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Internationales Agenda 21 - eine Falle? Schwerpunkt: Anti-Atom ferstrahltes Umwelt Info FUI Infodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V Infodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V Infodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V Infodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V Infodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V. Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50 Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50 Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50 Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50 Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50

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Internationales

Agenda 21 - eine Falle?

Schwerpunkt: Anti-Atom

ferstrahltes Umwelt Info

FUIInfodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.VInfodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.VInfodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.VInfodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.VInfodienst der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V.....

Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50Januar 2005, FUI 1/05 Preis 2,50 €

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Inhalt

Vorwort „Liebe Leute“ 3

Termine 4

Was läuft wo? 5

Schwerpunkt: Anti-Atom 19

Umweltaktionen in Russland 47

USA - Kleinvieh macht auch Mist 48

Brücke zwischen Ost und West 49

Big connective website project 50

Gerechtigkeit im Fall Abonne 51-der Kampf geht weiter

Rising Tide or low tide? 52

JMA-Niederlande 52

Agenda 21 - eine Falle? 53

Rot-Grün lässt Umwelt links liegen 58

Ratat-HUI 59

Literatur 61

Impressum, Abocoupon 62

Adressen 63

Das Lacomaer Teichgebiet - 7vom Braunkohlebergbau bedroht

Konzerne machen EU-Politik 9

Müllmilch 11

Müller setzt auf Gewalt 12

Dicke Luft 12

Energie

Konzernkritik

Internationales

Bahnlinie Salzwedel - 13Wittenberge akut bedroht

Weitere Zerschlagung der 14Eisenbahn verhindern

Mobilität

Kritischer Papierbericht 15

Rodung des Bannwaldes 18rückt näher - auf in den Wald!

Wald

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Editorial

Liebe Leute,zum FUI-Schreiben trafen wir uns diesmal, kurz vor demJukss, im Greenkids-Büro in Magdeburg. Hier sieht esgenauso aus, wie mensch es sich bei einer selbstverwaltetenUmweltgruppe vorstellt: Das Büro ist überfüllt mit Akten-ordnern, Büchern, Zeitschriften, Büromaterial und Com-putern. Durch unzählige Plakate an der Wand entsteht einegemütliche Atmosphäre, so dass mensch sich wohl fühlt,wenn mensch den ganzen Tag am Rechner sitzt und Texteschreibt, korrektur liest und layoutet, Bilder scannt und be-arbeitet usw.Übernachten konnten wir auf einem Matratzenlager in einerbefreundeten WG, so dass uns die Isomatten erspart blie-ben.

Doch nun genug Atmosphäre, schließlich sollt ihr an dieserStelle auch noch erfahren, was es in diesem Heft zu lesengibt. Wir präsentieren euch einen umfangreichen Schwer-punkt zum Thema Anti-Atom, der sich vor allem mit derEndlagerproblematik außeinandersetzt. Aber auch die be-fürchtete Renaissance der Atomkraft und der Tod vonSébastien sind Themen, denen wir uns nicht verschließenwollen.

Außerdem könnt ihr erfahren, dass wertvolle Naturparadiesebedroht sind, zum einen der Bannwald in Frankfurt durchden Bau einer Wartungshalle für den A 380, zum anderendas Lacomaer Teichgebiet durch den dortigen Braunkohle-tagebau.

Salut, kaixo, privet, hello heißt es wieder an alle AktivistInnenunter euch, die gern mehr über interessante Kampagnen,internationale Gruppen und globale Netzwerke erfahrenwollen. Unter der Rubrik Internationales von Seite 47-52findet ihr die Fortsetzung des Schwerpunkts InternationaleUmweltbewegung des letzten FUIs. Once again to all ourinternational activist friends: thanks a lot for all your greathelp and interviews!

Eine kritische Betrachtung der Agenda 21 und anderer klei-ner Vergehen der rot-grünen Regierung könnt ihr Euch imletzten Drittel des Heftes zu Gemüte führen.

Wenn ihr dieses FUI lest, is ja bereits über die Auflösungder BSÖ entschieden worden. Wir wissen derzeit nicht, obes den Verein im nächsten Jahr noch geben wird. Wir habenuns aber entschlossen, auch wenn der Verein aufgelöst wer-den sollte, noch ein Abschieds-FUI zu schreiben, ihr wer-det also noch mindestens einmal von uns lesen.

Nun wünschen wir Euch erstmal ein wunderbares aktivesneues Jahr und kreative Ideen für 2005! Viel Erfolg und aufdass sich Eure Vorsätze für das neue Jahr erfüllen! Hasta lavictoria siempre, companeros y companeras de lucha!

Eure FUI-Redaktion

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Januar

Umwelt - Termine

Februar

12.01.2005Ringvorlesung Umwelt an der TU München„Umwelt und Arbeit – ein Kapitel vollerFragen“Weitere Informationen:Studentische Vertretung80290 TU MünchenTel: 089/289 - 22990, Fax: 089/289 - [email protected]/AStA/umwelt/info/rivo

17.01.2005Ökostrom - Gewissensberuhigung oder Ein-stieg in die Solargesellschaft? (Ref. JörgBergstedt aus der Projektwerkstatt Saasen)-Friedensbildungswerk Köln-

19.01.2005Ringvorlesung Umwelt an der TU München„Von nichts zu viel. Über Suffizienz undgutes Leben“Infos siehe oben.

19.01.2005PRO Umwelt - Workshop:„Wie kann das Thema Umwelt in das öffent-liche Bewusstsein gebracht werden?“-Stuttgart-Weitere Infos:Büro des UmweltbeauftragtenGymnasiumstr. 3670174 StuttgartTel: 0711 / 2068-252 oder -196,Fax: 0711 / [email protected]

23.01.2005Naturimpressionen aus den LacomaerTeichenTon-Dia-Show mit Michael Dieke-Lacoma-www.lacoma.de

26.01.2005Ringvorlesung Umwelt an der TU München„Arzneimittel in der Umwelt“Infos siehe oben.

26.-31.1.20055.Weltsozialforum- Porto Alegre/Brasilien-www.forumsocialmundial.org.br

01.-02.02.2005Widerstand gegen das Atom-Forum- Berlin [email protected]

02.02.2005Ringvorlesung Umwelt an der TU München„Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Globa-les Lernen als Bildungsherausforderung“Infos siehe oben.

11.-12.02.2005NATO-Sicherheitskonferenz in Münchenwww.no-nato.de

12.02.2005Seminar zur Endlagerung von Atommüll- Marienborn bei Helmstedt-Infos und Anmeldung unter:Greenkids MagdeburgTel: 0391-7272657

20.02.-11.03.2005Widerstands- und Utopie-Tage 2005Drei Wochen langer Intensivkurs in SachenSelbstorganisierung, Direct-Action undDiskussion um Utopien herrschaftsfreierGesellschaftProjektwerkstatt in Saasen -Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasenwww.projektwerkstatt.de/saasen

22.02.2005Veranstaltung zum Widerstand gegen dasEndlager MorslebenInfos und Anmeldung unter:Greenkids MagdeburgTel: 0391-7272657

24.-25.2.2005Stadtleben - Tagung- Dortmund -Veranstalter: Universität Dortmund VLP,Tel. 0231/7554815 eMail: [email protected]

März

26.03.2005Osterfeuer in Lacomawww.lacoma.de

03.-09.04.2005Eyfa WinterMeeting-Kilfenora, Ireland-www.eyfa.benn.org

10.-17.04.2005People’s week of global actionwww.eyfa.org

05.06.2005Internationaler UN-Tag derUmwelt und Umwelt-Kinder-Tag-bundesweit-www.umweltkindertag.de

19.06.2005Mobil ohne Auto: MoA-Aktionstag fürsozial- und umweltgerechte Mobilität-bundesweit-Seit 1981 größter verkehrspolitischerAktionssonntag in der Republik an jedem3. Sonntag im [email protected]

21.06. - 21.06.2005MoA - Autofreier Hoch-Schultag-bundesweit-BSÖ, AfH, Unter den Linden 6. 10099 BerlinTel: 030 / 2093 1749, Fax: 030 / 2093 [email protected]

23.-31.07.2005Sommercamp in RiebauInfos und Anmeldung:[email protected]

05.08. - 13.08.200516. Weltfestspiele der Jugend und Student-Innen-Caracas, Venezuela-Für Frieden und Solidarität!Weltbund Demokrat. Jugend (WBDj):www.wfdy.orgInternational Union of Students (UIS):www.ius-uie.orgDt. Vorbereitungskomitee des Weltfestivals:www.weltfestspiele.de

Später

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Was läuft wo?

Münster

Bielefeld

Uni Münster stellt auf Recycling-papier um!

Am 2. Oktober hat das Rektorat beschlos-sen, die Uni Münster auf umweltfreundli-ches Recyclingpapier umzustellen. DerRektoratsbeschluss lautet: „Das Rektoratbeschließt mit Blick auf die vorgetragenenArgumente und Erwägungen als Beitragder Universität zum Umweltschutz, dassgrundsätzlich nur noch Recyclingpapier inKopiergeräten, Druckmaschinen und inDruckern aller Art benutzt wird. Der Be-schluss bindet alle Universitätsmitgliederund alle Universitätsangehörigen, soweitsie Papier verwenden, welches aus univer-sitären Haushaltsmitteln erworben ist.Davon unberührt bleibt der Einsatz vonFrischfaserpapier für Urkunden und fürSchreiben repräsentativ-feierlichen Charak-ters. Vorhandenes Nichtrecyclingpapiermuss aus haushaltsrechtlichen Gründenaufgebraucht werden.“ Der Beschluss ma-che die Uni Münster ein ganzes Stück weitökologischer, so Rektor Jürgen Schmidt.Seit 1995 laufen die Bemühungen desAStA, anfangs jedoch erfolglos.Von An-fang an war klar, dass eine wirkliche Umstel-lung nicht durch Appelle zu erreichen ist.Der AStA hat sich in einem Schreiben andas Rektorat gewandt, in dem ein rechts-verbindlicher Beschluss gefordert wird, derden Einsatz von Recyclingpapier garantiert.Mitunterzeichnet wurde der Brief von di-

Großer Erfolg für „Grüne Woche“

Die grüne hochschulgruppe*offene liste(ghg*ol) freut sich über den großen Zu-spruch in der „Grünen Woche“: Über 100Studierende bei den Mensaführungen, zahl-reiche Interessierte auf der Fachver-anstaltung (Ökologische Landwirtschafts-politik) mit Michaele Hustedt (MdB) sowieauf der Abendveranstaltung mit Detlef Stof-fel (Alternative Bewegung in Bielefeld),eine nette Party mit ökologischem Bier, er-folgreiche Kooperationen mit dem Kiebitz-hof (GT) sowie dem WelthausBielefeld undnicht zuletzt die mit durchschlagendem Er-folg durchgeführte Umfrage zur Akzeptanzvon biologischen Lebensmitteln in derStudierendenschaft - und die Verteilaktionvon 1000 „Greenbags“, einer hochwertigenGeschenketüte mit Bio-Produkten (VielenDank an (www.bioladen.de).„Die Aktion hat sich anscheinend herumgesprochen wie ein Lauffeuer“, freut sichSprecherin Vanessa Kleinekathöfer undtröstet die Studierenden, die leider keinen„Greenbag“ mehr ergattern konnten: „Das

muss nicht das letzteMal gewesen sein,dass die ghg*ol einenpositiven Kontra-punkt zu den Billig-Verramschungen an-derer Anbieter setzt.Der Focus auf eine ge-sunde Ernährung, dienicht in jeder Hinsicht´die Welt kostet`bleibt uns weiterhinwichtig!“Das klare Fazit der„Grünen Woche“ ander Universität Biele-feld: Studierende zei-gen ein reges Interes-se an qualitativ besse-ren Lebensmitteln; mit

Berlin

Klimawandel bringt DeutschlandSchäden in Milliardenhöhe

Eine Antrittsvorlesung

„Der Klimawandel wird Schäden in Mil-liardenhöhe allein in Deutschland verursa-chen, wenn die internationalen Staaten sichauf keine einheitliche Linie zur Treib-hausgasreduktion einigen können“ sagtProf. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Ab-teilung Energie, Verkehr und Umwelt amDeutschen Institut für Wirtschaftsforsch-ung und neuberufene Professorin an derHumboldt Universität Berlin. In ihrer An-trittsvorlesung zum Thema „50 years aftertomorrow - where will we be? Oder: die wirt-schaftlichen Folgen des Klimawandels“ amMittwoch, 1. Dezember 2004 an derHumboldt Universität berichtete sie überdie möglichen gefährlichen Schäden desglobalen Klimawandels. Extreme Wetter-ereignisse nehmen Tag für Tag immer wei-ter zu, die Kosten steigen dramatisch. Al-lein in den letzten Jahren sind die Schädenum den Faktor 15 gestiegen. In 50 Jahrenwird man weltweit mit Schäden in Höhemehrerer Billiarden Euro rechnen müssen.Auch Deutschland bleibt von den Auswir-kungen des globalen Klimawandels nichtmehr verschont: Ob Hochwasserkatas-trophen, Stürme oder extreme Hitze - Natur-ereignisse wie im Sommer 2003 machenauch vor Deutschlands Türen nicht mehrhalt. Deshalb werden auch in Deutschlandvolkswirtschaftliche Schäden von über 100Milliarden Euro anwachsen. „Jährlich stei-gen die Kosten des Klimawandels dras-tisch an, die Länder müssen sich dringendMaßnahmen überlegen, wie sie die Treib-hausgase vermindern müssen, damit dieKosten nicht noch weiter steigen“ sagt dieWissenschaftlerin. „In 50 Jahren werden wirerhebliche Folgeeffekte des Klimawandelsbewältigen müssen, da wir den Klima-wandel nicht mehr stoppen können, auchwenn wir heute alle Treibhausgase auf Nullreduzieren würden“, so die EinschätzungClaudia Kemferts.

versen ProfessorInnen, dem Umweltforum,der Initiative Wirtschaft und Umwelt, derInitiative 2000plus NRW und dem Zentrumfür Umweltforschung.Siehe auch Artikel Seite14Info: www.treffpunkt-recyclingpapier.de

solchen Aktionen wird die Akzeptanz öko-logisch produzierter Lebensmittel weiteransteigen.

Kontakt: www.ghg-ol.de

Was läuft wo?

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Hamburg

Was läuft wo?

München

Ringvorlesung TU München

Auch in diesem Jahr findet an der TU Mün-chen wieder eine Ringvorlesung „Umwelt“statt. Veranstaltungen jeweils um 19.30 Uhr.Der erste der sechs Vorträge (24.11.04) be-schäftigt sich mit „Gesundheitlichen Aus-wirkungen von Diesel- Rußpartikeln“, diein Verdacht stehen, Lungenkrebs zu verur-sachen, den Langzeitwirkungen des Stau-bes auf die menschliche Gesundheit und

der Möglichkeit der Risikoreduktion. Derzweite Vortrag („Hat die Kernenergie eineZukunft?“, 08.12.04) befasst sich mit denaktuellen unterschiedlichen Auffassungeneinzelner Staaten zum Thema, in Deutsch-land besonders die Frage, wie (nach demAuslaufen der Atommeiler) die Stromver-sorgung zu bewerkstelligen sei. Der dritteBeitrag „Umwelt und Arbeit“ am 12.01.05beschäftigt sich mit Fragen wie: Warumschafft Umweltschutz Arbeit?, Welche Ar-beit steht unter dem Stern des Umweltschut-zes? Der Vortrag am 19.01.05 „Von nichts zuviel“ befasst sich mit Suffizienz: Suffizienzwird als ein unentbehrlicher und unersetz-barer Teil der Suche nach Nach-haltigkeitbegründet. Als Frage nach dem, was genugist, was gut tut und gut bekommt und da-mit als Frage nach dem gelingenden Lebenwird sie in ihren persönlichen, wirtschaftli-chen und politischen Bezügen behandeltund auf die akute soziale Situation bezogen.Die Vorlesung wendet sich sowohl anBefürworterInnen als auch an Skeptiker inpuncto Suffizienz - Diskussion erwünscht.Im fünften Beitrag „Arzneimittel in derUmwelt“ befasst sich der Referent am26.01.05 mit der Problematik von in dieUmwelt gelangten Arzneimitteln und einereventuellen Gefährdung für Menschen. Dieletzte Vortrag am 02.02.05 „Auf dem Wegzur Nachhaltigkeit – Globales Lernen alsBildungsherausforderung“: Im Kontextder Globalisierung stellen Fragen interna-tionaler Gerechtigkeit eine immer größerwerdende Bildungsherausforderung dar.Da Menschen dazu tendieren, eher lokal zudenken und zu handeln, besteht eine dergrößten Aufgaben darin, das Verständnisfür diese Wechselbeziehungen zu vermit-teln, damit es in angemessenes Handelnumgesetzt werden kann. Globales Lernenist eine Konzeption, mit der auf die Heraus-forderungen einer vernetzten und glo-balisierten Weltgesellschaft reagiert werdenkann. Innerhalb von Bildungsprozessenkönnen jene Kompetenzen erworben wer-den, die Orientierungen im Umgang mitKomplexität ermöglichen. Dabei ist Globa-les Lernen dem Leitbild verpflichtet, dieWelt ökologisch, gerecht und zukunfts-fähig zu gestalten.

