (Hrsg.). (2012).
Krisenintervention und Suizidverhütung (2., überarb. Aufl.). Wien: facultas wuv.
Stein, Claudius. (2009). Spannungsfelder der Krisenintervention. Ein Handbuch für die
psychosoziale Praxis (1., Aufl.). Stuttgart: W. Kohlhammer.
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4
Vorwort
Meine Motivation, die Bachelorarbeit über Krisenintervention in der Sozialen Arbeit zu
schreiben, basiert auf der Annahme, dass jeder Mensch im Verlaufe seines Lebens mit
kritischen Lebensereignissen oder Krisen konfrontiert wird. Auch die Soziale Arbeit begegnet
in vielen verschiedenen Arbeitsfeldern häufig Klientinnen und Klienten, die sich in solchen
krisenhaften Lebenssituationen befinden. Daher ist meines Erachtens die Soziale Arbeit
verpflichtet, in solchen Begegnungen eine professionelle Unterstützung bei der
Krisenbewältigung zu gewährleisten.
Es war mir wichtig, für die Bachelorarbeit ein Thema auszuwählen, das für meine zukünftige
Tätigkeit von grosser Bedeutung sein wird. Denn in meinen bisherigen Praktika begegnete ich
immer wieder Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen oder sogar in
Lebenskrisen befanden. So auch in meinem ersten Praxismodul in einem Asylzentrum. Mich
interessierte hierbei, wie Krisen in ihrer subjektiven Bedeutung zu Stande kamen, aber auch
insbesondere, wie Sozialarbeitende solche Menschen in ihren Lebenslagen professionell und
adäquat begleiten sowie unterstützen können. Auch in Anbetracht meines zweiten
Praxismoduls, das ich in einer psychiatrischen Tagesklinik absolviere, wie auch für meine
zukünftige berufliche Tätigkeit, denke ich, dass das erarbeitete theoretische Grundwissen
dieser Bachelorarbeit direkt in der Praxis umgesetzt und angewendet werden kann. Da ich
selbst bereits einige Erfahrungen mit grossen Veränderungen und kritischen Lebensphasen
gemacht habe, sowie selbst vor einigen Jahren ein kritisches Lebensereignis durchlebte, zeigt
sich hier ein weiterer persönlicher Zugang. Mittels eigener Ressourcen und unterstützendem
Umfeld konnte ich dieses jedoch bewältigen und an dieser Herausforderung wachsen. Ich
denke, private wie auch berufliche Erfahrungen können zusätzlich für diese Thematik
sensibilisieren, was sich meines Erachtens auch positiv auf die empathische Fähigkeit und
den Umgang mit Menschen in solchen Lebenssituationen auswirken kann.
Es war mir ein grosses Anliegen, die Kriseninterventionsthematik möglichst allgemein zu
halten und weder mit einem spezifischen Praxisfeld oder einer spezifischen Methode, noch mit
einer konkreten Anspruchsgruppe zu verknüpfen. Das Ziel meiner Bachelorarbeit war, durch
diese Allgemeinhaltung der Thematik ein Erkenntnisgewinn zu generieren, der in
verschiedenen Praxisfeldern zur Anwendung kommen kann. Insbesondere wollte ich mich mit
der Krisenentstehung, den verschiedenen Arten und den Auswirkungen von Krisen, mit den
Grundlagen der Krisenintervention, sowie mit der professionellen Tätigkeit von
Sozialarbeitenden in diesem Themenfeld auseinandersetzen. Hierzu habe ich spezifische
Zugänge und Ansätze herausgearbeitet. Denn ich bin überzeugt, dass diese Fokussierung für
mich den grössten persönlichen Lernerfolg und Erkenntnisgewinn für meine zukünftige Praxis
birgt.
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5
Einleitung
Analog der Münchner Krisenstudie von Schleuning und Welschehold (2003) werden täglich,
allein im Ballungsraum München, 30 bis 40 Krisensituationen vermerkt, die innerhalb 24
Stunden professionelle Hilfe benötigen. Alarmierend ist auch die hohe Anzahl von Suiziden
(ca. 9’400/Jahr) und Suizidversuchen (ca. 100’000/Jahr), welche oft Ausdruck von
Hilfslosigkeit und Verzweiflung gegenüber Krisensituationen sind. (vgl. Crefeld & Gahleitner,
2010, S. 36) Solche Zahlen von verschiedenen Studien weisen auf die Notwendigkeit einer
adäquaten Krisenhilfe und professionellen Krisenintervention hin. Sie zeigen auf, wie präsent
Krisensituationen in der Gesellschaft und im menschlichen Leben sind. Crefeld und Gahleitner
(2010) ergänzen hier, dass infolge unbewältigter Krisen oft schwere psychosoziale,
psychische und physische Störungen sowie Krankheiten auftreten können (vgl. S. 36-37), was
einen Handlungsbedarf unterschiedlicher sozialer Professionen und die Wichtigkeit der
Thematik aufzeigt. Bei einer solchen interdisziplinären Aufgabenstellung stellt sich die Frage
nach dem sozialarbeiterischen Aufgabenbereich in der Krisenintervention. Insbesondere wie
Sozialarbeitende die Betroffenen in Krisensituationen unterstützen können und welche
Interventionszugänge sich hier anbieten. Daher lautet die Fragestellung wie folgt:
Mit welchen Zugängen und Ansätzen können Professionelle der Sozialen Arbeit in
Krisen unterstützend sein?
Um sich der Fragestellung anzunähern, werden zuerst im ersten Kapitel allgemeine
Grundlagen einer Krise erarbeitet. Dies erfolgt über eine Begriffsdefinition mit der
anschliessenden Eingrenzung auf die psychosoziale Krise. Danach werden, infolge der
Vielschichtigkeit des Krisenphänomens, drei zentrale Krisenarten aufgezeigt, um die
Subjektivität und die Krisenanfälligkeit im menschlichen Lebensverlauf zu veranschaulichen.
Da Krisen in verschiedene Richtungen verlaufen können, werden die Auswirkungen und
Folgen dargelegt. Abschliessend wird die Krise im heutigen gesellschaftlichen Wandel
verordnet. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen einer Krisenintervention aufgezeigt.
Hierzu werden die Begriffsdefinition, die Ziele und die Grundprinzipien der Krisenintervention
genauer erläutert. Um eine erste Orientierung für Fachkräfte zu schaffen, werden ein
allgemeines Kriseninterventionskonzept, sowie ein sozialarbeiterisches
Gesprächsphasenkonzept vorgestellt. Damit die Brücke zwischen den allgemeinen
Grundlagen von Krisen und Krisenintervention zur sozialarbeiterischen Tätigkeit geschlagen
werden kann, wird im dritten Kapitel der Gegenstand Sozialer Arbeit aufgezeigt und
eigenständig in ihrer Wichtigkeit für die Krisenintervention verknüpft. Im vierten Kapitel werden
grundlegende und hilfreiche Zugänge sowie Ansätze der Sozialen Arbeit in der
Krisenintervention dargelegt, welche sich auf die vorgängigen Inhalte beziehen. Dabei wird auf
die Interventionslogiken der Beziehungsgestaltung, Herstellung einer sicheren Grundlage
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6
sowie auf die Ressourcenerschliessung für eine Krisenbewältigung fokussiert. Abschliessend
werden im fünften Kapitel zwei ausgewählte Ansätze vorgestellt, die nach einer akuten Krise
angewendet werden können.
Die fachspezifische Ausrichtung dieser Arbeit fokussiert die sozialarbeiterische Tätigkeit in der
Krisenintervention sowie deren Zugänge und Ansätze. Da Krisenintervention
berufsübergreifend fungiert und somit eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert, ist es
notwendig, dass die Soziale Arbeit ihre Tätigkeitsbereiche gegenüber anderen Professionen
abgrenzt. Umso wichtiger ist es, eine passende Indikationsstellung zu gewährleisten, wobei
eine Kooperation der verschiedenen Institutionen und Professionen sicherzustellen ist (vgl.
Stein, 2009, S. 19). Des Weiteren können gemäss Stein (2009) Krisen bedeutend für die
Entstehung und den Verlauf von psychischen Störungen sein (vgl. S. 18). Auch Crefeld und
Gahleitner (2010) weisen auf die Verwobenheit von Krisen und Krankheiten hin. Denn nicht
bewältigte Krisen können schwere Erkrankungen nach sich ziehen, aber auch umgekehrt
können schwere Erkrankungen zu Krisensituationen führen. (vgl. S. 41) Aufgrund der
fokussierten Fragestellung und der Abgrenzung von anderen professionsbezogenen
Tätigkeiten, sowie infolge des begrenzten Umfangs dieser Arbeit, werden diese
Themenbereiche nicht vertieft bearbeitet. Auch ist an dieser Stelle festzuhalten, dass sich die
Soziale Arbeit klar abgrenzt von einer Psychotherapie, worauf in der nachfolgenden Arbeit
vereinzelt Bezug genommen wird. Obwohl einzelne Modelle, Zugänge und Ansätze der
Krisenintervention auch bei anderen involvierten Professionen gleich oder ähnlich sind, übt die
Soziale Arbeit einen anderen Auftrag innerhalb der Krisenintervention aus, als beispielsweise
die Psychotherapie.
In der vorliegenden Arbeit wird daher von einer klassischen Krisendefinition ausgegangen, die
primär äussere Belastungen als krisenauslösend betrachtet und somit psychische Krankheiten
als Krisenanlass ausschliesst (vgl. Stein, 2009, S. 18). Deshalb werden psychisch bedingte
Krisen nicht bearbeitet. Eine klare Eingrenzung erfolgt auch, indem sich diese Arbeit von
therapeutischen Interventionen abgrenzt. Deshalb werden die Themenfelder Medikation,
psychische oder physische Störungen sowie therapeutische Ansätze nicht vertieft behandelt,
sondern nur am Rande erwähnt, wenn dies für die Beantwortung der Fragestellung förderlich
ist.
Im Bereich der Krisenintervention scheint die Herausgeberschaft Sonneck, Kapusta, Tomandl
und Voracek (2012) sowie die Literatur von Stein (2009) führend zu sein, da sich diverse
Autorinnen und Autoren auf diese beziehen. Deshalb werden diese Werke primär für die
Grundlagenerarbeitung verwendet.
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7
1 Krise
Da der Krisenbegriff heutzutage teilweise ungenau verwendet wird (vgl. Stein, 2009, S. 21),
ist eine präzise Begriffsdefinition erforderlich. Daher wird im Folgenden ein Konsens der
unterschiedlichen Begriffsdefinitionen gefasst und auf die psychosoziale Krise eingegrenzt.
Anschliessend werden drei Krisenarten und deren Verläufe dargelegt, um die
Krisenanfälligkeit im menschlichen Lebensverlauf aufzuzeigen. Für ein vollumfängliches
Krisenverständnis ist es hilfreich und notwendig, sich auch mit möglichen Auswirkungen von
Krisensituationen sowie der Verordnung von Krisen im heutigen gesellschaftlichen Wandel
auseinander zu setzten.
1.1 Definition
Der Krisenbegriff findet sowohl in politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen
Phänomenen seine Verwendung, auf welche hier jedoch nicht detailliert eingegangen wird.
Dennoch ist festzuhalten, dass auch solche äusseren Belastungen für das Individuum
krisenauslösend sein können. Als Beispiele sind hier Kriegshandlungen, Naturkatastrophen
oder wirtschaftliche Krisen zu nennen, die Einfluss auf die jeweilige Lebenssituation nehmen
können. (vgl. Stein, 2009, S. 22) So könnte eine wirtschaftliche Krise ein Arbeitsplatzverlust
zu Folge haben, die sich zu einer sozialarbeiterisch zu behandelnde Krisen zuspitzen könnte.
Auch ein Verlust der Wohnform aufgrund einer Naturkatastrophe kann sozialarbeiterische
Intervention bedingen. Aber auch Belastungen wie beispielsweise Schicksalsschläge können
Anlässe für Krisen sein (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 32). Das Verständnis von Krise in dieser
Arbeit folgt in Anlehnung an die Klinische Psychologie, welche Krisen als einschneidende
Veränderungen im Leben eines Menschen versteht (vgl. Papastefanou, 2013, S. 24).
Stein (2009) weist auf die Begriffsableitung des altgriechischen Wortes «krisis» hin, die für
Wende, Höhepunkt, Umschlagpunkt oder Entscheidung steht. Genauer formuliert, bezeichnet
es den Wendepunkt eines Entscheidungsprozesses, der richtungsweisend ist. (vgl. S. 21) Die
etymologischen Wurzeln des Begriffs Krise gehen auf das Wort «krinein» zurück, was
«trennen» bedeutet. Diese Herleitung verweist auf eine Unterbrechung von etwas Gewohntem
und darauf, dass Krisen mit einem einschneidenden Ereignis einhergehen. (vgl. Filipp &
Aymanns, 2010, S. 13)
Als konstituierendes Merkmal des Krisenbegriffs nennen Filipp und Aymanns (2010) den
Wendepunkt in einem Entwicklungsgeschehen. Krisen zeichnen sich demnach durch einen
labilen Gleichgewichtszustand aus, der mit maximaler Unsicherheit einhergeht. Die
Ausgangsrichtung einer Krise ist auf ihrem Höhepunkt ungewiss – die Wendung zum Guten
wie auch zum Schlechten ist möglich. (vgl. S. 14) Denn bei solchen Lebenssituationen werden
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8
Anpassungsprozesse und Neuorientierungen gefordert, welche positiv oder negativ ausgehen
können (vgl. ebd., S. 24-25). Treffend zu dieser Herleitung ist auch folgende Definition einer
psychischen Krise: Eine psychische Krise ist «ein belastender, temporärer, in seinem Verlauf
und in seinen Folgen offener Veränderungsprozess der Person, der gekennzeichnet ist durch
eine Unterbrechung der Kontinuität des Erlebens und Handelns, durch eine partielle
Desintegration der Handlungsorganisation und eine Destabilisierung im emotionalen Bereich»
(Ulich, 1987, S. 51, zit. in Filipp & Aymanns, 2010, S. 14). Weiter sprechen Filipp und Aymanns
(2010) im Zusammenhang mit Lebenskrisen das Passungsgefüge an. Dabei stimmt die
Passung von Betroffenen mit ihrer jeweiligen Umwelt nicht mehr überein. Dieses
Ungleichgewicht kann somit nicht mehr durch einfach korrigierende Eingriffe ausgeglichen
werden. Demnach drohen kritische Lebensereignisse sich zu einer Krise zuzuspitzen, wenn
jegliche Versuche der Wiederherstellung der Person-Umwelt-Passung scheitern. Dieser
Verlauf ist durch eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten und Problemlösefähigkeiten
gekennzeichnet und die Person wird zunehmend emotional destabilisiert. (vgl. S. 14) Auch
Weber (2012) spricht ein bestehendes Ungleichgewicht in Krisen an. Jedoch bezieht sich
dieses mehr auf die subjektiv erlebten Schwierigkeiten und den zur Bewältigung verfügbaren
Möglichkeiten, die durch biologische und/oder psychosoziale Belastung nicht mehr
ausbalanciert werden können. (vgl. S. 80) Auch in Anlehnung an Weizsäcker (1940) werden
Krisen als Unterbrechung der Ordnung verstanden, in welcher die Fundamente erschüttert
werden und das Selbstvertrauen schwindet. Nicht krisenbezogene Lebensinhalte werden
dadurch hintergründig. (vgl. zit. in Stein, 2009, S. 20)
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Krisen sich durch einen entscheidenden
Wendepunkt in schwierigen Lebenssituationen auszeichnen, die von Unsicherheit, Aufregung
und Ängsten geprägt sind, eine problematische Konfrontation darstellen, in welchen
Erfahrungswerte wie auch passende Lösungsstrategien zu fehlen scheinen (vgl. Hülshoff,
2017, S. 12). Diese doch leicht voneinander abweichenden Begriffsdefinitionen und ihre
unterschiedlichen Wortverwendungen bedürfen hier noch einer weiteren Konkretisierung.
Diese stützt sich auf psychosoziale Krisen und wird nachfolgend zusammengefasst erläutert.
Sie dient zugleich als Grundstein dieser Arbeit.
1.1.1 Psychosoziale Krise
Wie vorgängig dargelegt, zeigt sich der Krisenbegriff sehr vielschichtig, deshalb führte
Sonneck den Begriff der psychosozialen Krise ein (vgl. Hülshoff, 2017, S. 13). Denn eine Krise
ist typischerweise ein komplexes, psychosomatisches und psychosoziales Geschehen, da
Krisen häufig psychische, soziale und körperliche Probleme nach sich ziehen (vgl. Stein, 2009,
S. 151).
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9
Unter psychosozialer Krise verstehen Sonneck et al. (2012) in Anlehnung an Caplan (1964)
und Cullberg (1978) «den Verlust des seelischen Gleichgewichts, den ein Mensch verspürt,
wenn er mit Ereignissen und Lebensumständen konfrontiert wird, die er im Augenblick nicht
bewältigen kann, weil sie von der Art und vom Ausmass her seine durch frühere Erfahrungen
erworbenen Fähigkeiten und erprobten Hilfsmittel zur Erreichung wichtiger Lebensziele oder
zur Bewältigung seiner Lebenssituation überfordern» (S. 15).
Basierend auf und ergänzend zu dieser Definition formulierte Stein (2009) allgemeine
Charakteristiken einer psychosozialen Krise wie folgt:
«Konfrontation mit belastenden Ereignissen oder neuen Lebensumständen, die
wesentliche Lebensziele in Frage stellen
Gewohnte Problembewältigungsstrategien versagen
Dies macht die Situation rasch bedrohlich und führt zu einer massiven Störung des
psychosozialen Gleichgewichts
Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls
Der Vorgang ist zeitlich begrenzt – es wird versucht, möglichst rasch ein neues
Gleichgewicht herzustellen
Wichtige Weichenstellungen für die Zukunft:
Je nachdem ob konstruktive oder destruktive Bewältigungsschritte überwiegen, besteht
die Chance zur Weiterentwicklung und Reifung oder es entstehen spezifische
Gefährdungen und Fehlentwicklungen» (S. 23)
Die oft überraschende Konfrontation mit belastenden Ereignissen und Lebensumständen,
erscheinen durch Versagen der üblichen Bewältigungsstrategien sehr bedrohlich, was zu einer
innerpsychischen und sozialen Labilisierung führen kann. Gefühle der Angst, Überforderung,
Hilflosigkeit und Kontrollverlust können sich einstellen, wobei das seelische Gleichgewicht wie
auch das Identitätserleben erschüttert werden. Viel Energie wird in die Problembewältigung
investiert, wodurch andere Lebensbereiche in den Hintergrund rücken und dort zusätzliche
Probleme entstehen können. (vgl. Stein, 2009, S. 22-23) Von psychosozialen Krisen sind
gemäss Stein (2009) vor allem schwere psychische Störungen zu unterscheiden (vgl. S. 22),
welche in dieser Arbeit nicht vertieft bearbeitet werden.
1.2 Arten von Krisen
Abgesehen von einer Begriffsdefinition scheint es essentiell für ein zusammenhängendes
Krisenverständnis, sich mit den verschiedenen Krisenarten, deren Verläufen und
Herausforderungen auseinanderzusetzen. Denn gemäss Stein (2009) gehören
aussergewöhnliche Herausforderungen, Belastungen sowie Krisen zum Leben. Jeder Mensch
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10
begegnet solchen Situationen in unterschiedlichen Lebensphasen und Lebensaltern. Doch
nicht jedes belastende Ereignis und jeder herausfordernde Lebensumstand führt automatisch
zu einer Krise. Wie bereits erwähnt, ist dies jeweils abhängig von den verfügbaren Ressourcen
und insbesondere von den eigenen Bewältigungsstrategien. (vgl. S. 20)
Die folgende Klassifizierung stützt sich mehrheitlich auf diejenige von Stein (2009). Auch
Hülshoff (2017) stützt sich auf Steins unterschiedliche Klassifizierungen und deren Kategorien:
Verlustkrisen, Krisen bei Lebensveränderung, Entwicklungskrisen, akute Traumatisierung,
posttraumatische Belastungsstörungen, Zustände des Burnouts, narzisstische Krisen (bei
Persönlichkeitsstörung) sowie psychiatrische Notfälle (vgl. S. 15). Aufgrund der in der
Einleitung genannten Abgrenzung zu anderen Professionstätigkeiten sowie in Anbetracht des
beschränkten Umfangs dieser Arbeit, werden hier drei ausgewählte Krisenarten genauer
beleuchtet. Anhand dieser Auswahl soll die Heterogenität und die Subjektivität von Krisen
aufgezeigt und damit ein praktischer Bezug geschaffen werden.
1.2.1 Verlustkrisen
Fast jeder Mensch wird in seinem Leben mit Verlusten konfrontiert, welche jedoch nicht
zwingend zu Krisen führen müssen. Dennoch gehören solche Erfahrungen zu den
schmerzlichsten, da sie meist nicht vorhersehbar sind. (vgl. Stein, 2009, S. 49) Dieses
Charakteristikum macht gemäss Sonneck et al. (2012) eine Vorbereitung schlecht möglich,
wodurch sie nicht leicht zu verarbeiten sind (vgl. S. 64). Krisen werden durch die
unterschiedlichsten Formen von Verlusten ausgelöst. So kann eine Verlustkrise durch die
Trennung oder durch den Tod einer nahestehenden Person hervorgerufen werden. Auch kann
eine Verlustkrise durch die Einbusse von körperlicher Gesundheit und Unversehrtheit
entstehen, wie zum Beispiel durch Unfallfolgen oder durch schwere Krankheiten. Nicht zu
vergessen sind aber auch symbolische Verluste, wie etwa von Lebenszielen und zentralen
Werten, die eine Verlustkrise auslösen können. (vgl. Stein, 2009, S. 49) Hülshoff (2017) nennt
hierzu noch den Verlust des subjektiven und objektiven Integritätsgefühls, das beispielsweise
nach einer krebsbedingten Brustamputation auftreten kann (vgl. S. 15). Häufig werden solche
schmerzhaften Erfahrungen von einem Trauerprozess begleitet. Dennoch ist eine
Gleichsetzung eines Trauerprozesses und einer Verlustkrise nicht zulässig, da nicht aus jedem
Trauerprozess eine Krise entsteht. (vgl. Stein, 2009, S. 49) Denn schmerzhafte Erfahrungen
spitzen sich erst zu einer Verlustkrise zu, wenn persönliche Bewältigungsstrategien und
Verarbeitungsmodi stark überfordert sind. Dies wiederum ist abhängig von der Verluststärke
für die jeweilige Person, aber auch von dem unterstützenden Umfeld, den eigenen
Erfahrungen, der eigenen Vulnerabilität oder von zusätzlich existierenden Belastungen. (vgl.
ebd., S. 50)
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Hülshoff (2017) weist darauf hin, dass sich bei Verlustkrisen eine erhöhte Verletzlichkeit sowie
Trauer und Kummer einstellen, die auch mit einer Depressionsgefährdung einhergehen
können. Die Krisenintervention bietet sich gut für eine Überwindung solcher Krisen an. Sind
jedoch Übergänge zu einer Depression zu bemerken, sollte eine psychotherapeutische
Behandlung in Betracht gezogen werden. (vgl. S. 15)
Cullberg (1978) konzeptualisiert erstmals durch Verlust ausgelöste Krisen, welche er als
traumatische Krisen bezeichnet, wie folgt: «Die traumatische Krise ist eine durch einen
Krisenanlass mit subjektiver Wertigkeit plötzlich aufkommende Situation von allgemein
schmerzlicher Natur, die auf einmal die psychische Existenz, die soziale Identität und
Sicherheit und die fundamentalen Befriedigungsmöglichkeiten bedroht« (zit. in Stein, 2009, S.
