Klinische Interpretation von PiCCO- Meßwerten Prof. Dr. Reimer Riessen.
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Klinische Interpretation von PiCCO-Meßwerten
Prof. Dr. Reimer Riessen
Um was geht es
• Mindmap Hämodynamik-Management• Bei welchen Patienten hilft ein erweitertes
hämodynamisches Monitoring mit dem PiCCO-System bei der Diagnostik und Therapie?
• Praktische Anwendung der PiCCO-Meßwerte• Typische Befundkonstellationen bei wichtigen
intensivmedizinischen Krankheitsbildern• Formulierung von spezifischen Therapiezielen und
deren Umsetzung
Welche Patienten brauchen kein erweitertes Monitoring
• Basisparameter sind ausreichend zur Steuerung von Diagnostik und Therapie
• z.B.: Exsikkose nach Diarrhoe, trockene Zunge, stehende Hautfalten, ZVD -1 mmHg
• Gutes Ansprechen auf die gewählte Therapie, keine Entwicklung von unerwünschten Begleiteffekten
• Leicht-mäßige Ausprägung des Krankheitsbildes mit max. 1-Organversagen
• z.B.: Hypotonie bei Sepsis. Überschüssiges Volumen wird durch Niere ausgeschieden. Keine resp. Insuffizienz.
• Keine therapeutische Konsequenz
Welche Patienten können von einem erweitertem Monitoring profitieren (1)
• Basisparameter sind nicht ausreichend interpretierbar zur Steuerung von Diagnostik und Therapie• z.B.: Beurteilung der Vorlast bei Sepsis mit ausgeprägtem
capillary leak. • Schlechtes Ansprechen auf die gewählte Therapie mit
Entwicklung von unerwünschten Begleiteffekten• z.B. Entwicklung einer respiratorischen Insuffizienz unter
Volumentherapie
Welche Patienten können von einem erweitertem Monitoring profitieren (2)
• Schwere Ausprägung des Krankheitsbildes mit Multiorganversagen• z.B.: Sepsis mit ARDS, ANV und vorbestehender DCM
• Unterschiedliche bzw. entgegengesetze Therapieziele bei Mehrorganversagen• z.B.: Schwere Pneumonie mit septischem Schock.
Kardiogener Schock mit schwerer Aspirationspneumonie• Sehr invasive oder risikoreiche Therapie
Indikationen für die PiCCO-Technologie
Anwendungsgebiete
Intensivmedizinische Einsatzgebiete (frühzeitiger Einsatz)
Indikationen für die PiCCO-Technologie
Anwendungsgebiete
- Schwere Sepsis- Septischer Schock/SIRS-Reaktion- ARDS- Kardiogener Schock (Myokardinfarkt/-ischämie, dekompensierte Herzinsuffizienz) - Herzinsuffizienz (z.B. bei Kardiomyopathie) - Pankreatitis- Polytrauma bzw. hämorrhagischer Schock- Subarachnoidalblutung- Dekompensierte Leberzirrhose / hepatorenales Syndrom- Schwerbrandverletzte
Perioperative Einsatzgebiete
- Kardiochirurgie- Risikoeingriffe und Risikopatienten- Transplantationen
Allgemeine Ziele der Hämodynamiktherapie (1)
• Adäquates intravasales Volumen• Perfusion• Vorlast• Nierenfunktion
• Vermeidung einer Volumenüberladung (Lungenödem)
Allgemeine Ziele der Hämodynamiktherapie (2)
Adäquates Sauerstoffangebot
Normale ScvO2 (> 70%)
→ Optimierung des HZV und des Perfusionsdruckes1. Vorlast2. Nachlast → MAP > 60-65 mmHg und < 100 mmHg3. Herzfrequenz → HF 60-100/min4. Kontraktilität / Inotropie (falls überhaupt nötig…)+ ggf. Revaskularisation, Unterstützungssysteme