Infos unter www.fs.tum.de/AstA/umwelt/rivomail: [email protected]

Ein (un)moralisches Angebot:Mensch-Tier-Beziehung

Vorwort zur Tierrechtsaktionswoche:Tierische Produkte auf dem Teller in derMensa oder anderswo stellen für sehr vie-le Menschen eine Selbstverständlichkeitdar. Es scheint das Normalste zu sein,Fleisch, Milch, Eier etc. zu konsumieren. DieFrage nach der Herkunft stellen sich diemeisten am liebsten nie. Viele Menschenertragen es nicht, mit anzusehen oder zuhören, wenn jemand ein Tier quält. Diesmuss auch niemand, denn die Einrich-tungen, in denen das geschieht, wurdenausgelagert - sowohl aus der Wahrneh-mung als auch aus ihrem Gewissen.Das gequälte Tier erscheint nur noch alsfertiges Endprodukt auf unseren Tellernoder als Leder/Pelz an unseren Körpern.Tiere aber sind fühlende Wesen. JedesStück Fleisch und jedes Glas Milch bedeu-tet für das Tier ein Leben in Ausbeutungund Qual. Tiere werden von unserer Gesell-schaft verdinglicht, als bloß zu verwerten-de Objekte angesehen und in letzter Kon-sequenz dieser Logik massenweise in denTod geführt.Mit dieser Veranstaltungsreihe wollen wiraber zeigen, dass diese Frage noch vielgrundsätzlicher ist. Die gesellschaftlichenBedingungen, die unser Verhältnis zu Tie-ren bestimmen, werden ebenso wenig wahr-genommen, wie das Leid der Tiere selber.Sie aber sind die Ursache für die Art undWeise, wie Tiere von uns vernutzt werdenund ihnen gilt unsere Kritik..

Vielerorts

Niedersachsenweites Semesterticketkommt!

Immer mehr niedersächsische Unis ermög-lichen ihren Studierenden, mit dem Semes-terticket in ganz Niedersachsen umsonstmit der Bahn zu fahren. An vielen großenHochschulen (zum Beispiel in Hannover,Hildesheim, Göttingen, Braunschweig) ha-ben die Studis zum Preis von ca. 45 € dieMöglichkeit, mit den Regionalzügen der DBAG zu fahren - unabhängig von Tag undZeit. Nur wenige Strecken sind davon aus-genommen, so zum Beispiel die der Nord-West Bahn. Und es sieht so aus, als würdediese Möglichkeit bald noch mehr Studie-renden zukommen. In Lüneburg läuft mo-mentan eine (nicht repräsentative) Umfra-ge zum Thema, welches Semesterticket dieStudis sich wünschen. Auch in Clausthalist die Hoffnung auf eine kostengünstigeNutzung der Bahn noch nicht gestorben.

Was läuft wo?

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Das Lacomaer Teichgebiet- vom Braunkohlenbergbau bedroht

Lacoma ein kleines Dorf am Stadtrand von Cottbus, ganz im Osten Deutschlands gelegen, sollte schon vom DDR-Kohlekombinat fürtot erklärt werden, um die darunterliegende Braunkohle abzubauen. Ob es der neue Energiekonzern Vattenfall schaffen wird, istnoch nicht sicher, denn das von den ursprünglichen Bewohnern schon einmal leergezogene Dorf wurde von jungen Menschen neubesiedelt.

Der Kampf um das Dorf Lacoma währtschon viele Jahre. Im März 1983 wurde denca. 150 Bewohnern des Ortes bekannt ge-geben, dass ihr Dorf dem Braunkohle-tagebau Cottbus-Nord weichen soll. Durchihren hartnäckigen und zunächst geschlos-senen Widerstand konnten die Dorf-bewohner nur erreichen, dass sie nicht wiebisher üblich in Plattenbausiedlungen auf-geteilt, sondern gemeinsam umgesiedeltwurden. Die Mehrzahl der Bewohner ver-ließ das Dorf schon in den Jahren 1987-1990.Ein Teil der Höfe wurde bereits abgerissen.Im Zuge der Wende ging nach 1989 derStrombedarf und die Kohleförderung in derLausitz aber massiv zurück, so dass sich derÜberbaggerungstermin um mehr als 15 Jah-re verschob. Es formierten sich erneut Ini-tiativen zu Wiederbelebung und Erhalt vonDorf und Landschaft.

Die Vorgeschichte

Mehr als 25.000 Menschen aus 78 Orten derLausitz wurden im 20. Jahrhundert von derBraunkohleindustrie umgesiedelt. Allein

der Tagebau Cottbus-Nord zerstörte langevor Lacoma die Dörfer Tranitz, Groß undKlein Lieskow und damit eine Kernzone desSiedlungsgebietes der sorbischen nationa-len Minderheit. Der entstehende Tagebau-see soll „Cottbuser See“ heißen, mit demGegenvorschlag „Lieskower See“ hat mansich nie ernsthaft auseinandergesetzt.

Die Werte

Das vom Kohleabbau bedrohte LacomaerTeichgebiet ist nicht nur der erwiesener-maßen ökologisch wertvollste Bereich derStadt Cottbus, hier ist die größte Populati-on der Rotbauchunke (mehrere TausendTiere) in Brandenburg beheimatet. Ähnlichbedeutsam das Vorkommen des Laub-froschs. Hier jagen Fischotter und Seead-ler, brüten Wiedehopf und Schellente. Mehrals 100 Tier- und Pflanzenarten der RotenListe wurden gezählt. Die Haltung vonKarpfen durch die Peitzer Edelfisch GmbHund damit die jährliche Bespannung derTeiche (vorgesehen bis 2005) erhält dasNaturparadies zunächst noch aufrecht.

Dies wird durch die Grundwas-serabsenkung des nahendenTagebaus bereits immer schwie-riger.Neben den Naturschützern ha-ben auch Erholungssuchendedas kleine Gebiet seit Jahren fürsich entdeckt. Ein solches Gebietdirekt vor den Toren der Groß-stadt zu erhalten, müßte wich-tigster Grundsatz jeder Stadtpla-nung sein. Bisher regiert jedochin Cottbus die traditionelle Ver-bundenheit zur Kohlewirtschaft,auch wenn diese ständig weni-ger Arbeitsplätze sichert.

Energiepolitischnotwendig?

Der Tagebau Cottbus-Nord wird vomStromkonzern Vattenfall betrieben. DieKohle wird (zusammen mit der aus anderenTagebauen) im Kraftwerk Jänschwalde ver-stromt. Zweifel, ob eine bergbauliche Inan-spruchnahme der Lacomaer Teiche energie-politisch notwendig ist, bestehen schonseit 1990. Inzwischen ist Jänschwalde dasälteste ostdeutsche Kraftwerk, mit dem ge-ringsten Wirkungsgrad und hohem Be-dienungsfaktor.Das Gemeinwohlziel einer „sicherenEnergieversorgung“ ist auch ohne Zerstö-rung Lacomas jederzeit gegeben. Das Kraft-werk könnte auch ohne Zerstörung vonLacoma in den nächsten Jahren mitmindestens 20 Mio Tonnen Rohbraunkohlepro Jahr versorgt werden. Dabei wäre we-der die Abschaltung eines der sechs Kraft-werksblöcke, noch die Entlassung im Kraft-werk Beschäftigter tatsächlich notwendig.Lediglich die Auslastung des Kaftwerkeswäre geringer, gegenüber der geplantenVerstromung von mehr als 25 Mio t pro Jahr,würde Vattenfall u.U. also weniger Profiterwirtschaften. Das jedoch hat mit Gemein-wohl recht wenig zu tun, und kann die Zer-störung einer einmaligen Landschaft nichtlegtimieren.Das Umweltbundesamt hat im Oktober 2004eine Studie veröffentlicht, nach der Braun-kohlewirtschaft in Deutschland hoch sub-ventioniert wird. Die Vergünstigungenbelaufen sich jährlich auf dreistelligeMillionensummen!Das 214seitige Gutachten „Braunkohle - einsubventionsfreier Energieträger?“ kann alsPDF-Datei beim Umweltbundesamt(www.umweltbundesamt.de) herunter-geladen werden.

Energie

Gemeinsame Protestaktion von Robin Wood und Ak-tivisten aus Lacoma vor der Vattenfall-Zentrale

Energie

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Die Alternative

Naturschutzfachleute (so die Verfasser desLandschaftsplanes Cottbus) fordern seitJahren, den Tagebau südlich des Hammer-graben-Altlaufes zu stoppen. Dann könn-te sich die gewachsene kleinteilige Kultur-landschaft um Lacoma mit dem neuzu-schaffenden See reizvoll ergänzen. Bei ent-sprechend behutsamer Herangehensweisekönnte eine Landschaft entstehen, dieWohnen, Landnutzung, Naturschutz undErholung sinnvoll miteinander verbindetund Vorbildwirkung weit über Cottbus hin-aus hätte.

Die Verfahren

Landesplanerisch fällt die Entscheidung imBraunkohlenplanverfahren, dass für denTagebau Cottbus-Nord erneut eröffnetwurde. Ein Braunkohleplan ist eine überge-ordnete Planung und damit keine direkteGenehmigung für den Tagebau. Die mussin Verfahren nach dem Wasser- und Berg-recht extra eingeholt werden. Beim Geneh-migen allerdings müssen sich die Behördenan den Braunkohlenplan halten, so denngerade ein rechtsgültiger da ist.Aufgrund einer erfolgreichen Verfassungs-klage steht zum Beispiel fest, dass der alteBraunkohlenplan von 1994 nicht verfas-sungsgemäss zustandegekommen ist. Dasist auch der Grund, warum er jetzt überar-beitet noch einmal beschlossen werden soll.Mit diesem Verfahren ist die Abwägung allerPlaninhalte noch einmal zu treffen! Nebenvielen schönen Formulierungen, die Beein-trächtigungen durch den Tagebau vermei-den oder ausgleichen sollen, enthält derEntwurf des Planes jedoch ganz zu Anfangdas, was danach als „unvermeidbar“ geltensoll: sie Festlegung der Abbaukante unddamit das Todesurteil für die Lacomaer Tei-che. Im September 2003 wollte die Landes-regierung den Plan für verbindlich erklären.Wegen des Verfahrens der EU-Kommissi-on gegen Deutschland (s.u.) ist das nun aufunbestimmte Zeit verschoben.Der bergrechtliche Rahmenbetriebsplan fürden Tagebau wurde ebenfalls 1994 geneh-migt. Die Grüne Liga klagte gegen dieseZulassung wegen fehlender Umweltver-träglichkeitsprüfung (UVP). Der Klage wur-de vom Verwaltungsgericht Cottbus imApril 2000 stattgegeben, in den beiden fol-

genden Instanzen (OVG Frankfurt/Oder2001 und BVG Berlin 2002) jedoch abgewie-sen. Gleichzeitig hat die Unterlassung einesPlanfeststellungeverfahrens mit UVP je-doch auch die Folge, dass es keine soge-nannte Konzentrationnswirkung gibt, dasheißt noch weitere Genehmigungen (z.B.Naturschutzrecht, Wasserrecht) fehlen.Vattenfall hat als nächsten Schritt diewasserrechtliche Genehmigung zur Besei-tigung der Teiche beantragt. Hier ist nuneine UVP unumgänglich und hier stauensich alle Probleme auf, die vorher jahrelangverdrängt werden konnten: Aufhebung desLandschaftsschutzgebiets-Status genausowie Ausgleich und Ersatz. In diesem Plan-feststellungsverfahren sind nicht nur meh-rere hundert Einwendungen von betroffe-

nen Bürgern eingegangen, sondern dasvorgeschlagene Ersatzkonzept (mit neuenTeichen nahe Maust) wurde von den zu-ständigen Fachbehörden eindeutig als un-geeignet und unzureichend abgelehnt. Fol-ge: das verfahrensführende Landesberg-amt musste Anfang 2003 von Vattenfall einneues Konzept fordern. Da Vattenfallbereits vor Einreichen seines ersten Kon-zeptes die abweichenden Aufassungen desLandesumweltamtes kannte, bleibt schlei-erhaft, warum man sich in Senftenberg aufdiese Kraftprobe eingelassen hat. Die Fol-ge ist jedenfalls eine weitere gewaltige Ver-zögerung des Verfahrens. Der neue Antragwurde im Januar 2004 eingereicht. Diesmalsprachen sich sogar um die 2000 Menschengegen das Vorhaben aus. Im vorgesehenenGebiet für die Ausgleichsmassnahmen, derSpreeaue nördlich von Cottbus, formiertesich eine Bürgerinitiative von Grundeigen-tümern, die ihr Land nicht den Vattenfall-Plänen zur Verfügung stellen wollen.

Im Dezember 2002 hat die Laubag (jetztVattenfall) rechtlich einen herben Rück-schlag erlitten: Sie hatte für den Bau vonEntwässerungsanlagen in den Jahren 2003

und 2004 keine Genehmigung erhalten. DasUmweltamt erteilte keine Befreiung von denVerboten des Landschaftsschutzgebietes.Damit darf Vattenfall vorerst keine zer-störerischen Tatsachen schaffen, bevordas o.g. Planfeststellungsverfahren zu ei-nem Ergebnis kommt.

Im Jahr 2000 wurden im Land Brandenburgdie nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie(FFH) wertvollen Gebiete ausgewählt undan die EU gemeldet. Nach EU-Recht darfdabei nur nach naturschutzfachlichen Kri-terien vorgegangen werden. Obwohl dieLacomaer Teiche aus fachlicher Sicht un-bedingt zu melden waren (wie durch ein un-abhängiges Gutachten bewiesen), versuch-te das Land scheinbar, bereits bei dieser

Auswahl den wirtschaftlichen Be-langen Vorrang einzuräumen. Damitwurde europäisches Recht verletztund eine FFH-Verträglich-keitsprüfung unterlaufen, die sichder Frage nach der Vertretbarkeitder Zerstörung Lacomas nocheinmal stellen müßte. Nunmehr hatdie Europäische Komission einVertragsverletzungsverfahren ge-gen das Mitgliedsland Deutsch-land eröffnet. Der Nachweis der„prioritären“ FFH-Art Eremit im

Spätsommer 2003 gab diesem Verfahren zu-sätzlichen Zündstoff. Die Landesregierungwar dadurch gezwungen, am 16.12.2003 dieNachmeldung des Gebietes nach Brüssel zubeschließen. Nun hofft das Land, die EU-Kommission wird einer Zerstörung desTeichgebietes zustimmen, wenn ein Aus-gleich in der Spreeaue nördlich von Cott-bus angeboten wird.

Die Grüne Liga setzt sich gemeinsam mitden anderen Naturschutzverbänden dafürein, daß jede rechtliche Möglichkeit genutztwird, die zu einer kritischen Überprüfungder bisherigen Entscheidungen führt. Dazuwerden auch weiterhin gerichtliche Schrit-te gehören müssen. So wurde am 7. Juni einEilantrag beim Verwaltungsgericht Cottbuseingereicht, um akute Beeinträchtigungender geschützten Landschaft zu unterbin-den.

von René Schuster, Grüne Liga Branden-burg (Stand 10/04)

Weitere Informationen unter:www.lacoma.dewww.robinwood.de/energie

EnergieEnergie

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KKKKKonzerne machen EU-Politikonzerne machen EU-Politikonzerne machen EU-Politikonzerne machen EU-Politikonzerne machen EU-PolitikEU-KEU-KEU-KEU-KEU-Kommission immer industriefreundlicherommission immer industriefreundlicherommission immer industriefreundlicherommission immer industriefreundlicherommission immer industriefreundlicher

Die neue EU-Kommission hat sich vollends dem Primat der Ökonomie verschrieben. Die Riege um Präsident José Barroso hat sichvorgenommen, die Lissabon-Strategie konsequent zu verfolgen, wonach Europa bis 2010 „die wettbewerbsfähigste Wirtschaft derWelt“ werden soll. Dabei erwies sich in der Vergangenheit besonders die Umweltpolitik als störend. In Gestalt der Chemikalien-Verordnung brachte diese BAYER & Co. gehörig gegen Brüssel auf. Ihr Protest gegen das Vorhaben führte schließlich zu einerNeuausrichtung der gesamten EU-Politik.