57).
Verlauf von Verlustkrisen bzw. traumatischen Krisen
Der nachfolgende schematische Krisenverlauf stützt sich auf das Verlaufsschema von
Cullbergs sogenannter traumatischen Krise. Da beide Begrifflichkeiten sich durch Verlust
ausgelöste Krisen auszeichnen (vgl. Stein, 2009, S. 57), kann dieses Verlaufsschema an
dieser Stelle beigezogen werden.
1. Phase – Schockphase
Der Krisenschock ist die erste Reaktion auf einen Krisenanlass, der von kurzer Dauer ist
(wenige Sekunden bis zu einem Tag). Die Wirklichkeit wird hierbei abgeschirmt. Aufgrund der
seelischen Aufruhr zeigen sich ziellose Aktivitäten oder ein Rückzug im Verhalten der
Betroffenen. Der Zustand der Betroffenen kann mit dem Begriff der «Betäubung» gefasst
werden, denn es existiert kein Bezug zur Realität. (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 16, 33-34)
Abbildung 1: Krisenverlauf nach Cullberg
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12
2. Phase – Reaktionsphase
In dieser Phase findet eine Konfrontation mit der Realität statt. Betroffene versuchen mittels
psychischer Abwehrmechanismen die Wirklichkeit zu integrieren, wobei häufig
Verdrängungsphänomene, starke Abhängigkeitswünsche, Rationalisierung der Ereignisse,
Sozialer Rückzug oder selbstzerstörerische Tendenzen wie Alkoholkonsum oder
Medikamentenmissbrauch auftreten. Diese Phase ist durch emotionale Reaktionen
gekennzeichnet. Zudem birgt diese Phase auch eine Chronifizierungsgefahr, wenn
Hilfsstrukturen nicht greifen und die Betroffenen sich isolieren. Diese Phase zeichnet sich
demzufolge durch ein erhöhtes Gefahrenpotenzial aus, wobei Apathie, Verzweiflung,
Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Aggression, Wut, Trauer und oft schwere
körperliche Begleitsymptome auftreten können. Zwischenzeitlich können sich jedoch auch
Zeiten der Entlastung einstellen, die Raum für eine Bearbeitung und Neuorientierung zulassen.
(vgl. Sonneck et al., 2012, S. 16, 34)
3. Phase – Bearbeitungsphase
Langsam lösen sich Betroffene vom Schock und zeigen Interesse an Zukunftsperspektiven.
Diese Phase wechselt sich jedoch immer wieder mit der vorherigen ab, da ein neues
Aufflackern der Reaktionsphase während der Krisenbearbeitung möglich ist. (vgl. Sonneck et
al., 2012, S. 16, 34)
4. Phase – Neuorientierung
In der Neuorientierung kann sich der Wendepunkt einer Krise zeigen, wobei die Krise als
innovative Chance, im Sinne von neu gewonnenen Lebenserfahrungen, genutzt werden kann.
Das Selbstwertgefühl steigt und beispielsweise können neue Beziehungen
wiederaufgenommen und gepflegt werden. (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 16-17, 34)
Stein (2009) weist darauf hin, dass der Begriff «Verlustkrise» dem der «traumatischen Krise»
vorzuziehen ist (vgl. S. 50). Denn seiner Ansicht nach kann der Begriff «traumatische Krise»
zu Missverständnissen führen, da dadurch eine traumatische Qualität assoziiert wird. Die
Abgrenzung von posttraumatischen Belastungsreaktionen zu Krisen ist wichtig, da sich
Verlustkrisen trotz Verlaufsparallelen massgeblich in den Vorgängen und in der Art der
Intervention unterscheiden. (vgl. ebd., S. 57) Des Weiteren ist anzumerken, dass krisenhafte
Entwicklungen, die durch Verluste ausgelöst werden, häufig für das Umfeld der Betroffenen
gut nachvollziehbar sind. Daher bieten diese oft ihre Unterstützung an. Wenn ein tragfähiges
soziales Netzwerk existiert, kann auf diesem aufgebaut und als Ressource für den
Bewältigungsprozess genutzt werden. (vgl. ebd., S. 49)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
13
1.2.2 Veränderungskrisen
Veränderungen gehören zum Leben und werden von vielen als positive Ereignisse erlebt (vgl.
Sonneck et al., 2012, S. 36). Veränderungskrisen zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sich
Ereignisse im üblichen Lebensverlauf als krisenauslösend entwickeln. Eine Zuspitzung zu
einer Krise erfolgt oft durch Befürchtungen, Ängste, Verunsicherungen und Überforderungen.
So zum Beispiel kann der Umzug in eine eigene Wohnung, eine Heirat, ein Familienzuwachs,
ein Arbeitsplatzwechsel (vgl. Stein, 2009, S. 60), eine Pensionierung, die Konfrontation mit
dem Sterben (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 36) oder finanzielle Engpässe bei alleinerziehenden
Elternteilen eine Bedrohung darstellen und krisenauslösend wirken. Diese Vielschichtigkeit
von Krisenanlässen deutet auch auf den subjektiven Bedeutungscharakter der Betroffenen
hin. Solche subjektiven Krisenanlässe, welche sich anfänglich teils auch als ein positiver
Anlass zeigen können, können bei Betroffenen, aber auch deren Umfeld nicht immer
nachvollzogen werden, was das eigene Unbehagen noch mehr verstärken kann. Demnach
hängen Veränderungskrisen noch mehr von der subjektiven Bedeutung, von der jeweiligen
individuellen Krisenanfälligkeit und von der Persönlichkeit ab, als bei Verlustkrisen.
Charakteristisch für Veränderungskrisen ist, dass diese sich eher schleichend über einen
längeren Zeitraum zuspitzen. Oft treten sie erst ein, wenn jegliche Bewältigungsversuche
erschöpft sind. (vgl. Stein, 2009, S. 60)
Verlauf von Veränderungskrisen
Caplan (1964) hat einen vierphasigen Verlauf für Veränderungskrisen erarbeitet, wobei das
akute Stadium erst Ende der dritten Phase eintritt und in der vierten voll ausgeprägt ist (vgl.
zit. in Sonneck et al., 2012, S. 36). Erst in der anschliessenden Phase der Bearbeitung und
Neuorientierung können Krisen beendet werden. Hierzu werden oft auch externe Hilfen
beigezogen. (vgl. Hülshoff, 2017, S. 16)
Abbildung 2: Krisenverlauf nach Caplan
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
14
1. Phase – Konfrontation
Während der Konfrontationsphase greifen die gewohnten Problemlösungsversuche nicht
mehr. Persönliche Fähigkeiten, erworbene Strategien und übliche Hilfsmittel zeigen keine
Wirkung mehr und führen zu Spannungen und Unbehagen. (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 17,
36)
2. Phase – Versagen
Der Betroffene nimmt wahr, dass er die Situation nicht mehr bewältigen kann, was das Gefühl
des Versagens hervorruft. Dadurch sinkt das Selbstwertgefühl und der innere Druck steigt an.
Durch die starke innere Not sind Betroffene in dieser Phase besonders bereit, Hilfe
anzunehmen, was die Interventionschance für Helfende erhöht. (vgl. Sonneck et al., 2012, S.
17, 36)
3. Phase – Mobilisierung
Der innere Druck wächst zunehmend, wodurch ungewohnte und neue Mobilisierung
hervorgerufen werden. Dies kann zu zwei unterschiedlichen Resultaten führen. Entweder wird
die Krise mit den neuen Strategien bewältigt oder es erfolgt ein Rückzug aus der Situation.
Beim letzteren wiegt die Gefahr der Chronifizierung besonders schwer, da Ziele aufgegeben
werden und sich eine Resignation einstellt. (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 17, 36)
4. Phase – Vollbild der Krise
Das Vollbild einer Krise zeigt sich, wenn weder die neuen Bewältigungsstrategien erfolgreich
waren, noch ein Rückzug möglich war. Hierbei entsteht ein unerträglicher innerer Druck.
Dieser enorme Druck führt dazu, dass Betroffene rat- und orientierungslos sind. Äusserlich
können diese ruhig wirken, innerlich entsteht jedoch ein tiefgreifendes Chaos, das sich durch
Verzerrung und Verleugnung der Wirklichkeit sowie Konfusionen und Desintegration zeigen
kann. Betroffene sind in ihrem Denken, Fühlen und Handeln gelähmt. Aber auch ungesteuerte
Verhaltensweisen wie Schreien, Toben oder Suizidhandlungen können sich aufgrund dieses
inneren Chaos zeigen. Diese Phase entspricht der Reaktionsphase von Cullberg, die Gefahren
von Krankheiten, Substanzmissbrauch, Chronifizierung und suizidalem Verhalten bergen. (vgl.
Sonneck et al., 2012, S. 17, 37)
5. & 6. Phase – Bearbeitung & Neuanpassung
Der Fokus liegt auf der Bearbeitung des Krisenanlasses, der Situationsveränderung sowie
möglicher Konsequenzen und Belastungen. In der Phase der Neuanpassung werden an die
veränderte Situation neue Anpassungsstrategien entwickelt. (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 37)
Besonders bei Übergängen in Lebensabschnitte und Lebensbereiche, welche
Neuanpassungen, Ablaufsänderungen und Entwicklungsaufgaben mit sich bringen, können
sich Veränderungskrisen entwickeln. Insbesondere in eigenen widersprüchlichen
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
15
Zielsetzungen und motivationalen Konflikten besteht die Gefahr der Überforderung. (vgl. Stein,
2009, S. 60) Genau an dieser Stelle in Bezug auf Entwicklungsaufgaben zeigen sich auch
Überschneidungen zu dem nachfolgenden Unterkapitel der Entwicklungskrisen. Diese werden
zusätzlich separat erwähnt, da besonders für Sozialarbeitende auch
entwicklungspsychologische Aspekte eine zentrale Rolle im Fallverstehen und somit in den
Zugangsweisen für eine professionelle Begleitung in der Krisenintervention darstellen.
1.2.3 Entwicklungskrisen
Entwicklungskrisen fokussieren, im Unterschied zu den bisher genannten Krisenformen,
weniger externe Ursachen, sondern vielmehr typische und unausweichliche Übergänge im
menschlichen Leben. Diese Übergänge bergen Krisenpotenzial, da sie neuartige
Entwicklungsaufgaben darstellen, für deren Bewältigung Erfahrungswerte fehlen. (vgl.
Hülshoff, 2017, S. 16)
Zentral für das Verständnis von Entwicklungskrisen ist das Konzept von Erikson.
Vordergründig bei diesem Konzept ist die Persönlichkeits- und Identitätsbildung. Der
Kerngedanke dieses Konzepts beruht in der Annahme, dass jeder Mensch in seinem Leben
kritische Phasen durchlebt, in welchen er sich mit existenziellen, neuen Aufgaben konfrontiert
sieht. (vgl. Stein, 2009, S. 65) Erikson gliedert das menschliche Leben in verschiedene
Lebensstadien, in welchen bestimmte psychosoziale Entwicklungsaufgaben zu lösen sind,
wobei die Bewältigung gelingen oder scheitern kann. Demnach kann jeder einzelne
Entwicklungsschritt als potenzielle Krise erscheinen. (vgl. Ortiz-Müller, 2010, S. 67) Den
jeweiligen Stadien liegen spezifische Grundkonflikte zugrunde. Mittels geglückter Bewältigung
dieser Grundkonflikte kann eine neue Stufe der Identitätsentwicklung erreicht werden. (vgl.
Stein, 2009, S. 65) Werden vorherige Phasen und deren Entwicklungsaufgaben nicht
gelingend abgeschlossen, kann es zu einer Identitätsdiffusion kommen, die sich negativ auf
den weiteren Entwicklungsverlauf und Lebensvollzug auswirken kann. Diese
Identitätsdiffusion kann sich beispielsweise in Angstzuständen, einem Leistungsabfall oder in
Substanzkonsum äussern. (vgl. Ladisich-Raine & Pernter, 2012, S. 339) Zentral ist, dass die
krisenauslösenden Aspekte der Entwicklungskrisen nach Erikson nicht primär im
Missverhältnis von äusseren Belastungen und verfügbaren Problembewältigungsstrategien zu
suchen sind, sondern vor allem in Persönlichkeits- und Identitätsentwicklungen liegen (vgl.
Stein, 2009, S. 65). Eriksons Ansatz veranschaulicht so auch, «dass Krisen zum Leben
dazugehören» (Ortiz-Müller, 2010, S. 68).
Entwicklungskrisen stellen demnach kritische Lebensabschnitte dar, die mit tiefgreifenden
Veränderungen im Selbsterleben und in Beziehungen verbunden sind. Daher reagiert der
Mensch in solchen Lebensphasen empfindlicher auf äussere Belastungen, zeigt sich
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
16
dementsprechend eher labilisiert und ist somit auch anfälliger für eine zugespitzte
Krisenentwicklung. Infolge dieser Vulnerabilität können Menschen häufiger in eine
psychosoziale Krise geraten. (vgl. Stein, 2009, S. 68) Obwohl Krisen in allen Lebensphasen
und Entwicklungsaufgaben auftreten können, weisen Sonneck et al. (2012) darauf hin, dass
sich besonders Jugendliche (Pubertätskrisen) sowie ältere Menschen (infolge von innerer und
äusserer Isolierung und Mehrfachbelastung) als krisenanfällig zeigen (vgl. S. 66). Festzuhalten
ist auch hier, dass bei missglückter Bewältigung von Grundkonflikten andere therapeutische
Hilfestellungen zugezogen werden sollten. Krisenintervention scheint bei solchen, meist länger
andauernden Störungen und Problemen nicht sinnvoll zu sein. (vgl. Stein, 2009, S. 68)
Demzufolge muss hier eine Abgrenzung zum sozialarbeiterischen Handeln ohne
Zusatzausbildung erfolgen. Eine professionelle Triage zu einem therapeutischen Setting
scheint in solchen Fällen notwendig.
Verlauf von Entwicklungskrisen
Ladisich-Raine und Pernter (2012) heben den Zusammenhang zwischen Entwicklungskrisen
und Veränderungskrisen hervor. Dieser zeigt sich anhand der Bewältigung einer
Veränderungskrise, welche eine Neuorientierung des Individuums, einerseits in Bezug auf sich
selbst und andererseits bezüglich seiner Umwelt, erfordert. Durch diese Neuorientierung
entwickelt sich der Mensch weiter, wobei es bei einer gescheiterten Neuorientierung zu der
bereits genannten Identitätsdiffusion kommt. (vgl. S. 338-339) Somit stellen
Entwicklungskrisen oft auch Veränderungskrisen dar oder können sich auch wechselseitig
bedingen. Eine konkrete schematische Verlaufsdarstellung einer Entwicklungskrise, wie
vorgängig bei den Verlust- oder Veränderungskrisen, konnte nicht ausfindig gemacht werden.
Anhand der Ausführungen von Ladisich-Raine und Pernter (2012) kann nun aber
geschlussfolgert werden, dass Entwicklungskrisen in ihrem Verlauf dem bereits erwähnten
Verlaufsschema der Veränderungskrise entsprechen. Zudem wurde vorgängig bereits
aufgezeigt, dass sich Veränderungskrisen oft auch an Übergängen von Lebensphasen
entwickeln, in welchen Neuanpassungen erforderlich werden und Entwicklungsaufgaben zu
lösen sind (siehe Kapitel 1.2.2).
Die hergeleiteten Krisenmodelle haben keineswegs den Anspruch eines
Klassifizierungsversuchs mit bestimmten Vorgehensweisen für Professionelle. Denn auch
gemäss Papastefanou (2013) scheint es fraglich, solche Klassifizierungen und universelle
Modelle zu fixieren, da Verarbeitungsmuster und Bewältigungsformen von Krisen sehr
individuell sind und demzufolge auch die Interventionen und deren Zugänge im Einzelfall (vgl.
S. 24, 43). Auch die dargelegten Phasenmodelle verlaufen nicht strikt linear in der
Krisenbewältigung, da sich der Mensch in stetiger Wechselwirkung und in der
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
17
Auseinandersetzung mit der zu bewältigenden Umwelt befindet (vgl. Ortiz-Müller, 2010, S. 68).
Denn es ist «fast ausgeschlossen, interindividuelle Regelhaftigkeiten aufzustellen für den
Zusammenhang von bestimmten auslösenden Ereignissen mit der Notwendigkeit und
Intensität einer eintretenden Krise und für jeweils typische Bewältigungsformen» (ebd., S. 70).
Daher sollte die subjektive Bedeutung des Krisengeschehens stets beachtet werden (vgl. ebd.,
S. 70). Die Modelle sollen hingegen veranschaulichen, wie vielschichtig und subjektiv
Krisensituationen sein können und wie der Mensch in seinem Lebenslauf mit
Herausforderungen konfrontiert wird. Auch sollte aufgezeigt werden, wie mögliche
Krisenverläufe sich äussern und zu welchem Zeitpunkt bestenfalls interveniert werden sollte.
1.3 Auswirkungen von Krisen
Wie vorgängig angedeutet, können bei missglückter Krisenbewältigung tiefgreifende Folgen
entstehen. Auf solche Auswirkungen wird in diesem Kapitel nun vertiefter eingegangen.
Hierbei werden auf die Parallelen zwischen krisenbedingten Symptome und Krankheiten nur
bedingt eingegangen. Doch Krisen bergen nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen, wie
anschliessend dargelegt wird.
1.3.1 Gefahrenaspekt
Krisen sind meist ein komplexes psychosomatisches Geschehen, welches oft von evidenten
Symptomen begleitet wird. Durch die subjektiv unerträgliche und überfordernde Situation
können Symptome entstehen, die als Anpassungsversuch verstanden werden können. Das
Spektrum umfasst hier sowohl psychische Symptomatik, welche meist Angst-, Erregungs- und
Spannungszustände sowie depressive Verstimmungen umfassen, als auch vielschichtige
somatische Begleitsymptome, wie Schlafstörungen oder körperliche Leiden, welche von
Magen-Darm-Problemen bis hin zu Hautirritationen reichen können. Häufig stellen somatische
Begleitsymptome den primären Grund des Aufsuchens von Hilfe dar. (vgl. Stein, 2009, S. 40)
Da sich Krisen durch Überforderungssituationen auszeichnen, können sie die Gefahr
fehlgeleiteter Selbstheilungsversuche oder dysfunktionaler Lösungsstrategien bergen, die zu
lebensbedrohlichen Gefährdungen wie etwa Suizidalität, selbstverletzendem Verhalten oder
Drogenmissbrauch führen können. Länger andauernde überfordernde Krisensituationen
können sich auch, wie bereits im vorherigen Kapitel gezeigt, zu einer Chronifizierung
entwickeln, die zum Beispiel körperliche oder schwere seelische und psychische
Erkrankungen hervorrufen können. (vgl. Hülshoff, 2017, S. 12) Zudem können
schwerwiegende Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel psychosoziale Isolation oder
Rückzug, als Folge von Krisen erscheinen (vgl. ebd., S. 13). Auch Ortiz-Müller (2010) weist
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
18
auf die Chronifizierung durch das wiederholte Scheitern von Krisenbewältigung hin, wie etwa
bei Vermeidungsverhalten oder destruktiven Bewältigungsmustern (vgl. S. 69). Jedoch ist zu
erwähnen, dass Krisen nicht die Ursache von psychischen Störungen sind, sondern diese
«nur» eine auslösende Funktion innehaben (vgl. Papastefanou, 2013, S. 44).
Auch Stein (2009) weist explizit darauf hin, dass eine psychosoziale Krise kein krankhafter
Zustand ist, weshalb sie auch nicht im Diagnosehandbuch ICD-10 (International Statistical
Classification of Diseases and Related Health Problems) aufgeführt wird. Seiner Meinung
nach, lassen sich krisenhafte Zustände, der Symptomatik entsprechend, noch am ehesten
unter den Kategorien akuter Belastungsreaktionen (F43.0) und Anpassungsstörungen (F43.2)
erfassen. (vgl. S. 41) Dies vor allem mit der Begründung, dass «der zeitliche Zusammenhang
zwischen einem aussergewöhnlich belastenden Lebensereignis oder einer besonderen
Veränderung im Leben und der Symptomentstehung» (ebd., S. 41) bestehe. Auch wird im
ICD-10 der Schweregrad der Belastungsreaktion unter anderem von den verfügbaren
Bewältigungsstrategien abhängig gemacht (vgl. ebd., S. 41). Akute Belastungsreaktion wird
als vorübergehende Störung bezeichnet, die sich als eine Reaktion auf eine
aussergewöhnliche Belastung entwickelt. In der Regel klingt sie innerhalb von Stunden oder
Tagen wieder ab. Sie ist üblicherweise gekennzeichnet durch eine Art Betäubung, die durch
Bewusstseinseinengung, eingeschränkte Aufmerksamkeit und Desorientiertheit
charakterisiert ist. (vgl. Papastefanou, 2013, S. 44) Stein (2009) sieht hier die Parallelen zur
genannten Schockphase (vgl. S. 41). Die Anpassungsstörung zeichnet sich hingegen durch
eine längerfristige Krisenreaktion aus, die subjektives Leiden und eine emotionale
Beeinträchtigung nach sich zieht und die sozialen Funktionen sowie Leistungen behindert.
Anzeichen können depressive Stimmungen, Angstzustände sowie Schwierigkeiten bei der
Alltagsbewältigung sein. Anpassungsstörungen treten meist ab einem Monat nach dem
Ereignis ein und dauern bis zu sechs Monaten. (vgl. Papastefanou, 2013, S. 44) Zusätzlich
führt Papastefanou (2013) die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) auf, welche jedoch
eine Reaktion auf traumatische Ereignisse darstellt. Sie erfordert eine längerdauernde Psycho-
oder Traumatherapie, um sie zu behandeln. (vgl. S. 45) Gestützt auf das Diagnosehandbuch
ICD-10 ordnet Ortiz-Müller (2010) die PTBS als eine Folgestörung einer zunächst nicht
ausreichend bearbeiteten Traumatisierung ein, wobei er dafür plädiert, dass dies keine
Subform einer Krise darstellt (vgl. S. 69).