DO2 = CaO2 x HZV = Hb x 1,34 x SaO2 x HZV
PiCCO-Parameter
Volumen+
Vorlast
Nachlast
HZV Kontraktilität
Kontraktilität
PiCCO-Entscheidungsbaum
• HZV-Ziel für kardiale Pat. zu hoch• MAP-Ziel fehlt• Undifferenzierte Katecholamintherapie• ScvO2 nicht integriert
Erfolgskriterien der Hämodynamiktherapie
• Normalisierung von• ScvO2• HZV /CI• MAP, HF• Laktat• Nierenfunktion• Respiration
• Reduktion der Therapie (z.B. Katecholamine)
Patient mit sekundärer myeloischer Leukämie bei Z.n. Non-Hodgkin-Lymphom.Aktuell: Aplasie unter laufender Chemotherapie.Übernahme von der peripheren onkologischen Station auf die interne Intensivstation aufgrund der Entwicklung eines septischen Zustandsbildes
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Befunde bei Aufnahme auf die Intensivstation
initiale Therapie
Gabe von 6500 ml Kristalloiden und 4 EK
Hämodynamik RR 90/50mmHg, HF 150bpm SR, ZVD 11mmHgPulmo SaO2 99% unter 2l O2 via NasensondeAbdomen schwere Diarrhoe, a.e. chemotherapieassoziiertNiere Retentionswerte leicht erhöht, kumulative 24h-Diurese 400mlLabor Hb 6,7g/dl, Leuko <0,2/nl, Thrombo 25/nl
Hohe Flüssigkeitsverluste durch starkes Schwitzen
Hämodynamik • trotz großzügiger Volumentherapie Entwicklung einer Katecholaminpflichtigkeit innerhalb der ersten 6 Stunden
• Katecholaminbedarf stetig steigend• echokardiographisch gute Pumpfunktion• ZVD-Anstieg von 11 auf 15mmHg
Pulmo • Respiratorische Verschlechterung unter der Volumentherapie: SaO2 90% bei 15l O2/min, pO2 69mmHg, pCO2 39mmHg, AF 40/min
• radiologisch Zeichen der pulmonalen Überwässerung • Beginn einer intermittierenden nicht-invasiven BIPAP-Beatmung
Niere • Weiterhin quantitativ sehr knappe Diurese trotz Furosemidapplikation
Infektsituation • Nachweis von E.coli in der Blutkultur
Diagnose: septisches Multiorganversagen
Weiterer Verlauf
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
15
Early goal-directed therapyRivers E et al. New Engl J Med 2001;345:1368-77
O2-Insufflation bzw. SedierungIntubation + Beatmung
Zentraler VenenkatheterInvasive Blutdruckmessung
ZVD
MAP
ScVO2
Kreislaufstabilisierung
Volumentherapie
8-12 mmHg
< 8 mmHg
65 mmHg
Inotropika
>70%70%
< 70%
nein Therapie beibehalten,regelmäßige Neuevaluierung
< 65 mmHgVasopressoren
Bluttransfusion bis Hämatokrit 30%
Praktisches Vorgehen
Sepsis: Early goal directed therapy
< 70%
Ziel erreicht?ja
ScVO2
Therapeutische Probleme und Fragestellungen
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Hämodynamik • besteht weiterer Volumenbedarf? (steigender Katecholaminbedarf trotz guter Pumpfunktion)
• problematische Einschätzung des Volumenstatus (ZVD primär erhöht, Schwitzen/Diarrhoe)
Pulmo • bereits bestehendes Lungenödem (pulmonale Funktion verschlechtert) • Gefahr der Intubationspflichtigkeit mit erhöhtem Risiko einer Ventilator-
assoziierten Pneumonie (VAP) bei Immunsuppression
Niere • drohendes anurisches Nierenversagen
Volumengabe Pulmo
Hämodynamik
Niere
?