Eigentlich ist es die normalste Sache derWelt: Wenn Unternehmen ein neues Pro-dukt herausbringen, müssen sie gesund-heitsgefährdende Wirkungen ausschließenkönnen. Bei der Chemie stimmt das jedochnicht. Auf dem Markt tummeln sich tau-sende niemals auf ihr mögliches Schadens-potenzial hin untersuchte Stoffe. Unter derUmweltkommissarin Margot Wallströmnahm sich die EU endlich dieses unhaltba-ren Zustandes an. Mit der Chemikalien-Verordnung wollte die Schwedin die Che-mie-Firmen zu den entsprechenden Testsverpflichten. Die Konzerne stiegen auf dieBarrikaden und entwarfen ein Horror-Sze-nario: immenser bürokratischer Aufwand,große Mehrkosten und drohende Arbeits-platz-Verluste in Millionen-Höhe.Auf dem kurzen Dienstweg wandte sichBayer umgehend an Bundeskanzler GerhardSchröder. Dieser intervenierte sogleichbeim damaligen KommissionspräsidentenRomano Prodi und wetterte bei jeder Gele-genheit gegen „diese Dame aus Schwe-den“, Umweltkommissarin Margot Wall-ström. Die Bundesregierung brachte dasThema immer wieder auf die Tagesordnung.Mit Erfolg. Schröder meldete 2003 auf derMitgliederversammlung des EuropäischenChemie-Verbandes CEFIC Vollzug unddankte dem Industrie-Kommissar ErkkiLiikanen für seine Obstruktionspolitik. „DieKommission hat einen ersten Entwurf desneuen Zulassungsverfahrens für chemi-sche Stoffe Anfang Mai veröffentlicht.Wenn ich das mit dem vergleiche, was ur-sprünglich gewollt und in Form von Bü-chern auf dem Tisch lag, hat sich ihre Ar-beit, Herr Liikanen, gelohnt“, führte derBundeskanzler aus und lobte den Finnendafür, „dass industrie-politisches Denkenmehr als früher Gegenstand von Kom-

missionsarbeit geworden ist“. Mehr als frü-her, aber noch lange nicht genug, befandWolfgang Clements Staatssekretär GeorgWilhelm Adamowitsch: „Die Industrie-Po-litik hat in der EU kein eigenes politischesStandbein“. Eigentlich sollte die von denMinisterpräsidentInnen im März 2000 be-schlossene Lissabon-Strategie ihr einesverschaffen. Die PolitikerInnen wollten ausEuropa mit dieser Richtschnur bis zum Jahr2010 „die wettbewerbsfähigste wissens-gestützte Wirtschaft der Welt“ machen.Aber mit Chemie-Gesetzen und anderennicht zum imperialen Kerngeschäft gehö-renden Aktivitäten rückt dieses Ziel in wei-te Ferne, urteilten die Industrie-Politiker-Innen.Adamowitsch setzte sich flugs daran, denAbstand zu verringern. Er führte Geheim-Gespräche mit französischen und briti-schen RegierungsvertreterInnen undschmiedete die „Koalition der Industrie-Länder“ - ein Übereinkommen der wirt-schaftlich leistungsfähigsten EU-Staaten,um die Interessen von „nationalen Cham-pions“ wie Bayer künftig noch stärker zuberücksichtigen. Unter anderem trat die Ko-alition dafür ein, in Zukunft jedes EU-Ge-setz einer Art Wirtschaftsverträglich-keitsprüfung zu unterziehen.Der Brüsseler Lobby-Verband von Bayer &Co., der European Roundtable of Indus-trialists (ERT) witterte Morgenluft. Bayer-Aufsichtsrat Manfred Schneider und dieanderen Mitglieder, die sich durch „Zugangzu höchsten Regierungsmitgliedern“ ihrEntrée in den exklusiven Club verschaffthaben, schrieben im Februar 2004 zumFrühjahrsgipfel der EU einen Brief an denRatsvorsitzenden Bertie Ahern. Daran ga-ben sie ihrer „tiefen Sorge über die fortge-setzte Aushöhlung der europäischen

Wettbewerbsfähigkeit Ausdruck“ und ver-langten als Muntermacher einen EU-Kom-missar, „der sich exklusiv um alle Aspekteeiner zum Wachstum führenden Industrie-Strategie kümmert“. Schröder schloss sichdem Begehr nach einem Super-Kommissarpostwendend an. Er wusste sogar schoneinen geeigneten Kandidaten für das Amt:Günter Verheugen.All diese industrie-politischen Wünscheerfüllten sich mit der neuen Kommission.Präsident José Manuel Durão Barroso er-klärte das Vorantreiben der Lissabon-Stra-tegie zum höchsten Ziel seiner Regierungs-mannschaft. Als sein Stellvertreter bei derKoordination des Vorhabens fungiert dervon Schröder auserkorene Super-Kommis-sar Günter Verheugen. Formell hat er zwarnicht mehr Rechte als seine KollegInnen,weil das gegen geltende EU-Gesetze versto-ßen hätte, aber es handle sich doch um eine„ganz herausgehobene Position“, freutesich der Kanzler und mit ihm DGB-ChefMichael Sommer und der Bundesverbandder Deutschen Industrie (BDI). Bei derAnhörung durch das EU-Parlament ließVerheugen keinen Zweifel an seiner Amts-auffassung. Die Kommission werde sämt-liche Instrumente einsetzen, um allen Un-ternehmen so günstige Rahmenbedin-gungen zu schaffen, dass sie auf dem Welt-markt mithalten können, führte er aus. Überviele dieser Instrumente verfügt der Indus-trie-Kommissar selber. Ihm obliegt es, dasPrimat der Ökonomie durchzusetzen. Erkann alle Gesetzes-Entwürfe auf ihre Wirt-schaftsverträglichkeit hin prüfen undgegebenenfalls ein Veto einlegen. Bei derChemikalien-Verordnung liegt es sogarkomplett in seiner Hand, solche Zweifel garnicht erst aufkommen zu lassen. Verheugen– und nicht etwa der Umweltkommissar –

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organisiert nämlich die Umsetzung, schließ-lich verdankt er der Auseinandersetzungum die Regelung seinen Arbeitsplatz.Der Vorsitzende des EU-Umweltaus-schusses Karl-Heinz Florenz (CDU), dürf-te Verheugens Arbeit tatkräftig unterstüt-zen. Er entstammt Bayers Homeland Nord-rhein-Westfalen und geht beim Konzern einund aus. Als die Bayer-Abteilung „Gouver-mental & Product Affairs“ (GPA) in Straß-burg zu einem „Parlamentarischen Abend“lud, machte er dem Gastgeber viel Freudeund trat für eine Maximal-Lösung in SachenChemie-Gesetz ein. „Bei der weiteren Dis-kussion ist es mit einem bloßen Drehen anden Stellschrauben nicht getan – diese Ver-ordnung muss komplett überarbeitet wer-den“, ereiferte sich Florenz.Widerstand gegen diese konzertierte Akti-on ist von Seiten des Umwelt-Kommissarsnicht zu erwarten. Margot Wallström wur-de auf das VizepräsidentInnen-Amt weg-gelobt, und ihr von der Faz als wirtschafts-nah bezeichneter Nachfolger StavrosDimas sieht sich ihrem chemie-kritischenKurs nicht verpflichtet. „Für die wirtschaft-liche Reform-Orientierung der Kommissionspricht auch die Besetzung des Umwelt-

Ressorts“, urteilt die Zeitung deshalb. Fürdiese Reform-Orientierung sprechen dieanderen personal-politischen Entscheidun-gen ebenfalls. Die Niederländerin NeelieKroes-Smit empfahl sich durch zwei Dut-zend Aufsichtsratsmandate, BeraterInnen-Verträge und die Verwicklung in einen Um-welt-Skandal für den Job der Wettbewerbs-kommissarin und Peter Mandelson durchdie Neoliberalisierung der Labour-Party inTateinheit mit Tony Blair für den desAußenhandelskommissars. Dem Binnen-markt-Kommissar Charlie McCreevy eilt derRuf eines „keltischen Thatchers“ vorausund der Spanier Joaquín Almunia führtesich durch sein Eintreten für weitere Sozi-al- und Renten-Reformen bestens in dieKommissarsrunde ein. Nur die härtestenFälle, den katholischen FundamentalistenRocco Buttiglione und die ihre Karriere derÖl-Industrie verdankende und mit ihrerPartei in einen Spenden-Skandal verwickel-te Lettin Ingrida Udre akzeptierte dasStraßburger Parlament nicht.Aber am neoliberalen Kurs Europas änderndiese kleinen Korrekturen nichts. Seit eini-ger Zeit weisen alle Signale in diese Rich-tung. Der im September veröffentlichte

Arbeitsmarkt-Report plädierte für eineFlexibilisierung der europäischen Arbeits-märkte und für Privatisierungen im Dienst-leistungsbereich. Letzterem hat sich auchdie Bolkenstein-Richtlinie und die zurEvaluierung der Lissabon-Strategie einge-setzte Kok-Kommission verschrieben. IhreBilanz fiel düster aus, Europa fehlt es am„richtigen Klima für Unternehmer“, konsta-tierte die Riege um den früheren holländi-schen Ministerpräsidenten Wim Kok undtrat nicht nur für die Privatisierung vonDienstleistungen, sondern von allem, wasnicht niet- und nagelfest ist, ein. Über ihreVorschläge zur Neuausrichtung des Lissa-bon-Projekts, das die bundesdeutscheMonopol-Kommission wegen ihres imperi-alistischen Charakters als tief in „ der mili-tärischen Denk-Tradition“ stehend geißel-te, beraten die europäischen Ministerprä-sidenten bei einem Treffen im März.

von Jan PehrkeCoordination gegen [email protected]

Einfluss von Konzernen begrenzenIn einem Offenen Brief an José ManuelBarroso fordern mehr als 50 Organisationenaus ganz Europa, den „exzessiven Einflussindustrieller Lobbygruppen auf die EU-Politik einzuschränken“. Die Unterzeichnerschlagen vor, alle Wirtschaftsbeziehungender an den Gesetzgebungsverfahren der EUbeteiligten Personen offen zu legen. FürEU-Kommissare, die in die Industrie wech-seln wollen, solle eine Sperrfrist gelten.Lobbyorganisationen und PR-Firmen müs-sen nach US-Vorbild verpflichtet werden,regelmäßig Berichte über ihre Tätigkeit, ihrBudget und ihre Klienten zu veröffentlichenund in öffentlich zugänglichen Datenban-ken zugänglich zu machen.Die Kritiker monieren darüber hinaus diezunehmend industrie-freundliche Ausrich-tung der EU-Kommission, wie sie sich un-ter anderem in dem Ansinnen zeigt, Ver-braucherschutz- und Umweltgesetze künf-tig auf ihre Wirtschaftsverträglichkeit zuprüfen. Schließlich fordern die Organisati-onen, den priviligierten Zugang von

Lobbyorganisationen wie EuropeanRoundtable, European Services Forumoder Trans-Atlantic Business Dialogue zurEU-Kommission zu unterbinden.

Allein in Brüssel arbeiten 15.000 Lobbyis-ten, die zum größten Teil auf der Lohnlistevon Unternehmen und Lobbyverbändenstehen. Häufig treten sie als Experten oder„Verbraucherschützer“ auf, ohne ihre Kon-takte zu PR-Firmen, Konzernen oder wirt-schaftlichen Interessensgruppen offen zulegen. Verbesserungen der Sozial-, Umwelt-und Verbraucherschutz-Gesetzgebungwerden hierdurch regelmäßig geschwächtoder blockiert.Aktuell steht der Fall des Bromine Scienceand Environmental Forum (BSEF), das sichvehement gegen eine Regulierung gefähr-licher Flammschutzmittel einsetzt, in derKritik. Erst Recherchen von Umweltgrup-pen deckten auf, dass sich hinter dem BSEFeine von der Chemie-Industrie finanziertePR-Firma verbirgt.

Zu den Unterzeichnern gehören: AttacFrankreich, Attac Spanien, BUND, Green-peace Europe, Friends of the Earth England,Corporate Europe Observatory

Den Offenen Brief im Original finden Sieunter:www.corporateeurope.org/[email protected]: 0211-333 911Fax 040 – 3603 741835

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Milch von Kühen, die genmanipuliertesTierfutter fressen, darf „Gen-Milch“ hei-ßen - unabhängig davon, ob im EndproduktMilch Genveränderungen nachweisbarsind.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Kölnam 28. Oktober 2004 in zweiter Instanz ent-schieden. Damit hat das Gericht eine einst-weilige Verfügung der Unternehmens-gruppe Theo Müller GmbH & Co. KG ge-gen Greenpeace im Kern aufgehoben.

Wie alles anfing:

Der Milchkonzern Müller weigerte sich imFrühjahr 2004 zunächst strikt, auf eine Um-frage des Greenpeace-EinkaufsNetzes zu„Gentechnik im Essen“ zu reagieren. Dochim April 2004 hat Müller eingelenkt und ließüber seine Anwälte mitteilen, die Firmahabe „alles in ihrem Einflussbereich Mögli-che getan, um den Einsatz von gentech-nisch verändertem Tierfutter auszuschlie-ßen“.

Diese Aussage entpuppte sich jedoch alsfalsch: Greenpeace fand in Futtermittel-Stichproben bei vier Höfen, die Müllermilchbeliefern, einen erheblichen Anteil gen-

manipulierter Soja. Seither bestreitet Müller-milch nicht mehr, dass im Futtertrog derMilchkühe Gen-Futter landet. Doch stattauf Gen-Futter zu verzichten, zerrte MüllerGreenpeace vor Gericht.

Gen-Milch muss keineGen-Schnipsel enthalten

Am 23. Juni 2004 erteilte das LandgerichtKöln eine einstweilige Verfügung. Green-peace wurde danach untersagt, Begriffeund Slogans wie zum Beispiel „Gen-Milch“oder „Alles Gen-Milch, ...oder was?“ zuverwenden. Greenpeace hatte gegen diesesUrteil Berufung eingelegt und am28.10.2004 vor dem Oberlandesgericht Kölnin wesentlichen Teilen Recht bekommen.

Das Gericht stellt in zweiter Instanz fest,dass der Begriff „Gen-Milch“ auch verwen-det werden darf, wenn gentechnisch verän-derte Gen-Abschnitte in der Milch nichtnachgewiesen werden können. Zum einensei bisher wissenschaftlich noch nicht wi-derlegt worden, dass Gen-Abschnitte vonGen-Pflanzen in die Milch gelangen kön-nen. Zum anderen sei der Begriff zulässig,um auf die Verfütterung von Gen-Futteraufmerksam zu machen.

Müll-MilchGreenpeace bleibt lediglich weiterhin unter-sagt, Müller-Produkte in Supermärkten mitAufklebern zu kennzeichnen und eine Ak-tions-E-Card im Internet zu verbreiten,durch die der Werbeauftritt von Müller-milch satirisch verfremdet wurde.

Müller zieht auchBestrafungsantrag zurück

Das Urteil des Oberlandesgerichtes beruftsich im Kern auf die im Grundgesetz ver-bürgte freie Meinungsäußerung und ist einPräzedenzfall für die Rechte von Umwelt-und Verbraucherschutzorganisationen.Diese dürfen Verbraucher aufrufen, Produk-te aus unökologischer oder risikoreicherHerstellung nicht zu kaufen - „selbst wenndadurch private oder wirtschaftliche Inter-essen beeinträchtigt werden“.

Nach diesem Erfolg hat der Milchkonzernauch einen Bestrafungsantrag gegen dieUmweltschützer zurück gezogen. Müllerhatte beim Landgericht Köln ein Ordnungs-geld von bis zu 250.000 Euro beantragt, weilGreenpeace öffentlich den Begriff „Gen-Milch“ in Zusammenhang mit Müller-produkten verwendet hat.

Am Supermarktregalentscheidet sich der weitere

Anbau von Gen-Pflanzen

Greenpeace prangert „Gen-Milch“ vonMüller vor allem deshalb an, weil der Milch-riese durch die Verfütterung von Gen-Pflan-zen deren Anbau weltweit fördert. Gen-Pflanzen breiten sich in der Natur unkon-trolliert aus und machen eine gentechnik-freie Landwirtschaft langfristig unmöglich.Durch Ihre Wahl am Supermarktregal kön-nen Sie Anbau von Gen-Pflanzen zurück-drängen.