Papastefanou (2013) hält jedoch fest, dass in vielen Fällen Krisenreaktionen subklinisch
bleiben, da sie vielfach vorübergehende Irritationen darstellen, die sich nach dem Überwinden
der emotionalen Ausnahmesituation wieder zurückbilden. Daher stellen Krisen grundsätzlich
keinen Krankheitswert dar und hinterlassen bei einer erfolgreichen Bewältigung auch keine
langfristigen Beeinträchtigungen. Erst nach einer bestimmten andauernden Intensität können
Krisenreaktionen behandlungsbedürftig werden. (vgl. S. 44)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
19
1.3.2 Chancenaspekt
Die vorgängigen Herleitungen der verschiedenen Krisenarten weisen darauf hin, dass jeder
Mensch im Laufe seines Lebens mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert wird.
Auch wurde ersichtlich, dass sich solche Herausforderungen erst zu einer Krise entwickeln,
wenn die individuellen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen, sich ein seelisches
Ungleichgewicht einstellt und die Situation zu einer akuten Überforderung führt. Doch Krisen
bergen nicht nur Risiken, sondern auch die Chance zur Veränderung im Sinne eines inneren
Wachstums (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 29).
Diese Beidseitigkeit findet sich auch im chinesischen Begriff für eine Krise wieder. Dieser setzt
sich aus den zwei Schriftzeichen «Wie» und «Ji» zusammen, wobei ersteres Gefahr und
folgendes Chance bedeutet. Daher weist das Schriftzeichen «Ji» explizit auf den
Chancenaspekt einer Krise hin. (vgl. Stein, 2009, S. 21) Passend hierzu das folgende Zitat
von Max Frisch: «Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der
Katastrophe nehmen» (zit. in Stein, 2009, S. 20).
Auch Papastefanou (2013) weist darauf hin, dass Krisen nicht nur schädigend sind. Vielmehr
stellen diese einen Wendepunkt im Leben dar, der bei erfolgreicher Bewältigung die Chance
zu Reifungsprozessen und Weiterentwicklung beinhaltet. (vgl. S. 14) Auch Erikson (1973)
betrachtet Krisen als notwendig, um ein höheres Entwicklungsniveau zu erlangen, im Sinne
einer Reifungskrise eines erneuten Entwicklungsschrittes (vgl. zit. in Weber, 2012, S. 80).
Die erfolgreiche Bewältigung einer krisenhaften Lebenssituation kann zudem Gefühle der Kraft
und Erleichterung nach sich ziehen, wenn nicht teils gar Zufriedenheit und Stolz, diese
gemeistert zu haben (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 29). Des Weiteren können sich bei einer
erfolgreichen Bewältigung neue Erfahrungen und Problemlösungsstrategien entwickeln, die
einen persönlichen Reifungsprozess anregen (vgl. Stein, 2009, S. 20). Gemäss Hülshoff
(2017) können auch Selbstvertrauen und Selbstsicherheit durch die gemeisterte Erfahrung
gestärkt werden (vgl. S. 19). Demnach gehen Menschen nach einer erfolgreich bewältigten
Krise gestärkt hervor, da sie sich neue Bewältigungskompetenzen aneignen konnten, die bei
späteren kritischen Lebensereignissen oder Lebenskrisen angewendet werden können (vgl.
Filipp & Aymanns, 2013, S. 25). In diesem Sinne bringt eine erfolgreiche Krisenbewältigung
bereichernde Lebenserfahrungen, Lösungsstrategien sowie neue Freiheitsgrade und
Handlungsmöglichkeiten hervor (vgl. Hülshoff, 2017, 19).
Abschliessend festzuhalten ist, dass Krisen teilweise sogar als notwendig erachtet werden,
um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen (vgl. Filipp & Aymanns, 2013, S. 25), wobei
Kompetenzen und Bewältigungsstrategien erweitert werden und sich neue
Handlungsspielräume eröffnen (vgl. Hülshoff, 2017, S. 19). Denn «man darf eine Krise niemals
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
20
ungenutzt verstreichen lassen. Eine Krise bietet die Möglichkeit, Dinge zu tun, die man
andernfalls vermeiden würde» (Rahm, 2008, zit. in Stein, 2009, S. 151).
Das Wissen über mögliche Auswirkungen von Krisen gehört demnach zur Fachkompetenz
von Professionellen in der Krisenintervention. Dies vor allem, um das Krisengeschehen
nachzuvollziehen und passende Interventionen für eine Symptomlinderung und für eine
Stabilisierung einzuleiten. Nicht nur die negativen Auswirkungen von Krisen sind zu beachten,
sondern auch die positiven Möglichkeiten für einen Reifungsprozess im Sinne eines
persönlichen Fortschritts.
1.4 Gesellschaftlicher Wandel in Bezug auf Krisen
Die heutigen gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen zeichnen sich durch eine
Enttraditionalisierung aus, die einerseits als Befreiung aus den traditionellen Lebensmodellen
betrachtet werden kann. Andererseits kann der neu gewonnene Spielraum der
Selbstgestaltung und durch den Verlust des Gewohnten, für viele Menschen Unsicherheiten
und Ängste bergen. Dieser Prozess ist durch zunehmende Individualisierung und
Pluralisierung gekennzeichnet, wodurch sich mögliche Lebensformen wie auch Vorstellungen
von Normalität vervielfältigen. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Wahlmöglichkeiten
gesteigert werden, sondern dass das Individuum zwangsläufig auch auswählen muss.
Selbstverständlichkeiten sowie etablierte Verhaltens- und Denkmuster, auf welche nicht mehr
ohne weiteres zurückgegriffen werden kann, lösen sich zunehmend auf. (vgl. Keupp, 2010, S.
26-27) Solche gesellschaftliche Dynamiken, die an Stabilität verlieren, prägen die Lebensform
der Menschen. Gemäss Keupp (2010) wird diese Tendenz des Auflösens von Normalität und
alltäglicher Selbstverständlichkeit «als Zustand der permanenten Krisenhaftigkeit» betrachtet
(vgl. S. 26). Demnach können heutige Entwicklungstendenzen infolge der Krisenhaftigkeit
auch vermehrt zu Krisenzuspitzungen führen.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
21
2 Krisenintervention
Im folgenden Kapitel werden die wichtigsten Grundlagen der Krisenintervention erarbeitet.
Zunächst wird eine begriffliche Definition erläutert, sowie der Anwendungsbereich und seine
Abgrenzung klar dargelegt. Anschliessend werden die Ziele wie auch die spezifischen
Grundprinzipien der Krisenintervention aufgezeigt. Zum Schluss werden ein allgemeines
Kriseninterventions- und ein Gesprächsphasenkonzept vorgestellt, welche sich als
Orientierung für Fachkräfte eignen.
2.1 Definition und Abgrenzung
Die Krisenintervention umfasst jegliche Handlung, die hilfreich für eine Bewältigung der
aktuellen Schwierigkeiten ist, um negative soziale, psychische und medizinische Folgen
vorzubeugen oder abzuwenden (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 15). Konkret umfasst sie
demnach sämtliche Handlungen zur Linderung von krisenbedingten Leidenszuständen. (vgl.
ebd., S. 65). Sie beinhaltet die Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenslagen und
unterstützt diese in der Wiedererlangung ihrer Handlungsfähigkeit, sodass nach Abschluss der
Intervention ein höheres Funktionsniveau erreicht wird (vgl. Papastefanou, 2013, S. 39). Stein
(2009) bezeichnet Krisenintervention als eine eigenständige Methode der Beratung, Therapie
und Behandlung, mit der Menschen in akuten Phasen psychosozialer Krisen unterstützt
werden. Sie gilt als ein berufsgruppen- und methodenübergreifender, integrativer
Behandlungsansatz. (vgl. S. 151)
Eine Definitionsvariante nach Sonneck et al. (2012) lautet wie folgt: «Krisenintervention ist jene
Form psychosozialer Betreuung und Behandlung, die sich mit Symptomen, Krankheiten und
Fehlhaltungen befasst, deren Auftreten in engerem Zusammenhang mit Krisen steht» (S. 65).
Die Vielschichtigkeit der psychischen, sozialen und körperlichen Schwierigkeiten, die eine
psychosoziale Krise nach sich ziehen können, müssen bei der Krisenintervention stets
miteinbezogen werden. Daher sollte diese auch von einem multidisziplinären Team
durchgeführt werden. (vgl. Stein, 2009, S. 151) Es ist essentiell, dass diese vielschichtigen
Zusammenhänge einer psychosozialen Krise erkannt werden und in die jeweilige Intervention
und Krisenbewältigung miteinfliessen (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 16).
Abschliessend ist anzumerken, dass die Methode der Krisenintervention lediglich bei akuten
Krisen erfolgreich anwendbar ist und nicht bei chronischen Krisen oder chronischer Suizidalität
(vgl. Sonneck et al., 2012, S. 20, 67). Denn Psychotherapie und Krisenintervention dürfen auch
infolge ihrer Überschneidungspunkte und fliessenden Übergänge nicht verwechselt werden.
Die Krisenintervention ist als eigenständige Methode zu betrachten, die von verschiedenen
Berufsgruppen angewendet wird. Sie ist keine Psychotherapie, kann jedoch, wenn notwendig,
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
22
den Zugang zu einer solchen eröffnen. Zentral ist, dass die Krisenintervention auf die
momentane Notlage und deren Bewältigung abzielt und somit auch zeitlich begrenzt ist. (vgl.
Papastefanou, 2013, S. 40)
2.2 Ziele
Krisenintervention hat das Herbeiführen einer positiven Wende in Ausnahmezuständen zum
Ziel und möchte Krisenzuspitzungen möglichst frühzeitig verhindern (vgl. Papastefanou, 2013,
S. 46). Nach Sonneck et al. (2012) stellt ein wesentliches Ziel der Krisenintervention die «Hilfe
zur Selbsthilfe» dar. Als erster Handlungsschritt sollte eine Akzeptanz der Krisensituation
angestrebt werden. Betroffene müssen ihre derzeitige Situation für sich akzeptieren und
sollten darin unterstützt werden, für sich selbst mögliche Lösungs- und Bewältigungsstrategien
zu finden. Die aktive Auseinandersetzung scheint hierbei zentral. (vgl. S. 18) Besonders die
eigenen Ressourcen der Betroffenen sowie diejenigen der Umwelt sollten aktiviert werden,
stets mit dem Ziel der Selbsthilfe. Professionelle sollten sich hierbei empathisch zeigen und
die Betroffenen dazu ermutigen, die gegenwärtigen Gefühle zuzulassen und die schmerzhafte
Realität nicht zu verleugnen. (vgl. ebd., S. 66) Demzufolge wird die Wiedererlangung von
Handlungsfähigkeit mittels Selbsthilfemöglichkeiten angestrebt (vgl. Papastefanou, 2013, S.
46). Stein (2009) ergänzt weiter, dass für eine solche Zielverfolgung die Stützung und
Stabilisierung der Betroffenen elementar ist. Die gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse und
Einsichten sollten dann anschliessend in den Lebenssituationen und im Alltag umgesetzt
werden. Er unterscheidet hierbei zwischen kurzfristigen und langfristigen Zielen. (vgl. S. 152)
Kurzfristige Ziele:
«Erkennen von Gefährdung, Abwenden von unmittelbarer Bedrohung für das Leben und
die körperliche Unversehrtheit aller Beteiligten
Rasche Beseitigung von quälenden Symptomen» (ebd., S. 152)
Mittelfristige Ziele:
«Wiederherstellung des Selbstwertgefühls
Wiedererreichen von Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit
Finden und Erproben alternativer und konstruktiver Handlungsweisen» (ebd., S. 152)
Demzufolge stellen für eine sinnvolle Krisenbewältigung die kurzfristigen Ziele eine
Grundvoraussetzung dar. Erst nach einer Gefährdungsabklärung, allfälligen Massnahmen
sowie nach der Symptomlinderung können mittelfristigen Ziele angegangen werden. Das
Minimalziel der Krisenintervention besteht darin, dass Betroffene durch die erfolgte
Stabilisierung ihren Alltag wieder eigenständig bestreiten können, wobei vor allem die
genannten mittelfristigen Ziele fokussiert werden. Nach einer erfolgreichen Bewältigung zeigt
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
23
sich dann der Chancencharakter von Krisen (siehe Kapitel 1.3.2), indem Betroffene neue
Einsichten und Erfahrungen gesammelt sowie zusätzliche Handlungsweisen erlernt haben.
(vgl. Stein, 2009, S. 152)
In der Krisenintervention werden kurzfristig realisierbare Ziele angestrebt, denn tiefgreifende
Persönlichkeitsänderungen werden in Zeiten akuter Krisen nicht als sinnvoll erachtet (vgl.
Sonneck et al., 2012, S. 66). Destruktive Lösungsversuche, die in der aktuellen Situation als
einziger Ausweg erscheinen, sollten in der Zusammenarbeit reflektiert werden, wobei
gemeinsam nach Alternativen gesucht werden sollte (vgl. ebd., S. 19). Beispiele für destruktive
Lösungsversuche aus der Praxis der Sozialen Arbeit könnte eine sofortige Kündigung der
Arbeitsstelle oder das Verbrennen von lange ungeöffneter Post darstellen. Erlernte, gewohnte
und bisherige Strategien, die nicht mehr ausreichen, können durch Passendere ergänzt und
erweitert werden – es können neue Wege eingeschlagen werden, wobei erneut der
Chancenaspekt zum Tragen kommt (vgl. ebd., S. 19). Ziel der Krisenintervention ist
demzufolge, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen wiederherzustellen
und sie darin zu unterstützen, die aktuelle, aber auch zukünftige ähnliche Situationen selbst
bewältigen zu können (vgl. ebd., S. 19). Denn wie es einst Buddha formulierte: «Wenn du
jemandem ein wenig hilfst, stärkst du ihn. Aber hilfst du ihm zu viel, schwächst du ihn» (zit. in
Stein, 2009, S. 151).
2.3 Grundprinzipien
Aufgrund der Vielschichtigkeit und Komplexität von Krisen kann sich die Vorgehensweise,
insbesondere für Fachkräfte mit geringem Erfahrungswert, als herausfordernd darstellen (vgl.
Stein, 2009, S. 153). Daher scheint es sinnvoll, sich an gewissen Strukturen und
Grundprinzipien zu orientieren, welche im Folgenden kurz erläutert werden. Widulle (2012)
merkt hierzu an, dass in der Krisenintervention teils spezielle Regeln gelten, die bei anderen
Settings weniger zum Zuge kommen, «da sie die Autonomie und Selbstwirksamkeit der
Klienten einschränken würden» (S. 222). Pragmatische, lösungsorientierte, strukturierende,
unterstützende, direktive sowie eingreifende Massnahmen haben in Krisen Vorrang (vgl. ebd.,
S. 222).
Abbildung 3: Ziel der Krisenintervention – «Hilfe zur Selbsthilfe»
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
24
Rascher Beginn, richtige Indikationsstellung und Flexibilität:
Kriseninterventionsangebote müssen schnell verfügbar sein, um allfällige Eskalationen, wie
beispielsweise Gewaltanwendungen oder Suizidgefährdungen, zu vermeiden (vgl. Stein,
2009, S. 153). Denn infolge langer Wartezeiten steigt das Risiko der Chronifizierung oder
regressiver Tendenzen sowie ungünstiger Bewältigungsmuster (vgl. Papastefanou, 2013, S.
47). Mit einem schnellstmöglichen Beginn der Intervention können zusätzliche Belastungen
und die weitere Zuspitzung der Situation verhindert werden. Wünschenswert wäre eine
Kontaktaufnahme innerhalb eines Tages. Ein Erstgespräch sollte innert 24-48 Stunden
durchgeführt werden. Um dies zu gewährleisten, benötigt es eine gute und flexible
Zusammenarbeit der Helfenden. (vgl. Stein, 2009, S. 153-154) Denn der Handlungsbedarf ist
je nach Krise sehr unterschiedlich. Je nach Situation ist Hilfe im sozialen, psychologischen
aber auch biologisch-medikamentösen Bereich erforderlich. (Sonneck et al., 2012, S. 67) Eine
richtige Indikationsstellung und Flexibilität im Umgang mit den Betroffenen aber auch in den
interdisziplinären Teams ist essentiell, sodass Fachkräfte aufgrund der jeweiligen Situation
individuell agieren und triagieren können. Hierbei sollte eine personenspezifische
Methodenflexibilität angewendet werden. (vgl. Stein, 2009, S. 154-155, 186).
Verständnis für die subjektive Bedeutung einer Krise, sowie Zuwendung, Zuversicht und Entlastung:
Den Betroffenen sollte mit einer einfühlsamen Zuwendung begegnet werden. Diese
Atmosphäre signalisiert, dass die jeweilige Situation ernst genommen wird. Professionelle
müssen Handlungsfähigkeit ausstrahlen und eine grundlegende Zuversicht vermitteln, um
Ohnmachtsgefühlen oder Gefühle der Verzweiflung und Hilflosigkeit vorzubeugen. Dies
bedingt jedoch, dass Fachkräfte für die subjektive Bedeutung der jeweiligen Krise sowie für
die bisherigen Bewältigungsstrategien ein Verständnis entwickeln. (vgl. Stein, 2009, S. 154)
Fachkräfte müssen eine adäquate Entlastung des emotionalen Drucks gewährleisten, jedoch
nur soweit, wie der Veränderungswunsch existent ist (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 67). Nebst
dem Zulassen der emotionalen Verarbeitung sollten aber auch die rationalen Sichtweisen
gefördert werden (vgl. Widulle, 2012, S. 222).
Verschwiegenheit:
Voraussetzung für ein offenes Gesprächsklima ist ein transparenter Umgang mit der
Verschwiegenheitspflicht. Obwohl Menschen in Krisensituationen eine grosse Bereitschaft
zeigen, ihre Probleme offenzulegen, müssen sie sicher sein können, dass dies in einem
geschützten Rahmen stattfindet und nichts nach aussen dringt. In gewissen Fällen der Selbst-
und Fremdgefährdung, wie beispielsweise bei drohendem Suizid, bei Gewaltbereitschaft, oder
auch bei Jugendlichen, kann die Verschwiegenheit nicht immer eingehalten werden. Hier ist
es notwendig, den Betroffenen gegenüber transparent zu sein und sie darüber aufzuklären,
welche Informationen weitergereicht werden müssen. (vgl. Stein, 2009, S. 154)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
25
Fokus auf die aktuelle Problemlage:
Infolge zeitlicher Begrenzung muss die Krisenintervention immer auf die aktuelle Situation
abgestimmt sein. Psychodynamische und biografische Zusammenhänge sind
miteinzubeziehen, sofern sie für eine Verbesserung der Situation und für ein Verständnis des
Verhaltens und der Gefühle der Betroffenen beitragen. (vgl. Stein, 2009, S. 154) Sonneck et
al. (2012) fügen hierzu an, dass die lebensgeschichtlichen Zusammenhänge jedoch immer
auch mitberücksichtigt werden müssen (vgl. S. 67).
Lösungs- und Ressourcenorientierung:
Um eine schnellstmögliche Entlastung herbeizuführen, wird vorerst versucht, bereits
vorhandene Problemlösungsstrategien und Ressourcen zu aktivieren. Zeigen sich diese als
unwirksam und dysfunktional, sollten nach Alternativen gesucht werden. Vorzugsweise
nehmen Professionelle hierbei eine unterstützende Funktion ein, damit möglichst viel von den
Betroffenen selbst eingebracht und entwickelt wird. Denn Eigeninitiative und eigene
erfolgreiche Lösungsschritte stärken das Selbstvertrauen der Betroffenen. (vgl. Stein, 2009,
S. 154) Eine konfliktorientierte Beratung ist zu vermeiden, um Krisen nicht zu verschärfen.
Zudem sind Betroffene in akuten Krisen meist nicht fähig, zusätzliche Problemstellungen zu
verarbeiten. (vgl. Widulle, 2012, S. 222)
Aktiver und strukturierter Interventionsstil und Förderung der Selbsthilfemöglichkeiten:
Den passenden Interventionsstil zu finden, kann eine Herausforderung darstellen. Da
Menschen in Krisen oft in einer schlechten Verfassung sind, wird vorerst meist ein aktiver und
direkter Interventionsstil angewendet. Bei gravierendem Gefahrenpotenzial erfordert dies auch
einen direktiven Interventionsstil. Die Handlungen variieren je nach Situation individuell
zwischen Beratung, Information oder Vermittlung von anderen Hilfsmöglichkeiten. Die
Autonomie muss hierbei gewahrt werden, jedoch ohne die Betroffenen mit ihren derzeitigen
Fähigkeiten zu überfordern. Dennoch sollte die oben genannte «Hilfe zur Selbsthilfe»
angestrebt wobei Selbsthilfemöglichkeiten gefördert werden. (vgl. Stein, 2009, S. 154) Bei den
Aktivitäten der Fachkraft ist darauf zu achten, dass diese immer auch die Gefahr der
Abhängigkeit in sich bergen, welche möglichst klein zu halten ist (vgl. Sonneck et al., 2012, S.
67). Doch mittels eines stark strukturierenden, direktiven Interventionsstils können fehlende
Strukturen aufgebaut sowie Klarheit gegen Verwirrung geschaffen werden (vgl. Widulle, 2012,
S. 220, 222).
Zeitliche Begrenzung:
Die Krisenintervention ist durch ihre zeitliche Begrenzung charakterisiert (vgl. Papastefanou,
2013, S. 47). Der zeitliche Rahmen beinhaltet ungefähr fünf bis zwölf Gespräche in einer
Zeitspanne von zwei bis drei Monaten. Da Krisen sehr individuell sind, kann dieser zeitliche
Rahmen variieren. Er ist auch stark abhängig von dem Zustand der Betroffenen. Besonders
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
26
der Beendigung der Intervention ist viel Aufmerksamkeit zu schenken, da sich diese aufgrund
des engen Beziehungsaufbaus als herausfordernd zeigen kann. (vgl. Stein, 2009, S. 155)
Einbeziehung der Umwelt:
Für eine erfolgreiche Krisenintervention ist der Einbezug des sozialen Umfelds sehr wichtig,
da die soziale Unterstützung als Eckpfeiler der Krisenintervention gilt (vgl. Stein, 2009, S. 155).
Oft zeigen sich im sozialen Kontext Ressourcen, welche für eine Krisenbewältigung genutzt
werden können (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 67).
Interdisziplinäre Zusammenarbeit:
Da Krisenintervention berufsübergreifend fungiert, benötigt es eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit, in der ein enger Austausch und gegenseitige Unterstützung gepflegt
werden. Wichtig hierbei ist, dass eine bestimmte Person als Hauptansprechperson gilt, welche
auch die Intervention koordiniert. Dadurch werden einheitliche Informationen und
Empfehlungen gewährleistet und die Betroffenen können die involvierten Personen nicht
gegeneinander ausspielen. Eine klar strukturierte und enge Zusammenarbeit verhindert
zusätzliche Schwierigkeiten sowie Konflikte und gewährleistet eine konstruktive
Krisenbegleitung. (vgl. Stein, 2009, S. 155-156) Auch Widulle (2012) warnt vor Alleingängen
von Fachkräften bei schweren Krisen und plädiert für eine Kooperation mit anderen
Fachkräften (vgl. S. 222).
