Weggeworfene Kilometer - VCÖ · Es braucht neue Konzepte für Produktion und Konsum Unsinnige...
-
Upload
truongthien -
Category
Documents
-
view
213 -
download
0
Transcript of Weggeworfene Kilometer - VCÖ · Es braucht neue Konzepte für Produktion und Konsum Unsinnige...
»Wir wollen eine Verkehrspolitik, die umweltfreundlich ist«Jörg Leichtfried, Mitglied im Europäischen Parlament – Seite 6
2014-01
vc
öm
ag
azin
VCÖ – Mobilitätmit ZukunftBräuhausgasse 7–91050 WienT +43-(0)1-893 26 97F +43-(0)1-893 24 31E [email protected]
P.b.
b. V
erla
gspo
stam
t 105
0 W
ien
Zula
ssun
gs-N
r. GZ
02Z
0307
78M
Waren legen immer längere Distanzen zurück, noch bevor sie gekauft werden. Einkaufsfahrten mit dem Auto verschlechtern die Klimabilanz der Konsumgüter beträchtlich. Transporteffizientes Wirtschaften und Alternativen zur Konsum- und Wegwerfkultur sind nötig.
Täglich werden große Mengen an Wa-ren und Gütern durch ganz Europa und darüber hinaus transportiert.
Die Wege, die Konsumgüter zurücklegen, bevor sie gekauft werden, haben sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt. Immer mehr Zulieferfirmen sind an der Herstellung eines einzigen Produkts be-teiligt. Elektronik, Kleidung und Lebens-mittel kommen aus allen Teilen der Welt in die Geschäfte und Supermärkte Öster-reichs.
Gebrauchsgüter wie Elektro- und Elek-tronikgeräte werden oft nach viel zu kur-zer Zeit kaputt und müssen ersetzt wer-den, weil eine Reparatur teuer oder gar nicht möglich ist. Lebensmittel landen oft noch in der Originalverpackung im Müll, allein in Wien sind es 70.000 Tonnen pro Jahr. Durch Fahrten mit dem Auto zu Einkaufszentren werden in Österreich 2,8 Milliarden Kilometer verursacht.
Diese Art von Produktion und Konsum führt zu immer mehr Verkehr – Lieferver-kehr, Einkaufsverkehr und Mülltransport. Mehr als ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen in Österreich wird durch den Transportsektor verursacht, der auch die höchsten Steigerungsraten verzeichnet.
Es braucht neue Konzepte für Produktion und KonsumUnsinnige Transporte vermeiden, Dis-tanzen verkürzen, regionale Wirtschafts-kreisläufe ausbauen – all das sind drin-gend nötige Schritte in Richtung einer transporteffizienten Wirtschaft. Die Ein-führung von mehr Kostenwahrheit im Verkehr kann eine solche Entwicklung entscheidend beschleunigen. Viele Trans-portkilometer können eingespart werden, wenn Konsumgüter lange haltbar sind und bei Bedarf repariert werden können. Unternehmen können verdienen, indem
sie eine Dienstleistung verkaufen und nicht nur das Produkt selbst.
Konsumentinnen und Konsumenten können Lkw-Verkehr vermindern, wenn sie regionale Produkte bevorzugen. On-line einkaufen trägt nur unter bestimm-ten Rahmenbedingungen zum Umwelt-schutz bei. Nur einkaufen, was wirklich gebraucht wird, und das möglichst zu Fuß, mit dem Fahrrad, oder mit öffent-lichen Verkehrsmitteln verbessert die Klima bilanz eines Produkts jedenfalls nachdrücklich.
Eine wachsende Zahl von Menschen ist dabei, Alternativen zu herkömmlichen Mustern unserer Konsum- und Wegwerf-kultur zu schaffen. In Gemeinschafts-gärten, Recycling-Projekten, Reparatur-Cafés und privaten Sharing-Initiativen wird ein anderes Konsumverhalten sicht-bar. Auch damit können (weggeworfene) Transportkilometer verringert werden.
Konsumierte KilometerDie Konsum-gewohnheiten in Europa verursa-chen immer mehr Verkehr. Neue Kon-
zepte für Produktion und Konsum sind nötig, um Verkehr zu reduzieren. Seite 4
Einkauf per MausklickIst online einkaufen um-weltfreund-licher? Nicht in jedem Fall.
Die Rahmenbedingungen haben großen Einfluss auf die CO2-Bilanz. Seite 8
Foto: s
hutte
rsto
ck
Weggeworfene Kilometer
www.solarisbus.com
BEZA
HLTE
ANZ
EIGE
vcö-magazin 2011-052 vcö-magazin 2014-01
Mit Steuern besser lenkenVon Markus Gansterer
VCÖ-Verkehrspolitik
Mehr als 315.000 Pkw wurden im Vorjahr in Österreich neu
zugelassen. Das ist der fünfthöchste Wert in der Geschichte
der Statistik und um fast 40.000 Neuwagenverkäufe mehr als
noch im Jahr 2002. Dennoch ist der Katzenjammer
in der Autobranche groß. Mantraartig wird behauptet:
Werden weniger Autos gekauft, geht es mit Öster-
reichs ganzer Wirtschaft bergab. Das klingt aufs
erste einleuchtend und wird daher oft unhinterfragt
verbreitet. Dabei ist die Beschäftigungswirkung durch
den Autokauf geringer als durch den Konsum anderer
Produkte.
Weil Autos hochmaschinell hergestellt und überwiegend im-
portiert werden, schaffen Besuche im Restaurant oder in Ge-
schäften fast doppelt so viele neue Arbeitsplätze, wie wenn wir
unser Geld im Autohaus lassen. Wird eine Million Euro für Autos
ausgegeben, bringt das acht neue Jobs. Der durchschnittliche
private Konsum schafft pro Million Euro aber 15 zusätzliche
Arbeitsplätze.
Nun erhöht die Bundesregierung mit 1. März für Autos Neu-
wagen hohem Verbrauch die Normverbrauchsabgabe NoVA.
Das ist sowohl ökologisch als auch volkswirtschaftlich sinnvoll.
So hat die NoVA eine deutliche Lenkungswirkung hin zu spar-
sameren Pkw-Modellen. Das verringert zum einen die Kosten
für Sprit und damit teure Erdölimporte. Zum anderen führen
höhere Steuern auf Autos dazu, dass eher andere Güter und
Dienstleistungen, solche mit höherer Beschäftigungswirkung,
konsumiert werden.
Unser Konsumverhalten braucht auch im Mobilitätsbereich
einen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit. Die Bundesregierung
kann mit einer umfassenden ökologischen Steuerreform diesen
Wandel unterstützen und beschleunigen.
> Ihre Meinung dazu an [email protected]
kommentar
»Höhere NoVA ist wirtschaftlich sinnvoll«
Redaktion und Anzeigenleitung: 1050 Wien, Bräuhausgasse 7–9
T +43-(0)1-893 26 97
F +43-(0)1-893 24 31
www.vcoe.atMedieninhaber, Herausgeber: VCÖ – Mobilität mit Zukunft,
1050 Wien, Bräuhausgasse 7–9
ZVR-Zahl: 674059554
Konto: ERStE BANK
IBAN: At36 20111 82253610600
DVR-Nr. 0539856
UID-Nr. AtU 36822809
Zulassungs-Nr. GZ 02Z030778 M
Persönlich gekennzeichnete Beiträge geben
die Meinung der Autorin beziehungsweise des
Autors wieder.
Layout: A BISS Z PRODUCtIONS
Redaktion: Sonja Schnögl,
www.muendig.at
Herstellung: Druckerei Berger,
3580 Horn, Wiener Straße 80
Impressum:VCÖ-Magazin – für Mobilität mit Zukunft
Unter Beteiligung von:
MarkusGansterer
BettinaUrbanek
UllaRasmussen
SonjaSchnögl
BernhardHachleitner
MatthiasPlavec Korinna
Neulinger
SonjaBeran
WilliNowak
ChristianGratzer
RomanKellner
AlfArnold
UrsulaJungmeier-Scholz
Tanja Dietrich-Hübner
ManfredPledl
JörgLeichtfried Elisabeth
Köstinger
ChristineAx
SonjaBettel
ManuelaWinder
SusanneWolf
DominiqueLocher
GabrieleSorgo
SeppEisenriegler
WolfgangPekny
WolframTertschnig
MichaelSchwingshackl
Ablenkung ist die häufigste Unfallursache in Österreich. Es braucht daher verstärkt Maßnahmen, um die Aufmerksamkeit am Steuer zu erhöhen. Mit der Initiative „Aufmerksam lenken statt Leben verschenken“ setzt sich der VCÖ für mehr Sicherheit im Straßenverkehr ein. Von Sonja Beran
Aufmerksam lenken statt Leben verschenken
Jeder achte tödliche Verkehrsunfall in Österreich entsteht durch Ablenkung. Im Schnitt
passieren täglich 36 Verkehrsunfälle mit Verletzten, weil die Person am Lenkrad abgelenkt und unachtsam war. Ein zunehmendes Problem dabei ist die Nutzung von Smartphones.
Mit Smartphones wird beim Autolenken nicht nur telefoniert, sondern auch im Internet gesurft und sms geschrieben. Mit fatalen Folgen. Während des Telefonierens steigt das Unfallrisiko um das Vier bis Fünffache, beim Schreiben von sms oder der Eingabe einer Adresse im Navigationsgerät steigt das Unfallrisiko bis auf das 23Fache. Zwei von zehn KfzLenkenden schreiben hinter dem Steuer sms, drei von zehn lesen während des Autofahrens sms beziehungsweise EMail und sogar 54 Prozent programmieren während des Fahrens das Navigationsgerät.
Telefonieren am Steuer gehört zusammen mit Schnellfahren zu den häufigsten Verkehrsdelikten in Österreich. Fast die Hälfte der Autolenkenden, bei unter 30Jährigen sogar zwei Drittel, telefoniert laut eigenen Aussagen während des Fahrens. Vor allem diese jungen Lenkerinnen und Lenker möchte der VCÖ mit einer mehrteiligen ComicSerie „Death Corporation“, die auf You Tube zu sehen ist, wach rütteln. Die Serie zeigt, welche katastrophalen Folgen Telefonieren am Steuer haben kann (siehe Kasten).
Reaktionsweg verlängert sichTelefonieren am Steuer verlängert die Reaktionszeit durchschnittlich um 0,5 Sekunden, das Schreiben von sms oder Bedienen von Navigationsgeräten um etwa zwei Sekunden. Was nach wenig klingt, ist im Straßenverkehr viel. Eine Ablenkung von nur zwei Sekunden führt bei Tempo 50 im Ortsgebiet zu einem um 28 Meter längeren Anhalteweg. Die negativen Folgen von Unachtsamkeit am Steuer können durch niedrigere Tempolimits verringert werden. Bei 30 km/h haben abgelenkte Autofahrende auf trockener Fahrbahn einen Anhalteweg von 28 Meter, bei 50 km/h von 53 Meter. Diese 25 Meter Unterschied können darüber entscheiden, ob ein auf die Straße laufendes Kind schwer, tödlich oder gar nicht verletzt wird, weil das Auto rechtzeitig stehen bleibt.