Ausführliche Informationen zum Gerichts-urteil vom 28.10.2004 finden Sie unterwww.muell-milch.de

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Bilanz eines friedlichen Nikolausbesuchsbeim Molkereibetrieb Müller: zwei zer-störte Kameras, zwei fehlende Speicher-karten, zerrissene Nikolauskostüme,Schürf- und Schnittwunden, Prellungenund Blutergüsse sowie eine malträtierteLendenwirbelsäule. Ein Fotograf ist für dienächsten Tage krank geschrieben.

Eine Gruppe von acht Greenpeacern protes-tierte am Montag vor der Konzernzentraleim bayerischen Aretsried dagegen, dassMüller Milch von Kühen verarbeitet, diemit Gen-Futter gefüttert werden. Dabeiwollten die Greenpeacer Müller nur davonüberzeugen, dass es auch ohne Gen-Futtergeht. Sie hatten Öko-Joghurts und Öko-Buttermilch als Nikolausgeschenke dabei,um sie an die Angestellten zu verteilen.

Was sich vor dem Werk abspielte, berich-teten uns Carmen Ulmen, Gentechnik-Sprecherin bei Greenpeace und ThomasEinberger, Pressefotograf.

„Aus dem Werk kam ein Mann des Wach-schutzes und steuerte direkt auf denKnecht Ruprecht zu. Er entriss ihm das Pla-kat mit der Aufschrift: ‘Müllermilch = Gen-Milch* *hergestellt mit genmanipuliertemTierfutter’ und zerstörte es“, erzählt CarmenUlmen und Thomas Einberger bekräftigtihre Aussage noch immer völlig verwundertüber so viel Brutalität.

Wenig später sahen sie sich einer Gruppevon 30 bis 40 Müller-Mitarbeitern undMitarbeiterinnen gegenüber, von denen siedurch derbste Kraftausdrücken beleidigtwurden. Theo Müller kümmerte sich alserstes um die Pressefotografen. Unter Be-schimpfungen versuchte er Thomas Ein-berger die Kamera zu entreißen.Einberger: „Ich konnte mich zwar befreien,dann aber war mein Kollege dran.“

Kamera zerschmettert

Müller ging auf den zweiten Pressefotogra-fen los. Was nach einer heftigen Rangeleiund viel Geschrei geschah, beschreibt

Müller setzt auf Gewalt

Carmen Ulmen: „Ich sah wie die Kamera imhohen Bogen mehrere Meter durch die Luft

Dicke Luft

flog und auf die Erde krachte.“ Der Foto-graf rief daraufhin die Polizei über Handyan.Im Anschluss wurden die Aktivisten undFotografen die Anfahrtsstraße zur Müller-Zentrale entlang getrieben. „Immer wennwir ihnen zu langsam gingen oder uns um-drehten, um mit ihnen zu reden, wurden wirgeschlagen“, berichtet Ulmen weiter. Aufeine inhaltliche Frage zum Thema Gen-Milch antwortete ihr eine Frau: „Wenn ichein Mann wäre, würde ich euch blau schla-gen.“

Geschacher um Emissionszertifikategeht weiter

Am 1. Januar 2005 beginnt in der Europäi-schen Union der Handel mit CO2-Zertifi-katen. Industrieunternehmen bekommenvon ihrer nationalen Regierung eine be-stimmte Menge an Zertifikaten zugeteilt.Wird die tolerierte CO2-Menge überschrit-ten, muss ein Unternehmen Zertifikate zu-kaufen. Umgekehrt kann es verkaufen,wenn es die zulässige Menge unterschrei-tet. Ob die Zertifikate allerdings überhauptetwas Wert sein werden, ist fraglich, da fastgenauso viele Zertifikate ausgegeben wur-den, wie derzeit CO2 emittiert wird. Bis 2007wird die Menge der ausgegeben Zertifika-te allerdings reduziert, um ganze 2,91 Pro-zent! Dennoch istjetzt ein Streit zwi-schen Bundesregie-rung und Industrieüber die Zuteilungder Zertifikate ent-brannt.Anfang Dezemberverschickte das Um-weltbundesamt dieZuteilungsbeschei-de für die CO2-Zerti-fikate. Insgesamt 495Millionen TonnenCO2 dürfen von denrund 2250 betroffe-

nen Anlagen im Jahr 2005 emittiert werden.Die Unternehmen hatten aber einen umzwei bis drei Prozent höheren Bedarf ange-meldet. Fällt der Bescheid geringer aus alsder angemeldete Bedarf, wollen viele Un-ternehmen klagen. Die Heidelberg-CementAG und die EnBW haben bereits Klagenangekündigt. Sie haben dabei durchausAussicht auf Erfolg. Da das Gesetz vielAuslegungsspielraum lässt, ist es gut mög-lich, dass das Gericht der Auffassung einesUnternehmens folgt.Das Geschacher um die Emissionszertifikategeht also weiter. Die Unternehmen sehen imZertifikatehandel nur ein weiteres Mittel,ihren Profit zu steigern. Niemand hat einwirkliches Interesse am Klimaschutz.

Florian Kubitz

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Bahnlinie Salzwedel - Wittenberge akut bedrohtEinstellung des Zugverkehrs auf der Altmark - Bahnlinie Salzwedel - Wittenberge am 11.12.2004

Angeblich optimierter Schienenersatzverkehr eine Farce!

Die Weihnachtszeit 2004 in der Altmarkbedeutet nicht nur Lichterglanz und einFest der Freude, es bedeutet für die Altmark,besonders für die Einwohner der Hanse-stadt Salzwedel und den Luftkurort Arend-see tiefste Trauer. Der Trauerkranz istschon fast gebunden.Denn es heißt Abschied nehmen von derBahnlinie Salzwedel - Arendsee - Witten-berge.Für viele bedeutet es am 11.12.2004 aberauch für immer Abschied vom LuftkurortArendsee zu nehmen. Ab12.12.2004 ist die-ser Ort für Bahnreisende endgültig einTabu.Bestand in der letzten Sommersaisonwenigstens noch die Möglichkeit an Wo-chenenden und Feiertags einen Ausflugmit der Familie nach Arendsee, der Perle derAltmark zu unternehmen, ist es ab sofortendgültig damit vorbei.Es ist nicht mehr möglich, eine Fahrradtouroder Wanderung rund um den Arendseeverbunden mit einer Einkehr beim FischerKargel zu unternehmen oder aber nur erhol-sam mit den Kindern in den Sommerferienfaul am Seestrand zu liegen.Nachhaltiger Tourismus in der Altmark istvon der autofreundlichen Landesregierungin Magdeburg offensichtlich nicht er-wünscht.Noch im Oktober 2003 wurden moderneTriebwagen der Baureihe 642 mit Klimaan-lage angeschafft und damit wenigstensmoderner Fahrkomfort auf der Strecke Salz-wedel - Wittenberge suggeriert. Dochschon Ende 2002 wurde nur noch an Wo-chenenden und Feiertags im 2-Stunden-Takt bestellt. Trotzdem wuchs das Fahr-gastaufkommen im Mini-Beförderungs-angebot stetig an, auch weil die Anschlüßein Wittenberge von und nach Berlin sichseit dem 14.12.2003 verbessert hatten.Jetzt folgt das endgültige aus durch Lan-desregierung und DB-Regio: ein umwelt-und menschenfeindliches Signal in die fal-sche Richtung.Die Altmark setzt in ihrer Entwicklung ver-stärkt auf „Sanften Tourismus“, zu demauch eine Anreise per Schiene gehört(e),wenn auch unverständlicherweise seit 2002nur noch an Wochenenden.

Während der Woche suchen sich Bahn-kunden eine andere Regionen wie den Ost-harz aus, welcher vorbildlich mit der Bahnerreichbar ist.Immer wieder wird die Abwanderung gera-de aus den ländlichen Gebieten beklagt,wenn die Volksvertreter den ländlichenGebieten mit der Stillegung der Bahnliniendas Rückgrat des Nahverkehrs entziehen,wird das Leben dort immer unattraktiverund Umweltzerstörung belohnt.Die bislang schlechte Auslastung derBahnstrecken als Ursache der Stilllegungkann für die Einstellung des Wochenend-betriebes ausgeschlossen werden, da dieFahrgastzahlen stetig stiegen. Und das,obwohl die Landesregierung diese künst-lich herunter rechnet, denn in der Altmarkwird eine in Deutschland neue und einzig-artige Zählmethode angewandt, bei derFahrgaste nach der Art der Fahrscheinebewertet werden. Das „Schöne Wochen-end-Ticket“, dass die meisten Fahrgäste amWochenende verständlicherweise nutzen,wird heraus gerechnet.Vielleicht will man aber auch nur die Statis-tik in den Sommermonaten vor überfülltenZügen schützen, wo diese schon außerhalbder Saison gut genutzt sind.

Die letzte Hoffnungen liegen nun auf der„Deutsche Regionaleisenbahn GmbH“ alsneuer Infrastrukturbetreiber der StreckenSalzwedel-Wittenberge und Salzwedel -Oebisfelde. Die GmbH sei wunderbarer-weise mit den AnwohnerInnen, Bürgernund Touris an einen Weiterbetrieb inter-ressiert. So besteht etwas Hoffnung für dieStrecken Salzwedel- Wittenberge und Salz-wedel - Oebisfelde!

Wenn Sie die Arbeit diesesBündnisses unterstützen wollen, oderMitglied des Vereins „Die Bahn Bleibte.V.“ werden wollen, melden Sie sichbitte bei:

Die Bahn Bleibt e.V., Frank Nieber,Lindenallee 16, 29410 SalzwedelTel. 03901/[email protected]://www.streckenerhalt-altmark.de

Werden Sie aber auch sonst aktiv ge-gen den Stillstand aller Zugräder!Kontaktieren Sie die Verantwortlichenper Telefon, Brief oder Fax:Landes-Verkehrsminister Dr. DaehrePressestelle, Turmschanzenstrasse 30,39114 Magdeburg Tel: 0391-567-7504,EMail: [email protected]

Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-An-haltAm Alten Theater 6, 39104 MagdeburgTel 03901-53631-0, Fax: -99EMail: [email protected]

Es bleiben viele Fragen offen: Wo bleibeneigentlich die vom Volk gewählten Vertre-ter des Landkreises? Wo bleibt ihre Unter-stützung zum Erhalt der Bahnlinien in derAltmark. Sind diese, wie viele andere Alt-märker schon abgewandert unter dem Mot-to: „Der letzte macht das Licht aus!“?Fragen über Fragen, die alle unbedingt andie angegebenen Adressen richten sollten.Das Bündnis „Die Bahn bleibt e.V“ bestehtaus betroffenen BürgerInnen, ÖPNV-Initi-ativen, Gemeindeverwaltungs- und regio-nalen ParlamentsvertreterInnen und Poli-tikerInnen. Sie alle engagieren sich für dieAufrechterhaltung und den Ausbau desschienengebundenen Verkehrs in der Alt-mark.

Von Oli überarbeitete Fassung vom Fahr-gast-Rat WendlandKontakt: [email protected] Fahrgast-Rat braucht Spenden:Kto 28 91 40 00, VB Clenze, BLZ 258 619 90

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Weitere Zerschlagung der Eisenbahn verhindern!Als am 22. September 2004 der Aufsichts-ratsvorsitzende der DBAG erklärte, derBörsengang finde nicht im Frühjahr 2006statt, atmeten viele auf. Zum selben Zeit-punkt erklärten zwei Unternehmerverbändeund mehrere Parteienvertreter, im Fall einesBörsengangs der Bahn müssten die Schie-nenwege Eigentum des Bundes bleiben.Viele hofften, der Staat werde nun seineGesamtverantwortung für den Schienen-verkehr wahrnehmen.Tatsächlich betonen Bahnvorstand undBundesregierung, der Börsengang sei nuraufgeschoben. Diejenigen, die eine Tren-nung von Fahrweg und Betrieb fordern,sehen darin die Voraussetzung für eine be-schleunigte Privatisierung des Schienen-verkehrs. Gleichzeitig setzt der Vorstand derDeutschen Bahn AG seine Politik zur Aus-gliederung und Privatisierung von Teilender Bahn fort: so im Fall der Bahnstrom-versorgung, bei der FährgesellschaftScandlines und der GüterverkehrssparteRailion/Stinnes.

Am 8.11.04 ist im BahnhofsrestaurantBerlin-Zoo das AktionsBündnis „Bahn füralle“ getragen von attac, Robin Wood, dieBasisinitiative „Bahn von unten“ inTRANSNET und der Bahnexpertengruppe„Bürgerbahn statt Börsenbahn“ gegründetworden, das sich gegen die Privatisierungdes Bahnbetriebs, der Trassen und derBahnhöfe, wie auch gegen die fortgesetzteZerschlagung der einheitlichen Struktur derBahn und für eine Bahn im Gemeinwohl-interesse einsetzt

Auszug aus der Grundsatzerklärung:1. Demokratische Verfügung über denSchienenverkehrDie Eisenbahn stellt eine Transportformdar, die von mehreren Generationen Steuer-zahlenden, von Hunderttausenden Arbeits-kräften im Bahnbau und Beschäftigten beiden Eisenbahnen in mehr als einem Jahr-hundert aufgebaut wurde. Die Bahn gehörtdamit zum öffentlichen Vermögen und istTeil der Grundvorsorge des Gemeinwesens.Für Unterhalt und Ausbau des Schienen-netzes zahlt der Bund derzeit jährlich vierMilliarden Euro. Zusätzlich wird derSchienenbetrieb pro Jahr mit rund 7 Milli-arden Euro aus Bundesmitteln kofinanziert(insbesondere über die Regionalisierungs-

gelder für den Nahverkehr). Hinzu kommenZahlungen von Ländern, Kreisen und Kom-munen (z.B. im Rahmen der Bahnhof-sanierungen).Der Bahnbeirat der DB AG erwartet im Falleines Börsengangs für eine erste TrancheEinnahmen des Bundes in Höhe von zweiMilliarden Euro. Insgesamt würde der Ver-kauf des Bahnbetriebs nach unterschiedli-chen Schätzungen bis zu 10 Milliarden Eurobringen. Das heißt, die erwarteten gesam-ten Einnahmen lägen noch unter denen, diepro Jahr von den Steuerzahlenden für dieBahn aufgebracht werden - und die auchnach einer Privatisierung aufgebracht wer-den müssten, wenn der Schienenverkehrwenigstens in der bisherigen Form aufrechterhalten werden soll.Bilanz: Jede Bahnprivatisierung kommt ei-nem Ausverkauf von öffentlichem Vermö-gen gleich. Damit wird die demokratischeVerfügungsgewalt über eine entscheiden-de Infrastruktur aufgegeben. Im Fall einerPrivatisierung gehen die zukünftig weiternotwendigen Steuergelder für die Schieneals Subventionen an private Eigner ohnewirksame Kontrollmöglichkeiten....Warum ist uns eine Bahn in öffentlichemEigentum so wichtig?Es geht- um die demokratische Verfügung über den

Verkehrsweg Schiene- um die Funktionsfähigkeit des Gesamt-

systems Eisenbahn- um viele gesellschaftlich sinnvolle Arbeits-

plätze- um attraktive Bahnpreise und einen gu-

ten Service- um Klima- und Umweltschutz- um die langfristige Friedensfähigkeit un-

serer Gesellschaft

2. Funktionsfähigkeit des GesamtsystemsSchieneBilanz: Privatisierung der Bahn als Ganzesoder „nur“ des Bahnbetriebs reduziert dieEffizienz des Gesamtsystems Schiene, ge-fährdet die Sicherheit und ist kunden-feindlich.

3. Sinnvolle ArbeitsplätzeBilanz: Bereits die Bahnreform - offiziell dieVorbereitung auf die Privatisierung - hat inunverantwortlicher Weise zu einem Beleg-

schaftsabbau geführt. Eine Privatisierungwird und soll diesen Prozess verstärken.Das ist kundenfeindlich, gefährdet die Si-cherheit und untergräbt eine effizienteFunktionsweise der Bahn.

4. Günstige Bahnpreise und ein guter Ser-viceBilanz: Den durchschnittlichen Bahn-kunden kommt das Bahnfahren bereits heu-te überproportional teuer, während ihmgleichzeitig ein unzureichender Servicegeboten wird. Im Fall des Börsengangs wirddie Bahnkundschaft mit teuren Fahrkartenprivate Gewinne finanzieren.