2.4 Allgemeines Kriseninterventionskonzept – BELLA
Die Gemeinsamkeit unterschiedlicher Kriseninterventionskonzepte zeigt sich vor allem in der
Arbeit «an der Beziehung, am aktuellen Anlass, an der emotionalen Situation und an der
Einbeziehung der Umwelt» (Sonneck et al., 2012, S. 21). An dieser Stelle wird jedoch nur ein
ausgewähltes Kriseninterventionskonzept, genannt BELLA, vorgestellt, welches für akute
Krisensituationen und Krisenzustände konzipiert wurde (vgl. ebd., S. 105). Mit seinen fünf
Basispfeilern bietet es eine grobe Orientierungshilfe für Fachkräfte der Krisenintervention und
bildet zugleich die Grundlage der späterfolgenden Zugänge und Ansätze.
Beziehung aufbauen
Einen einladenden Anfang schaffen
Dem Klientel aufmerksam und einfühlsam zuhören
Dem Klientel vermitteln, dass er/sie ernst genommen wird und dass ein Bewusstsein
seiner/ihrer Schwierigkeiten besteht (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 106)
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27
Erfassen der Situation
Auseinandersetzung mit den Gründen des Treffens
Auseinandersetzung mit dem Krisenanlass und den davon unmittelbar Betroffenen
Auseinandersetzung mit der derzeitigen Lebenssituation des Klientel
Auseinandersetzung mit möglichen Veränderungen durch die aktuelle Situation (vgl.
Sonneck et al., 2012, S. 107)
Linderung von Symptomen
Eingehen auf die emotionale Situation (Panik, Depression, Suizidrisiko erhellen)
Versuchen das Klientel zu entlasten (Gefühlsäusserungen, Prioritätssetzung der
Bedürfnisse, Übungen zur Entlastung, wenn notwendig Medikation) (vgl. Sonneck et
al., 2012, S. 107)
Leute einbeziehen, die unterstützen
Hilfssystem des Klientel einsetzen
Wenn notwendig andere Hilfssysteme einrichten, wie zum Beispiel Selbsthilfegruppen
und andere Institutionen (vgl. Sonneck et al., 2012, S. 108)
Ansatz zur Problembewältigung finden
Unterstützen, das eigentliche Problem zu definieren
Unterstützen, Widersprüchlichkeiten zu erkennen
Erfassung der gefühlsmässigen und realen Bedeutung des Problems
Bei der Entscheidung zu Veränderungen unterstützen (vgl. Sonneck et al., 2012, S.
108)
2.5 Gesprächsphasenkonzept und Ablauf für Krisengespräche
Gemäss Ortiz-Müller (2010) fällt es infolge der Komplexität und Subjektivität von
Krisensituationen sowie infolge unterschiedlicher Herangehensweisen schwer, ein
allgemeingültiges Handlungsmodell für Professionelle zu konzipieren. Daher haben sich
mittlerweile verschiedene Modelle herauskristallisiert. (vgl. S. 70) Um sich an der
Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit zu orientieren, wurde an dieser Stelle das
Gesprächsphasenkonzept für Krisengespräche nach Wolfgang Widulle (2012) ausgewählt. Es
bietet eine konkrete Orientierung für die Krisenintervention in der Sozialen Arbeit.
1. Kontakt & Situationsklärung: Begrüssung, Rapport, Rahmen
Nach einer ersten Begrüssung und Kontaktaufnahme gilt es vorerst die Krise anzuerkennen
und das Befinden des Klientel abzuklären, sowie auch irritierende Äusserungen zuzulassen
und ernst zu nehmen, insbesondere auch allfällige suizidale Äusserungen. Menschen in
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
28
Krisensituationen können zu Beginn oft starke Emotionalität sowie ein verwirrtes, deprimiertes,
zorniges oder resigniertes Auftreten zeigen. Häufig werden widersprüchliche Gefühle
geäussert und ihre Handlungsfähigkeit, wie auch die Rationalität ist beeinträchtigt. Dies in
Kombination mit krisenbedingtem Stress, kann das Denken und Handeln stark beeinflussen.
Durch das Aussprechen dieser Gefühlslagen kann eine erste innere Distanzierung ermöglicht
werden. Erst anschliessend sollte das Setting geklärt werden. Zentral ist hier auch die explizite
Benennung der aktuellen Situation als Krise. (vgl. Widulle, 2012, S. 219)
2. Problemanalyse und Problemdefinition: Situationsanalyse, Coping und Ressourcen
In einer ersten Situationsanalyse werden gemeinsam systematisch Informationen eruiert und
geordnet. Mittels freiem Berichten seitens Klientel und gezieltem Fragen der Fachkraft werden
die notwendigen Informationen eingeholt. Damit eine Strukturiertheit entsteht, können auch
geschlossene Fragen gestellt werden. Ein direktives Vorgehen seitens der Fachkraft kann sich
als notwendig erweisen, wenn sich Betroffene in einer Überforderungssituation befinden.
Primär ist zu klären, welche Krise vorliegt und was deren Auslöser war. Auch die Betroffenheit
des Klientel und dessen Umfeld sind zu erfassen und ein allfälliges Risiko von impulsiven
Handlungen, Selbst- oder Fremdgefährdung ist einzuschätzen. Anschliessend erfolgt eine
Coping- und Ressourcenanalyse. Die bisherigen Bewältigungsstrategien werden auf ihre
Nützlichkeit hin abgeklärt, sowie innere als auch äussere Ressourcen besprochen, damit
unterstützende Faktoren erkennbar werden. Mittels klaren und verständlichen Worten wird in
der Problemdefinition die geschilderte Krise von der Fachkraft zusammengefasst. Bereits an
dieser Stelle können Rückmeldungen zu den Bewältigungsversuchen gemacht werden. Im
Erstgespräch muss die Fachkraft ihre eigene Rolle, Aufgabe und Zuständigkeit abklären und
sich sicher sein, dass sie die richtige Ansprechperson ist. Es muss festgestellt werden, ob
noch weitere Personen wie Angehörige oder andere Fachpersonen einzubeziehen sind. Dies
muss auch in allfälligen Folgegesprächen stetig überprüft werden. In diesen wird der
Krisenverlauf und insbesondere werden stützenden Massnahmen und
Bewältigungsstrategien besprochen, sowie die Erfahrungen der Betroffenen reflektiert. Es ist
wichtig, dass hierbei die Stärken und Erfolge fokussiert werden und nicht
Konfliktbearbeitungen, Kritik oder Konfrontationen. Letzteres könnte den stützenden
Charakter der Hilfestellung gefährden. (vgl. Widulle, 2012, S. 220)
3. Zieldefinition: Klientenziele, Ziele der Fachkraft, Bedingungen aushandeln
Bereits im Erstgespräch wird der Rahmen für das Begleitsetting und deren Bedingungen
abgesteckt. Insbesondere müssen hier auch die Ziele der Betroffenen sowie diejenigen der
Fachkraft geklärt und konkrete Bedingungen formuliert und ausgehandelt werden. Wenn
Betroffene aufgrund der überfordernden Krisensituation keine oder nur wenige Vorschläge
einbringen können, sollten die Fachkräfte konkrete Vorschläge unterbreiten. Es ist darauf zu
achten, dass die Zielsetzungen innerhalb der zeitlichen Begrenztheit der Krisenintervention
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
29
auch realisierbar sind. Mögliche Hauptziele der Fachkraft könnten zum Beispiel folgende sein:
Anspannung, Stress und Anforderungen reduzieren sowie Entlastung bieten. Zudem die
Vermeidung von Komplikationen, Gefährdungen abwenden, sowie die Unterstützung für eine
konstruktive Krisenverarbeitung und für die Stabilisierung der Betroffenen gewährleisten. (vgl.
Widulle, 2012, S. 220-221)
4. Problembearbeitung: Handlungsstrategie, Plan, Umsetzung
Von den gesetzten Zielformulierungen werden Handlungspläne abgeleitet. Der strukturierende
Stil kann auch hier zum Tragen kommen. So können im Gegensatz zu Nicht-Krisensituationen
mehr Vorgaben und Vorschläge oder wenn nötig Anweisungen und direkte Instruktionen
notwendig sein. Das Einverständnis der Betroffenen sollte hierbei stets eingeholt werden. Die
Bedürfniseinschätzungen seitens Klientel sollte jedoch immer sorgfältig mit den eigenen
fachlich-persönlichen Situationseinschätzungen abgeglichen werden, um förderliche
Handlungsschritte umzusetzen. Denn die Fachkraft muss sich sicher sein, dass diese
tatsächlich eine Entlastung und Unterstützung für das Klientel darstellen. Des Weiteren
müssen auch Notfallmassnahmen festgelegt werden – insbesondere wer welche Aufgabe bei
einer Eskalation übernimmt und wie die Erreichbarkeit in Notsituationen geregelt ist, zum
Beispiel durch Notfallnummern, Stellvertretungen oder Kooperationspartner. (vgl. Widulle,
2012, S. 221, 223)
5. Zusammenfassen: Einordnen, Vereinbarungen, Aufgaben
Bei diesem Vorgehensschritt werden Massnahmen und konkrete Handlungen vereinbart, um
mittels Strukturen und Aufgaben Halt zu geben. Mögliche Beispiele wären eine geregelte
Tagesstruktur aufzubauen, tägliche Tagebuchführung, vereinbarte Telefonate oder diverse
Vereinbarungen wie beispielsweise das Aufsuchen von Freunden. Die Verschriftlichung
solcher Aufgaben kann als Gedächtnisstütze fungieren und hilfreich für die Vorsatzbildung
sein. (vgl. Widulle, 2012, S. 221-222)
6. Situation abschliessen: Blitzlicht, Abschied, nächster Kontakt als Anker
Abschliessend kann mittels eines kurzen Blitzlichtes erfasst werden, ob das Gespräch hilfreich
und erleichternd für das Klientel war. Auch sollte explizit darauf hingewiesen werden, dass der
Kontakt gehalten wird und bei Bedarf eine Kontaktaufnahme jederzeit, auch vor vereinbarten
Terminen, erfolgen kann. (vgl. Widulle, 2012, S. 222)
Der Ablauf wie auch die Interventionsdauer gestalten sich je nach Situation sehr
unterschiedlich. So kann es sein, dass bereits nach dem Erstgespräch eine ausreichende
Weichenstellung erfolgte und die Krisenintervention beendet ist. Es gibt aber auch
Kriseninterventionen, die sich beim Erstgespräch vorerst «nur» auf den Beziehungsaufbau
konzentrieren. (vgl. Stein, 2009, S. 162) Im Allgemeinen wird im Erstgespräch die aktuelle
Problemsituation, der Krisenauslöser und allfällige Gefährdung geklärt. Ressourcen für eine
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
30
Krisenbewältigung werden analysiert sowie Rahmen und Ziele der Intervention besprochen.
Hierzu zählt das Vorbesprechen des weiteren Vorgehens, die Gesprächshäufigkeit und
weitere Unterstützungsmassnahmen. Im Vordergrund stehen vor allem auch die Anerkennung
der Krise sowie gemeinsame Vereinbarungen bei einer allfälligen Krisenverschärfung. (vgl.
Widulle, 2012, S. 215-216) Gemäss Stein (2009) ist ein Erstgespräch gelungen, wenn eine
unmittelbare Gefährdung abgewandt und eine tragfähige Beziehung aufgebaut sowie ein
Folgetermin verlässlich vereinbart werden konnte (vgl. S. 162).
Die Folgegespräche sind auf die Stabilisierung und Krisenbewältigung sowie auf die
emotionale und soziale Situation fokussiert. Positive Handlungsmöglichkeiten sollten
geschaffen werden, sodass erste Erfolge seitens der Klientel bemerkt werden können.
Stärken, Entlastungen, innere Kräfte und soziale Netzwerke sollten gefördert und aktiviert
werden. Im Abschlussgespräch erfolgt ein Rückblick auf die Intervention und ihre Wirksamkeit.
Es wird geklärt, ob Belastung und Bewältigungsfähigkeit in einem guten Gleichgewicht liegen.
(vgl. Widulle, 2012, S. 216) In der Fachliteratur wird an verschiedenen Stellen empfohlen, nach
einer Weile noch ein Nachfolgegespräch (Follow-up) durchzuführen, auch wenn die
Intervention erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Dies kann den Betroffenen zusätzlich
Sicherheit bieten und kann als abschliessende Standortbestimmung betrachtet werden. Auch
kann damit eine Indikation für ein weiterführendes Hilfsangebot, wie zum Beispiel für
Psychotherapie, überprüft werden. (vgl. Ortiz-Müller, 2010, S. 71; Widulle, 2012, S. 216)
Die Grundlagenerarbeitung der Krisenintervention ergab, dass die Krisenintervention eine
eigenständige Methode darstellt, welche spezifischen Grundprinzipien folgt. Die Zielsetzung
der Stabilisierung ist zentral, um in einem nächsten Schritt die «Hilfe zur Selbsthilfe»
anzustreben. Allgemeingültige Kriseninterventions- und Gesprächsphasenkonzepte bieten
eine erste Orientierungshilfe für Professionelle. Im nachfolgenden Kapitel wird nun der
Tätigkeitsbereich von Sozialarbeitenden aufgezeigt.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
31
3 Krisenintervention in der Sozialen Arbeit
Im folgenden Kapitel wird die Verknüpfung der Krisenintervention mit der Sozialen Arbeit
hergestellt. Um sich dieser anzunähern, erfolgt als Erstes eine allgemeine Definition von
Sozialer Arbeit. Darauffolgend wird der Gegenstandsbereich Sozialer Arbeit erläutert und
seine Bedeutung bezüglich der Krisenintervention dargelegt. Abschliessend erfolgt eine
Konkretisierung und Rahmung der Sozialen Arbeit in der Krisenintervention, wobei auch ihre
Zuständigkeitsgrenzen aufgezeigt werden.
3.1 Definition Sozialer Arbeit
«Soziale Arbeit fördert als Profession und wissenschaftliche Disziplin gesellschaftliche
Veränderungen und Entwicklungen, den sozialen Zusammenhalt und die Ermächtigung und
Befreiung von Menschen. Dabei sind die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, der
Menschenrechte, der gemeinschaftlichen Verantwortung und der Anerkennung der
Verschiedenheit richtungsweisend. Soziale Arbeit wirkt auf Sozialstrukturen und befähigt
Menschen so, dass sie die Herausforderungen des Lebens angehen und Wohlbefinden
erreichen können. Dabei stützt sie sich auf Theorien der eigenen Disziplin, der Human- und
Sozialwissenschaften sowie auf das Erfahrungs-Wissen des beruflichen Kontextes. Diese
Definition kann auf nationaler und/oder regionaler Ebene weiter ausgeführt werden.»
(AvenirSocial, 2015, S. 2) Die genannte Definition entspricht der globalen Definition der
Sozialen Arbeit, welche im Juli 2014 von der IFSW (International Federation of Social Workers)
verabschiedet und von AvenirSocial ins Deutsche übersetzt wurde (vgl. AvenirSocial, 2015, S.
1). Diese Definition zeigt auf, wie vielschichtig die Tätigkeit und das Arbeitsfeld von
Sozialarbeitenden ist. Daher gilt es vorerst, sich dem Gegenstand Sozialer Arbeit noch mehr
anzunähern.
3.2 Gegenstand Sozialer Arbeit
Soziale Arbeit findet in unterschiedlichen Praxisfeldern ihren Aufgabenbereich. Denn gemäss
AvenirSocial (2014) befassen sich Professionelle der Sozialen Arbeit mit dem Vorbeugen,
Lindern und Lösen von Problemen, welche durch die Eingebundenheit des Menschen in der
Gesellschaft entstehen können. Demzufolge stellt der Gegenstand Sozialer Arbeit die
Bearbeitung «sozialer» Probleme dar, sodass Menschen ihren biologischen, psychischen,
sozialen, ökonomischen und kulturellen Bedürfnisbefriedigungen möglichst unbehindert
nachgehen können. (vgl. AvenirSocial, 2014) Soziale Probleme werden hier in einem
systemischen Paradigma aufgefasst. Sie stellen Probleme von Individuen dar, die im
Zusammenhang mit sozialen Interaktionsprozessen entstehen können. Sie beziehen sich auf
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
32
soziale und kulturelle Barrieren in Abhängigkeit von ihrer gesellschaftlichen Position, die eine
Bedürfnisbefriedigung erschweren oder verunmöglichen. (vgl. Staub-Bernasconi, 2012, S.
271-272) Solche Problemlagen können sich aus verschiedenen Gründen entwickeln, wie zum
Beispiel «durch unterschiedliche persönliche und/oder soziale Voraussetzungen, durch die
Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, durch den gesellschaftlichen, politischen
oder ökonomischen Wandel, aber auch durch behindernde Machtprozesse und -strukturen»
(AvenirSocial, 2014). Analog Maja Heiner (2007) lässt sich der Gegenstandsbereich von
Sozialer Arbeit jedoch nicht nur ausschliesslich auf soziale Probleme beschränken. Vielmehr
weitet sich der Gegenstand auf weitere individuelle Problemlagen aus, welche nicht zwingend
eine Folge von sozialen Problemen sein müssen. Deshalb schlägt Heiner vor, die
Begrifflichkeit «personale Probleme» zu verwenden und unterscheidet hier fünf Bereiche:
psychische, physische, sozioökonomische, ökologische und soziale Problemdimensionen.
(vgl. S. 188-189, zit. in Iser, 2015, S. 41-42)
Konkret formuliert Heiner (2007) den Aufgabenbereich von Sozialarbeitenden wie folgt:
«Gegenstand beruflichen Handelns sind manifeste individuelle Probleme der
Lebensbewältigung und damit verbundene kollektive soziale Probleme ihrer Klientel» (S. 190,
zit. in Iser, 2015, S. 42). Sozialarbeitende werden daher «vorrangig bei besonders belasteten
oder gefährdeten Menschen mit hoher Vulnerabilität tätig» (ebd. S. 42). Demzufolge ist der
Gegenstand sozialarbeiterischer Tätigkeit unter anderem die Unterstützung für die
Bewältigung von kritischen Lebenssituationen, sodass Menschen ihre Lebensführung wieder
mehrheitlich selbstständig gestalten können (vgl. Weber, 2012, S. 6). Widulle (2012) erwähnt
zudem, dass infolge der Vielschichtigkeit von sozialarbeiterischen Handlungsfeldern
Sozialarbeitende auch allen möglichen Formen von Krisen begegnen können, seien es
gesundheitliche, materielle, soziale oder psychische Krisen (vgl. S. 214). Denn
Sozialarbeitende finden ihren Aufgabenbereich sowohl in staatlichen als auch in privaten
Kontexten, wie zum Beispiel in der Jugendhilfe, in der Familienhilfe, auf öffentlichen Ämtern
wie den Sozialdiensten, im Bildungswesen und in der Gemeinwesenarbeit, in gesetzlichen
Kontexten oder auch in klinischen Bereichen. In all diesen Handlungsfeldern können die
bereits genannten unterschiedlichsten Krisenarten (siehe Kapitel 1.2) auftreten, die sich zu
akuten Krisen zuspitzen können, sodass eine Krisenintervention notwendig wird. Mögliche
Krisenbeispiele wäre ein Jobverlust oder Arbeitslosigkeit und deren ökonomischen Folgen,
eine plötzlich eintretende Krankheit oder Todesfall, eine Identitätskrise bei Jugendlichen,
häusliche Gewalt oder sexueller Missbrauch bei Kindern und viele mehr.
Demzufolge zeigt sich eine zentrale Aufgabe von Sozialarbeitenden in der Betreuung,
Begleitung und Stabilisierung von Menschen in problematischen Lebenssituationen. Mittels
sozialarbeiterischer Beratung werden geeignete situations- und kontextbezogene
Hilfeleistungen gesucht und aufgezeigt, wobei versucht wird, die grösstmögliche Autonomie
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
33
und Würde der Betroffenen zu wahren. (vgl. Weber, 2012, S. 15) Auch AvenirSocial (2010)
weist in ihrem Berufscodex, der als ethische Richtlinien für das moralische berufliche Handeln
in der Sozialen Arbeit fungiert, auf diese Gegenstandsbereiche, sowie auf eine
professionsethisch begründete Berufshaltung hin (vgl. S. 4). Der Berufscodex von
AvenirSocial (2010) beinhaltet die zentrale Leitidee, dass alle Menschen ein Anrecht auf die
existenzielle Bedürfnisbefriedigung sowie auf Integrität und Integration in ein soziales Umfeld
haben. Soziale Arbeit hat diesem Berufscodex entsprechend einen gesellschaftlichen Beitrag
zu leisten, um Menschen, die vorübergehend oder dauernd in ihrer Lebensverwirklichung
eingeschränkt oder deren Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen ungenügend sind, zu
helfen. Soziale Arbeit ist daher verpflichtet, soziale Notlagen zu verhindern, zu beseitigen oder
zu lindern. (vgl. S. 6) Mittels der Tätigkeit von Sozialarbeitenden und ihrem kooperativen
Handeln mit anderen Professionen wird diese Professionsaufgabe der Wiederherstellung von
Handlungsfähigkeit angestrebt, sodass die betroffenen Menschen wieder selbstständig ihrer
Bedürfnisbefriedigungen nachkommen und ihre Lebensverhältnisse gestalten können (vgl.
AvenirSocial, 2014). Das Ziel der grösstmöglichen Autonomie sowie der Unterstützung zur
Aktivierung und Sicherung von jeglichen Ressourcenarten wird fokussiert, um bessere
Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen (vgl. ebd.). Um dies zu erreichen hat die Soziale Arbeit
das Ziel, Veränderungen mittels professioneller Begleitung anzustossen, sodass Menschen in
ihrer Unabhängigkeit und Entwicklung stabilisiert und gefördert werden (vgl. AvenirSocial,
2010, S. 6).
Doch wie bereits dargelegt (siehe Kapitel 1 & 2), befinden sich Menschen in Krisen in einer
Überforderungssituation, die durch ein seelisches Ungleichgewicht gekennzeichnet ist und
durch das Fehlen von erfolgreichen Bewältigungsstrategien entstehen kann. Zudem ist die
Handlungsfähigkeit wie auch der Zugang zu Ressourcen oft eingeschränkt. Hieraus entstehen
häufig psychische, soziale und körperliche Probleme, die sich auf die Lebensbewältigung
auswirken, weshalb eine professionelle Begleitung durch Sozialarbeitende durchaus
angemessen und notwendig erscheint. In Krisensituationen sind Menschen durch ihren labilen
Zustand auch im höchsten Mass entwicklungsgefährdet (vgl. Widulle, 2012, S. 216). Daher
ergibt sich für die Soziale Arbeit einen legitimen Auftrag, Betroffene mittels einer
Krisenintervention wieder zu stabilisieren und ihre Handlungsfähigkeit wiederherzustellen,
indem Ressourcen erschlossen und aktiviert werden, sodass die Krise aktiv bewältig werden
kann. Nachfolgend wird die sozialarbeiterische Tätigkeit in der Krisenintervention verortet.
