Juni 2010, Heft 6, Agrarforschung Schweiz
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AgrArforschung schweiz
J u n i 2 0 1 0 | H e f t 6
Nutztiere Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation Seite 216
Umwelt Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden Seite 232
Pflanzenbau Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz? Seite 244
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Berner FachhochschuleHaute école spécialisée bernoiseSchweizerische Hochschulefür Landwirtschaft SHLHaute école suisse d’agronomie HESA
Agroscope
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil
ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bernb Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofenb Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder [email protected]
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
215 Editorial
Nutztiere
216 Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation Marco Meisser und Catherine Chatelain
Nutztiere
222 Futteraufnahme und Gewichtsent- wicklung von Mutterkühen mit Kalb Marc Boessinger, Jacques Emmenegger,
André Chassot und Isabelle Morel
Nutztiere
228 Siliermittel: Testergebnisse 2009Ueli Wyss
Umwelt
232 Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen BödenMatthias Stettler, Christoph Stettler und
Beat Huber-Eicher
Agrarwirtschaft
238 Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbau betriebe umstellenAli Ferjani, Albert Zimmermann und
Linda Reissig
Pflanzenbau
244 Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz?Fabio Mascher, Michel Habersaat und
Stefan Kellenberger
252 Porträt
253 Aktuell
255 Veranstaltungen
InhaltJuni 2010 | Heft 6
Das Walliser Schwarznasenschaf wird in der warmen Jahreszeit gesömmert. ACW hat auf einer Alp im Oberwallis Versuche mit Umtriebsweide bei der Schafsömmerung durchgeführt. Die Schafe der Versuchs herde gehörten den Rassen «Weisses Alpenschaf» und «Walliser Schwarznasenschaf» an. (Foto: Hélène Tobler, ACW)
Editorial
215Agrarforschung Schweiz 1 (6): 215, 2010
Welche Zukunft ist unseren Alpen beschert?
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Alpwirtschaft ist mit einer schwierigen Situation konfrontiert: Die
Anzahl der gesömmerten Tiere geht zurück, die Produktionskosten auf der
Alp sind hoch, die Arbeit ist mühsam, oft fehlt es an qualifiziertem Personal
und die gesetzlichen Vorschriften werden zusehends verschärft.
Diese Situation wirkt sich auf die Alpbewirtschaftung aus, die sich immer
stärker polarisiert. Die Bewirtschaftungsintensität nimmt auf den geeig-
netsten Flächen zu, während die unrentabelsten Alpen von der Aufgabe
bedroht sind. Das Milchvieh wird oft durch Rinder, Mutterkühe oder Schafe
ersetzt.
Angesichts all dieser Herausforderungen ist es dringend notwendig,
neue Instrumente zur Alpbewirtschaftung zu entwickeln. Eine Studie von
ACW, die in dieser Ausgabe auf Seite 216 vorgestellt wird, befasste sich mit
der Umtriebsweide bei Schafsömmerung. Dieses bezüglich Unterhalt und
Nutzung der Weideressource sehr vorteilhafte Weidesystem erlaubt es, den
Weidedruck auf die verschiedenen Vegetationszonen der Alp anzupassen.
In tiefer gelegenen, aufgeforsteten Zonen wird der Weidedruck erhöht,
während im höher gelegenen Alpteil, wo die Flora empfindlich reagiert, der
Weidedruck begrenzt wird. Dieser unterschiedliche Weidedruck trägt zur
Erhaltung der botanischen Vielfalt bei. Ein Paradox bleibt: Die «extensive»
Bewirtschaftung grosser Flächen (tieferer Besatz oder Ersatz von Rindern
durch Schafe) zieht häufig Mehrarbeit und einen höheren Materialbedarf
nach sich. Auch wenn die Unterstützung des Staates erlaubt, einen Grossteil
der Zusatzkosten zu decken, so bleiben diese Mittel oft unzureichend.
Die Zukunft der landwirtschaftlichen Bergzonen wirft zahlreiche, globa-
lere Fragen auf, die in drei Forschungsprogrammen behandelt werden: Agri-
montana, AlpFUTUR und Mountland. Das erste dieser Programme befasst
sich mit der Rolle der Berglandwirtschaft im Zusammenhang mit der nach-
haltigen Entwicklung dieser Regionen. Das zweite bezweckt die Abklärung
der Bewirtschaftungsperspektiven der Sömmerungsalpen für die kommen-
den 10 bis 40 Jahre. Mountland schliesslich befasst sich unter anderem mit
der Ermittlung der Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Bewirt-
schaftungssysteme.
Künftig werden sich die Alpzusammenlegungen, die Extensivierung
eines Teils der Alpen und die Aufgabe der Milch- zugunsten der Fleischpro-
duktion noch verschärfen. Die agronomischen, ökologischen, sozialen und
«touristischen» Herausforderungen der Alpen werden noch stärker an
Bedeutung gewinnen. Diese Entwicklung wird bedingen, dass sich sämtliche
Akteure, aufeinander abstimmen. Die Herausforderungen sind gross, aber
die Sache verdient es bei weitem, verteidigt zu werden.
Marco Meisser,Agroscope ChanginsWädenswil ACW
216 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
für die Schafhaltung weit weniger verbreitet. Beim
Material wurden jedoch grosse Fortschritte gemacht,
so dass es heute möglich ist, selbst auf schwierigem
Gelände Hochleistungszäune anzubringen.
In einem zwischen 2000 und 2002 geführten Ver-
such haben Troxler und Chatelain (2006) mit der Bil-
dung von elektroumzäunten Koppeln Möglichkeiten
und Grenzen der strikten Umtriebsweide aufgezeigt.
In diesem Artikel werden wir die Auswirkungen dieses
Weidesystems auf die Alpvegetation beleuchten. Im
Jahre 2002 und anschliessend im Jahre 2009 wurden
auf 36 Probeflächen botanische Untersuchungen
durchgeführt, um die Umtriebsweide bei Schafsöm-
merung unter dem Aspekt der Pflanzenvielfalt zu
beurteilen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Die Nivenalp ist eine Schafsömmerungsalp, die sich in der
Region von Leukerbad (VS) befindet. Sie erstreckt sich
über die Gemeinden von Erschmatt und Bratsch und liegt
auf 1950 bis 2700 m Höhe. Ihre Hänge sind hauptsächlich
südlich ausgerichtet. Der Boden besteht aus Kalk- und Kie-
selkalkfelsen. Ursprünglich sömmerten auf der Nivenalp
Rinder, junge Pferde und Schafe. Seit über zehn Jahren
sömmern dort nun aber rund 1000 Schafe und einige Pfer-
de. Die Schafe gehören mehrheitlich der Rasse «Weisses
Alpenschaf» (reinrassig oder gekreuzt) und «Walliser
Schwarznasenschaf» an. Seit dem Jahr 2000 wird die
Umtriebsweide betrieben. In den ersten drei Jahren (2000
bis 2002) gab es fünf Weidekoppeln. Im Laufe dieser
Testphase wurden die Umzäunungen manchmal verstellt
um die Koppelfläche auszugleichen oder den Tieren den
Zugang zum Wasser zu ermöglichen. Erst ab dem Jahre
2003 wurden die Anzahl der Koppeln und ihre Gestaltung
definitiv (Abb. 1). Im Allgemeinen beginnt die Sömmerung
gegen den 20. Juni und endet um den 15. – 20. September.
Der tiefer gelegene Teil – vier umzäunte Koppeln – wird für
die ersten 50 Tage benützt. Der hochgelegene, nicht
umzäunte Teil, wird von Anfang August bis Mitte Septem-
ber beweidet. Vor dem Jahr 2000 gab es keine ständige
Behirtung und die Schafe konnten während der 90-tägi-
gen Beweidung sämtliche Alpzonen frei beweiden.
Marco Meisser und Catherine Chatelain, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon
Auskünfte: Marco Meisser, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 42
N u t z t i e r e
Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation
E i n l e i t u n g
Der Schweizer Schafbestand beläuft sich auf 450 000
Tiere (BFS 2009); die Hälfte davon wird gesömmert.
Auf den meisten Alpen werden die Schafe im freien
Weidegang gehalten. Diese Bewirtschaftungsart geht
oft mit einer sehr ungleichen Nutzung der Weide ein-
her. Die tiefer gelegenen Zonen, die sich oft in Wald-
nähe befinden, sind unterbeweidet, während die sen-
siblen Zonen auf der Alp oft überbeweidet sind.
Seit dem Jahre 2003 fördert der Bund die ständige
Behirtung und die Umtriebsweide dank einer Diffe-
renzierung in Bezug auf die Sömmerungsbeiträge.
Während die Umtriebsweide mit fixen Umzäunungen
ein relativ gängiges Rinderhaltungssystem ist, so ist es
Ungefähr die Hälfte des Schweizer Schafbestandes wird gesömmert.
217
Zusa
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enfa
ssu
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Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
Der Weidegang von Schafen in sensiblen
Zonen ist heikel. Bei schlechter Weidefüh-
rung vermindert sich der Pflanzenbestand
und die floristische Artenvielfalt geht zurück.
Insofern ist es wünschenswert, neue Herden-
führungstechniken zu entwickeln. Die von
ACW durchgeführte Studie bezweckt die
Beurteilung der Umtriebsweide bei Schaf-
sömmerung unter dem Aspekt der Pflanzen-
vielfalt. Im Jahr 2002 und anschliessend im
Jahr 2009 wurden auf 36 Probeflächen
anhand der Braun-Blanquet-Methode botani-
sche Untersuchungen durchgeführt. Im Laufe
der sieben Beobachtungsjahre blieben die
Hauptindikatoren (Artenzahl, sowie Shannon
und Evenness-Indices) stabil oder entwi-
ckelten sich positiv. Bezüglich botanischer
Zusammensetzung oder Deckungsgrad
entwickelte sich die Vegetation in dieser Zeit-
spanne nur zögerlich. Diese Ergebnisse legen
daher nahe, dass eine gut geführte Umtriebs-
weide zur Erhaltung der botanischen Vielfalt
beiträgt. Da die Studie jedoch nur über eine
beschränkte Zeitdauer erfolgte, sind die
Ergebnisse mit Vorsicht zu geniessen.
Ein Teil der Herde wurde manchmal in den tiefer gelege-
nen Teil der Alp gebracht, um gewisse Zonen abzuweiden.
In den Jahren 2002 und 2009 wurden auf 36 Probe-
flächen in den vier Koppeln botanische Erhebungen
zur Abdeckung der verschiedenen Vegetationsarten
ge macht. Die Beobachtungen fanden kurz vor der
Ankunft der Tiere statt. Im Jahre 2002 wurden die geogra-
fischen Koordinaten der Probeflächen mittels GPS aufge-
nommen. Ausserdem wurden jeweils zwei Metallpflöcke
im Boden angebracht, um den Standort der Probeflächen
genau zu markieren. Im Jahre 2009 wurde ein Metall-
detektor zur Aufspürung dieser Metallpflöcke eingesetzt.
Die von der gleichen Person im Jahre 2002 und 2009 mit
der Methode Braun-Blanquet (1964) durchgeführten
Erhebungen fanden im Allgemeinen auf Quadraten von
25 m² statt. Die verwendete Nomenklatur ist jene der
Flora Helvetia von Lauber und Wagner (2000).
Statistische Untersuchungen
Die botanischen Untersuchungen wurden aufgrund von
zwei Kriterien ausgewertet: Nach der Artenliste (Anwe-
senheit-Abwesenheit) und ihrem Deckungsgrad (durch-
schnittliche, auf der Basis des Abundanz-Dominanz-Koef-
fizienten errechnete Deckung). Der Shannon-Index (H)
und der Gleichverteilungsindex (Evenness) wurden
anhand von Deckungswerten errechnet. Der Shannon-
Index dient der Charakterisierung der floristischen Arten-
vielfalt eines bestimmten Gebiets. Er hängt vom spezifi-
schem Artenreichtum und der Dominanzstruktur ab und
errechnet sich anhand folgender Formel: H = – [pi·log2pi],
wo pi die relative Abundanz von der Art i ist. Der Gleich-
verteilungsindex spiegelt die Dominanzstruktur wieder:
Dieser Indikator ist nicht mit dem spezifischen Artenreich-
tum korreliert: E = H / log2q, wo q die Artenanzahl dar-
stellt. Ferner wurden die durchschnittlichen Ökowerte
jeder Probefläche errechnet, indem die Zeigerwerte jeder
Art (Landolt 1977) mit ihrer Deckung gewichtet wurden.
Schliesslich erlaubte eine Korrespondenzanalyse den
Nachweis der Vegetationsgradiente.
Die phytosoziologische Diagnose (Erstellung einer
Vegetationstypologie) wurde mittels multivariaten Ana-
lysen und Gruppierungstechniken durchgeführt. In den
meisten Fällen handelt es sich bei diesen Gruppen um
Mosaike, die den Verbänden des Nardion und Seslerion
ähneln. Zur Vereinfachung haben wir folgende Bezeich-
nungen verwendet: Nardion für Verbände, die durch die
Präsenz von Borstgrasrasen-typischen acidophilen Arten
charakterisiert sind (Arnica montana, Campanula barbata
usw.), ohne dabei die Präsenz von Flecken kalkliebender
Arten vom Seslerion zu vergessen. Elynion für Elynion-
Seslerion, Caricion curvulae für die verarmte Form von
Nardion-Seslerion mit Tendenz gegen C. curvualae; Poion
Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation | Nutztiere
000000000 250250250250250250250250250 500500500500500500500500500
metresmetresmetresmetresmetresmetresmetresmetresmetres
2
4
1
3
Standorte der Koppeln ab dem Jahre 2003Alpgrenze (ohne Umzäunung)Elektrozäune
Probeflächen zur Beobachtung der Vegetation
AFS_06_2010_Abb_1_D.pdf 1 28.05.10 11:52
Abb. 1 | Standorte der Umzäunungen ab dem Jahre 2003. Die 36 Probeflächen der Vegetationsbeobachtungsstudie sind mit einem roten Punkt versehen. Die Informationen betreffend die Fläche der Koppeln und die Verteilung der Probeflächen sind auf den Tabellen 1 und 2 ersichtlich. Der hochgelegene, nicht umzäunte Teil liegt im Norden der vier Koppeln.
alpinae für die angereicherte und sehr beweidete Form
von Nardion und Junipero-Laricetum (Lärchenwald) für
die Grasvegetation unter einem Lärchenwaldbewuchs.
218 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
bereinigter Fläche. In diesem Teil wurde das Verhältnis
der ungeniessbaren Vegetation, nämlich von Borstgras
(Nardus stricta) und Sträuchern, auf rund 30 % geschätzt.
Der Weidedruck war in den beiden tiefer gelegenen Kop-
peln deutlich höher als in den Koppeln Nr. 3 und 4. Im
hochgelegenen, nicht umzäunten Alpteil war die Weide-
intensität deutlich tiefer als im tiefer gelegenen Teil
(12 GVE gegenüber 53 GVE Tage/ha). Dies hängt mit dem
schwachen Grasangebot (2 bis 3 dt TS/bereinigter ha)
zusammen. Die Grenze zwischen den beiden Gebieten
entspricht in etwa dem Übergang zwischen subalpiner
und alpiner Zone.
Der Futternutzungsgrad lässt Rückschlüsse auf den
Bewirtschaftungsgrad der Weideressource zu. Er errech-
net sich durch Division des theoretischen Futterverzehrs
der Herde durch das Grasangebot. Nach unseren Schät-
zungen liegt der durchschnittliche Futternutzungsgrad
der Koppeln 1 bis 4 bei 90 % (nicht vorgestellte Daten).
Dieser Nutzungsgrad ist zwar hoch aber akzeptabel,
wenn man bedenkt, dass die ungeniessbare Vegetation
(vor allem das Borstgras) nicht Bestandteil der Berech-
nung bildet.
Botanische Erhebungen
Insgesamt wurden auf den 36 Probeflächen 197 Pflan-
zenarten erhoben. Etwas mehr als drei Viertel der Pro-
beflächen weisen eine «positive» oder «stabile» Bilanz
auf. Dies bedeutet, dass die Neubeobachtungen (Fehlen
einer Art auf einer Probefläche im Jahre 2002, Präsenz
im Jahre 2009) ebenso häufig waren wie die nicht wie-
derholten Beobachtungen (Abwesenheit im Jahre 2009,
aber Anwesenheit im Jahre 2002). Die Arten mit stark
positiver Bilanz sind hauptsächlich – was nicht über-
rascht - ubiquiste Arten (Anthoxanthum odoratum und
Agrostis capillaris). Die Reproduktionsstrategie, zum
Beispiel die Viviparie oder die Multiplikation durch Rhi-
zome erklärt wahrscheinlich auch die grössere Ausbrei-
tung einiger Arten wie Poa alpina und A. odoratum.
Von den 197 beobachteten Arten wurden zwölf nur
im Jahre 2009 beobachtet. Bei den meisten handelt
es sich um lichthungrige Pflanzen (Kernera saxitalis,
Erigeron uniflorus, Cardamine resedifolia, Coeloglossum
viride, Dactylorhiza maculata). Im Gegensatz dazu wur-
den zwei Arten im Jahre 2009 nicht mehr auf den Probe-
flächen beobachtet. Es handelt sich um Laser pitium
halleri und Pulsatilla alpina ssp. apiifolia.
Bezogen auf Anzahl Beobachtungen und Deckungs-
grad hat die An wesenheit von Thymus serpyllum agg.,
Trifolium pratense, Cerastium arvense ssp. strictum und
Agrostis capillaris am stärksten zugenommen. Plantago
atrata und Polygonum viviparum hingegen gingen am
stärksten zurück.
R e s u l t a t e
Weideintensität, Grasangebot und Nutzungsgrad
Die Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Tierbestände von
2002 bis 2008 sowie den Weidedruck pro ha bereinigte
Fläche (Gesamtfläche abzüglich Geröllhalden und
geschlossenem Wald). Zwischen den Jahren 2002 und
2008 blieb der Schafbestand relativ stabil. Die durch-
schnittliche Weideintensität im umzäunten Teil betrug
53 GVE Tage/ha bereinigter Fläche. Demgegenüber steht
ein geschätztes Futterangebot von acht bis 11 dt TS/ha
Nutztiere | Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation
Abb. 2 | Korrespondenzanalyse mit den zwischen 2002 und 2009 auf der Nivenalp durchgeführten Erhebungen (n = 72). Die Symbole entsprechen den verschiedenen Vegetationstypen. Die beiden Achsen erklären 17,8 % der gesamten Varianz. Die Zentroidpunkte der verschiedenen Vegetationstypen, der Koppeln und der Jahre erscheinen auf dem Plan (passive Projektion).Die Probeflächen sind mit dem Erhebungsjahr (A = 2002 / B = 2009) und einer Nummer (von 1 bis 36) gekennzeichnet. Aus Gründen der Leserlichkeit sind nur einige Probeflächenetiketten angegeben.
219Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
Lärchenwald gestiegen sind. Diese zwei Gruppen werden
durch die Weide begünstigt ganz im Gegensatz zum
Nacktriedrasen (Elynion), der sehr anfällig ist.
Zeigerwerte nach Landolt
Insgesamt blieben die Vegetationsveränderungen zwi-
schen den Jahren 2002 und 2009 jedoch (sehr) begrenzt.
Die Korrespondenzanalyse (Abb. 2) zeigt, dass die Varia-
ble «Jahr» nur zu einem sehr bescheidenen Teil für die
Schwankung zwischen den Erhebungen verantwortlich
ist. Die Zentroidpunkte 2002 und 2009 blieben sehr
nahe beieinander. Die passive Projektion der Zeigerwer-
te nach Landolt bestätigt, dass es sich beim Nacktried-
rasen um die Gruppe mit den höchsten pH-, Licht- und
Kontinentalitätswerten handelt (nicht vorgestellte
Daten). Umgekehrt weisen der Lärchenwald und Poion
im Allgemeinen höhere Nährstoff- und Temperaturwer-
te aus als die anderen Verbände. Tabelle 3 zeigt die
durchschnittlichen Ökowerte in den Koppeln 1 bis 4.
Man stellt insbesondere fest, dass die Temperaturwerte
bei den tiefer gelegenen Koppeln (1 und 2) gestiegen
sind. Für die Alp zeigt der t-Test nach gepaarten Vegeta-
tionsaufnahmen / 2002 – 2009), dass der Temperatur-
Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation | Nutztiere
Biodiversitätsindex
Die Anzahl der auf den Probeflächen vertretenen Arten
belief sich im Schnitt im Jahre 2002 auf 34 und im Jahre
2009 auf 36. Im Laufe der sieben Beobachtungsjahre stieg
der spezifische Reichtum bei 27 der 36 Probeflächen. Der
t-Test bei gepaarten Vegetationsaufnahmen zeigt, dass
die Unterschiede zwischen den Jahren 2002 und 2009
stark signifikant sind (p < 0,01). Bei den Koppeln 2 und 4
hat die Artenzahl am stärksten zugenommen (Tabelle 2).
