Investments _ _Der Kampf Mit Einzelaktien Ist Naiv_ - Nachrichten Geld - DIE WELT

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07.08.13 Investments : "Der Kampf mit Einzelaktien ist naiv" - Nachrichten Geld - DIE WELT www.welt.de/finanzen/article118797471/Der-Kampf-mit-Einzelaktien-ist-naiv.html?config=print 1/2 7. Aug. 2013, 20:38 Diesen Artikel finden Sie online unter http://www.welt.de/118797471 19:54 Investments Während die Märkte haussieren, spielen sich bei manchen Aktien wahre Dramen ab. Anleger fahren oft schlecht, wenn sie nur auf einzelne Titel setzen. Trotzdem muss man diese Strategie nicht verteufeln. Von Holger Zschäpitz An der Börse ist auf nichts mehr Verlass außer auf die Börse selbst. Nie war es so schwer, mit einzelnen Aktien Geld zu verdienen. Ein Paradox: Denn die Märkte haussieren. Die Wall Street notiert nahe ihrer historischen Höchststände. Und auch der Dax ist nur noch einen Steinwurf von Rekordmarken entfernt, dem kleinen Minus zur Wochenmitte zum Trotz. Ein Blick in den Dax offenbart das Dilemma für die Sparer. Dort tun sich riesige Gräben auf. Zwischen der besten Dax-Aktie, Continental (Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Continental-AG-DE0005439004.html) , und dem schlechtesten Titel, K+S (Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/KS-AG-DE000KSAG888.html) , klafft in diesem Jahr eine Kluft von nicht weniger als 84 Prozentpunkten. Wer die schlechtesten zehn Dax-Werte im Depot hat, liegt seit Januar 25 Prozent unter Wasser, während der Dax als ganzes 8,3 Prozent über der Nulllinie liegt. Selten war das Risiko, mit einzelnen Titeln Schiffbruch zu erleiden, größer als heute. K+S: ein Drittel Wertverlust an einem Tag Das zeigt exemplarisch die Aktie des Kaliherstellers K+S. An einem Tag verlor das Papier ein Drittel seines Wertes. Die Aktie genoss insbesondere bei Vermögensverwaltern hohes Ansehen, galt doch das Düngemittel Kalium als unverzichtbar, um die Ernährung der weiter wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten. Über diesem Megatrend schienen viele Profis vergessen zu haben, dass K+S zu den Produzenten mit den höchsten Förderkosten gehört. Als dann der russische Konkurrent Uralkali (Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Uralkali-OJSC-US91688E2063.html) das Verkaufskartell aufkündigte, waren sämtliche Prognosen (Link: http://w w w .w elt.de/118757327) des Anlegerlieblings dahin. Die Aktie stürzte auf das tiefste Niveau seit 2006. "Die Kursturbulenzen sind heute noch extremer als früher, weil die Welt informationstransparenter geworden ist", sagt Martin Weber, Professor für Kapitalmärkte an der Uni Mannheim. Früher hätten sich Informationen nicht so rasch verbreitet. "Das geht jetzt viel schneller, und damit sind die Bewegungen teilweise brutaler. Das Investmentrisiko für Einzeltitel ist extrem hoch", sagt Weber auch mit Blick auf K+S. BASF und Lanxess enttäuschen die Anleger Doch auch andere Einzelaktien hat es in diesem Jahr zerzaust. Chemiekonzerne wie BASF oder Lanxess kamen unter den Hammer. Galt ihr China-Engagement noch als Vorteil, erweist sich dies nun als Bürde. Nicht wenige sehen plötzlich die Gefahr, dass die Wirtschaft im Reich der Mitte abstürzt. Die Versorger RWE (Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/RWE-AG-DE0007037129.html) und E.on leiden noch immer unter der abrupten Energiewende. Für Experten ist klar: Einzelaktien eignen sich nicht als Investment für Sparer. "Wer eine bestimmte Aktie kauft, wettet im Grunde genommen darauf, dass er einen Informationsvorsprung gegenüber dem Markt hat", sagt Andreas Beck, Vorstand beim Institut für Vermögensaufbau. "Im Grunde genommen treten sie mit Einzelinvestments gegen 50.000 promovierte Mathematiker mit Hochleistungsrechnern an. Zu meinen, diesen Kampf zu gewinnen, ist naiv." "Der Kampf mit Einzelaktien ist naiv"