3.3 Rahmung Sozialer Arbeit in der Krisenintervention
Die bisherigen Herleitungen zeigen auf, dass die Soziale Arbeit einen legitimierten Auftrag in
Krisensituationen und somit auch in der Krisenintervention hat. Dennoch ist ihrem
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
34
Zuständigkeitsbereich und ihren Kompetenzen auch Grenzen gesetzt. Daher erfolgt an dieser
Stelle eine Rahmung der sozialarbeiterischen Tätigkeit in der Krisenintervention.
Die Labilisierung einer Lebenssituation findet meist in mehreren Lebensbereichen statt. Denn
Krisen sind häufig multidimensional und entstehen oft durch eine Kumulation von mehreren
Faktoren. Aus diesem Grund stellt sich die Krisenintervention wie bereits mehrmals genannt
oft als eine interdisziplinäre Aufgabe heraus, die Koordination zwischen mehreren Diensten
aus dem Gesundheits- und Sozialwesen erfordert. (vgl. Widulle, 2012, S. 216) Widulle (2012)
weist daher explizit auf die sozialarbeiterischen Grenzen hin, wobei Sozialarbeitende
aufgefordert werden, frühzeitig auch andere Hilfsinstanzen wie zum Beispiel
psychotherapeutische Begleitung beizuziehen (vgl. S. 214). Eine Zusammenarbeit mit
therapeutischen Fachkräften ist spätestens bei einer Selbst- und Fremdgefährdung zwingend
notwendig. Denn gemäss Widulle (2012) ist die Behandlung von Suizidalität, drohenden
Gewalthandlungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen nicht primär im
Kompetenzbereich von Sozialarbeitenden anzusiedeln, sondern in demjenigen von spezifisch
ausgebildeten Fachkräften (vgl. S. 215). Auch gemäss Hülshoff (2017) erfordern die meisten
Krisensituationen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Der Aufgabenbereich von
Sozialarbeitenden konzentriert sich hier meist nicht auf akute Notfallmassnahmen im engeren
Sinne, sondern vielmehr darauf, die genannten Notfallsituationen zu erkennen, erste – wenn
notwendig – lebensrettende und deeskalierende Schritte einzuleiten, zielgerichtete und
individuelle Hilfestellungen zu organisieren und eine nachhaltige Hilfe anzubieten und
sicherzustellen. Hierzu gehört auch das Abwenden von möglichen Gefahren oder das
schnellstmögliche Organisieren von medizinischer Hilfe. Erst nach dieser Beseitigung erfolgt
die Hilfestellung auf pädagogischer und psychosozialer Ebene für eine Krisenbewältigung.
Denn um die Nachhaltigkeit einer Krisenintervention zu gewährleisten, scheint es notwendig,
das zusammenhängende bio-psycho-soziale Krisenbild zu berücksichtigen. (vgl. S. 10-11).
Die Aufgabe von Sozialarbeitenden in Krisensituationen besteht demnach in der Stabilisierung
von Betroffenen und in dem präventiven Abwenden allfälliger Risiken oder Affekthandlungen
(vgl. Widulle, 2012, S. 217). Daher muss in der Krisenintervention die Hilfestellung geboten
werden, «den momentanen Zustand der Überforderung, der Hilflosigkeit, der
Hoffnungslosigkeit oder die Desorientierung zu überwinden» (Weber, 2012, S. 81). Konkret
bedeutet dies, dass Sozialarbeitende in Krisensituationen persönliche wie auch materielle Hilfe
vermitteln, sowie mit professioneller Beratung den Betroffenen zu einem gelingenden Umgang
mit den alltäglichen Herausforderungen verhelfen (vgl. ebd., S. 6). Zusätzlich zur genannten
Ressourcenerschliessung unterstützen Sozialarbeitende die Betroffenen dabei ein
Verständnis der problematisch erlebten Situation zu entwickeln, sowie die Situation zu
bewältigen (vgl. ebd., S. 10).
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
35
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Soziale Arbeit einen wichtigen Auftrag in der
Krisenintervention hat. Wie bereits ausgeführt, muss betont werden, dass die Soziale Arbeit
keinen therapeutischen Auftrag hat, auch wenn es viele Überschneidungspunkte in den
einzelnen Modellen, Zugängen und Ansätzen innerhalb der Krisenintervention gibt. Die
sozialarbeiterische Fokussierung liegt auf der Beratung in Krisensituationen und in der
Hilfestellung der Alltagsbewältigung. Durch Verhinderung von eskalierenden Situationen und
Gefahren, mit Hilfe einer Ressourcenerschliessung und mit der Organisation von weiteren
Hilfestellungen beispielsweise in den Themenfeldern Arbeit, Finanzen, Wohnen, soziales
Umfeld und Integration, kann eine Stabilisierung von Betroffenen erfolgen.
Der Zuständigkeitsbereich von Sozialarbeitenden grenzt sich aber nicht nur von der genannten
Psychotherapie ab. Jegliche andere involvierten Themenfelder wie zum Beispiel juristische
oder polizeiliche wie auch pflegerische gehören in die Zuständigkeit der jeweiligen Profession,
die auch die Mandate der professionsspezifischen Themenschwerpunkte innehaben. Die
Soziale Arbeit kann hierzu vermitteln, wobei sie wie bereits erwähnt, eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften aus unterschiedlichen Berufsgruppen pflegen
muss. Eine solche Triage kann bereits als erster Schritt einer Krisenintervention in akuten
Notsituationen betrachtet werden.
Im nächsten Kapitel wird aufgezeigt, an welchen Interventionsprinzipien sich Sozialarbeitende
in der Krisenintervention orientieren können. Zugleich wird hier dargelegt, wie die
sozialarbeiterische Tätigkeit in der Krisenintervention erfolgt sowie welche Zugänge und
Ansätze hilfreich und unterstützend sein können.
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36
4 Zugänge und Ansätze zur Krisenbewältigung
Anhand der bisherigen Ausführungen wurde ersichtlich, dass für eine erfolgreiche
Krisenintervention die individuelle Situation der Betroffenen wahrzunehmen ist und dabei
sowohl Strukturiertheit als auch Methodenflexibilität notwendig sind (vgl. Stein, 2009, S. 162).
Dennoch gibt es verschiedene Zugänge und Ansätze, die für eine professionelle Begleitung in
der Krisenintervention der Sozialen Arbeit hilfreich und auch für eine gelingende
Krisenbewältigung erforderlich sind. Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, wurden
die Zentralsten ausgewählt, die sich an das genannte Kriseninterventionskonzept BELLA
(siehe Kapitel 2.4) anlehnen und zugleich als Ergänzung zum Gesprächsphasenkonzept von
Widulle (siehe Kapitel 2.5) dienen. Die unterschiedlichen Interventionsmöglichkeiten wurden
in drei Untergruppen gegliedert, die wie folgt lauten: Beziehungsgestaltung, Herstellung einer
sicheren Grundlage und Ressourcenerschliessung. Jede Rubrik beinhaltet weitere
Unterkapitel, welche darlegen, wie ein erster Zugang zur Krisenbewältigung ermöglicht werden
kann. Zudem werden Ansätze für die Stabilisierung von Betroffenen erläutert sowie
Unterstützungsmöglichkeiten für eine gelingende Krisenbewältigung dargelegt.
4.1 Beziehungsgestaltung
Die Grundlage jeder sozialarbeiterischen Tätigkeit besteht aus einer Beziehungsbasis sowie
in der Regel meist aus einer Vertrauensbasis. Denn Sozialarbeitende befassen sich oft mit
sensiblen Lebenslagen und persönlichen Angelegenheiten ihrer Klientel. (vgl. Müller-Teusler,
2013, S. 125-126) Um tatsächlich eine nachhaltige, längerfristige Veränderung in den Lebens-
und Handlungskompetenzen der Klientel zu erzielen, ist die Beziehungs- und
Vertrauensbildung eine wichtige Grundvoraussetzung (vgl. ebd., S. 126). Wird die
Wirkungskraft der persönlichen Beziehung vernachlässigt, kann sich dies stark auf das
Gelingen sozialarbeiterischer Praxis auswirken (vgl. Blaha, Meyer, Colla & Müller-Teusler,
2013, S. 10). Denn «Beratung steht oder fällt mit der Qualität der Beziehungsgestaltung»
(Stimmer, 2013, S. 218).
Aus den genannten Gründen schafft die Beziehungsgestaltung mit ihren spezifischen
Komponenten und Herausforderungen einen grundlegenden Zugang zur Krisenintervention in
der Sozialen Arbeit und somit auch zu einer gelingenden Krisenbewältigung. Im Folgenden
werden daher die Aspekte der Herstellung einer tragfähigen Beziehung und Nähe-Distanz-
Relation vertieft erläutert. Abschliessend werden die ergänzenden Dimensionen der
Verantwortungsklärung mit ihren Grenzziehungen und die Vermeidung von
Beziehungsabbrüchen am Rande skizziert, die insbesondere für die Krisenintervention wichtig
und daher nicht zu vernachlässigen sind.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
37
4.1.1 Herstellung einer tragfähigen Beziehung
Der amerikanische Psychologe Carl Rogers fand anhand empirischer Untersuchungen bereits
in den 1950-er Jahren heraus, dass in allen helfenden Beziehungen die eigene professionelle
Haltung ein entscheidender Faktor für den Erfolg und somit auch die zentrale Grundlage
sozialarbeiterischer Tätigkeit darstellt (vgl. Pörtner, 2013, S. 115).
Für den Aufbau einer tragfähigen Beziehung sollte daher vorerst die personenzentrierte
Haltung nach Carl Rogers beigezogen werden, welche drei Elemente umfasst: Empathie,
Wertschätzung und Kongruenz. Empathie zeichnet sich durch ein einfühlendes Verstehen aus.
Sie beinhaltet die Fähigkeit, das Erleben, die Gefühle sowie den äusseren Bezugsrahmen des
Gegenübers genau und sensibel zu erfassen und sich einzufühlen, sodass die Perspektive
der Situation nachvollzogen und nachempfunden werden kann. Wertschätzung bedeutet, das
Gegenüber ohne zu werten als Person anzunehmen, zu respektieren sowie zu akzeptieren.
Hierbei ist die Reflexion der eigenen Wertehaltung zentral. Diese darf dem Gegenüber nicht
übergestülpt werden. Und zuletzt die Kongruenz, die sich durch Authentizität der Fachkraft
auszeichnet. Das eigene Erleben – eigene Gefühle, Impulse und Eindrücke – sollte hier
bewusst wahrgenommen werden. Zur Kongruenz gehört auch, dass die Rahmenbedingungen
der Situation für alle transparent gemacht werden. (vgl. Pörtner, 2013, S. 115) Aber
insbesondre auch, dass Professionelle Echtheit ausstrahlen, indem sich Gedanken und
Gefühle kongruent im Ausdruck und im Handeln der Fachkraft zeigen (vgl. Stimmer, 2013, S.
230). In einer solchen akzeptierenden, nicht urteilenden Haltung wiederspiegelt sich die
Fokussierung auf eine tragfähige Beziehung (vgl. Meinhold, 2005, S. 512, zit. in Riegler, 2016,
S. 104).
Insbesondere in Krisen bedürfen Betroffene infolge der Überforderungssituation tragfähige
Kontakte, Zuwendung und Empathie (vgl. Sonneck et al., 2000, S. 21). Demnach sollte eine
professionelle Beziehungsgestaltung in der Krisenintervention durch Akzeptanz, emotionale
Wärme und empathische Fürsorge gekennzeichnet sein (vgl. Stein, 2009, S. 162). Auch
Ullmann (2013) weist auf die zentrale Eigenschaft der Empathie für eine tragfähige
Beziehungsgestaltung hin. Denn das Hineinversetzen und das Einfühlen in das Denken und
Handeln der betroffenen Menschen verschafft Zugang zu der jeweiligen Individualität der
Situation, wodurch das Erkennen der richtigen sozialarbeiterischen Ansätze erst ermöglicht
wird. (vgl. S. 166) Des Weiteren ergänzt Meinhold (2005), dass sich ein gelingender
Beziehungsaufbau eben durch den Grundsatz der Individualisierung auszeichnet, indem das
Klientel und seine Situation in seiner Einmaligkeit gewürdigt werden (vgl. S. 512, zit. in Riegler,
S. 104). Auch die Vertrauensbasis, welche für einen tragfähigen Beziehungsaufbau essentiell
ist, kann gelingen, indem der Mensch sich als angenommen erfährt (vgl. Ullmann, 2013, S.
163).
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
38
Für einen solchen tragfähigen Beziehungs- und Vertrauensaufbau und auch um der
Individualität gerecht zu werden, sollten sich Sozialarbeitende hierfür genügend Raum und
Zeit nehmen, da dies die entscheidende Grundlage für den weiteren Unterstützungsverlauf
darstellt (vgl. Ullmann, 2013, S.164-165). Auch Stein (2009) hebt hervor, dass Betroffene
genügend Raum bekommen sollten, um sich und die individuelle Situation darzustellen.
Sozialarbeitende sollten sich hier als aktive und interessierte Zuhörer anbieten, wobei Sie
Verständnis für die Herausforderung der Situationsdarstellung der Betroffenen aufbringen
sollten. (vgl. S. 163-164) Das Einräumen von Zeit sowie das aktive Zuhören und die positive,
emotionale, anerkennende Zugewandtheit schafft Zugang zu einer tragfähigen professionellen
Beziehungsgestaltung (vgl. Riegler, 2016, S. 127). Auch in Anlehnung an Carl Rogers steht
und fällt die Wirksamkeit aller Interventionen mit der emotional-personalen Qualität der
Beziehung, wobei das Vertrauen in die Professionellen als wichtiger «Supportfactor» gilt (vgl.
Colla & Krüger, 2013, S. 19).
Die Aktivität von Sozialarbeitenden in der Krisenintervention hängt jedoch auch vom Zustand
der betroffenen Person ab. Je stabiler der Zustand und je mehr Bewältigungsmöglichkeiten
vorhanden sind, desto zurückhaltender kann sich die Fachkraft zeigen. Wenn die betroffene
Person hingegen von dem Krisenanlass überwältigt ist, Distanzierungsmöglichkeiten fehlen
oder eine ernsthafte Gefährdung besteht, erfordert dies eine aktive und direkte Intervention.
Demzufolge trägt die Beziehung in Kriseninterventionen auch eine stützende Funktion. (vgl.
Stein, 2009, S. 163) Abschliessend ist festzuhalten: Eine gelingende Beziehungsgestaltung ist
notwendig, «damit Klienten in ihrer (prekären) Lebenslage Unterstützungs- und
Assistenzangeboten zugänglich sind, bereit sind, Veränderungen zuzulassen (…), neue
Perspektiven zu entwickeln und darauf vertrauen können, dass sich ihre (prekäre) Lebenslage
verbessert» (Müller-Teusler, 2013, S. 124).
4.1.2 Nähe und Distanz
Sonneck et al. (2012) nennen in der Beziehungsgestaltung zwei Pole der Nähe-Distanz-
Relation, die es zu vermeiden gilt. Der eine Pol umfasst, dass sich Professionelle aus der
Beziehung heraushalten wollen, demzufolge zu viel Distanz gewahrt wird. Die Gefahr hierbei
besteht darin, dass sich so keine ausreichende Identifizierung mit den Betroffenen und deren
individuellen Situation einstellt. Mögliche Folgen hiervon können sein, dass die Gefühls- und
Problemlagen der Betroffenen nicht genügend ernst genommen werden. Zudem kann
aufgrund mangelnder Identifikation das Interesse an der Person und seiner Situation
schwinden. (vgl. S. 21) Der andere Pol umfasst, dass sich Professionelle zu sehr in die
Beziehungen einlassen, wenn nicht gar verwickeln lassen. Zu viel Nähe und eine zu starke
Identifikation können dazu führen, dass sich Professionelle nicht mehr ausreichend von den
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
39
Bedürfnissen und Gefühlen der Betroffenen distanzieren können. Oft werden so auch
Fähigkeiten, Bedürfnisse, Gefühle oder das Durchhaltevermögen des Betroffenen über- oder
unterschätzt. Bei zu viel Nähe wird häufig ein zu starker Helferdrang spürbar, indem
Professionelle besonders aktiv werden und eigene Lösungsvorschläge stellvertretend
darlegen, wodurch die Eigenverantwortung der Klientel eingeschränkt wird. (vgl. ebd., S. 21-
22) Des Weiteren ergänzt Riegler (2016), dass ein zu starkes Involviert-Sein zu einer
Distanzlosigkeit führen kann, die eine unreflektierte Positionierung von Sozialarbeitenden
gegenüber dem Klientel zur Folge hat. Auch werden durch die Distanzlosigkeit Prozesse
langsamen Ausbrennens im Beruf gefördert. (vgl. S. 125-126) Zudem sollte der Umgang mit
Grenzen achtsam gehandhabt werden, da sonst seitens Sozialarbeitende die genannten
Überlastungserscheinungen aufkommen könnten sowie seitens Klientel eine Verstärkung der
Symptome und der Krise folgen kann (vgl. Kunz, Scheuermann & Schürmann, 2009, S. 128).
Demnach muss der Balanceakt zwischen Nähe und Distanz bewusst gesteuert werden, der
sich vorrangig an fachlichen und weniger an emotionalen Aspekten orientiert. Professionelle
Selbstregulation zeichnet sich aber auch durch eine Differenzierung zwischen persönlichem
Einsatz und Misserfolgen aus, welche von äusseren Faktoren verursacht worden sind. (vgl.
Ullmann, 2013, S. 171)
Der Balanceakt von Nähe und Distanz bringt eine weitere Herausforderung mit sich, welche
mit den psychoanalytischen Konzepten der Übertragung und Gegenübertragung erläutert
werden kann. Das Selbsterleben kann in Krisensituationen von Befürchtungen, Ängsten,
Gefühlen der Schutzlosigkeit oder auch früheren negativen Erfahrungen überlagert sein.
Zudem können Abhängigkeitsbedürfnisse sowie andere frühere Verhaltens- und
Beziehungsmuster auftreten. Mittels der Übertragung projizieren Menschen solche
Erfahrungen auf Fachkräfte. So kann die Beziehungsgestaltung seitens Klientel aufgrund der
bisherigen Erfahrungen von Schutz und Fürsorge oder auch von Vorsicht, Macht, Misstrauen
oder Ablehnung geprägt sein. Übertragungen lassen sich an nicht situationsangemessenen
und stark emotionalen Reaktionen bemerken. (vgl. Stein, 2009, S. 165) Als Gegenübertragung
werden jegliche Reaktionen und Gefühle bezeichnet, die seitens Professionellen durch die
Interaktion mit dem Klientel hervorgerufen werden. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich
seitens der Fachkraft um eine adäquate emotionale Reaktion handelt, oder ob sich diese
Reaktion negativ auf den weiteren Unterstützungsprozess sowie auf den Beziehungsaufbau
auswirken kann. Bei letzterem ist Vorsicht geboten, insbesondere wenn beispielsweise
Fachkräfte zu viel Zuversicht aussprühen und unrealistische Ziele verfolgen, oder wenn durch
autoritäre Interventionen Überforderungssituationen sowie übermässige
Abhängigkeitsverhältnisse hervorgerufen werden. Professionelle müssen daher die
Fachkompetenz der Reflexion solcher Übertragungen besitzen, diese erkennen, um so
Entwicklungen von problematischen Konstellationen zu vermeiden. Durch eine solche
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
40
reflexive Distanz werden problematische Übertragungskonstellationen verhindert, wodurch
eine konstruktive Krisenbewältigung begünstigt wird. Gleichzeitig sollte die Empathie
respektive das Einfühlen in die jeweilige Person und deren individuelle Situation stets bewahrt
werden, um eine ausgewogene Nähe-Distanz-Relation zu halten. (vgl. ebd., S. 166)
Eine förderliche Beziehungsgestaltung in Bezug auf die Nähe-Distanz-Relation zeichnet sich
demnach durch emotionale Interessiertheit aber nicht emotionale Involviertheit aus. Denn nur
dadurch kann ein distanzierter professioneller Blick auf die Problematik ermöglicht werden,
ohne in eine distanzlose persönliche Betroffenheit und unreflektierte Beziehungsgestaltung
hineinzugeraten. Diese distanzierte Sichtweise können Fachkräfte den Betroffenen gegenüber
spiegeln, um ihnen so einen Zugang zu einem eigenen distanzierten Blick auf die Situation zu
ermöglichen und über diese Reflexion zu grösseren Handlungsmöglichkeiten zu gelangen.
(vgl. Riegler, 2016, S. 126, 156) Denn, «wenn jede Distanz verloren geht, geht auch die
Fähigkeit verloren, hilfreich zu sein» (Bauer, 2012, S. 49, zit. in Riegler, 2016, S. 126).
Infolge solcher Herausforderungen auf der Beziehungsebene, Konfrontationen mit
Grenzsituationen und intensiven Gefühlslagen, sind Sozialarbeitende erheblichen
Belastungen ausgesetzt (vgl. Stein, 2009, S. 166). Deshalb müssen Sozialarbeitende eine
gewisse Belastbarkeit aufweisen. Psychische und emotionale Stärken wie auch
Stressresistenz sind gefordert. Selbstbeobachtungs- und Selbsteinschätzungsfähigkeiten
sowie Selbstregulation sind essentiell, um die eigene Balance zu halten. Entlastung kann
mittels Supervisionen, Coaching oder Weiterbildungen geschaffen werden. (vgl. Ullmann,
2013, S. 170-171) Zudem ist das frühzeitige Hinzuziehen von erfahrenen Fachkräften
unerlässlich (vgl. Widulle, 2012, S. 223).
4.1.3 Verantwortung klären
Für Kunz et al. (2009) bedeutet Verantwortung «die subjektive oder objektive Zuständigkeit
eines Menschen für sein Handeln, Denken und Fühlen auf der Grundlage selbstständiger
Entscheidungen» (S. 64). Oft wird davon ausgegangen, dass Menschen selbstverantwortlich
handeln und selbstbestimmt Entscheidungen treffen können. Doch in Krisen können sich
infolge der Überforderungssituationen solche Verantwortungsgrenzen auflösen, da die
Handlungsfähigkeit der Betroffenen beeinträchtig sein kann. (vgl. ebd., S. 64) Deshalb kommt
der Klärung von Verantwortung insbesondere in Krisensituationen ein hoher Stellenwert zu.