Der durchschnittliche Shannon-Index (H) hat sich kaum
ent wickelt (2002: 3,2 und 2009: 3,3). Der Shannonindex
und die Evenness sind hauptsächlich in den tiefer gelege-
nen Koppeln (1 und 2), die an der oberen Waldgrenze lie-
gen, gestiegen. Auch der Bewirtschaftungswechsel war
auf diesen beiden Koppeln am ausgeprägtesten. Vor dem
Jahre 2000 wurden diese Koppeln kaum beweidet. Seither
ist aber die Weideintensität auf diesen umzäunten Wei-
den stärker geworden. Diese Veränderungen haben die
Lichtverhältnisse in Bodennähe verbessert und wahr-
scheinlich die Arten der beweideten Bestände begünstigt.
Betrachtet man die Veränderungen unter dem phytosozio-
logischen Aspekt, stellt man fest, dass die Indizien vor
allem bei der Borstgrasweide (Borstgrasrasen) und beim
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Durchschnitt
BeständeMilchschafe 612 615 629 651 673 637 541 623Lämmer 519 465 395 295 451 399 247 396Pferde 0 7 8 6 7 10 9 7
Sömmerungsdauer 82 91 92 92 86 92 92 90
Weideintensität 1
Koppel 1 (11 ha) 133 65 73 59 76 63 67 77Koppel 2 (20 ha) 77 70 88 64 88 78 69 76Koppel 3 (25 ha) 56 54 44 63 57 55 50 54Koppel 4 (47 ha) 45 28 38 46 36 38 30 37Koppeln 1 – 42 (102 ha) 63 46 53 55 55 52 47 53Oberer Teil3 (344 ha) 8 16 14 12 14 14 10 12
1 Die für die Berechnung verwendeten gVe-Koeffizienten betragen 0, 13, 0,06 bzw. 0,80 für die Milchschafe, die Lämmer und Pferde. 2 gewichteter Durchschnitt pro Koppelfläche 1 bis 4. 3 nicht umzäunter Teil oberhalb von 2350 m höhe. Bei den werten in Klammern handelt es sich um bereinigte flächen.
Tab. 1 | Tierbestände, Sömmerungsdauer (j) und Weideintensität (GVE∙Tage/gesäuberte ha) auf der Nivenalp in den Jahren 2002 bis 2008
Koppel Probeflächen
(n)
Anzahl Arten Shannon Index EvennessIndex
2002 2009Abweichung 2002 2009
Abweichung 2002 2009 Abweichung
1 3 32 31 –1 % 3,0 3,3 8 % 0,61 0,66 9 %
2 8 36 39 11 % 3,2 3,5 10 % 0,62 0,66 7 %
3 9 37 38 4 % 3,2 3,3 3 % 0,62 0,63 2 %
4 16 32 35 11 % 3,3 3,3 1 % 0,66 0,66 –2 %
Durchschnitt1 34 36 4 % 3,2 3,3 7% 0,64 0,65 1 %
Tab. 2 | Reichtum an Pflanzenarten, sowie Shannon und EvennessIndices; Durchschnitt pro Koppel
1 Arithmetisches Mittel der 36 Probeflächen.
220 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Einführung der Umtriebsweide im Jahre 2000 hat zu
folgenden Veränderungen bei der Weideintensität auf
der Alp geführt:
•• Der Weidedruck hat in den beiden tiefer gelegenen
Weideflächen zugenommen. In gewissen Gebieten
dieser Zone fand vor dem Jahre 2000 eine Wieder-
bewaldung statt.
•• Im hochgelegenen Alpteil trug das neue Weidesystem
im Gegensatz dazu bei, den Weidedruck zu begrenzen.
Diese Zone beherbergt zahlreiche Pflanzen, die sehr
empfindlich auf wiederholte Beweidung reagieren.
•• Der Übergang vom freien Weidegang zur Umtriebs-
weide wirkte sich eher günstig auf die Vegetation aus.
Im Laufe der sieben Beobachtungsjahre blieben die
Hauptindikatoren (Anzahl Arten, sowie Shannon- und
Evenness-Indices) unverändert oder entwickelten sich
positiv.
•• Im umzäunten Teil der Nivenalp erwies sich eine
durchschnittliche Weideintensität von 75 GVE Tage/ha
als angemessen, um die Floravielfalt auf einer Höhe
von 1950 bis 2100 m Höhe aufrechtzuerhalten. In der
Zone zwischen 2100 und 2350 m scheint eine Weidein-
tensität von 35 bis 50 GVE Tage/ha angebracht zu sein.
•• Die Zeigerwerte nach Landolt zeigen eine Zunahme
der Temperaturwerte, insbesondere in den beiden
tiefer gelegenen Koppeln (1950 – 2100 m), was sich
mit der Entwicklung von durch die Weide begünstig-
ten Arten erklären könnte. Der Einfluss der Klima-
erwärmung kann jedoch nicht ausgeschlossen wer-
den. Eine gleichzeitige Zunahme der Nährstoffwerte
konnte nicht festgestellt werden.
•• Die Tragweite dieser verschiedenen Ergebnisse muss
jedoch aufgrund der kurzen Beobachtungsdauer rela-
tiviert werden. n
wert signifikant gestiegen ist (p = 0,04). Die übrigen
Ökowerte weisen keine statistisch signifikanten Abwei-
chungen auf.Die Klimaerwärmung, die in den Bergen besonders
spürbar ist, stellt einen Expansions- und Kolonisations-
faktor für krautige Pflanzen dar. Dieses Phänomen ist
auf der alpinen Stufe, speziell in Gipfelnähe, gut doku-
mentiert (Vittoz et al. 2009a). Auf subalpiner Stufe
scheinen die Veränderungen der Vegetation langsamer
voranzuschreiten. Die Bedeckung mit krautigen Pflan-
zen ist dort dichter und das Auftreten neuer Arten
könnte durch die Konkurrenz mit bereits angesiedelten
Arten begrenzt werden. Vittoz et al. (2009b) erklären,
dass die Bewirtschaftungsveränderungen in dieser
Zone im Allgemeinen grössere Auswirkungen auf
die Vegetation haben als die Klimaveränderungen. In
Niven haben sich die Bewirtschaftungspraktiken auf
den tiefer gelegenen Koppeln am stärksten verändert.
Der Übergang von einer Unternutzung zu einem Wei-
dedruck von rund 75 GVE Tage/ha hat wahrscheinlich
relativ weideresistente Arten begünstigt. Unter ihnen
befinden sich unter anderem Pflanzen für mittlere
Lagen (Agrostis capillaris, Hieracium lactucella, Trise-
tum flavescens), was darauf hinzuweisen scheint, dass
der Faktor «Temperatur» ebenfalls an dieser Entwick-
lung beteiligt war. Die im Laufe der sieben Jahre beob-
achteten Vegetationsveränderungen bleiben trotzdem
begrenzt und lassen keine definitiven Schlussfolgerun-
gen bezüglich der jeweiligen Wirkung der beiden vor-
erwähnten Faktoren zu.
Nutztiere | Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation
Feuchigkeit phWert Nährstoffe Licht Temperatur
2002 2009 2002 2009 2002 2009 2002 2009 2002 2009
Koppel 1 2,92 2,87 2,83 2,82 3,04 2,93 3,90 3,81 2,36 2,58
Koppel 2 2,73 2,68 2,57 2,64 2,48 2,54 3,92 3,92 2,28 2,35
Koppel 3 2,60 2,59 2,92 2,90 2,25 2,24 4,13 4,10 2,00 2,02
Koppel 4 2,56 2,56 2,68 2,64 2,21 2,20 4,10 4,08 1,85 1,86
Alp 2,64 2,62 2,73 2,72 2,35 2,34 4,05 4,03 2,03 2,07
P1 0,21 0,67 0,80 0,22 0,04
Tab. 3 | Werte nach Landolt, Durchschnitte pro Koppel
Die Anzahl Probeflächen pro Koppel ist in Tabelle 2 ersichtlich. 1t-Test für gepaarte stichproben (2002 – 2009) bei allen 36 Probeflächen.
221Agrarforschung Schweiz 1 (6): 216–221, 2010
Umtriebsweide bei der Schafsömmerung: Auswirkungen auf die Vegetation | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Rotational grazing with sheep on a
high altitude pasture: impact on the
vegetation
The use of high altitude pastures with
sheep is delicate. A bad management
is a threat to the vegetation and the
diversity of the flora diminishes. The
goal of the study was to assess the
effect of a strict pasture rotation on
the diversity of vegetation. Botanical
analyses have been carried out in 2002
and 2009 on 36 plots by means of the
Braun-Blanquet method. During this
period, the main indicators (number
of species, indexes of Shannon and
evenness) remained stable or evolved
positively. The vegetation, in terms of
botanical composition and abundance,
did not undergo any important
changes. The results suggest that the
rotation pasture, if well managed,
enables at maintaining the diversity
of the vegetation. However, due to the
short span of time of the survey, the
results have to be interpreted with
care.
Key words: Alpine vegetation, sheep,
rotational grazing, botanical composi-
tion, species diversity.
Pascolo a rotazione durante l’alpeggio
di ovini: effetti sulla vegetazione
Il pascolo ovino nelle zone sensibili è
delicato. Se il pascolo è mal condotto,
la copertura vegetale si degrada e la
diversità floristica diminuisce. In
questo contesto è auspicabile
sviluppare delle nuove tecniche di
gestione dei greggi. Lo studio,
condotto da ACW, aveva l’obiettivo
di valutare la rotazione del pascolo
durante l’alpeggio degli ovini dal
punto di vista della diversità vegetale.
Negli anni 2002 e 2009 sono state
realizzate delle analisi botaniche su
36 aree utilizzando il metodo di Braun-
Blanquet. Nel corso dei sette anni di
monitoraggio, i principali indicatori
(numero delle specie, indice di
Shannon e di equivalenza) sono
rimasti stabili o sono evoluti favorevol-
mente. Durante questo periodo la
vegetazione, in termini di composi-
zione botanica o di copertura, è evo-
luta solo molto leggermente. Questi
risultati suggeriscono che il sistema a
rotazione, se è ben condotto, permette
di mantenere la diversità botanica.
I risultati devono comunque essere
considerati con prudenza visto la
durata limitata del monitoraggio.
Literatur b Braun-Blanquet J., 1964. Pflanzensoziologie. Grundzüge der Vegetations-kunde. Springer Verlag, Wien, 865 S.
b Landolt E., 1977. Ökologische Zeigerwerte zur Schweizer Flora. Veröffent-lichungen des Geobotanischen Institutes der Eidg. Techn. Hochschule, Stiftung Rübel, Zürich, 208 S.
b Lauber K. & Wagner G., 2000. Flora Helvetica, flore illustrée de Suisse. Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien, 1616 S.
b Bundesamt für Statistik (BFS), 2009. Schweizer Landwirtschaft, Taschen-statistik 2008. Vom BFS herausgegeben, 35 S.
b Troxler J. & Chatelain C., 2006. Pâture tournante avec des moutons à hau-te altitude. Agrarforschung 38 (2), 53–61.
b Vittoz P., Dussex N., Wassef J. & Guisan A., 2009a. Diaspore traits discri-minate good from weak colonisers on high-elevation summits. Basic and Applied Ecology 10, 508–515.
b Vittoz P., Randin C. F., Dutoit A., Bonnet F. & Hegg O., 2009b. Low impact of climate change on subalpine grasslands in the Swiss Northern Alps. Global Change Biology 15, 209–220.
222 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
N u t z t i e r e
nahme von Mutterkuh und Kalb liegen differenziert
nach der Vielzahl der in der Schweiz vertretenen Mut-
terkuhrassen erst wenige Daten vor. Die Gründe dafür
liegen einerseits in der schwierigen getrennten Erfas-
sung des Futterverzehrs andererseits im eher leicht über
das Grundfutter zu deckenden Gesamtbedarf der Tiere,
der seinerseits in den bescheidenen Milchleistungen
und der genetisch bedingten niedrigen Gesamtfutter-
aufnahme von Fleischrassentypen in der Mutterkuhhal-
tung begründet liegt. Die Futteraufnahme von Mutter-
kühen wurde deshalb bis anhin pauschal in Anlehnung
E i n l e i t u n g
Bezüglich der Futteraufnahme von Milchkühen liegen
umfassende Datengrundlagen und zahlreiche Formeln
für eine möglichst zuverlässige Futterverzehrsschät-
zung vor. Zur Beantwortung der Frage, wie viel Mutter-
kühe und deren Kälber verzehren, sind in der Schweiz
nur wenige Datengrundlagen vorhanden. Das Interesse
und Bedürfnis von Beratung, Lehre und Praxis hierzu
über mehr Kenntnisse zu verfügen, nimmt deshalb zu.
Insbesondere bezüglich einer getrennten Futterauf-
Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit KalbMarc Boessinger1,2, Jacques Emmenegger2, André Chassot3,1 und Isabelle Morel3
1AGRIDEA, Tierhaltung & Lebensmittelqualität, 8315 Lindau2ETH Zürich, Institut für Pflanzen-, Tier- und Agrarökosystemwissenschaften IPAS, 8092 Zürich3Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux
Auskünfte: Marc Boessinger, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 354 97 68
Die zahlreichen Mutterkuhrassen der Schweiz weisen zum Teil sehr unterschiedliche Futteraufnahmen und Leistungsparameter auf.
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Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit Kalb | Nutztiere
Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der ETH
Zürich wurde Datenmaterial eines vier-
jährigen Versuches von Agroscope ALP des
Projekts «Typo» ausgewertet. Von Kühen der
Mutterkuhrassen Angus, Limousin, Eringer
und des milchbetonten Rassenkreuzungs typs
Limousin x Red Holstein (F1), wurden die Fut-
teraufnahme und die Lebend-
gewichtsentwicklung während der
Winterfütterung erhoben. Mit Futteraufnah-
men von über 14 kg Trockenmasse bei Angus-
und F1-Kreuzungstieren liegt der
Futter verzehr höher als in den bisherigen
schweizerischen Fütterungsempfehlungen.
Bei Limousin-Mutterkühen wird ein signifi-
kanter, um ca. 10 % geringerer Futterverzehr
gegenüber den anderen Mutterkuhrassen
beobachtet. Der maximale Futterverzehr
liegt bei den Mutterkühen um den Zeitpunkt
des dritten Laktationsmonats. Eine Energie-
mobilisation von 4 bis 10 MJ NEL pro Tag ist
deshalb auch bei Mutterkühen innerhalb der
ersten zwei Laktationsmonate zu erwarten.
In Anlehnung an neuere französische Daten-
grundlagen zur Schätzung des Futterverzehrs
wurden im Rahmen der Bachelorarbeit, in
Kombination mit dem Datenmaterial aus dem
Projekt «Typo», zudem eine Schätz formel für
den Futterverzehr von Mutter kühen schwei-
zerischer Rassen abgeleitet. Die Modellan-
nahmen zur Verzehrsschätzung wurden auf
einem Praxisbetrieb geprüft, wobei sich
maximal 4 % Unterschied zwischen dem
geschätzten und dem gewogenen Futterver-
zehr ergaben. Zur weiteren Anwendung wird
ein Schätzmodell in Abhängigkeit von Rasse
und Lebendgewicht der Mutterkuh, dem
Energiegehalt der Futterration und Korrektu-
ren für Trächtigkeit, Laktationsmonat und
Laktations nummer vorgeschlagen.
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
an leichte Milchkühe geschätzt, jene der Mutterkuhkäl-
ber in Anlehnung an Fütterungsempfehlungen für die
Jungviehmast unter Berücksichtigung eines prozentua-
len Verzehrsabzugs.
Anforderungen verschiedener Markenprogramme,
z.B. «Natura-Beef» verlangen, dass die Kälber direkt nach
dem Absetzen bei guter Schlachtqualität ver marktet
werden können. Dies erfordert Tageszunahmen der Mut-
terkuhkälber von über 1000 g, was eine aus reichende
Milchleistung der Mutterkuh, gutes Grundfutter und oft
eine gezielte Ergänzungsfütterung des Kalbes erfordert.
Eine Kontrolle und eine zutreffende Schätzung des Fut-
terverzehrs von Mutterkuh und Kalb ist deshalb sinnvoll,
um einerseits die Gewissheit zu erlangen, dass die Kuh
die für das Wachstum des Kalbes notwendige Milchleis-
tung erbringen kann und andererseits, ob das Kalb auf-
grund seiner Futteraufnahme kapazität die gesetzten
Wachstumsziele auch wirklich erreicht. Diesbezügliche
Kenntnisse ermöglichen es, dann mit Hilfe geeigneter
Fütterungsplanungstools den Einsatz betriebseigener
Futtermittel zu optimieren oder das Futterangebot im
Bedarfsfall mit zuzukaufendem Futter gezielt zu ergän-
zen.
Im Rahmen einer Bachelorarbeit am IPAS der ETH
Z ürich (Emmenegger 2009) sollten Versuchsdaten eines
mehrjährigen Mutterkuh-Herdenversuchs aus dem Pro-
jekt «Typo» der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-
Posieux ALP bezüglich der Gewichtsentwicklung und
Futteraufnahme von Mutterkuh und Kalb unterschiedli-
cher Rassen ausgewertet werden und unter Anlehnung
an französische Verzehrschätzungsmodelle der INRA,
praktikable Schätzformeln zum Futterverzehr von Mut-
terkühen schweizerischer Rassen ableitet werden. Die
erarbeiteten Modelle zur Verzehrschätzung sollten nach-
folgend im Rahmen einer Futterverzehrserhebung auf
einem Praxisbetrieb angewendet und überprüft werden.
Kenntnisse zum Futterverzehr von Mutterkuh und Kalb dienen der Praxis und Beratung zur Fütterungsplanung und dem Erstellen möglichst exakter Nährstoffbilanzen.
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, ALP
224 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
Nutztiere | Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit Kalb
Als Basis für die Ableitung einer Schätzformel für den
Futterverzehr von Mutterkühen schweizerischer Mut-
terkuhrassen wurde von aktuellen französischen Be-
rechnungsgrundlagen zur Schätzung des Futterverzehrs
von Mutterkuh und Kalb (INRA 2007) ausgegangen.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Gewichtsentwicklung der Mutterkühe
Der Verlauf der Gewichtsentwicklung der Mutterkühe
im Laufe der ersten 18 Laktationswochen ist in Abbil-
dung 1 dargestellt. Er gibt Auskunft über die Energie-
mobilisation in der Startphase, wonach der Gewichts-
verlust in den ersten zwei Monaten der Laktation je
nach Mutterkuhrasse zwischen 10 und 25 kg beträgt.
Das entspricht einer Energiemobilisation von ca. 4 bis
10 MJ NEL pro Tag aus dem Körperfett, was für Mutter-
kühe in normalem Bereich liegt und im Versuch zu kei-
nen Stoffwechselproblemen, wie z.B. einer Ketose
führte.
Die wöchentliche Schätzung des Body Condition
Score (BCS) folgte im Wesentlichen der Gewichtsent-
wicklung der Mutterkühe über die ersten Laktations-
monate, wenn auch mit zum Teil deutlichen, rassenspe-
zifischen Niveaunterschieden. Letztere liegen darin
begründet, dass F1-Kühe tiefere BCS-Werte aufweisen,
weil sie zwar schwer und grossrahmig sind, als untypi-
sche Fleischkühe aber eher etwas leerfleischig sind. Bei
Eringerkühen werden mit grundsätzlich kleinerem For-
mat durchwegs auch tiefere BCS-Werte geschätzt.
