Meine FIRMA WELT - ub.unibas.ch · Ihre «Meine Firma»-Redaktorin Charlotte Pauk. Wie lange hält...
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Meine WELT
03/2014
4 | 2015
Das KMU-Magazin der AXA WinterthurDas KMU-Magazin der AXA Winterthur
MeineFIRMA1 | 2016
Kleine Fehler lassen Betrüger auffliegenSeite 12
Jede Firma braucht ein passendes Kleid Seite 18
«Auch ein Kloster braucht Profit»Abt Christian, «Chef» des Klosters Engelberg, mag Vögel und erklärt, wie ein Kloster gewinnorientiert wirtschaftet. Seite 26
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IMPRESSUM
Herausgeber: AXA Winterthur, Newsroom | Adresse der Redaktion: AXA Winterthur, «Meine Firma», Pionierstrasse 3, 8400 Winterthur, www.meine-firma.ch,
Tel. 058 215 73 14. E-Mail: [email protected] | Redaktion: Sandra Willmeroth, Charlotte Pauk (Leitung), Melanie Ade. Mitarbeit an die-
ser Ausgabe: Mirjam Eberhard, Anina Traub, Robert Wildi | Online: Urs Wildi | Übersetzung: Language Services, AXA Winterthur | Gestaltung und
Produktion: Infel Corporate Media, Zürich | Druck und Versand: arvato distribution GmbH, 65205 Wiesbaden | Erscheinungsweise: viermal jährlich in Deutsch,
Französisch und Italienisch | Gesamtauflage: 84’000 | Anzeigenverkauf: Axel Springer Schweiz AG, Fachmedien, 8005 Zürich, pascal.bö[email protected],
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Angebot im rechtlichen Sinn dar. Über die Wettbewerbe wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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Editorial
Leser fragen – unsere Experten antworten
SicherheitDer Kop Produktions AG von Giacinto Colucci drohte
wegen eines Unwetters und Überschwemmung ein
Betriebsunterbruch. Mit Eigeninitiative und der Sach-
versicherung konnte dieser abgewendet werden.
Ein scharfes Auge fürs Detail hilft, Versicherungsbetrügern
auf die Schliche zu kommen. Dank systemunterstützter
Betrugserkennung wird Versicherungsbetrug aufgedeckt.
Die Grafik – Intakter Unternehmergeist
VerantwortungWer sich auf dem Bürostuhl mehr bewegt, hat weniger
Verspannungen und Rückenprobleme. Die Sensibilisierung
für mehr Bewegung im Büro ist ein Anfang.
Für jedes Unternehmen ist eine andere Rechtsform
optimal. Was bei der Gründung Sinn macht, ist später
oft nicht mehr passend.
ErfolgCrowdfunding ermöglicht Jungunternehmern, dank der
Unterstützung vieler ihre Idee umzusetzen. Wichtig dabei
ist, ein klar umrissenes Projekt zu präsentieren.
Gewinnorientierung im Kloster ist kein Widerspruch.
Abt Christian erklärt, wie diese im Kloster Engelberg
umgesetzt wird.
Mein Stolz: Erfolgreiche Unternehmer mit pfiffigen Ideen.
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2Meine FIRMA 01/2016
INHALTSVERZEICHNIS
Ihre «Meine Firma»-Redaktorin Charlotte Pauk.
Wie lange hält der gute Vorsatz zum Jahreswechsel, mehr Sport
zu treiben oder doch mindestens sich mehr zu bewegen, jeweils
an? Die Zahlen dazu sind so vielfältig wie die Studien dazu. Sogar
die am zuversichtlichsten stimmenden Studien sagen, dass nicht
einmal 50 Prozent der Personen sich bis zur Jahresmitte an die
Vorsätze halten. Viele haben also zum jetzigen Zeitpunkt den
Vorsatz schon wieder über Bord geworfen. Gegen Rückenschmer-
zen und Verspannungen nach einem anstrengenden Bürotag
würde jedoch schon ein Minimum an Bewegung Wunder wirken
– nämlich auf dem Bürostuhl ständig die Position etwas zu wech-
seln, am höhenverstellbaren Pult auch mal zu stehen oder auch
nur sich zwischendurch ein paar Schritte zu gönnen, wie dies die
Physiotherapeutin Esther Graf im Artikel zur Arbeitsplatzgestal-
tung erläutert.
Bewegung ist auch in unternehmerischer Hinsicht gesund. Dies
betrifft nicht nur die strategische und operative Ausrichtung sowie
die organisatorische Aufstellung, sondern auch die rechtliche
Form eines Unternehmens. Ist zum Start eine Einzelfirma oder
GmbH absolut passend, so kann dies mit zunehmender Grösse
zu einem Risiko werden, wie unser Beispiel der Pomcany’s Hol-
ding zeigt. Die Kosten des Wechsels für juristische Arbeiten und
einen neuen Auftritt dürften kein Hinderungsgrund sein.
Keine Angst vor dem Wandel zeigt der «Chef» des Klosters Engel-
berg. Nicht nur steht er sechs klösterlichen Betrieben vor, er
muss sich auch der Tatsache stellen, dass aufgrund der schrump-
fenden Zahl an Mönchen weltweit eine Bereinigung der Klöster
ansteht. «Gewisse Sachen sterben, und anderes entsteht neu»,
meint Abt Christian im Interview dazu. So viel Offenheit zum
Wandel, der auch ohne eigenes Zutun stattfindet, ist manchem
Unternehmenschef zu wünschen.
In Bewegung bleiben
Foto
: R
enate
Wern
li
3 Meine FIRMA01/2016
EDITORIAL
Einkäufe ohne Rückgewähr Was passiert mit meinen getätigten Einkäufen in die berufliche Vorsorge,
wenn ich sterbe? Ich wünsche mir, dass bei meinem Ableben diese zusätzlich
einbezahlten Beträge direkt an meine Ehefrau gelangen – ist dies überhaupt
möglich? B. K., Solothurn
Sie greifen mit Ihrer Frage das aktuelle
Thema «Einkäufe mit Rückgewähr» auf,
das mittels Presseartikeln sowohl
Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer
zunehmend sensibilisiert hat. Auf Ihre
Frage kann nicht mit Ja oder Nein
geantwortet werden. Folgende Informa-
tionen sind zentral:
pagnen wird dieses Verhalten ge-
stärkt.
wurden bis anhin zur Ermässigung der
Risikoprämie genutzt. Dies bedeutet,
dass bei einem Todesfall das einbe-
bliebenen in den meisten Fällen
Worten käme im Todesfall kein einzi-
benenrente zur Auszahlung.
Seit einiger Zeit existiert folgende
Firmen die Option wählen, dass Ein-
zusätzliches Todesfallkapital zur Aus-
zahlung kommen.
Einkäufe werden in diesen Fällen als
separates Altersguthaben aufgeführt,
das bei einem Todesfall zusätzlich zur
mindert sich die Risikoprämie nach
einem Einkauf nicht mehr. Dies ist die
perfekte Option für Firmen, welche die
getätigten und steuerlich berücksichtig-
ten Einkäufe als zusätzliches Todesfall-
geben wollen.
Haftung als Stiftungsrat einer PensionskasseDa sich niemand für die Wahl als Arbeitnehmervertreter zur Verfügung stellen wollte, habe ich vor zwei Jahren dieses Amt übernommen – auch wenn ich von der Materie nicht wirklich viel verstehe. Nun hat die Revisions-stelle festgestellt, dass der Geschäftsführer über Jahre hinweg grössere Geldbeträge veruntreut haben soll. Eine Kollegin meinte kürzlich, dass ich als Stiftungsrat unter Umständen persönlich schadenersatzpfl ichtig werden könnte. Ist das wahr? M. B., Greifensee
ehrenamtlich erfolgt oder einzelne Stif-
tungsräte nicht über das erforderliche
einer Entlastung. Um seine Aufgaben
Stiftungsratsmitglied über das erforder-
regelmässig weiterbilden; ansonsten
Sie sind gefragt!
Gerne beantworten unsere Experten
auch Ihre Fragen. Eine Auswahl wird
meine.fi [email protected]
Markus Kaufmann,
Generalagent
AXA Winterthur
Patrik Fässler,
Wirtschaftsprüfer
Ihre Kollegin hat leider recht: Als
oberstes Organ ist der Stiftungsrat für
die Gesamtleitung der Vorsorgeeinrich-
tung zuständig und trägt unter anderem
auch die Verantwortung für das interne
Kontrollsystem und die Überwachung
der Geschäftsführung. Sämtliche
Stiftungsräte haften nach Artikel 52
für den Schaden, den sie der Stiftung
absichtlich oder durch nicht sorgfältige
Ausübung ihres Amtes zufügen. Auch
wenn die Tätigkeit als Stiftungsrat
4Meine FIRMA 01/2016
LESERFRAGEN
Arbeiten trotz Teilpensionierung?Ich bin Hausarzt, 63 Jahre alt, und möchte meine Tätigkeit nach und nach reduzieren, bis mein Nachfolger eingearbeitet ist. Ich plane deshalb, mich spätestens im September 2016 teilpensionieren zu lassen und einen Teil meines Vorsorgekapitals zu beziehen. Es besteht jedoch ein gewisses Risiko, dass mein Nachfolger im letzten Augenblick noch abspringt und ich dann ab September 2016 – trotz Teilpensionierung – voll weiterarbeiten muss. Welche steuerlichen Konsequenzen hätte das? A. J., St. Gallen
Sie die Teilpensionierung nicht leben,
mit Sanktionen rechnen. Zunächst wird
auffordern, das unrechtmässig bezo-
gene Kapital in die Vorsorge zurückzu-
zahlen, und androhen, dass das Vorsor-
gekapital ansonsten – statt getrennt
-
ten Vorsorgetarif – zusammen mit dem
übrigen Einkommen besteuert wird.
-
rung der Kapitalleistung zum Vorsorge-
ergibt sich dadurch eine deutliche
Wenn Sie der Aufforderung nicht nach-
das Steueramt gemäss einem am
zürcherischen Steuerrekursgerichts
-
-
nierung die Gesamtleistung besteuern
und so die progressionsbedingte
Steuerersparnis durch den gestaffel-
-
dern.
-
tung ist der Versicherte im erwähnten
gekommen. Wenn Kapitalleistungen
unrechtmässig aus der 2. Säule
bezogen werden, ohne dass die Er-
werbstätigkeit aufgegeben oder (bei
-
ches Einkommen zusammen mit dem
übrigen Einkommen erfasst.