„Handy am Steuer“ ins Vormerksystem In Deutschland ist die Benützung von Mobiltelefonen bereits ein Delikt beim Punkteführerschein. Die aktuelle Lage fasst Winfried Hermann, zuständiger Minister in BadenWürttemberg, so zusammen: „Das Telefonieren ohne Freisprechanlage ist in Deutschland seit April 2004 verboten. Wer gegen das Verbot verstößt, muss derzeit mit einem Buß
geld von 40 Euro und einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei rechnen. Das gilt auch für diejenigen, die während der Fahrt sms schreiben oder mit einem Smartphone im Internet surfen, was noch gefährlicher ist als Telefonieren. Das Bußgeld wird im Zuge der Reform des Punkte systems zum 1. Mai 2014 auf 60 Euro erhöht.
Den Eintrag von einem Punkt im Fahreignungsregister wird es bei Verstößen gegen das Verbot auch weiterhin geben.“
Die Benützung von Mobiltelefonen wird in Österreich derzeit als „leichte Übertretung“ eingestuft und mit einer Verwaltungsstrafe geahndet. Österreichs Vormerksystem trägt wesentlich zur Steigerung der Verkehrssicherheit bei. Derzeit umfasst das Vormerksystem 13 Delikte, wie Alkohol am Steuer oder das falsche Anbringen von Kindersitzen. Die Reaktionsgeschwindigkeit bei Benützung von Mobiltelefonen während des Lenkens eines Fahrzeugs ist ähnlich schlecht wie bei Personen mit 0,8 Promille Alkohol im Blut. Deshalb soll auch in Österreich die Benützung des Mobiltelefons beim Lenken eines Kfz in das Vormerksystem aufgenommen werden. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Österreich geleistet.
> Zur Autorin: Sonja Beran ist Politikwissen-
schafterin, studiert Raumplanung und macht ein
Praktikum beim VCÖ.
vcö-initiative
Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Medieninhaber: gemeinnütziger Verein VCÖ, 1050 Wien. Geschäftsführung: Dr. Willi Nowak.
Grundlegende Richtung gemäß Paragraf 25, Absatz 4 Mediengesetz: Das VCÖ-Magazin ist ein Medium zur Verbreitung der Ziele des VCÖ und dient insbesondere der Förderung ökologisch
verträglicher, sozial gerechter und effizienter Mobilität durch Beiträge aus den Bereichen Verkehrspolitik, Verkehrswissenschaft, Verkehrspsychologie und Verkehrssicherheit.
»Unterschätzte
Unfallgefahren:
sms, telefonieren und
Navigationsgeräte«
Mitmachen bei der VCÖ-InitiativeUm die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Zahl der Unfälle zu verringern, führt der VCÖ
die Initiative „Aufmerksam lenken“ durch. Bitte unterstützen Sie diese VCÖ-Initiative auf
www.vcoe.at:
• Schreiben Sie dem VCÖ, wieso Sie am Steuer nicht telefonieren, E-Mails lesen oder sms
schreiben.
• Die Comic Video-Serie „Death Corporation“ finden Sie auf Youtube und www.vcoe.at.
Machen Sie unter www. vcoe.at auch bei der Umfrage zum thema Ablenkung mit und
teilen Sie den Link mit Ihren Freundinnen und Freunden sowie Bekannten auf Facebook
und twitter.
Illus
trat
ion:
Gal
Shk
edi/P
artiz
an
Gefährliche Ablenkung: Wer beim Autolenken telefoniert, im Internet surft oder SMS schreibt, nimmt Gefahren verspätet wahr.
3 vcö-magazin 2014-01
transporteffiziente Wirtschaft gefragt
Von Ulla RasmussenVCÖ-Verkehrspolitik
In der Europäischen Union gilt der freie Waren- und Perso-
nenverkehr seit den Gründungsjahren als höchstes Gut und
zwar trotz aller Bekenntnisse zu Klima- und Um-
weltschutz. Wer hingegen meint, dass mittlerweile
Lebensqualität und Gesundheit womöglich doch
höher zu bewerten sind, wird gerne als naiv und
fortschrittsfeindlich abgestempelt.
Allerdings hat sich die Welt stark verändert. Damals
bedeutete es Freiheit, dass Zoll- und Handels-
schranken wegfielen. Heute konsumieren wir Produkte in
damals unvorstellbaren Mengen, die aus hoch spezialisierten
Produktionsketten stammen. Viele Arbeitsschritte werden an
jeweils anderen Orten getätigt – verteilt auf die gesamte EU,
ganz Europa, die ganze Welt. Was als ökonomisch sinnvolle
Arbeitsteilung angefangen hat, hat sich mit der steigenden
Menge an Konsumgütern vor allem zu einem ständig wach-
senden Verkehrserreger entwickelt. In jedem Produkt stecken
Unmengen an Kilometern, die viel Energie brauchen, aber
auch Lebensräume zerteilen und die Sicherheit und Gesund-
heit vieler Menschen gefährden können. Für den Preis der
Produkte spielen die transportkosten kaum eine Rolle, denn
sie werden künstlich niedrig gehalten.
Welchen Preis wir dennoch bezahlen, wurde uns im Jahr 2013
mit dem Pferdefleisch-Skandal vor Augen geführt: Wir wissen
nicht, woher unser Essen kommt. Wir wissen nicht, wie die
tiere gehalten wurden und wie lange sie zum Schlachthaus
unterwegs waren. Ähnliches gilt für die meisten Lebensmit-
tel, aber auch für andere Produkte. Wir wissen sehr wenig
darüber, wie und unter welchen Bedingungen sie hergestellt
wurden, welchen Schaden an Natur und Menschen sie mög-
licherweise verursacht haben und wie lange und mit welchen
Verkehrsmitteln sie transportiert wurden. Hauptsache, sie sind
schnell verfügbar, der Rest geht uns nichts an – oder doch?
Wenn regionale Wirtschaft wieder eine größere Rolle spielen
soll und regionale Produkte eine wirkliche Chance haben
sollen – ob aus Klimaschutzgründen, oder regionalwirtschaft-
lichen Überlegungen –, dann muss die EU aufhören, höhere
Preise im Verkehr als unzulässige Grenze für den freien Wa-
renverkehr zu sehen. Wir müssen mit Verkehr sorgsam wirt-
schaften – dazu braucht es eine verkehrseffiziente Wirtschaft.
> Ihre Meinung an: [email protected]
verkehr in EUropa
»Mit dem Verkehr sorgsam wirtschaften«
3
Optionen bei Pkw-Maut
Dass vor 16 Jahren mit der Einführung der PkwVignette die Finanzierung der Autobahnen
und Schnellstraßen Österreichs über Mauten begonnen wurde, hat sich als richtige Entscheidung erwiesen. Mittlerweile ist die nutzungsbasierte Autobahnfinanzierung in der EU weit verbreitet. Angesichts verschiedener Herausforderungen im Verkehr gilt es heute zu diskutieren, wie die PkwVignette für die Zukunft weiterentwickelt werden kann. Besonders relevant sind dabei die langfristige Finanzierung des Straßenerhalts, nötige Steuerungs effekte des Verkehrsaufkommens sowie die Erreichung der Klima und Energieziele.
Als Input für das VCÖHintergrundgespräch verglich Jan Szulczyk, der in der EUKommission an möglichen rechtlichen Neuerungen auf EUEbene arbeitet, unterschiedliche Mautsysteme in Europa und deren Verbesserungspotenziale. „Im Anschluss diskutierten die anwesenden Fachleute im kleinen Kreis verschiedene Fragen zur Zukunftsfähigkeit der PkwVignette in Österreich und zu einer kilometerabhängigen Maut. Welchen Nutzen und Mehrwert hätte eine kilometerabhängige PkwMaut auf Autobahnen? Welche Voraussetzungen sollten für deren Einführung erfüllt sein und wie wäre ihre Akzeptanz zu erhöhen? Was sind die Herausforderungen im Verkehr der Zukunft und wo liegen dabei die Grenzen der Vignette?
Alle Diskutierenden sahen es als positiv, dass die Benützung der Infrastruktur etwas kostet. Einigkeit herrschte auch darüber, dass das zeitbasierte System der Vignette nicht geeignet ist, Staus zu vermeiden und Emissionen zu reduzieren oder generell ein bewussteres Mobilitätsverhalten zu fördern. Da in der EUGesetzgebung festgelegt ist, dass kurzzeitige Nutzerinnen und Nutzer von Straßen nicht diskriminiert werden dürfen, wird es künftig entsprechende VignettenTarife geben müssen.
Klaus Schierhackl, Vorstandsdirektor der Asfinag, berichtete, dass es interessant wäre, die bestehende PapierVignette durch eine weiterhin zeitabhängige „elektronische Vignette“ zu ergänzen, die mehr Komfort und Flexibilität biete. Klar sei für ihn, dass die derzeitige PapierVignette ein kostengünstiges System sei und eine elektronische Vignette einen Zusatznutzen bringen müsse. Bei einem elektronischen System sei neben dem Datenschutz auch zu gewährleisten, dass der administrative Aufwand nicht steigt und das System weiterhin wirtschaftlich effizient und kundenfreundlich ist.
Thomas Reznicek, Kapsch TrafficCom, wies auf die zahlreichen positi
ven Erfahrungen von schrankenlosen elektronischen Mautsystemen in anderen Staaten hin. „PkwMautsysteme müssen für die Kundinnen und Kunden einfache, schnelle und komfortable Möglichkeiten zur Bezahlung bieten. Neben dem klassischen Vertrieb über Handelsketten, Trafiken oder Tankstellen sind heutzutage bei nahezu allen internationalen Mautprojekten alternative Bezahlmöglichkeiten via Internet, SmartphoneApps oder mittels SelfServiceAutomaten üblich. Der spezielle Vorteil in Österreich wäre, dass das auf den Autobahnen bereits vorhandene LkwMautsystem für eine kilometerbasierende PkwMaut oder auch für eine elektronische Zeitmaut (Stichwort eVignette) einfach und kostengünstig
erweiterbar ist, was die Einstiegskosten in eine elektronische PkwMaut stark reduziert.“
Wie VCÖExperte Markus Gans-terer zusammenfasste, hat die elektronische Vignette gegenüber der PapierVignette zahlreiche Vorteile, da etwa flexiblere Pakete möglich wären und noch bewusster gemacht werden könnte, dass Infrastruktur etwas kostet. Auch für die zunehmende grenzüberschreitende Mobilität in Europa wären kompatible elektronische Systeme von Vorteil. Optimal wäre eine kilometerabhängige Maut, da sie verursachergerecht ist und Steuerungsmöglichkeiten im Verkehrsaufkommen bietet, also auch dazu beiträgt, die Klima und Energieziele zu erreichen.
vcö-hintergrundgespräch
Foto
: Mar
iann
e W
eiss
, ww
w.w
eiss
phot
ogra
phy.a
t
Im Gespräch zur Pkw-Maut: Fachleute und Stakeholder diskutierten auf Einladung des VCÖ über Entwicklungen der Pkw-Maut auf EU-Ebene und über Optionen für Österreich.
»Optimal wäre eine
kilometerabhängige Maut«
literatur
Damit gutes Leben einfacher wird Uwe Schneidewind, Angelika Zahrnt, oekom verlag, München, 2013, 160 Seiten, 13,40 Euro
Dieses Buch will zur Diskussion anregen, es ist zugleich ein politisches und wissenschaftliches Buch. Es skizziert, wie
eine neue Politik aussehen kann, die es leichter macht, nachhaltige Lebensstile zu praktizieren und damit unserer globalen Verantwortung am Anfang des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden.