Kunz et al. (2009) halten generell fest, dass Professionelle primär für den
Unterstützungsprozess verantwortlich sind und das Klientel zum Beispiel für die
Problempräsentation (vgl. S. 65). Auch Ullmann (2013) appelliert an die Eigenverantwortung
der Fachkräfte für einen professionellen Begleitprozess, in welchem Sozialarbeitende
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
41
aufgefordert sind, ihr eigenes Handeln und Verhalten stets zu prüfen, einzuschätzen,
nötigenfalls zu korrigieren und daraus Lehren für die weitere berufliche Tätigkeit zu ziehen
(vgl. S. 170-171). Sie tragen die Verantwortung für den bereits genannten Beziehungsaufbau
und deren Kompetenzen, die Zielverfolgung der Stabilisierung und Unterstützung zur «Hilfe
zur Selbsthilfe» sowie zur interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften (vgl.
ebd., S. 174). Da Menschen in Krisensituationen oft verunsichert und unter grosser
Anspannung stehen, kann die Schaffung von Struktur und Sicherheit eine erste Beruhigung
herbeiführen. Daher liegt es in der Verantwortung von Sozialarbeitenden eine transparente
und strukturierte Unterstützung zu gewährleisten, indem sie das Gesprächssetting, den
Auftrag, die Funktionen und die Zuständigkeiten sowie Erwartungen anfänglich klären. (vgl.
Stein, 2009, S. 162) Kunz et al. (2009) erwähnen in diesem Zusammenhang, dass die Grenzen
von Menschen in Krisensituationen durchlässiger werden, da sie infolge starker
Gefühlsüberflutung mangelnde Strukturierung aufweisen können. Durch klare strukturierende
Grenzziehung und Verantwortungsklärung kann das Klientel seine eigenen Grenzen
wiederfinden. Dies setzt voraus, dass Sozialarbeitende ihre eigenen Grenzen, seien es
psychische, institutionelle, kräftemässige oder auch zeitliche, bewusst reflektieren und
kommunizieren. (vgl. S. 128)
Es ist wichtig, dass Professionelle nicht zu viel Verantwortung in Beratungssituationen
übernehmen und trotz beispielsweise spürbaren Hilflosigkeitsgefühlen des Klientel nicht zu
aktiv werden, sondern ihre Distanz zur Thematik und Situation wahren. Denn zu viel Aktivität
seitens der Fachkräfte können Versagensgefühle und folglich Selbstwerteinbussen der
Klientel noch mehr verstärken. Zu viel Verantwortungsübernahme seitens der Professionellen
ist stets eine Gefahr in der Krisenintervention, da der starke Druck der Betroffenen infolge der
durchlebten Krise an die Fachkraft weitergegeben werden kann. Dennoch kann es in
Krisensituationen notwendig sein, dass Professionelle mehr Verantwortung als in anderen
Beratungssituationen übernehmen müssen. Dies ist insbesondere bei einer akuten Selbst-
oder Fremdgefährdung der Fall. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 65) Aber auch hier gilt es gemäss
Kunz et al. (2009), dass sich Fachkräfte nicht die Verantwortung bei einer allfällig eintretenden
Selbst- oder Fremdverletzung aufbürden (vgl. S. 129).
4.1.4 Vermeidung von Beziehungsabbrüchen
Infolge des im ersten Kapitel genannten gesellschaftlichen Wandels, der sich durch die
pluralisierten Lebensformen und Lebenslagen sowie der Individualisierung und zunehmende
Fragmentierung auszeichnet, wird die Wichtigkeit von sozialen Ressourcen umso
offensichtlicher (vgl. Crefeld & Gahleitner, 2010, S. 45). Insbesondere sollten diese «in Form
stabiler und anhaltender psychosozialer Geborgenheit» (ebd., S. 45) sein. Professionelle
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
42
Settings sollten sich daher durch «professionelle Zufluchtsorte als positive Gegenerfahrung zu
konfusen familiären wie gesellschaftlichen Verhältnissen» (ebd., S. 45) zeigen. Für
Sozialarbeitende ist dieses Hintergrundwissen von grosser Bedeutung, sodass
Beziehungsabbrüche und Zuständigkeitswechsel während einer Intervention möglichst
vermieden werden. Denn Beziehungsverluste können die Krisenhaftigkeit zusätzlich
verstärken. Ist ein Wechsel von Institutionen oder Zuständigkeiten nicht zu verhindern, müssen
Übergänge demnach sanft gestaltet und gut begleitet vollzogen werden, um eine stabile
Krisenhilfe zu gewährleisten. (vgl. ebd., S. 45) Durch eine erhöhte Kontaktfrequenz sowie
emotionalen Beistand kann die Beziehung aufrechterhalten und Kontaktabbrüche seitens
Betroffenen vermindert werden (vgl. Widulle, 2012, S. 222).
Professionelle müssen in Krisensituationen Fingerspitzengefühl zeigen und ein passendes
Mass an Unterstützung bieten. Denn einerseits ist ein tragfähiger Beziehungsaufbau und
gefestigtes Vertrauensverhältnis der Grundstein einer jeder Krisenintervention, andererseits
sind Menschen in Krisensituationen aufgrund des seelischen Ungleichgewichts destabilisiert
und somit auch empfänglicher für Unterstützungsangebote. Daher entsteht meist rasch eine
intensive Nähe zur Fachkraft. Da Kriseninterventionen jedoch zeitlich begrenzt sind, muss die
Abhängigkeit auf das Nötigste beschränkt werden – ganz im Sinne einer «Hilfe zur
Selbsthilfe». (vgl. Stein, 2009, S. 151) Doch nicht nur die Beziehungsgestaltung schafft
Zugang zur Krisenintervention und deren Bewältigung. Ist der Zugang zum Klientel mittels
tragfähiger Beziehungs- und Vertrauensbasis geschaffen, gilt es zunächst, die Herstellung
einer sicheren Grundlage zu gewährleisten, welche im nachfolgenden Kapitel erläutert wird.
4.2 Herstellung einer sicheren Grundlage
Die Stabilisierung von Betroffenen ist eine zentrale sozialarbeiterische Aufgabe in der
Krisenintervention (siehe Kapitel 3). Um dies zu erreichen, gilt es abgesehen von der
Beziehungsgestaltung eine sichere Grundlage für diese herzustellen. Hier scheint es zentral,
dass als erstes ein schützender Kontext initiiert wird. Weiters kann mittels Entlastung in
verschieden Bereichen eine erste Stabilisierung erfolgen. Mit Hilfe des Konzepts «Fünf Säulen
der Identität» kann ein Überblick bezüglich der Stabilität in den unterschiedlichen
Lebensbereichen erlangt werden, die zugleich als Analysemethode genutzt werden kann.
4.2.1 Schützender Kontext initiieren
Schutz kann eine zentrale Interventionslogik in der Krisenintervention sein, da sich Menschen
in Krisen in unterschiedlichen Situationen als schutzbedürftig zeigen können. Diese
Schutzbedürftigkeit ist häufig nicht auf den ersten Blick erkennbar, da Menschen ihre
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
43
Schutzbedürfnisse sehr unterschiedlich ausdrücken und diese auch teils selbst für die
Betroffenen nicht immer erkennbar sind. Einen schützenden Kontext zu initiieren bedeutet,
das Klientel gegen ängstigende und gefährdende innere wie auch äussere Einflüsse
abzusichern. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 75) Beispielsweise könnte bei einem Missbrauch eine
räumliche Trennung geschaffen werden, um die betroffene Person vor weiteren Übergriffen zu
schützen. Oder schwer depressive, suizidale Menschen können mittels medizinischer und
therapeutischer Behandlungen oder mittels eines Klinikaufenthalts vor Selbstgefährdung
geschützt werden. (vgl. ebd., S. 75-76) Stimmer und Ansen (2016) betonen aber auch die
Wichtigkeit eines stabilisierenden Kontextes innerhalb des Hilfsangebotes, der folglich auch
eine schützende Funktion innehat. Betroffene müssen diesen als einen sicheren Ort auf Zeit
erleben. In einem solchen geschützten und stabilisierenden Rahmen kann Ungewohntes und
Neues erfahren und gefördert werden. Denn Lernen und Veränderungen werden erst
innerhalb einer sicheren und vertrauenswürdigen Situation in einem Kontext von Stabilität
ermöglicht. Das Arrangieren dieses schützenden und stabilisierenden Kontextes ist jeweils
abhängig von äusseren Bedingungen wie zum Beispiel des Ortes, der Erreichbarkeit, der
Ausgestaltung der Räumlichkeiten oder der geschaffenen Atmosphäre. Des Weiteren ist das
Gelingen aber auch abhängig von der Eindeutigkeit, die durch gemeinsame Vereinbarungen
entsteht. Und schlussendlich vor allem durch die bereits genannte Beziehungsqualität, welche
sich durch wechselseitiges Vertrauen auszeichnet. Hierbei kann das Klientel insbesondere
durch eine Verständigungs- und Ressourcenorientierung vermehrte Sicherheitsgefühle
innerhalb des Settings erfahren. (vgl. S. 72-73)
Um das Schutzbedürfnis überhaupt erkennen zu können, ist es für Professionelle essentiell,
die eigenen Gefühle, die in der Interaktion mit den Betroffenen entstehen, bewusst
wahrzunehmen. So könnten starke Fürsorgewüsche oder diverse Gefühlswahrnehmungen
wie beispielsweise Angst Hinweise für die Gefühlssituation des Klientel sein. Solchen
Gefühlswahrnehmungen sollte im Austausch nachgegangen werden. Schützende Kontexte
sollten immer mit dem Klientel zusammen definiert werden. Mit dem Wissen über
Schutzmöglichkeiten seitens Sozialarbeitenden und mittels gezielter Fragen, können Ideen für
einen schützenden Kontext gemeinsam entwickelt werden. Diese sollten sich soweit möglich
immer an den individuellen Bedürfnissen der Klientel und derer Situation orientieren.
Demzufolge sollten Dinge, die beruhigend wirken, Orte, die ein Wohlbefinden und Sicherheit
vermitteln, Menschen, die unterstützend sein können, Kontakte, die vermieden werden sollten
oder diverse individuelle Bedürfnisse herausgearbeitet werden. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 76)
Insbesondere wenn Betroffene sich selbst nicht mehr ausreichend schützen können, müssen
Sozialarbeitende mehr Verantwortung für diesen Schutz übernehmen. Dies kann zum Beispiel
der Fall sein bei psychischer Beeinträchtigung, bei akuter Selbst- und Fremdgefährdung oder
aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen wie bei Kindern und Jugendlichen (siehe Kapitel
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
44
4.1.3). Für solche Fälle sind die gesetzlichen Regelungen zu beachten. (vgl. Kunz et al., 2009,
S. 77) Abgesehen davon müssen sich Professionelle immer auch selbst schützen, um sich
selbst nicht in gefährliche Situationen zu begeben. Die genannten rechtlichen Pflichten oder
das frühzeitige Hinzuziehen anderer Instanzen, wie beispielsweise der Polizei, können für
einen beidseitigen Schutz essentiell sein. (vgl. ebd., S. 76) Demzufolge gilt es, vorerst ein
mögliches Gefährdungspotenzial im Sinne der Selbst- und Fremdgefährdung abzuklären, falls
notwendig mittels individuellen Handlungsschritten abzuwenden und insbesondere für die
Betroffenen einen schützenden und stabilisierenden Rahmen in dem jeweiligen Setting zu
schaffen.
4.2.2 Emotionale Entlastung
Diverse Experten (Sonneck 1997, Heim 2000, Ciompi 2000) wie auch Kunz et al. (2009)
weisen auf die Entlastung als ein zentrales Element der Krisenintervention hin. Die Entlastung
kann auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen – finanzielle, zeitliche, emotionale oder
Entlastung von bestimmten Aufgaben. Durch Entlastung wird wieder ein ausgewogenes
Verhältnis von Belastung und verfügbaren Ressourcen angestrebt. (vgl., S. 141) Gemäss
Kunz et al. (2009) wird in der Krisenintervention vorrangig die emotionale Entlastung
fokussiert, da in akuten Krisen oft ein grosser emotionaler Druck herrscht. Verschiedene
Gefühlslagen können zu erlebten Kontrollverlust, Hilflosigkeit und Angsterleben führen und
erhebliche Belastungen nach sich ziehen. Durch die emotionale Entlastung können
Bedingungen geschaffen werden, um die eigene Handlungsfähigkeit und
Problemlösekompetenz wiederherzustellen. (vgl. S. 141)
Um eine erste beruhigende Entspannung im Unterstützungssetting zu schaffen, sollten sich
Sozialarbeitende genügend Zeit nehmen, sich selbst und die jeweilige Funktion sowie das
Setting vorzustellen und eine ruhige Atmosphäre zu schaffen, indem zum Beispiel
Sitzmöglichkeiten zur Auswahl stehen oder etwas zum Trinken angeboten wird. Ein
Hauptfaktor der Entlastung ist dann anschliessend das empathische Zuhören und Ermutigen
zum Ausdrücken der Gefühle. Das alleinige Sprechen über die Probleme kann schon eine
entlastende Wirkung zeigen. Es ist darauf zu achten, dass Gefühlsäusserungen genügend
Raum gegeben werden, denn die gemeinsam getragene Last kann entlastend wirken. (vgl.
Kunz et al., 2009, S. 141) Auch Stein (2009) weist auf die Wichtigkeit der emotionalen
Entlastung infolge des seelischen Ungleichgewichts in Krisensituationen hin, in welchem
Professionelle ausreichend Raum und Zeit schaffen müssen, damit sich Betroffene über ihre
eigenen teils widersprüchlichen Gefühle klar werden können. Fachkräfte müssen einen
Zugang zu diesen Gefühlsäusserungen ermöglichen, da sich die Verbalisierung von Gefühlen
oft als schwierig herausstellt. Um Klarheit in die emotional angespannte Situation zu bringen,
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
45
zeigt sich jedoch eine Gefühlsäusserung meist als sehr hilfreich und entlastend. (vgl. S. 164)
Dabei sollten Sozialarbeitende als «Auffangbecken» der belastenden Gefühle fungieren. Dies
erfordert von Professionellen die Fachkompetenz, sich den belastenden Gefühlen und
Lebenslagen der Betroffenen anzunehmen und diese aufzufangen. Der Psychoanalytiker Bion
führte für dieses Konzept den Begriff des «Containers» ein. Es ist geprägt von einer
einfühlsamen Zuwendung, wobei die Betroffenen erfahren, dass die verzweifelte Situation
ernstgenommen wird. Gleichzeitig trifft der Betroffene auf Professionelle, die grundsätzlich
zuversichtlich sind. Hierbei wird mittels des gemeinsamen Aushaltens die Botschaft des
geteilten Schmerzes vermittelt, der wiederum die Situation für die Betroffenen erträglicher
machen kann. Cullberg nannte hierfür auch die «stellvertretende Hoffnung», die für Betroffene
in einer momentan ausweglosen Situation entlastend und somit unterstützend sein kann. (vgl.
ebd., S. 164-165)
Demzufolge müssen Sozialarbeitende die Bereitschaft aufweisen, scheinbar widersprüchliche
Gefühle der Betroffenen zu akzeptieren. Durch diesen Erfahrungswert seitens Klientel können
sie selbst auch ihre eigenen Gefühle besser annehmen und verstehen. Denn die
Verbalisierung der Gefühle ist bedeutsam für eine erfolgreiche Krisenbewältigung. (vgl. Stein,
2009, S. 164) Unterstützt werden diese Ausführungen durch Untersuchungen von James und
Gilliland (2001), die belegen, dass Verdrängung, Verleugnung oder Abspaltung emotionaler
Reaktionen den Krisenverlauf negativ beeinflussen und potenzielle Gefährdungen verstärken
können (vgl. zit. in Stein, 2009, S. 164). Dennoch ist darauf zu achten, die Grenzen der
Betroffenen stets zu wahren und sorgsam mit diesen umzugehen. Daher sollten Widerstände
und Abwehrmechanismen stets wahrgenommen und in ihrer Funktionalität nachvollzogen
werden. Auch ist Vorsicht geboten beim Forcieren intensiven Gefühlsausdruck, da dies
zusätzlich destabilisieren könnte. (vgl. Stein, 2009, S. 164) Des Weiteren ist zu vermerken,
dass entlastende Interventionen auch mögliche negative Auswirkungen haben können. Diese
treffen dann ein, wenn die herbeigeführte Entlastung eine Stagnation stützt und so destruktive
Verhaltensweisen aufrechterhält. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 142)
Da sich Menschen in Krisensituationen häufig überfordert fühlen und ihre Probleme für sie
unüberschaubar werden, bietet sich das Sortieren von jeweiligen Problemen an. Durch
Prioritätslisten und durch das selektive Angehen von Aufgaben können Betroffene wieder
einen ersten Halt verspüren. Zudem können mittels Fangtechniken die Belastungen und deren
Auswirkungen analysiert sowie mögliche Handlungsoptionen besprochen werden, um die
subjektiv verlorene Kontrolle etwas zurückzuerlangen. Eine weitere Methode könnte auch die
Vermittlung an Selbsthilfegruppen sein. Denn vermehrte Informationen über die Problematik
können das Kontrollgefühl und die Handlungsspielräume erweitern. Auch kann sich Entlastung
durch den sozialen Vergleich einstellen, indem erlebt wird, dass andere Menschen ähnliche
Problemlagen haben. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 142)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
46
Die Wichtigkeit der emotionalen Entlastung wurde aufgezeigt, dennoch gibt es weitere
Bereiche, die entlastend aber auch belastend wirken können. Um solche Bereiche weiter
ausfindig zu machen, lohnt es sich, das Konzept «Fünf Säulen der Identität» nach Petzold
beizuziehen, welches in seiner Wichtigkeit für die Krisenintervention im nachfolgenden Kapitel
dargelegt wird.
4.2.3 Fünf Säulen der Identität
Petzold (2012) unterscheidet in seinem integrativen Identitätskonzept fünf Bereiche, die eine
prozesshafte vielfältige Identität tragen. Er bezeichnet dies als die «Fünf Säulen der Identität».
(vgl. S. 514) Mit Hilfe dieses Instrumentes können sich Professionelle einen Überblick über die
persönliche Stabilität eines Menschen verschaffen und Informationen der einzelnen
Lebensbereiche hervorbringen (vgl. ebd., S. 520).
Die Erfassung erfolgt gemeinsam mit den Betroffenen. Sie kann mittels gezielter Fragen
exploriert, aber auch mittels kreativen Techniken wie beispielsweise Zeichnungen dargestellt
werden. (vgl. Petzold, 2012, S. 520; Stein, 2009, S. 193) Insbesondere bei Krisen kann dieses
Instrumentarium hilfreich sein, denn ein Krisenverständnis kann sich durch die Betrachtung
der betroffenen Säulen erhellen und hilft gemäss Stein (2009) auch der Abstandgewinnung
der aktuellen Problematik (vgl. S. 193). Nachfolgend werden die verschiedenen Säulen
genauer erläutert.
Leiblichkeit:
Die Leiblichkeit ist gemäss Petzold (2012) der zentralste Bereich des Menschen. Diese Säule
beinhaltet die Gesundheit, das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit, die Vitalität – wobei dem
Selbsterleben in dieser Dimension eine grosse Bedeutung zugesprochen wird. Denn wenn
Menschen ihre eigene körperliche, emotionale und geistige Gesundheit als verloren erleben,
ist diese Säule besonders eingeschränkt und ihre Gesundheit begibt sich in einen riskanten
Abbildung 4: Darstellung der «Fünf Säulen der Identität»
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
47
Bereich. Besonders im modernen Lebensstil wird der vitalen Leiblichkeit nebst dem
Berufserfolg einen hohen Stellenwert zugesprochen. (vgl. S. 520-521)
Soziale Beziehungen:
Die Säule der sozialen Beziehungen umfasst jegliche sozialen Netzwerke wie Familie sowie
Freundes- und Kollegenkreis. Hierbei können spezifische Identitätsbereiche entstehen, die
Chancen der Selbstverwirklichung ermöglichen, die aber auch Einschränkungen in sich
bergen können. (vgl. Petzold, 2012, S. 521-522)
Arbeit und Leistung, Freizeit:
Diese drei zusammenhängenden Lebensvollzüge umfasst die dritte Säule. Mit den stetig
wachsenden Anforderungen in der Arbeitswelt bezüglich Flexibilität und Leistung kommt der
Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert zu – ausdrücklich, um sich trotz
Freizeitverknappung Erholungszeiten als Ausgleich zu schaffen. Da der Arbeit in unserer
Kultur einen hohen Stellenwert zugesprochen wird, können Störungen in der Arbeitswelt auch
die anderen Säulen gravierend beeinträchtigen. So kann sich ein Arbeitsverlust als besonders
schwerwiegend zeigen, da sich dadurch weitreichende Auswirkungen auch auf die übrigen
Identitätssäulen erkennen lassen, wie zum Beispiel auf die der materiellen Sicherheit. (vgl.
Petzold, 2012, S. 522-523) Auch Kunz et al. (2009) weisen auf den hohen gesellschaftlichen
Wert der Arbeit hin und erwähnt insbesondere, dass Arbeitslosigkeit meist mit einem Stigma
belegt ist. Häufig wird sie zudem als psychische Belastung erlebt und kann krisenauslösend
wirken. Zudem kann ein sozialer Abstieg sowie Schulden und Verarmung mit der
Arbeitslosigkeit einhergehen. Demnach können sich gravierende psychische, gesundheitliche,
soziale und materielle Folgen abbilden. (vgl. S. 46)
Materielle Sicherheit:
Zu dieser Identitätssäule gehören jegliche materiellen Sicherheiten wie zum Beispiel Geld,
Wohnung oder Kleidung. Fehlen solche Sicherheiten, kann dies zu massiven Erschütterungen
des Menschen und derer Identität führen. Denn materielle Sicherheiten ermöglichen
Freiräume und somit Identitätsverwirklichungen. Diese Säule ist eng mit der dritten Säule
verbunden. (vgl. Petzold, 2012, S. 524)
Werte:
Für viele hat diese Identitätssäule eine grosse Bedeutung. Sie beinhaltet zentrale Werte wie
beispielsweise religiöse oder politische Orientierungen, die ein Mensch haben kann. Sie ist
daher so zentral, da Menschen aus Werten Sinn und Kraft schöpfen können, welche sich auch
in der jeweiligen identitätsstiftenden Haltung wiederspiegeln. (vgl. Petzold, 2012, S. 524-525)
Denn häufig kann durch das Festhalten an eigenen zentralen Werten ein vollständiger
Zusammenbruch in Krisensituationen vermieden werden (vgl. Stein, 2009, S. 194).
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
48
Das Analyseinstrument der «Fünf Säulen der Identität» schafft Einblicke für Sozialarbeitende
aber auch für die Betroffenen. Damit wird ersichtlich, welche Bereiche die eigene Identität
tragen. Aber vor allem können so auch die geschwächten Bereiche herausgearbeitet werden.