Ja, sofern Sie bei uns über eine Gebäu-
-
schlossen wurde, sind Freilegungskos-
enthalten sind Kosten wie die Freilegung
der Wand, der Austausch und das de-
fekte Rohr als solches wie auch der
Trockenlegung der Wand oder des Kel-
Sanitärfirma sind ebenfalls über diesen
Ungeahnte GebäudeschädenNach dem Tauwetter zum Frühlingsbeginn haben wir bemerkt, dass die
Kellerwand auf der ganzen Länge nass ist. Der Spezialist einer hiesigen
Sanitärfirma meinte, dass dies nur auf einen Rohrleitungsbruch zurückzu-
führen sein könne. Das Wasser sei ausgetreten und habe sich danach seinen
eigenen Weg gesucht. Auf sein Anraten hin muss die Wand aufgespitzt und
das entsprechende Teilstück des Rohrs ausgetauscht werden. Danach wird
die Wand neu verputzt. Die kantonale Gebäudeversicherung übernimmt
keine Kosten, da wir nur die Grunddeckung versichert haben. Sind wir gegen
solche Schäden bei der AXA Winterthur versichert? S. G., Ittigen
Ursula Wiedmer,
Rechtsanwältin,
AXA Winterthur
Dragan Preradovic,
Verkaufsleiter
AXA Winterthur
5 Meine FIRMA01/2016
LESERFRAGEN
Neue IT-Jobswww.opacc.ch/karriere
Opacc ist das erste zertifizierte
IT-Unternehmen in der Schweiz
Opacc gehört zu den Top20 bewerteten
Arbeitgebern der Schweiz (Januar 2016)
« Jungunternehmer brauchen starkePartner.» Daniel Müri und Patrick Baumann
cloudscape.ch
Die AXA unterstützt Firmengründer/
Startup-Paket
AXA.ch/startups
Mehr VielfaltGemeinsam mit zehn weiteren international tätigen Konzernen hat
die AXA Gruppe Ende Oktober am Hauptsitz der Internationalen
Arbeitsorganisation in Genf die Charta des ILO Global Business &
Disability Network unterzeichnet. Denis Duverne, stellvertretender
CEO der AXA Gruppe, bekräftigte mit seiner Unterschrift das Enga-
gement der AXA, sich für eine Unternehmenskultur einzusetzen,
die Menschen mit und ohne Behinderung gleichermassen faire
Chancen bietet.
Denn die AXA fördert im Rahmen ihrer weltweiten Geschäfts-
tätigkeit die Vielfalt im Unternehmen. Sie versteht darunter,
der individuellen Verschiedenheit der Mitarbeitenden mit
Wertschätzung zu begegnen und zu gewährleisten, dass
sowohl äusserlich wahrnehmbare Unterschiede wie beispielsweise
Geschlecht oder Alter genauso wenig zu Diskriminierung führen
wie sichtbare und unsichtbare Behinderungen.
Das Engagement der AXA Gruppe, sich für Menschen mit Beein-
trächtigungen einzusetzen, wird auch in der Schweiz, bei der AXA
Winterthur, gelebt. «Wir wollen verschiedene Menschen mit un-
terschiedlichen Fähigkeiten und Sichtweisen in unserem Unter-
nehmen vereinen», sagt Yvonne Seitz, Head Diversity & Employer
Attractiveness der AXA Winterthur. Schliesslich trage eine höhere
Vielfalt nachweislich zum unternehmerischen Erfolg bei. Denn, so
Seitz weiter: «Wenn verschiedene Blickwinkel zusammenkommen,
gestalten sich Lösungsansätze differenzierter und umfassender.»
Die AXA fördert eine Unternehmenskultur, die Menschen mit und ohne
Behinderung dieselben Chancen bietet.
Mehr
Unfälle
Im April erhalten Flottenkunden
der AXA Winterthur den Report
«Schadenanalysen und Präven-
tion». Die individuelle Auswer-
tung zeigt, wie sich die Flotte der
Unternehmenskunden in den
vergangenen Jahren verändert
hat, wie viele Fahrzeuge versi-
chert sind und wie viele Schäden
verursacht wurden. Die Analyse
hilft Flottenmanagern, mögliche
Risiken ihrer Flotten auszuma-
chen und diese zu reduzieren.
Achtung, Schnee und Eis: An
Tagen mit prekären Wetterver-
hältnissen können zwei- oder gar
dreimal so viele Unfälle gesche-
hen wie ohne Schnee. Das zeigen
AXA-Zahlen.
Mehr
Über- blick
Sicherheit
Foto
: Ju
piterim
ages
7 Meine FIRMA01/2016
Ein Sonntagabend im Juni vergangenen Jahres. Gia-
cinto Colucci, Inhaber des Herstellers von Metall-
verpackungen und Aluminiumtechnik «Kop Pro-
duktions AG» in Sulgen, sitzt mit der Familie und
Freunden gemütlich zuhause beim Abendessen.
Beiläufig aus dem Fenster blickend, bemerkt er,
dass es stark regnet, macht sich aber weiter keine
Gedanken. Dann klingelt das Telefon. Eine Kollegin
ist am Apparat, sie wohnt ganz in der Nähe seines
Firmenstandortes. Das ganze Quartier stehe unter
Wasser, meldet sie aufgeregt, auch ihr eigener Kel-
ler sei überflutet. «In diesem Moment rutschte mir
das Herz in die Hose», gesteht Unternehmer Colucci.
Das Schlimmste befürchtet Denn am Firmenstandort lagert er alle seine Wa-
ren, von Rohmaterial, Blech und Aluminiumteilen,
bis hin zu den Fertigprodukten wie Metalldosen,
Gefahrengutgebinden oder Eimern. Dazu kommen
die teuren Maschinen. Stünde die Produktions- und
Lagerhalle unter Wasser und würde ein längerer
Betriebsunterbruch folgen, wäre der Schaden «mit
Geld gar nicht aufzuwiegen», wie Unternehmer
Colucci es ausdrückt. «Der erste Impuls war na-
türlich: Ich gehe sofort vorbei und schaue mir den
Ein schlammiges SchlamasselEin starkes Unwetter in der Ostschweiz drohte den Produktions- standort der Kop Produktions AG lahmzulegen. Glück und viel Eigeninitiative konnten das Schlimmste verhindern.
Foto
s:
Danie
l Auf
der
Mauer
Meine Firma
Die Kop Produktions AG wurde
1875 gegründet. Vor rund
10 Jahren übernahm Giacinto
Colucci die Firma und zügelte
den Standort von Frauenfeld
nach Sulgen. Das international
tätige Unternehmen produziert
Aluminiumteile sowie Metall-
behältnisse aus Blech, die für
das sichere Verpacken in der
chemisch-technischen Industrie
und in der Nahrungsmittelin-
dustrie benötigt werden. Dazu
gehören Dosen, Gefahrengut-
gebinde oder Eimer. Die Kop
Produktions AG beschäftigt
15 Mitarbeitende, davon zwei
Lernende.
www.kop .ch
Schaden an. Dann siegte aber die Vernunft. Ich hätte
mich selber möglicherweise in Gefahr gebracht und
dennoch nichts ändern können», so Colucci. So ver-
blieb er bei seinen Freunden – wenn auch die Gedan-
ken nur allzu oft zu seiner Firma schweiften.
Am nächsten Morgen war er dafür bereits um
fünf Uhr unterwegs in seine Firma. Doch der Weg,
für den er mit dem Auto normalerweise 20 Minuten
braucht, kostete ihn an diesem Tag mehr als zwei
Stunden. «Wiesen, Strassen und Wege – praktisch
die ganze Gegend stand unter Wasser», erinnert
sich Colucci, «so etwas habe ich noch nie gesehen.»
Das Unwetter hatte die Ostschweiz besonders stark
getroffen und zu rekordhohen Niederschlägen ge-
führt. Flüsse waren über die Ufer getreten, Unter-
führungen geflutet, Strassen gesperrt. «Je länger
ich unterwegs war und je mehr Verwüstungen ich
sah, desto grösser wurden meine Befürchtungen
über den Wasserpegel in der Produktions- und La-
gerhalle», sagt Giacinto Colucci. Endlich erreichte
Am Standort sind
Waren von Roh-
material, Blech und
Aluminiumteilen
bis hin zu den
Fertigprodukten
wie Metalldosen,
Gefahrengut-
gebinden oder
Eimern gelagert.
8Meine FIRMA 01/2016
SCHADENREPORTAGE
Glück im Unglück hatte
Giacinto Colucci.
Er hat sich nun gegen
Überschwemmungen
gewappnet.
Meine FIRMA901/2016
SCHADENREPORTAGE
er sein Unternehmen – und verspürte beim ersten
Blick in die Halle erstmal grosse Erleichterung. Kein
Wasser war zu sehen.
Selbst ist das UnternehmenDoch ungeschoren war er nicht davongekommen.
Im Untergeschoss stand das schlammige Wasser
überall 15 Zentimeter hoch. Es war über die Toilet-
ten und die Lavabos zurückgeflossen und hatte Kü-
che, Mitarbeitergarderoben und -toiletten wie auch
ein Ersatzteillager geflutet.
Giacinto Colucci verlor keine Zeit damit, mit dem
Schicksal zu hadern. Zunächst liess er einen Elekt-
riker kommen, um sicherzustellen, dass das Unter-
geschoss gefahrlos betreten werden konnte. Dass
jemand einen Stromschlag erleidet, das hätte gerade
noch gefehlt. Dann packten er und seine Mitarbeiten-
den, die inzwischen ebenfalls eingetroffen waren, an.
«Die Feuerwehr war natürlich völlig überlastet. Des-
halb holten wir uns bei der Feuerwache gleich gegen-
über Pumpen und begannen selber mit Auspumpen
und Reinigen», erinnert er sich.
Wenig später informierte er auch seinen Versiche-
rer AXA Winterthur über den Schaden. Als Schaden-
«Es war eine grosse Erleichterung, diese Verantwortung teilen zu können und alles in guten Händen zu wissen.»
Giacinto Colucci, Inhaber Kop Produktions AG, Sulgen
Schadeninspektorin
Brigitte Lanz setzt
jeweils alle Hebel in
Bewegung, damit
selbst ein kurzer
Betriebsunterbruch,
wie er bei Giacinto
Coluccis Firma drohte,
verhindert wird.
10Meine FIRMA 01/2016
SCHADENREPORTAGE
Sachversicherung
Professional/
Niemand ist gefeit vor Feuer-,
Unwetter-, Wasser-, Glasschä-
den und Einbruch. Damit Sie im
Schadenfall nicht mit leeren
Händen dastehen, übernimmt
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Verlust, Ihre Ertragsausfälle,
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inspektorin Brigitte Lanz fünf Tage nach den Unwet-
tern und zwei Tage nach der Meldung vor Ort war,
hatten Colucci und sein Team einen grossen Teil der
Arbeit bereits in Eigenregie erledigt. «Ich habe sel-
ten einen so aufgeräumten Schadenplatz gesehen»,
lacht Lanz. Umgehend organisierte sie noch einen
Bautrocknungsexperten sowie den Bodenleger, denn
jetzt war Geschwindigkeit gefragt, damit die Feuch-
tigkeit nicht noch mehr Schaden anrichten konnte.
«Ich war überrascht, wie schnell alles ging», so
Colucci. «Als Frau Lanz am Nachmittag ging, traf
bereits der Bautrockner ein. Es war eine grosse Er-
leichterung, diese Verantwortung teilen zu können
und alles in guten Händen zu wissen.»