Konsum-Botschaften Was Forschende für die gesellschaft-liche Gestaltung nachhaltigen Konsums empfehlen, Hirzel Verlag, Stuttgart 2013, 198 Seiten, 25,60 Euro
Ein Forschungsteam hat im Rahmen des Projekts „Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum“
acht „KonsumBotschaften“ formuliert. Diese stellen Erkenntnisse aus der Forschung in zugespitzter Form dar und empfehlen konkrete Schritte mit Blick auf nachhaltigen Konsum.
Nachhaltig leben Susanne Wolf, Verein für Konsumenteninformation (VKI), Wien 2013, 160 Seiten, 14,90 Euro
Das Buch gibt Tipps und Anregungen für den privaten Alltag. Ob beim Einkauf von Lebensmitteln und
Lifestyleprodukten, ob bei Haushaltsarbeiten oder in der Freizeit, überall gibt es Gelegenheiten, Umweltschutz und ethische Wertvorstellungen zu berücksichtigen. Bei gleicher oder höherer Lebensqualität.
Wachstumswahn Christine Ax, Friedrich Hinterberger, Ludwig Verlag, München 2013, 368 Seiten, 18,50 Euro
Christine Ax und Friedrich Hinterberger vom renommierten SERI Institut in Wien beschäftigen sich mit dem Thema Wachstum und
den Problemen, die es verursacht. Sie zeigen, wie ein Weg aus der Krise aussehen kann und wie Gesellschaft und Wirtschaft umzubauen sind, damit ein nachhaltiges Leben möglich ist.
Eine hochkarätig besetzte Runde diskutierte bei einem VCÖ-Hintergrund-gespräch mit weiteren Fachleuten über Vor- und Nachteile einer kilometerabhängigen Pkw-Maut auf Österreichs Autobahnen und die Möglichkeit einer elektronischen Vignette. Von Sonja Beran
vcö-magazin 2014-014 vcö-magazin 2014-014
Alternative nötig: Produkte, die weite Wege hinter sich haben, oder mit dem Auto im Einkaufszentrum auf der grünen Wiese einzukaufen, ist nicht nachhaltig.
Die Wahl des richtigen Produkts setzt allerdings voraus, dass Einkau-fende auch die ganze Wahrheit er-fahren. Während die Herkunftskenn-zeichnung für Eier, Obst und Gemüse schon gut funktioniert, existiert sie bei Fertigprodukten kaum. Der Ort, an dem die Tiefkühlpizza verarbei-tet wird, sagt rein gar nichts über die Herkunft ihrer Dutzenden Bestand-teile aus.
Ein Erdbeerjoghurt macht SchlagzeilenLegendär wurde die Untersuchung von Stefanie Böge zum Thema Lebensmit-teltransporte für das Wuppertal-Insti-tut. Die junge Wissenschaftlerin hatte bereits im Jahr 1992 ein Erdbeerjo-ghurt in seine Bestandteile zerlegt und für jeden Teil die zurückgelegten Kilo-meter, die Transportkosten sowie den Schadstoffausstoß errechnet. Die Jo-ghurtbakterien aus Norddeutschland wurden in Süddeutschland weiter-verarbeitet. Die Erdbeeren stammten aus Polen und einige Zutaten aus den Niederlanden. Eine Firma aus Düssel-dorf klebte die Etiketten auf die Gläser aus Bayern. Das Ergebnis: 9.115 Kilo-meter hatte ein Becher Joghurt hinter sich. Für jeden einzelnen Becher wer-den umgerechnet 0,006 Liter Diesel verbrannt und dadurch eine entspre-chende Menge von Stickoxiden, Ruß und Schwefeldioxid produziert.
Das war vor 20 Jahren. Die Wa-ren legen heute noch längere Wege zurück, immer mehr Zulieferfirmen sind an der Herstellung eines einzigen Produkts beteiligt – die Globalisie-rung ist Ursache und Folge zugleich. Wir haben uns an Kleidung aus Ban-gladesch und Spielzeug aus China längst gewöhnt.
Alf Arnold, Geschäftsführer der Schweizer Alpen-Initiative, will da nicht länger zuschauen: „Wir müs-sen dort ansetzen, wo der Verkehr entsteht. Ich glaube nicht, dass wir einen Lkw-Verkehr, wie er für die nächsten 20 Jahre prognostiziert wird, durchhalten können. Der Verkehrs-bedarf muss schon vorher unterbun-den werden.“ Die Alpen-Initiative ist deshalb gerade dabei, im Kan-ton Uri ein Kompetenzzentrum für transporteffizientes Wirtschaften zu gründen. Fachleute sollen dort die Güterverkehrsströme genauer unter-suchen, den Ursachen für unsinnige Transporte nachgehen und Möglich-keiten aufzeigen, wie sie vermieden oder Distanzen verkürzt werden kön-nen. So sind Arnold zum Beispiel Ex-portsubventionen ein Dorn im Auge: „Es werden Gesetze beschlossen, ohne die Auswirkungen auf den Verkehr zu bedenken. Wir wollen, dass in Po-litik und Wirtschaft ebenso oft über Transporteffizienz wie über Energie-effizienz nachgedacht wird.“
Mitten im Jänner beim Super-markt ums Eck: In der Obst- und Gemüseabteilung liegen
Avocados aus Südafrika neben Zucker-melonen und Weintrauben aus Brasi-lien. Was machen die da und weshalb sind sie so billig? Einige Schritte weiter werden Birnen aus Italien und Äpfel aus Frankreich feilgeboten – Obst, das noch in großen Mengen und gut erhalten in heimischen Kühlhäusern und Kellern lagert. Selbst bei schwa-cher Ernte wie im Jahr 2013 werden hierzulande rund 170.000 Tonnen Äpfel von den Bäumen geholt, etwa 100.000 Tonnen mehr als Österreichs Bevölkerung direkt verzehrt. Wozu dann Äpfel aus Frankreich? Wozu die vielen Transportkilometer mit all ihren sozialen Folgen und negativen Auswir-kungen auf Umwelt und Klima?
Jedes Konsumgut hat, bevor es ge-kauft wird, bereits einen Weg zurück-gelegt. Diese Wege werden immer län-ger. In den vergangenen 30 Jahren ha-ben sich laut ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) die Transport-Distanzen für Waren verdoppelt. Dafür sorgen Arbeitstei-lung, regionale Spezialisierung und Standortvorteile wie geringe Lohn-kosten. Die Transportkosten hingegen sind vernachlässigbar, die tatsächli-chen Kosten, die der Verkehr verur-sacht, sind nicht im Preis enthalten.
Die Konsumgewohnheiten in Europa verursachen immer mehr Verkehr – Lieferverkehr, Einkaufsverkehr und Mülltransporte. Damit der Verkehr reduziert werden kann, braucht es ein Umdenken bei produzierenden Unternehmen ebenso wie bei Konsumentinnen und Konsumenten. Von Roman Kellner
Darf es ein bisschen kürzer sein?
Regionale Produkte haben kürzere WegeEine Studie des Sustainable Europe Research Institute (SERI) kommt zum Ergebnis, dass importierte Pro-dukte im Schnitt eine 51-mal länge-re Wegstrecke zurücklegen als regio-nal produzierte, das sind im Schnitt 42.660 Kilometer gegenüber 841 Kilometern. Die Journalistin Susanne Wolf gibt in ihrem soeben erschiene-nen Buch „Bewusst kaufen, sinnvoll verwenden, Alternativen zum Weg-werfen“ an, dass rund 20 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr durch den Transport von Lebensmitteln er-zeugt werden. Deshalb rät sie Konsu-mentinnen und Konsumenten einmal mehr: „Lebensmittel regional und sai-sonal einkaufen.“ Der Spargel aus der
Region und in der richtigen Saison gekauft, hat vielleicht einen Weg von 100 Kilometern hinter sich und ver-ursacht 19 Gramm Treibhausgase pro Kilogramm. Kommt er aus Peru, wer-den pro Kilogramm 20.000 Gramm Treibhausgase freigesetzt. Kleiner Bonus: Kurze Transporte wirken sich positiv auf den Geschmack und die Nährstoffe von Nahrungsmitteln aus.
Foto
: fot
olia
.com
»Wir müssen dort ansetzen, wo der Verkehr entsteht. Wir wollen, dass in Politik und Wirtschaft ebenso oft über Transporteffizienz wie über Energieeffizienz nachgedacht wird.«
Alf Arnold, Geschäftsführer der Schweizer Alpen-Initiative
Foto
: Alp
en-In
itiat
ive
»Die Wege der Konsumgüter werden immer länger«
vcö-magazin 2014-01 5
Weggeworfene KilometerDer heimische Transportsektor ver-ursacht mit 21,8 Millionen Tonnen 26,3 Prozent der Treibhausgas-Emis-sionen in Österreich und verzeichnet die höchste Steigerungsrate. Umso bitterer, wenn die transportierten Wa-ren ungenutzt im Abfall enden. Al-lein in Wien landen jedes Jahr rund 70.000 Tonnen an genießbaren Le-bensmitteln im Müll – ein Wert von über 400 Euro pro Haushalt und Jahr. In der EU werden jährlich rund 89 Millionen Tonnen an Lebensmittel-abfällen in den Müll geworfen. Das sind Waren, die ihren ganzen Lebens-zyklus entlang unnötigen Verkehr ver-ursacht haben.
In anderen Sparten sieht es nicht besser aus. So wandern jedes Jahr 1,4 Millionen große Haushaltselektro-geräte, 3,5 Millionen Stück Unter-haltungselektronik und 4,5 Millio-nen Elektrokleingeräte über den La-dentisch – und nach immer kürzerer Zeit in den Müll. Sepp Eisenriegler, Geschäftsführer des Reparatur- und Service-Zentrums R.U.S.Z., bringt ein anschauliches Beispiel: „500.000 Waschmaschinen werden jedes Jahr in Österreich verkauft – aneinander-gereiht eine Schlange von Wien bis München. Vor 15 Jahren hätte sie in Linz geendet. Die Lebensdauer hat sich auf sechs Jahre halbiert.“ Es wer-den immer billigere Geräte angeboten,
und eine Waschmaschine um 300 Eu-ro hält eben nur mehr drei Jahre, wäh-rend das Markenprodukt um 1.200 Euro noch immer 20 Jahre schafft.
Produkte sollen langlebig und reparierbar seinEisenriegler ist überzeugt, dass die Herstellerfirmen ganz bewusst Soll-bruchstellen einbauen, damit die Ge-räte schon kurz nach Ablauf der Ga-rantie den Geist aufgeben. Natürlich will die Industrie davon nichts wissen, aber es gibt schon zu viele Beispiele, um diese „geplante Obsoleszenz“ als bloße Verschwörungstheorie abzutun. Gerne verweist Eisenriegler auf kleine minderwertige Elektrolyt-Kondensa-toren in Flat-TV-Geräten, die meist schon nach wenigen Jahren aufplat-zen. Eine Investition von 50 Cent würde bewirken, dass diese Teilchen halten und die Geräte insgesamt eini-ge Jahre länger ihren Dienst versehen. So aber heißt es: „Gerät kaputt, Repa-ratur zu teuer, neues Gerät.“
Eine Antwort auf die Wegwerf-gesellschaft und den Transportwahn sieht Eisenriegler in einer Ausweitung
der Ökodesignrichtlinie: „Der derzei-tige Fokus auf Energieeffizienz greift zu kurz. Wir brauchen in Europa ein Nachhaltigkeitssiegel, das die Lang-lebigkeit und die Reparierbarkeit abdeckt.“ Außerdem schlägt er vor, Geräte in Zukunft vermehrt zu teilen und zu mieten: „Produktdienstleis-tungssysteme sind die Zukunft. Da geht es nicht mehr darum, Geräte zu kaufen, sondern die Leistung. Dann hätten die Herstellerfirmen selbst ein Interesse daran, dass die Produkte lan-ge halten.“
> Zum Autor: Roman Kellner, www.wortundweise.at
Darf es ein bisschen kürzer sein? Feinstaubbilanz erfor-dert neue MaßnahmenDie Feinstaubbelastung ist im Vorjahr in
Österreich nur leicht zurückgegangen,
wie die aktuelle VCÖ-Feinstaubbilanz
zeigt. An jeder siebten Messstelle wurde
der erlaubte Jahresgrenzwert überschrit-
ten. Am höchsten war die Feinstaub-
belastung in Graz. Auch in Leibnitz, Wien,
Linz, Klosterneuburg, Wolfsberg, St. Pöl-
ten und Hallein war mehr Feinstaub als
erlaubt in der Luft.