Gewichtsentwicklung und Tageszuwachs der KälberDie Lebendgewichtsentwicklung der Mutterkuhkälber
ist aus der Abbildung 2 ersichtlich. Angus-, Limousin-
und F1-Kälber entwickeln sich annähernd gleichmässig,
M e t h o d e
Der Mutterkuh-Herdenversuch fand von 2004 – 2008 an
der Agroscope Liebefeld-Posieux ALP in Posieux statt. Im
Durchschnitt der Jahre waren jeweils zehn Mutterkühe
der Rassen Angus (An), Limousin (Li), Eringer (Hr) und
F1-Kühe (Limousin x Red Holstein; Li x RH) vertreten. Die
Mutterkühe kalbten saisonal von November bis Januar
ab. Als Futterration erhielten die Kühe während der Lak-
tation, von Laktationsbeginn in der jeweiligen Winter-
periode bis zum Weideaustrieb ab der 18. Laktations-
woche, eine aus Heu und Grassilage qualitativ und
anteilsmässig einheitlich zusammengesetzte Ration,
welche während der Galtphase durch Ökoheu ersetzt
wurde. Die Kälber erhielten neben der Milch der Mutter-
kuh als Festfutter ein qualitativ sehr gutes Heu im Käl-
berschlupf angeboten.
Die Futteraufnahme der Kühe wurde quantitativ und
zeitlich elektronisch individuell erhoben, die Futterauf-
nahme der Kälber wurde gruppenweise erfasst. Die
Gewichtsentwicklung der Kühe wurde wöchentlich, jene
der Kälber alle zwei Wochen erhoben. Wöchentlich
wurde bei den Kühen zusätzlich der Body Condition
Score (BCS) geschätzt. Aufgrund der über die vier Jahre
leicht unterschiedlicher Anzahl Tiere je Mutterkuhrasse,
wurden die Daten je Rasse über die vier Jahre gepoolt
und in Abhängigkeit der Laktationswochen (Woche 1 bis
18) ausgewertet.
Die Praxiserhebungen erfolgten auf dem Betrieb der
landwirtschaftlichen Schule Strickhof-Wülflingen wäh-
rend des Winterhalbjahres 2008/2009. Hierzu wurden
die Festfutteraufnahme und die Gewichtsentwicklung
von Mutterkühen der Rassen Charolais und Simmental
(10 bzw. 18 Kühe) und die Gewichtsentwicklung der Mut-
terkuhkälber (28 Kälber) erhoben.
30
50
70
90
110
130
150
170
190
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18Laktationswoche
Lebendgewicht [kg]
AnF1HrLi
Lebe
ndge
wic
ht (k
g)
Abb. 2 | Gewichtsentwicklung der Kälber nach Rassen(An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin, F1: Kreuzungstiere Li x RH).
400
450
500
550
600
650
700
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18Laktationswoche
Lebendgewicht [kg]
AnF1HrLi
Lebe
ndge
wic
ht (k
g)
Abb. 1 | Gewichtsentwicklung der Mutterkühe nach Rassen (An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin, F1: Kreuzungstiere Li x RH).
225Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit Kalb | Nutztiere
erfassten Rassen gilt, dass die maximale Futterauf-
nahme etwa um 4.5 kg TM (An: 4,7 kg; F1: 4,7 kg;
Li: 4,8 kg; Hr: 4,2 kg) höher liegt als in der ersten
Abkalbewoche.
Eringer- und Limousinkühe fressen weniger als An-
gus- und F1-Tiere. Bei den Eringern ist dies durch das
kleinere Format und das geringere Gewicht der Kühe
begründet. Bei den Limousinkühen ist dieser Umstand
zwar nicht begründet, er ist aber bekannt und wird
auch in den französischen Fütterungsempfehlungen
(INRA 2007), mit einem Minderverzehr von ca. 8 – 10 %
gegenüber anderen Mutterkuhrassen gleichen For-
mats dokumentiert.
Weist man den Futterverzehr der Mutterkuh-
rassen in Verhältnis zu ihrem metabolischen Gewicht
aus, fressen auch die Eringer annähernd gleich viel
wie die Angus- und F1-Mutterkühe, während der
geringere Futterverzehr der Limousinkühe noch deut-
licher ersichtlich wird (Abb. 5).Deutlich liess sich zudem ein Einfluss der Laktations-
zahl auf den Futterverzehr der Mutterkühe zeigen, wo-
nach sich Erstlaktierende noch im Wachstum befinden
und aufgrund ihres geringeren Körpergewichts gerin-
gere Futtermengen verzehren (Abb. 6).
wobei die F1-Kälber dem Anschein nach von der gene-
tisch bedingten höheren Milchleistung der F1-Mutter-
kühe profitieren. Die Eringerkälber bleiben im gleichen
Zeitraum gewichtsmässig deutlich zurück.
Die Tageszuwachswerte der Kälber, dargestellt in
Abbildung 3, zeigen zwischen dem zweiten und drit-
ten Lebensmonat eine leichte Wachstumsdepression.
Die Ursache ist nicht bekannt, es wurde jedoch in dieser
Zeit eine erhöhte Durchfallrate bei den Tieren beob-
achtet, was auf einen gesteigerten Infektionsdruck
vermuten lässt. Danach entwickelten sich die Kälber,
mit Ausnahme der Eringerkälber, die ab der 15. Woche
geringere Tageszuwachswerte aufwiesen, wieder nor-
mal.
Futteraufnahme der Mutterkühe
Die Entwicklung der Futteraufnahme der Mutterkühe
in den ersten Monaten der Laktation ist für alle Ras-
sen in etwa gleich (Abb. 4). Die Kühe fressen bereits
kurz nach dem Abkalben je nach Rasse zwischen 8 und
11 kg Trockenmasse (TM) pro Tag. Ähnlich den Milch-
kühen scheint die maximale Futteraufnahme im drit-
ten Laktationsmonat erreicht zu sein. Sie liegt in ei-
nem Bereich von 11 bis 14 kg Trockenmasse. Bei allen
400500600700800900
1000110012001300
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18Laktationswoche
Tageszuwachs [g/Tag]
AnF1HrLi
Tage
szuw
achs
(g/T
ag)
Abb. 3 | Tageszuwachswerte der Kälber nach Rassen(An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin, F1: Kreuzungstiere Li x RH).
6789
101112131415
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18Laktationswoche
Futterverzehr [kg TS/Tag]
AnF1HrLi
Futt
erve
rzeh
r (k
g TS
/Tag
)
Abb. 4 | Futteraufnahme der Mutterkühe nach Rassen(An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin, F1: Kreuzungstiere Li x RH).
0.070.080.080.090.090.100.100.110.110.120.12
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18Laktationswoche
Futterverzehr [kg/kg
metabolisches K_rpergewicht]
AnF1HrLi
Futt
erve
rzeh
r (k
g/kg
)m
etab
olis
ches
Kör
perg
ewic
ht)
Abb. 5 | Futteraufnahme der Mutterkühe nach Rassen je Kilogramm metabolisches Körpergewicht (An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin; F1:Kreuzungstiere Li x RH).
56789
101112131415
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Futterverzehr K_he
[kg TS/Tag]
An erstlakt. .F1 erstkalt.
Laktationswoche0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Futt
erve
rzeh
r K_
he(k
g TS
/Tag
) Hr erstkalt.Li erstkalt.An mehrlakt.F1 mehrlakt.Hr mehrlakt.Li mehrlakt.
Abb. 6 | Futteraufnahme der Mutterkühe nach Anzahl Laktationen und Rasse. (An: Angus, Hr: Eringer, Li: Limousin, F1: Kreuzungstiere Li x RH; erstlaktierend, mehrlaktierend).
226 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
Nutztiere | Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit Kalb
Schätzung des Futterverzehrs der Mutterkuh
Trockenmasse-Gesamtverzehr (kg TMVtot)
kg TMVtot = IRasse + 1,4 x NELRation + 0,0147 x LGMutterkuh – 4,1
Rassenindizes:
Angus: 0,7; Limousin: 0,2; Eringer: 0,0;
Simmental: 0,7; Charolais: 0,4; F1-Kühe (Li x RH): 1,2
Korrekturen:
•• Galtphase: - 4,3 kg TS
•• 1. Laktationsmonat: - 1,3 kg TS
•• Kühe 1. Laktation: - 0,3 kg TS
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die bisherigen Auswertungen zeigen, dass folgende
Faktoren den Futterverzehres der Mutterkuh beeinflus-
sen und entsprechend gewichtet in die Modellierung
einer Gesamtverzehrsformel für Mutterkühe berück-
sichtigt wurden: Rasse, Lebendgewicht, Milchleistung,
Laktationsstadium und Laktationsnummer. Diese Fakto-
ren und zusätzlich der Body Condition Score (BCS) wur-
den auch in den französischen Berechnungsgrundlagen
(INRA 2007) zur Verzehrschätzung von Mutterkühen
berücksichtigt. In der vorliegenden Arbeit zeigt die Be-
rücksichtigung des BCS keinen Effekt, weshalb dieser
nicht in die vorgeschlagene Schätzformel aufgenom-
men wurde. Die in den ALP-Versuchen erhobenen Ver-
zehrsmengen und Gewichtsentwicklungen der Mutter-
kühe und Kälber decken sich zudem nur teilweise mit
französischen Angaben zur gleichen Rasse. Für die Viel-
zahl an unterschiedlichen Mutterkuhrassen, die in der
Schweiz vertreten sind, sind deshalb weitere Erhebun-
gen durchzuführen und die bisher erarbeiteten Modelle
zur Verzehrsschätzung zu prüfen und zu validieren.
Hierzu werden gegenwärtig weitere Rassenvergleichs-
versuche mit Mutterkühen an Agroscope Liebefeld-
Posieux ALP durchgeführt und ausgewertet. n
Futteraufnahme der Mutterkuhkälber
Die Futteraufnahme der Mutterkuhkälber liess sich im
Projekt «Typo» nicht erfassen. Die Kälber wurden in
Gruppen gehalten, hatten keinen Zugang zur Futter-
krippe der Muttertiere, konnten aber nicht mittels
Einzeltieridentifikation erfasst werden. Die separat im
Kälberschlupf aufgenommenen Futtermengen waren
zudem gering, variierten stark und die Futterreste
waren im Verhältnis zur Vorlage eher hoch. Aufgrund
der mangelnden Genauigkeit der Daten, wurde auf eine
separate Auswertung verzichtet.
Schätzung des Futterverzehrs
Bestehende Modelle zur Schätzung der Futteraufnahme
von Mutterkühen, wie jenes der INRA (Agabriel und
Hour 2007) und jenes, dass in der EDV-Fütterungspla-
nung von AGRIDEA (FUPLAN 7.4, 2009) in Anlehnung an
die französischen Vorschläge für schweizerische Mut-
terkuhrassen angepasst wurde, haben zum Nachteil,
dass sie zahlreiche Parameter enthalten, die fortlaufend
anzupassen und grundsätzlich schwierig einzuschätzen
sind. Solche sind im Wesentlichen der BCS und die
Milchleistung der Mutterkuh. Das lineare Modell, wel-
ches im Rahmen der Bachelorarbeit erarbeitet wurde,
ging im Wesentlichen von den erhobenen Versuchs-
daten aus und basiert auf gut zu schätzenden oder
bekannten Faktoren, wie das Lebendgewicht, den
Laktationsmonat, die Laktationsnummer, den Energie-
gehalt der Futterration und die Rasse der Mutterkuh. Es
liessen sich daraus verschiedene Formeln unterschiedli-
cher Komplexität zur Schätzung des Futterverzehrs von
Mutterkühen ableiten. Nach vergleichenden Modellbe-
rechnungen mit Verzehrserhebungen auf dem Praxisbe-
trieb Strickhof Wülflingen bei Mutterkühen der Rassen
Simmental und Charolais, wird folgendes, für die Bera-
tung, Ausbildung und Praxis praktikable Modell für die
Schätzung des Gesamtfutterverzehrs von Mutterkühen
vorgeschlagen:
227
Ria
ssu
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Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 222–227, 2010
Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung von Mutterkühen mit Kalb | Nutztiere
Ria
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Sum
mar
y
Feed consumption and live weight per-
formance of suckler cows with calves
As part of a bachelor thesis at the ETH
Zurich, data of a four-year experiment of
Agroscope ALP Project «Typo» were evalu-
ated. From suckler cows of the breeds
Angus, Limousin, Eringer and the cross-
bred type Limousin x Red Holstein, feed
intake and live weight performance were
measured during winter feeding periods.
With feed intake of over 14 kg DM in
Angus and the crossbred cows, the total
food consumption is higher than in latest
Swiss feed recommendations for suckler
cows. In Limousin cows a significantly
lower feed intake of 10 % was observed,
compared to the other breeds. The maxi-
mum feed intake of suckler cows takes
place around the third month of lactation.
Energy mobilization of about 4 to 10 MJ
NEL per day is to be expected in cows
within the first two months of lactation.
As a further part of the thesis, a formula
was derived for estimating the food con-
sumption of Swiss suckler beef breeds,
based on recent French formula-bases
combined with data from the project
"Typo". The model assumptions used to
estimate consumption were tested in on-
farm research and the differences
between estimated and actual weight of
feed consumption didn’t exceed 4 %. For
further application, a simplified estimation
model is proposed including breed and
live weight of the suckling cow, energy
content of the feed ration and modifica-
tions due to pregnancy, month of lactation
and lactation number.
Key words: suckler beef, forage intake,
weight performance, estimation model.
Assunzione di foraggio e sviluppo del
peso di vacche nutrici con vitelli
Nell’ambito di un lavoro di Bachelor
all’ETH di Zurigo sono stati analizzati dati
di una ricerca quadriennale del progetto
«Typo» condotta da Agroscope ALP.
Durante il foraggiamento invernale sono
stati raccolti dati sulla consumazione del
foraggio e dello sviluppo del peso vivo
delle razze vacche nutrici Angus, Limousin,
Eringer e del incrocio del tipo Limousin x
Red Holstein. Con un’assimilazione del
foraggio di più di 14 kg di materia secca
negli animali delle razze Angus e incroci
F1, la consumazione di foraggio è più alta
che nelle esistenti raccomandazioni di
foraggiamento svizzere. Nelle vacche
nutrici della razza Limousin è osservata
una consumazione ridotta di circa del 10 %
in confronto alle altre razze. Il consumo
massimo di foraggio per vacche nutrici si
situa intorno al terzo mese di lattazione.
E’ da prevedere una mobilizzazione ener-
getica tra 4 e 10 MJ NEL per giorno per le
vacche nutrici nei primi due mesi di latta-
zione. All’interno del lavoro di Bachelor si
sono combinati i nuovi dati di base fran-
cesi, sulla stima del consumo di foraggio,
con quelli emersi dal progetto «Typo» così
da poter dedurre una formula per la stima
del consumo di foraggio per le vacche
nutrici delle razze svizzere. Il modello di
stima del consumo é stato testato in
un’azienda; la differenza tra quantità
stima e pesata era al massimo del 4 %.
Per l’uso futuro si propone un modello
semplificato a dipendenza di razza e peso
vivo delle vacche nutrici, del contenuto
energetico della razione foraggiera e una
correzione per gestazione, mese di latta-
zione e numero di lattazioni.
Literatur b Agabriel J., Hour D., 2007. Tables INRA, Alimentation des bovins, ovins
et caprins, Besoin des animaux – Valeurs des aliments. Alimentation des vaches allaitantes; Edition Quae c/o INRA, 78026 Versailles Cedex: 57 – 77.
b AGRIDEA, 2007. FUPLAN 7.4, Excelanwendung zur Fütterungsplanung für Wiederkäuer.
b ALP, 2006. Fütterungsempfehlungen und Nährwerttabellen für Wieder-käuer. Online-Ausgabe. Hrsg.: Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP. Zugang: http://www.alp.admin.ch/dokumentation.
b Emmenegger J., 2009. Futteraufnahme und Lebendgewichtsentwicklung von Mutterkühen und Mutterkuhkälbern unterschiedlicher Rassen im Lebensabschnitt Geburt bis zum Absetzen. Bachelorarbeit des Instituts für Pflanzen-, Tier- und Agrarökosystemwissenschaften IPAS, ETHZ, 2009, 415 S.
228 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 228–231, 2010
N u t z t i e r e
Eine ausreichend hohe Entnahmemenge bei der Verfütterung ist die Voraussetzung zur Verhinderung von Nachgärungen.
E i n l e i t u n g
Bei der Silagebereitung stellen die Nachgärungen bei
der Entnahme sowohl bei den Gras- als auch bei den
Maissilagen in den Praxisbetrieben eines der Hauptpro-
bleme dar. Dabei sind besonders die guten Silagen
betroffen, welche viel Restzucker und Milchsäure sowie
wenig Essigsäure aufweisen. Gefördert werden die
Nachgärungen durch eine schlechte Verdichtung des
Siliergutes und zu geringe Entnahmemengen bei der
Verfütterung. Durch einen gezielten Siliermitteleinsatz
wird versucht, das Problem Nachgärungen besser in den
Griff zu bekommen. Dazu sind wirksame Siliermittel
notwendig (Abb.1). In einem Versuch wurde die Wirk-
samkeit des Siliermittels Silostar Protect zur Vorbeu-
gung von Nachgärungen bei angewelkten Grassilagen
untersucht.
M e t h o d e
Der Versuch wurde mit gräserreichem Kunstwiesen-
futter, welches vor allem Raigras aufwies, beim ersten
und auch zweiten Aufwuchs durchgeführt. Das Futter
wurde auf knapp 40 % TS angewelkt, mit einem Häcks-
ler auf die Häcksellänge von 1 – 2 cm gehäckselt und in
Laborsilos zu 1,5 l Inhalt einsiliert. Getestet wurde das
Siliermittel Silostar Protect, welches bereits im letzten
Jahr bei Silomais eingesetzt wurde (Wyss 2009). Bei die-
sem Produkt handelt es sich um ein chemisches Siliermit-
tel, welches Natriumbenzoat, Calciumformiat und Kali-
umsorbat enthält. Als Vergleichsvarianten wurde neben
einer Negativkontrolle «Ohne Zusatz» auch eine Positiv-
kontrolle mit Luprosil, das Propionsäure enthält, mitbe-
rücksichtigt. Die Varianten und Dosierungen der einge-
setzten Siliermittel sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Die
Ueli Wyss, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: [email protected], Tel. +41 26 407 72 14
Siliermittel: Testergebnisse 2009
Foto
: U. W
yss,
ALP
229Agrarforschung Schweiz 1 (6): 228–231, 2010
Zusa
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ssu
ng
Die Wirksamkeit des Siliermittels Silostar
Protect zur Verbesserung der aeroben Stabi-
lität wurde bei angewelkten Grassilagen un-
tersucht.
Eine gräserreiche Mischung des ersten und
zweiten Aufwuchses, welche auf knapp 40 %
Trockensubstanz (TS) angewelkt und in La-
borsilos einsiliert wurde, diente als Aus-
gangsmaterial. Neben der zu prüfenden Vari-
ante mit dem Produkt Silostar Protect
wurden auch die beiden Varianten ohne Zu-
satz und Luprosil als Positivkontrolle mitbe-
rücksichtigt. Die Silierdauer betrug 56 Tage.
Sieben Tage vor der Entnahme wurden die
Silagen einem Luftstress ausgesetzt.
Alle Silagen zeigten eine gute Gärqualität,
was sich auch in einer hohen DLG-Punkte-
zahl auswirkte. Keine der Silagen des ersten
Aufwuchses erwärmte sich. Hingegen ver-
mochte sowohl die Positivkontrolle als auch
das zu prüfende Siliermittel Silostar Protect
die aerobe Stabilität der Silagen des zweiten
Aufwuchses im Vergleich zur Variante ohne
Zusatz zu verbessern.
Siliermittel: Testergebnisse 2009 | Nutztiere
Silierdauer betrug 56 Tage. Die Silos wurden bei einer
Temperatur von rund 20 °C gelagert. Eine Woche vor der
Entnahme wurden die Silagen während 24 Stunden ei-
nem Luftstress unterzogen, indem die Gummizapfen
unten und oben in den Laborsilos entfernt wurden.
Beim Einsilieren und beim Aussilieren wurden im
Futter die Rohnährstoffe analysiert. Im Weiteren wurde
ein Laborsilo pro Variante bereits nach 3 Tagen geöffnet
und der pH-Wert bestimmt. In den Silagen wurde jeweils
in drei Proben pro Variante zusätzlich die Gärqualität
anhand von pH-Wert, Gärsäuren, Ethanol- und Ammo-
niakgehalt untersucht sowie die Gärgasverluste berech-
net. Zur globalen Beurteilung der Silagequalität wurden
die DLG-Punkte berechnet (DLG 2006). Als wichtiger
Parameter wurde in den Silageproben die aerobe Sta-
bilität anhand von Temperaturmessungen ermittelt.
Alle 30 Minuten wurde die Temperatur gemessen und
re gistriert. Diese Erhebung dauerte 11 beziehungsweise
10 Tage. Als aerob stabil wurden die Silagen angesehen,
solange die Temperatur in der Silage die Umgebungs-
temperatur nicht um mehr als 1 °C übertraf.