Betriebsunterbruch um jeden Preis verhindern Die erfahrene Schadeninspektorin freut sich, wenn
sie in Notfällen wie diesem unkompliziert helfen
kann. «In solchen Situationen musst du alles in Be-
wegung setzen, damit ein Betriebsunterbruch ver-
hindert werden kann, selbst ein kurzer», weiss sie.
Denn wenn ein grosser Auftrag wegen eines solchen
Zwischenfalls nicht zustande komme, sei der Kunde
voraussichtlich für immer verloren. Der Betriebsun-
terbruch hatte der Kop AG tatsächlich gedroht. Denn
im Untergeschoss der Firma befinden sich die zwei
Maschinen, ohne die im laufenden Betrieb gar nichts
geht: der Kompressor, der die Druckluft erzeugt,
mit der die anderen Maschinen funktionieren, und
die Lufttrocknungsanlage, welche die Feuchtigkeit
der Druckluft verringert. Glücklicherweise war
der Kompressor einige Zenti-
meter unterlegt, das Wasser
hatte ihn nicht erreicht. Die
Lufttrocknungsanlage war
beschädigt, konnte ihren
Dienst aber noch einige Tage
verrichten, bis die Ersatzma-
schine geliefert wurde. Ein
Betriebsunterbruch war so
verhindert, Unternehmer Co-
lucci hatte Glück im Unglück.
Das Erlebte steckt ihm aber
bis heute in den Knochen,
deshalb hat er inzwischen al-
les getan, um Schäden zu mi-
nimieren, sollte es wieder ein-
mal zu einem Unwetter dieses
Ausmasses kommen. So hat
er auch die zweite Maschine
im Untergeschoss unterlegen und die Garderoben-
schränke der Mitarbeitenden rund 60 Zentimeter ab
Boden bauen lassen. Dennoch rechnet er damit, dass
er in Zukunft eher mit einer anderen Art von Unwet-
tern umgehen muss – nämlich mit wirtschaftlichen.
Mirjam Eberhard
Dreiste Bande von Autobumsern aufgeflogen
Immer wieder versuchen Betrüger, durch gestellte Unfälle Geld zu erschwindeln. Dank professionell geschulter Experten und einer
systemunterstützten Betrugserkennung fliegen viele auf.
Sägemehl an den Reifen und Rostbefall auf den
Bremsscheiben eines fernab von zuhause verunfall-
ten Autos. Diese kleinen, aber feinen Details brach-
ten einen Stein ins Rollen und lösten in ungeahnter
Weise eine ganze Lawine aus. Dem Fahrzeugexper-
ten der AXA Winterthur, Heinz Müller*, kamen diese
beiden Details bei der Begutachtung eines verunfall-
ten Fiat Punto seltsam vor, denn allein die Fahrt
vom Wohnort des Verunfallten zum Unfallort hätte
sowohl das Sägemehl davongeweht als auch den
Flugrost auf den Bremsen weggeschmirgelt. Also
leitete er den verdächtigen Fall an die Abteilung zur
Bekämpfung des Versicherungsmissbrauchs (BVM)
der AXA Winterthur weiter.
«Wenn uns von unseren Fahrzeugexperten ein
Fall gemeldet wird, gehen wir der Sache genauer
nach, lassen uns den Unfallhergang von allen Betei-
ligten detailliert schildern und rekonstruieren den
Unfallhergang vor Ort», erklärt Samuel Klaus, der
Leiter der 38-köpfigen Abteilung. Bestehen dann be-
rechtigte Zweifel, dass sich der Unfall tatsächlich so
ereignet hat, wie es die Beteiligten angegeben haben,
wird zusätzlich ein unfallanalytisches Gutachten
in Auftrag gegeben. Darin werden dann im Detail
Kratzspuren, Aufprallwinkel,
Lackspuren, ausgelöste Air-
bags und noch vieles mehr
analysiert.
«Die Betrüger machen in
aller Regel kleine Fehler»,
weiss Samuel Klaus. Die Frage
sei nur, ob sie auch erkannt
werden. Daher steht die Schu-
lung und Sensibilisierung der
Fahrzeugexperten ganz oben
auf der Prioritätenliste der
Abteilung BVM. Mehr als 3500
Ermittlungen führt die AXA
Winterthur jährlich durch, in
den meisten Fällen bestätigt
sich der anfängliche Verdacht. Nicht nur im Bereich
Motorfahrzeugversicherungen, auch bei der Kran-
kentaggeld- oder bei der Haftpflichtversicherung
machen Anspruchsteller falsche Angaben. Bei der
AXA Winterthur beträgt die Summe aller aufgedeck-
ten Fälle rund 40 Millionen Franken jährlich – Geld,
das die AXA Winterthur nicht auszahlt, weil die An-
spruchsteller es sich erschwindeln wollten.
Der Unfall mit dem Fiat Punto hätte die AXA Winter-
thur 20’900 Franken gekostet, zuzüglich Abschlepp-
und anderer Nebenkosten. Der Betrag wurde aber
nie ausgezahlt, denn das unfallanalytische Gutach-
ten kam eindeutig zum Ergebnis, dass der demo-
lierte Fiat Punto seine Beulen nicht von einem Auf-
«Die Betrüger machen in aller Regel immer kleine Fehler»
Samuel Klaus, Leiter BVMIllu
str
ation:
Patr
ic S
andri
Für faire Prämien/
Die Arbeit der Abteilung
«Bekämpfung des Versiche-
rungsmissbrauchs» (BVM)
kommt allen Versicherten
zugute, da sie hilft, die
Prämien tief zu halten.
Dementsprechend hoch ist
die Akzeptanz für Massnah-
men zur Bekämpfung des
Missbrauchs in der Bevölke-
rung. Gemäss einer Umfrage
des Schweizerischen Versi-
cherungsverbandes befürwor-
ten über 90 Prozent der
Bevölkerung, dass Versicherer
bei Verdacht auf Betrug
genauere Abklärungen vorneh-
men sollen.
Meine FIRMA 01/2016
BETRUGSBEKÄMPFUNG
12
«Wir schützen unsere ehrlichen Kunden, die sonst solche Betrügereien mitfinanzieren.»
Samuel Klaus, Leiter BVM
prall während des Fahrens bekommen
haben kann, sondern nur im stehenden
Zustand. Auch hätte es bei der Heftigkeit
des Aufpralls einen Personenschaden
geben müssen, doch ein solcher war nie
gemeldet worden. Die Experten folgerten
daraus, dass der Fahrer bei dem Aufprall
einen Sturzhelm getragen haben muss.
Nur drei Wochen später landete ein ande-
rer Fall auf dem Pult von BVM-Ermittler
Kurt Schmid*. Diesmal handelte es sich
um eine Kollision zwischen einem Mer-
cedes-Benz E 270 CDI Kombi und einem
Audi A3 mit einem Schadenvolumen von
rund 40’000 Franken. Die Parallelen zum
Unfall zwischen dem Fiat Punto und dem
Audi S3 waren unübersehbar, aber vor
allem waren wieder die gleichen Per-
sonen involviert. «Da dämmerte es mir
langsam, dass es sich um eine ganze
Autobumserbande handeln musste», er-
innert sich Kurt Schmid, und er wusste,
was zu tun war.
Software erkennt UnfallmusterMitunter dank einer systemunterstützten Betrugs-
erkennung, die gewisse Auffälligkeiten und Muster
zwischen landesweit geschehenen Autounfällen er-
kennt, entdeckte er letztlich 12 verdächtige Fälle.
Diese waren geografisch verstreut auf vier Kantone,
liefen aber alle nach dem gleichen Strickmuster ab,
und es waren die gleichen Personen – wenn auch
in anderen Konstellationen – involviert. Vor allem
ein Mann, Antonio F.*, tauchte in jedem Fall auf
und profitierte. Die Strafanzeige wegen mehrfachen
vollendeten sowie versuchten Betrugs wurde nur ei-
nen Monat später seitens der AXA Winterthur bei
der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhoben.
Der Drahtzieher der Autobumserbande wurde mit
36 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon er 10
Monate absitzen musste. Insgesamt belief sich die
Schadensumme der 12 gestellten Unfälle auf 280’000
Franken. Die AXA Winterthur hat die ihr durch die
Aufdeckung des Falls entstandenen Kosten zuzüg-
lich des Bearbeitungsaufwandes von 24’500 Fran-
ken über die gerichtlich verfügte Entschädigung
und über diverse Rückzahlungsvereinbarungen mit
den Verurteilten zurückerhalten. Und sie hat die
unrechtmässigen Forderungen der aktuellen Fälle
erfolgreich abgewendet. Sandra Willmeroth
Im Betrugsfall darf eine Versi-
cherungsgesellschaft einen Ver-
trag rückwirkend auflösen. Für
den Schadenfall wird keine Ent-
schädigung geleistet, und alle
nach diesem Datum erbrachten
Leistungen können zurückge-
fordert werden. Ein Beispiel:
Nach einem Einbruch in ihr Haus
gibt eine Familie an, es seien
Schmuck, Uhren, ein Laptop und
eine Geldkassette mit 4200
Franken gestohlen worden. Im
Frühling findet man auf einem
benachbarten Grundstück den
Missbrauch kann böse Folgen haben
beschädigten Laptop und die
verschlossene Geldkassette. Be-
vor die Kassette vor den Augen
der Polizei geöffnet wird, gesteht
der Familienvater, dass er sich
nun «erinnere», dass höchs-
tens 200 Franken darin waren.
Wegen der bewussten Falschan-
gabe zum gestohlenen Bargeld
wird der Versicherungsvertrag
rückwirkend per Diebstahldatum
aufgehoben, und die Familie
muss die Entschädigung für den
Einbruchdiebstahl vollumfänglich
zurückerstatten. * Namen geändert
Nicht eine lange Nase wie bei Pinocchio,
sondern kleine Details verraten,
dass der Unfall gestellt und ein
sogenannter Autobumser am Werk ist.
1301/2016 Meine FIRMA
14 01/2016Meine FIRMA
DIE GRAFIK: INTAKTER UNTERNEHMERGEISTDIE GRAFIK: INTAKTER UNTERNEHMERGEIST
Der Sprung ins kalte WasserIm Vergleich mit unseren Nachbarländern schneiden wir bei der «Start-up»-Rate
gut ab. Besser sind nur die Österreicher. In der Schweiz sind die Frauen sogar etwas
mutiger als die Männer – einzigartig in Europa. Gründe zum Scheitern gibt es
trotzdem, und Versagensängste sind vorhanden – in der Deutschschweiz
weniger als in der Westschweiz oder im Tessin.
Anteil Start-up-Unternehmer* in der Bevölkerung in %
F = Frauen M = Männer
Gründe von Schweizer Unternehmern für eine Geschäftsaufgabe (2014)
Pensionierung
Persönliche Gründe
Finanzierungsprobleme
Andere Arbeitsmöglichkeit
Geschäft ist nicht profitabel
Die Aufgabe war bei Gründung geplant
Möglichkeit zum Verkauf
Anteil Unternehmer vor der Gründung eines Start-ups, die Angst vor einem Misserfolg haben
Deutschland
Qu
ell
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trep
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on
itor
2014.