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07.08.13 Investments : "Der Kampf mit Einzelaktien ist naiv" - Nachrichten Geld - DIE WELT

www.welt.de/finanzen/article118797471/Der-Kampf-mit-Einzelaktien-ist-naiv.html?config=print 1/2

7. Aug. 2013, 20:38

Diesen Artikel finden Sie online unter

http://www.welt.de/118797471

19:54 Investments

Während die Märkte haussieren, spielen sich bei manchen Aktien wahre

Dramen ab. Anleger fahren oft schlecht, wenn sie nur auf einzelne Titel

setzen. Trotzdem muss man diese Strategie nicht verteufeln. Von Holger

Zschäpitz

An der Börse ist auf nichts mehr Verlass außer auf die Börse selbst. Nie war es so schwer, mit

einzelnen Aktien Geld zu verdienen. Ein Paradox: Denn die Märkte haussieren. Die Wall Street

notiert nahe ihrer historischen Höchststände. Und auch der Dax ist nur noch einen Steinwurf

von Rekordmarken entfernt, dem kleinen Minus zur Wochenmitte zum Trotz.

Ein Blick in den Dax offenbart das Dilemma für die Sparer. Dort tun sich riesige Gräben auf.

Zwischen der besten Dax-Aktie, Continental

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Continental-AG-DE0005439004.html) , und dem schlechtesten Titel, K+S

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/KS-AG-DE000KSAG888.html) , klafft in diesem Jahr eine Kluft von nicht

weniger als 84 Prozentpunkten.

Wer die schlechtesten zehn Dax-Werte im Depot hat, liegt seit Januar 25 Prozent unter

Wasser, während der Dax als ganzes 8,3 Prozent über der Nulllinie liegt. Selten war das Risiko,

mit einzelnen Titeln Schiffbruch zu erleiden, größer als heute.

K+S: ein Drittel Wertverlust an einem Tag

Das zeigt exemplarisch die Aktie des Kaliherstellers K+S. An einem Tag verlor das Papier ein

Drittel seines Wertes. Die Aktie genoss insbesondere bei Vermögensverwaltern hohes

Ansehen, galt doch das Düngemittel Kalium als unverzichtbar, um die Ernährung der weiter

wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten.

Über diesem Megatrend schienen viele Profis vergessen zu haben, dass K+S zu den

Produzenten mit den höchsten Förderkosten gehört. Als dann der russische Konkurrent Uralkali

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Uralkali-OJSC-US91688E2063.html) das Verkaufskartell aufkündigte, waren

sämtliche Prognosen (Link: http://w w w .w elt.de/118757327) des Anlegerlieblings dahin. Die Aktie stürzte

auf das tiefste Niveau seit 2006.

"Die Kursturbulenzen sind heute noch extremer als früher, weil die Welt

informationstransparenter geworden ist", sagt Martin Weber, Professor für Kapitalmärkte an der

Uni Mannheim.

Früher hätten sich Informationen nicht so rasch verbreitet. "Das geht jetzt viel schneller, und

damit sind die Bewegungen teilweise brutaler. Das Investmentrisiko für Einzeltitel ist extrem

hoch", sagt Weber auch mit Blick auf K+S.

BASF und Lanxess enttäuschen die Anleger

Doch auch andere Einzelaktien hat es in diesem Jahr zerzaust. Chemiekonzerne wie BASF

oder Lanxess kamen unter den Hammer. Galt ihr China-Engagement noch als Vorteil, erweist

sich dies nun als Bürde. Nicht wenige sehen plötzlich die Gefahr, dass die Wirtschaft im Reich

der Mitte abstürzt. Die Versorger RWE (Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/RWE-AG-DE0007037129.html)

und E.on leiden noch immer unter der abrupten Energiewende.

Für Experten ist klar: Einzelaktien eignen sich nicht als Investment für Sparer. "Wer eine

bestimmte Aktie kauft, wettet im Grunde genommen darauf, dass er einen

Informationsvorsprung gegenüber dem Markt hat", sagt Andreas Beck, Vorstand beim Institut für

Vermögensaufbau. "Im Grunde genommen treten sie mit Einzelinvestments gegen 50.000

promovierte Mathematiker mit Hochleistungsrechnern an. Zu meinen, diesen Kampf zu

gewinnen, ist naiv."