Abb. 1 | Bei undichten Silos oder Siloballen mit Löchern kann auch das beste Siliermittel die Qualität nicht verbessern.
Variante 1. Aufwuchs 2. Aufwuchs
Ohne Zusatz – –
Propionsäure 600 g 600 g
Silostar Protect 300 g 300 g
Tab. 1 | Prüfverfahren und Dosierungen der eingesetzten Siliermittel (Dosierung für 100 g Futter)
1. Aufwuchs 2. Aufwuchs
Trockensubstanz (%) 38,5 38,8
Rohasche (g / kg TS) 82 100
Rohprotein (g / kg TS) 158 188
Rohfaser (g / kg TS) 188 207
Zucker (g / kg TS) 174 123
Pufferkapazität1) (g / kg TS) 69 68
Nitrat (g / kg TS) 0.1 0.7
Vergärbarkeitskoeffizient 59 53
NEL (MJ / kg TS) 6,3 6,5
APDE (g / kg TS) 104 110
APDN (g / kg TS) 105 125
Tab. 2 | Gehaltswerte des Futters beim Einsilieren
neL: netto energie Laktation APDe: Absorbierbares Protein im Darm, das auf grund der verfügbaren energiemenge aufgebaut werden kann. APDn: Absorbierbares Protein im Darm, das auf grund des abgebauten rohproteins aufgebaut werden kann.
230 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 228–231, 2010
Nutztiere | Siliermittel: Testergebnisse 2009
R e s u l t a t e
Gehaltswerte des Ausgangsmaterials
Die Gehaltswerte sowie weitere Parameter des Futters
beim Einsilieren sind in Tabelle 2 dargestellt. Der TS-
Gehalt betrug 38,5 beziehungsweise 38,8 % beim Futter
des ersten beziehungsweise zweiten Aufwuchses. Wie
anhand der Rohprotein- und Rohfasergehalte und auch
NEL-Gehalte ersichtlich ist, handelte es sich um junges
Futter. Die Zuckergehalte waren beim ersten Aufwuchs
höher als beim zweiten. Mit 174 beziehungsweise 123 g
Zucker pro kg TS war im Ausgangmaterial bei beiden
Aufwüchsen genügend Zucker für die gewünschte
Milchsäuregärung vorhanden. Das Futter wies bei bei-
den Aufwüchsen tiefe Nitratgehalte auf. Die Vergärbar-
keitskoeffizienten zeigten mit Werten von 59 und 53,
dass dieses Futter als leicht silierbar eingestuft werden
konnte.
Gehaltswerte der Silagen
Die Gehaltswerte der Silagen sind aus der Tabelle 3
ersichtlich. Dabei zeigten sich in den Silagen im Ver-
gleich zum Ausgangsmaterial vor allem Unterschiede
beim Zuckergehalt. Dieser wurde durch den Gärprozess
mehr oder weniger stark abgebaut. Wobei der Zucker-
abbau bei der Positivkontrolle am geringsten war. Aus-
wirkungen hatte dieser Zuckerabbau auch auf die übri-
gen Gehaltswerte, die dadurch zunahmen. Der
NEL-Gehalt in den Silagen lag 0,1 bis 0,2 MJ/kg TS unter
dem NEL-Gehalt des Ausgangsmaterials.
1. Aufwuchs 2. Aufwuchs
Parameter Ohne Zusatz Luprosil Silostar Protect Ohne Zusatz Luprosil Silostar Protect
Trockensubstanz (%) 36,7 36,9 36,8 37,3 37,5 37,7
Rohasche (g / kg TS) 90 89 94 101 101 107
Rohprotein (g / kg TS) 167 165 167 195 194 194
Rohfaser (g / kg TS) 208 207 206 216 215 215
Zucker (g / kg TS) 76 131 93 57 99 72
NEL (MJ / kg TS) 6,2 6,2 6,2 6,4 6,4 6,3
APDE (g / kg TS) 83 83 83 85 85 85
APDN (g / kg TS) 105 104 105 123 122 122
Tab. 3 | Gehaltswerte der Grassilagen.
Parameter Einheit1. Aufwuchs 2. Aufwuchs
Ohne Zusatz Luprosil Silostar Protect Ohne Zusatz Luprosil Silostar Protect
pH-Wert Tag 3 5,1 5,3 5,2 5,4 5,3 5,6
pH-Wert 4,3 4,4 4,4 4,4 4,6 4,5
Milchsäure (g / kg TS) 88 71 82 93 52 80
Essigsäure (g / kg TS) 20 12 18 10 6 8
Buttersäure (g / kg TS) 2 1 2 1 1 1
Propionsäure (g / kg TS) 0 19 0 0 19 0
Ethanol (g / kg TS) 7 2 5 4 1 3
fl. S./Ges. S. (%) 20 31 19 11 32 10
NH3-N/Ges. N (%) 3,2 2,5 3,1 4,8 3,0 4,7
Gärgasverlust (%) 3,5 2,0 3,0 2,2 1,1 1,8
DLG Punkte 100 100 100 100 96 100
Aerobe Stabilität (Stunden) 264* 264* 264* 150 240* 240*
Max. Temperaturdifferenz (°C) 0,0 0,1 0,0 7,5 0,3 0,3
pH-Wert nach Nachgärtest 4,4 4,4 4,4 7,4 4,6 4,5
fl. s./ges. s.: Anteil der flüchtigen säuren an den gesamtsäuren nh3-n/ges. n: Ammoniakstickstoffanteil am gesamtstickstoff * nach 264 oder 240 stunden wurde der nachgärtest abgebrochen
Tab. 4 | Gärqualität und aerobe Stabilität der Grassilagen.
231Agrarforschung Schweiz 1 (6): 228–231, 2010
Siliermittel: Testergebnisse 2009 | Nutztiere
Gärparameter der Silagen
In den ersten Tagen nach dem Einsilieren fand in allen
Silagen nur eine langsame Absenkung des pH-Wertes
statt (Tab. 4). Nach 56 Tagen Lagerdauer waren die pH-
Werte auf Werte von 4,3 bis 4,6 abgesenkt.
In allen Silagen dominierte die Milchsäuregärung. In
der Positivkontrolle wurden leicht geringere Milchsäure-,
Essigsäure- und Ethanolgehalte im Vergleich zu den bei-
den anderen Varianten festgestellt. Buttersäure war nur
in Spuren vorhanden. Alle Werte lagen unter 5 g/kg TS,
welches der Grenzwert für gute Silagen darstellt.
Der Proteinabbau, ausgedrückt als Ammoniakstick-
stoffanteil am Gesamtstickstoff, war bei allen Varianten
tief und deutet auf eine gute Gärqualität hin. Die
Positvkontrolle wies bei beiden Silagen die tiefsten
Gärgasverluste auf.
Auch bei den mit dem Siliermittel Silostar Protect be-
handelten Silagen waren die Gärgasverluste tiefer als
bei der Variante ohne Zusatz. Nach dem DLG-Schlüssel
wiesen alle Silagen zwischen 96 und 100 Punkten auf,
was einer sehr guten Qualität entspricht.
Aerobe Stabilität
Trotz den höheren Zuckergehalten in den Silagen des ers-
ten Aufwuchses im Vergleich zum zweiten Aufwuchs
konnte während der 11-tägigen Erhebungsdauer in keiner
Variante eine Erwärmung festgestellt werden. Auch die
pH-Werte blieben gleich tief wie am Tag 0.
Die unbehandelte Silage des zweiten Aufwuchses
erwärmte sich hingegen und der pH-Wert nahm stark
zu. Unter diesen Bedingungen vermochten die Positi-
vkontrolle wie auch das zu prüfende Siliermittel eine
Erwärmung zu verhindern und zeigten eine gute Wirk-
samkeit. Die pH-Werte veränderten sich bei diesen bei-
den Varianten nicht.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Die Gärqualität war bei allen Silagen sehr gut.
•• Das Siliermittel Silostar Protect konnte auch bei
an gewelkten Grassilagen die aerobe Stabilität bei
der Entnahme verbessern. n
Literatur b DLG 2006. Grobfutterbewertung. Teil B – DLG-Schlüssel zur Be-urteilung der Gärqualität von Grünfuttersilagen auf Basis der chemischen Untersuchung. DLG-Information (2), 2006.
Ria
ssu
nto
Coadiuvanti per l'insilamento: risultati dei test
del 2009
È stata testata l'efficacia del coadiuvante per
l'insil amento Silostar Protect per il miglioramento
della stabilità aerobica in insilati d'erba appassita.
A tal fine è stata usata una miscela ricca di
graminacee, ottenuta dal primo e dal secondo
taglio, appassita fino a ridurne il tenore in
sostanza secca (SS) al 40 per cento e insilata nei
silo sperimentali. Il test prevedeva tre varianti:
una in cui veniva usato il prodotto Silostar Pro-
tect, una in cui non venivano impiegati additivi e
una, utilizzata per il controllo positivo, in cui
all'insilato veniva aggiunto il prodotto Luprosil.
L'insilamento ha durato 56 giorni.
Tutti gli insilati hanno dimostrato una buona qua-
lità fermentativa, ottenendo un elevato punteg-
gio DLG. Nessuno degli insilati del primo taglio si
è surriscaldato. Negli insilati di erba del secondo
taglio si è constatato un miglioramento della sta-
bilità aerobica sia nella variante utilizzata per il
controllo positivo sia in quella in cui è stato
testato il coadiuvante Silostar Protect rispetto alla
variante che non prevedeva l'uso di coadiuvanti
per l'insilamento.
Sum
mar
y
Silage additives: test results 2009
The efficacy of the silage additive Silostar
Protect in improving the aerobic stability of
wilted grass silages was investigated. Forage
of a mixture containing mainly grasses from
the first and second cuts was pre-wilted
to 40 % DM and ensiled in laboratory scale
silos. Besides the variant with Silostar Protect,
a variant without additive and another with
propionic acid (positive control) were investi-
gated. The storage period lasted for 56 days.
Seven days before the silos were opened,
they underwent an air-stress. All silages
showed a good fermentation quality and
therefore high DLG points.
The silages of the first cut did not heat up. In
contrast to the variant without additive, both
positive control and Silostar Protect variant
did improve the aerobic stability of the silages
of the second cut.
Key words: aerobic stability, fermen tation
quality, grass silage, silage additive.
b Wyss U., 2009. Siliermittel und aerobe Stabilität: Testergebnisse 2008. Agrarforschung 16 (8), 320 – 329.
232 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
U m w e l t
Zwischenlagerung), als auch bei der Wiederherstellung
(Rekultivierung) und der Rückgabe an die Bewirtschaf-
ter (Wiederinkulturnahme und Folgebewirtschaftung).
Über die mittel- bis langfristige Wirkung der vor rund
zehn Jahren in der Verordnung über Belastungen des Bo-
dens (Anonym 1998) festgelegten Bodenschutzvorschrif-
ten ist unseres Wissens noch wenig publiziert worden
(vergleiche auch Kaufmann et al. 2009). Nach den Rekul-
tivierungsarbeiten sind die Böden nur schwach aggregiert
und mechanisch labil. Erst im Verlauf von mehreren Jah-
ren erlangen sie durch die Entwicklung einer Bodenstruk-
tur wieder eine gewisse Festigkeit. Bis zu diesem Zeit-
E i n l e i t u n g
Die Untersuchung erfolgte im Rahmen der bodenkund-
lichen Baubegleitung der SBB-Neubaustrecke Mattstet-
ten-Rothrist (NBS). Ein beträchtlicher Teil der zwischen
1995 und 2004 erstellten Bahnlinie verläuft in engen
Einschnitten und Tunnels, um Auflagen wie Landschafts-
schutz und Erhaltung der Bodenressourcen Rechnung
zu tragen. Die Beanspruchung des Kulturlandes für Ins-
tallationsplätze, Lagerflächen, Baupisten oder Baugru-
ben erforderte bodenschützerische Massnahmen so-
wohl während der Bauzeit (Bodenabtrag und
Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen BödenMatthias Stettler1,2, Christoph Stettler1 und Beat Huber-Eicher2
1Geotechnisches Institut AG, 3007 Bern2Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, 3052 Zollikofen
Auskünfte: Matthias Stettler, E-Mail: [email protected], Tel. +41 (0)78 622 12 89
Schüttung des Oberbodens auf den vorbereiteten Unterboden.
Foto
: Mat
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ettl
er, 2
005
233Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden | Umwelt
Die Bahn 2000 Neubaustrecke Mattstetten-
Rothrist war eine der ersten Grossbaustellen,
bei welcher die vor rund zehn Jahren ein-
geführten Bodenschutzvorschriften von der
Planung über die Ausführung bis zur Folge-
bewirtschaftung konsequent umgesetzt und
von einer bodenkundlichen Baubegleitung
betreut wurden. Ziel dieser Studie war es,
die mittel- bis langfristige Wirkung dieser
Anstrengungen anhand eines einfach zu
erhebenden Parameters möglichst flächen-
deckend zu überprüfen. In einer Feldunter-
suchung wurde dazu der Eindringwiderstand
von rekultivierten Flächen am Ende der
Folgebewirtschaftung und von benachbar-
ten, natürlich gewachsenen Böden mittels
Penetrometer gemessen und verglichen.
Dabei wurden zwei Standorte (Wanzwil und
Hersiwil) und zwei Fruchtfolge-, respektive
Bodenbearbeitungszustände (Kunstwiese
und Acker) sowie der volumetrische Boden-
wassergehalt berücksichtigt.
Die Ergebnisse zeigen auf, dass sich die
rekultivierten Böden nach sieben Jahren
Folgebewirtschaftung bezüglich des Ein-
dringwiderstands nicht von den umliegen-
den natürlichen Böden unterscheiden. Dank
den umfangreichen Bodenschutzmassnah-
men konnten demnach Verdichtungen
vermieden werden. Aufgefallen ist, dass die
rekultivierten Böden im Pflugsohlenbereich
(25 – 35 cm) einen tendenziell geringeren
Eindringwiderstand aufweisen. Dieser
Qualitätsvorteil sollte durch pfluglose
Bodenbearbeitung oder durch den Einsatz
des Systems Onland-Pflug erhalten werden.
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
punkt reagieren rekultivierte Böden sehr empfindlich auf
Belastungen von Fahrzeugen (Schäffer et al. 2007; Kauf-
mann et al. 2009).
Die vorliegende Untersuchung sollte die Frage klären,
ob sich die unter bodenkundlicher Begleitung
re kultivierten Böden am Ende der Folgebewirtschaf-
tungsperiode von den natürlich gewachsenen Böden
(Kontrolle) bezüglich des Eindringwiderstands unterschei-
den.
M e t h o d e
Untersuchte Standorte
Entlang der NBS wurden zwei grossflächige Rekulti-
vierungsstandorte und angrenzende, nicht vom Bau
betroffene Parzellen beprobt:
•• Wanzwil: Aushubdeponie, rekultivierte Fläche
ca. 20 ha, natürliche Bodentypen: mässig tiefgründige
bis tiefgründige Braunerden, Bodenart: sandiger
Lehm. Skelettgehalt: Oberboden skelettarm (Stein-
gehalt < 5 %), im Unterboden nimmt der Skelett
gehalt mit der Tiefe zu (schwach skeletthaltig bis
kieshaltig, Steingehalt 5 – 20 %).
•• Hersiwil: Tagbautunnel, rekultivierte Fläche ca. 15 ha,
natürliche Bodentypen: tiefgründige Braunerden und
mässig tiefgründige Braunerde-Gleye. Bodenart:
Lehm. Skelettgehalt: skelettfrei bis skelettarm (Stein-
gehalt < 5 %).
Die Standorte unterschieden sich hinsichtlich baufüh-
render Firmen und Entwässerungskonzepten. Die Kul-
turerdarbeiten erfolgten an beiden Orten nach den
gültigen Richtlinien (Anonym 2000; Anonym 2001;
Häusler und Salm 2001). Mittels Tensiometern1 wurde
sichergestellt, dass Eingriffe nur bei trockenen Boden-
bedingungen erfolgten. Die Rekultivierungstechnik war
an beiden Orten dieselbe (Abb. 1): Auf weichem Aus-
hubmaterial wurde mittels Kalkstabilisierung und
Verdichtung eine tragfähige, ausnivellierte Rohplanie
erstellt. Unmittelbar vor dem Überschütten wurde die
Rohplanie mittels Dozer 40 cm tief aufgerissen. Unter-
und Oberboden wurden sodann mit Hydraulikbaggern
streifenweise und locker geschüttet. Vor einem Traktor-
einsatz auf einer frisch rekultivierten Fläche wurde min-
destens vier Wochen abgewartet, damit sich der Boden
auf natürliche Weise setzen konnte.
Für die Folgebewirtschaftung führte die SBB zusam-
men mit den beauftragten bodenkundlichen Baubeglei-
tern eigens vertraglich vorgeschriebene Richtlinien ein
(Anonym 2002). In den ersten drei Jahren nach der
Rekultivierung war nur Kunstwiese (Luzerne-Mischun-
gen) mit Silage- oder Dürrfuttergewinnung erlaubt,
danach konnte eingeschränkter Ackerbau (keine Hack-
1Tensiometer sind Messgeräte, welche die saugspannung im Boden anzeigen.
Abb. 1 | Streifenweise Rekultivierung der Ackerböden auf der TunnelausbruchDeponie Schacht bei Wanzwil: A=Oberboden; B=Unterboden; C=Rohplanie mit Kiesstreifen (Pfeil) als Drainage.
Foto
: M. S
tett
ler,
200
5
234 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
früchte) oder Weide betrieben werden. Mittlerweile
befinden sich die Flächen im 8. Folgebewirtschaftungs-
jahr und in Kürze erfolgt die Übergabe an die Eigen-
tümer und in die betriebsübliche Bewirtschaftung.
Feldexperiment mit Penetrometer
An beiden Standorten wurden jeweils zwei vergleich-
bare, möglichst nahe beieinander liegende Ackerparzel-
len (Wintergetreide) bestimmt: eine auf rekultiviertem
Boden und eine auf gewachsenem als Kontrolle. Zusätz-
lich wurden in gleicher Weise je zwei Kunstwiesenpar-
zellen bestimmt. Insgesamt vier paarweise vergleich-
bare Parzellen, total acht Parzellen (Tab. 1; Abb. 2 für
den Standort Wanzwil).
Die durchschnittliche Distanz zwischen den Parzel-
lenpaaren betrug rund 120 m (gemessen von Parzellen-
mitte zu Parzellenmitte). Bei den Rekultivierungsparzel-
len achtete man darauf, dass alle im gleichen Jahr (2002)
geschüttet wurden. Die Einteilung nach Kunstwiese und
Acker war nötig, um die Wirkung der Bodenbearbei-
tung mit dem Pflug zu berücksichtigen, welche zu ge-
ringeren Lagerungsdichten im Oberboden führt. Die
Kunstwiesen-Parzellen wurden mindestens ein Jahr
lang nicht gepflügt, die Acker-Parzellen hingegen rund
ein halbes Jahr vor der Beprobung.
Es wurden zwei Bodenkennwerte gemessen: der Ein-
dringwiderstand (EW) und die Bodenfeuchtigkeit, d.h.
der volumetrische Wassergehalt (θ). Der EW kann als
Mass für die Verdichtung bzw. für die Durchwurzelbar-
keit des Bodens bezeichnet werden. Man kann sich die
Spitze eines Penetrometers als Wurzel vorstellen, die
sich ihren Weg durch den Boden bahnen muss. Als ver-
gleichbare Messgrösse wird üblicherweise der Cone In-
dex (CI) verwendet, so auch in dieser Untersuchung.
Beim CI handelt es sich um den Mittelwert der gemesse-
nen Eindringwiderstände in Megapascal (MPa) in 1, 15,
30 und 45 cm Bodentiefe.
Als Messinstrument diente der Penetrologger Typ
06.15.SA der Firma Eijkelkamp (Abb. 3). Der Penetrolog-
ger ermöglicht Messungen bis in eine Tiefe von 80 cm
durch manuelles Herunterdrücken der Sondierstange.
Direkt am Penetrologger angeschlossen ist ein Boden-
feuchtesensor (TDR-Sonde) zur Ermittlung von θ mittels
elektrischen Widerstands, jedoch nur in den obersten
10 cm. Die Messergebnisse werden automatisch in ei-
nem Datenlogger gespeichert und können über eine
Schnittstelle von einem PC ausgelesen werden.