Gra
fik
: D
an
iel
Karr
er.
* Unternehmer (18–64 Jahre alt), die ein Geschäft führen und (mit-)besitzen, das seit weniger als dreieinhalb Jahren Löhne auszahlt.
Frankreich Italien Schweiz Österreich EU
F3,97
26,7%Deutschschweiz
Schweiz 29,0%
EU40,7%
32,7%Tessin
35,8%Westschweiz
F4,03
F3,15
F7,06 F
5,45
F7,20
M6,54
M6,68 M
5,71
M10,38
M10,21M
7,03
35%
20%
18%
11%
10%
4%
2%
Sichere ZukunftDie Studie «Berufliche Vorsorge aus Sicht der KMU» der Hochschule
Luzern zeigt, dass es für über zwei Drittel der Schweizer KMU wichtig
ist, aus einem breiten Angebot an beruflichen Vorsorgemodellen wählen
und den Anbieter selbst aussuchen zu können.
Zudem belegt die Untersuchung, dass sich KMU bewusst für eine Vor-
sorgelösung entscheiden. «Die Firmen blicken bei der Angebotsvielfalt
durch und wählen mehrheitlich das Modell aus, bevor sie sich für einen
Anbieter festlegen. Sie prüfen auch immer wieder Alternativen», erklärt
Projektleiterin Yvonne Seiler Zimmermann.
KMU machen von ihrer Wahlfreiheit tatkräftig Gebrauch. Denn über die
Hälfte aller Betriebe mit 10 bis 249 Mitarbeitenden hat seit ihrem Be-
stehen ihr Pensionskassenmodell bereits mindestens einmal gewechselt.
In den meisten Fällen waren die Kosten der Grund für den Wechsel. Al-
lerdings ist den Firmen die Sicherheit der 2. Säule ebenso wichtig, denn
unabhängig von Vorsorgelösung und Anzahl Mitarbeitenden bevorzugt
die Mehrheit der fast 600 befragten Unternehmen die Sicherheit vor der
Rendite und ist auch bereit, für zusätzliche Sicherheiten einen Preis zu
bezahlen.
Unabhängig von der Vorsorgelösung und Firmengrösse ist eine attraktive
Pensionskasse für Unternehmen zudem ein wesentlicher Faktor bei der
Positionierung nach aussen. «Die Befragten wollen damit zeigen, dass
sie ihre soziale Verantwortung wahrnehmen», so Seiler Zimmermann.
Zudem belegt die Studie, dass eine gute 2. Säule ein wichtiges Argument
ist, um geeignete Mitarbeitende rekrutieren und halten zu können.
www.hslu.ch/ifz-publikationen
Gut behütet in den dritten Lebensabschnitt: Die KMU machen bei der Vorsorge
von ihrer Wahlfreiheit tatkräftig Gebrauch.
Schneller
Wandel
Saubere Energie
Die AXA Winterthur unterstützt
die «Energy Challenge 2016», die
erste schweizweite Kampagne
zur Sensibilisierung der Bevölke-
rung für mehr Energieeffizienz
und erneuerbare Energien. Die
Challenge verläuft durch neun
Schweizer Städte und wird dort
jeweils spielerisch die Energie-
spar-potenziale aufzeigen. Zudem
werden prominente Ambassado-
ren gemeinsam mit der Bevölke-
rung Energiesparaufgaben lösen.
Am ersten nationalen Rentnertag
begrüsste die AXA Winterthur
über 700 ehemalige Mitarbei-
tende. Der Austausch zwischen
den Generationen machte deut-
lich, wie stark sich die Arbeits-
welt in den letzten Jahren geän-
dert hat.
Verantwortung
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Firm
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1501/2016 Meine FIRMA
Ruhig sitzen ist ungesund
Immer mehr Menschen gehen einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit nach. Zwei Experten für Ergonomie erklären, welche Risiken
damit einhergehen – und wie man Problemen vorbeugen kann.
Die Bevölkerung der Schweiz verbringt durchschnitt-
lich vier bis fünf Stunden pro Tag auf einem Stuhl.
Als Chauffeur, kaufmännische Angestellte, Kassierer
oder Informatikerin dürften es deutlich mehr sein.
Bei der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung
(SAKE) des Bundesamtes für Statistik gab rund ein
Sechstel an, über achteinhalb Stunden zu sitzen.
Als Jäger und Sammler waren unsere Vorfahren
ständig unterwegs und legten täglich 15 bis 20 Ki-
lometer zu Fuss zurück. Heute knacken wir knapp
die Kilometergrenze. Wer mit dem Auto zur Arbeit
fährt, in der Tiefgarage den Lift nimmt, vor Ort zu
Mittag isst und den Abend vor dem Fernseher ver-
bringt, schafft nicht einmal das. Dies hat negative
Auswirkungen. Verspannungen und Rückenprob-
leme sind nur die Spitze des Eisbergs, andere gesund-
heitliche Probleme wie Übergewicht, Herz-Kreislauf-
Erkrankungen und gar Depressionen werden von
übermässigem Herumsitzen begünstigt.
Vor einiger Zeit tauchte die Behauptung auf, Frei-
zeitsport reiche nicht aus, um die negativen Folgen
des Sitzens zu kompensieren. Australische Wissen-
schaftler sagen, dass eine Stunde Fernsehen das Le-
ben durchschnittlich um 22 Minuten verkürze. Zum
Vergleich: Eine Zigarette zu rauchen, setze die Le-
benserwartung nur um 11 Minuten herab.
«Tatsache ist, dass unsere Sitzkultur mit einem passiven Lebensstil einhergeht – unddieser ist ein gesundheitliches Risiko.»
Hansjörg Huwiler vom Zentrum für Arbeitsmedizin,
Ergonomie und Hygiene AG in Zürich
Schultern entspannen, den Nacken lang ziehen, das Kinn runter: Physiotherapeutin
Esther Graf zeigt einer AXA-Mitarbeiterin, wie die Haltung optimal ist. Häufiger Positionswechsel
hilft auch, Beschwerden zu vermeiden.
Foto
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Jola
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Meine FIRMA 01/2016
ARBEITSPLATZGESTALTUNG
16
Stillsitzen entspricht uns nichtHansjörg Huwiler vom Zentrum für Arbeitsmedizin,
Ergonomie und Hygiene AG (www.aeh.ch) in Zürich
steht solchen Berichten kritisch gegenüber. «Es ist
enorm schwierig, die relevanten Faktoren sauber zu
erheben und voneinander abzugrenzen. So gibt es
Menschen, die sich auf dem Stuhl viel bewegen, und
solche, die während Stunden fast bewegungslos da-
sitzen. Tatsache ist, dass unsere Sitzkultur oft mit ei-
nem passiven Lebensstil einhergeht – und dieser ist
definitiv ein gesundheitliches Risiko», differenziert
Huwiler. Schädlich ist in erster Linie das Verharren
in einer statischen Position. Es entspricht schlicht-
weg nicht dem Design des menschlichen Körpers.
Als Ergonom und Berater unterstützt Huwiler Un-
ternehmen beim betrieblichen Gesundheitsmanage-
ment. Viele Firmenchefs haben erkannt, dass eine
gesunde und fitte Belegschaft Gold wert ist und es
sich auszahlt, in Prävention zu investieren. «Hierzu-
lande geniessen wir einen guten Standard, was er-
gonomische Büroeinrichtung betrifft», so Huwiler.
Individuell einstellbare Bürostühle seien selbstver-
ständlich; nicht wenige hätten sogar moderne Sitz-/
Stehpulte. «Das Problem liegt bei der Handhabung»,
erklärt er. «So mancher macht sich gar nicht erst
die Mühe, seinen Arbeitsplatz individuell anzupas-
sen – oder er weiss nicht, worauf es ankommt. Dabei
liesse sich dort extrem viel herausholen.» Eine Beob-
achtung, die übrigens auch die
Physiotherapeutin Esther Graf
bestätigt (vgl. Interview).
Tricks für mehr BewegungDie Schulung von Mitarbeiten-
den ist also wesentlich. Diese
kann einerseits vom Arbeit-
geber initiiert und organisiert
werden. Andererseits gibt es
online jede Menge Informati-
onen, etwa Anleitungen zum
korrekten Einstellen von Mo-
biliar und allgemeine Gesund-
heitstipps für «Bürogummis».
Das erworbene Know-how um-
zusetzen, bedingt aber Diszi-
plin und Ausdauer. «Doch die
Minute, die man zum Beispiel
an einem ‹Shared Desk› mor-
gens braucht, um seinen Arbeitsplatz zu optimieren,
lohnt sich auf jeden Fall», betont Huwiler. Auch rät
er, sich zunächst eine einfache Übung vorzunehmen
und diese mit etwas zu verknüpfen, das man regel-
mässig tut – wie Kaffee oder Wasser holen. «Solche
Tricks helfen, die eigenen Gewohnheiten zu ändern.
Zu Beginn mag dies Überwindung kosten. Doch
plötzlich möchte man nicht mehr darauf verzich-
ten.» Über die Jahre wird es einem die Gesundheit
danken. Anina Traub
Frau Graf, Sie besuchen Ihre
Klienten am Arbeitsplatz.
Welches sind die häufigsten
Missstände, die Sie vorfinden?
Der beste Bürostuhl nützt nichts,
wenn seine Hebel und Knöpfe
ignoriert werden. Es gibt Büro-
angestellte, die immer sitzend
arbeiten, obwohl sie über ein
Stehpult verfügen. Und die
meisten haben ihre Bildschirme
völlig falsch eingestellt.
Wieso ist denn das Anpassen
der Bildschirme so wichtig?
Weil hier eine häufige Ursache
für Fehlhaltungen liegt. Höhe,
Neigung sowie die Position der
Monitore auf dem Arbeitspult
müssen stimmen. Da hat sich im
Vergleich zu früher, als wir noch
Röhrenbildschirme hatten,
einiges verändert. Insbesondere
Träger von Gleitsichtbrillen
sollten darauf achten, dass sie
das Kinn zum Lesen auf dem
Bildschirm nicht unnatürlich
anheben. Stattdessen sollte
man einen langen Nacken
machen, bis man ein Doppelkinn
hat – dann ist die richtige
Kopfhaltung erreicht. Sonst
drohen mit der Zeit Kopfschmer-
zen, Verspannungen und
Schulterbeschwerden.
Was kann ein Vielsitzer für seine
Gesundheit tun, ohne viel Zeit
zu investieren?
Die Treppe statt den Lift
benutzen. Und während des
«Auf Körpersignale achten» Esther Graf ist ausgebildete Physiotherapeutin und im Rahmen von Employee Care bei der AXA Winterthur tätig. Sie führt individuelle Ergonomieberatungen und interne Schulungen durch.