Der VCÖ weist darauf hin, dass vor allem
die kleinen Feinstaubpartikel extrem ge-
sundheitsschädlich sind und fordert ver-
stärkte Maßnahmen im Verkehrsbereich,
wie mehr öffentliche Verkehrsmittel für
Pendelnde und eine Partikelfilterpflicht
für alte Lkw.
Gut zu Fuß in MadridMadrid ist bekannt für eine vom Auto-
verkehr verstopfte Innenstadt. Doch das
soll nun radikal geändert werden. Die
Stadtverwaltung hat einen Plan entwi-
ckelt, nach dem das Stadtzentrum in eine
angenehme, freundliche Zone für das Ge-
hen und Flanieren umgestalten wird. Auf
24 großen Straßen sollen die Fahrbahnen
für Autos und Parkplätze reduziert, Rad-
wege errichtet, Bäume gepflanzt und
schattige Arkaden gebaut werden. Rund
zwei Drittel der Straßenfläche sollen den
Gehenden vorbehalten sein, die damit die
Spitze der neuen Hierarchie einnehmen,
gefolgt von öffentlichen Verkehrsmitteln,
Radfahrenden und erst am Schluss den
Autos. Die Stadtregierung will einen
bereits vorhandenen Trend verstärken:
Im Jahr 2012 nahm die Autonutzung in
Madrid bereits um 2,5 Prozent ab.
kurzmeldungen
Servicieren statt neu kaufen: Unternehmen sind gefordert, andere und neue Konzepte zu ent-wickeln, die mit weni-ger Lieferverkehr als derzeit auskommen.
Umdenken: Sind Waschmaschinen und andere Produkte langlebig und reparier-bar, können unnötige Transportkilometer ein-gespart werden.
Foto
: fot
olia
.com
Foto
: fot
olia
.com
»Es braucht neue Konzepte
bei Produktion und Konsum«
literatur
Umweltschutz mit Messer und Gabel Der ökologische Rücksack der Ernährung in Deutschland
Toni Meier, oekom-verlag, München 2013, 240 Seiten, 25,70 Euro
Ein Buch zu einem Schlüsselthema nachhaltiger Entwicklung. Welchen Einfluss haben Ernährungsweisen auf den Verbrauch von Wasser und endlichen Ressourcen? Wie viel Flä-che wird dafür beansprucht? Wie sieht die CO2-Bilanz aus, wie wirkt sich unser Ernährungsverhalten auf den Klimawandel aus? Neben Ant-worten auf diese Fragen präsentiert der Autor eine Gesamtschau ökolo-gischer Auswirkungen der Ernährung in Deutschland: Welche Bevölke-rungsgruppen ernähren sich um-weltverträglicher als andere? Welche Einsparpotenziale ergeben sich aus offiziellen Ernährungsempfehlungen sowie einer vegetarischen und vega-nen Ernährung? Welche Rolle spielen Abfälle? Und: Welche Trends sind in-nerhalb der letzten 50 Jahre erkenn-bar?
> Webtipps:www.rusz.atwww.alpeninitia-tive.chwww.stefanie-boege.de
Zahlen und Fakten zum Gütertransport Im Jahr 2010 betrug das gesamte Güterbinnenverkehrsaufkommen in den 27 EU-Staaten fast 2,3 Billionen Ton-
nenkilometer (tkm) – ohne See- und Lufttransporte. Etwa drei Viertel davon wurden auf der Straße befördert.
Freightvision Europe prognostiziert, dass sich die Güterverkehrsnachfrage in Europa bis zum Jahr 2050 verdop-
peln wird. In Österreich soll laut Prognosen des Bundesministeriums für Verkehr die Transportleistung im Güterver-
kehr bis zum Jahr 2030 um bis zu 40 Prozent steigen.
Besonders klimaschädlich ist der Transport via Flugzeug. Die Verbraucherzentrale im Bundesland Sachsen errech-
nete, dass der Flugtransport je Tonne Lebensmittel und Kilometer bis zu 90-mal mehr Treibhausgase verursacht
als der Hochseeschiff-Transport und rund 15-mal mehr als Transporte per Lkw.
vcö-magazin 2014-016
In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Transport-Distanzen bei Waren verdoppelt. Globalisierung, arbeitsteilige Produktionsverfahren und immer kurzlebigere Produkte sind dafür mitverantwortlich. Was ist nötig, um Produktion und Konsum so zu gestalten, dass weniger Verkehr verursacht wird?
Wolfgang Pekny Geschäftsführer Plattform Footprint, www.footprint.at
„Während der ökologische Fußabdruck des Trans-ports von der Herstellerfirma bis zum (Super)Markt
anteilsmäßig für die meisten Produkte eine unterge-ordnete Rolle spielt, kann dieser beim sogenannten
‚letzten Kilometer‘, dem eigenen Weg mit dem Auto zum und vom Supermarkt, eine signifikante Rolle spielen. Der
anteilige CO2-Ausstoß und der ökologische Fußabdruck eines Produktes sind in der Regel für diesen ‚letzten Kilometer‘ größer als jener, der durch alle Wege davor verursacht wurde. Eine Ausnahme sind eingeflogene Pro-dukte. Der größte individuelle Einflussbereich auf die Umweltwirkung des Kon-sums liegt also – neben den üblichen ökologischen und sozialen Kriterien – beim eigenen Einkaufsweg. Diese Herausforderung ist aber einfach zu meistern: Ein-kauf zu Fuß, in der Nähe, mit dem Rad (und Anhänger), weniger Fahrten mit je-weils mehreren Produkten oder mehrere Käuferinnen und Käufer, die denselben Einkaufsweg teilen. Wo dies nicht möglich ist, können kleine Elektro-Fahrzeuge mit Ökostrom als gute Alternative zum Einsatz kommen. In naher Zukunft werden uns individuelle Einkaufswege hoffentlich durch umweltverträgliche Zu-stellservices unterschiedlichster Art abgenommen werden, bei denen die letzten Kilometer mit Elektro-Kleinlastern oder (Elektro-)Lastenrädern bei möglichst effizienter Routenplanung erledigt werden.“
Jörg Leichtfried Leiter der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, www.joerg-leichtfried.at
„Derzeit wird auf europäischer Ebene das Thema Gigaliner verhan-delt. Konkret geht es darum, ob der grenzüberschreitende Einsatz dieser Riesen-Lkw mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen und einer Länge von mehr als 25 Metern innerhalb der EU erlaubt werden soll. Als zuständiger Be-richterstatter für dieses Dossier arbeite ich gerade daran, diesen Vorschlag der Kom-mission zu verhindern. Würde sich die Kommission durchsetzen, dann hätte dies für viele Länder – unter anderem auch für Österreich – große Nachteile. Gigaliner sind derzeit in Teilen Skandinaviens und den Nieder landen zugelassen, ebenso wie in einzelnen deutschen Bundesländern, dort allerdings nur zu Testzwecken. Österreichs Straßen sind jedoch für derart große Fahrzeuge nicht gerüstet, die Asfinag rechnet mit rund 5,4 Milliarden, die in die Infrastruktur, wie etwa die Verstärkung von Brücken und den Ausbau von Tunnels, in-vestiert werden müssten. Ebenso würde die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, und es käme zu einer existenziellen Gefährdung der Güterbahnen in ganz Europa. Die alles entschei-dende Frage ist aber: Wohin soll sich die Verkehrspolitik der EU entwickeln? Im Weißbuch Verkehr hat sich die Kommission zu umweltfreundlicher Verkehrspolitik bekannt, mit dem Vorschlag von Gigalinern verabschiedet man sich von dieser Zielsetzung. Der Kampf gegen die Riesen-Lkw darf also nicht nur aus rein nationalen Interessen heraus geführt werden. Er steht exemplarisch dafür, dass wir eine Verkehrspolitik wollen, die nachhaltig, umwelt-freundlich und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist.“
Sepp Eisenriegler Gründer und Geschäftsführer des Reparatur- und Service-Zentrums R.U.S.Z, www.rusz.at
„Es kann doch nicht sein, dass internationale Konsortien in den Staaten des Südens Rohstoffe ausbeuten, die dann in Schwellenstaaten unter menschenun-
würdigen Bedingungen zu Produkten verarbeitet werden und die wir im Norden billig kaufen und nach kurzen Nutzungszyklen wegwerfen. Manche Abfälle landen
dann dort, wo die Rohstoffe herkommen, und, im Falle von Elektroschrott in Ghana, die Gesundheit der dort lebenden Bevölkerung gefährden. Von den ökologischen Auswir-
kungen einmal abgesehen. Wie geht es uns eigentlich in einem Wirtschaftssystem, das immer mehr Ressourcen verschwendet, um immer kurzlebigere Produkte in den Markt zu drücken? – Was können wir dagegen tun? Auch unser Konsumverhalten entscheidet darüber, wie stark wir unser Klima mit beispielsweise immer kurz-lebigeren Elektrogeräten belasten. Die Verlängerung der Nutzungsdauer durch die Wahl langlebiger Geräte und Reparieren statt Neukaufen ist eine geeignete Maßnahme für den Klimaschutz: So kann die fünffache Menge des Eigengewichts von Geräten an CO2-Emissionen vermieden werden! Bei mehr als einer Million in Österreich verkauften Haushaltsgroßgeräten (Zahlen aus 2012, Quelle: FEEI, Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie) könnten wir insgesamt rund 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr durch nach-haltigen Konsum dieser Gerätegruppe vermeiden. Ein riesiges Potenzial, wenn bedacht wird, dass noch weitere 8,4 Millionen Stück neue Haushalts-, Unterhaltungselektronik- und Elektro-Kleingeräte pro Jahr Österreichs Haushalte überfluten!“
Susanne Wolf Journalistin und Autorin, http://susanne-wolf.com
„Erdbeeren und Tomaten aus Spanien oder Äpfel aus Neuseeland: Viele Lebensmittel legen Tausende von Kilometern zurück, bevor sie auf unseren Tellern landen. Neben den weiten Transportwegen ist dafür ein hoher Energieaufwand bei der Lagerung notwendig,
was zur Folge hat, dass 20 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen durch den Transport von Lebensmitteln erzeugt werden. Allein für ein Kilo Erdbeeren verbraucht die Produktion in Spanien 276 Liter Wasser. Um die langen Transportwege zu überstehen, wer-
den oft unreife Früchte geerntet, die dann unterwegs, oder noch später in den Lagerhäusern, nachreifen. Das muss nicht sein, wenn beim Einkauf auf saisonales und regionales Obst und Gemüse geachtet wird: Dieses ist nicht nur frisch und voll ausgereift, sondern hat auch mehr Vita-
mine und Mineralstoffe zu bieten als die weit gereisten Produkte! Lebensmittel aus der Region sind in der Regel auch günstiger und unterstützen die Nahversorgung. Gerade im Winter ist die Herausforderung groß, einen ausgewogenen Speiseplan zu erstellen, doch hilft es, sich die Rezepte unserer Großmütter in Erinnerung zu rufen: Ob Kürbisgemüse im Herbst oder Krautfleckerl im Winter: Auch ohne importierte Ware sind köstliche Gerichte möglich!“