Die acht Versuchsparzellen wurden je in acht Teilparzel-
len unterteilt, sogenannte Plots. Um einen zuverlässi-
gen Messwert zu erhalten wurden pro Plot sieben Pene-
trationen getätigt und anschliessend der Mittelwert
gebildet (insgesamt 7 × 8 × 8 = 448 Messungen).
Messzeitpunkte und statistische AuswertungDer volumetrische Wassergehalt θ nimmt erheblichen
Einfluss auf die Messung des EW (Dexter et al. 2007;
Kaufmann et al. 2009).
Um möglichst ähnliche Bodenbedingungen zu gewähr-
leisten, wurden zeitlich nahe beieinander liegende Mes-
sungen angestrebt.
Geplant war, alle Messungen im Frühling 2009 bei Feld-
kapazität durchzuführen, also bei feuchtem Bodenzu-
stand. In Wanzwil erfolgten die Erhebungen am 6. April.
Danach setzte eine aussergewöhnliche Trockenperiode
ein und die Bodenfeuchtigkeitsverhältnisse konnten
nicht mehr reproduziert werden. Die Messungen in Her-
siwil erfolgten schliesslich am 13. Mai 2009, nachdem
wieder einige Regenfälle durchs Land gezogen waren. Es
Umwelt | Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden
Rekultivierungs-perimeter
N
Abb. 2 | Aufgefüllte Deponie Schacht bei Wanzwil mit Rekulti vierungsperimeter und beprobten Parzellenpaaren (rote Linien). (KA = KontrolleAcker; KKW = KontrolleKunstwiese; RA = RekultiviertAcker; RKW = RekultiviertKunstwiese). Am unteren Bildrand ist die neue Bahnlinie erkennbar.
Standort Bodenbearbeitung Bodenalter CI (MPa)
Wanzwil
AckerRekultiviert 1,29
Kontrolle 1,35
KunstwieseRekultiviert 1,57
Kontrolle 1,79
Hersiwil
AckerRekultiviert 2,29
Kontrolle 2,58
KunstwieseRekultiviert 2,69
Kontrolle 2,51
Tab. 1 | Versuchsplan mit acht Varianten (2 Standorte * 2 Bodenalter * 2 Bodenbearbeitungsstufen), zugeteilten Parzellen und gemessenen Mittelwerten für den Cone Index (CI).
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Apr
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07
235Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
Die grosse Differenz zwischen den Standorten Wanzwil
und Hersiwil lässt sich primär auf ein unterschiedliches θ
zurückführen: in Hersiwil wurden wegen den trockene-
ren Bedingungen höhere EW gemessen (Abb. 4).
Zwischen den Bodenbearbeitungszuständen (Kunst-
wiese - Acker) konnte ebenfalls kein gesicherter Unter-
schied festgestellt werden. Hier wurde ursprünglich
vermutet, dass die tiefere Bodenbearbeitungsintensität,
die höhere Befahrungsintensität (Futterernte), die in-
tensivere Durchwurzelung und die höhere Evapotrans-
pirationsrate (tieferes θ) bei Kunstwiesen-Böden einen
signifikant höheren CI zur Folge haben.
Physikalische Bodenqualität
Aussagen zur physikalischen Bodenqualität (Vergleich
mit Normen und Richtwerten) lassen sich ausschliesslich
für Messungen nahe der Feldkapazität anstellen, was
nur für Wanzwil möglich ist. Die folgenden Ausführun-
gen gelten deshalb nur für diesen Standort.
In Wanzwil liegt der CI für die Ackerflächen mit 1,35
MPa (Kontrolle) und 1,29 MPa (Rekultiviert) klar unter-
halb des von Locher und De Bakker (1990) als oberes
Limit für ungestörtes Wurzelwachstum angegebenen
Wertes von 1,5 MPa. Bei den Kunstwiesen liegt er mit
1,79 MPa (Kontrolle) und 1,57 MPa (Rekultiviert) leicht
darüber. Allerdings fällt bei Betrachtung der EW-Ver-
läufe auf, dass sich die Unterschiede zwischen Acker-
und Kunstwiesen-Parzellen durch alle Bodenschichten
hindurch ziehen. Das lässt auf einen systematischen Un-
terschied schliessen, der wahrscheinlich in Textur, Ske-
lett oder θ zu suchen ist.
Der EW liegt beim Wanzwiler Oberboden (bis ca. 30
cm Tiefe) unterhalb dem von Horn et al. (2009) vorge-
schlagenen Vorsorgewert von 2 MPa. Im Unterboden
(30 bis 80 cm Tiefe) bewegt er sich etwas darüber (2 bis 3
MPa), wobei der EW bei den Kontrollparzellen gegen-
über den rekultivierten Parzellen durchwegs um ca. 0.5
MPa höher liegt. Mögliche Gründe hierfür liegen in der
Pflugsohle und im Skelettgehalt. Die Kontrollparzellen
weisen im Bereich von 25 – 40 cm einen markant höhe-
ren EW auf, welcher so bei den rekultivierten Parzellen
nicht zu beobachten ist. Dies ist eine erfreuliche Er-
kenntnis, die den Anstrengungen für die sorgfältige
Folgebewirtschaftung ein gutes Zeugnis ausstellt. In
den Kontrollparzellen führte der in tieferen Schichten
(ab ca. 50 cm) zunehmende Skelettgehalt zu Problemen
beim Einstechen mit dem Penetrologger und zu einer
erhöhten Varianz der Messungen.
Die Daten von Hersiwil decken die Problematik von
Messungen unterhalb der Feldkapazität auf. Es zeigt
sich ein umgekehrtes Bild: der EW nimmt im Unter-
boden mit der Tiefe ab. Dies deutet auf ein zunehmen-
stellte sich jedoch heraus, dass θ trotzdem weit unter der
Feldkapazität lag. Der Zeitpunkt konnte aber nicht wei-
ter verschoben werden, da die Getreidekulturen bereits
hoch standen. Das hat zur Folge, dass die Messwerte von
Wanzwil und Hersiwil nicht direkt miteinander vergli-
chen werden können.
Für die statistische Auswertung wurde für jede Par-
zelle der CI-Mittelwert aus den jeweils acht Mittelwer-
ten der Plots berechnet (Tab. 1). Die Parzellenmittel-
werte wurden dann zu Wertepaaren zusammengefasst,
wobei an jedem Standort die Parzellen mit der gleichen
Bodenbearbeitung auf rekultiviertem bzw. natürlich ge-
wachsenem Boden ein Paar bildeten. Die vier so gebilde-
ten Wertepaare wurden dann mit einem Wilcoxon sig-
ned-rank Test analysiert.
R e s u l t a t e
Keine Unterschiede zwischen Kontroll- und rekultivier-
ten Böden
Die statistische Analyse der CI-Daten ergab keinen signi-
fikanten Unterschied zwischen den Mittelwerten der
Kontrollböden (CI = 2,06 MPa) und der rekultivierten
Böden (CI = 1,96 MPa; n = 4, W = 5, p > 0,05).
Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden | Umwelt
Abb. 3 | Penetrologger der Firma Eijkelkamp Agrisearch Equipment, Giesbeek (NL), mit Tiefenbezugsplatte und Feuchtigkeitssensor mit Kabel. (Foto: E. Stettler, 2009)
Fot
o: E
. Ste
ttle
r, 2
009
236
Wanzwil
-80
-70
-60
-50
-40
-30
-20
-10
00 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5
MPa
Bodentiefe (cm)
K-A
K-KW
R-A
R-KW
Hersiwil0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5
MPa
Bode
ntie
fe (c
m)
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
Literatur b Anonym, 1998. Verordnung über die Belastung des Bodens vom 1. Juli 1998 (Stand 1. Juli 2008), Schweizerischer Bundesrat.
b Anonym, 2000. Schweizer Norm SN 640 583: «Erdbau, Boden – Eingriff in den Boden, Zwischenlagerung, Schutzmassnahmen, Wiederherstellung und Abnahme». Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute VSS, Zü-rich.
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b Anonym, 2002. Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist, Rekultivierte Land-wirtschaftsflächen, Richtlinien für Abnahmen und Folgebewirtschaftung. Schweizerische Bundesbahnen SBB, Bern.
b Dexter A. R., Czyz E. A. & Gate O. P., 2007. A method for prediction of soil penetration resistance. Soil and Tillage Research 93, 412 – 419.
b Häusler S. & Salm Ch., 2001. Bodenschutz beim Bauen. Leitfaden Umwelt 10, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, Bern.
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b Locher W. P. & De Bakker H., 1990. Bodemkunde van Nederland, Deel 1. Malmberg, Den Bosch (NL).
b Schäffer B., Attinger W. & Schulin R., 2007. Compaction of restored soil by heavy agricultural machinery – Soil physical and mechanical aspects. Soil and Tillage Research 93, 28 – 43.
des θ in tieferen Bodenschichten hin. Trotzdem ist eine
deutliche Pflugsohle bei den Ackerflächen der Kontroll-
Parzellen zu erkennen.
Bodenschutzmassnahmen haben sich bewährt
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die
Lagerungsdichte der untersuchten Böden trotz
Bodenabtrag, Zwischenlagerung, Schüttung und wäh-
rend der Folgebewirtschaftung nicht erhöht und so-
mit nicht verschlechtert hat. Auffällig ist, dass die re-
kultivierten Böden im Pflugsohlenbereich (25 – 35 cm)
einen tendenziell geringeren Eindringwiderstand auf-
weisen. Dieser Qualitätsvorteil sollte durch pfluglose
Bodenbearbeitung oder durch den Einsatz des Systems
On-land-Pflug erhalten werden.
Die vor ca. zehn Jahren eingeführten Bodenschutzvor-
schriften und die von der SBB eigens für die Folgebe-
wirtschaftung eingeführten Richtlinien scheinen sich
damit im vorliegenden Fall als erfolgreiche Massnah-
men zur Vermeidung von Bodenverdichtungen erwie-
sen zu haben. Es gilt in zukünftiger Forschung zu
untersuchen, wie sich das Porensystem von Rekultivie-
rungen entwickelt und ob die Porenkontinuität (die
Vernetzung der Hohlräume untereinander) wieder
dasselbe Niveau erreicht wie bei natürlichen Böden. n
Umwelt | Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden
Abb. 4 | Eindringwiderstände nach Standorten (KA = KontrolleAcker; KKW = KontrolleKunstwiese; RA = RekultiviertAcker; RKW = RekultiviertKunstwiese).
237
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Confronto tra terreni ricoltivati e
terreni a crescita naturale
La nuova tratta ferroviaria Mattstet-
ten-Rothrist, costruita nell’ambito del
progetto Ferrovia 2000, é stato uno dei
primi grandi cantieri nel quale le diret-
tive sulla protezione del suolo, stabi-
lite una decina d’anni fa, sono state
rigorosamente applicate, durante la
fase di pianificazione, realizzazione e
assestamento, dagli specialisti della
sorveglianza del suolo.
L’obiettivo del presente studio era di
esaminare gli effetti a medio lungo
termine risultanti da questo notevole
sforzo, utilizzando semplici parametri
che possano essere applicati su vaste
superfici.
Nelle analisi del suolo, tramite pene-
trometro dinamico, è stata misurata e
messa a confronto la resistenza di
penetrazione dei suoli rinaturalizzati
tramite sistema di ricoltivazione con
quelli a crescita naturale. Lo studio è
stato eseguito in due località (Wanzwil
e Hersiwil), su due tipi di terreni
coltivati (prato artificiale e cereali)
considerando l’umidità del suolo.
I risultati dimostrano che dopo sette
anni, per quel che concerne la resi-
stenza alla penetrazione, i terreni
ricoltivati non si differenziano dai
suoli a crescita naturale.
Grazie alle misure di protezione si è
dunque impedito una compattazione
del suolo.
Inoltre si nota che i suoli ricoltivati
presentano una resistenza legger-
mente inferiore alla penetrazione
nella profondità di aratura (25–35 cm).
Questo vantaggio qualitativo
dovrebbe venir conservato rinun-
ciando alla lavorazione del terreno
con aratri oppure tramite l’aratura
semiportante.
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 232–237, 2010
Comparison between restored and
naturally developed soils
The new Mattstetten-Rothrist rail
line builded in the frame of «Railway
2000»was one of the first large-scale
construction projects to strictly
im plement soil protection regulations
introduced about 10 years ago. Super-
vised by a pedological consultation
team, this was realised from the plan-
ning of the project to subsequent soil
management. The objective of this
study was to examine the mid- to
long-term effects of these efforts
using easy-to-apply parameters, and
covering as wide an area as possible.
Using a penetrometer, penetration
resistance of both restored areas and
neighbouring, naturally developed
soils were measured and compared in
a field study at the end of the sub-
sequent management. Two locations
(Wanzwil and Hersiwil) and two types
of soil cultivation (ley and field) as
well as volumetric soil water content
were taken into consideration. The
results demonstrate that after seven
years of subsequent management,
restored soils show no difference
from naturally produced ones with
regard to penetration resistance. Thus,
by applying extensive soil protection
measures, it was possible to avoid
soil compaction. Particularly noticeable
fact was that the restored soils in the
plow pan strata (25 – 35 cm) showed
somewhat lower penetration
resistance. This qualitative advantage
should be maintained through plow-
less tillage or through the use of
On-land-Plow systems.
Key words: soil restoration, soil com-
paction, penetration resistance, plow
pan, plowless tillage.
Rekultivierungen im Vergleich mit natürlich gewachsenen Böden | Umwelt
238 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
A g r a r w i r t s c h a f t
Landwirte in Ackerbaugebieten davon abhalten, auf
bio logische Wirtschaftsweise umzusteigen. Diese
Hemmnisse wurden mittels der Antworten von Betrie-
ben, die bereits auf Bio umgestellt haben, auf ihre Rele-
vanz überprüft. Die Ergebnisse sollten aufzeigen, wel-
che gezielten Massnahmen dazu beitragen können, die
steigende Nachfrage nach Bioprodukten auch im Pflan-
zenbau vermehrt durch inländischen Anbau zu decken.
E i n l e i t u n g
Rund zehn Prozent oder 6000 der Landwirtinnen und
Landwirte in der Schweiz führen ihren Betrieb bio-
logisch. Deutlich geringer ist dieser Anteil in der Gruppe
der Ackerbaubetriebe (im Jahr 2007: 0,44 % bzw.
17 Betriebe). Anhand einer schweizweiten Befragung
wurden daher jene Faktoren identifiziert, die ÖLN-
Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbau betriebe umstellenAli Ferjani, Albert Zimmermann und Linda Reissig, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART,
Tänikon, CH-8356 Ettenhausen
Auskünfte: Ali Ferjani, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 368 31 31
Der befürchtete Unkraut und Schädlingsdruck schreckt viele Ackerbaubetriebe von einer Umstellung auf Biolandbau ab.
Foto
: ART
239Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Der biologische Landbau in der Schweiz
verzeichnete vor allem im Zeitraum zwischen
1990 und 2005 ein grosses Wachstum und
hat sich in der Landwirtschaft und bei den
Konsumenten etabliert. Deutlich unter-
vertreten sind die Biobetriebe jedoch in den
Ackerbauregionen, was sicherlich auf die im
Vergleich zum Grünland meist höheren
Anforderungen an die Betriebsumstellung
zurückzuführen ist. Mit einer Umfrage unter
rund 600 Bio- und ÖLN-Ackerbaubetrieben
wurde untersucht, welche Gründe Land-
wirtinnen und Landwirte von einer Um-
stellung abhalten.
Die grössten Befürchtungen sind der
Unkrautdruck und der damit zusammen-
hängende höhere Arbeitsaufwand, die
ungenügende Wirtschaftlichkeit durch zu
geringe Zuschläge auf die Produktpreise,
Probleme bei der Nährstoffversorgung
und zu strenge oder häufig ändernde Richt-
linien. Die Umfrageergebnisse der Bio-Acker-
baubetriebe zeigen, dass diese Befürchtun-
gen nur teilweise berechtigt sind. Die
Wirkungsweisen nachbarschaftlichen
Austauschs bei der Ausdehnung des Bio-
landbaus sollten daher verstärkt gefördert
werden.
Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbaubetriebe umstellen | Agrarwirtschaft
M e t h o d e
Im Jahr 2009 wurden im Rahmen einer empirischen
Studie rund 3400 Bio- und ÖLN-Betriebe schriftlich an-
gefragt, ihre Einstellungen gegenüber dem Biolandbau
darzulegen. Für Betriebsgruppen mit geringer Anzahl
Betriebe, insbesondere Ackerbau- und Umstellungsbe-
triebe (Umstellung von ÖLN auf Bio oder umgekehrt),
wurde der Stichprobenumfang erhöht; innerhalb dieser
Schichten erfolgte danach die Auswahl der Betriebe zu-
fällig. 1177 Landwirtinnen und Landwirte beteiligten
sich an der anonymisierten Befragung. Die Befragten
konnten die vorgegebenen Argumente für und gegen
den Biolandbau auf einer vierstufigen Skala bewerten,
von nicht wichtig, eher unwichtig, teilweise wichtig bis
zu sehr wichtig. Viele von ihnen beschrieben ihre Einstel-
lung in Form zusätzlicher Kommentare, was sehr nütz-
lich für ein tieferes Verständnis der Problematik war.
Von den 612 angefragten Ackerbaubetrieben be-
teiligten sich 220 Landwirtinnen und Landwirte mit
auswertbaren Fragebögen an der Erhebung; dies ent-
spricht einer Rücklaufquote von 36 %. 106 antwortende
Betriebe waren gänzlich viehlos, nur sieben Betriebe
wurden biologisch bewirtschaftet. Um die Daten statis-
tisch auswerten zu können, wurden für die vorliegende
Analyse weitere 60 Biobetriebe miteinbezogen, die eine
offene Ackerfläche von über 50 % der landwirtschaftli-
chen Nutzfläche (LN) aufweisen, obwohl für die offi-
zielle Klassifizierung als Ackerbaubetrieb ein Anteil von
über 70 % erforderlich wäre.
Bio-Ackerbaubetriebe ÖLN-Ackerbaubetriebe
4%
21%
30%
22%
37%
27%
39%
36%
39%
45%
54%
63%
45%
61%
10%
27%
19%
31%
24%
42%
31%
34%
33%
31%
25%
27%
45%
30%
3%
6%
25%
20%
19%
31%
20%
21%
10%
15%
26%
31%
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30%
28%
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33%
29%
30%
34%
33%
30%
20%
35%
31%
34%
34%
17%
0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% 140% 160% 180%
Wertschätzung durch Berufskollegen
Wertschätzung durch Familie
Eignung für Direktvermarktung
Wertschätzung durch Gesellschaft
Wohl der Tiere
Mehr Direktzahlungen
Einkommen verbesserbar
Positives Image des Biolandbaus
Besondere Herausforderung
Passt in das eigene Betriebskonzept
Nachfrage nach Bio-Produkten gross
Geringere Belastung der Umwelt
Höhere Preise für Produkte
Weniger Chemikalien in Nahrungsmitteln
Sehr wichtig Teilweise wichtig Sehr wichtig Teilweise wichtig
Abb. 1 | Argumente für Bio aus Sicht der Bio und ÖLNAckerbauern.
240 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
Agrarwirtschaft | Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbaubetriebe umstellen
a. «Überzeugt ÖLN» (51 Betriebe; davon 1 konven-
tionell, 50 ÖLN)
Die Landwirtinnen und Landwirte dieser Gruppe
verfolgen primär das Ziel der Ertragsmaximierung. Sie
empfinden die ÖLN-Bewirtschaftungsweise als um-
weltfreundlich und glauben nicht, dass der Bioland -
bau Vorteile für Mensch oder Umwelt bietet oder dass
biologische Lebensmittel gesünder sind. Zudem
äussern sie grundlegende Zweifel an der Sinnhaftig-
keit und Machbarkeit eines Biolandbaus in grossem
Umfang.
b. «Optimierer» (92 Betriebe; davon 2 konventionell,
89 ÖLN, 1 Bio)
Den Landwirtinnen und Landwirten in dieser Gruppe
ist umweltfreundliches Wirtschaften ein besonderes
Anliegen, sie wollen sich jedoch nicht starren Richt-
linien und Kontrollen unterwerfen. Im Umstieg auf
biologische Wirtschaftsweise sehen sie eine Möglich-
keit, das Betriebseinkommen zu verbessern. Aufgrund
einer fehlenden Ausbildung in biologischer Wirt-
schaftsweise, des höheren anbautechnischen Risikos,
der als ungenügend erachteten Organisation der Ver-
marktung oder der Unsicherheit über die zukünftigen
Preise und Direktzahlungen im Biolandbau sehen die
Betriebe jedoch meist von einer Umstellung ab.
c. «Überzeugt Bio» (67 Betriebe; davon 1 ÖLN, 66 Bio)Die biologische Wirtschaftsweise ist ein besonders wich-
tiges Anliegen für die Landwirtinnen und Landwirte
dieser Gruppe. Ihre Wahl stützt sich aber weniger auf
abstrakte Begriffe wie «Nachhaltigkeit», sondern viel-
mehr auf unmittelbare Erfahrungen, sei es der
R e s u l t a t e
Umstellungsvorteile für Ackerbaubetriebe
Die Landwirtinnen und Landwirte beurteilten verschie-
dene Vorteile des Biolandbaus (Abb. 1). Sowohl für die
Bio- als auch die ÖLN-Betriebe haben Umweltaspekte
eine grosse Bedeutung. Für rund 90 % beziehungsweise
60 % sind diese ein mindestens teilweise wichtiges Argu-
ment für den Biolandbau. Fast gleichbedeutend werden
die höheren Produktpreise beurteilt. Für die Biobe-
triebe sind im Weiteren das positive Image des Bioland-
baus, die Direktzahlungen und die Eignung für das ei-
gene Betriebskonzept besonders wichtig. Weniger
entscheidend für den Umstieg auf Bio ist die gesell-
schaftliche Anerkennung, besonders jene seitens der
Berufskollegen.