Tages für viel Abwechslung
sorgen – die Position verändern,
zwischendurch aufstehen, sich
strecken, ein paar Schritte
machen. Die wenigen Minuten,
die man dabei «verliert», sollte
sich jeder leisten. Kurzpausen
wirken sich positiv auf die
Konzentration aus, und man
arbeitet dadurch viel effizienter.
Und was raten Sie als Ergono-
mie-Expertin einem Unterneh-
mer, dem die Gesundheit seiner
Mitarbeitenden am Herzen
liegt?
Ich erlebe oft, dass es die
Mitarbeitenden ungemein
motiviert, wenn sie plötzlich
Zusammenhänge verstehen. Ein
Beispiel: Viele wissen nicht,
dass ihre Bandscheiben nur
durch Be- und Entlastung mit
Wasser und Nährstoffen versorgt
werden. Vor diesem Hintergrund
bewegt man seinen Rücken
gerne etwas mehr. Eine Ergono-
mieschulung kann deshalb
sinnvoll sein. Doch zuallererst
sollte ein Unternehmer dafür
sorgen, dass Ergonomie im Büro
zum Thema wird. Sensibilisieren,
diskutieren, Interesse wecken –
das ist schon die halbe Miete.
Dabei muss das Ziel sein, dass
wir wieder lernen, auf die Signale
unseres Körpers achtzugeben.
.
Gesunde Mitarbeitende/
Die AXA Winterthur bietet
ihren Unternehmenskunden
verschiedene Dienstleistun-
gen im betrieblichen Gesund-
heitsmanagement an. Diese
unterstützen die Unternehmen
dabei, die Gesundheit der
Mitarbeitenden zu fördern.
Neu ist auch eine Broschüre
über Ergonomie am Arbeits-
platz erhältlich. Weitere
Informationen unter
www.axa.ch/bgm
Esther Graf,
Physiotherapeutin
AXA Winterthur
ARBEITSPLATZGESTALTUNG
1701/2016 Meine FIRMA
Foto
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Deru
ngs
Die GmbH ist für die Jungunternehmer Lukas Schwarzenbacher und Susanne Früh die optimale Rechtsform für ihre Islandart.
18Meine FIRMA 01/2016
WACHSTUM: DIE PASSENDE RECHTSFORM
«Jeder Kunde ist wie eine ein-
zigartige Insel», erklärt Lukas
Schwarzenbacher mit leb-
hafter Gestik. So spricht ein
Künstler, der seine Kunst nie
in standardisierte Angebots-
schablonen unterteilen will.
Für den 27-jährigen Filmregis-
seur, Fotografen und Webde-
signer erfordern individuelle
Bedürfnisse einen individu-
ellen, nicht kopierbaren Lö-
sungsansatz, sozusagen einen
«Insel-Service». Diese Philoso-
phie haben sich Schwarzenba-
cher und seine Geschäftspart-
nerin Susanne Früh (26) auf
die Fahne geschrieben. Ihre
Agentur für Film, Foto, Web
und Grafik, die sie vor drei
Jahren in Winterthur gegrün-
det haben, heisst sinniger-
weise Islandart GmbH.
GmbH als beliebteste Rechtsform für Start-upsDer Schritt ins Unternehmertum wird in der Schweiz
Jahr für Jahr tausendfach gewagt. Gemäss den aktu-
ellsten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS)
wurden 2013 hierzulande 5202 GmbHs gegründet.
Die Rechtsform ist bei Start-ups am beliebtesten, ge-
folgt von der Einzelfirma mit 4638 und Aktiengesell-
schaft mit 2432 Neugründungen.
Was sprach bei Islandart für die Rechtsform
GmbH? Zuerst nichts. Als Schwarzenbacher und
Früh den Namen für die Firma gefunden hatten,
Passende Rechtsform erhöht Firmen-FitnessErfolg, Prosperität und Wachstum wünschen sich alle KMU. Ein Mittel dazu ist die Wahl der richtigen Rechtsform. Was bei der Gründung richtig ist, kann schon bald überholt sein. Die Entwicklung und Ausrichtung des Geschäfts bestimmt über die Frage Einzelfirma, GmbH oder AG wesentlich mit.
kreierten sie sofort Logo und Website und druckten
Visitenkarten. «Es herrschte Sturm und Drang, wir
wollten einfach nur loslegen», erinnert sich Schwar-
zenbacher. Rasch kamen Aufträge von kleinen Fir-
men, Verbänden und Privatpersonen herein.
In die Euphorie des Starts mischten sich Beden-
ken, ob die Einzelfirma oder einfache Gesellschaft für
Islandart die passende Rechtsform ist. Früh schlug vor,
die Risiken von Beginn weg zu beschränken und eine
GmbH zu gründen. «Zu oft hatte ich gerade im künst-
lerisch-grafischen Umfeld von Selbständigen gehört,
die Privatbankrott erlitten, weil sie nicht genügend
abgesichert waren.» Lukas Schwarzenbacher ist froh
um die damalige Weitsicht seiner Geschäftspartnerin.
«Gerade weil wir für unsere Kundenprojekte auch
auf externe Partner wie Druckereien zurückgreifen,
könnte eine hundertprozentige Privathaftung im
Schadensfall für uns das Ende bedeuten.»
Die erforderlichen 20’000 Franken Gründungska-
pital für die GmbH brachten er und Susanne Früh
problemlos zusammen. Hinzu kamen für das Grün-
dungsverfahren Kosten von rund 2000 Franken. Da-
von 875 Franken pauschal für den offiziellen GmbH-
Gründungsakt inkl. Notariatsgebühren. Das sei zwar
teurer als die 375 Franken, die sie für die Eintragung
einer Einzelfirma benötigt hätten, die zudem kein
Meine Firma
Die Islandart GmbH wurde
2012 in Winterthur gegründet
und bietet ihren Kunden mass-
geschneiderte PR- und Kom-
munikationsdienstleistungen
in den Sparten Film, Foto, Web
und Grafik. Nach dem Motto
«Alles aus einer Hand» möch-
ten die Firmengründer Lukas
Schwarzenbacher und Susanne
Früh für ihre Auftraggeber
ganzheitliche und individuelle
Lösungen kreieren. Islandart
hat sich bis heute einen klei-
nen Kundenstamm an Firmen,
Organisationen und Privatper-
sonen erarbeitet und möchte
schrittweise wachsen. Zurzeit
ist neben den Gründern eine
weitere Person im Teilzeitpen-
sum angestellt.
www.islandart.ch
Meine FIRMA1901/2016
WACHSTUM: DIE PASSENDE RECHTSFORM
«Zu oft hatte ich im künstlerischen Umfeld von Selbständigen gehört, die einen Privatbankrott erlitten.»
Susanne Früh, Co-Gründerin Islandart GmbH
Startkapital erfordert. «In Ab-
wägung der möglichen Risi-
ken war für uns die GmbH die
optimale Lösung», sind sich
die zwei einig.
Ihre Beliebtheit verdankt
die GmbH bei Jungunterneh-
men der Revision des GmbH-
Rechts im Jahr 2008. Seither
kann sie von einer statt zuvor
mindestens zwei Personen
gegründet werden. Zudem ist
das Gesellschaftskapital der
GmbH nicht mehr auf maxi-
mal zwei Millionen Franken
beschränkt, sondern kann
beliebig erhöht werden. Dies
stellt die GmbH statutarisch
auf eine Stufe mit der AG.
Das hat Folgen. Zwischen
2011 und 2013 hat die ge-
samtschweizerische Anzahl der GmbHs im Segment
der Kleinunternehmen mit 1 bis 10 Vollzeitstel-
len resp. Vollzeitäquivalenten von 73’664 auf über
81’943 stark zugenommen und jene der AGs (2011:
78’415 / 2013: 81’355) sogar übertroffen. Anders ver-
teilen sich die Gewichte bei grösseren Unternehmen.
Unter den Schweizer Firmen mit 10 bis 50 Vollzeit-
äquivalenten gab es 2013 laut BFS-Statistik 24’896
AGs und 4182 GmbHs. Noch extremer ist die Domi-
nanz bei den Firmen mit 50 bis 250 Vollzeitäquiva-
lenten, wo 5496 AGs 323 GmbHs gegenüberstehen.
Einzelfirma wird Holding AG mit GmbH-TöchternZu diesen Betrieben gehört mit rund 45 Mitarbei-
tenden die Pomcany’s Marketing AG in Zürich. Das
Traditionsunternehmen feiert heuer sein 40-jähri-
ges Bestehen und blickt auf eine bewegte Vergan-
genheit mit Umfirmierungen, Akquisitionen und
Fusionen sowie Wechseln von Sitz und Rechtsform
«Klar wäre es toll, wenn wir irgendwann als Islandart AG auftreten könnten.»
Lukas Schwarzenbacher, Co-Gründer Islandart GmbH
Meine Firma
Die Pomcany’s Marketing AG
und die Stutz Druck AG mit
Sitz in Zürich, Solothurn und
Wädenswil sind spezialisiert
auf strategische Beratungen,
die Konzeption und vollständige
Umsetzung von Marketing-
und Kommunikationszielen für
Kunden aus unterschiedlichen
Branchen. Das Unternehmen
wurde 1976 unter dem Namen
Modernsatz gegründet und hat
sich von einer Layout-Setzerei
innert vier Jahrzehnten zum
umfassenden Medienhaus mit
eigenem Druckzentrum ent-
wickelt. Die beiden Unterneh-
men beschäftigen heute rund
45 Mitarbeitende an drei
Standorten.
www.pomcanys.ch www.stutz-druck.ch
Pomcany’s hat verschiedenste Namens- und Rechtsformwechsel hinter sich. Der Gründer Rudolf Stutz (Mitte) überträgt sein
Lebenswerk nun schrittweise dem Geschäftsführer Daniel Beyeler und seiner Tochter Ashley Stutz.
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20Meine FIRMA 01/2016
WACHSTUM: DIE PASSENDE RECHTSFORM
zurück. Der damals 24-jährige Schriftsetzer Rudolf
Stutz gründete 1976 mit zwei Partnern in Solothurn
eine Layout-Setzerei mit dem Namen Modernsatz.
Er startete als Einzelfirma respektive Kommandit-
gesellschaft.
Nach dem Kauf einer Druckerei in Zürich wuchs
die Mitarbeiterzahl auf 30, was 1990 zur Umwand-
lung in die Modernsatz AG führte. «Mit dem Wachs-
tum stiegen die Risiken, was den Schritt zur AG not-
wendig machte», erinnert sich Rudolf Stutz. Weitere
zehn Jahre später fusionierten Modernsatz und die
Zürcher Druckerei zur Pomcany’s Marketing AG.
Das Unternehmen wurde als Holding aufgestellt und
funktionierte nun wie ein kleines Medienhaus.
Unter dem Dach der Pomcany’s Holding AG grün-
dete Stutz nach 2000 mehrere dezentrale Kunden-
center, die als eigenständige GmbHs in den Räumlich-
keiten von strategisch wichtigen Kunden agierten.