Foto
s: b
eige
stel
lt
Elisabeth Köstinger Abgeordnete zum Europäischen Parlament (ÖVP), www.elisabeth-koestinger.eu
„Regionaler Konsum hat viele Vorteile: Der Griff zu Produkten aus der Region verkürzt lange Transportwege, sichert heimische Arbeitsplätze und belebt den regionalen Wirtschaftskreis-
lauf. Kurz gesagt, der gesamte heimische Wirtschaftsstandort wird stabilisiert. Die Konsumen-tinnen und Konsumenten profitieren davon, weil sich nachweislich die Qualität der Produkte
verbessert und weil bewusst ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird. In Österreich gibt es für die Lebensmittelproduktion strenge Auflagen, die durch einen nachvollziehbaren Lebensmittel-
kodex gesichert werden. Und es steht außer Frage, dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung vor Ort umweltschonender ist als jene in anderen Teilen der Erde, zumal Produkte oft weite Transportwege haben. Beim Einkauf auf die CO2-Relevanz der Produkte zu achten, ist auch eine Ansage gegen den Transit-Verkehr. Der Konsumtrend bewegt sich in diese Richtung, wie eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2011 bestätigt: 91 Prozent der Befragten achten sehr auf klimafreundli-che Produkte mit kurzen Transportwegen. Das ist ein starkes Signal und muss sowohl von der EU und von nationaler Seite durch Kennzeichnung, als auch vom Handel durch Marketing, stärker unterstützt werden. Das Vertrauen in heimische Produkte muss gestärkt werden. Auf europäischer Ebene werden die Qualitätsnormen für Produkte ständig weiterentwickelt und Kennzeich-nungssysteme für regionale, ressourceneffiziente Produkte geschaffen. Letztendlich entscheiden aber die Konsumentinnen und Konsumenten bei jedem Griff ins Regal, ob das Regionalprinzip gestärkt wird und sich die Transportwege verkürzen.“
Verkehr und nachhaltiger Konsum
vcö-magazin 2014-01
Wolfgang Pekny Geschäftsführer Plattform Footprint, www.footprint.at
„Während der ökologische Fußabdruck des Trans-ports von der Herstellerfirma bis zum (Super)Markt
anteilsmäßig für die meisten Produkte eine unterge-ordnete Rolle spielt, kann dieser beim sogenannten
‚letzten Kilometer‘, dem eigenen Weg mit dem Auto zum und vom Supermarkt, eine signifikante Rolle spielen. Der
anteilige CO2-Ausstoß und der ökologische Fußabdruck eines Produktes sind in der Regel für diesen ‚letzten Kilometer‘ größer als jener, der durch alle Wege davor verursacht wurde. Eine Ausnahme sind eingeflogene Pro-dukte. Der größte individuelle Einflussbereich auf die Umweltwirkung des Kon-sums liegt also – neben den üblichen ökologischen und sozialen Kriterien – beim eigenen Einkaufsweg. Diese Herausforderung ist aber einfach zu meistern: Ein-kauf zu Fuß, in der Nähe, mit dem Rad (und Anhänger), weniger Fahrten mit je-weils mehreren Produkten oder mehrere Käuferinnen und Käufer, die denselben Einkaufsweg teilen. Wo dies nicht möglich ist, können kleine Elektro-Fahrzeuge mit Ökostrom als gute Alternative zum Einsatz kommen. In naher Zukunft werden uns individuelle Einkaufswege hoffentlich durch umweltverträgliche Zu-stellservices unterschiedlichster Art abgenommen werden, bei denen die letzten Kilometer mit Elektro-Kleinlastern oder (Elektro-)Lastenrädern bei möglichst effizienter Routenplanung erledigt werden.“
Jörg Leichtfried Leiter der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, www.joerg-leichtfried.at
„Derzeit wird auf europäischer Ebene das Thema Gigaliner verhan-delt. Konkret geht es darum, ob der grenzüberschreitende Einsatz dieser Riesen-Lkw mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen und einer Länge von mehr als 25 Metern innerhalb der EU erlaubt werden soll. Als zuständiger Be-richterstatter für dieses Dossier arbeite ich gerade daran, diesen Vorschlag der Kom-mission zu verhindern. Würde sich die Kommission durchsetzen, dann hätte dies für viele Länder – unter anderem auch für Österreich – große Nachteile. Gigaliner sind derzeit in Teilen Skandinaviens und den Nieder landen zugelassen, ebenso wie in einzelnen deutschen Bundesländern, dort allerdings nur zu Testzwecken. Österreichs Straßen sind jedoch für derart große Fahrzeuge nicht gerüstet, die Asfinag rechnet mit rund 5,4 Milliarden, die in die Infrastruktur, wie etwa die Verstärkung von Brücken und den Ausbau von Tunnels, in-vestiert werden müssten. Ebenso würde die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, und es käme zu einer existenziellen Gefährdung der Güterbahnen in ganz Europa. Die alles entschei-dende Frage ist aber: Wohin soll sich die Verkehrspolitik der EU entwickeln? Im Weißbuch Verkehr hat sich die Kommission zu umweltfreundlicher Verkehrspolitik bekannt, mit dem Vorschlag von Gigalinern verabschiedet man sich von dieser Zielsetzung. Der Kampf gegen die Riesen-Lkw darf also nicht nur aus rein nationalen Interessen heraus geführt werden. Er steht exemplarisch dafür, dass wir eine Verkehrspolitik wollen, die nachhaltig, umwelt-freundlich und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist.“
Tanja Dietrich-Hübner Leiterin Nachhaltigkeitsabteilung REWE International AG, www.rewe-group.at
„Österreich weist weiterhin die zweithöchste Dich-te an Verkaufsstellen in Europa auf. Bei der Nahver-sorgung liegt unser Land damit im Spitzenfeld. Alleine REWE International bietet mit seinen vier Handelsfirmen etwa 1.900 Lebens-mittelgeschäfte, in ländlichen Regionen ebenso wie im urbanen Umfeld. Hierbei werden derzeit – eher weg von der Flächenexpansion – vor allem vorhandene Flächen in städtischen Lagen revitalisiert. Grundlegend für die Standortwahl ist da wie dort natürlich die Frequenz beziehungsweise die Anzahl der potenziellen Kundinnen und Kunden sowie die Erreichbarkeit. Unsere Mobilitätsformen verändern sich stetig: Die Menschen in Österreich nutzen heutzutage vermehrt umweltschonende Angebote, was wir als Unternehmen natürlich unterstützen: etwa mit der Errichtung von Fahrradabstellplätzen und Grünstrom-Elektro-Tankstellen, mit der Anschaffung von Elektro-Autos, die unsere Kundschaft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter testen können oder auch mit unserem Projekt EMIL, einem Carsharing mit Elektro-Autos. Kunden, die weniger mobil sind, bieten wir auch die Möglichkeit der Online-Bestellung und der Hauszu-stellung. Dadurch wird der Individualverkehr verringert. Und wer dann noch zu regionalen, biologischen und ressourcenschonenden Produkten greift, der hat nachhaltig konsumiert.“
Susanne Wolf Journalistin und Autorin, http://susanne-wolf.com
„Erdbeeren und Tomaten aus Spanien oder Äpfel aus Neuseeland: Viele Lebensmittel legen Tausende von Kilometern zurück, bevor sie auf unseren Tellern landen. Neben den weiten Transportwegen ist dafür ein hoher Energieaufwand bei der Lagerung notwendig,
was zur Folge hat, dass 20 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen durch den Transport von Lebensmitteln erzeugt werden. Allein für ein Kilo Erdbeeren verbraucht die Produktion in Spanien 276 Liter Wasser. Um die langen Transportwege zu überstehen, wer-
den oft unreife Früchte geerntet, die dann unterwegs, oder noch später in den Lagerhäusern, nachreifen. Das muss nicht sein, wenn beim Einkauf auf saisonales und regionales Obst und Gemüse geachtet wird: Dieses ist nicht nur frisch und voll ausgereift, sondern hat auch mehr Vita-
mine und Mineralstoffe zu bieten als die weit gereisten Produkte! Lebensmittel aus der Region sind in der Regel auch günstiger und unterstützen die Nahversorgung. Gerade im Winter ist die Herausforderung groß, einen ausgewogenen Speiseplan zu erstellen, doch hilft es, sich die Rezepte unserer Großmütter in Erinnerung zu rufen: Ob Kürbisgemüse im Herbst oder Krautfleckerl im Winter: Auch ohne importierte Ware sind köstliche Gerichte möglich!“
Wolfram Tertschnig Lebensministerium, Abteilungsleiter der Abteilung II/3, Nachhaltige Entwicklung und Umweltförderpolitik, www.lebensministerium.at
„Im Diskurs über nachhaltigen Konsum zeigen sich mehrere Brennpunk-te: Eine Forcierung von Produktion und Konsum nachhaltiger Produkte erfordert ein gemeinsames Verständnis, welche Anforderungen diese eigentlich zu erfüllen haben. Die Forderung nach vermehrter Inanspruchnahme von Dienstleistun-gen setzt Angebote voraus, die nicht nur zweckorientiert sind, sondern sich auch mit den an Pro-dukten angekoppelten Gefühlswelten und Lebensstilen beschäftigen müssen. Die Suffizienz debatte (‚Weniger ist mehr‘), das zunehmend kritische Hinterfragen des permanenten Weckens von neu-en Bedürfnissen bei immer knapper werdenden Ressourcen, beginnt an den Grundparadigmen unseres wirtschaftspolitischen Systems zu rütteln. Umgelegt auf nachhaltige Mobilität bedeutet dies nicht mehr und nicht weniger, als dass wir die Angebote und Instrumente für alle Bereiche weiterentwickeln müssen: fortlaufende ökologische und energetische Optimierung der Mobilitäts-technologien und -infrastrukturen; logistische und sektorökonomische Optimierungen im Ver-kehrsmanagement – die Dynamik im Online-Handel wirft in ökologischer und sozialer Hinsicht völlig neue Fragen auf; attraktivere Alternativkonzepte wie Leasing und Sharing für jene, die nicht besitzen müssen, aber nutzen möchten; ein verbessertes öffentliches Angebot an Mobilitätsdienst-leistungen, das verlässlich, sicher, unkompliziert und günstig ist.“
Verkehr und nachhaltiger KonsumN e T z W e r K V e r K e h r
vcö-magazin 2014-018
Lkw-Maut in Österreich ausweitenDer Lkw-Verkehr ist vor allem für die
Budgets der Bundesländer und Gemein-
den eine enorme Kostenbelastung. Hohes
Lkw-Aufkommen bedeutet neben star-
ker Abnützung der Straßen auch Lärm,
Schadstoffe und erhöhtes Unfallrisiko.