5. Schutz von Klima, Umwelt und Men-schenDie Orientierung auf eine Zerschlagungund Privatisierung der Bahn verhöhnt daslängst erreichte Umweltbewusstsein. Imersten Jahrzehnt der Bahnreform (1994 -2004) wurden dutzende mittelgroße undgroße Städte vom Schienenfernverkehrabgehängt. Die populäre und preisgünsti-ge Zuggattung Interregio wurde abge-schafft. Internationale Verbindungen nachMittel- und Osteuropa und Skandinavienwurden gekappt. Die Zahl der Gleisan-schlüsse (Industriegleise) hat sich halbiert.In der Folge verlor der Schienenverkehr imPersonenverkehr und im Güterverkehr wei-tere Marktanteile. Dieser Prozess wird sichmit einer Privatisierung verstärken, weilSynergieeffekte - die Vorteile eines kombi-nierten Nah-, Fern- und Güterverkehrs -verloren gehen, der Regionalverkehr nochmehr vernachlässigt wird und die falscheKonzentration auf den Hochgeschwindig-keitsverkehr verstärkt wird. Dabei lautetedas Ziel der Bahnreform „Mehr Verkehr aufdie Schiene“.Bilanz: Bahnreform, Filetierung und Priva-tisierung der Eisenbahn schwächen ausge-rechnet den umweltfreundlichsten Ver-kehrsträger.

6. FriedensfähigkeitDie Weltwirtschaft ist in einem Maß aufRohöl ausgerichtet, die unverantwortlichund rücksichtslos gegenüber späteren Ge-nerationen ist. Der Verkehr mit Pkw, Lkwund Flugzeugen spielt dabei eine entschei-dende Rolle. Wir wissen alle, dass dieÖlreserven begrenzt sind. Der Kampf um

Verkehr

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diese knappen und regional konzentriertenÖlreserven bildet längst den Hintergrundfür Aufrüstung und Kriege.Bilanz: Auto und Flugzeug als Massenver-kehrsmittel fressen in kürzester Zeit dieknappen Weltvorräte an Erdöl auf. Sieschaffen so einen verheerenden Sach-zwang, die Stillung des Öldurstes militä-risch abzusichern. Nur eine Verkehrswendemit der Orientierung auf Verkehrs-vermeidung und die Verlagerung von gro-ßen Teilen des verbleibenden Verkehrs aufdie energieeffiziente Bahn bietet eine rea-listische Alternative zur Abhängigkeit vomÖl. Daher muss die Bahn als Gesamtsystemfür alle erhalten und ausgebaut, statt fürkurzfristige Einzelinteressen ausgeschlach-tet werden.

Das AktionsBündnis „Bahn für alle“ willUmweltbewegung, Fahrgastverbände, Ge-werkschaften und die Friedensbewegungdafür gewinnen, mit lokalen und bundes-weiten Aktionen gegen die Zerschlagungund Privatisierung der Deutschen Bahn AGaktiv zu werden.Das AktionsBündnis Bahn für alle fordertdazu auf, sich für eine wirkliche Verkehrs-wende, für eine konsequente Politik für dieSchiene und damit für eine Bahn für alle zuengagieren.

Vollständige Grundsatzerklärung:www.buergerbahn-statt-boersenbahn.de/texte/Bahn_fuer_alle_Grundsatzerklaerung.rtfReaktionen auf die Gründung:www.buergerbahn-statt-boersenbahn.de/texte/Bahn_fuer_alle_Reaktion.html

Kontakt:Attac Deutschland, attac-Bundesbüro,Münchnerstr. 48, 60329 Frankfurt/M., Tel:069-90028110,[email protected] www.attac.de/privatisierungRobin Wood - Verkehrsreferentin, Tel. 040- 380 892 12; email: [email protected], www.robinwood.deInitiative Bahn von unten, Postfach 2112,65011 Wiesbaden, Tel/Fax 0611/406807;[email protected],www.bahnvonunten.deBahnexpertengruppe Bürgerbahn stattBörsenbahn, Tel. 030 - 49274 73; Fax: 030 -492 79 72; [email protected],www.buergerbahn-statt-boersenbahn.de

Weitere Infos auch dazu unter http://www.mobilohneauto.de

Kritischer Papierbericht 2004

Umwelt- und Verbraucherschützer legen erstmalseigenen Jahresbericht zu den Folgen des

Papierkonsums vor

Wo wächst das Holz für unser Papier?Was sind die Folgen, wenn immer mehrPapier verbraucht wird? Was hat das mitKlimaschutz zu tun? Fragen, auf die esjetzt Antworten in kompakter Form gibt.Der kürzlich veröffentlichte „KritischePapierbericht“ beleuchtet aktuell undsachkundig, welche ökologischen und so-zialen Auswirkungen die Produktion vonPapier sowie der Konsum in Deutschlandhaben. Herausgegeben wird er von der In-itiative 2000 plus, die sich als Zusammen-schluss von Umwelt- und Verbraucher-schützerInnen, seit 1999 für die Verwen-dung von Recyclingpapier engagiert.

Der „Kritische Papierbericht“ stellt klar,dass der gegenwärtige Papierverbrauch inDeutschland von rund 230 Kilo pro Einwoh-ner und Jahr nicht vereinbar ist mit einer

ökologisch und sozial verträglichen Roh-stoff- und Papierproduktion und sucht nachPerspektiven. Gerade im Hochschulbereichwerden sehr große Mengen an Papier ver-braucht. In der BRD gibt es mehr als 2 Mil-lionen Studierende, die an 359 Hochschu-len studieren. Der durchschnittliche Papier-verbrauch von 230 Kilogramm pro Jahr undBundesbürgerIn wird im Hochschulbereichsicherlich überschritten.

Entwicklung desPapierverbrauches

Der Papierverbrauch pro Einwohner undJahr stieg von 32 kg im Jahr 1950 úm über600 % auf heute 230 kg. Der Gesamtver-brauch Deutschlands liegt bei ca. 19 Mio.

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Urwald ist durch hohen Papierverbrauch bedroht

t. Zum Beispiel erzeugt das Lotto-Fieber derDeutschen einen Lottoschein-Papierbergvon 25 t wöchentlich. Im Jahr 1997 wurdenca. 100 Milliarden Breifumschläge ver-braucht. Das entspricht ungefähr einemVerbrauch von 740.000 t Papier, Karton undFolie. Auch Internetkäufe treiben denVerpackungswahn voran. So meldeteTschibo im Janunar 2004, dass der Web-Shop jeden Monat rund 230.000 Bestellun-gen ausführe.Der weltweite Papierverbrauch pro Kopfund Jahr liegt bei nur 52 kg. Es zeigt sichjedoch, dass der Papierverbrauch auch eineKennziffer für Konsum-, Kultur- undWirtschaftsbereich darstellt. So verbrau-chen 15 % der Weltbevölkerung (vornehm-lich hochentwickelte Wirtschaftsnationenin Europa, den USA, Kanada...) ca. 70 % desPapiers weltweit. Dem Rest der Welt-bevölkerung kommt nur ein durchschnitt-licher Pro-Kopf-Verbrauch von 19 kg zu -zu wenig, um den Kommunikations-, Hygi-ene- und Bildungsbedarf zu befriedigen.Für die Zukunft ist anzunehmen, dass derPapierverbrauch der Industrienationenleicht steigt, der Verbrauch in den „aufstei-genden“ Nationen (zum Beispiel in Chinaoder Indien) wird hingegen stark zunhemen.

Alternative: Altpapier

Das führt zu Problemen. Denn obwohl zumBeispiel Deutschland als relativ starkbewaldetes Land gilt, liegt der Importanteilder für die Papierproduktion erforderlichenHolzmenge bei 92,7 %. Nur 7,3 % stammenaus heimischen Wäldern. Es gibt also inunserem papierhungrigen Land zu wenigHolz, um den Hunger zu stillen.Alternativen müssen her - besonders, dasich dieser Trend weltweit verschärfen wird.Das hat man schon vor Jahren erkannt unddeswegen eingesehen, dass Papier alswichtiger Rohstoff recycelt werden muss. Deustchland rühmt sich mittlerweile einerAltpapier-Einsatzquote von 65 %. Dasklingt toll, ist aber leider nicht unbedingtrichtig. Denn die Zahl bezieht sich auf inhiesiegen Fabriken erzeugtes Papier (ca.9 Mio. t). De vacto kommen allerdings ca.10 Mio t als importiertes Papier mit einerAltpapier-Quote von nur 32 % zu uns. So-mit liegt die Gesamtquote für den Papier-verbrauch bei 46 %. Da also bei jederAltpapierproduktion mehr als die Häfte der

Menge mit Primärfasen aufgefrischt wird,erleben nur ganz wenige Fasern eine dritteoder gar vierte Verwendung.Man sollte aber die Primärfaser-Nutzung(also aus Holz) nicht verdammen, denn jedeSekundärfaser (also Altpapier) hat ja einmalals Primärfaser begonnen. In diesem Zu-sammenhang ist es eigentlich am angemes-sensten, von einem Papierfluss zu spre-chen, weil bedeutende Anteile zwischenGebauchsort und Recyclingfabrik denPapierweg verlassen und durch Primär-fasern ersetzt werden. Die erste zu erheben-de Forderung muss also sein, die technischbeste und umweltschonendste Produkti-onsweise der Primärfasern und anschlie-ßend ihre möglichst vielfache Wieder-verwendung anzustreben.Bei der Altpapierproduktion gilt jedoch dieRegel: je weißer, desto schlechter. Denninsbesondere in Recyclingpapieren niedri-ger Weiße lassen sich größere Mengenunterer Altpapiersorten (gemischtes Altpa-pier, Haushaltssammelware, sozusagen nie-dere Qualität) verwenden. Würde nur hel-les Altpapier nachgefragt, wäre es nochschwieriger, die relativ großen Mengen un-terer Altpapiere wieder zuverwenden.

Papierproduktionund Probleme

Um die Folgen des steigen-den Papierverbrauches ab-schätzen zu können, mussman sich den Produktions-ablauf der Papierherstellungv e r a n s c h a u l i c h e n .Ökobilanzierungen für Pa-pier haben zwei im Vorgangunterschiedliche Bereichezu erfassen:1. Die Gewinnung des Fa-

serrohstoffes aus Holz,das heißt das Herauslö-sen der Fasern aus demstabilen Holzverbund.

2. Das Bleichen3. Das Zusammenfügen der

Fasern.Das Zusammenfügen istein einfacher Prozess, derin seinen Grundlagen dem

handwerklichen Papierschöpfen ähneltund keine gravierenden Umweltschädenmit sich bringt.Das Aufbrechen des Holzverbundes erfor-dert einen hohen energetischen Aufwand,besonders für das mehrstündige Kochenund die anschließende Bleiche. Die Bleicheist ein sehr kontrovers diskutiertes Thema.Ganz ohne Bleiche kommt die Papier-industrie nicht aus: die langen und festenFasern aus Sulfatzellstoff werden benötigt.Hier gibt es im Wesemtlichen drei Metho-den: TCF (Totally Chlorine Free), ECF(Elementary Chlorine Free) und eben Blei-chen mit elementarem Chlor. Die TCF-Blei-che verzichtet vollständig auf Chlor.Allerdings entstehen Schwermetalle, dieeine besondere Nachbehandlung erfordern.Bei der ECF-Bleiche wird anstelle des ele-mentaren Chlors Chlordioxid benutzt, wasdie Belastung des Abwassers verringert -ganz vermeiden lässt sie sich aber nicht. Bisvor zwei Jahrzehnten war die Bleiche mitElementar-Chlor - als effektivste Bleich-methode und als billiges Abfallprodukt derChemieindustrie - der Haupteintragsweghoch giftiger Stoffe in die Umwelt. Heutzu-

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tage ist man in Deutschland davon abge-kommen.Die Debatte, was weniger schädlich sei -TFC oder ECF - ist nicht abschließend undmit hundertprozentiger Sicherheit geklärt.Der Ausstieg aus der Chlorchemie ist undbleibt jedoch nach wie vor ein wichtigesökologisches Ziel, was der TCF-Methodeden Vorrang zu geben scheint.Das Gros der weltweiten Papierproduktion(75%) erfolgt nach dem EFC-Verfahren, nur5 % sind TCF-Zellstoffe. Rund 20 % wer-den immer noch auf konventionelle Weisemit Elementar-Chlor gebleicht. Als Import-ware erreichen uns also noch chlor-gebleichte Zellstoffe, besonders aus Oste-uropa, Russland, den USA und Südamerika.Dem gegenüber steht die Alt-papierverwendung, für die nur ein Einwei-chen und Mixen der Fasern erforderlich ist.So kommt auch das Umweltbundesamt imJahr 2000 in seinen umfassenden Öko-bilanzen zu dem Schluss: „Es ist wesentlichumweltverträglicher, grafische Papiere ausAltpapier herzustellen, als dafür frischeFasern aus dem Rohstoff Holz zu benut-zen“. Als tendenzielles Ergebins aus dendiversen Bilanzen, die in letzter Zeit vorge-nommen wurden, lässt sich sagen: Die Her-stellung von Recyclingpapier benötigt ge-genüber der aus Primärfaserpapier nur rundein Drittel der Wassermenge und nur etwadie Hälfte an Energie. Emissionen und Koh-lendioxid-Ausstoß sinken, das Abfallauf-kommen wird verringert, die Transportevermindern sich, Papierrecycling trägt ent-scheidend zum Waldschutz bei. FürDeutschland geht man von einer maxima-len Recycling-Höchstquote von 75 % aus(der Rest des Papieres ist als Hygienepapieroder Bücher etc. zum Recyceln nicht ge-eignet). Weltweit liegt die Höchstquote beica. 65 % - 73 %.Zur Reduktion des Kohledioxidausstoßesin Deutschland lässt sich folgendes sagen:Der Bärenanteil der Veringerung erfolgte inden Jahren 1990 - 1997, vornehmlich durchStillegung der DDR-Produktiosstätten.Außerdem: Trotz der Abnahme des spezi-fischen Ausstoßes (das heißt Ausstoß proTonne Papier) nimmt der Gesamtausstoß zu.Denn die Papierindustrie wächst und er-zeugt mehr und mehr Papier. Der ökologi-sche Fortschritt wird also durch Produktios-steigerung stark überkompensiert.

Wo wächst unser Papier?

Papier ist ein weltweit gahandeltes Gut.Deutsche Unternehmen kaufen Altpapier,Holz und Zellstoff auf dem internationalenMarkt ein. Es wird geschätzt, dass 17 % deszur Herstellung von Papier verwendetenHolzes aus Urwäldern stammen. Deutsch-land ist nach den USA und Japan der dritt-größte Holzverbraucher der Welt, nachSchätzungen von Greenpeace dienen47,5 % dem Papierkonsum (der Rest wird zuBrennholz, Baumaterial und Möbeln verar-beitet). Zwei Drittel aller nach Deutschlandimportierten Holzprodukte kommen in Formvon Zellstoff zu uns.Der größte Anteil des Importes an Faser-stoff und Papier kommt aus Finnland undSchweden (je ca. 25 %). Aus Russland di-rekt erhält Deutschland kaum Holz. Russ-land unterhält jedoch starke holzwirt-schaftliche Beziehungen zu Skandinavien,so dass über diesen Umweg Hölzer aus densibirischen Urwäldern zu uns gelangen. Esmus also festgestellt werden: die Waren-ströme sind überaus undurchsichtig undmit Sicherheit läßt sich nicht sagen, vonwelchem (Ur-)Wald die Primärfasern stam-men.

Papierhunger zerstörtWälder!

Seit Jahrzehnten schreitet die Waldver-nichtung unvermindert fort und der Hun-ger nach Papier ist eine der wesentlicheUrsachen. Denn die Zellstoffindustrie pro-fitiert von fast jeder industriellen Abhol-zung. Sie wird sowohl mit Stamm- undDurchforstungshölzern direkt aus demWald als auch mit erheblichen Mengen anRest- und Abfallhölzern aus Sägewerkenversorgt. 45 % des geernteten Holzes wer-den industriell genutzt, 55 % davon alsBrennholz. Mindestens jeder fünfte ge-schlagene Baum endet als Papier. Die Lek-türe des aktuellen Standes des Wald-bestandes und der Prognosen ist erschre-ckend! Besonders die Vernichtung der Ur-wälder ist verheerend.Die borealen Wälder sind das größte ter-restrische Öko-System, bedecken rund 15Mio. km² und umfassen etwa die Hälfte derverbliebenen Urwälder. Sie sind vor allemzu finden in der Taiga, das heißt in Skan-

dinavien, Nordrussland, Alaska und Kana-da. Rund 2,9 Mio. km², 26 % der gesamtenWaldfläche Russlands, sind große Urwald-gebiete, überwiegend in Sibirien gelegen.Russland hat etwa drei Viertel seiner ur-sprünglichen Urwälder verloren. In Schwe-den und Finnland ist die ursprügliche Wald-struktur mehr und mehr von Monokulturenverdrängt worden. Schweden hat fast sei-nen gesamten Urwald verloren - nur noch4 % sind erhalten, das meiste davon in ber-gigen Regionen, die für die Industriesowieso nicht zugänglich sind. In Chile fin-det sich der zweitgrößte temperierte Regen-wald der Erde. Die Zentralbank Chiles hat1995 die völlige Zerstörung dieser Wäldervorausgesagt, falls die Holzkonzerne ingewohntem Tempo weiterarbeiten.Besonders schwer wiegt, dass für die Pro-duktion eines relativ billigen Produktes wieZellulosechips zur Papierherstellung Jahr-tausende alte Urwälder gerodet werden. Vorallem in Indonesien wird illegaler Holzein-schlag betrieben. Selbst Nationalparks undSchutzgebiete sind keine Garantie gegenHolzeinschlag und sonstige Formen derWaldzerstörung. Die Holzmafia und fehlen-de politische Kontrolle bestimmen das Ge-schäft. Oft wird die grodete Fläche imNachhinein in Monokulturen verwandelt.Die ehemals ursprünglich bewachsene Flä-che wird also langfristig wirtschaftlich ge-nutzt und ist somit aus ökologischer Sichtso gut wie verloren.Vor allem für Tiere ist jedoch ungestörtesLeben in unangetasteten ursprünglichenWäldern von elementarer Bedeutung. Soleben Orang-Utans nur noch in einigenRegenwaldflecken im Norden Sumatras undauf Borneo. Ihre Zahl wurde in den vergan-genen Jahren um 91 % auf weniger als30.000 Exemplare dezimiert. Ob sie dienächsten Jahrzenhte überleben, ist mehr alsfraglich.