"Der Kampf mit Einzelaktien ist naiv"

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07.08.13 Investments : "Der Kampf mit Einzelaktien ist naiv" - Nachrichten Geld - DIE WELT

www.welt.de/finanzen/article118797471/Der-Kampf-mit-Einzelaktien-ist-naiv.html?config=print 2/2

Schwierige Titel werden nicht abgestoßen

Beck, der mit seiner Denkfabrik vornehmlich institutionelle Investoren berät, hat in den

vergangenen Jahren auch Dutzende Privatanleger-Depots analysiert und dabei immer wieder

die gleichen Fehler entdeckt. Private würden mit Vorliebe in Aktien mit einer einfachen Anlage-

Story investieren.

Schließlich sind solche Titel auch besser von Bankvertrieben platzierbar. Ist eine Aktie dann erst

mal gekauft, trennen sich die Wenigsten wieder von ihren Papieren. "Niemand verkauft gern mit

Verlusten und gesteht sich selber ein, Fehler gemacht zu haben", sagt Beck. Deshalb findet

man nach seinen Beobachtungen auch heute noch Commerzbank

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Commerzbank-AG-DE0008032004.html) , RWE, E.on oder BASF in den

Depots der Privaten.

Auch K+S sei ein solcher Fall. Die Aktie des Salz- und Düngemittelherstellers habe noch bis vor

kurzem als Witwen- und Waisenpapier gegolten. Die Idee: Die Winter würden immer härter und

da brauche man immer mehr Salz, und für die wachsende Weltbevölkerung werde immer mehr

Düngemittel (Link: http://w w w .w elt.de/118759192) benötigt.

Trotz der Risiken würde Beck aber niemals Aktien verteufeln. Sie seien die einzige nachhaltige

Quelle wirklicher Renditen. "Nur sollte man eben auf die deutsche Wirtschaft in Form des Dax

setzen und nicht darauf wetten, ob Samsung

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Samsung-Electronics-Co-Ltd-US7960502018.html) oder Apple

(Link: http://w w w .w elt.de/boerse/aktien/Apple-Inc-US0378331005.html) besser laufen."

Auch für Weber ist die Sache klar. Mit Einzelaktien machen Anleger ein schlechtes Geschäft.

Denn jede Aktie beinhaltet zwei Risiken: ein systemisches Marktrisiko und ein

firmenspezifisches, worunter etwa ein unfähiges Management oder Liquiditätsprobleme fallen.

Allerdings bekommen Anleger lediglich das systemische Marktrisiko entgolten, weil das alle

Aktien gleichermaßen trifft. Die firmenspezifischen Unsicherheiten würden jedoch nicht bezahlt.

"Schließlich kann man Einzelrisiken durch Streuung des Geldes auf verschiedene Titel

wegdiversifizieren", sagt Weber.

Indexfonds als Alternative

Nach Meinung der Kapitalmarktexperten sollten die Sparer ihr Geld lieber in breite

Investmentkörbe voller Aktien packen. Wer unliebsame Überraschungen vermeiden möchte,

hält sich an passive Indexfonds (Link: http://w w w .w elt.de/116715537) (ETF's). Diese bilden den Index

eins zu eins ab und hängen nicht vom glücklichen Händchen der Fondsmanager ab.

Allerdings kann sich die Performance der Profis durchaus sehen lassen. Die meisten haben

den Dax geschlagen. Hauptgrund hierfür ist, dass viele Fondsmanager kleinere Werte jenseits

des Dax in ihren Portfolios haben, und diese sind in den vergangenen Jahren besonders gut

gelaufen. Vergleicht man die Fonds mit dem Index der mittelgroßen Titel, dem MDax, sieht die

Entwicklung schon wieder nicht so gut aus.

Weber geht noch einen Schritt weiter. Anleger sollten nicht allein in Deutschland und nicht allein

auf Aktien setzen, sondern das Geld noch breiter auf unterschiedliche Anlageklassen streuen.

Er hat ein eigenes Konzept entwickelt, in das auch Anleger investieren können. Der AERO-

Fonds setzt auf Aktien, Renten und Rohstoffe. Seit Auflage im Oktober 2008 hat der Fonds

jährlich acht Prozent gemacht. Auf sein Konzept der Risikostreuung war Verlass.

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