2006 tätigte der umtriebige Unternehmer seine vor-
läufig letzte Akquisition. Er kaufte die Stutz Druck
AG in Wädenswil und lagerte die Druckaktivitäten
der Pomcany’s Marketing AG an den oberen Zürich-
see aus. Die Stutz Druck AG wird heute als 100-Pro-
zent-Tochter der Pomcany’s Holding AG geführt und
Ende 2016 in Stutz Medien AG umfirmiert.
AG als Vertrauensbasis für die KundschaftSein Lebenswerk überträgt der 65-jährige Patron
nun in die Hände des frisch ernannten Pomcany’s-
Geschäftsführers Daniel Beyeler und seiner Tochter
Ashley Stutz, die als Kommunikationsleiterin mit
digitaler Affinität die New-Brand-Kampagne «Stutz
Druck wird Stutz Medien» orchestriert. «Die zahlrei-
chen Namens- und Rechtsformwechsel haben uns
über die Jahre zwar tausende von Arbeitsstunden
und einen hohen finanziellen Aufwand gekostet,
waren unter dem Strich aber stets gut investiertes
Geld», so die Überzeugung von Rudolf Stutz.
Von einem administrativen Aktionismus ist die
Islandart GmbH in Winterthur vorderhand weit ent-
fernt. Sie muss sich erst operativ etablieren und lang-
sam wachsen. «Klar wäre es toll, wenn wir irgend-
wann als Islandart AG auftreten könnten», träumt
Lukas Schwarzenbacher. Allein der Fakt, dass ein
Unternehmen genügend Umsatz zur Finanzierung
des AG-Gründungskapitals von 100’000 Franken
erwirtschafte, schaffe bei Kunden Vertrauen. «Aber
selbst eine breitere finanzielle Basis unseres Unter-
nehmens wird nichts daran ändern, dass wir jeden
einzelnen Kunden auch zukünftig auf seiner indivi-
duellen ‹Bedürfnisinsel› abholen.» Robert WildiQuellen:
Gru
enderp
ort
al.ch /
Bundesam
t fü
r S
tatistik (
BFS
)
Harry Affolter,
dipl. Wirtschaftsprüfer
und Partner,
BDO AG Grenchen
«Mit dem Wachstum stiegen die Risiken, was den Schritt zur AG notwendig machte.»
Rudolf Stutz, Inhaber der Pomcany’s Holding AG
2101/2016
WACHSTUM: DIE PASSENDE RECHTSFORM
Meine FIRMA
«Der Nutzen sollte entscheidend sein»
Welches sind gemäss Ihrer Er-
fahrung die häufigsten Gründe,
weshalb Firmen ihre Rechtsform
wechseln?
Oft werden in der Start-up-Phase
der Einfachheit halber Personen-
gesellschaften wie Einzelfirmen
oder Kollektivgesellschaften
gewählt. Mit zunehmendem
Wachstum werden sie meist
in juristische Gesellschaften
wie GmbHs oder AGs umge-
wandelt. Grössenverhältnisse,
Haftungsfragen, die Abgrenzung
zwischen Geschäftsvermögen
und Privatvermögen sowie die
Handelbarkeit der Inhabertitel
sind die wichtigsten Gründe für
den Wechsel der Rechtsform. Bei
schon etablierten Unternehmen
ist häufig die bevorstehende
Nachfolgeregelung ein Grund für
den Wechsel der Rechtsform.
Gerade vor Nachfolgeprozessen
wird vor allem aus steuerlichen
Gründen oft die Umwandlung in
eine GmbH oder AG empfohlen.
Auch von Ihnen?
In vielen Fällen macht dies Sinn.
Aber nicht immer. Statt einer
Umwandlung lohnt sich bei
bestimmten Nachfolgekonstella-
tionen auch der Schritt, eine Per-
sonengesellschaft zu liquidieren,
und der Nachfolger entscheidet
frei, wie er seine Unternehmung
juristisch organisiert. Das hängt
mit dem Vorteil der privilegierten
Besteuerung der Liquidationsge-
winne zusammen. Ich empfehle
deshalb jedem Unternehmer,
mindestens zehn Jahre vor der
geplanten Nachfolgeregelung
seiner Firma alle Szenarien mit
einem Spezialisten eingehend zu
diskutieren.
Sind Rechtsformwechsel nicht
jedes Mal mit hohen Kosten
verbunden?
Es kommt darauf an, von welcher
zu welcher Rechtsform gewech-
selt wird. Seit dem Wegfall der
Revisionspflicht für kleinere Un-
ternehmen mit weniger als zehn
Vollzeitstellen fallen für diese
bei einem Rechtsformwechsel
die Revisionskosten nicht mehr
an. Die Kosten für juristische
Arbeiten und allenfalls eine
Prüfungsbestätigung zum Grün-
dungsbericht sind meist auch
kein Hinderungsgrund. Teuer
sind allenfalls die Kosten für den
neuen Internetauftritt, Drucksa-
chen etc. Solche Kosten sind
aber einmalig. Darum sollte beim
Entscheid für einen Rechtsform-
wechsel nicht dieser einmalige
Kostenblock, sondern der lang-
fristige Nutzen im Vordergrund
stehen.
myclimate ist Ihr Partner
für wirksamen Klimaschutz –
lokal und global.
Mit Beratung, Bildung und
Klima schutzprojekten
wollen wir gemeinsam mit
Ihnen die Zukunft
unserer Welt gestalten.
AXA kooperiertSeit Januar 2016 arbeitet die AXA Winterthur mit dem nationalen
Exportförderer Switzerland Global Enterprise (S-GE) zusammen, um
Schweizer KMU mit internationalen Geschäftsvorhaben noch um-
fassender zu unterstützen. Eine konsequente internationale Vernet-
zung zählt zu den wenigen Wachstumsstrategien für Unternehmen
in einem schwierigen Wirtschafts- und Währungsumfeld. Daher ver-
folgen immer mehr KMU eine Internationalisierungsstrategie und
suchen nach attraktiven Absatzmärkten im Ausland.
Ein solches Exportprojekt ist jedoch äusserst komplex, insbeson-
dere wenn es sich um einen fernen Markt handelt. Es bedarf einer
gründlichen Marktanalyse und einer guten Vorbereitung sowie ganz
spezifischer Versicherungslösungen, um Risiken im internationalen
Waren- und Zahlungsverkehr zu kontrollieren.
Als Spezialist für Internationalisierung unterstützt
S-GE im Auftrag des Staatssekretariats für Wirt-
schaft (SECO) Schweizer KMU dabei, Exportmög-
lichkeiten im Ausland zu ermitteln und wahrzu-
nehmen. Die AXA unterstützt die Firmen dabei, wie sie für Standorte
und Tätigkeiten im Ausland die richtige Versicherungslösung finden.
Ein Highlight der neuen Partnerschaft steht am 21. April 2016 an, wo
die AXA Winterthur am von S-GE organisierten Aussenwirtschafts-
forum 2016 zahlreiche Firmeninhaber willkommen heissen wird.
Unter anderem werden die Experten der AXA Winterthur an einer
Break-out-Session über das Thema Cyberkriminalität informieren.
Switzerland Global Enterprise (S-GE) mit Ruth Metzler als Verwaltungsrats-
präsidentin und die AXA Winterthur unterstützen KMU gemeinsam.
AXA
hilft
AXA
chattet Zur besseren und schnelleren
Information der Öffentlichkeit hat
die AXA Winterthur einen neuen
digitalen Informationskanal ent-
wickelt: Im Unternehmensblog
unter https://blog.axa.ch wird lau-
fend über neueste Entwicklungen
informiert. Alle Artikel lassen sich
kommentieren, und jeder kann
Themen vorschlagen, über die er
gerne auf dem Blog lesen würde.
blog.axa.ch
Als erster Versicherer der Schweiz
bietet die AXA Winterthur einen
24-Stunden-Service für Anfragen
über Facebook oder Twitter an
sowie eine Live-Chat-Hilfe bei der
Online-Schadenmeldung.
Erfolg
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Meine FIRMA2301/2016
Viele Helfer für 20 Stühle Wenn viele wenig zahlen, kommen auch grosse Summen zusammen.
Mit denen können grosse und kleine Projekte finanziert und neue Unternehmen gegründet werden. Die Crowd macht vieles möglich.
«Crowdfunding ist eine geniale Chance. Es ermög-
licht Newcomern, ihre Ideen umzusetzen.» Daniel
Baumgartner muss es wissen. Der Jungunternehmer
hat gemeinsam mit einem Kollegen einen Bürostuhl
mit einer neuen Dynamik entwickelt, die Rücken-
verspannungen löst. Im März 2014 war der Prototyp
nach vier Jahren Entwicklungszeit fertig. Doch um
in Produktion gehen zu können, brauchte die junge
Firma rotavis Kapital. Die beiden Biomechaniker be-
schlossen, auf der Crowdfunding-Plattform 100 Days
ein Projekt zu lancieren, um die ersten 20 Stühle
zu finanzieren. Wer mindestens 1000 Franken bei-
trug, konnte sich im Voraus ein Exemplar der ersten
Tranche sichern.
Viele zahlen wenigDas Prinzip der «Schwarmfinanzierung» ist einfach:
Ein Initiant stellt eine Idee online vor und legt den
benötigten Zielbetrag fest, um das Projekt zu reali-
sieren. Während einer begrenzten Frist kann jeder,
der auf der jeweiligen Plattform einen Account hat,
«Booster» werden, also das Projekt finanziell unter-
stützen. Meist erhält er im Gegenzug ein symboli-
sches Geschenk als «Goodie» oder gleich das Produkt
selbst, wie im Beispiel von rotavis. Wird das Ziel bis
zum Aktionsende erreicht oder übertroffen, erhält
der Initiant den vollen Betrag, der zusammengekom-
men ist. Andernfalls ist die Sammlung gescheitert,
und alle Transaktionen werden rückgängig gemacht.
Für Baumgartner und seinen Geschäftspartner
ging die Rechnung auf. Nach nur einer Woche hat-
ten sie den angestrebten Betrag von 20’000 Franken
für ihren Ergonomiestuhl erreicht. Und bis zum
Ende der Aktion übertraf die aus der Crowd zusam-
mengekommene Summe das Finanzierungsziel um
das Dreifache. «Der Ansturm hat uns überrascht», Foto
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g
Daniel Baumgartner (l.) und Lukas Gossweiler hätten ohne Crowdfunding nicht in die Produktion ihrer Bürostühle gehen können.
24Meine FIRMA 01/2016
CROWDFUNDING
erzählt Baumgartner. «Bevor wir unsere Aktion auf-
schalteten, kam uns schon ab und zu der Gedanke,
dass die Messlatte zu hoch gesteckt sein könnte. Die
Angst vor dem Flop sitzt wohl jedem im Nacken.
Doch dann zeigten die vielen positiven Reaktionen
rasch, dass der Markt Potenzial bietet.» Mindestens
ebenso wertvoll wie das Startkapital sei die Publicity,
betont der diplomierte Maschineningenieur ETH.