An geschädigten Säulen respektive Lebensbereichen kann gezielt in Krisensituationen
gearbeitet und diese bestmöglich wiederhergestellt werden. Die innerlich vergegenwärtigten
«starken» Säulen können als Stütze, Entlastung und Stabilisierung zur Krisenbewältigung
genutzt werden. (vgl. Petzold, 2012, S. 543) Demnach können relativ stabile Säulen Halt und
Sicherheit spenden, wobei betroffene Säulen den Handlungsbedarf aufzeigen können (vgl.
Stein, 2009, S. 193-194). Eine Distanzierung zur Krise wird vor allem auch durch die Einsicht
und Vergegenwärtigung von nicht krisenbetroffenen Bereichen und deren vorhandenen
innewohnenden Ressourcen gefördert. Diese Ressourcen können zugleich hilfreich zur
Krisenbewältigung genutzt werden. (vgl. ebd., S. 194)
Da eine sichere Grundlage und ihre entlastenden Elemente eine der zentralsten Zugänge in
der Krisenintervention der Sozialen Arbeit darstellt, gilt es, diese schnellstmöglich herzustellen.
Für einen Überblick für die Situationserfassung, wobei die einzelnen Bereiche bezüglich deren
Stabilität und Ressourcen durchleuchtet werden, eignet sich das Säulenmodell nach Petzold.
Weiter ist hier auch auf den Gegenstandsbereich der Sozialen Arbeit bezüglich der
Bearbeitung von sozialen Problemen zu verweisen. Hierbei ist wie bereits genannt die Soziale
Arbeit verpflichtet, sich unterstützend bei eingeschränkten Lebensverwirklichungen und
unzureichenden Zugängen zu gesellschaftlichen Ressourcen einzusetzen (siehe Kapitel 3.2).
Denn gemäss dem Berufscodex von AvenirSocial (2010) hat die Sozialen Arbeit auch einen
sozialpolitischen Auftrag, indem sie zu gesellschaftlichen und sozialpolitischen
Verbesserungen beiträgt (vgl. S. 13). Sie ist verpflichtet, sozialpolitische Interventionen zu
initiieren und zu unterstützen, sodass Lösungen für strukturbedingte Probleme geschaffen
werden können (vgl. ebd., S. 6). Dies ist hier insofern wichtig, da die Soziale Arbeit somit einen
wesentlichen Beitrag zur Eindämmung von Krisenzuspitzungen leisten kann. Denn bei
Krisensituationen, und somit auch in der Krisenintervention, kann die Soziale Arbeit Betroffene
gezielt mittels der Erschliessung von Ressourcen und sozialpolitischer Massnahmen entlasten
wie beispielsweise mittels Sicherstellung von materiellen Sicherheiten, gesundheitlichen
Versorgungen und anderen Hilfsangeboten. Diese Ressourcenerschliessung, die ein zentraler
Aufgabenbereich der Sozialen Arbeit darstellt, wirkt folglich unterstützend für die
Lebensbewältigung und somit auch für die Krisenbewältigung (siehe Kapitel 3). Diese
genannte Ressourcenerschliessung wird im Folgekapitel genauer differenziert.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
49
4.3 Ressourcenerschliessung
In Anlehnung an den französischen Sprachgebrauch bedeutet der Begriff Ressource
«Hilfsquelle». Die Lebensführung und Alltagsgestaltung wie auch die Bewältigung von
Problemen und Krisen sind abhängig von solchen vorhandenen Hilfsquellen und deren
innewohnenden Ressourcen. (vgl. Zwicker-Pelzer, 2010, S. 62) Da sich der Gegenstand
sozialarbeiterischer Tätigkeit auf die Unterstützung der Lebensbewältigung fokussiert, wobei
eine zentrale Devise die Ressourcenerschliessung und -stärkung für die Erlangung einer
grösstmöglichen Selbstbestimmtheit und Eigenständigkeit darstellt (siehe Kapitel 3) und in
Krisensituationen bekanntlich die Handlungsfähigkeit oft eingeschränkt ist, zeigt sich hier ein
legitimierter Zugang und Ansatz für die Krisenintervention in der Sozialen Arbeit. Im folgenden
Kapitel wird daher die Grundhaltung der Ressourcenorientierung in Bezug auf
Krisensituationen und deren Bewältigung dargelegt. Anschliessend wird der Ansatz der
Netzwerkintervention beigezogen, da Netzwerke eine zentrale Stütze und Ressource in
Krisensituationen sein können (siehe Kapitel 2). Abschliessend wird in Anbetracht der
Krisenbewältigung der Ansatz Copinganalyse und -Modifikation erläutert.
4.3.1 Ressourcenorientierung
«Mit Ressourcenorientierung ist eine Grundhaltung gemeint, die sich an den Stärken und
Kompetenzen der Menschen orientiert und nicht an den Defiziten» (Kunz et al., 2009, S. 24).
Insbesondere in Krisensituationen können Menschen oft weder auf ihre Problemlöse-
kompetenzen zurückgreifen, noch diese selbstständig entdecken (vgl. ebd., S. 24).
Ressourcenverlust oder eine mangelnde Nutzung von Ressourcen stellt oftmals den Beginn
sozialer Hilfestellungen dar (vgl. Wüsten, 2013, S. 120). Deshalb müssen Sozialarbeitende
das Klientel darin unterstützen, verlorene und verborgene Ressourcen wiederzufinden und sie
nutzbar zu machen (vgl. Kunz et al., 2009, S. 24). Denn auch gemäss Wüsten (2013) stellt
eine Ressourcenwahrnehmung sowie deren Aktivierung und Nutzung einen Grundstein für
den Behandlungserfolg dar (vgl. S. 120).
Der Ressourcenbegriff wird unterschiedlich diskutiert, da Ressourcen sehr vielfältig sein
können. Die Schwierigkeit einer einheitlichen Ressourcenbestimmung liegt daran, dass diese
immer von den individuellen Bewertungen einer Person abhängt. Generell kann jedoch
festgehalten werden, dass Ressourcen durch positive Gefühle sowie das Empfinden von
Nützlichkeit und Hilfe gekennzeichnet sind. (vgl. Wüsten, 2013, S. 121-122) Fakt ist, der
Mensch verfügt über verschiedene Ressourcen. Eine Differenzierung formulierte Antonovsky
(1987). Er unterscheidet hierbei personale und Umwelt-Ressourcen. Zum Ersteren zählt er
eigene Fähigkeiten, körperliche Gesundheit, wie auch ethische oder religiöse Werte. Zudem
können auch zuversichtliche Lebenseinstellungen, bisherige Krisenbewältigungserfahrungen,
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
50
sowie die Fähigkeit, schwierige Lebensumstände zu ertragen, als personale Ressourcen
gelten. Die Umwelt-Ressourcen sind primär im Bereich der zwischenmenschlichen
Beziehungen zu finden, aber beispielsweise auch in Form von finanziellen Sicherheiten. (vgl.
zit. in Kunz et al., 2009, S. 24)
Im Sinne der Krisenintervention, welche abgesehen von der Selbsthilfe vor allem die
Stabilisierung fokussiert (siehe Kapitel 2), ist es die Aufgabe von Sozialarbeitenden mit
Betroffenen herauszufinden, was in der jeweiligen Situation als stabilisierende Ressource
herbeigezogen werden kann (vgl. Kunz et al., 2009, S. 24). «Gesunde Lebensbereiche»,
Bewältigungsressourcen und insbesondere soziale Ressourcen sollten hierbei erkundet
werden (vgl. Wüsten, 2013, S. 123-124). Doch auch jede andere Art von Ressourcen gilt es
zu nutzen und zu aktivieren, wie beispielsweise Freizeitgestaltungsmöglichkeiten (vgl. Widulle,
2012, S. 223). Gemäss Zwicker-Pelzer (2010) sind auch bei schwerstgefährdeten Menschen
und in jeder defizitären Umwelt förderbare Ressourcen auffindbar (vgl. S. 63). Demnach
müssen die gefundenen Ressourcen stets wahrgenommen, anerkannt und hervorgehoben
werden. So kann es auch sein, dass gefundene Ressourcen derzeit noch nicht zur
Bewältigung beigezogen werden können, sich aber zu einem späteren Zeitpunkt als hilfreich
und unterstützend erweisen. (vgl. Wüsten, 2013, S. 125) Zudem wird durch die
Vergegenwärtigung von eigenen Ressourcen und deren offensichtlichen Benennung das
Selbstwertgefühl gestärkt (vgl. Kunz et al., 2009, S. 26). Die Ressourcenperspektive
ermöglicht es allen Beteiligten, den Blick von der Problemfixierung auf die Stärken und
Potenziale der Betroffenen zu lenken. Sie ermöglicht, den genannten Chancenaspekt
hervorzuheben (siehe Kapitel 1.3), indem nicht nur die negativen Aspekte von Krisen betont
werden, sondern auch die positiven wie beispielsweise bisherige und wertvolle
Erfahrungsmöglichkeiten (vgl. Zwicker-Pelzer, 2010, S. 63).
Wichtig ist, dass eine Ressourcenanalyse am Einzelfall orientiert ist und daher mittels adaptiv
unterschiedlicher Methoden erfolgen kann (vgl. Wüsten, 2013, S. 130). Demzufolge können
verlorengegangene und versteckte Ressourcen mit unterschiedlichen Zugangsweisen
aufgedeckt werden. Verschiedene Fragetechniken eignen sich hier als Werkzeug der
Fachkraft. So können Fragen bezüglich des Umgangs früherer Krisensituationen und deren
Bewältigung gestellt werden, um Ressourcen aufzudecken. Auch kann nach
Ausnahmesituationen in der jeweiligen Krise gefragt werden, respektive welche Dinge zu einer
Entlastung führten oder führen könnten und was dazu benötigt wird. (vgl. Kunz et al., 2009, S.
25) In der Zwischenzeit wurden auch viele Checklisten und spezialisierte Fragebögen
ausgearbeitet, welche eine strukturierte Ressourcenerfassung ermöglichen (vgl. Wüsten,
2013, S. 125-126). Auch Zwicker-Pelzer (2010) empfiehlt, in kritischen Gesundheits- und
Lebensumständen ein Fähigkeitsprofil zu erstellen, wofür unterschiedliche Leitfäden existieren
(vgl. S. 67). Des Weiteren kann auch die Methode des Reframings, zu Deutsch Umdeuten,
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
51
angewendet werden, um einen ressourcenorientierten Zugang der Klientel zu erlangen. Das
Reframing kann hilfreich sein, indem durch eine positive Umdeutung von beispielsweise
Sachverhalten und Eigenschaften neue Perspektiven auf die jeweilige Situation sowie auf
Verhaltensweisen und Eigenschaften der Klientel eröffnet werden. (vgl. Wüsten, 2013, S. 121,
133) Im fortgeschrittenen Begleitprozess können Ressourcen auch mit individuellen
«Hausaufgaben», im Sinne von gezielten Aufgaben, aktiviert und so zur Problembewältigung
aktiv genutzt werden (vgl. ebd., S. 132-133).
Die Ressourcenerschliessung ist deshalb wichtig, da sie allein schon durch die Erhebung
motivierende Anstösse herbeiführen kann, indem Erwartungen positiver Ereignisse gefördert
werden. Auch können sich durch einen solchen Zugang die Problemlöseideen vervielfältigen.
(vgl. Wüsten, 2013, S. 122-123) Doch die Suche nach Ressourcen mit dem Klientel erfordert
von Sozialarbeitenden Fingerspitzengefühl, Geduld aber auch Hartnäckigkeit, da Betroffene
meist nur noch die Krisen wahrnehmen können (vgl. Kunz et al., 2009, S. 25).
4.3.2 Netzwerkintervention
Wie aufgezeigt, sind soziale Ressourcen in Krisensituationen besonders hilfreich für eine
aktive Bewältigung und Stabilisierung der Betroffenen. Diverse Forschungen der vergangenen
Jahre belegen die Wichtigkeit eines tragfähigen sozialen Bezugssystems für Menschen.
Besonders in belastenden Lebenssituationen können solche Beziehungen als Stütze
fungieren und Belastungen können somit besser bewältigt werden. (vgl. Kunz et al., 2009, S.
38) Die Betroffenen können dadurch sozialen Rückhalt in Form von emotionaler Nähe,
Intimität, Zusammenhalt, Zugehörigkeit sowie Akzeptanz erfahren (vgl. Zwicker-Pelzer, 2010,
S. 65). Doch oft zeigt sich bei Menschen in Krisen ein fehlendes intaktes soziales Netzwerk,
da dies bereits vorhin nicht vorhanden war oder sich aufgrund der Krisensituation auflöste (vgl.
Kunz et al., 2009, S. 38). Dies kann sich als einschneidend zeigen, da soziale Beziehungen
unverzichtbar für die Entfaltung und Weiterentwicklung der Identität sowie für einen Aufbau
sozialer Handlungsfähigkeit ist. Diese Beziehungen sind jedoch zwischen positiver und
negativer Qualität zu unterscheiden. Erstere können wie oben benannt Sicherheits- und
Zugehörigkeitsgefühle vermitteln, doch negative können Menschen Entfremdung, Vorurteile
oder Ausgrenzung verspüren lassen. (vgl. Stimmer & Ansen, 2016, S. 105)
Bei einer Netzwerkintervention werden bestehende Netzwerke analysiert und falls notwendig
sowohl neue als auch alte Beziehungen wiederaufgebaut. Netzwerkintervention verfolgt
demnach das Prinzip, die Person bestmöglich mit verschiedenen Hilfsformen zu vernetzen.
Dies kann mittels informeller Hilfen als auch formeller Unterstützungen erfolgen, sodass
Betroffene mehr Möglichkeiten erhalten, die Krise aktiv zu bewältigen. Demnach stellt
Vernetzung ein wesentliches Prinzip von Krisenintervention dar. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 38)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
52
Hierbei geht es um die Stärkung von hilfreichen Kontakten, jedoch auch um die Analyse der
belastenden Bezüge, die entwicklungshemmend sind oder sich negativ auf die Problemlösung
auswirken können (vgl. Stimmer & Ansen, 2016, S. 105).
Gemäss Kunz et al. (2009) ist bei Krisensituationen die Aktivierung des sozialen Netzwerks
besonders wichtig. Sozialarbeitende sollten gemeinsam mit den Betroffenen ein tragfähiges
Netzwerk aufbauen. So können Familien und Freunde in eine Unterstützungslösung
einbezogen werden. Aber auch die Vermittlung und Zugangsverschaffung zu weiteren
Fachpersonen wie zum Beispiel Ärzten oder Psychologen für allfällige körperliche, seelische
und psychische Beschwerden, können unterstützend sein. Des Weiteren können
Informationen bezüglich Notfallnummern und Krisendiensten Sicherheit stiften. (vgl. S. 37)
Denn das alleinige Wissen bezüglich Rückgriffsmöglichkeiten auf Netzwerkpotenziale kann
die Krisenbewältigung erleichtern sowie das Selbstvertrauen fördern (vgl. Stimmer & Ansen,
2016, S. 109).
Für eine Netzwerkanalyse eignet sich die Veranschaulichung mit einer Netzwerkkarte. Mittels
dieser Technik können Ressourcen aber auch Defizite ersichtlich werden. Unterschiedlichste
Personen wie auch ihre Beziehungsnähe können dargestellt werden, wobei auch eine visuelle
Vergegenwärtigung für die Betroffenen erzielt werden kann. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 38) In
einem weiteren Schritt können Netzwerkkarten hinsichtlich der Art und Struktur, der
Zufriedenheit und zukünftiger Beziehungswünsche sowie bisheriger Beziehungserfahrungen
analysiert werden (vgl. ebd., S. 39). Um eine positive Wirkung von sozialen Netzwerken zu
erreichen, ist es notwendig, dass diese insbesondere vom Empfänger als unterstützend
wahrgenommen werden (vgl. Stimmer & Ansen, 2016, S. 113).
In der Abbildung 5 symbolisieren die Kreise die Beziehungsnähe zu den unterschiedlichen
Personen. Die einzelnen Sprechblasen umschreiben die derzeitige Beziehungsqualität und
deren Beziehungsstand.
Abbildung 5: Beispiel einer Netzwerkkarte
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
53
Eine weitere Methode für die Netzwerkabbildung wäre das Genogramm, welches auch soziale
Ressourcen sichtbar machen kann (vgl. Wüsten, 2013, S. 131). Das Genogramm ist eine
piktographische Darstellung eines Familienstammbaumes und deren Beziehungen, wobei
mehrere Generationen abgebildet werden können (vgl. Weber, 2012, S. 50). Netzwerkarten
haben den Vorteil, jegliche Beziehungsnetze in unterschiedlichsten Lebensbereichen
darzustellen (vgl. Stimmer & Ansen, 2016, S. 168). Sie fokussieren sich demnach nicht nur auf
familiäre Beziehungen. Auch biografische Zeitbalken oder andere gestalterische Methoden
wie Collagen oder Poster können bei der Ressourcenabbildung ihre Verwendung finden (vgl.
Wüsten, 2013, S. 131).
Es kann sein, dass bei Netzwerkinterventionen Widerstände seitens der Betroffenen auftreten.
Daher kann es hilfreich sein, wenn Sozialarbeitende behutsam vermitteln, dass die
Inanspruchnahme von Hilfe keine Schwäche, sondern eine Stärke ist. (vgl. Kunz et al., 2009,
S. 39) Da die Bedeutung sozialer Ressourcen derart hoch ist, lohnt es sich, der Aktivierung
sozialer Netzwerke genügend Aufmerksamkeit und Zeit zu widmen (vgl. Wüsten, 2013, S.
130). Denn wie bereits aufgezeigt, birgt das soziale Netzwerk Ressourcen für eine
Problembewältigung, da sie sowohl materielle, soziale und emotionale Unterstützung bieten
können (vgl. Zwicker-Pelzer, 2010, S. 66).
4.3.3 Copinganalyse und Modifikation
Als Coping, zu Deutsch Bewältigung, «kann das Bemühen bezeichnet werden, bereits
bestehende oder zu erwartende Belastungen innerpsychisch (emotional und kognitiv) oder
durch zielgerichtetes Handeln auszugleichen» (Kunz et al., 2009, S. 51). Auch gemäss Stein
(2009) ist Coping ein mehr oder weniger bewusster Vorgang, welcher der Erhaltung oder der
Wiederherstellung des eigenen inneren Gleichgewichts dient, wobei versucht wird, trotz einer
andauernden Belastung eine innere und äussere Druckreduzierung herbeizuführen (vgl. S.
31). Insbesondere in der Krisenentstehung wie auch in der Krisenüberwindung kommt dem
Coping demnach eine zentrale Rolle zu (vgl. Kunz et al., 2009, S. 51).
Durch mangelnde Handlungsmöglichkeiten und inadäquate Verarbeitungsformen können
Krisen entstehen und sich Gefühle der Hilflosigkeit und Orientierungslosigkeit einstellen (vgl.
Kunz et al., 2009, S. 52). Zudem kann sich eine Krise durch schädigende oder scheiternde
Bewältigungsstrategien auf Dauer chronifizieren (siehe Kapitel 1.3), die sich bis zu
psychischen und psychosomatischen Störungen verhärten oder zu suizidalen Entwicklungen
und Gewalthandlungen zuspitzen können (vgl. Stein, 2009, S. 20-21). Daher ist es eine
zentrale Aufgabe von Sozialarbeitenden in der Krisenintervention, habituelle Copingstrategien
gemeinsam mit den Betroffenen herauszuarbeiten. Es sollte herausgefunden werden, welche
Strategien in der jeweiligen aktuellen Situation passend, hinderlich oder nicht ausreichend
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
54
sind. Insbesondere hinderliche oder nicht ausreichende Bewältigungsstrategien sollten auf
mögliche Modifizierungen überprüft werden. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 52) Bezüglich der
Effizienz kann zwischen funktionalen und dysfunktionalen Bewältigungsstrategien
unterschieden werden, wobei die jeweilige Einteilung immer personen- und situationsabhängig
ist. So können bestimmte Strategien kurzfristig für Entlastung sorgen wie zum Beispiel
Rückzug oder Vermeidung, die aber auf eine längerfristige Betrachtung die Krisenbewältigung
behindern. Daher gilt es auch, zwischen kurzfristigen und längerfristigen effektiven Strategien
zu differenzieren. (vgl. Papastefanou, 2013, S. 33-34) Gemäss Stein (2009) gibt es nicht
primär schlechtes oder gutes Coping. Vielmehr stellen sie mehr oder weniger geglückte
Neuanpassungsversuche dar. Auch er weist darauf hin, dass Bewältigungsstrategien wie
Rückzug oder Verleugnung in gewissen Situationen sinnvoll sein können, um nicht eine
erneute Überforderung hervorzurufen. (vgl. S. 31) Eine erfolgreiche Bewältigung zeigt sich
dann, wenn überflutende Emotionen reguliert werden und Kontrolle zurückerlangt wird (vgl.
Papastefanou, 2013, S. 34).
Sozialarbeitende unterstützen Betroffene mit der Copinganalyse, die derzeitig passenden
Bewältigungsstrategien für eine Krisenbewältigung herauszuarbeiten. Um weitere
Überforderungen in Krisensituationen zu verhindern, ist es nicht hilfreich, völlig neue
Bewältigungsstrategien zu erlernen. Vielmehr sollten gewohnheitsmässige Muster kritisch
beleuchtet und allenfalls modifiziert werden. Denn die Haltung in der Krisenintervention geht
stets von der Annahme aus, dass Betroffene auch in Krisensituationen Ressourcen und
Bewältigungsstrategien zur Verfügung haben. (vgl. Kunz et al., 2009, S. 52)
Ähnlich wie bei der Ressourcenanalyse können Bewältigungsverhalten des Klientel wie folgt
analysiert werden:
Schilderung der aktuellen Situation und der bisherigen Bewältigungsversuche
Frühere Strategien sowie deren bisherige Erfolge analysieren
Gedanken und Gefühle bezüglich der Krise erfragen, um mögliche Hinweise auf die
innerpsychischen Bewältigungsstrategien zu erlangen
Reaktionen auf bestimmte Interventionen bewusst wahrnehmen, um auf mögliche
Verhaltensweisen ausserhalb des Settings zu schliessen. (vgl. ebd., S. 52)
Professionelle müssen bei der Ressourcenerschliessung demnach unterschiedliche
Kompetenzen aufweisen. Einerseits werden fundierte Kenntnisse über Instrumente
erforderlich, aber auch die Fähigkeit diese falladäquat einsetzten zu können. (vgl. Wüsten,
2013, S. 126). Die dargelegten Variablen – Ressourcen, Netzwerke, Coping – sind
ausschlaggebend für die Krisenentstehung und deren Bewältigung. Denn sie haben direkten
Einfluss auf den Schweregrad einer Krise und führen zu einer mehr oder weniger gesunden
Form der Restabilisierung. (vgl. Stein, 2009, S. 35)
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
55
5 Weiterführende Ansätze
Die bisher genannten Zugänge und Ansätze dienen primär der Stabilisierung und Entlastung
der Betroffenen. Sie bieten auch erste mögliche Ansätze zur Problembewältigung, weshalb
sie für eine Krisenintervention in der Sozialen Arbeit besonders geeignet sind. In diesem
Kapitel werden ergänzend noch zwei ausgewählte Zugangsweisen abschliessend skizziert,
die nicht primär für die Krisenintervention entwickelt wurden, aber Parallelen zu einer
Krisenbewältigung aufzeigen. Daher eignen sie sich als weiterführende Ansätze nach einer
akuten Krise.
