Sport mit Courage...FES (Hrsg.) 2016: Zick / Küpper / Krause: Gespaltene Mitte – Feindselige...
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Sport mit Courage Vereine und Verbände stark machen!
gefördert durch:
Inhalt
• Rassismus und Sport – worüber reden wir?
• Rechtsextremismus in Niedersachsen
• Sport als Spiegel der Gesellschaft – Erfahrungen aus der Praxis
• Umgang mit Rassismus im Sport
• Gegenstrategien: Maßnahmen und Potentiale des (Breiten)Sports
Rassismus
Rassismus liegt vor, wenn Menschen aufgrund
tatsächlicher oder vermeintlicher Merkmale (z.B.
Hautfarbe, Herkunft, Religion) als homogene Gruppen
konstruiert, negativ bewertet und ausgegrenzt werden.
(Vgl. Glossar des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e.V.)
Rassismus in Zahlen
Mögliche Quellen:
– Polizeiliche Kriminalstatistik PMK (erfasste
Straftaten politisch motivierte Gewalt)
– Berichte der Verfassungsschutzbehörden (u.a.
Rechtsextremes Personenpotential)
– Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt
(Zahlen von Übergriffen; z.T. unterschiedlich zu
Sicherheitsbehörden)
– Journalistinnen und Journalisten (eigene
Recherche)
– Wissenschaftliche Studien (v.a. Umfragen)
Rassismus in Zahlen
Auszüge der "Mitte"-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 2016:
– Rund 9% der Bevölkerung vertreten rassistische
Auffassungen – also werten Menschen aufgrund ihrer
Hautfarbe oder Abstammung ab.
– 19% sind "fremdenfeindlich" eingestellt – stimmen
etwa Aussagen zu wie: "Es leben zu viele Ausländer in
Deutschland".
– Rund 50% der Menschen in Deutschland werten
Asylbewerber ab – 2014 waren es noch 44 Prozent.
FES (Hrsg.) 2016: Zick / Küpper / Krause: Gespaltene Mitte – Feindselige Zustände; Rechtextreme Einstellungen in Deutschland 2016
Rassismus in Zahlen
Nach Angaben des DFB ist es in der Spielzeit 2016/2017 zu
2.858 diskriminierenden Vorfällen im Amateurfußball
gekommen, die durch Schiedsrichter gemeldet wurden.
Umgerechnet sind 0,21 Prozent aller Spiele davon betroffen.
Dies war sogar ein leichter Rückgang im Vergleich zum
Vorjahr (0,23).
Merkmale des
Rechtsextremismus
• Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschen
• Zentrale Elemente: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
Antisemitismus
• Streben nach homogener Volksgemeinschaft
• Volksgemeinschaft ist wichtiger als Freiheit des Individuums
• demokratiefeindlich
• Wunsch nach Autorität
• teilweise positiver Bezug auf Nationalsozialismus
• Akzeptanz oder Ausübung von Gewalt (als legitimes Mittel)
Rechtsextreme Szene in Niedersachsen
Aktuelle Entwicklungen
• Gewohnte Organisationsformen (Parteien, Kameradschaften) haben
sich offenbar überlebt.
• Zunehmende Heterogenität und Strukturlosigkeit der Szene
(unübersichtlich, ausdifferenziert und fragmentiert).
• Keine von der Szene anerkannte steuernde Organisation erkennbar.
• Statt fester Organisationen vermehrt anlassbezogene Aktionsformen
von nur kurzer Bestandsdauer.
• Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten weiterhin die Agitation
gegen Flüchtlinge und Asylbewerber - Szenario einer Überfremdung
und Islamisierung.
• Durch das Internet hat der Rechtsextremismus einen
Resonanzraum, der weit über das rechtsextremistische Spektrum
hinausreicht („Echokammern“)
Quelle: Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2018
„Erlebniswelt Rechts“ - Internet
• Rechtsrock
• Nationale Liedermacher
• Black Metal
• Hatecore
• Hip Hop
• Cover/“Spaßprojekte“
• u.v.m.