«Die Community von 100 Days hat unser Produkt
nun schon gesehen, unseren Namen schon gehört.
Und wenn die Kunden der ersten Stunde zufrieden
sind, ist das die beste Werbung.»
Von Massanzügen bis GrünteeWie rotavis haben in den letzten Jahren diverse
Schweizer Start-ups diese Art der Kapitalbeschaffung
genutzt – so etwa die SuitArt AG aus Zürich, die seit
2009 Qualitätsanzüge nach Mass schneidert. Um das
Geschäft zum Fliegen zu bringen, hatten 24 Inves-
toren den Jungunternehmern David Bachmann und
Mathias Böhm rund 549’000 Franken zur Verfügung
gestellt. Inzwischen besitzt SuitArt Niederlassungen
in acht Schweizer Städten. Auch NiceT, ein mit Ste-
via gesüsster Grünteeaufguss, stände heute kaum
in den Regalen von Manor Food, hätte Storms, der
Westschweizer Hersteller des biologischen Trendge-
tränks, nicht Starthilfe in der Crowd gefunden.
Start-ups und KMU auf der Suche nach Kapital ste-
hen mehrere Formen von Crowdfinancing offen. Mit
Crowdfunding erhält der Projektverantwortliche
Geld ohne eine monetäre Verpflichtung einzugehen.
Beim Crowdinvesting beteiligt er den Investor am Un-
ternehmen, und durch Crowdlending erhält er einen
Kredit bzw. ein Darlehen gegen Zins. Auch dies ist
für junge Firmen interessant, da für sie der traditio-
nelle Weg der Mittelbeschaffung mangels Garantien
nur bedingt funktioniert. Eine Alternative zur Bank
bietet beispielsweise Cashare, die älteste Social-Len-
ding-Plattform der Schweiz. c-crowd bringt ebenfalls
Investoren und Jungunternehmer zusammen. Wer
sich bewirbt, wird von den Betreibern der Plattform
geprüft. Ausserdem erhalten potenzielle Geldgeber
Einblick in die Unternehmenszahlen.
Emotio geht vor RatioAuf den ersten Blick wirkt insbesondere Crowdfun-
ding, das geschenktes Kapital verspricht, höchst
verlockend. Doch die Statistik zeigt, dass es sich
keineswegs um ein Wundermittel mit Erfolgsga-
rantie handelt. Die Chancen, ein Finanzierungsziel
auf diesem Weg zu erreichen, stehen etwa 50:50.
«Die vielen positiven Reaktionen zeigten rasch, dass der Markt Potenzial bietet.»
Daniel Baumgartner,
Geschäftsführer und Gründer rotavis AG
Chancen und Risiken beim Crowdfunding
Vorteile und Chancen
für Start-ups …
-
hende Communities)
-
-
… und für Investoren
Faktor)
sehr hohe Rendite
begrenztes Verlustrisiko)
Nachteile und Risiken
für Start-ups …
das Geld zurückzuzahlen
… und für Investoren
auch Gescheiterte an)
Risiko-Verhältnis
normalerweise vornehmen,
hier zu teuer ist)
Mit einer Erfolgsquote von knapp 70 Prozent ge-
hört die grösste Schweizer Crowdfunding-Plattform
wemakeit zu den Spitzenreitern. Von den global
weit über 500 Plattformen verzeichnen viele mehr
Flops als Hits. Beim US-Riesen Kickstarter gehen von
100 Projekten über 60 unter. Betrachtet man die
Option einer Crowdfinanzierung näher, treten wei-
tere Nachteile zu Tage (siehe Box). Damit eine Crowd-
funding-Aktion gelingt, gilt es einiges zu beachten.
Als Erstes sollte man prüfen, ob das eigene Geschäfts-
modell für Schwarmfinanzierung geeignet ist. Ideal
sind überschaubare, klar umrissene Projekte. Die
Unterstützer wollen möglichst genau wissen, wo-
für ihr Geld verwendet wird. Besonders gut stehen
die Chancen für Produkte, die Emotionen wecken,
selbst beim Crowdinvesting – denn Kleinstanleger
sind eher bereit, ihrem Bauchgefühl zu folgen, als
ein nüchterner Investmentbanker. Anina Traub
25 Meine FIRMA01/2016
CROWDFUNDING
Das Kloster Engelberg
prägt das Bergtal seit bald
900 Jahren.
Seit 2010 leitet Abt Christian das Kloster: «Ich habe in den letzten fünf Jahren einiges dazugelernt.»
Meine Firma
Das Benediktinerkloster
Engelberg prägt die Geschichte
des Bergtales seit seiner
Gründung im Jahr 1120.
Die heutigen Tätigkeiten der
22 Mönche erwuchsen aus
den Bedürfnissen des Ortes.
Zum Kloster gehören auch
verschiedene Handwerksbe-
triebe, die heute weitgehend
von den rund 120 angestellten
Kräften geführt werden. Ein
weiterer Wirtschaftszweig ist
die Gastfreundschaft des
Klosters. Privatleute können
im Kloster übernachten, am
Klosterleben teilnehmen, und
grössere Gruppen oder Firmen
können im Kloster Engelberg
Seminare abhalten.
www.kloster-engelberg.ch
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WACHSTUM
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Finden Sie nicht, es sei ein Widerspruch, wenn eine christliche Gemeinschaft wie die Ihre doch letztlich recht weltlich und profitorien-tiert wirtschaftet?Ja und nein. Wir haben ja unsere Aufgaben, die wir
finanzieren beziehungsweise mitfinanzieren
müssen: Stiftsschule, Pfarrei, Klosterbetriebe.
Hinzu kommt unsere Mission in Kamerun, wo wir
seit 1932 tätig sind. Seit zwei Jahren betreiben wir
ein grosses Landwirtschaftsprojekt, bei dem es um
eine mögliche Zukunft des Dorfes Nom-Nam geht.
Auch hier kennt man die Auswanderung der
Jungen in die Städte, da in den Dörfern keine
Zukunft mehr zu liegen scheint. Das ist eine
Initiative, die eine Initialzündung braucht, sprich
eine Anstossfinanzierung, und dafür braucht es
halt Geld. Von daher leben auch wir nicht nur vom
Gebet allein! (Lacht.)
Das Kloster Engelberg führt sechs Betriebe. Arbeiten diese gewinnorientiert, wie jede andere Firma auch?Wir sind nicht gewinnorientiert in dem Sinne, wie
es die heutige Welt versteht, die nach immer mehr
Profit strebt. Aber einen Gewinn sollten wir
erzielen, weil wir viele Gebäude haben, die wir
«Die Mitbrüder müssen die Strategie mittragen» Abt Christian, der «Chef» des Klosters Engelberg, über die Notwendigkeit des Strebens nach Gewinn, über regionale Verantwortung und den Wunsch, manchmal doch noch wie früher Gesetze erlassen zu dürfen.
unterhalten müssen, und auch weil wir eine
wirtschaftliche Verantwortung für den Standort
Engelberg und unsere 120 Angestellten tragen.
Das Kloster Engelberg beherbergt unter seinem Klosterdach drei Schulen mit fast 300 Schülern und Schülerinnen. Können Sie zu dieser aussergewöhnlichen Schulland-schaft etwas sagen? Die Stiftsschule hat jahrzehntelang ein Defizit
eingefahren. In den wirtschaftlich guten Jahren fiel
das nicht weiter ins Gewicht, aber das Kloster
konnte das Geld, das in die Stiftsschule f loss,
natürlich auch nicht auf die Seite legen. Vor sechs
Jahren musste dann ein klarer Schnitt gemacht
werden, und die Stiftsschule wurde neu ausgerich-
tet und strukturiert. Heute sind das Internat und
das Gymnasium mit IB und eidgenössischer
Matura ganz in Klosterhand. Die IOS (Integrative
Orientierungsschule) wird von der Gemeinde
geführt und ist unter dem Klosterdach eingemietet,
ebenso wie die Sportmittelschule Engelberg. Wir
haben heute also drei ganz unterschiedliche
Schulen unter einem Dach.
Die Schaukäserei ist der einzige Betrieb, der einen eigenen Eintrag im Handelsregister hat und demnach selbständig ist. Wie kommt es zu dieser Sonderstellung?Bis vor rund 15 Jahren gehörte die Käserei zum
Kloster, aber der Sbrinz hatte in der Art und Weise,
wie wir ihn in unserer alten Klosterkäserei herstell-
«Wir sind nicht gewinnorientiert in demSinne, wie es die heutige Welt versteht, die nach immer mehr Profit strebt.»
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ten keine Zukunft. Da kamen wir auf die Schau-
käserei. Die Familie Odermatt hat dann die Pacht
übernommen und das Produkt und die Marke der
Schaukäserei auf die Beine gestellt.
Können die einzelnen Betriebe nicht quer-subventioniert werden?Das geht bis zu einem gewissen Grad, sollte aber
im Normalfall nicht stattfinden. Eigentlich sollten
alle Betriebe zumindest einen kleinen Ertrag
erzielen, damit es einen Gesamtgewinn gibt.
Profitieren Sie von der Kirchensteuer?Nein, als Benediktinerkloster bekommen wir nichts
von der Kirchensteuer. Es sei denn, Landeskirchen
oder Pfarreigemeinden sprechen uns etwas zu, zum
Beispiel für die Renovation der Klosterkirche. Das
Kloster ist eine Stiftung nach altem Kirchenrecht.
Steuerrechtlich wird das Kloster als Stiftung gemäss
geltendem Zivilrecht behandelt. Aufgrund des
überwiegenden Kultusteils und des öffentlich-
gemeinnützigen Teils gegenüber dem untergeordne-
ten Erwerbsteil ergibt sich eine Objektbesteuerung
bzw. eine Besteuerung des steuerbaren Kapitals.
Tragen Sie als Abt die Gesamtverantwortung für das Kloster und alle Betriebe?Ja, der Abt muss immer den Kopf hinhalten, ob
positiv oder negativ! (Lacht.) Dazu kommt aber,
dass der Konvent eingebunden ist in grundlegende
Entscheide. Ich bin also quasi der Verwaltungsrats-
präsident und unser Geschäftsführer in diesem
Sinne der CEO.
Haben Sie auch einen betriebswirtschaftli-chen Background?Ich? (Lacht.) Nein! Man wird von den Mitbrüdern
zum Abt gewählt, und das im Sinne des heiligen
Benedikt. Ihm geht es nicht um die Kompetenzen,
sondern um den Charakter. Natürlich lernt man
mit den Jahren dazu. Aber am Anfang ist es ein
Schwimmen im grossen Wasser des Unbekannten.
So habe ich in den letzten fünf Jahren schon
Einiges dazugelernt. Am Anfang waren diese
ganzen Zahlen und Rechnungen der Horror für
mich! Denn ich bin absolut nicht der Zahlen-
mensch, ich bin eher der Seelsorger.
Haben Sie als Verwaltungsratspräsident eine Strategie für Ihr Unternehmen?Wir befinden uns tatsächlich aktuell in einem
Strategieprozess, bei dem wir in einer Gruppe aus
Mitbrüdern, dem Geschäftsführer und externen
Fachleuten verschiedenste neue Einnahmequellen
prüfen und eine Investitionstabelle erstellt haben.