Clusteranalyse
Um hinsichtlich ihrer Einstellung und Motivation ge-
genüber dem Biolandbau möglichst homogene Grup-
pen von Landwirtinnen und Landwirten zu unterschei-
den, wurde anhand der Argumente, die für den
Biolandbau sprechen, eine Clusteranalyse durch geführt.
Nicht in diese Analyse einbezogen wurden 70 ÖLN-Be-
triebe, die nicht alle Argumente beurteilt hatten, so
dass die Gruppengrösse insgesamt 210 Betriebe um-
fasste. Anhand einer Faktorenanalyse wurden die teil-
weise korrelierten Argumente zu drei Faktoren zusam-
mengefasst, nämlich «Umwelt», «Image» und
«Ökonomische Motivation». Diese dienten als Variablen
in der hierarchischen Clusteranalyse, die zu drei Grup-
pen von Ackerbaubetrieben führte und allgemein wie
folgt beschrieben werden können:
34%
25%
24%
55%
39%
60%
33%
46%
50%
52%
54%
64%
67%
73%
77%
83%
39%
51%
55%
53%
69%
65%
75%
76%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Vermarktung ungenügendorganisiert
Lieferrecht unsicher
Teure Investitionen wärenerforderlich
Direktzahlungen zu niedrig
Zukünftige Nachfrage nachBio unsicher
Entwicklung derDirektzahlungen unsicher
Einkommen mit Bio kaumverbesserbar
Produktpreise deckenMehrkosten nicht
«Überzeugt ÖLN»«Optimierer»«Überzeugt Bio»
Abb. 2 | Ökonomische Umstellungshemmnisse.
241Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbaubetriebe umstellen | Agrarwirtschaft
marktung befürchten mehr «Optimierer» als «Überzeugt
ÖLN»-Betriebe, relativ stärker besorgt sind die «Optimie-
rer» im Weiteren bezüglich der Preise und Direktzahlun-
gen. Die tatsächlich biologisch wirtschaftenden Landwirt-
innen und Landwirte nähern sich bei der Verunsicherung
über die Höhe und Entwicklung der Direktzahlungen am
stärksten an die Beurteilung der ÖLN-Betriebe an.
Produktionstechnische Umstellungshemmnisse
Besonders deutlich fällt die Beurteilung einiger Argu-
mente gegen den Biolandbau im Bereich der Produkti-
onstechnik aus. Rund 95 % der ÖLN-Betriebe befürch-
ten Probleme mit dem Unkraut (Abb. 3). Auch für 76 %
der Biobetriebe spricht dieses Argument gegen den Bio-
landbau, was darauf hinweist, dass die Unkrautbekämp-
fung im Biolandbau tatsächlich ein schwerwiegendes
Problem darstellt. Auch der Krankheits- und Schädlings-
druck sowie der höhere Arbeitsaufwand sind für 94 %
der «Überzeugt ÖLN»- Betriebe bedeutende Nachteile
des Biolandbaus, leicht geringer sind diese Anteile bei
den «Optimierern». Weitere, von einem Grossteil der
Betriebe als bedeutend erachtete Argumente sind der
Nährstoffmangel und die Ertragseinbussen. Die mit
dem ÖLN gestiegene Umweltqualität spricht besonders
für die «Optimierer» gegen eine Umstellung, während
dies die Biobetriebe kaum dazu bewegt, die Landbau-
form zu ändern.
Soziale, persönliche und administrative Umstellungs-
hemmnisse
Das soziale Umfeld und die persönliche Situation beein-
flussen die Einstellung zum Biolandbau. Dazu zählen
laut Lampkin und Padel (1994, 244ff.) Aspekte wie der
Widerwillen mit chemischsynthetischen Pflanzenschutz-
mitteln zu hantieren, die Gesundheit der Familie, die
Suche der Nähe zur Natur, oder die Überzeugung, dass
nur die biologische Wirtschaftsweise den Boden gesund
und fruchtbar hält. Oft sind diese Betriebsleitende auch
in der Direktvermarktung engagiert.
Umstellungshemmnisse der Ackerbaubetriebe
Eine Umstellung auf die biologische Produktionsweise
erfordert mit der umfassenden betrieblichen Verände-
rung ein anderes Grundverständnis der Landbewirt-
schaftung (Rolker 2000). Neben ökonomischen und pro-
duktionstechnischen Gründen können auch soziale,
persönliche und administrative Argumente gegen den
Biolandbau sprechen (Padel 2001). Im Folgenden ist die
Bewertung solcher Argumente durch die drei unter-
schiedenen Betriebsgruppen dargestellt; ausgewiesen
ist jeweils der Anteil der Betriebe, für den das Argument
teilweise wichtig oder sehr wichtig für eine Entschei-
dung gegen die Umstellung auf Biolandbau ist.
Ökonomische UmstellungshemmnisseEine Mehrzahl der ÖLN-Landwirte vertritt die Meinung,
dass der Biolandbau kaum wirtschaftliche Vorteile bietet.
So glauben drei Viertel von ihnen nicht, dass sich ihr Ein-
kommen mit dem Biolandbau verbessern liesse, während
von den Biolandwirtinnen und -wirten nur ein Drittel
diese Erfahrung machte (Abb. 2). 68 % der ÖLN-Land-
wirte zweifeln zudem an der zukünftigen Absatzsicher-
heit der Bioprodukte, je rund die Hälfte befürchtet wei-
tere wirtschaftliche Nachteile wie teure Investitionen,
wegfallende Lieferrechte oder eine ungenügende Ver-
marktungsorganisation. Diese Probleme bei der Ver-
18%
34%
48%
19%
51%
63%
76%
36%
68%
71%
79%
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88%
95%
39%
71%
80%
73%
94%
94%
96%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Einhaltung Ökoflächenanteilschwierig
Ertragseinbussen zu hoch
Probleme bei derNährstoffversorgung
Gestiegene Umweltqualitätauch mit ÖLN
Krankheits-/Schädlingsdruck
Arbeitsaufwand zu hoch
Unkrautdruck
«Überzeugt ÖLN»«Optimierer»«Überzeugt Bio»
Abb. 3 | Produktionstechnische Umstellungshindernisse.
242 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
Agrarwirtschaft | Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbaubetriebe umstellen
Generationskonflikt, Informationsmangel oder ein
mögliches Negativimage des Biolandbaus, aber auch die
vorhandene betriebliche Konstellation und die Wahr-
nehmung von Risiken. Ein Drittel der ÖLN-Betriebe
bezeichnen ein negatives Image des Biolandbaus als
Umstellungshemmnis (Abb. 4). Gleichzeitig betonen
über die Hälfte dieser Betriebe das positive Image des
Biolandbaus (siehe Abb. 1). Sogar derselbe Betrieb
stimmt teilweise beiden Argumenten zu, was zum Bei-
spiel bei einer positiven persönlichen Einstellung, aber
einem negativen Image seitens der Berufskollegen der
Fall sein kann. Für 55 % der «Optimierer» ist der eigene
Wissensstand über den Biolandbau ein Umstellungs-
hemmnis. Von grösserer Bedeutung ist der Eindruck,
dass die Richtlinien zu streng sind oder sich zu oft ändern,
sowie der administrative Aufwand. Diese Argumente
empfinden auch viele Biobetriebe als störend.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Befragung der ÖLN-Ackerbaubetriebe zeigt, dass
die Befürchtung von produktionstechnischen Nachtei-
len, besonders von Unkrautproblemen, die grössten
Hemmnisse für eine Umstellung auf die biologische
Wirtschaftsweise sind. Ebenfalls sehr verbreitet ist die
Meinung, dass sich der Biolandbau wirtschaftlich nicht
lohnen würde, gefolgt von den als zu streng empfunde-
nen Richtlinien. Die Anzahl der befragten ÖLN-Betriebe,
für die eine Umstellung derzeit in Frage kommt, ist rela-
tiv gering (nur 3 % bzw. 6 Betriebe). Sehr viele Betriebs-
leitende sind nicht bereit, die gewohnte Wirtschafts-
weise aufzugeben und das Risiko einer Umstellung
einzugehen. Um dem hemmenden Einfluss dieses Risi-
kos zu begegnen, dürfte es besonders hilfreich sein,
wenn in der Region bereits Biolandwirte unter ver-
gleichbaren Bedingungen erfolgreich wirtschaften und
auch bereit sind, bei Fragen oder Problemen zur Seite zu
stehen. Denn Landwirtinnen und Landwirte messen
dem, was sie sehen und erleben können, mehr Bedeu-
tung zu, als jenem, welches ihnen von der Beratung oder
von Dritten, die sie nicht kennen, berichtet wird (Sze-
rencsits et al. 2009). Um den Biobetriebsanteil bei den
Ackerbaubetrieben zu erhöhen, werden basierend auf
den vorliegenden Ergebnissen folgende Massnahmen
vorgeschlagen:
•• Unterstützung vorhandener Biobetriebe und Nutzung
ihrer Vorbildwirkung.
•• Zukünftige Sicherung der Bio-Direktzahlungen. n
4%
15%
36%
24%
28%
60%
48%
67%
48%
29%
34%
45%
50%
55%
59%
71%
72%
75%
35%
33%
51%
61%
43%
57%
69%
63%
61%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Ich lehne Biolandbaugrundsätzlich ab
Negatives Image desBiolandbaus
Überwachung stört mich
Passt nicht in eigenesBetriebskonzept
Eigenes Wissen über Bioungenügend
Bio-Kontrollen zu teuer
Administration aufwändig
Richtlinien ändern sich oft
Richtlinien zu streng
«Überzeugt ÖLN»«Optimierer»«Überzeugt Bio»
Abb. 4 | Soziale, persönliche und administrative Umstellungshemmnisse.
243
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 238–243, 2010
Biolandbau: Warum nur wenige Ackerbaubetriebe umstellen | Agrarwirtschaft
Organic Agriculture: Why so Few
Farms Convert
Organic farming recorded significant
growth in Switzerland, especially
between 1990 and 2005, and won the
support of both farmers and consum-
ers. Despite this, organic farms are
noticeably underrepresented in the
arable farm regions; this situation is
certainly due to the usually greater
demands placed on farm conversion in
these regions than in grassland. A sur-
vey of around 600 organic and PEP
arable farms was conducted to
de termine which factors deter farmers
from converting. The greatest fears
expressed were the weeds pressure
and the increased work needed for
their control, the insufficient profi-
tability resulting from toolow sur-
charges on product prices, problems
in nutrient supply and the too strict
or too frequently changing guidelines.
The results of the organic arable farm
survey show that these fears are only
partially justified. Increasing neigh-
bourly exchanges should therefore
promote the expansion of organic
farming.
Key words: arable farms, organic,
conversion factors, cluster analysis.
Agricoltura biologica: mal accettata in
campicoltura
L'agricoltura biologica ha conosciuto
un importante rilancio in Svizzera
soprattutto tra il 1990 e il 2005, con-
quistando una notevole valenza sia
presso i produttori, che i consumatori.
Nelle regioni dedite alla campicoltura,
le aziende biologiche sono nettamente
sottorappresentate e ciò è riconduci-
bile alle esigenze imposte alle aziende
che vi si convertono, esigenze più
rigorose rispetto a quelle imposte alle
zone foraggicole. Attraverso un son-
daggio rivolto a 600 aziende dedite
alla campicoltura che seguono i prin-
cipi dell'agricoltura biologica e della
PER, si è tentato d'individuare i motivi
per cui gli agricoltori sono piuttosto
restii a convertire la propria azienda.Le
maggiori reticenze concernono la
pressione di malerbe e il conseguente
aumento del carico di lavoro, l'insuffi-
ciente redditività dovuta a supple-
menti troppo limitati sui prezzi dei
prodotti, i problemi di concimazione e
le direttive troppo severe, nonché le
loro frequenti modifiche. I risultati del
sondaggio mostrano che i timori sono
fondati soltanto in parte. Pertanto si
devono incentivare maggiormente, e
in modo efficace, gli scambi tra agric-
oltori per favore l’estensione dell'agri-
coltura biologica.
Literatur b Lampkin N.H. & Padel S., 1994. Economics of Organic Farming. An International Perspective. CAB International, Wallingford, England.
b Padel S., 2001. Conversion to Organic Farming: A Typical Example of the Diffusion of an Innovation? Sociologia Ruralis 41 (1), S. 10–61.
b Rolker P., 2000. Öko-Obstbau in der Zukunft – Chancen und Risiken. In: Zander K. & Waibel H. (Hrsg.), 2000. Ökologischer Gartenbau. Arbeits-berichte zur Ökonomie im Gartenbau, 83, Ökonomisches Kolloquium Wintersemester 1999/2000, Hannover, S. 37–46.
b Szerencsits M., Ruppert J., Dahlmann C. & Hess J., 2009. Entwicklung von Strategien zur Ausdehnung des Ökologischen Landbaus in Luxemburg. 10. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau, Zürich, 11.–13. Februar 2009.
244 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Fabio Mascher, Michel Habersaat und Stefan Kellenberger, Forschungsanstalt Agroscope
Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon
Auskünfte: Fabio Mascher, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 33
Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz?
P f l a n z e n b a u
Die Epidemie griff schnell auf das ganze Land über. Das
Auftreten und die Ausbreitung der Epidemie wurden
wahrscheinlich durch günstige Wetterbedingungen
(Chen 2005) sowie das Auftreten eines neuen Pathogen-
stamms und Träger der bis anhin in der Schweiz noch
unbekannten Virulenz Yr17 ausgelöst (nicht veröffent-
lichte Daten).
Erreger des Gelbrosts ist der Pilz Puccinia striiformis
fsp. tritici. Bei der Besiedlung der Blätter bildet er ent-
lang der Blattadern gelbe, in Streifen angeordnete Pus-
E i n l e i t u n g
In der Schweiz tritt der Gelbrost, im Gegensatz zu den
anderen Krankheiten des Weizens nur sehr selten auf.
Bei einer Epidemie kann die Krankheit jedoch zu gro-
ssen Ertragsausfällen führen (Kobel 1961). Die letzte
Gelbrostepidemie in der Schweiz geht auf die Jahre
2000 - 2002 zurück und betraf nur eine geringe Anzahl
Weizensorten, insbesondere den Biskuitweizen Arbola
sowie den Triticale Prader (Michel 2001).
Abb. 1 | Weizenblätter mit einer starken Gelbrostinfektion. Eine grosse Menge an Uredosporen wird produziert.
Fot
o: A
CW
245Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz? | Pflanzenbau
Im Jahre 2008 wurden bei Sortenversuchen
in den Kantonen Aargau und Thurgau zwei
Gelbroststämme im Winterweizen entdeckt.
Nach Isolation und Reinigung wurde das
Virulenzspektrum der Stämme mit Hilfe von
Diffentialsorten bestimmt. Zwei bisher in der
Schweiz noch nie beschriebene Virulenzen
wurden dabei nachgewiesen, nämlich die
Virulenzen Yr4 und Yr32. In den 90er-Jahren
wurden diese bereits in Nordeuropa
beschrieben. Im Jahre 2007 erfolgte ihre
Ausbreitung Richtung Süden nach Frankreich
und 2008 wurde die Virulenz aufgrund die-
ser Arbeit in der Schweiz festgestellt. Resis-
tenztests im Gewächshaus mit den neuen
Stämmen ergaben, dass die Sorten, die in
der Schweiz angebaut werden eine gute
Resistenz gegen diese neuen Virulenzen
haben. Mittlerweile wurde das Vorkommen
von Gelbroststämmen mit anderen Virulenz-
genen in Europa gemeldet. Die Über-
wachung der Pathogene durch Agroscope
in Zusammenarbeit mit den kantonalen
Pflanzenschutzdiensten, der ETH, der
Getreide züchtung Peter Kunz und der
ganzen Getreidebranche muss weiterge -
führt werden.
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
teln. Sind die Pusteln reif, platzen sie auf und setzen
eine Vielzahl goldgelber Sporen frei (Abb. 1). Eine sol-
che Infektion reduziert die nützliche Blattfläche erheb-
lich und führt daher zu einer deutlichen Ertragseinbusse
(Sharma et al. 1985).
Das Vorkommen physiologischer Rassen ist für den
Erfolg des Pilzes als Parasit sehr wichtig, denn dadurch
kann er die von den Züchtern in mühsamer Arbeit einge-
kreuzten Resistenzgene umgehen (Fossati und Brabant
2003; Johnson 1992). Jede physiologische Rasse ist im
Allgemeinen durch die Resistenzgene definiert, die sie
zu umgehen im Stande ist. Um diese Resistenzgene zu
testen, verwendet man Differentiallinien von Weizen
und verwandten Arten, die als Versuchsreferenz dienen
(McIntosh et al. 1995). Gemäss der «Gen für Gen» Theo-
rie gründet die Resistenz des Wirts sowie die Fähigkeit
des Parasits, den Wirt zu infizieren, auf der Wechselwir-
kung komplementärer Genpaare (Manners 1988). Im
Falle der Wirtspflanze spricht man von «Resistenzgen»
(R), beim Parasiten von «Avirulenzgen» (Avr). In der Pra-
xis bedeutet dies, dass ein pflanzlicher Wirt, der ein ge-
wisses Resistenzgen R exprimiert, gegenüber einem
Krankheitserreger, der das Avirulenzgen Avr exprimiert,
resistent ist. Durch die Anwesenheit des Avr kann die
Pflanze den Erreger erkennen. Durch eine Mutation
oder die Abwesenheit eines Avr-Gens kann das Patho-
gen daher die Resistenz der Pflanze umgehen. Differen-
tiallinien verfügen also über ein oder mehrere bekannte
R-Gene. In Europa werden die Gelbrostrassen auf der
Grundlage von verschiedenen Sortimenten europäi-
scher und weltweiter Weizendifferentialsorten anhand
eines Binärcodes benannt (Johnson et al. 1972).
Im Jahre 2008 wurden in der Schweiz 3 Gelbrostherde
gefunden, in Zulassungsprüfungen von Agroscope in
Ellighausen (TG), in Sortenversuchen der Fenaco in Birr
(AG) sowie in Changins (VD). In Ellighausen waren die
Weizensorten Papageno und Cambrena betroffen. Das
Auftreten dieser unbekannten Stämme kann Auswir-
kungen auf die Weizenproduktion haben. Mit der vor-
liegenden Arbeit sollen in einem ersten Schritt die Viru-
lenzspektren der neuen Stämme mit jenen der bereits
angesiedelten Stämme verglichen werden. In einem
zweiten Schritt soll die Resistenz der angebauten Sorten
beziehungsweise jener Sorten, die in den nationalen
Sortenkatalog aufgenommen werden sollen, geprüft
werden.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Pilzisolate, Lagerung und Produktion von Infektions-
material
Eigenschaften und Herkunft der verwendeten Gelbrost-
isolate sind in Tabelle 1 beschrieben. Die Isolate werden
als lyophilisierte Uredosporen bei -80 °C in Eppendorf-
Reaktionsgefässen aufbewahrt (Eppendorf AG, Ham-
burg, Deutschland).