Die im Kritischen Papierbericht gewonne-nen Erkenntnisse lassen sich auf eine ein-fache Formel bringen:Der Papierverbrauch in Deutschland ist zuhoch, weltweit gesehen zu ungleich verteiltund unser Papier ist zu weiß!Der Papierbericht ist eine Argumentations-und Orientierungshilfe, um fundiert in Dis-kussionen für eine (absolut notwendige!)Wendung der Tendenzen zu einzutreten.

Quelle zum Bestellen und Informieren:www.treffpunkt-recyclingpapier.de

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Rodung des Bannwaldes rückt näher –auf in den Wald!

Was ist los am FrankfurterFlughafen?

Am 29. November 2004 hat der hessischeVerkehrsminister Rhiel den Planfest-stellungsbeschluss für die A-380-Halle imGundwald bei Mörfelden-Walldorf inklusi-ve Sofortvollzug erlassen.Der Beginn der Rodung des Bannwaldesrückt damit bedrohlich näher. Zwar hat Fra-port auf Druck des BUND in einer Presse-erklärung versichert, man werde trotz desSofortvollzuges nicht unmittelbar nach Er-lass des Planfeststellungsbeschlusses mitden Rodungsarbeiten beginnen. Man wol-le sich an die gute Gepflogenheit halten, kei-ne unumkehrbaren Fakten zu schaffen, be-vor nicht das Verwaltungsgericht Gelegen-heit hatte, die zu erwartenden Eilanträge zurAufhebung des Sofortvollzugs ausrei-chend zu prüfen. Ob Fraport sich an diesesVersprechen hält, weiß keiner. Es wäre nichtdas erste mal, dass Fraport wortbrüchig ist.Maßnahmen wie Vermessungsarbeiten,Kampfmittelräumung und Bohrungen zurErkundung konkreter Bodenverhältnissewerden außerdem jetzt schon durchgeführt.

Kommt am Tag X, dem Tag der Rodung,in den Wald!

Es wird ab 17.30 Uhr eine gemeinsame De-monstration vom Bündnis der Bürgeriniti-ativen in den Wald zum A-380-Gelände ge-ben. Treffpunkt ist an der Feuerwehr inWalldorf an der Okrifteler Straße.

HintergrundDer Flughafen Frankfurt/Main ist mit jähr-lich fast 50 Millionen abgefertigten Passa-gieren der größte deutsche Flughafen. Inder Luftfracht liegt der Rhein-Main-Airportmit 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr sogar ander europäischen Spitze. 450.000 startendeund landende Flugzeuge dröhnen im Jahrüber die Köpfe der AnwohnerInnen hinweg.Denn der Rhein-Main-Flughafen liegt mit-ten in einer der am dichtesten besiedelten Regi-onen Deutschlands. Doch damit nicht genug:

Zwanzig Jahre nach den erbitterten Ausei-nandersetzungen um die Startbahn Westwill die Flughafenbetreibergesellschaft Fra-port AG mit Unterstützung der hessischenLandesregierung ihren „Generalausbauplan2000“ durchsetzen. „Kein Baum wird mehrfallen“ versprach der ehemalige hessischeMinisterpräsident Börner. Nun sollen meh-rere 100 Hektar Wald zubetoniert werden,damit noch mehr und noch größere Flug-zeuge Rhein-Main anfliegen können. Auf800.000 Flugbewegungen im Jahr soll dieKapazität gesteigert werden. Das sind mehrals 2000 Flüge am Tag.Zwei große Bauvorhaben sind aktuell: DerBau einer Wartungshalle für den neuenAirbus A 380 sowie der Bau einer viertenLandebahn und eines dritten Terminals.Bei Mörfelden-Walldorf südlich des beste-henden Flughafengeländes soll die so ge-nannte A-380-Halle entstehen. Die geplan-te Wartungshalle hat gigantische Ausma-ße: Allein die Grundfläche bedeckt knapp 5Hektar, das sind sieben Fußballfelder. Siesoll mitten im Wald errichtet werden: Dafürsollen über 20 Hektar abgeholzt werden.Davon sind 14 Hektar besonders geschütz-ter Bannwald. Die Halle soll bereits 2006 inBetrieb genommen werden.Der Planfeststellungsbeschluss für denBau der Halle ist am 29. November 2004 er-gangen. Seitdem ist die Rodung planungs-rechtlich jederzeit möglich.Wenn die Rodung im Süden des Frankfur-ter Flughafens beginnt, bedeutet das nichtnur Zerstörung wertvoller Waldflächensondern den Einstieg in einen Ausbau mitviel größeren Dimensionen. Denn auf dergewaltigen Fläche, die der Flughafen jetztschon bedeckt, wären genug möglicheStandorte für die Halle. Zum Beispiel wirdab 2005 das Gelände der US-Airbase wiederzivil genutzt, allein das ist 150 Hektar groß.Ein Bau der Halle jenseits des Flughafen-Zauns macht nur Sinn, wenn auch die vier-te Landebahn und ein dritter Terminal ge-baut werden. Letzterer ist auf dem Airbase-Gelände geplant.Die vierte Landebahn soll im Norden desjetzigen Flughafensgeländes nahe derStadt Kelsterbach entstehen. Für den Bau

dieser sogenannten Nordwest-Variante hatdie Fraport AG im September 2003 die Un-terlagen zur Planfeststellung (PFV) ein-gereicht. Brennpunkt im Genehmigungs-verfahren ist die Chemie-Fabrik Ticona. DasFabrikgelände liegt nur 700 m von der ge-planten neuen Landebahn entfernt undmitten in der Einflugschneise der Nord-west-Bahn.Laut EU-Kommission (27.11.2003) hat dieFlughafenbetreiber-Gesellschaft FraportAG EU-Recht verletzt, indem sie dieSeveso-II-Richtlinie beim Raumordnungs-verfahren (ROV) nicht angewandt hat. DieSeveso-II-Richtlinie regelt den Betriebhochriskanter Anlagen. Die EU hat im Mai2004 auf eine Klage verzichtet, jedoch nurunter der Bedingung, dass das Land Hes-sen das Planungsverfahren neu aufrollt.Die Störfallkommission des Bundes hat imFebruar 2004 die Landebahn für nicht ver-einbar mit dem Betrieb des Chemiewerkserklärt. Der hessische MinisterpräsidentKoch und der hessische Wirtschafts- undVerkehrsminister Rhiel stellen dieses Urteilin Frage, obwohl die Störfallkommissiondas anerkannt höchste Gremium für solcheFragen ist. Jetzt geht´s darum, ob die Fab-rik mit Betonmänteln umgeben („Verbun-kerung“) oder der Standort verlagert wer-den soll – bezahlt mit Steuergeldern. SollteTicona alle goldenen Angebote zur Stand-ortver-lagerung ausschlagen, droht Kochmit Enteignung. Geschätzte Kosten des Ver-fahrens, ebenfalls aus Steuermitteln zu be-zahlen: 1,4 Mrd Euro. Die neue Landebahnsoll 2007 in Betrieb genommen werden. Die-ser Termin ist jedoch nicht mehr realistisch.Die Unterlagen zur Planfeststellung werdenam 17. Januar 2005 ausgelegt.Karten und mehr zur Ausbauplanungwww.flughafen-bi.de

Tag X – Protest im Wald amA-380-Gelände!

Quelle: www.robin-wood.deund Informationen von Monika Lege,Robin Wood Fachreferentin Verkehr

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Inhaltsverzeichnis

Renaissance der Atomenergie?...................................... S. 20Urananreicherungsanlage Gronau................................... S. 23Gorleben ist nicht sicher ...................................................S. 26Schacht Konrad................................................................S. 26DDR-„Tropfsteinhöhle“ Morsleben ................................... S. 32 „Forschungs“-Endlager ASSE II...................................... S. 39Bitte Widerstand fix... - Aufruf gegen das Atomforum...... S. 41Anti-Atom Tour Sommer 2005 Finnland + Rußland......... S. 43Zum Tod von Sébastian.............. ......................................S. 44Unterschriftenliste Endlager Morsleben .......................... S. 46

Liebe Leserinnen und Leser!

4 Jahre ist es her, seit es den letzten Schwerpunkt zum Thema „Anti-Atom“ gegeben hat, damals noch im„Hochschulumweltinfo“. Mit dieser Ausgabe haltet Ihr nun ein neues „Update“ in diesem FUI in den Händen.Uns hat besonders das Thema Endlager interessiert, mit denen wir uns in 4 Artikeln kritisch auseinandergesetzt haben. Die Atommüllendlager sind zwar nicht so populär wie der nächste Atommülltransport, allerdingswird sich die Menschheit mit keinem Thema so langfristig auseinandersetzen müssen wie mit demAtommüllproblem. Der Müll ist immer noch gut verdrängt, im Moment dienen ja noch die Wiederaufarbeitungals „Entsorgungsnachweis“ für die Atomindustrie. Mit den Transporten in die Wiederaufarbeitungsanlagenist es hoffentlich bald vorbei und die Endlagerdebatte wird wieder mehr in den Vordergrund treten.

Neben den Endlagern findet Ihr auf der nächsten Seite einen Artikel über die Urananreicherung in der UAAGronau. Die Herstellung von hochangereichertem Uranhexaflourid soll in Ihrer Kapazität verdoppelt werden,damit der Uranbrennstoff für noch mehr neue AKWs reicht.

Beim letzten Castortransport im November gab es einen tragischen Zwischenfall: Der französischeAtomkraftgegner Sébastien Briat wurde beim Versuch, den Castortransport zu stoppen, vom Atommüllzugtödlich erfasst. Näheres dazu und einen Kommentar von uns findet Ihr auf den Seiten 44 und 45.

Für die AktivistInnen unter uns gibt es noch zwei Einladungen: Eine zu den Widerstandstagen gegen dasAtomforum, welches in Berlin am 1. und 2. Februar 2005 tagt, und die andere zu einer äußerst interessantenAnti-Atom Rundtour durch Finnland und Russland mit der Bahn und Schiff im Sommer 2005.

Nun viel Spaß beim Lesen!

Eure Anti-Atom Themensprecher

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Das Kapitel „Atomenergie“ ist abgehakt,möchte die Bundesregierung oft suggerie-ren. Der als „Atomausstieg“ verklärte„AtomKonsens“ - in der Anti-Atom-Bewe-gung als Atom-Nonsens tituliert - habe dasEnde der Atomkraftnutzung in der BRDbesiegelt. Nun müsse nur noch Geduld ge-übt werden. Gleichzeitig spuken Visioneneiner „Renaissance der Atomenergie“durch die Medien (siehe auch Stern Aus-gabe Nr. 25 vom 09.06.04, S. 28ff);LobbyistInnen der Atomwirtschaft undkonservative PolitikerInnen wollen derAtomkraftnutzung zu einem Neuauftrittverhelfen.

Tatsächlich ist die Atomenergie-Nutzungweder am Ende, noch wird die konventio-nelle Kernspaltung sich inder BRD nochmals durch-setzen können. Realistische-re Gefahren sind neue Pro-jekte wie der FusionsreaktorWendelstein 7.x nahe Greifs-wald oder der mit atom-waffenfähigem hochange-reicherten Uran betriebeneForschungsreaktor in Gar-ching bei München. Auchder Ausbau von Atom-fabriken wie der Uranan-reicherungsanlage in Gronaubelegen, dass das deutscheAtomprogramm nicht amEnde ist.Zwar nicht unbedingt hier inDeutschland, dafür aber inEuropa: In Frankreich undFinnland wird schon wiederder Bau einer neuen AKW-Generation vor-angetrieben. Der neue Europäische Druck-wasserreaktor (EPR) soll im nächsten Jahrz.B. in Finnland gebaut werden, obwohldieselben Gefahren einer Kernschmelze undFreisetzung von Radioaktivität wie bei ei-nem Reaktor älterer Bauart drohen.

Der Bau solcher großer Leistungsreaktorenist ungemein teuer, gleichzeitig ist der hie-sige Strommarkt – im Gegensatz zu dem asi-atischen - übersättigt. Das erste nach dem

„Atom-Konsens“ abgeschaltete Atom-kraftwerk (AKW) in Stade wurde ausKostengründen vom Netz genommen.Auch konventionelle Großkraftwerke wur-den vom Netz genommen. Bald werden vie-le konventionelle Großkraftwerke wegenÜberalterung und zu hohen Kosten vomNetz gehen müssen. Hier liegt die Chanceeiner neuen Energiepolitik, die auf mög-lichst viele verschiedenartige regenerativeEnergien mit Hilfe von kleineren und mitt-leren „Kraftwerken“ herkömmliche Groß-kraftwerke ersetzt. Den Bau neuer Groß-kraftwerke würde nur die eingefahrenenStrukturen der vier großen Energiekonzerneerhalten und hat wegen ihrer Monopol-stellung viele Verbraucher jahrelang über-höhte Preise zahlen lassen. Zudem ist ein

großes Kohlekraftwerk nicht klimafreund-lich, ähnlich wie bei einem AKW, was imVergleich zu regenerativen Energien deut-lich klimaschädlicher ist.

Gefahren derAtomenergie-Nutzung

Harrisburg 1979 und Tschernobyl 1986 -zwei große Atomunfälle neben vielen klei-neren - belegen eindringlich, dass der GAU(größter anzunehmender Unfall) bzw. Super-

Renaissance der Atomenergie?GAU nicht ausgeschlossen werden kann.Später gab es weitere Katastrophen gerin-geren Ausmaßes, aber mit Todesfolge, z.B.in der japanischen Atomfabrik Tokaimura.Auch die BRD schlitterte mehrfach knappam GAU vorbei: 1987 in Biblis und 2002 inBrunsbüttel. In beiden Fällen hätte das Hin-zukommen weiterer unglücklicher Zufällezur Katastrophe geführt. Dass Atoman-lagen nicht störfallfrei laufen, belegen diemehr als hundert „meldepflichtigen Ereig-nisse“, die jedes Jahr in der BRD gesche-hen. Diese sind meldepflichtig, weil sie beiAnlagen solcher Gefahrenklasse nicht ge-schehen dürften.Doch selbst der Normalbetrieb ist nichtgefahrenfrei. Eine Atomanlage setzt jeder-zeit eine sogenannte „Niedrigstrahlung“

frei, die als normal und sei-tens der Atomlobby und Be-hörden als unbedenklich be-zeichnet wird, solange dieGrenzwerte eingehalten wer-den. Die Forschungen derletzten Jahre haben jedochbelegt, dass auch dieseNiedrigstrahlung irreparableSchäden verursachen kann.Im Niedrigdosis-Bereich exis-tieren demnach keine Grenz-werte, unterhalb dererGesundheitsschäden ausge-schlossen wären. Vielmehrbilden die gesetzlichen Grenz-werte einen Kompromiss zwi-schen ökonomischen Überle-gungen und dem gerade po-litisch noch zumutbarem Risi-ko für die Bevölkerung.

Um das Uran für die Brennstäbe der AKWzu gewinnen, werden in den Herkunfts-ländern großflächige Eingriffe vorgenom-men, die Umwelt verseucht, hochgiftige Ab-wässer freigegeben und riesige Halden mitstrahlendem, aber nicht brauchbaren Ge-stein aufgetürmt. Die meist indigenen Men-schen vor Ort sind gezwungen, unter mise-rablen Arbeits- und Gesundheitsschutz-bedingungen am Rande des Existenz-mininums für wenig Geld arbeiten zu müs-sen. Sie werden dabei in ihrer Gesundheitgeschädigt, ihr Lebensraum wird zerstört.