CD-Cover „Terroritorium“ (Hannover)
„Erlebniswelt Rechts“ - Musik
Konzertankündigung „Stahlgewitter“
• adaptierte
Marken
• „Grauzone“
• szenische
Marken
„Erlebniswelt Rechts“ - Labels
18 = Adolf Hitler
88 = Heil Hitler
19/8 = Sieg Heil
13/47 oder MDG = Mit deutschem Gruß
74 = Großdeutschland
28 = Blood & Honour
14 od. 14 words =
Wir haben die Existenz unseres Volkes und
eine Zukunft für weiße Kinder zu sichern.
168:1 = Sprengstoffanschlag 1995
„Erlebniswelt Rechts“ - Codes
Rechtsextreme Symbole
Identifikationsangebote der
extremen Rechten
Sport als Spiegel der
Gesellschaft – Erfahrungen
aus der Praxis.
Beispiele aus der Beratungspraxis
• Kameradschaftsmitglieder nehmen an Volksläufen teil und nutzen ihre
Auftritte zur Selbstdarstellung.
• Offen rechtsextreme Eltern melden ihre Kinder im SV an und
verlangen Zutritt zu Vereinsveranstaltungen.
• Gruppen und Organisationen der rechtsextremen Szene mieten
Vereinsgelände an und richten ein „Nationales Fußballturniere“ aus.
• Anhänger der Reichbürgerbewegung wirbt im SV unter Jugendlichen.
• Vereinsmitglieder gehören der rechten Szene an und gewinnen
zunehmend an Einfluss (Gleichgesinnte folgen in den Verein).
• ÜL äußert und teilt in sozialen Medien rassistische,
menschenfeindliche Positionen. Und trainiert zeitgleich Team mit
Geflüchteten.
• C-Jugendliche feuern sich vor dem Spiel mit einem lautstarken „Sieg
Heil!“ an.
Es gibt mindestens zwei miteinander verbundene
Seiten des modernisierten Rechtsextremismus:
1. Die sog. „Kümmerer“, die um Akzeptanz in der Mitte
der Gesellschaft und insbesondere bei Jugendlichen
werben – und investieren.
2. Die „Autonomen“, „Freien“, „Radikalen“, die die
Rebellion und das Aktionsbedürfnis junger Menschen
aufgreifen.
Beispiele aus der Beratungspraxis
Kampfsport im Fokus
MMA-Kämpfer auf dem Weg zum "Schild und Schwert" Festival 2018 || Foto: EXIF Recherche
Wie geht der Sport mit
Rassismus um?
Mesut Özil: „In den
Augen von Grindel und
seinen Helfern bin ich
Deutscher, wenn wir
gewinnen, und ein
Immigrant, wenn wir
verlieren [...]“ (www.spiegel.de 22.07.2018 14:34 Uhr)
Umgang mit Rassismus
• Thomas Müller: „Für uns Spieler war das Thema nie so stark, wie
es gemacht wurde. Wir sollten die Diskussion endlich beenden. Von
Rassismus im Sport und in der Nationalmannschaft kann keine
Rede sein.“ (Spiegel online, 03.08.2018 14:57 Uhr)
• Toni Kroos: „Ich denke, dass er selbst weiß, dass es Rassismus
innerhalb der Nationalmannschaft und des DFB nicht gibt. (…) Die
Art der Kritik war sicher nicht immer auf gutem Niveau – aber da
muss man als Spieler dann durch.“(www.sportbild.bild.de 15.08.2018 22:08 Uhr)
Umgang mit Rassismus
Gegenstrategien: Maßnahmen,
Potentiale und Grenzen des
(Breiten)Sports.