Die Lebensqualität in Österreichs Städten
und Gemeinden leidet. Internationale
Beispiele zeigen, dass eine Ausweitung
der Lkw-Maut auf Landes- und Ge-
meindestraßen die Effizienz steigert und
Leerfahrten reduziert. Es fallen weniger
Lkw-Fahrten an und für die notwendigen
Transporte werden dank Mautstaffelung
nach Abgasklassen sauberere Fahrzeuge
eingesetzt. Das erhöht Lebensqualität
und Verkehrssicherheit. Und der Lkw-
Verkehr leistet verursachergerecht einen
Beitrag zum Erhalt der Straßen, die er
benutzt. Der Anteil der Transportkosten
am Preis von Produkten des täglichen
Bedarfs ist mit rund 1,5 Prozent sehr
gering. So hat sich die Lkw-Maut auf
Autobahnen und Schnellstraßen auf die
Produktpreise in Österreich im Jahr 2006
mit nur 0,21 Prozent niedergeschlagen.
Die errechnete Preiserhöhung durch eine
flächendeckende Lkw-Maut auf allen
Straßen würde weitere 0,14 Prozent be-
tragen, gleichzeitig würden aber die all-
gemeinen Kosten um hunderte Millionen
verringert. Der Gesamt-Kostendeckungs-
grad des Lkw-Verkehrs im Straßennetz
beträgt in Österreich nur 21 Prozent. In
der Schweiz wird bereits seit dem Jahr
2001 auf allen Straßen eine Lkw-Maut
eingehoben. In Österreich bezahlen Lkw
nur auf zwei Prozent des Straßennetzes
Maut.
Erdölpreis das dritte Jahr über 100 DollarZum dritten Mal in Folge lag im Jahr
2013 der Jahresdurchschnittspreis von
einem Barrel (159 Liter) Erdöl bei über
100 US-Dollar. Eine VCÖ-Analyse zeigt,
dass sich der Erdölpreis in den vergan-
genen zehn Jahren vervierfacht hat.
Dass der Spritpreis im selben Zeitraum
lediglich um rund 60 Prozent gestiegen
ist, ist neben dem stärkeren Euro auch
der stabilisierend wirkenden Mineralöl-
steuer zu verdanken. Die Mineralölsteuer
auf Eurosuper ist seit dem Jahr 2003 um
nur 18 Prozent gestiegen. Die Zeit des
billigen Erdöls und des billigen Sprits ist
aber definitiv vorbei. In Österreich hat
der Verkehr bereits einen Anteil von fast
78 Prozent am Erdölverbrauch. Im Jahr
1995 betrug er nur 63 Prozent, im Jahr
1980 lediglich 43 Prozent. Während der
Ölverbrauch für das Heizen seit dem Jahr
2000 um rund ein Drittel gesunken ist,
ist der Verbrauch des Verkehrs um ein
Siebtel gestiegen. Der VCÖ fordert, dass
der Erdölverbrauch des Verkehrs auch
mit Blick auf die Interessen zukünftiger
Generationen massiv verringert wird und
empfiehlt eine verkehrsparende Raum-
planung, den Ausbau des Öffentlichen
Verkehrs und die Verbesserung der Infra-
struktur für das Radfahren.
kurzmeldungen
Der Energieverbrauch beim Online-Einkauf beginnt am Schreibtisch. Wer lange in
Online-Shops stöbert, verbraucht mit dem Computer und bei den Servern des Handels Strom. Richtig interes-
sant wird es aber beim Transport der Ware: Der Logistikkonzern Deutsche Post DHL hat errechnet, dass der Ver-sand eines Paketes innerhalb Deutsch-lands im Durchschnitt 500 Gramm CO2-Emissionen verursacht. Durch
Maßnahmen in der Routenplanung und bei den Fahrzeugen ist die durch-schnittliche Emission seit dem Jahr 2007 bereits gesunken, damals waren es noch 630 Gramm pro Paket. Mit dem damals gestarteten Programm „GoGreen“ verpflichtet sich DHL, Emissionen aus dem Versand inner-halb Deutschlands durch Zahlungen für Klimaschutzprojekte zu kom-pensieren. Mit einem Wert von 500
Gramm CO2 kommt ein neueres Mittelklassefahrzeug nicht einmal 3,5 Kilometer weit, so DHL.
So gesehen ist der Online-Einkauf weniger klimaschädlich, denn in Deutschland werden pro Einkauf durchschnittlich sechs Kilometer mit dem Auto gefahren, sagt Christine Ax
Foto
: bild
erbo
x.co
m
Im Internet einkaufen ist bequem. Viele Menschen halten es auch für umweltfreundlicher, weil das Auto in der Garage bleibt. Doch hinter dem bequemen Einkauf per Mausklick stecken Details, die die CO2-Bilanz wieder ins Negative kippen lassen können. Von Sonja Bettel
Weniger Verkehr durch Online-Handel?
»Klimabilanz für Online-
Einkauf hängt von den
Rahmenbedingungen ab«
M O B I L I T Ä T M I T Z U K U N F T
Große Herausforderungen …Die Erdöl- und Auto-Abhängigkeit unserer Mobilität wird mehr und mehr zur Kosten falle für unsere Gesellschaft. Auf der Strecke bleiben Gesundheit, Umwelt und Lebensqualität. Das muss sich ändern.
… brauchen großen EinsatzDer VCÖ setzt sich seit 25 Jahren für eine Mobilität mit Zukunft ein und fordert konsequentes Handeln der Politik. Es braucht neue Ideen und vernetztes Denken. Ihre großzügige Spende an den VCÖ ermöglicht diesen Einsatz.
Spenden für eine Mobilität mit Zukunft!
Foto
: iSt
ockp
hoto
.com
Foto: Maria Hötzmanseder
Fotos
: Phili
pp Wied; photocase.de
Foto
: iStoc
kp
hoto.
comFoto: iStockphoto.com
Spenden-Konto: Erste Bank IBAN: AT36 20111 82253610600Ihre großzügige Spende unterstützt den VCÖ! Online spenden auf
www.vcoe.at
Abwägen:Online einkaufen spart nur unter bestimmten Bedingungen CO2 und kann zeitaufwändig sein, wenn im Netz lange nach den besten Angeboten gesucht wird.
vcö-magazin 2014-01 9
vom Sustainable Europe Research In-stitute (SERI) in Wien. Allerdings, so Ax, werden 40 bis 60 Prozent der on-line gekauften Waren wieder zurück-geschickt, weil sie nicht gefallen. Das verursacht wieder Emissionen. Beson-ders groß ist der Anteil der Retouren bei Schuhen, wo meist gleich meh-rere Größen bestellt und die nicht passenden zurückgeschickt werden. Teilweise sind die retournierten Pro-dukte gar nicht mehr verkäuflich, was ebenfalls Ressourcen verschwendet, gibt die Nachhaltigkeitsexpertin zu bedenken. Und sie macht klar: „Die Retouren sind im Preis mit einkalku-liert und werden von den Kundinnen und Kunden bezahlt.“
Bilanz ist abhängig von den RahmenbedingungenFazit: Nur bei Produkten, bei denen Farbe, Passform oder Material nicht vorher gesehen und gefühlt werden müssen, die sicher gebraucht und genutzt werden und die nicht in der näheren Umgebung zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Ver-kehrsmitteln besorgt werden können, ist der Online-Einkauf CO2-mäßig besser.
Immer mehr Versandfirmen werden sich der Bedeutung des klimascho-nenden Handelns bewusst und lassen „CO2-neutral“ liefern. Ein Beispiel dafür ist der in Vorarlberg ansässi-ge Biber-Versand. Er versendet seine Pakete mit der Österreichischen Post AG. Diese stellt seit dem Jahr 2011 alle Sendungen in Österreich „CO2-neutral“ zu. Das geschieht durch Reduktion des Energieverbrauchs und die Umstellung des Fuhrparks auf Elektro-Fahrzeuge. Derzeit noch nicht vermeidbare Emissionen wer-
den mit Zahlungen an anerkannte Klimaschutzprojekte kompensiert.
Online einkaufen, am Bahnhof abholenDer Schweizer Online-Supermarkt LeShop.ch hat gemeinsam mit dem Energieforschungsinstitut Estia AG ein Umweltkonto entwickelt, mit dem Kunden die CO2-Bilanz ihres Online-Einkaufs errechnen lassen können. Dafür geben sie an, mit wel-chem Autotyp sie wie weit zum Ein-kaufen fahren würden. Das wird der Hauszustellung mit dem Lkw gegen-übergestellt. „Wir dachten, der On-line-Einkauf müsste eigentlich CO2-ärmer sein, und dann wollten wir es genau wissen“, erklärt LeShop-Chef Dominique Locher die Motivation. Weil der Botendienst die kürzeste Lie-ferroute errechnet und viele Einzel-Lieferungen auf einer Route erledigt,
ist die Zustellung laut Locher zumeist günstiger als der individuelle Einkauf mit dem Auto. Sollte das Umweltkon-to bei einer Bestellung ein negatives Ergebnis aufweisen, die Ware aber trotzdem bei LeShop bestellt werden, zahlt die Firma eine CO2-Kompen-sation an die Stiftung „myclimate“, die Klimaschutzprojekte finanziert. Neu bei LeShop.ch ist das Angebot eines Abholservices an Bahnhöfen. Kundinnen und Kunden können ihre bestellte Ware noch am selben Tag in Schließfächern der Schweize-rischen Bundesbahnen abholen. Das
spart Zeit und mehrfache Wege. Das Energieforschungsinstitut Estia hat berechnet, was noch zur positiven Klimabilanz des Online-Supermarkts beiträgt: Ein LeShop-Lager braucht eine weniger aufwändige Beleuchtung als ein Supermarkt, die Kühlprodukte lagern in energieeffizienten Kühlräu-men statt in offenen Truhen, und im Gegensatz zu einem Geschäft ist keine Klimaanlage nötig.
Eine CO2-Bilanz des Einkaufsver-haltens ist also eine komplexe Sache. Wer sich nicht auf umfangreiche personalisierte Berechnungen stüt-zen kann, sollte ein paar Faustregeln beachten: Nur kaufen, was wirklich gebraucht wird, mehrere Besorgungen bei einem Einkauf erledigen und sich
»Nur kaufen, was wirklich
gebraucht wird, verbessert die
CO2-Bilanz«
»Beim Online-Einkauf sind die Retouren im Preis mit einkalkuliert und werden von den Kundinnen und Kunden bezahlt.«
Christine Ax, SERI
Foto
: bei
gest
ellt
»Mit unserem Umweltkonto können Kundinnen und Kunden die CO2-Bilanz ihres Einkaufs berechnen lassen.«
Dominique Locher, Geschäftsführer LeShop
Foto
: LeS
hop
Foto
: LeS
hop
Foto
: myc
limat
e
Die SBB will ihren Kundinnen und Kunden neue, nützli-che Dienstleistungen anbieten. Mit der LeShop.ch-Lieferung in die automatischen Schließfächer wird Zeit gespart: Erfolgt die Bestellung am Vormittag bis 10 Uhr, kann sie bereits ab 16.30 Uhr abgeholt werden.