5.1 Psychoedukation
Psychoedukation findet ihren Anwendungsbereich primär bei Menschen mit sowohl
somatischen als auch psychischen Erkrankungen, kann jedoch auch bei anderen Belastungen
angewendet werden. Sie strebt die Informationsvermittlung über bestimmte Erkrankungen,
verknüpft mit der emotionalen Aufbereitung der daraus resultierenden Schwierigkeiten, an. Da
Erkrankungen oder andere schwerwiegende Belastungen sich zu Krisen zuspitzen können,
zeigt dieses Verfahren auch Bezüge zur Krisenbewältigung. Psychoedukation findet hingegen
meist erst nach der Überwindung eines akuten Notfalls beziehungsweise nach einer akuten
Krise statt. Denn erst wenn die Betroffenen ausreichend stabilisiert sind, kann das
Geschehene vertieft reflektiert und emotional verarbeitet werden. (vgl. Hülshoff, S. 82-83).
Üblicherweise findet Psychoedukation in einem Gruppensetting statt, geführt von einer
Fachkraft aus dem therapeutischen Feld, in Kombination mit Sozialarbeitenden. Diese
Kombination von Fachkräften scheint hilfreich, da Psychoedukation Informationsvermittlung in
allen Bereichen – biologische, psychische sowie soziale – umfasst. Sozialarbeitende finden
ihren Aufgabenbereich hierbei zum Beispiel bei möglichen sozialen Schwierigkeiten,
Erschwernisse im Bereich des Wohnens, der Freizeitgestaltung oder der Arbeit sowie bei
familiären Aspekten. Das Gruppensetting hat zum Vorteil, dass Kursteilnehmende sich über
eigene Erfahrungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede austauschen können. (vgl. Hülshoff,
2017, S. 83) Abgesehen von der Thematisierung der Schwierigkeiten werden auch weitere
psychosoziale Hilfsangebote und vor allem auch positive Entwicklungstendenzen,
Selbstheilungskräfte und Coping-Strategien thematisiert, wobei die Teilnehmenden
voneinander profitieren können (vgl. ebd., S. 84). Die Betroffenen werden hierbei als
«Experten in eigener Sache» verstanden, was auch den positiven Nebeneffekt der Stärkung
von Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeitserfahrungen zugutekommt (vgl. ebd., S. 83). Ziel
einer Psychoedukation ist somit die Integration des eigenen Krisenerlebens mittels
Informationsvermittlung sowie die positive Veränderung vom Krisenverständnis. Des Weiteren
sollen individuelle Konzepte sowie gefestigte Problemlösungsfähigkeiten erarbeitet werden.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
56
Wie bei der Krisenintervention, werden die Selbstwirksamkeit und das Kontrollgefühl gestärkt,
sowie Bewältigungsstrategien entwickelt und reflektiert. (vgl. ebd., S. 84) Auch Kunz et al.
(2009) weisen auf die Wichtigkeit einer umfassenden Aufklärung und Informationsvermittlung
hin, die vor allem positive Effekte für das Klientel hat. So kann beispielsweise Aufklärung
bezüglich Symptomatik die Vorstellung des eigenen persönlichen Versagens entlasten.
Zudem können Betroffene durch die Informationsvermittlung zu eigenen Entscheidungen
befähigt werden, die sie aufgrund des erlangten Wissens fällen können. Auch Informationen
bezüglich Behandlungserfolgen können Hoffnung erwirken. (vgl. S. 117)
5.2 Motivational Interviewing
Motivational Interviewing, zu Deutsch motivierende Gesprächsführung, ist für Menschen
geeignet, die aus unterschiedlichen Gründen nicht die notwenige Änderungsmotivation
aufbringen können. Im Gegensatz zu anderen Gesprächsführungsmethoden, die meist mit den
vorhandenen Motiven der Klientel arbeiten, konzentriert sich die motivierende
Gesprächsführung auf den systematischen Aufbau von derzeit noch nicht verfügbar eigenen
Motiven. (vgl. Widulle, 2012, S. 124) Dieses personenzentrierte Verfahren fördert den Umgang
mit Problemambivalenzen gegenüber Veränderungen und beinhaltet sowohl direktive und
leitende, wie auch kooperative und zuhörende Gesprächselemente. Das Ziel ist die
Bewusstseinsschaffung von eigener Motivation und deren Ambivalenzen, sodass das Klientel
sich für eigene Ziele entscheiden und die jeweiligen individuellen Stärken für eine
Situationsveränderung erkennen, nutzen und verstärken kann. (vgl. Hülshoff, 2017, S. 89-90)
Gemäss Widulle (2012) und in Anlehnung an das sechsstufige Modell der Verhaltensänderung
(TTM) werden Auswirkungen auf die Änderungsmotivation aufgezeigt. Diese sechs Stufen, die
sich durch unterschiedliche Stabilität oder Anfälligkeit für Rückfälle auszeichnet, lauten wie
folgt: Absichtslosigkeit, Absichtsbildung, Vorbereitung, Handlung, Aufrechterhaltung und
Stabilisierung. Mangel an Informationen oder an Problembewusstsein sowie Resignation
können Veränderungsabsichten mindern. Hier ist anfänglich oft eine aktive Intervention
erforderlich, um das Stadium der Absichtslosigkeit zu überwinden. In der Absichtsbildung ist
die Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten und der individuellen Situation zentral,
wobei starke Ambivalenzen bezüglich Veränderungen bestehen können. In der Vorbereitung
und Handlungsstufe werden Veränderungsabsichten gefestigt und aktiv umgesetzt, wobei
Rückfälle auftreten können. In der Aufrechterhaltung und in der Stabilisierung gilt es die
Veränderung durch Zuversicht beizubehalten und zu festigen. (vgl. S. 125-127)
Bei der motivierenden Gesprächsführung geht es um ein Verfahren auf Augenhöhe, bei dem
das Klientel sich selbst seiner Ambivalenzen, seiner Wünsche, seiner Ziele und der hierfür
notwendigen Schritte bewusst werden soll. In einer solchen Grundhaltung wird die Abgrenzung
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
57
zur akuten Krisenintervention deutlich, welche bekanntlich mehr Verantwortungsübernahme
seitens der Fachkraft und somit eher einen leitenden Kommunikationsstil erfordert. (vgl.
Hülshoff, 2017, S. 90) Des Weiteren ist anzumerken, dass besonders in den anfänglichen
Stadien der Veränderungsmotivation folgende Gesprächsinterventionen zu beachten sind: Mit
dem Ausdruck von Empathie, aktivem Zuhören und einem wertefreien Akzeptieren wird die
intrinsische Veränderungsmotivation erleichtert. Zudem ist es wirksam, stets mit den
Diskrepanzen und Argumenten des Klientel zu arbeiten und diese mit Hilfe von Kosten-
Nutzen-Abwägungen aufzubereiten. Auch sollten Widerstände ausdrücklich anerkannt und
Erfolge stets gewürdigt werden, um die Änderungszuversicht zu stärken. (vgl. Widulle, 2012,
S. 128-129)
Ergänzend zu diesem Ansatz ist auch noch das Interventionsprinzip «Entwicklung von
Lebensperspektiven» von Kunz et al. (2009) beizuziehen. Lebensperspektiven sind
Sichtweisen und Gefühle, mit welchen Menschen auf den zukünftigen Lebensverlauf blicken.
Doch gerade in Krisensituationen können solche tiefgreifend erschüttert sein. Daher scheint
es notwendig, sich mit neuen Perspektiven auseinanderzusetzten. Die gedankliche
Auseinandersetzung mit der hypothetischen Zukunft kann den Betroffenen Sicherheit
spenden, da Zuversicht, Halt, und Orientierung in der Gegenwart geschaffen werden. Weiters
kann durch die Perspektivenschaffung die Lebenslust gefördert sowie durch die gedankliche
Freiheit eine krisenhafte Einengung geweitet werden. (vgl. S. 90) Für die Entwicklung von
Lebensperspektiven eignen sich verschiedene Interventionstechniken, wie beispielsweise die
gemeinsame Erschaffung eines hoffnungsspendenden Zukunftsszenarios oder der Einsatz
von Wunderfragen, die Wunschsituationen seitens Klientel offenbaren und als
Veränderungsgrundlage sowie Zielentwicklung genommen werden können (vgl. ebd., S. 91).
Um die krisenhaften Einengung zu weiten, können Techniken der inneren Distanzierung
hilfreich sein, wie beispielsweise einen Rollentausch für einen Perspektivenwechsel oder die
«Zeitmaschine», um Zukünftiges zu veranschaulichen (Widulle, 2012, S. 222).
Motivational Interviewing wird hier ergänzend zur Krisenintervention vorgestellt, da sich häufig
nach der akuten Krisenüberwindung die Frage des weiteren Lebensverlaufs stellt (vgl.
Hülshoff, 2017, S. 90). Mit diesem Ansatz können so zukünftige Veränderungsschritte
eingeleitet werden, wobei bestenfalls weitere etwaige Krisen vorgebeugt werden können (vgl.
ebd., S. 94). Auch der ergänzende Input zur Lebensperspektivenentwicklung ist in
Krisensituationen nicht ausser Acht zu lassen. Denn die Perspektivenschaffung ermöglicht
Zuversicht und somit auch Vertrauen in eine positive Entwicklung. (vgl. Kunz et al., 2009, S.
90-91)
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Schlussbetrachtung
Mit der Schlussbetrachtung erfolgt die Beantwortung der Fragestellung. Anschliessend wird
eine fachliche und persönliche Reflexion dieser Arbeit und der behandelten Themen dargelegt.
Zuletzt wird ein Ausblick im Themenfeld Krisenintervention in der Sozialen Arbeit vollzogen.
Beantwortung der Fragestellung
Mit der anfänglichen Begriffsdefinition und Konkretisierung einer psychosozialen Krise wurde
aufgezeigt, wie allumfassend eine Krise für den Menschen ist. Sie kann auf der psychischen,
sozialen und/oder auf der körperlichen Ebene Auswirkungen nach sich ziehen, da die
bisherigen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen. Dies führt seitens der Betroffenen
zu einer seelischen Destabilisierung und Überforderung, sodass deren Handlungsfähigkeiten
eingeschränkt sind. Um eine professionelle und unterstützende Begleitung in Krisen zu
gewährleisten, sind solche Grundkenntnisse notwendig. Sozialarbeitende müssen sich
solchen Überforderungssituationen bewusst sein und ihre Unterstützung jeweils dem
derzeitigen Zustand der betroffenen Person anpassen. Auch die Kenntnisse über mögliche
Krisenentstehungen, respektive die verschiedenen Krisenarten, sowie das Wissen über
krisenanfällige Lebenssituationen sind essentiell, um Krisenzuspitzungen zu minimieren und
Krisenverläufe nachzuvollziehen. Hier gilt es speziell, sich mit den Betroffenen gemeinsam der
subjektiven Bedeutung einer Krise zuzuwenden, um so auch ein allumfassendes
Krisenverständnis zu erlangen. Sozialarbeitende und Betroffene sollten sich aber stets
bewusst sein, dass sich eine psychosoziale Krise durch einen Wendepunkt im menschlichen
Leben auszeichnet. Krisen bergen viele Gefahren, wie destruktive Bewältigungsverhalten die
zu einer allfälligen Chronifizierung führen können. Aber insbesondere bergen sie auch einen
Chancenaspekt. Durch eine erfolgreiche Bewältigung kann ein inneres Wachstum im Sinne
einer persönlichen Weiterentwicklung erreicht werden. Sozialarbeitende sollten daher ein
besonderes Augenmerk auf das Bewältigungsverhalten der Betroffen legen, da dieses die
Krisenbewältigung massgeblich beeinflusst.
Ein solches Grundwissen stellt ein erster Zugang in der Begleitung von krisenbetroffenen
Personen dar. Dadurch können Krisen überhaupt erst erkannt und nachvollzogen werden
sowie anschliessend eine professionelle und individuell passende Intervention erfolgen kann.
Um die Methode der Krisenintervention adäquat anzuwenden, ist es unausweichlich, sich auch
mit den Grundlagen einer solchen Intervention auseinanderzusetzten. Da die
Krisenintervention spezifische Prinzipien verfolgt, gilt es, sich diese zu verinnerlichen. Ein
schneller Beginn, Verständnis, Einfühlungsvermögen und Zugewandtheit,
Ressourcenorientierung, zeitliche Begrenzung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und
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Methodenflexibilität sowie ein strukturierender Interventionsstil sind aufgrund der belastenden
Ausnahmesituation zentral. Insbesondere für noch unerfahrene Sozialarbeitende kann das
Kriseninterventionskonzept BELLA und das Gesprächsphasenkonzept von Widulle eine erste
Orientierung in der Praxis bieten, wobei der Begleit- und Unterstützungsprozess stets an der
Individualität der Person und Situation auszurichten ist. Die Zielverfolgung der Stabilisierung
und Entlastung, sowie die anschliessende «Hilfe zur Selbsthilfe» sollte im
Unterstützungsverlauf im Zentrum stehen. Sozialarbeitende finden hier ihren
Tätigkeitsbereich, indem sie die Betroffenen unterstützen, die Krise aktiv zu bewältigen, um
ihren Alltag wieder selbstständig bestreiten zu können. Dies kann sowohl in der direkten
Begleitung aber auch durch ein sozialpolitisches Engagement erfolgen, sodass trotz dem
genannten gesellschaftlichen Wandel krisenhafte Lebenssituationen reduziert werden. Hierbei
finden die erarbeiteten Zugangsweisen und Ansätze ihre Verwendung.
Sozialarbeitende können mittels einer professionellen Beziehungsgestaltung einen ersten
Zugang zu den Betroffenen und deren Situation herstellen. Hierbei müssen Sozialarbeitende
eine tragfähige Beziehung aufbauen, die sich durch eine Vertrauensbasis auszeichnet. Nähe-
Distanz, Verantwortungsklärung sowie die Vermeidung von Beziehungsabbrüchen sind in der
Begleitung von krisenbetroffenen Menschen, um Stabilität und Struktur zu schaffen, wichtige
Themenbereiche. Sozialarbeitende können Betroffene auch mittels Entlastung in Krisen
unterstützen. Dabei gilt es einen schützenden Kontext zu initiieren, sei es innerhalb oder auch
ausserhalb des Begleitsettings. Auch die Verbalisierung von Gefühlen und der jeweiligen
Situation ist ein wirkungsvoller und entlastender Zugang zur Krisenbewältigung. Die
Vergegenwärtigung von noch stabilen Lebensbereichen und deren Ressourcenerschliessung
kann zudem unterstützend wirken. Dabei ist der zentrale Ansatz der Ressourcenorientierung
zu nennen. Er ermöglicht, auch in einer ausweglos erscheinenden Situation,
Mobilisierungsmöglichkeiten zu erkennen. Insbesondere der Ansatz der Netzwerkintervention
ist hervorzuheben. Unterstützung kann hier erfolgen, in dem Betroffene in verschiedene
unterstützende Netzwerke eingebunden werden, sei dies im privaten Umfeld oder auch in
professionelle Hilfsangebote. Auch mithilfe des Ansatzes der Copinganalyse und -Modifikation
können Sozialarbeitende den Betroffenen beistehen, und helfen, ihre eigenen
Bewältigungsstrategien zu reflektieren und derzeitig hilfreiche Strategien aktiv zur
Krisenbewältigung einzusetzen. Zudem gibt es weiterführende Ansätze wie die
Psychoedukation oder das Motivational Interviewing, welche nach einer ersten Stabilisierung
der Betroffenen ihre Verwendung finden können. Sozialarbeitende können hierbei mittels
Informationsvermittlung, Aufbau von Veränderungsmotivation wie auch durch Schaffung von
Zukunftsperspektiven in Krisen unterstützend sein und so eine nachhaltige Krisenintervention
gewährleisten.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
60
Um die Fragestellung abschliessend zu beantworten: Sozialarbeitende müssen
unterschiedliche Fach-, Methoden- und Selbstkompetenzen aufweisen, um Menschen in
Krisen unterstützend zu begleiten. Einerseits müssen Sozialarbeitende über fundierte
Grundlagenkenntnisse bezüglich Krisen und Krisenintervention verfügen. Andererseits
müssen sie verschiedene Zugangsweisen und Ansätze für eine Methodenflexibilität kennen.
Hierbei ist die Fähigkeit gefordert, diese falladäquat anwenden zu können, um der
Individualität von Menschen in Krisen gerecht zu werden. Nicht zuletzt müssen
Sozialarbeitende eine professionelle Grundhaltung besitzen, indem sie sich den Betroffenen
und ihrer Situation empathisch zuwenden und so auch eine professionelle und tragfähige
Beziehung aufbauen. Denn anhand der Ausführungen wurde ersichtlich, dass die
Beziehungsgestaltung immer auch eine Haltungsfrage ist. Denn die eigene professionelle
Haltung wiederspiegelt sich jeweils im Beziehungsaufbau und im Begleitprozess.
Fachliche und persönliche Reflexion
Bei der Bearbeitung der Fragestellung wurde klar, dass sich die Suche nach fachspezifischer
Literatur als schwierig herausstellte. Es wurde deutlich, dass diverse Literatur bezüglich
Krisenintervention existiert, diese jedoch sehr psychotherapeutisch ausgerichtet ist. Meines
Erachtens besteht hier ein Mangel an spezialisierter Fachliteratur für den Bereich Zugänge
und Ansätze der Krisenintervention für die Sozialen Arbeit. Daher erhoffe ich mir, dass hierzu
zukünftig solche verfasst werden, auch um der Professionalität gerecht zu werden. In
Anbetracht dessen, dass die Soziale Arbeit einen wesentlichen Beitrag in der
Krisenintervention leisten kann, scheint hier Nachholbedarf.
In verschiedenen Werken wird zudem im Zusammenhang mit Krisen noch der Ansatz des
Empowerments erwähnt. Aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit wurde dieses
Konzept bewusst nicht behandelt. Dennoch wäre es für eine weitere Vertiefung, die von der
erläuterten Ressourcenerschliessung ausgehen würde, durchaus interessant, das Konzept
Empowerment mit der Krisenthematik zu verknüpfen. Des Weiteren konnte beispielsweise auf
Suizidalität auch nur bedingt eingegangen werden. Für die Gewährleistung einer
professionellen Begleitung von Menschen in Krisensituationen wäre es gut, sich mit dieser
Thematik vertiefter auseinanderzusetzen. Dies vor allem deshalb, weil bei möglichen
Anzeichen bei Betroffenen Sozialarbeitende dazu aufgefordert sind, das Selbst- und
Fremdgefährdungspotenzial zu erhellen sowie adäquat darauf zu reagieren.
Die Beantwortung der Fragestellung auf einer solchen allgemeinen Ebene, ohne diese mit
einem konkreten Praxisfeld, einer spezifischen Methode oder mit einer konkreten
Anspruchsgruppe zu verknüpfen, zeigte sich als Herausforderung. Doch mein persönlicher
Erkenntnisgewinn ist sehr gross und ich bin davon überzeugt, dass ich diese Erkenntnisse als
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
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zukünftige Sozialarbeiterin in die Praxis einfliessen und gut gebrauchen kann. Durch das
Allgemeinhalten der Thematik in dieser Arbeit, wird es Verwendung in den unterschiedlichsten
Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit finden. Mein persönliches Fazit ist, dass ich nach der
Erarbeitung des Themas Krisenintervention in der Sozialen Arbeit fundierte
Grundlagenkenntnisse erworben habe und mich dadurch in Bezug auf meine berufliche
Laufbahn etwas vorbereiteter fühle. Dennoch denke ich, dass für eine professionelle Tätigkeit
in der Krisenintervention selbstverständlich eine Zusatzausbildung die eigene Professionalität
stärken würde.
Ausblick
Mit Blick auf das Tätigkeitsfeld der Krisenintervention und Krisenbegleitung wurde in den
vergangenen Jahren vermehrt unterschiedliche Hilfsangebote ausgestaltet. Meiner
Einschätzung nach, wurde mehr in eine professionelle Krisenbegleitung investiert. Die
Tendenz zeigt, dass vermehrt fundierte methodische Vorgehen in Krisen erarbeitet und
konzipiert werden. Dennoch wurde meiner Meinung nach die Wichtigkeit der
sozialarbeiterischen Tätigkeit in der Krisenintervention lange Zeit vernachlässigt. Umso
erfreulicher sind die Tendenzen, dass immer mehr Sozialarbeitende heutzutage in der
Krisenintervention fussfassen. Unter diesen Entwicklungstendenzen und auch unter
Anbetracht, dass die Soziale Arbeit oft Menschen in schwierigen Lebenssituationen und Krisen
begleitet, fände ich es wichtig, dass diese Themenbereiche im Studium vertiefter behandelt
werden. Anzudenken wäre, dass Studierende innerhalb des Curriculums obligatorisch mit der
Thematik Krise und deren Interventionsmöglichkeiten, im Sinne von gezielten Moduleinheiten,
in Kontakt kämen, um so für die Berufspraxis besser vorbereitet zu sein.
FHS St.Gallen, Fachbereich Soziale Arbeit
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Abbildungsverzeichnis
Titelbild: Sinnbild Krise
(Quelle: gefunden am 4. Oktober 2018 unter
https://www.der-postillon.com/2015/08/sonntagsfrage-171-wenn-sie-eine-
pflanze.html)
Abbildung 1: Krisenverlauf nach Cullberg
(Quelle: Sonneck et al., 2012, S. 16)
Abbildung 2: Krisenverlauf nach Caplan
(Quelle: Sonneck et al., 2012, S. 17)
Abbildung 3: Ziel der Krisenintervention – «Hilfe zur Selbsthilfe»
(Quelle: Sonneck et al., 2012, S. 67)
Abbildung 4: Darstellung der «Fünf Säulen der Identität»
(Quelle: gefunden am 11. Juli 2018 unter https://www.it-
administrator.de/themen/kommunikation/fachartikel/117165.html)
Abbildung 5: Beispiel einer Netzwerkkarte
(Quelle: Kunz et al., 2009, S. 39)
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Schlussblatt
Ich erkläre hiermit:
dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Benützung anderer als der
angegebenen Hilfsmittel verfasst habe.
_______________________ Winterthur, 10. Oktober 2018
Unterschrift
Veröffentlichung Bachelorarbeit
Ich bin damit einverstanden, dass meine Bachelor Thesis bei einer Bewertung mit der Note
5.5 oder höher, der Bibliothek für die Aufnahme ins Ausleiharchiv und für die Wissensplattform
Ephesos zur Verfügung gestellt wird.
□ ja
□ nein
_______________________ Winterthur, 10. Oktober 2018
Unterschrift
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