Integration durch Sport
• In 2017 fanden etwa 850 Projekte und Einzelmaßnahmen in Nds
statt; finanzielle Förderung über LSB
• Beratung und Begleitung
• Stützpunktvereine
• Austausch und Qualifizierung
Vereine stark machen!
• Klare demokratische Grundregeln in der Vereinssatzung verankern
und öffentlich machen! („Der Sportverein XY steht für …“)
• Geschäftsordnung überarbeiten
• Hallen- / Platzordnung anpassen
• Mietvertrag Vereinsgaststätte; Vereinswirt/in gezielt einbeziehen
(Hausrecht)
• schriftliche Vereinbarung mit ÜL und Teams treffen
(„Verhaltenskodex“)
Position beziehen!
Foto: VfL Bad Nenndorf 2013
Vereine stark machen!
• Fachkompetenz (Beratung) in Anspruch nehmen !
– Landes-Demokratiezentrum (Hannover)
– Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt / Zentrum
Demokratische Bildung (Braunschweig / Wolfsburg)
– Weser-Aller-Bündnis (Verden)
– IBIS e.V. (Oldenburg)
– Partnerschaften für Demokratie / Modellprojekte
– LandesSportBund Niedersachsen
Vereine stark machen!
• Sensibilisierung / Auseinandersetzen mit dem Thema
– Infoveranstaltung (intern, öffentlich, in Kooperation); Eltern mit
einbeziehen
– Teilnahme an Schulung und Workshops (ÜL,
Vereinsvertreter/innen)
– „Trainingsziel: Demokratie!“ (Sensibilisierung und Erweiterung der
Handlungsoptionen)
– „Argumente gegen rechte Parolen“
• nachweisbare Verstöße vereinsintern ahnden; ggf. die Hilfe des
LSB in Anspruch nehmen
• Grenzen setzen - nicht ausgrenzen (Ausschluss als letztes Mittel)
Mitarbeit in Netzwerken
• Bundesebene: z.B. Forum gegen Rassismus, Sport und
Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus,
dsj AG
• Landesebene: z.B. Beratungsnetzwerk Niedersachsen
(LandesSportBund)
• regionale Ebene z.B. PfD, KPR (Kreissportbund)
• lokale Ebene z.B. Bürgerbündnisse, runde Tische
Beispiel Fanprojekte
Fanprojekt „VfB für Alle“; Träger des Julius-Hirsch-Preises 2015
Was Sport gegen Rassismus
tun kann???
• (öffentlichkeitswirksam) Position beziehen
• Formelle „Hausaufgaben“ machen
• in den relevanten Strukturen mitarbeiten – Kooperationspartner suchen
• Aufklären und Informieren (nach Innen)
• bei Bedarf Intervenieren (u.a. auch Sportgerichtsbarkeit)
• gezieltes Mittel pädagogischer Arbeit sein
• Träger sein für: Werte, Demokratie, gemeinsame
(Miss)Erfolgserlebnisse, Abbau von Vorurteilen, „soziale Heimat“,
identitätsstiftend, Zusammenhalt, Integration
Sport mit Courage – Angebote
des LSB Niedersachsen
• Beratung bei konkreten Problemlagen.
• Informationsveranstaltungen und Workshops.
• Fortbildungsmodule (u.a.) „Trainingsziel: Demokratie“, „Argumente
gegen Stammtischparolen“.
• Förderrichtlinie „Sport mit Courage“ (Projekte und Maßnahmen).
• Auszeichnung von „Sportvereinen mit Courage“ für besonderes
Engagement.
• Info- und Arbeitsmaterialien
Projektantrag im Rahmen von Zusammenhalt durch Teilhabe!
… bei der dsj zu
bestellen!
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Rassismus im Sport – offene
Fragen
• In welchem Ausmaß existieren unterschiedliche Formen von
Rassismus im Sport?
• Wer nimmt Rassismus war?
• Wer entscheidet darüber, was rassistisch ist?
• Wer diskutiert, was zu tun ist mit wem?