Name Jahr Herkunft auf der Sorte
Ps 1688 2008 Birr AG unbekannt
Ps 1689 2008 Ellighausen TG Cambrena
Ps 1690 2008 Ellighausen TG Papageno
Ps 1691 2008 Changins VD Fiorina
Ps 771 2001 Lindau ZH Prader (Triticale)
Ps 773 2001 Changins VD Prader (Triticale)
Ps 823 2001 Goumoëns VD unbekannt
Ps 824 2001 Grenchen SO unbekannt
Ps 866 2001 Lindau ZH Prader (Triticale)
Ps 868 2001 Changins VD Prader (Triticale)
Ps 869 2001 Goumoëns VD unbekannt
Ps 870 2001 Grenchen SO unbekannt
Ps 110 vor 1999 unbekannt unbekannt
Ps 111 vor 1999 unbekannt unbekannt
Tab. 1 | Name und Herkunft der in dieser Arbeit verwendeten Gelbroststämme
246 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Pflanzenbau | Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz?
mischt und mit Hilfe eines 20µl Glaskapillars (IntraMARK,
Blaubrand, 97861 Wertheim, Deutschland) mit Druck-
luft gleichmässig auf den Blättern zerstäubt.
Nach der Infektion werden die Pflanzen bei 18 °C
und 100 % Luftfeuchtigkeit im Gewächshaus gehalten.
Zur Förderung des Infektionsprozesses herrscht wäh-
rend 24 Stunden ein natürliches Lichtregime. Anschlie-
ssend werden die Pflanzen bei 18 °C, 60 % Feuchtigkeit
und einem Lichtregime von 14/24 Stunden gehalten. Um
die Sporen zu ernten, werden die Blätter mit einem Plas-
tiksstab leicht geschüttelt, wodurch die Sporen auf ein
unter den Pflanzen liegendes Aluminiumpapier fallen.
Die Sporen werden unverzüglich durch einen Teefilter
aus Nylon gesiebt um Verunreinigungen zu entfernen.
Anschliessend werden sie zur Infektion von Pflanzen
verwendet oder gefriergetrocknet und bei – 80° C auf-
bewahrt.
Virulenzanalysen
Die in den Gelbroststämmen vorhandenen Virulenzen
wurden mit den Differentiallinien aus Tabelle 2 be-
stimmt. Die Versuche werden auf Anzuchtplatten
(HerkuPlast-Kubern GmbH, Ering am Inn, Deutschland)
mit 42 Bodenlöchern (2 × 2 cm breit, 3 cm tief) durchge-
führt. Die Bodenlöcher werden mit der oben beschrie-
benen Erde aufgefüllt, und diese wird an der Oberflä-
che leicht eingedrückt. In jede Vertiefung werden fünf
Samen gegeben und anschliessend mit einer Schicht
Erde bedeckt. Nach 14 Tagen werden die Keimlinge
gemäss vorgängig beschriebenem Protokoll mit Gelb-
rost infiziert.
Gelbrost ist ein obligat-biotroph Parasit, er entwickelt
sich also nur auf lebenden Pflanzen. Zur Vermehrung
wird eine Mischung der Weizensorten Coker und
Eridano (SPS Bologna), die gegen Gelbrost stark anfällig
sind, oder der Sorten Papageno und Cambrena für die
neuen Stämme, in Pflanztöpfen aus Plastik mit einem
Durchmesser von 8 cm gezogen. Die Becher werden mit
Erde gefüllt (Typisches Substrat 4, Brill, Zug, Schweiz),
die vorgängig durch ein 4 mm-Sieb körnig gemacht
wurde. Für die Infektion der Pflanzen werden 12 mg
Sporen mit 0,2 ml Flüssigpetroleum (Spezialpetroleum
185/240 °C, Districhimie AG, Ecublens, Schweiz) ver-
Differentiallinie Resistenzgene
Chinese 166 Yr 1
Kalyansona Yr 2
Bon fermier Yr 3
Vilmorin 23 Yr3
Triticum spelta album Yr 5
Reichersberg 42 Yr 7
Compair Yr 8
Riebesel 47 – 51 Yr 9
Kavkaz/4*Federation Yr 9
G 25 Yr15
VPM 1 Yr17
Audace Yr17
Prader Yr17
Carstens V Yr32, CV1, CV2, CV3
Heines Kolben Yr2, Yr6
Heines Peko Yr2, Yr6
Sonalika Yr2, YrA
Lely Yr2, Yr7
Clement Yr2, Yr9
Heines VII Yr2, Yr11, Yr25, HV
Spaldings Prolific Yr2, Yr11, SP
Hobbit Yr 3a+4a+14
Maris Huntsman Yr 3a+4a+13
Nord Desprez Yr3a, Yr4a, ND
Hybrid 46 Yr3b, Yr4b
Donata Yr7, Yr9
Lee Yr7, Yr22, Yr23
Moro A Yr10, Moro
Anza A Yr A
Suwon 92/Omar Yr S/O
Stubes Dickkopf SD
Fiorina resistente Kontrollsorte
Eridano anfällige Kontrollsorte
Tab. 2 | Die Differentiallinien und ihre Resistenzgene
Bezeichnung Resistenzniveau Symptome
0 Immun Keine sichtbaren Pusteln
; Sehr resistent Nekrotische Flecken
,N ResistentNekrotische Flecken ohne Sporenbildung
1 ResistentNekrotische Flecken mit wenig Sporenbildung
2 Mässig resistentMässige Sporenbildung mit Chlorosen und Nekrosen
3 Mässig anfällig Sporenbildung mit Chlorose
4 AnfälligSporenbildung ohne Chlorose
Tab. 3 | Boniturskala nach PBI (Plant Breeding Institute, Grossbritanien) der Differentialtests und der Resistenztests. Diese Skala wird für die Beurteilung des Resistenz der Pflanze verwendet
247Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz? | Pflanzenbau
Der Krankheitsverlauf wurde einmal mit dem Me-
thode der PBI in Tabelle 3 bonitiert (McIntosh et al.
1985). Diese Methode beschreibt die Wechselwirkun-
gen zwischen Pflanze und Pilz.
Resistenztests im Gewächshaus und auf dem Feld
Um die Auswirkungen der neuen Gelbroststämme auf
den Weizenanbau in der Schweiz zu prüfen, wurden die
im nationalen Sortenkatalog eingetragenen Sorten so-
wie die zur Aufnahme gemeldeten Sorten und Zuchtli-
nien im Gewächshaus getestet. Zudem fanden Feldver-
suche mit den bereits in der Schweiz vorkommenden
Stämmen statt. Die verwendeten Weizensorten werden
in Tabelle 4 beschrieben.
Für die Gewächshausversuche wurde die gleiche Ver-
suchsanlage verwendet wie für die Virulenzanalysen.
Die zweiwöchigen Keimlinge wurden geimpft und der
Infektionsverlauf wurde mit der PBI Methode bonitiert.
Die Feldversuche fanden von 2007 bis 2009 auf dem Ver-
suchsbetrieb von ACW Changins statt. Die Kandidaten-
sorten wurden im Herbst in 1 Meter langen Linien mit
einer Präzisionssämaschine von Typ SeedMatic (Hege
Maschinen, Eging am See, Deutschland) ausgesät.
Im Frühling, nach der Vegetationsruhe, wurden die
Pflanzen mit Gelbrostsporen infiziert. Es handelt sich
um eine Mischung aus acht Gelbroststämmen, die in der
Schweiz während der letzten 15 Jahre isoliert wurden
und sämtliche Virulenzen aufweisen. Die Infektion
wurde mit Hilfe einer Skala von 1 (keine Infektion) bis 9
(blattdeckende Pusteldichte) (Tab. 5) bonitiert.
Versuchsaufbau und statistische AuswertungenDie Gewächshausversuche wurden in drei unabhängi-
gen Wiederholungen und vollständig randomisiert
durchgeführt. Die Tests wurden im Abstand von einer
Woche zwei Mal wiederholt. Eine Note bis 2 bedeutet
die Resistenz der Pflanze, während die Noten 3 und 4
bestätigen, dass sich die Infektion mit Erfolg entwickelt
hat. Um festzustellen, ob eine Sorte resistent oder anfäl-
lig ist, wurden die Daten mit einem Chi-Quadrat-Test
verglichen.
Die Feldversuche wurden in drei unabhängigen Wie-
derholungen und vollständig randomisiert während drei
aufeinanderfolgenden Jahren durchgeführt. Die erhal-
tenen Daten wurden für jedes Jahr getrennt ausgewer-
tet. Da die Residuen nicht normalverteilt sind wurde der
nichtparametrische Test von Wilcoxon verwendet. Die
Reaktionsunterschiede zwischen den Sorten wurden mit
dem multiplen Vergleichstest auf LSD nach Fisher erfasst.
Alle Unterschiede bei P < 0,02 wurden als signifikant be-
trachtet. Die statistischen Analysen wurden mit der Soft-
ware NCSS 97 (NCSS, Kaysville, Utah, USA) durchgeführt.
Sorte Züchter Herkunftsland Eintragungsjahr
ARINA Agroscope/DSP Schweiz 1981
AROLLA Agroscope/DSP Schweiz 2003
CAMBRENA Agroscope/DSP Schweiz 2008
CAMEDO Agroscope/DSP Schweiz 2007
CH CLARO Agroscope/DSP Schweiz 2007
COMBIN Agroscope/DSP Schweiz 2007
FIORINA Agroscope/DSP Schweiz 2001
FOREL Agroscope/DSP Schweiz 2007
LEVIS Agroscope/DSP Schweiz 2004
MAYEN Agroscope/DSP Schweiz 2007
MOLINERA Agroscope/DSP Schweiz Aufnahme beantragt
MURETTO Agroscope/DSP Schweiz 2007
MUVERAN Agroscope/DSP Schweiz 2004
NARA Agroscope/DSP Schweiz 2007
ORZIVAL Agroscope/DSP Schweiz Aufnahme beantragt
RUNAL Agroscope/DSP Schweiz 1995
SCALETTA Agroscope/DSP Schweiz 2005
SEGOR Agroscope/DSP Schweiz 2003
SERTORI Agroscope/DSP Schweiz 2008
SIALA Agroscope/DSP Schweiz 2005
SURETTA Agroscope/DSP Schweiz 2008
TIRONE Agroscope/DSP Schweiz 2002
TITLIS Agroscope/DSP Schweiz 1996
ZINAL Agroscope/DSP Schweiz 2003
AKRATOS Dr. Hermann Strube Deutschland 2004
AZZURO Limagrain Verneuil Holding Grossbritanien 2006
BOCKRIS Dr. Hermann Strube Grossbritanien 2007
CAPHORN Ets Florimond Desprez Grossbritanien 2001
EPHOROS Dr. Hermann Strube Deutschland 2004
GALAXIE R 2n Frankreich 1991
HERMANN Limagrain GmbH Deutschland 2004
LUDWIG Probstdorfer Saatzucht Ges.m.b.H. & Co KG Österreich 1997
MANHATTAN Limagrain GmbH Deutschland 2002
MULAN Nordsaat Saatzuchtgesellschaft mbH Deutschland 2005
PAPAGENO Saatzucht Engelen Büchling OHG Deutschland 2007
POTENZIAL Deutsche Saatveredlung Lippstadt-Bremen GmbH Deutschland 2006
RAINER Saatzucht Donau Ges.m.b.H. & CoKG Österreich 2007
RUSTIC SA Momont Hennette et Fil Frankreich 2005
TAPIDOR Serasem Frankreich 2002
TOMMI Nordsaat Saatzuchtgesellschaft mb Deutschland 2002
WINNETOU Saatzucht Firlbeck GmbH & Co KG Deutschland 2002
Eridano Società produttori sementi Bologna spa Italien 1989
Cocker Coker's Pedigreed Seed Co. (Syngenta Seeds) USA < 1980
111.13726 Agroscope Schweiz nicht eingeschrieben
Tab. 4 | Im nationalen Sortenkatalog eingetragene Sorten sowie zur Aufnahme gemeldete Sorten. Die Sorten Eridano, Coker und die Zuchtlinie 111.13726 werden zur Kontrolle des Infektionsverlaufs verwendet
248
Pflanzenbau | Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz?
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
R e s u l t a t e
Virulenz der Gelbroststämme
Die Virulenzen der Gelbrostisolate wurden mit Hilfe der
Weizendifferentiallinien analysiert, welche ein oder
mehrere genau definierte Resistenzgene enthalten. Die
Resultate werden auf zwei Arten dargestellt, welche der
offiziellen Benennung der Stämme entsprechen. Zum
einen erlauben das Welt- und das europäische Differen-
tialliniensortiment (Tab. 6) die Zuordnung einer Viru-
lenzformel zu jedem Gelbroststamm (Johnson et al.
1972). Die Ergebnisse zeigen, dass jeder Stamm sich
durch ein spezifisches Virulenzspektrum auszeichnet. So
tragen beispielsweise nur die im Jahre 2008 isolierten
Gelbroststämme die Virulenz Yr32, die in der Lage ist,
die Resistenz der Differentiallinie Carstens V zu umge-
hen.
Zum anderen werden Gelbroststämme auch gemäss
der vereinfachten Methode von Hovmøller (2001) be-
schrieben, die sich auf die in letzter Zeit aufgekomme-
nen Virulenzen beschränkt, insbesondere auf Yr6, Yr9
und Yr17 (Tab. 7). Letztere Virulenz fehlt im Welt- und
im europäischen Sortiment. Tabelle 2 zeigt die Virulen-
zen sowie die Häufigkeit der Gelbroststämme, die in
den letzten 13 Jahren in der Schweiz isoliert wurden.
Die Virulenz Yr9, die seit den 90er-Jahren in Europa
Note % der infizierten Blattfläche Symptome
1 0,0 % Keine Pusteln auf dem Blatt
2 2,5v% Spuren von Pusteln auf dem Blatt
3 10,0 % 10% des Blattes sind von Pusteln belegt
4 25,0 % 25% des Blattes sind von Pusteln belegt
5 50,0 % Die Hälfte des Blattes sind von Pusteln belegt
6 75,0 % Dreiviertel des Blattes sind von Pusteln belegt
7 90,0 % 10% des Blattes ohne Pusteln
8 97,5 % Einige grüne Spuren auf dem Blatt
9 100,0 % Das ganze Blatt ist mit Pusteln übersät
Tab. 5 | Boniturskala für die Feldversuchen. Note 1 = keine Infektion, Note 9 = von Pilzpusteln vollständig bedeckte Blätter.
2008 2008 2008 2008 2001 2001 2001 2001 2001 2001 2001 2001 <1999 1969
Welt Differential
sortiment
Resistenz gene Koeff. 1688 1689 1690 1691 771 773 823 824 866 868 869 870 110 111 rasse
Probus
Chinese 166 Yr1 2 1 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 1 1
Lee Yr7, Yr22, Yr23
4 0 0 0 1 1 0 1 1 1 1 1 1 0 0
Heines Kolben Yr2, Yr6 8 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0Vilmorin Yr3 16 1 1 1 0 0 1 0 0 0 1 0 0 1 1Moro Yr10, Moro 32 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0Strubes Dickkopf SD 64 0 1 1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 1 1Suwon x Omar Yr S/O 128 1 1 1 0 1 1 0 1 1 1 1 0 1 1Clement Yr2, Yr9 256 1 1 0 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1Triticum spelta Yr5 512 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0Europ. DifferentialeHybrid 46 Yr3b, Yr4b 2 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0Reichersberg 42 Yr7 4 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0Heines Peko Yr2, Yr6 8 0 0 0 1 1 1 1 1 1 0 1 1 0 0Nord Desprez Yr3a, Yr4a,
ND16 1 1 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1
Compair Yr8 32 0 0 0 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1Carstens V Yr32, CV1,
CV2, CV364 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Spaldings Prolific Yr2, Yr11, SP
128 1 1 1 0 0 1 0 0 0 1 0 0 1 1 1
Heines VII Yr2, Yr11, Yr25, HV
256 0 1 0 1 1 1 1 1 0 1 1 0 1 1 0
Virulenz- formel 402E82 466E82 208E86 268E12 140E44 474E28 268E44 396E44 396E44 222E36 460E44 268E44 466E48 466E48 64E0
Tab. 6 | Darstellung der Gelbrostvirulenzen auf der Grundlage der weltweiten und europäischen Sortimente. Nachweis der bisher in der Schweiz fehlenden Virulenz Yr32.
249
Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz? | Pflanzenbau
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Virulenzen, eine hohe Aggressivität und die Fähigkeit,
Pflanzen bei Temperaturen über 18 C zu befallen. Sie
stellen also für die Produktion ein gewisses Risiko dar,
auch wenn die in der Schweiz angebauten Sorten eine
gute Resistenz gegenüber Gelbrost aufweisen und die
sehr anfälligen Sorten kaum betroffen sind, was wahr-
scheinlich auf klimatisch ungünstige Bedingungen für
eine Infektion zurückzuführen ist. Um die Schweizer
Weizenproduktion vor Gelbrost zu schützen, führt
Agroscope zusammen mit Partnern in den Kantonen,
der ETH Zürich, Getreidezüchtung Peter Kunz und in-
nerhalb der Getreidebranche seit mehreren Jahren das
Überwachungsnetz der Weizen- und Triticalepatho-
gene (Agroscope Changins-Wädenswil, 2010) sowie ein
Sorten versuchsnetz. Diese in den wichtigsten Ge-
treideproduktionsgegenden der Schweiz angesiedel-
ten Versuchsstandorte erlauben es, die Krankheitserre-
ger zu sammeln und sie durch Agroscope ACW
untersuchen zu lassen. n
nachgewiesen wird, ist praktisch in allen Stämmen vor-
handen, ebenso die Virulenz Yr17 (seit 2001 in den Stäm-
men). Die im Jahre 2008 isolierten Stämme weisen aus-
serdem die Virulenzen Yr4 und Yr32 auf.
Resistenztests im Gewächshaus und auf dem Feld
Die in der Tabelle 8A dargestellten Ergebnisse der Ge-
wächshaustests zeigen, dass die neuen Gelbroststämme
imstande sind, die Resistenz bestimmter Weizensorten
zu überwinden. Diese Sorten sind jedoch gegenüber
den in der Schweiz vorkommenden Stämmen bereits
anfällig.
Die Anfälligkeit dieser Weizensorten wurde zwi-
schen 2007 und 2009 in Feldversuchen getestet (Tabelle
8B). Die Pflanzen wurden hier mit den Stämmen von vor
2008 künstlich infiziert. Während die meisten Sorten
eine gute Resistenz zeigen, sind Arina, Runal und Papa-
geno in jedem Versuchsjahr die anfälligsten. Wir stellen
fest, dass der Infektionsgrad der Sorten Forel, Orzival
und Bockris zwischen 2007 und 2009 zugenommen hat.
Die Tabelle zeigt ausserdem eine – statistisch nicht signi-
fikante - Zunahme der Empfindlichkeit der Sorten Com-
bin, Molinera, Mulan, Muveran, Rustic und Zinal.
D i s k u s s i o n
Die in den Kantonen Thurgau und Aargau im Jahre
2008 isolierten Gelbroststämme zeigen effektiv die bis-
her auf Schweizer Gebiet nicht erfassten Virulenzen Yr4
und Yr32. Der in Changins isolierte Stamm weist nur be-
reits bekannte Virulenzen auf. Dieser Befund stützt sich
auf die Untersuchung sämtlicher Isolate aus grossen In-
fektionsherden aus den letzten 20 Jahren. Auch der
Ende der 60er-Jahre beschriebe Stamm «Probus» wies
diese Virulenz nicht auf. Die Virulenz Yr32, die in Däne-
mark und Deutschland seit den 90er-Jahren präsent ist,
wurde in Frankreich im Jahre 2007 erfasst (Hovmøller
2001; Eurowheat 2010). Die Stämme mit dieser Virulenz
wanderten langsam, im starken Gegensatz zu den Trä-
gern der Virulenz Yr17, die sich ab dem Jahre 2000 in
ganz Europa schnell ausbreiteten. Die neuen Stämme
zeichnen sich ausserdem durch ihre Fähigkeit aus, sich
bei leicht erhöhten Temperaturen zu entwickeln und
durch ihre gegenüber anderen in dieser Arbeit er-
forschten Stämmen geringere Aggressivität (unveröf-
fentlichte Ergebnisse). Das Vordringen der Stämme
könnte somit durch ihre geringere physiologische Kon-
kurrenzfähigkeit und fehlende Wirtspflanzen verzö-
gert worden sein.