Bild: aaa-west

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Und auch das Ende der Atommüll-Spirale -mit jedem weiteren Verarbeitungsschrittentstehen mehr Abfälle, auch die Wieder-aufarbeitung vervielfacht das Müllvolumennoch - ist ungeklärt. Die Abfälle, die zum TeilMillionen Jahre strahlen, müssen für diesenZeitraum sicher gelagert werden. Eine sol-che sichere Entsorgung ist jedoch unmög-lich, weil niemand über diese Zeiträumeverlässliche Aussagen zu tektonischenoder gesellschaftspolitischen Entwicklun-gen treffen kann.

Die Wiederaufarbeitung von abgebranntenBrennelementen galt jahrelang bis jetzt alssog. Entsorgungsnachweis deutscherAKWs. Dabei wurde damit die Atommüll-menge nur noch größer. Ein Endlager fürhochradioaktiven Müll ist noch nicht ge-funden und es ist fraglich, ob jemals einsichere Atommüll-Aufbewahrung geschaf-fen werden kann.“

Sofortausstieg aus der Atomkraft-NutzungDass der Atomausstieg lang- und mittelfris-tig möglich ist, haben viele Studien der letz-ten Jahrzehnte belegt. Auch die Planungender Bundesregierung zeigen dies. Dochnicht nur langfristig ist der Ausstieg reali-sierbar; auch die Forderung der Anti-Atom-kraft-Bewegung nach dem Sofortausstiegist umsetzbar. Dies wies u.a. das ÖkoinstitutDarmstadt in einer Modellrechnung nach.Demnach sind selbst beim sofortigen Ab-schalten aller AKW der BRD noch immergenügend Kapazitäten vorhanden, um auchStromspitzen problemlos abfangen zu kön-nen. Der Sofortausstieg ist zwar teuerer alsein langfristig angelegtes Szenario, aller-dings rechtfertigen und verlangen die mitdem AKW-Betrieb verbundenen Gefahrendiesen Aufwand. Jede Betriebsstunde mehrkann den statistisch mit einer Eintreffens-wahrscheinlichkeit von mehr als 2% mögli-chen Super-GAU bringen. Jede weitereStrahlendosis erhöht auch das Erkrank-ungsrisiko durch Niedrigstrahlung. Und esist unverantwortlich Atommüll zu produzie-ren, der nicht sicher entsorgt werden kann.

Atomanlagen und ihreBedeutung für den Ausstieg

Ein „Atomausstieg“, der nur das Abschal-ten der AKW beinhaltet, aber die anderennicht nicht weniger gefährlichen Atom-

fabriken nicht einschließt, ist unglaubwür-dig. Die Gronauer Urananreicherungsanlagesoll in den nächsten Jahren eine 2,5facheKapazität erhalten und somit Brennstoff für35 AKW produzieren. Neben dieser Anlagegibt es z.B. die Brennelemente-Fabrik inLingen und andere atomwirtschaftliche Un-ternehmen, die nicht vom „Atom-Konsens“eingeschlossen werden. Deren Schließunggehört zu einem ernstzunehmenden Aus-stieg, da sie den Weiterbetrieb von Atom-kraftwerken absichern. Auch die Abkehrvon einem geldintensiven Forschungs-programm, das die Optimierung von AKWzum Ziel hat ist vonnöten. Und die Praxis derBundesregierung, mit sogenannten „Her-mesbürgschaften“ den Bau von AKW inanderen Ländern zu ermöglichen, hat keinenPlatz in einer glaubwürdigen Ausstiegs-politik.

Klimaschutz

Im Zuge der Auseinandersetzungen umMaßnahmen zum Schutz vor dem Klima-kollaps versucht die Atomindustrie ge-schickt ihre Technologie als Ausweg aus derMisere anzupreisen. Unbenommen der in-haltlichen Unstimmigkeiten dieser Argumen-tation wäre dieser Vorschlag weder finanzi-ell, noch ressourcenseitig, noch zeitnah re-alisierbar, weil damit der Neubau eines Viel-fachen der heute weltweit bestehendenAKW verbunden wäre.

Doch die Behauptung, Atomkraftwerke ar-beiteten klimaneutral, ist schon in der Sa-che falsch. Durch die aufwendigen Verfah-ren zur Urangewinnung und Aufbereitungbis zur Herstellung der Brennstäbe wirdsoviel CO² freigegeben, dass damit demKlimaschutz mehr Schaden als Nutzen zu-gefügt wird. Hinzu kommen die CO²-Frei-setzungen durch den Transport dieserRohstoffe und Materialien. Denn durchgroße Entfernungen und immensenMaterialeinsatz sind für die Atomenergie-produktion umfangreiche Transporte not-wendig.Nicht zuletzt werden auch beim Betrieb vonAtomanlagen treibhausrelevante Spuren-elemente wie Krypton freigesetzt. Dies ge-schieht zwar nur in geringem Ausmaß,allerdings ist ihre individuelle Klima-bedeutung auch wesentlich höher alsbeispielsweise die des CO². Vergleiche vonverschiedenen Energiegewinnungsformenhaben gezeigt, dass selbst die CO²-Bilanzeines modernen Gaskraftwerkes besser istals die eines AKW.

Endlagerdebatte

Ohne ins Detail gehen zu müssen, kann fest-gestellt werden, dass es keine sichere Ent-sorgung für den Atommüll geben wird. DieAbfälle strahlen zum Teil Millionen Jahre;das Uran-Isotop 238, das in großen Men-gen im Brennstoff enthalten ist, hat eineHalbwertzeit von 4,5 Mrd. Jahren. Wederkann aus geologischer Sicht eine einiger-maßen belastbare Prognose für einen spe-ziellen Endlagerstandort über eine MillionJahre hinaus gemacht werden, noch kannirgendjemand vorhersagen, wie sich dieGesellschaft in den nächsten Jahrhunder-ten entwickeln wird. UnverantwortlicheRegime könnten die radioaktiven Abfällefür ihre Zwecke missbrauchen.Betrachtungen der Verständigungsent-wicklung haben gezeigt, dass es nochnicht einmal möglich sein wird, eine Spra-che oder Symbolik zu entwickeln, die zu-künftigen Intelligenzen die Gefahren undLagerorte des Atommülls sicher vermittelnwürde. Die kurze Menschheitsgeschichtehat eindringlich gezeigt, wie schnellKommunikationswege verlernt werdenund wie durch Legendenbildung früheresWissen verfälscht wird.

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Sicher ist damit heute nur eines: Die Ent-scheidung für einen Endlagerungswegkann nur ein schlechter Kompromiss ausSachzwängen, ökonomischen und Sicher-heitsüberlegungen sein. Die eigentlich not-wendige Sicherheit wird nicht erreicht wer-den. Mit diesem Hintergrund hat die End-lagerdebatte auch eine wichtige strategi-sche Bedeutung: Sobald eine Einigung er-zielt ist, mit der sich KritikerInnen, Umwelt-verbände und Aktionsgruppen abfinden,könnte dieser Kompromiss als Legitimati-on für den Weiterbetrieb von Atomanlagenherangezogen werden. Frei nach dem Mot-to „es gibt doch einen für alle akzeptablenEntsorgungsweg“. Ob der Notlösungs-charakter dieser Einigung dann breit ver-mittelbar und politisch durchsetzbar wäre,ist fraglich. Daher gibt es in der Anti-Atom-kraft-Bewegung die Position, sich auf kei-ne Endlagerdebatte einzulassen, solangenoch Atomanlagen in Betrieb sind, alsonoch weiterer Müll produziert wird.

„Atom-Konsens“

Entgegen den Behauptungen der Bundes-regierung stellt der „Atom-Konsens“ kei-nen Ausstieg, sondern lediglich ein Aus-laufmodell dar. Die Hauptargumente für den„Konsens“ stellen sich bei genauerer Be-trachtung als wenig belastbar heraus: KeinAKW wird durch den „Atom-Konsens“früher abgeschaltet, als es ohnehin geschä-he. Aus den Reihen der Atomstromkon-zerne war vielmehr zu hören, dass ersteAbschaltungen ohne die Konsens-Ver-handlungen u.U. früher erfolgt wären. DieAKW stellten schlicht Verhandlungsmassedar.Dass eine Begrenzung der Laufzeiten ver-bindlich festgelegt wurde, ist auch keingroßer Fortschritt; schon zuvor war klar,dass es keinen unendlichen Betrieb gibt.Jetzt haben die Betreiber jedoch einen ein-klagbaren Anspruch auf Weiterbetrieb biszum Ende der Laufzeit; das war vorher nichtso einfach. Hinzu kommt, dass sich dieBundesregierung verpflichtet hat, keineMaßnahmen zu ergreifen, die die Atomwirt-schaft einseitig belasten würden.Auch die Festlegung, es würde kein AKW-Neubau mehr stattfinden, hat keinenNeuigkeitswert. Schon lange verlautet ausder Atomwirtschaft, dass kaum ein Interes-se für solche Bauten in der BRD besteht,

weil sie einfach unrentabel wären. Der Ex-port ist das eigentliche Ziel der Atom-industrie.Und in den heftig umstrittenen Endlager-projekten brachte der sogenannte „Aus-stieg“ wenig Gutes: In Gorleben wurde dieErkundung lediglich für einige Jahre ausge-setzt - während nun schrittweise die Enteig-nung der EigentümerInnen der Grundstü-cke vorbereitet wird. Schacht Konrad wur-de sogar geopfert und mittlerweile als End-lager genehmigt.

Atomtransporte

Prinzipiell sind alle Atomtransporte über-flüssig und aus Sicherheitsgründen nichtzu verantworten, solange keine Entsor-gungsmöglichkeit gefunden wurde. Gleich-zeitig sind diese Transporte jedoch dieLebensader der Atomwirtschaft. Mehrfachwöchentliche Urantransporte ermöglichendie Produktion von Brennstäben, ohne dieCastortransporte wären die AKW balddurch ihren eigenen Müll „verstopft“. Da-her hatte die „Verstopfungsstrategie“ derAnti-Atomkraft-Bewegung, die Atom-transporte zum Schwerpunkt von Aktionenmacht, eine wesentliche Bedeutung im Wi-derstand gegen die Atomlobby. Um diesesNadelöhr auszuschalten setzte die Bundes-regierung mittlerweile das Konzept der de-zentralen Zwischenlagerung durch. Dieses

löst das Problem der Entsorgung nicht, er-höht die Risiken durch die Schaffung wei-terer Atomanlagen und erhöht die Mengegefährlicher Stoffe an einem Ort. Aber sienimmt dem Atomwiderstand auch einen derwichtigsten Kristallationspunkte.Jeder Atomtransport - ob Uran- oderCastortransport, ob Transport in die Wie-deraufarbeitung oder in Zwischenlager -sichert den Weiterbetrieb der Atomkraft-werke und ist daher nicht akzeptabel. AuchTransporte von stillgelegten Anlagen sindüberflüssig - da kein Endlager existiert unddamit weitere Fahrten nötig wären - undschaffen das gefährliche Bild, der Rückbaubis zur „grünen Wiese“ sei möglich, dieAtomenergie-Nutzung also doch nicht soschlimm.

GescheiterteEndlagerprojekte

Die mittlerweile eingestellten Endlager-projekte Morsleben und ASSE müssen ei-nem Planfeststellungsverfahren mit Öffent-lichkeitsbeteiligung unterzogen werden. Inbeiden Anlagen unterliegen die end-gelagerten Abfälle katastrophalenSicherheitsbedingungen. Im Zuge derStillegung müssen der betroffenen Bevöl-kerung zusätzliche Mitbestimmungsrechtebei der Klärung der Frage, wie mit diesemMüll zu verfahren ist, zugestanden werden.

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Alle diese Anlagen betreffenden Untersu-chung, Gutachten und deren Auswertun-gen müssen sofort veröffentlicht und da-mit der Allgemeinheit zugänglich gemachtwerden.

Stillgelegte Atomanlagen

Die Politik der Atomindustrie ist es, mit demsogenannten „Rückbau bis zur grünen Wie-se“ zu suggerieren, dass es möglich sei,nach der Stillegung einer Atomanlagewieder den ursprünglichen Zustand herstel-len zu können. Dies fördert das Image derAtomindustrie und sichert außerdem einenguten Platz auf dem Exportmarkt für atoma-re Abrisstechnologie, der in den nächstenJahren international Zuwachs haben wird.Damit wird auch ein gefährliches Bild einersauberen Atomtechnologie, die nur richtiggehandhabt werden müsse, um problemlosbetrieben werden zu können, geschaffen.Ausgeblendet werden so die - meist nichtkausal nachweisbaren - Strahlenschä-digungen aus dem Normalbetrieb, die Fol-gen des Uranabbaus und der produzierte

Atommüll, der an einem anderen Platz ab-gelegt wird. Oft ist auch die „grüne Wiese“nicht so unbelastet, wie es gern dargestelltwird. Das Erdreich ist vielfach aus demBetrieb kontaminiert und kann nicht kom-plett ausgetauscht werden.Im Sinne eines kompletten und schnellst-möglichen Atomausstiegs wäre es, stillge-legte Anlagen nicht sofort abzureißen undden Müll dann irgenwohin - denn eineEntsorgungslösung ist nicht in Sicht - zutransportieren, sondern bis zur Einigungüber die Endlagerung an Ort und Stelle zubelassen. Sicherungsmaßnahmen müssennatürlich trotzdem vorgenommen werdenund ein Handeln in akuten Gefahrenfällenist so nicht ausgeschlossen.

Forderungen:

- Planfeststellungsverfahren, Transparenzund Mitbestimmung der Bevölkerung beider Stillegung von Morsleben und ASSE- Stopp aller Atomtransporte bis eine gesell-schaftliche Einigung über die Entsorgunggefunden ist

- Sofortausstieg für alle AKW und anderenAtomanlagen- Streichen der Endlagerpläne SchachtKonrad und Gorleben- Abriss und Abtransport stillgelegter Atom-anlagen erst nach Einigung über Entsor-gung- Besteuerung der Entsorgungsrücklagender Atomindustrie- volle Haftpflicht für Atomanlagen- Sofort-Stopp aller Transporte in Wieder-aufarbeitungsanlagen- Ökologische Energiewende, basierend aufdezentralen Anlagen regenerativer Energie-träger- Endlagersuche erst nach komplettem Aus-stieg, dann aber unter Beteiligung der be-troffenen Bevölkerung bei voller Transpa-renz und einschließlich Mitbestimmungs-rechten der Betroffenen

Oliver Bäsener und Falk Beyer

Brennstäbe in den AKWs bestehen aus zueinem Teil hochangereichertem Uran-235.Bevor ein Brennelement fertig hergestelltist und in einem AKW eingesetzt werdenkann, sind eine Reihe von sehr aufwendi-gen Produktionsschritten notwendig, umdas Natururan 235 anzureichern. Hierbeientstehen Unmengen von radioaktivenSchlämmen und radioaktiven Atommüll,bevor das Brennelement fertig ist.

In einer UAA wird genau ein Verfahrens-schritt in der Herstellungskette vom Natur-uran zum Brennelement durchgeführt. DieAnreicherung des Urans-235 von 0.7%(durchschnittlicher Gehalt im Natururan)auf 3-5% Uran-235, die zum Betrieb in einemAKW notwendig ist, wird in derUrananreicherungsanlage Gronau durch

Urananreicherungsanlage(UAA) Gronau

den Einsatz von Gaszentrifugen bewerkstel-ligt. Beim Abbau von Natururan bestehtdieses aus den beiden Isotopen zu 0.7% ausUran-235 und zu rund 99% aus Uran-238.Chemisch ist Uran-238 vom Uran-235 nichtzu unterscheiden und kann demnach auchnicht auf chemischen Wege getrennt wer-den. Nach der Erzaufbereitung und Konver-sion in Uranhexafluorid (UF6) wird diesesmittels physikalischer Trennverfahren fürdie Herstellung von Brennstäben in AKWsangereichert. Dabei wird der geringe Unter-schied in der Kernmasse der Isotope aus-genutzt. Zur Zeit wird das Zentrifugen-verfahren und das Diffusionsverfahren zurTrennung der Isotope voneinander welt-weit eingesetzt. Beim ersteren dreht sichin einer Zentrifuge mit einer hohen Ge-schwindigkeit ein zylinderförmiger Rotor.