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Therapeutische Probleme und Fragestellungen
Volumenentzug Pulmo
Hämodynamik
Niere
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Einsatz eines PiCCO-Systems
- Weiterführung der Noradrenalinzufuhr- vorsichtige Volumentherapie unter GEDI-Kontrolle
erste Werte
3,4
760
14
950
16
Normbereich
3,0 - 5,0 l/min/m2
680 - 800 ml/m2
3,0 - 7,0 ml/kg
1700 - 2400 dyn*s*cm 5 m2
2 - 8 mmHg
Herzindex
GEDI
ELWI
SVRI
ZVD
aktuelle Werte
3,5
780
14
990
16
Normbereich
3,0 - 5,0 l/min/m2
680 - 800 ml/m2
3,0 - 7,0 ml/kg
1700 - 2400 dyn*s*cm 5 m2
2 - 8 mmHg
Herzindex
GEDI
ELWI
SVRI
ZVD
PiCCO-Werte am Folgetag
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
GEDI unter Volumentherapie weiter im oberen Normbereich, jedoch kein ELWI-Anstieg
Sonstige Therapie
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
- Stabilisierung der Hämodynamik- gleichbleibender Noradrenalinbedarf- Beginn der negativen Volumenbilanzierung unter Kontrolle der PiCCO-Parameter
weiterer Verlauf
- non-invasive Beatmung- testgerechte Antibiotikatherapie - Gabe von Hydrocortison/GCSF
PiCCO-Werte am Folgetag
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
aktuelle Werte
3,2
750
8
1810
14
Normbereich
3,0 - 5,0 l/min/m2
680 - 800 ml/m2
3,0 - 7,0 ml/kg
1700 - 2400 dyn*s*cm 5 m2
2 - 8 mmHg
Herzindex
GEDI
ELWI
SVRI
ZVD
- Stabilisierung der pulmonalen Funktion- Beendigung der Katecholamintherapie- gute quantitative Diurese unter Furosemid
HI
ITBI
EVLW
SVR
Nor
trotz Volumenzufuhr/-entzug relativ konstant, somit HI allein kein geeigneter Indikator für den Volumenstatus
HI
ZVD
PiCCO-Werte im Verlauf
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
GEDI bleibt unter Monitoring im oberen Normbereich
ELWI
regelmäßiges Monitoring erlaubt titrierende Volumentherapie bei gleichzeitiger Vermeidung einer Zunahme des Lungenödems
bereits initial trotz Volumenmangel erhöht und damit nicht aussagekräftigZeitlicher Verlauf
SVRI
0
5
10
15
20
25
30
Day 5Day 4Day 3Day 2Day 1
Nor
ZVD
ELWI
GEDI
HI
Stabilisierung der Hämodynamik
Vermeidung von Komplikationen Einsparung von Ressourcen
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Konkrete Vorteile durch PiCCO bei diesem Patienten
Optimierung des intravasalen Volumenstatus
Reduktiondes Katecholaminbedarfs
Kein prärenales Nierenversagen
Überwachung des Lungenödems
Vermeidung der Intubation
Pulmonale Stabilisierung
Keine invasive Beatmung
Volumen ?Volumen ?
Klinisches Fallbeispiel
Praktisches Vorgehen
Probleme ohne PiCCO-Einsatz bei diesem Patienten
Diarrhoe starkes Schwitzen
schwierige klinische Einschätzung
des Volumendefizits
Hoher ZVD
Volumen ?
Niedrige Diurese Konstantes HZV
7
Cardiac Output
Vorlast
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie
Praktisches Vorgehen
EVLW
3
5
3
bei niedriger Vorlast primär Volumengabe
7
Cardiac Output
Vorlast
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie
Praktisches Vorgehen
EVLW
3
5
3
bei niedriger Vorlast primär Volumengabe
Volumenzufuhr bis zum Anstieg des EVLW fortsetzen
7
Cardiac Output
Vorlast
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie
Praktisches Vorgehen
EVLW
3
5
3
bei niedriger Vorlast primär Volumengabe
Volumenzufuhr bis zum Anstieg des EVLW fortsetzen
Volumenentzug bis EVLW nicht mehr oder nur noch langsam fällt (Vorlastmonitoring!)
Messwerte immer auf Plausibilität prüfen! Volumenzufuhr muss zum Anstieg der Vorlast oder zum Lungenödem (Anstieg des EVLW führen)
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie: Sepsis
Praktisches Vorgehen
Ziel PiCCO Therapie
Volumen normal
Urinausscheidung > 0,5-1 ml/h
GEDI 680-800
(SVV ≤ 10%)
Kristalloide
Lungenödem vermeiden
ELWI < 10-12 Volumenzufuhr stoppen, ggf. Diuretika
Normaler RR MAP > 65 mmHg Arterenol, ggf. + Vasopressin oder Terlipressin
Normales HZV CI > 2,5 l/min/m²
ScvO2 > 70%
Zunächst abwarten, ggf. LAE, Inotropika
Pankreatitis
Praktisches Vorgehen
Pankreatitis
Praktisches Vorgehen
Pankreatitis
Praktisches Vorgehen
Cave: Abdominelles Kompartmentsyndrom bei Volumenüberladung!
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie: Pankreatitis
Praktisches Vorgehen
Ziel PiCCO Therapie
Volumen normal
Urinausscheidung > 0,5-1 ml/h
GEDI 680-800
(SVV ≤ 10%)
Kristalloide
Lungenödem und abdominelles Kompartment vermeiden
ELWI < 10-12
(IABP < 15 mmHg)
Volumenzufuhr stoppen, ggf. Diuretika
Normaler RR MAP > 65 mmHg Arterenol
Normales HZV CI > 2,5 l/min/m²
ScvO2 > 70%
Zunächst abwarten, ggf. Inotropika
Kardiogener Schock
Praktisches Vorgehen
Kardiogener Schock: Einsatz von Katecholaminen
Praktisches Vorgehen
• HZV erholt sich nach Infarkt häufig spontan• Reversibles Stunning• Oft hoher Volumenbedarf!