Im Laufe des Jahres wird sicher ein Projekt mehr
oder weniger spruchreif, doch es kommt auch auf
die anderen Mitbrüder an. Sie entscheiden am Ende,
ob ein Projekt angenommen oder abgelehnt wird.
Also muss quasi das Aktionariat zustimmen? Natürlich muss die Mehrheit meiner Mitbrüder
zustimmen, das geht nicht einfach so. Wir sind
eine Generationengemeinschaft, bei der die eine
Generation das Erbe weitertragen muss. Und das
braucht Gespräche und Diskussionen, Zeit der
Überlegungen und des Sichs Setzens.
Was würden Sie für die Menschen hier einfa-cher machen, wenn Sie so viel Macht hätten wie Ihre Vorgänger bis ins 18. Jahrhundert?Die Gesetzgebung für die Landwirtschaft erscheint
mir manchmal sehr kompliziert und auch fast
etwas abstrus. Wenn beispielsweise neue Vorschrif-
ten für die Tierställe erlassen werden. Und kaum
hat ein Bauer, der vielleicht ein Darlehen aufneh-
men musste, seinen Stall umgebaut, kommt eine
neue Verordnung. An so etwas können Existenzen
kaputtgehen.
Wovon andere wieder profitieren können. Laut ökonomischer Logik kann dann ein anderer Bauer expandieren und günstiger produzieren, wovon alle Konsumenten etwas haben ...Ist das nun positiv oder negativ? Ich weiss es nicht.
Früher war es sicher einfacher, als wir noch viele
kleine Betriebe hatten, weil man auch viel mehr
lokal gelebt und die hier produzierten Lebensmittel
gekauft hat. Dass man heute Fleisch aus Südame-
rika oder Weine aus Neuseeland kaufen kann, aber
die vor Ort produzierten Sachen verschmäht, ist für
mich kein gutes Zeichen unserer Wohlstandsgesell-
schaft. Das tut mir manchmal weh. Denn wir
schneiden uns ins eigene Fleisch und tun auch den
Menschen, die die Waren in der Ferne produzieren
und an uns liefern, keinen Dienst. Wir brauchen
den Mut, uns wieder auf regionale und saisonale
Produkte zu besinnen, auch wenn die Auswahl
kleiner wird. Wir würden trotzdem noch gut leben
können.
Setzen Sie diese nachhaltigen Gedanken auch bei Ihren Betrieben und Geschäften um?
«Die Mitbrüder entscheiden, ob ein Projekt, das vorgeschlagen wird, angenommen oder abgelehnt wird.»
Der Wandel ist ein steter Begleiter, auch für das Kloster.
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So weit es geht. Wir haben für unsere Börsen-
geschäfte ein eigenes Anlagereglement, das sehr
streng ist, damit wir als Kloster nicht plötzlich in
giftige Pflanzenschutzmittel, ausbeuterische
Firmen oder Hersteller von Rüstungsgütern
investieren. Und bezogen auf die Klosterbetriebe
heisst das, dass wir vorwiegend selbst produzierte
Güter verwenden, auch beim Gemüse.
Was ist besonders am eigenen Gemüseanbau?Hier oben auf 1000 Metern ist der Anbau des Ge-
müses sehr aufwändig. Wenn wir alles einberech-
nen, kostet uns das Kilo Gemüse rund 24 Franken.
Deswegen machen wir jetzt ein Jahr Anbaupause
und beziehen das Gemüse von Biobauern aus der
Region. Dann schauen wir mal, wie das zu Buche
schlägt. Früher, vor 40 oder 50 Jahren, als noch
80 Mönche hier waren und den Garten selber
bestellt haben, konnten wir das gut tragen, aber
«Wir waren zweimal bis auf einen Mönch geschrumpft und sind doch wiedergekommen.»
heute bestellen Angestellte unsere Gärten. Das sind
viele Arbeitsstunden, und das kostet.
Das bedeutet, auch das Kloster hat in dem Sinne ein Nachfolgeproblem oder gar Fach-kräftemangel?Es findet eine Umlagerung von Mönchen zu
Angestellten statt. Der normale Bestand unserer
Klostergemeinschaft liegt bei 11–25 Mönchen, so
hat sich das über die 900 Jahre Klostergeschichte
eingependelt. Aber wir waren auch zweimal bis auf
einen Mönch geschrumpft und sind dann doch
wiedergekommen. Unser Höchststand war 1955
mit 126 Mönchen, heute sind wir noch 22.
Aber tendenziell entscheiden sich doch immer weniger Menschen für ein Leben als Mönch oder Pfarrer?Weltweit steht eine Bereinigung auf dem Klostertep-
pich an, das kann man nicht abstreiten. Aber auch
dieses Sterben und Wiederauferstehen von Klöstern
gehört zur Geschichte. Es ist der Lauf der Dinge:
Gewisse Sachen sterben, und anderes entsteht
wieder neu. Das gehört zum Leben dazu, und das ist
auch bei uns so. Interview: Sandra Willmeroth
Humor ist ein wichtiger sozialer Bestandteil zum Zusammenleben in einem Kloster.
Bis 1798 war das ganze Tal ein
Klosterstaat. Der Abt war
«Dominus» und damit Herr über
das gesamte Tal. Er hatte sogar
eine eigene Milizarmee zur
Verfügung. Die Generalmobilma-
chung wurde, falls nötig, in der
Kirche von der Kanzel herab vom
Abt verkündet.
Das Kloster als Staat
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MEIN STOLZ
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Daniel Stump, Inhaber Quark Werbeagentur
«Mit herausragendem Marketing und exzellenten
Corporate Designs schaffen Unternehmen im
Wettbewerb oft den entscheidenden Unterschied.
Diese Überzeugung will ich auf meine Kunden
übertragen. Früher waren das vor allem Vereine
und Privatpersonen. Heute bediene ich mit meinen
Mitarbeitenden an unserem Firmensitz beim
Berner Bärengraben auch grössere KMU in der
Region. Hinter Quark stehen vier engagierte Köpfe,
welche die Leidenschaft verbindet, faszinierende
Marken aufzubauen und zu betreuen. Als kleine
Agentur sind wir f lexibel, beweglich und bauen auf
langfristige Partnerschaften. Mit kreativen Ideen
und gradlinigem Design setzen wir Marken ästhe-
tisch in Szene, ob als Webauftritt, Imagebroschüre,
Werbefilm oder ganzes Corporate Design. Die
wachsende Zahl der Stammkunden bestätigt, dass
der Weg stimmt, was mich auch stolz macht. Die
Treue der Kunden honorieren wir mit hochwertiger
Arbeit, die nicht teuer sein muss. Denn Kreativität
ist nicht immer eine Frage von Geld.»
www.quark.design
«Tiere empfinden Schmerz genauso wie wir. Doch Anästhesie
wird in der Tiermedizin oft vernachlässigt. Hohe Komplika-
tions- und Sterblichkeitsraten sind die Folge. Das zu ändern,
ist unsere Aufgabe. Deshalb bietet Veterinary Anaesthesia
Services (VAS) in Winterthur professionelle Versorgung aus
Spezialistenhand. Dabei arbeiten wir ganz nah am humanme-
dizinischen Standard im Belegarztsystem. Die Anfragen von
Tierkliniken, Tierärzten und Tierbesitzern kommen aus aller
Welt. Da auch in den Bereichen Forschung und Ausbildung ein
immenser Nachholbedarf herrscht, haben wir 2008 eine
eigene Schule gegründet. Unsere international anerkannte
Intensivausbildung in Veterinäranästhesie ist bislang einzigar-
tig. Mit einem hohen Qualitätsanspruch tragen wir entschei-
dend dazu bei, dass die Veterinäranästhesie besser und
sicherer wird. Darauf bin ich stolz.»
www.vas-int.com
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Kreativität muss nicht teuer sein
Sichere Narkose für Vierbeiner
Präsentieren Sie sich!
Möchten Sie auch Ihre Firma hier
vorstellen und uns erzählen, was Sie
als Unternehmer stolz macht?
Peter Kronen, Gründer
und Inhabaer der Veterinary
Anaesthesia Services.
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MEIN STOLZ
Nina und Paul Blaettler, Inhaber von «The Language Professionals»
«Mit meiner Frau, sie ist englisch-südaf-
rikanische Doppelbürgerin, gründete ich
im Jahr 1998 in Luzern eine Sprach-
schule. Im Angebot waren zunächst nur
Englischkurse für Firmen bei diesen vor
Ort. Bald konnten wir eigene Lokalitäten
im Stadtzentrum beziehen und lancier-
ten auch Abendkurse. Heute bedienen
wir fast 1000 Studenten und beschäfti-
gen 40 Lehrpersonen. Wir haben viele
Geschäftskunden, denen wir auch
branchenspezifische Kurse wie ‹Finance
English› oder ‹Technical English› geben.
Das Gleiche gilt für Französisch- und
Deutschkurse, die seit 2011 im Pro-
gramm sind. Letztere sind bei Expats
beliebt, denen wir neben der Sprache als
kostenloses Extra auch Sitten und
Bräuche in der Schweiz näherbringen.
Diese Servicebereitschaft wird geschätzt,
was uns seit Jahren gute Mund-zu-
Mund-Propaganda und neue Schüler
bringt. Darauf sind wir stolz. Räumlich
haben wir von einst zwei auf heute zehn
mit modernster Technik ausgerüstete
Klassenzimmer expandiert.»
www.thelanguageprofessionals.ch
«Für Mitarbeitende das passende Präsent
zu finden, kann ganz schön kniff lig
sein. Selbst ein Chef, der sich viel Zeit
dafür nimmt, hat keine Erfolgsgarantie.
Ob als Zeichen der Anerkennung oder
um ein besonderes Ereignis zu feiern –
wir möchten, dass Mitarbeitergeschenke
Freude machen. Auf unserer Online-
Plattform lässt sich mit wenigen Klicks
ein individueller Geschenkgutschein
kreieren, der äusserst vielseitig einsetz-
bar ist. Vom Buch über den Fallschirm-
sprung bis zum Wellnesswochenende
gibt es bei uns einfach alles. Seit wir
Anfang 2014 online gingen, konnten wir
schon über 50 Kunden für uns gewin-
nen. Der Erfolg zeigt, dass wir da eine
Marktlücke erkannt haben. Mit
Bontique arbeiten wir auf eine Kom-
plettlösung hin: Wir organisieren
für unsere Kunden alles von A bis Z
und haben auch die Termine im Griff,
während sich der Chef getrost aufs
Kerngeschäft konzentrieren kann.»
www.bontique.ch
Schenken leicht gemacht
Die Schweiz näherbringen
Robin Frei, Gründer von Bontique
« Wer mich versichert, muss mein Geschäft verstehen.»
Mehr als jedes dritte Schweizer KMU vertraut der AXA/
AXA.ch/kmu