Kürzlich wurden in Dänemark, in den USA und in Aust-
ralien (Milus et al. 2009) mehrere Gelbroststämme ent-
deckt. All diese Stämme zeichnen sich aus durch neue
Häufigkeit Yr1 Yr2 Yr4 Yr6 Yr9 Yr17 Yr32
<1999 3/5 1 9
<1999 2/5 1 6 9
2001 1/19 1 9
2001 6/19 2 6 9 17
2001 9/19 2 6 9 17
2001 2/19 6 9 17
2001 1/19 6 9 17
2009 1/4 1 2 4 6 9 17 32
2009 1/4 1 2 4 9 17 32
2009 1/4 4 6 17 32
2009 1/4 2 6 9 17 32
Tab. 7 | Darstellung der Virulenzen und der Verteilung der Gelbrostpathotypen gemäss vereinfachter Methode von Hovmøller (2001). Das Auftreten der Virulenz Yr17 zu Beginn des Jahrhunderts und das Aufkommen der Virulenzen Yr4 und Yr32 werden somit dokumentiert
250 Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Pflanzenbau | Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz?
Sorte
(A) Gewächshaustests (B) Feldversuche16
88
1689
1690
1691
866
111
2007 2008 2009
ARINA 9,4 6,9 29,6
AROLLA 0,0
CAMBRENA 0,0 0,0 0,0
CAMEDO 0,6 0,0 0,0
CH CLARO 0,0 0,7 0,0
COMBIN 0,0 0,0 5,6
FIORINA 0,0 0,0 1,9
FOREL 1,9 0,7 13,0
LEVIS 0,0 0,0 0,0
MAYEN 0,0 0,0
MOLINERA 0,0 0,0 9,3
MURETTO 1,9
MUVERAN 0,0 0,0 7,4
NARA 0,0 0,0
ORZIVAL 0,0 1,4 20,4
RUNAL 5,7 8,9 16,7
SCALETTA 0,0
SEGOR 8,2 20,4
SERTORI 0,0 0,0 16,7
SIALA 0,0 0,0 0,0
SURETTA 0,0 0,0 0,0
TIRONE 57,4
TITLIS 0,0 0,0 1,9
ZINAL 0,6 0,0 11,1
AKRATOS
AZZURO 0,0 1,9
BOCKRIS 0,0 6,9 25,9
CAPHORN 0,0 0,0 0,0
EPHOROS
GALAXIE 51,9
HERMANN
LUDWIG 25,9
MANHATTAN 0,0
MULAN 0,0 9,3
PAPAGENO 7,6 11,6 29,6
POTENZIAL 0,0 0,0
RAINER 0,0 0,0 0,0
RUSTIC 1,9 9,3
TAPIDOR 0,0 5,6
TOMMI 1,9
WINNETOU 24,1
ERIDANO 27,1 26,0 77,8
COCKER 23,3 24,7 72,2
111.13726 0,0 0,0 0,0
Tab. 8 | Anfälligkeit der im nationalen Sortenkatalog eingetragenen und der zur Aufnahme gemeldeten Weizensorten. (A) Interaktion mit den isolierten Stämmen; (B) Ergebnisse der ResistenzFreilandversuche mit einer Mischung der Stämme
Beschreibung der Wirt-Pathogen Interaktion:
Resistent
Anfällig
Schwach resistent
Keine Daten erhoben
251Agrarforschung Schweiz 1 (6): 244–251, 2010
Literatur b Agroscope Changins-Wädenswil, 2010. Virulenznetzwerk. Untersuchung der natürlich vorkommenden Braunrost, Gelbrost und Mehltaupopulatio-nen des Weizens 2009. Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/amelio-ration-des-plantes/00717/01219/index.html?lang=fr [22.03.10].
b Chen X. M., 2005. Epidemiology and control of stripe rust (Puccinia strii-formis f.sp. tritici) on wheat. Canadian Journal Plant Pathology 27, 314 – 337.
b Corbaz R., 1966. Notes sur la rouille jaune du froment en Suisse romande (Puccinia glumarum (Schmidt) Eriksson et Henning). Phytopathologische Zeitschrift 56, 40 – 53.
b Eurowheat, 2010. Yellow rust, pathotypes and frequencies. Zugang: http://www.eurowheat.org [22.03.2010].
b Fossati D. & Brabant C., 2003. La sélection du blé en Suisse. Le program-me des stations fédérales. Revue suisse Agric. 35 (4), 169 – 180.
b Hovmøller M. S., 2001. Disease severity and pathotype dynamics of Puccinia striiformis f.sp. tritici in Denmark. Plant Pathology 50, 181 – 189.
b Johnson R., 1992. Past, present and future opportunities in breeding for disease resistance, with examples from wheat. Euphytica 63, 3 – 22.
b Johnson R., Stubbs R. W., Fuchs E. & Chamberlain N. H., 1972. Nomencla-ture for physiologic races of Puccinia striiformis infecting wheat. Trans-actions of the British Myocological Society 58, 475 – 480.
b Kobel F., 1961. Die Gelbrostepidemie 1961. Mitteilungen für die schwei-zerische Landwirtschaft 9 (7), 109 – 112
b Manners J. G., 1988. Puccinia striiformis, yellow rust (stripe rust) of cere-als and grasses. Advances in Plant Pathology 6, 373 – 387.
b McIntosh R. A., Wellings C. R. & Park R. F., 1995. Wheat rusts: an Atlas of Resistance Genes. Dordrecht. The Netherlands. Kluwer Academic Publis-hers.
b Michel V., 2001. La rouille jaune ... et alors?. Revue suisse Agric. 33(4), 107 – 107.
b Milus E. A., Kristensen K. & Hovmøller M. S., 2009. Evidence for increa-sed aggressiveness in a recent widespread strain of Puccinia striiformis f.sp. tritici causing stripe rust of wheat. Phytopathology 99, 89 – 94.
b Sharma Y. R., Kang M. S. & Aujla S. S., 1985. Influence of yellow rust on yield and its components in wheat. Journal of Research (Punjab Agricul-tural University) 22, 425 – 430.
Bedroht der Gelbrost den Weizenanbau in der Schweiz? | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Is yellow rust a danger for Swiss wheat
production?
In 2008, yellow rust of wheat was
observed in two experimental sites in
the cantons of Thurgau and Aargau.
After isolation and purification, the
virulence spectrum was determined
based on wheat differentials. By this,
both virulences Yr4 and Yr32 were
identified for the first time in Switzer-
land. These virulences have already
been described in the 90s in the North
of Europe and their migration towards
South was detected in 2007 in France
and in 2008 in Switzerland, as related
in the present work. Infection tests in
greenhouses with these new strains
showed that today’s wheat varieties
present a satisfactory resistance
against the new virulences. The
reporting of other virulences occurring
in Europe emphasizes the importance
to carry on with the pathogens moni-
toring organized by Agroscope, can-
tonal phytosanitary offices and the
cereal branch.
Key words: yellow rust, Puccinia strii-
formis, virulences, emerging disease,
wheat, triticale.
La ruggine gialla è una minaccia per le
colture svizzere di frumento?
Nel 2008 due focolai di ruggine gialla
sono stati scoperti nelle prove varietali
di frumento autunnale, condotte nei
cantoni Turgovia e Argovia. Dopo il
loro isolamento e purificazione, lo
spettro di virulenze è stato determi-
nato su variétà differenziali. Due tipi di
virulenza, Yr4 e Yr32, finora assenti sul
territorio svizzero, sono stati eviden-
ziati. La migrazione di questi due tipi
di virulenza, già catalogati negli anni
novanta nel nord dell’Europa, è stata
registrata nel 2007 in Francia e nel
2008 in Svizzera, grazie a questo
lavoro. Le prove di resistenza in serra
con questi nuovi ceppi hanno rivelato
che le attuali varietà di frumento colti-
vate in Svizzera hanno una buona resi-
stenza contro queste nuove virulenze.
In Europa l’annuncio della presenza di
ceppi con altri geni di virulenza esige
di proseguire il monitoraggio dei pato-
geni mediante il protocollo messo a
punto da Agroscope, dai servizi di pro-
tezione vegetale cantonali, dall’ETH di
Zurigo, dalla Getreidezüchtung Peter
Kunz e dall’interprofessione.
252
P o r t r ä t
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 252, 2010
Schlupfwespen, Marienkäfer und Raubmilben bekämp-
fen Schädlinge; Regenwürmer, Springschwänze und
gewisse Mikroorganismen fördern die Bodenfruchtbar-
keit. «Nützlinge zu schützen ist eine der Aufgaben der
Gruppe Ökotoxikologie», strahlt die achtunddreissigjäh-
rige Tessinerin Michela Gandolfi und betont: «Einzelne
Organismen hat man früher schon untersucht, aber eine
umfassende Risikoanalyse erfolgt erst seit der Jahrtau-
sendwende. Beurteilt werden nicht nur Nützlinge, son-
dern auch Fische, Wasser- und Bodenorganismen sowie
Vögel und Säugetiere.»
Natur oder Musik – kein leichter Entscheid
Seither gibt es die Gruppe Ökotoxikologie, zuerst an
der Forschungsanstalt Reckenholz-Tänikon ART behei-
matet, heute mit Sitz an der Forschungsanstalt Agro-
scope Changins-Wädenswil ACW. Diese Gruppe schreibt
Expertisen im Rahmen der nationalen Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln. Michela Gandolfi ist seit 2002
dabei. Doch diese Karriere war nicht von Anfang an auf-
gegleist, denn sie musste sich als Jugendliche entschei-
den: Musik- oder Naturwissenschaften. Schliesslich hat
sie sich für ein Studium der Biologie an der Universität
Zürich entschieden. Musik ist ihr als wichtiges Stecken-
pferd geblieben.
In ihrer Diplomarbeit hat sie den Effekt von Wald-
randstrukturen auf die Biodiversität von Nützlingen
untersucht. In Projekten am Forschungsinstitut für Wald,
Schnee und Landschaft WSL sowie an der Universität
Basel hat sie ihr Wissen vertieft. Ihre Dissertation an der
ETH über eine parasitische Schlupfwespe im Kampf
gegen den Apfelwickler war schliesslich ihr Sprungbrett
zur Ökotoxikologie.
Die Akzeptanz der Ökotoxikologie ist heute hoch
«Die Herausforderung am Anfang bestand darin, die
Ökotoxikologie als unverzichtbarer Bestandteil des
Zulassungsverfahrens von Pflanzenschutzmitteln zu ver-
ankern», erklärt Michela Gandolfi. «Das haben wir
heute geschafft», sagt sie und zählt zwei Highlights der
letzten Jahre auf. «Die Gruppe Ökotoxikologie ist in der
Wirkstoff-Reevaluation der Euro päischen Union betei-
ligt. In den Experten-Meetings lernen wir viel», betont
sie, «das hilft uns, die alten Wirkstoffe in der Schweiz
neu zu beurteilen.» Letzteres nennt sie als zweites High-
light und erklärt, warum es so wichtig ist: «Früher hat
man bei der Zulassung keine Umwelteffekte beurteilt.
Daher ist es wichtig, die alten Wirkstoffe diesbezüglich
anzuschauen.»
Als harte Knochenarbeit bezeichnet sie die Abschät-
zung der Exposition diverser Organismen zu den Pflan-
zenschutzmitteln. «Je nach Kultur, Zeitpunkt, Menge
und Eigenschaften des Wirkstoffes rechnet man mit
anderen Konzentrationen, die in Gewässer, an Feldrän-
der, in den Boden, auf die Kulturen selber und auf die
Nahrung von Vögeln oder Wirbeltieren gelangt.» Am
Schluss erfolgt die Beurteilung des Risikos. Michela Gan-
dolfi ist begeistert von dieser Arbeit. Ihr Motto lautet:
«Pflanzenschutzmittel braucht es, aber sie müssen
gezielt wirken und möglichst umweltschonend sein.»
Carole Enz, Agroscope Changins-Wädenswil ACW
Michela Gandolfi: Im Einsatz für umweltschonende Pflanzenschutzmittel
253
A k t u e l l
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 253–255, 2010
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Neues Nachschlage werk für die Kräuter praxis
Der Anbau von Kräu tern stellt in der Schweiz eine
Nische dar. Dennoch zeigen die aktuellen Ent-
wicklungen: Schweizer Kräuter – richtig produziert
und vermarktet – sind gefragt! Die neuen Datenblät-
ter Heil- und Gewürzkräuter bieten dazu das notwen-
dige Fachwissen.
Viele kleine Betriebe produzieren heute Kräuter als
alternative Erwerbsmöglichkeit und setzen diese als
Tees, über die Direktvermarktung oder als Rohware für
die verarbeitende Industrie ab. Dabei zeigt sich immer
mehr die Tendenz zu grösseren und spezialisierten Be-
trieben, welche voll und ganz auf den Anbau und die
Vermarktung von Kräutern setzen. Dazu braucht es
entsprechendes Know-how in geeigneter Form. Genau
hier setzt das von AGRIDEA entwickelte Datenblatt-
Konzept im Abo-System an!
Aktualisierungen im Abo
Die Datenblätter Heil- und Gewürzkräuter werden
von AGRIDEA zusammen mit der ArGe Bergkräuter,
Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Ricola und weite-
ren Partnern herausgegeben. In acht Kapiteln wird das
Markt- und Absatzpotenzial, die Produktions- und
Qualitätsanforderungen sowie eine Auswahl der bedeu-
tendsten Arten beschrieben. Zahlreiche Bilder runden
diesen rund 150 Seiten umfassenden Ordner ab. Der
Vertrieb der Datenblätter im Abonnementsystem bietet
laufende Aktualisierungen.
Fachliche Begleitung durch ständige Arbeitsgruppe
Der in Deutsch und Französisch vorliegende Ordner
bündelt aktuelles Wissen aus Praxis, Beratung und For-
schung und bildet somit die ideale Grundlage, um die
Freude und das Verständnis am und für den Kräuteran-
bau zu fördern. Die fachliche Abstützung und laufende
Weiterentwicklung erfolgt im Rahmen der Schweizeri-
schen Begleitgruppe Kräuter / Groupe Plantes aroma-
tiques et médicinales. Bestellung und weitere
Informationen zum Kräuteranbau im Internet unter
www.agrigate.ch > Kräuter oder direkt bei AGRIDEA,
Eschikon 28, 8315 Lindau, Tel. 052 354 97 00, Fax 052 354
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jährlich, Preis je nach Umfang.
254
Aktuell
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 253–255, 2010
www.agroscope.ch
11.05.2010 / ACWFeuerbrand-Erbgut ist entschlüsseltDer genetische Bauplan des Feuerbrand-Erregers Erwinia
amylovora, der weltweit berüchtigsten Obstkrankheit, ist
entschlüsselt. Dieser Durchbruch von Wissenschaftern der
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW
beflügelt die Feuerbrand-Forschung weltweit. Bereits
haben ACW-Forscher Gene gefunden, die das Überleben
des Bakteriums und die krankmachende Wirkung, die Viru-
lenz, beeinflussen könnten. Dort Schwachstellen zu finden
könnte möglicherweise helfen, innovative Strategien
gegen Feuerbrand zu entwickeln sowie feuerbrand-
tolerante Kernobstsorten zu züchten.
10.05.2010 / ACWInvasive Neophyten – uneingeladene GästeDie Vereinten Nationen haben 2010 zum Jahr der Biodiver-
sität erklärt. Doch die biologische Vielfalt erleidet Jahr für
Jahr markante Verluste. Die Ausbreitung von gebietsfrem-
den Pflanzen, den so genannten invasiven Neophyten, ist
ein Grund dafür. Sie verdrängen die einheimische Flora
und Fauna. Die Forschungsanstalt Agroscope Changins-
Wädenswil ACW widmet sich daher der Erforschung von
invasiven Neophyten mit dem Ziel, eine für die Biodiversi-
tät nachteilige Ausbreitung zu verhindern.
Dieses 130 Seiten umfassende Werk in Farbe, bereichert
durch zahlreiche exklusive Abbildungen gemäss inter-
nationalem Beschreibungsstandard (OIV), stellt 57 in
der Schweiz angebaute Rebsorten vor. Es enthält ein Glos-
sar zur Erklärung des Vokabulars sowie Zusammenfassun-
gen über die Rebsorten und Klone. Diese Publikation rich-
tet sich an alle Fachleute im Rebbau sowie an alle Liebhaber
von Reben und Weinen. Das Buch ist ein Gemeinschafts-
werk der Ingenieurschule Changins und der Forschungs-
anstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW. Heraus-
geberin ist AMTRA, Postfach 1006, 1260 Nyon.
Die Preise verstehen sich in Schweizer Franken,
ohne Versandkosten:
0 bis 9 Exemplare Ab 10 Exemplare
Buch Rebsorten & Glossar CHF 57.– * CHF 50.–*
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* Preise für Schulen: CHF 45.– für Buch und Glossar** CHF 6.– nur für das Glossar.
Dieses Werk ist in drei Sprachen erhältlich: Deutsch,
Französisch und Italienisch.
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Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1
Tel. +41 22 363 41 51 oder Fax +41 22 363 41 55
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Die wichtigsten in der Schweiz ange bauten Rebsorten
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geb
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n R
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Autoren
Philippe Dupraz EIC und Jean-Laurent Spring ACW
Fotografen
Giorgio Skory und David Quattrocchi
REBSORTENDie wichtigsten in der Schweiz angebauten Rebsorten
Rebsorten
V e r a n s t a l t u n g e n
255
Aktuell
N e u e I n t e r n e t l i n k s
Agrarforschung Schweiz 1 (6): 253–255, 2010
Juli-August / Heft 7 – 8
•• Stationäre RFID-Antennensysteme zur Identifikation
von Schweinen, F. Burose et al. ART und Universität
Hohenheim
•• Mikrowellentechnologie zur Bekämpfung des Stumpf-
blättrigen Ampfers, R. Latsch und J. Sauter ART
•• 29 Neuzüchtungen von Italienischem Raigras geprüft,
D. Suter et al. ART und ACW
•• Phänologischer Rückblick ins Jahr 2009,
C. Defila Meteoschweiz
•• Ambrosiakontrolle – nicht nur in der Landwirtschaft!
Ch. Bohren ACW
•• Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2011
V o r s c h a u
Jedes Jahr prüft Agroscope zahlreiche Getreidesorten im Feldversuch auf ihre Anbaueigenschaften für die Praxis. In der «Liste der empfohlenen Getreidesorten» werden die Daten der am besten an die Anbaubedingungen in der Schweiz angepassten Sorten publiziert.
Juni 2010
16.06. – 17.06.2010Tänikoner AgrartechniktageAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen
18.06. – 20.06.2010Tage der offenen Tür 2010Agroscope Changins-Wädenswil ACWChangins, Nyon
August 2010
12.08. – 12.08.2010 AGFF-FutterbautagungAGFF, Landwirtschaftliches Zentrum SG, ARTNeu St. Johann (SG)
13.08.2010Info-Tag Medizinal- und GewürzkräuterAgroscope Changins-Wädenswil ACW, Forschungs-zentrum ContheyBei Fam. Theiler, Hergiswil bei Willisau
14.08.2010Güttingertagung 2010Agroscope Changins-Wädenswil ACW und BBZ Arenenberg Versuchsbetrieb Güttingen, Güttingen TG
September 2010
08.09.2010AGFF-FutterbautagungAGFF, Inforama, ARTFlugplatz Meiringen, Unterbach (BE)
16.09.2010Agrarökonomie InformationstagungAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen
Oktober 2010
01.10.2010ALP-Tagung 2010Agroscope Liebefeld-Posieux ALP + Agridea LindauPosieux
Verbundprojekt AlpFUTUR
www.alpfutur.ch
Die übergeordnete Zielsetzung des Verbundprojektes
AlpFUTUR ist es, für einen mittleren Zeithorizont (10 bis
40 Jahre) Perspektiven für die zukünftige Nutzung des
Schweizer Sömmerungsgebietes aufzuzeigen.
Die Alp- oder Sömmerungsweiden sind ein heraus-
ragendes Element der Kulturlandschaft der Schweiz und
prägen grosse Teile der Alpen, der Voralpen und des Jura.
Das Sömmerungsgebiet umfasst im Alpenraum und im
Jura ca. 500 000 ha oder 1/8 der Landesfläche der Schweiz.
Es zeichnet sich durch eine hohe Biodiversität und eine
charakteristische Landschaft aus.
Neuere Erhebungen zeigen, dass sich die Schweizer
Landwirtschaft zunehmend aus der Bewirtschaftung von
Teilen der Sömmerungsweiden zurückziehen könnte. Aus-
löser dafür ist ein sinkendes wirtschaftliches Interesse der
(Berg-)Landwirtschaft an einer Alpung der Tiere.
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Ag
rosc
op
e