CO2-Kompensation:Um der voranschrei-tenden Abholzung auf Madagaskar entgegenzuwirken, unterstützt „myclimate“ die Herstellung und Verteilung von klimafreundlichen Solarkochern.
INNOVATIVE. INDEPENDENT. IMPASSIONED.
Um Sie in Wien und weltweit sicher ans Ziel zu bringen: Wir entwickeln das Herz der Elektromobilität weiter.
Straßenbahnen der Wiener Linien fahren seit 50 Jahren sicher und effizient – angetrieben durch führende Technologie aus Österreich. Unsere Antriebslösungen sorgen in Schienenfahrzeugen für einen dauerhaften und zuverlässigen Herzschlag – in Wien und weltweit. Basis dafür sind unsere Innovationskraft, unsere Unabhängigkeit und unsere Leidenschaft für die Elektromobilität von morgen. Das macht uns zum Spezialisten für Traktionsmotoren, Generatoren und Getriebe über den gesamten Produktlebenszyklus.
www.traktionssysteme.at
TSA – Traktionssysteme Austria
sps-m
arke
ting
.com
Anz_131x196_Wien_211113.indd 1 21.11.13 13:23
zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öf-fentlichen Verkehrsmitteln bewegen. Für Menschen, die in ländlichen Ge-bieten wohnen oder in der Mobilität eingeschränkt sind, ist der Online-Einkauf sicherlich eine Entlastung. Zeit wird dabei nicht unbedingt ge-spart. Oft ist bloß nicht bewusst, wie viele Stunden auf der Jagd nach dem passenden Angebot vor dem Rechner verbracht werden.
> Webtipps:www.seri.atwww.post.at/co2neutralwww.LeShop.ch
> Zur Autorin:
Sonja Bettel, http://bettel.at/
vcö-magazin 2014-0110
Unser Fleischkonsum verursacht für die Tiere meist leidvolle Transporte. Wie viele Kilometer Tiere in Europa unterwegs sein müssen, bevor sie als Fleisch auf den Tellern landen, wird nicht erfasst. Durch bewusstes Einkaufsverhalten lässt sich das verursachte Leid der Tiere zumindest verringern. Von Ursula Jungmeier-Scholz
Leidensweg zum Teller
Foto
: bei
gest
ellt
»Die Kapazität von Schlachthöfen ist für Spitzenzeiten ausgelegt.«
Manfred Pledl, Tiertransportinspektor
Rinder, Schweine und Hühner werden längst nicht mehr nur transportiert, um den nächst-
gelegenen Schlachthof zu erreichen. Jungtiere fahren zur Mast dorthin, wo Futtermittel billig sind, trächtige Zuchttiere werden – subventioniert durch Steuergelder – quer durch Eu-ropa verschickt und der angefahrene Schlachthof ist beileibe nicht immer auch der nächstgelegene.
Die Gesamtzahl der kontrollierten Tiertransporte in Österreich lag im Jahr 2012 bei 125.800, das macht im Schnitt 344 Transporte am Tag. In Wirklichkeit liegt die Zahl höher, weil Transitfahrten nur stichproben-artig kontrolliert werden. Inneröster-reichische Transporte werden bei der Abnahme am Schlachthof durch den Veterinär oder die Veterinärin kont-rolliert und so in die Statistik aufge-nommen. Aber auch das geschieht nicht ganz lückenlos. Laut Tiertrans-portinspektor Manfred Pledl von der Veterinärdirektion des Landes Salz-burg kommen manche Transporte so früh am Tag an, dass sie „durchrut-schen“. Die zurückgelegten Kilometer von Tiertransporten werden statis-tisch überhaupt nicht erfasst.
Tiere gelten als WareManches, was bei Tiertransporten gesetzeskonform ist, erscheint kaum nachvollziehbar. So gelten beispiels-weise Fahrten bis zu acht Stunden – ohne Wasser und Futter – als Kurz-streckentransporte. Länger sollte laut EU-Verordnung kein Tiertransport dauern, aber zahlreiche Ausnahme-regelungen machen die Verordnung zur Farce. Langstreckentransporte finden oft mit unzulänglichen Tränk-systemen, unter Platzmangel und bei extremen Temperaturen statt. Laut einem Report an die EU wurden von den 8.666 im Jahr 2012 in den Nie-derlanden inspizierten Langstrecken-transporten 31 Prozent beanstandet.
Eine EU-weite Initiative zur Be-schränkung der tatsächlichen Trans-
portzeit auf acht Stunden, unterstützt von zahlreichen, auch österreichischen, EU-Parlamentsmitgliedern, scheiterte vor Kurzem am Widerstand der Kom-mission. Denn Tiere gelten als Ware – und daher gehorcht ihr Transport den Gesetzen der Wirtschaftlichkeit. Mit
dem EU-Beitritt am 1. Jänner 1995 hat sich die Situation in Österreich dramatisch verändert: Wurden im Jahr davor laut Landwirtschaftsministeri-um gerade einmal 34 Schlacht rinder und 74 lebende Schweine importiert, waren es im Jahr 1995 schon 17.290 Rinder und 74.903 Schweine. Im Jahr 2012 wurden rund 100.000 Schlacht-
rinder sowie mehr als eine halbe Milli-on Schweine eingeführt. Und das, ob-wohl der Inlandbedarf an Rindfleisch zur Gänze, bei Schweinefleisch nahezu durch heimische Produktion gedeckt werden könnte.
Zwar hat die EU mit dem Jahr 2005 ihre Subventionen für den Ex-port von Lebendvieh zum Schlachten eingestellt. Trotzdem rechnen sich die für die Tiere qualvollen Transporte immer noch. „Schlachthöfe achten auf ihre Auslastung“, erklärt Manfred Pledl. „Ihre Kapazität ist jedoch für Spitzenzeiten ausgelegt. Außerhalb dieser Zeit wäre der Schlachthof nicht wirtschaftlich zu führen, würden nicht Tiere aus anderen Regionen und Staaten verarbeitet.“ Dass der Weg zu den Schlachthöfen immer weiter wird, liegt aber auch an deren Spezi-alisierung und Zentralisierung. Beim Geflügel reichen die österreichischen Schlachtkapazitäten nicht aus. Au-ßerdem haben Schlachthöfe Verträge mit bestimmten Firmen – egal, wo-her die Tiere kommen. Europaweit dominieren einige wenige Schlacht-häuser den Markt: Die 13 größten Unternehmen, so die Recherchen der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, schlachten bereits 38 Prozent der eu-ropäischen Schweine.
Weniger Fleisch um mehr Geld kaufenDagegen haben die österreichischen Schlachthöfe trotz ähnlicher Tenden-zen noch Kleinformat. Aufgrund der relativ geringen Fläche Österreichs
kann ein hier geborenes, aufgewach-senes und geschlachtetes Tier nur eine überschaubare Anzahl an Trans-portkilometern erfahren haben. Bei-spielsweise legte im Jahr 2012 laut Berechnungen der Rinderbörse ein oberösterreichisches Rind im Schnitt nur 46 Kilometer vom Bauern zum Schlachthof zurück.Wer nicht vegetarisch leben, aber das Ausmaß der Tiertransporte minimie-ren möchte, kann regionale Produkte in kleinen Hofläden und am Bauern-markt kaufen, sollte aber auch dort nach der Herkunft fragen. Das AMA Gütesiegel, das AMA Biozeichen und das Gütesiegel von Bio Austria ga-rantieren, dass das Tier in Österreich geboren, aufgezogen und geschlachtet worden ist. Reformiert werden gerade die Vorschriften zur Herkunftsdekla-ration. Bereits seit der BSE-Krise muss die Herkunft von Rindfleisch lücken-los deklariert sein. Mit dem Jahr 2014 sind auch bei Schwein und Geflügel zumindest der Ort der Mast und der Schlachtung anzuführen. Die Anreise der Jungtiere zum Mastbetrieb bleibt allerdings unberücksichtigt.
»Tiere werden quer durch
Europa verschickt.«
> Webtipp:http://8hours.eu
> Zur Autorin: Ursula
Jungmeier-Scholz ist
freie Journalistin in Graz.
DON'T USE YOUR SMARTPHONE AND DRIVE.
ww
w.v
co
e.a
t/au
fme
rksa
mle
nke
n
131112_RZ_anzeige-final.indd 1 14.11.13 17:03
M o b i L i T ä T M i T Z U K U n F T
Foto
: VIE
R PF
OTEN
Tiere als Ware:Der Tiertransport unterliegt den Gesetzen der Wirtschaftlichkeit. Fahrten bis zu acht Stunden – ohne Wasser und Futter – gelten als Kurzstreckentransporte.
vcö-magazin 2014-01 11
Das vergessene Packerl Milch, der Großeinkauf am Samstag oder ein neues Bücherregal – es
gibt viele Gründe, in ein Geschäft zu gehen oder zu fahren. In Niederöster-reich lassen sich 17 Prozent aller Wege dem Zweck „Einkaufen“ zuordnen, etwas mehr als die Hälfte dieser We-ge wird mit dem Auto zurückgelegt. Weil Einkaufswege häufig kurze Stre-cken sind, ist der Anteil an den Ge-samtkilometern niedriger, er beträgt 7,6 Prozent.
Mit welchem Verkehrsmittel die Kundinnen und Kunden einkaufen kommen, hängt ganz wesentlich von der Siedlungsstruktur und der Lage des Geschäfts ab. Emanuel Seyringer hat zu diesem Thema in seiner Dip-lomarbeit an der BOKU Wien in zwei oberösterreichischen Gemeinden und in Wien geforscht. Während in Rand-lagen ländlicher Gebiete 99 Prozent der Menschen mit dem Auto einkau-fen, sind es in Wien-Neubau nur et-wa sechs Prozent. Hier kommen 84 Prozent der Einkaufenden zu Fuß. Es geht aber nicht nur um den Unter-schied Stadt-Land: In den ländlichen Ortskernen liegt der Auto-Anteil bei 81 Prozent und damit etwas niedri-ger als am Stadtrand von Wien. Et-wa zwei Drittel der Befragten waren Frauen. Einen signifikanten Unter-schied in der Verkehrsmittelwahl zwi-schen Männern und Frauen konnte Seyringer nicht feststellen.
Überregionale Planung fehltNiederösterreich hat im Dezember 2013 einen Zonenplan erstellt, um einen durch Konkurrenz zwischen den Gemeinden entstehenden „Wild-wuchs“ zu vermeiden – allerdings für die Errichtung von Windrädern. Ein ähnlicher Plan wäre für den Einzel-handel österreichweit notwendig. Denn während Windräder zwar pro-blematisch für das Landschaftsbild und den Vogelschutz sein mögen, erzeugen sie Strom aus nachhaltiger Energie. Geschäfte beziehungsweise Einkaufszentren an den Ortsrändern haben für die Umwelt ausschließlich negative Auswirkungen: Bodenversie-gelung und Verkehrserregung sind die wesentlichsten.
Angesichts der Konkurrenz der Ein-kaufsmöglichkeiten an den Ortsrän-dern fürchten Kaufleute in zentralen Lagen häufig einen Umsatzverlust, wenn Abstellplätze für Pkw reduziert werden sollen. Geschäftsleute über-schätzen den Anteil der mit dem Auto einkaufenden Kundinnen und Kun-den oft stark.