• Beispiel:• 51 J, grosser VWI am 7.10.07, 40 min Rea, verzögerte
Revaskularisation, CK max 9000 U/l, ANV
Kardiogener Schock: Einsatz von Katecholaminen
Praktisches Vorgehen
IABP ex
Kardiogener Schock: Einsatz von Katecholaminen
Praktisches Vorgehen
Negative Wirkungen von β-Mimetika• Erhöhung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs• Verminderung der myokardialen ATP-Reserven• Myokardiale Kalziumüberladung• Tachykardie, Arrhythmien• Kardiale Funktionsverschlechterung durch Ischämie
Kaplan–Meier Mortalitätskurven
1.00
0.90
0.80
0.70
0.60
Tage
0.50
An
teil
üb
erle
bn
eder
P
ati
ente
n
Levosimendan
Dobutamine
120 15090300 60 180
Follath F et al. Lancet 2002; 360: 196–202.
Welche klinische Evidenz steht hinter Levosimendan? LIDO study
Levosimendan hazard ratio von 0.57 (95% CI 0.34-0.95; p=0.029)
CASINO-STUDIEZusammenfassung
CASINO-STUDIEZusammenfassung
Ursprüngliche Analyse von 227 Pat. März 2004, präsentiert am ACC New Orleans:
Levo. Dob. Plac.
KombinierterEndpunktnach6 Monaten
30,6% 52,7% 48,1%
Mortalität 15,3% 39,6% 24,7%
Kardiogener Schock: Einsatz von PiCCO
Praktisches Vorgehen
• Bislang in Leitlinien noch nicht berücksichtigt!• Cave: Niedriges HZV, schwere Klappeninsuffizienzen• Pulmonaliskatheter besser, wenn Messung des PAP
therapeutische Konsequenz hat• Vasodilatantien bei PAH• Lungenödem bei Mitralvitien
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie: Kardiogener Schock
Praktisches Vorgehen
Ziel PiCCO Therapie
Volumen hoch-normal
Urinausscheidung > 0,5-1 ml/h
GEDI 750-850
(SVV ≤ 10%)
Kristalloide
Lungenödem vermeiden
ELWI < 10-12 Volumenzufuhr stoppen, ggf. Diuretika
Normaler RR MAP > 60-65 mmHg
MAP < 75-85 mmHg
Arterenol
Nitro, Nipruss
Normales HZV CI > 2,5 l/min/m²
ScvO2 > 70%
Revaskularisation
IABP
Minimal β-Mimetika
ggf. Levosimendan
ARDS
Praktisches Vorgehen
ELWI zur Quantifizierung eines Lungenödems
Einführung in die PiCCO-Technologie – Extravaskuläres Lungenwasser
• Unzuverlässige Parameter• ZVD, PCWP• paO2• RöTh
• ELWI korreliert mit Mortalität bei Intensivpatienten
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie: ARDS
Praktisches Vorgehen
Ziel PiCCO Therapie
Volumen niedrig -normal
Urinausscheidung > 0,5-1 ml/h
GEDI 600-700 Kristalloide sparsam
ggf. Diuretika
Extravasales Lungenwasser senken
ELWI < 10-12 Volumenzufuhr sparsam, ggf. Diuretika
Normaler RR MAP > 60-65 mmHg Arterenol
Normales HZV CI > 2,5 l/min/m²
ScvO2 > 70%
Zunächst abwarten, ggf. Inotropika
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie: Hepatorenales Syndrom
Praktisches Vorgehen
Ziel PiCCO Therapie
Volumen normal
Urinausscheidung > 0,5-1 ml/h
GEDI 680-800
(SVV ≤ 10%)
Kristalloide
Lungenödem und abdominelles Kompartment vermeiden
ELWI < 10-12
IABP < 15 mmHg
Volumenzufuhr stoppen, Aszitespunktion
Normaler RR MAP > 65 mmHg Arterenol
Terlipressin
Normales HZV CI > 2,5 l/min/m²
ScvO2 > 70%
Meist nicht erforderlich
Therapiesteuerung mit der PiCCO-Technologie
Praktisches Vorgehen