Eine Studie der TU Wien zeigt, dass nur 7,1 Prozent mit dem Auto in die Wiener Einkaufsstraßen kommen, während die Kaufleute diesen Anteil auf 16 Prozent schätzen. Wichtig ist die gute Anbindung an den Öffent-
lichen Verkehr, denn eine Haltestelle bringt das Sechsfache an Kaufkraft, verglichen mit einer gleich großen Parkplatzfläche. Abseits der sehr at-traktiven Lagen haben die Geschäfte in den Ortskernen und Stadtzentren allerdings große Probleme, gegen die Konkurrenz in peripheren Lagen zu bestehen. Die Fehlentwicklung der Raumplanung mehrerer Jahrzehn-te zu korrigieren, ist ein langfristiger Prozess. Es stellt sich also die Frage: Wie kann innerhalb der bestehenden räumlichen Strukturen der Einkaufs-verkehr umweltfreundlicher abgewi-ckelt werden?
In die Wegekette integrieren43 Prozent nennen laut „Radverkehr in Zahlen“ (bmvit) die Möglichkeit der guten Verbindung mit anderen Wegen als Grund für die Nutzung des Autos zum Einkaufen. Es geht etwa auch um die Möglichkeit, die Ein-käufe im Auto wettergeschützt und versperrt „zwischenzulagern“. Diesen
Vorteilen des Autos, ohne seine be-kannten Nachteile – enormer Platz-verbrauch, Lärm, Abgase, hohe Kos-ten etc. –, ist das Projekt „Nahtrans-port“ an der TU Wien auf der Spur. Im Mittelpunkt steht die Entwick-lung eines neuartigen Einkaufswa-gens. „Dass Bedarf besteht, zeigen schon die vielen Einkaufswagen, die aus den Geschäften mitgenommen werden“, sagt Projektmitarbeiterin Manuela Winder. Ein versperrbarer, wettergeschützter Einkaufswagen ist allerdings nicht billig. Außerdem fehlt gerade in der Stadt oft der Platz, um so ein Gefährt zu Hause abzustellen. Ihn mitzunehmen, wenn der Ein-kauf etwa auf dem Rückweg von der Arbeit erledigt wird, ist lästig. Des-halb geht es nicht nur um die Ent-
wicklung des Wagens, sondern auch um ein Nutzungssystem. „Für das Buchungs system müsste es eine IT-Lösung geben, etwa wie beim City-bike in Wien“, so Winder. Ergänzt werden soll das Einkaufswagensystem durch verbesserte Möglichkeiten, die Einkäufe in den Geschäften zwischen-zulagern und ein innovatives Zustell-system. So könnten viele Autofahrten mit Längen von wenigen hundert
Fahrten zum Supermarkt oder in Einkaufszentren tragen viel zur Verkehrsbelastung bei. Maßnahmen der Raumordnung und intelligente Lösungen für den Transport der Waren machen das Einkaufen zu Fuß oder mit dem Fahrrad attraktiver. Von Bernhard Hachleitner
Foto
: Fah
rrad
Wie
n/W
olfg
ang
Zajc
Leere Kilometer oder sinnvolle Nutzung
Unterschiede:In der Stadt werden Einkäufe häufig zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigt. Am Stadtrand und in ländlichen Gebieten überwiegt der Einkaufsverkehr mit dem Auto.
Foto
: TU
Wie
n
»Für Einkaufswagen müsste es ein Buchungssystem geben wie beim Citybike in Wien.«
Manuela Winder, TU Wien
»Gefragt sind neue Ideen für
umweltfreundlichen Einkaufsverkehr«
Die Welt ist komplex.
Ihre Entscheidungenmüssen es nicht sein.
Gesicherte Einnahmen
Steigendes Verkehrsaufkommen und Auslastung bis zur Kapazitätsgrenze machen das Management von Transportnetzen weltweit immer komplexer. Ein reibungsloser und effizienter Betrieb sichert den entscheidenden Vorsprung bei Wirtschaftswachstum und Lebensqualität. Wir entwerfen, entwickeln und liefern Anlagen,
Systeme und Services, die weltweit die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Schienen- und Straßenverkehr sowie den Komfort für Fahrgäste optimieren: Leit- und Sicherungstechnik, Kommunikations-, Überwachungs-, Ticketing- und Mautsysteme. Wir vernetzen diese in der sogenannten Wertschöpfungskette funktionskritischer Anwendungen. Netzbetreiber und Entscheidungsträger können damit Komplexität auch in kritischen Situationen beherrschen und frühzeitig jene Entscheidungen treffen, die zu den besten Ergebnissen führen.
Mehr über unsere Transportlösungen finden Sie über den QR-Code oder auf unserer Website thalesgroup.com
Sicherer Betrieb
Nahtloses Reisen
Zufriedene Fahrgäste
Hohe Netzauslastung
Effizienter Betrieb
Transport_German_C32380.048_TrafficClub_Sep13_198x129_v1.indd 1 27/08/2013 14:01
Metern bis zu drei Kilometern ver-mieden werden.
Eine mögliche Ausweitung des auto freien Einkaufsradius könnte das Elektro-Fahrrad darstellen: Für 43 Prozent der Befragten bietet sich die-ses Fahrzeug sehr zum Einkaufen und für Besorgungen an.
> Zum Autor:
Bernhard Hachleitner, www.hachleitner.at
12 vcö-magazin 2014-01
Foto
: Mar
iann
eWei
ss, w
ww.
wei
ssph
otog
raph
y.at
termine
VCÖ-Magazin: Welche Bedeutung hat Konsum aus kulturwissenschaft-licher Sicht für Menschen? Welche Entwicklungen sehen Sie in diesem Zusammenhang?
Gabriele Sorgo, Universitätsdozentin für Kulturgeschichte an der Universität Wien mit den Arbeitsschwerpunkten Konsum, Ernährung, Körper, Warenpräsentation und Bildung für nachhaltige Entwicklung, http://homepage.univie.ac.at/gabriele.sorgo/
Konsumfreie Plätzeund neue Lebensstile sind nötig
Gabriele Sorgo: „Konsum ist ein bedeutender Teil des sozialen Handelns, mit dem Menschen ihre unverwechselbare Identität ebenso wie ihre Gruppenzugehörigkeit zum Ausdruck bringen. In den euro-atlantischen Gesellschaften definieren sich die Menschen dank jahrzehntelanger ‚Erziehung‘ durch das Marketing heute sogar weit eher über ihren Konsum als über ihre Arbeit. Die aktuellen konsumistischen Lebensstile haben aber einen etwa dreimal so hohen Ressourcenverbrauch zur Folge als der Planet Erde in Zukunft bereitstellen kann. Das verhängnisvolle Zusammenwirken von Individualisierung, Medialisierung und Mobilisierung gewährt den Menschen in durchkommerzialisierten Gesellschaften kaum echte Chancen, ihren Verbrauch zu vermindern. Megamalls am Stadtrand untergraben die Nahversorgung in den Zentren und erhöhen das Verkehrsaufkommen ebenso wie die Abfallberge. Obwohl das gute Leben in den satten Gesellschaften durch Gütervermehrung nachweislich eher verhin-dert als abgesichert wird, fürchten sich Wirtschaftsfachleute davor, dass die Konsumausgaben stagnieren könnten. Deshalb soll der Erwerb von benzinsparenden Autos und Waren mit Bio-Labels das Gewissen der Konsumentinnen und Konsumenten beruhigen und dennoch den Umsatz steigern. Dringend not-wendig wäre jedoch eine Änderung der Produktions- und Lebensstile. Qualitativ hochwertige regional vertriebene Lebensmittel, der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs sowie zu Fuß erreichbare konsumfreie Zonen in Stadtteilen könnten den Ressourcenverbrauch verkleinern. Bildungsmaßnahmen sollten Tätigkeiten wie Reparieren, Gärtnern und Kochen aufwerten und zu Erfahrungen verhelfen, wie ohne Lifestylewaren gelingende Beziehungen zu Mensch und Umwelt geknüpft werden können.“
Gabriele Sorgo direkt gefragt Kongress ________________________
Energiewende – Zukunftsfähige Energie-versorgung für Niederösterreich Umwelt Management Austria,www.uma.or.at
St. Pölten, 23. Jänner 2014
Seminar _________________________
Nahmobilität von MigrantInnen fördern – Handlungsmöglichkeiten für Gemeinden und Vereine Klimabündnis Tirol. In dem Impuls-seminar wird ein neuer Workshop „ÖV-Know-how für MigrantInnen“ aus dem Projekt „Mobilität ohne Bar-rieren“ präsentiert. Dieser Workshop kann von Gemeinden und Vereinen kostenlos gebucht werden. Daneben werden weitere Angebote und Best-Practice-Beispiele zur Förderung eines umweltfreundlichen Mobilitäts-verhaltens für Menschen mit Migra-tionshintergrund vorgestellt.
Innsbruck, 19. Februar 2014
Konferenz ________________________
Zero Project Conference 2014„Accessability – Innovative Policies and Practices for Persons with Disabi-lities“. www.zeroproject.org
Wien, 27.–28. Februar 2014
Messe __________________________
Energiesparmesse Wels EU-Kommission, Land Oberöster-reich. www.energiesparmesse.at
Wels, 28. Februar bis 2. März 2014
Nachhaltiger Konsum braucht klimafreundliche Mobilität
Transport Verpackung Produktion
Anteil der eingerechneten Faktoren des CO2-Fußabdruck für den Weg der Weintrauben aus Italien
von der Produktion bis ins Regal der Filiale
Anbau Filiale
ÖsterreichRegion Neusiedlersee
Filiale auf der„grünen Wiese“
Filiale imOrtszentrum
ItalienRegion Apulien
x% x%
Auto
Fahrrad*
Öffentlicher Verkehr*
Fahrrad und Gehen
Quel
le: G
loba
l 200
0 un
d Pl
attfo
rm F
ootp
rint,
2013
Gra
fik: V
CÖ 2
014
1 kg
Produktion und Weg zur Filiale in Wien Einkaufsweg mit verschiedenen Mobilitätsmodi Österreich Italien
97%
3% 1%
99%
0,6 kg CO2e0,3 kg CO2e
14%
86%
8%
92%
0,7 kg CO2e0,4 kg CO2e
47%53%
32%
68%
0,9 kg CO2e0,6 kg CO2e
90%
10%
82%
18%
3,2 kg CO2e2,9 kg CO2e
2,6 kg CO2e
0,1 kg CO2e
0,3 kg CO2e
0 kg CO2e
0
5
10
15
20
25
30
45 km
1 km(500 m hin/retour)
32 t
5 %15 %
25 %27 %28 %
direkteEmissionen
Kraftstoff-Vorkette
Fahrzeug-produktion
Entsorgung
Anteil der eingerechneten Faktoren für den Einkaufsweg (Pkw)
01020304050607080
1 %11 %15 %
73 %Das C02-Äquivalent der Fahrt in den Supermarkt mit dem Auto ist ein Vielfaches des C02-Äquivalents von Produktion und Transport in die Filiale. Bei Trauben aus Österreich fällt dank kurzer Transportwege zwar nur halb so viel Co2e an, als bei italienischen, aber erst die letzte Meile – der Einkaufsweg – ist ausschlaggebend für den CO2e-Fußabdruck eines Produktes.
1.400 km
10 km(5 km hin/retour)
Produktion und Weg zur FilialeProduktion und Weg zur Filiale
CO2-Fußabdruck
EinkaufswegsEinkaufsweg
* beinhaltet Emissionen der Fahrzeugproduktion
0,3 kg CO2e
0,6 kg CO2e
bis ins Regalder Filialen
32 t