Durch die Zentrifugalkraft wird dabei dasschwerere Uran-238 dabei stärker an derRotorwand konzentriert als das leichtereUran-235. Durch Strömungen werden dieGase, die sich in Wandnähe bzw. an derAchse des Rotores befinden, in unter-schiedliche Richtungen abgeführt unddadurch getrennt. In Gronau benutzt maneine Kaskade von Gaszentrifugen, um inmehreren Wiederholungen unter Anwen-dung desselben Verfahrens eine immer wei-tere Anreicherung des Urans-235 im UF6 zuerreichen. Pro Schritt wird also nur einegeringe Trennung von Uran-235 von demUran-238 geschafft.

Schließlich fallen nach der Trennarbeit inder Gronauer Urananreicherungsanlagezwei Produkte an:

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Schwerpunkt: Anti-Atom

1. angereichertes Uranhexafluorid (UF6),dass nachdem es in Konversionsanlagen zuUrandioxid zurückgewandelt wurde, zuBrennstoffpellets und schließlich zu Brenn-stäben verarbeitet wird (z.B. inder Brennelementefabrik Lingen).

2. abgereichteres Uranhexaflourid. DerGrad der Abreicherung kann in Abhängig-keit von Uranpreis und Anreicherungs-kosten gewählt werden, bei der FirmaUrenco beträgt er 0.3 % Uran-235.

Das abgereicherte Uranhexaflourid (UF6 )wird zum großen Teil in Stahlbehältern imFreien gelagert. Aufgrund der chemischenInstabilität stellen diese Lager ein Risikodar. Bei korrosionsbedingten Leckagenoder bei Transportunfällen auf dem Gelän-de können gesundheitsschädliche (für dienähere Umgebung unter Umständen tödli-che) Mengen von UF6 freigesetzt werden.

Was ist Uranhexafluorid ?

Uranhexafluorid ist bei Raumtemperatur einpulverförmiger Feststoff mit einer Dichtevon 65.1 g /cm3. UF6 ist eine leicht flüchti-ge, äußerst giftige und korrosive Verbin-dung aus Uran und Fluor. Sie sublimiert beiNormaldruck bei 56 °C, d.h. geht direkt vomfesten in den gasförmigen Zustand über.Formel: UF6 . In Verbindung mit Wasser(Luftfeuchtigkeit !) bildet es die äußerstkorrosive Flusssäure und das giftigeUranylflourid (UOF). Zudem ist Uran-hexaflourid durch das vorhandene Uranradioaktiv.

Gefahren vonUranhexafluorid

Für die allgemeine Bevölkerung geht dieGefahr nicht nur durch die Urananreicher-ungsanlage in Gronau selbst aus (ins-besondere bei einer Beschädigung der dortlagernden tausenden Tonnen von abge-reichertem Uran), sondern auch durch denTransport des UF6 von den Konversions-anlagen nach Gronau und von Gronau zurBrennelementefabrik nach Lingen. Ins-besondere bei einem Unfall, bei dem ein UF6

Stahlcontainer einem länger anhalten Feu-er ausgesetzt wäre, droht eine langfristigVerseuchung im Kilometerumkreis, welcheinsbesondere durch das radioaktive Uranhervorgerufen wird. Der chemisch-toxischeTeil des Stoffes trägt dazu bei, dass bei ei-ner vollständigen gleichmäßigen Frei-setzung des Behälterinhalts in Umkreis von500-1000 Meter mit tödlichen Schadstoff-Konzentrationen zu rechnen ist. Dieses giltnicht nur für das mit Uran-235 hoch-angereichete UF6 sondern auch für dasabgereichertes UF6!

Betreiber der UAA Gronau:Urenco Deutschland GmbH

Die Urenco-Gruppe betreibt in Deutsch-land, Großbritannien und den NiederlandenAnlagen zur Anreicherung von Uran undversorgt Kernkraftwerke in 15 Ländern inEuropa und Übersee (!). Sie hält am welt-weiten Markt für Urantrennarbeit einenAnteil von 18 % (2004). Die UrencoDeutschland GmbH ist eine 100 %ige Toch-ter der Urenco Enrichment Company Li-mited (UEC) mit Sitz in Marlow bei London.Die beiden anderen TochterunternehmenUrenco Nederland BV und Urenco (Ca-penhurst) Ltd. betreiben die Uranan-reicherungsanlagen in Almelo/Niederlandebzw. in Capenhurst, Großbritannien. Hol-ding-Gesellschaft (also der Eigentümer) derUrenco-Gruppe ist Urenco Ltd., die 100 %der Anteile an der Urenco EnrichmentCompany (UEC) hält. Gesellschafter derUrenco Ltd. sind zu gleichen Teilen BNFLEnrichment (eine Tochter der BritishNuclear Fuels plc.), Uranit GmbH (eineTochtergesellschaft der RWE Power AGund der E.ON Kernkraft GmbH) und UltraCentrifuge Nederland N.V.. Oder anders

ausgedrückt: RWE und E.ON sind dafürmitverantwortlich, dass mit der UAA derWeiterbetrieb der AKWs gesichert ist.Weltweit existieren 14 Urananreicher-ungsanlagen, die zusammen 340 Atom-kraftwerke mit Brennstoff versorgen.

Insbesondere möchte der Betreiber Urencoanscheinend einen Teil der später einzula-gernden Mengen Atommülls dadurch ver-ringern, dass Bahn/Fährtransporte vonabgereichertem Uran nach Russland durch-geführt werden. Dort wird das abgerei-cherte Uran (Anteil Uran-235: 0.3 %) aufden Anteil des Natururans von 0.7% Uran-235 wieder erhöht. Dieses Uran wird wiederzur UAA Gronau importiert, der restlichewesentliche größere Anteil des nun zumzweiten Mal abgereicherten Urans wird dort„endgelagert“. Mit hoher Wahrscheinlich-keit sind die von den Russen veranschlag-ten Endlagerkosten nidriger als hier beiuns, so dass die Wiederanreicherung vonabgereichertem Uran durch die Urenco zumkostenvermeidenden Geschäft wird, daTausende Tonnen UF6 nicht hier end-gelagert werden müssen. Anders ausge-drückt: Urenco wird so seinen großen Teildes Atommülls im billigeren Ausland losund spart dadruch Kosten.

Die Erweiterung der UAAGronau

In diesem Jahr verrichtet die UAA Gronaueine Menge von 1800 t „Urantrennarbeit“,damit ist die Verarbeitung von UF6 gemeint.Diese Menge reicht zur Versorgung von 14Atomkraftwerken mit hochangereichertemUran-„Brennstoff“ in Deutschland aus.Doch die Urenco hat Erweiterungspläne:

Abfälle / Müllmengen bei der Herstellung von Uran-Brennstäben

Verarbeitungsschritt Gesamtmenge Atommüll zur Weiterverarbeitung

Uranerzförderung 440.000 t Uranerz 400.000 t radioaktiver

Abraum auf Halde

40.000 t

Erzaufbereitung 40.000 t 39.600 t Schlämme auf

Deponie

400 t

Konversion 400 t 180 t Abfall ins

Zwischenlager

220 t

Anreicherung 220 t 187 t abgereichertes

Uranhexafluorid (UF6)

ins Zwischenlager

33 t

Brennnelemente für AKW 33 t nach dem Einsatz in

AKWs: hochradioaktiver

Müll !

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Bereits im Jahr 1998 beantragte die Urencoeine Erweiterung der deutschen Anlage auf4.500 Tonnen UTA pro Jahr, also eine 2.5fache der jetzigen Menge. Zudem willUrenco den Bau eines Standortlagers für59.000 Tonnen abgereichertes Uran undeines Standortlagers für Natururan mit ei-ner Kapazität von 10.000 Tonnen planen.Hier wird wieder der Mengenumsatz deut-lich, der nötig ist, um hochangereichertesUran zu gewinnen (siehe Tabelle). Damitwürde die UAA in Gronau - trotz des be-schlossenen Atomausstiegs - künftigderart erweitert werden, dass dort jährlichUran für den Betrieb von mindestens 34Atomkraftwerken vorbereitet werden kann.Damit würde Deutschland zum Exporteurvon Uranbrennstoff für europäischeAKWs im großen Stil . Damit würden in Zu-kunft jeden Werktag 13 UF6 Transporte perLKW von und nach Gronau rollen.

Widerstand gegen die UAA

Seit Jahren kämpft die örtliche InitiativeAKU Gronau für die Stillegung der Atom-anlagen in Gronau. Zusammen mit dem BBUwurden in zahllosen Informationsver-anstaltungen auf die Gefährlichkeit desBetriebes hingewiesen, da ja ein Störfallnicht ausgeschlossen werden kann.

Am 26. März 2003. überreichten der Arbeits-kreis Umwelt Gronau, ROBIN WOOD undBBU mehr als 6000 Einsprüche gegen denAusbau der Gronauer Atomfabrik. Ver-treterInnen dieser Umweltinitiativen protes-tierten damit im Düsseldorfer Energie-ministerium gegen den beantragten Ausbauder bundesweit einzigen Urananreich-erungsanlage (UAA) im westfälischenGronau.

Gegen den drohenden Ausbau der Uran-anreicherungsanlage (UAA) im westfäli-schen Gronau und für deren sofortigeStillegung demonstrierten in Gronau am 9.Oktober rund 300 AtomkraftgegnerInnen.

Die niederländische Anti-Atom Bewegungkonnte bei der dortigen UAA einen Teiler-folg erzielen. Der dortige ebenfalls vonUrenco geplante Ausbau der UAA im hol-ländischen Almelo ist im Moment gestoppt.Die entsprechende Genehmigung ist EndeOktober vom niederländischen Staatsrat fürnichtig erklärt worden.

Quellen:anti atom aktuell, Ausgabe März 2003http://www.aku-gronau.de(Arbeitskreis Umwelt Gronau e.V.).dehttp://www.urenco.de (Urenco DeutschlandGmbH)http://www.robinwood.de (Robin Wood e.V.)

Bild: geplante Erweiterung der Urananreicherungsanlage in Gronau

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Schwerpunkt: Anti-Atom

1977 hatte der damalige Ministerpräsidentvon Niedersachsen, Ernst Albrecht, (CDU),Gorleben als möglichen Endlagerstandortins Spiel gebracht - wegen seiner Lagedicht an der Grenze zur DDR. Bereits beiden ersten Untersuchungen stellten Wis-senschaftler 1981 fest, dass sich über demGorlebener Salzstock keine durchgehen-de wasserdichte Tonschicht befindet. Dasheißt: Es gibt keine geologische Barrierezwischen Salz und Grundwasser, die radi-oaktive und giftige Radionuklide daranhindert, ins Grundwasser zu gelangen.

Zu diesem Schluß kommen auch namhafteGeologen und widersprechen damit denÄußerungen des Bundesamtes für Strah-lenschutz (BfS), welches bezüglich der Si-cherheit des Bergwerkes Gorleben auf di-verse Gutachten und Zwischenberichteverweist. Unter anderem bezieht sich dasBfS auf den Bericht von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), welchesvor 20 Jahren der Meinung war, Gorlebenwäre ein geeigneter Standort. Ein Gegen-beispiel für die Sicherheit im Bergwerk Gor-leben ist der beinahe Zusammenbruch ei-nes Schachtes schon im Jahr 1987, sowiepermanente Wassereinbrüche beim Ausbaudes Bergwerkes Gorleben. PermanenteWassereinbrüche sind für ein Salzbergwerkschädlich, weil damit Salzgesteinsmassen

aufgelöst werden und diese dann in flüssi-gerer Form durch festere Gesteinmassendringen. Zudem ist eindringendes Wasserin von Salzlauge korridierten Behältern(bzw. deren Dichtungen) für die Umwelt

gefährlich, weil der hochradioaktive Inhalt(angefangen bei den Gasen) durch Diffusi-on wieder nach draußen gelangt. Es bestehtdie Gefahr von Wasserstoffexplosionen,wenn im Salzbergwerk Wasser durch Drü-cke und Hitze der Verpackungsehälter sichin seine Bestandteile Wasserstoff und Sau-erstoff aufspaltet. Nicht zu vergessen: EinEndlager muß mind. für zehn- bis hundert-tausende Jahre vor Einflüssen von außengeschützt sein, damit der Mensch nichtdurch freiwerdende Mengen Radioaktivitätder verbuddelten Behälter umkommt.Eigentlich soll es ja später einmal ein Lagerfür hochradioaktive Stoffe werden, dochaus politischen-rechtlichen Gründen wirdder Ausbau des Bergwerkes Gorleben alsnormales „Erkundungsbergwerk“ seit Jahr-zehnten durchgeführt. Damit stellt es nachBergrecht im Moment keine Atomanlagedar. Selbst Bundesumweltminister Trittinhat inzwischen – nach nun mehr als 6 jähri-ger Regierungszeit bemerkt – dass Gor-leben ein „Schwarzbau“ sei. Genauer: esgibt keine einzige atomrechtliche Genehmi-gung für den Bau dieses Bergwerkes.Selbst wenn das Bergwerk wirklich einbißchen sicher wäre, ist dieses ein Skandal.Wenn man sich die Milliardensummen an-sieht, mit dem dieses Bergwerk gebautwurde, ist der Name „Erkundungs“-Berg-werk blanker Hohn gegenüber besorgtenMenschen. Diese tun bei den Demonstra-tionen im Wendland kund, dass hier vonSeiten der Behörden Fakten für ein Endlagergeschaffen werden sollen. Erst viel später,so befürchten Atomkraftgegner, wenn ab-sehbar wird, dass es auch nirgendwoanders in Deutschland ein sicheres End-lager für hochradioaktiven Atommüll gebenwird, wird man sich von RegierungsseiteGorleben wieder zuwenden und auf einmalStück für Stück atomrechtliche Genehmi-gungen im Nachhinein erteilen. Denn ohneein Endlager steht eine Regierung, welchedie Atomenergie fördern will, dumm dar,weil sie die tausenden Tonnen von hoch-radioaktivem Atommüll nicht endgültig„wegsperren“ kann und damit erheblicheKosten für eine jahrtausendlange Bewa-chung und Überprüfung der Atommüll-

Ein Endlager Gorleben ist nicht sicher...

behälter übertage gerade stehen müsste.Fazit: die nächsten Generationen müssenden wahren (Energie-)Preis für unserenAtommüll bezahlen. Dieser Preis kannexistenzbedrohend sein, nicht nur in nähe-rer örtlicher Umgebung eines Endlagers füruns Menschen.

Es dauerte nur 2 Jahre nach dem Wechseldurch die rot-grüne Bundesregierung bisde facto mit dem „Konsens“-Vertrag dasBergwerk Gorleben nach dem Willen derEnergiekonzerne einziges zukünftiges „End-lager“ bleiben sollte. Im Juni 2000 beschlos-sen die rot-grüne Bundesregierung im„Konsens“-Vertrag unter anderem sinnge-mäß, sie und die Atomindustrie seien sich

einig, dass die bisher gewonnenen geolo-gischen Befunde keine Anhaltspunkte er-geben hätten, die gegen eine Eignung die-ses Salzstock als Endlager sprächen. Zwarwird in der Atomvereinbarung ein befriste-ter Baustopp von mindestens drei undhöchstens zehn Jahren für Gorleben verein-bart. Während dieses Moratoriums sollenoffene Fragen geklärt werden. Dessen un-geachtet bekräftigen die Unterzeichner:„Das Moratorium bedeutet keine Aufgabevon Gorleben als Standort für ein End-lager.“

Es bleibt also festzuhalten, dass hier 1. allevernünftigen Argumente gegen die Eig-nung von Gorleben nicht berücksichtigtwurden und dass 2. keine Schritte unter-nommen werden, die den Salzstock Gor-leben auf seine Nichteignung mal näheruntersuchen würden. Das damit eine rot-

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Schwerpunkt: Anti-Atom

grüne Bundesregierung für die Atom-industrie keine wirtschaftliches und recht-liches Hindernis für die Atompolitik derEnergiekonzerne ist, dürfte einige Managerund die Aktionäre der Energiekonzerne freu-en. Der „Atomkonsens“ steht damit einemAusbau der Atomenergie in Deutschlandnicht im Wege.

Bis jetzt wurden mehr als 1.3 MilliardenEuro in die vermeintliche „Erkundung“ desSalzstockes Gorleben gesteckt. Je mehrGeld in dieses Bergwerk fließen wird, des-to unwahrscheinlicher ist es, dass dieAtomindustrie und die Bundesregierungsich nach einem anderen Lager ernsthaftumsehen. Zudem wurden mit dem Bau derPilotkonditionierungsanlage (PKA) unddem Zwischenlager in Gorleben weitereFakten geschaffen. Die Zwischenlagerhalledient als Abstellplatz für hochradioaktivenAtommüll von abgebrannten Brennelemen-ten in Form von Glaskokillien. Die PKAdient dazu, die Castoren wieder zu öffnenund in einer „heißen“ Zelle, welche die Um-gebung vor der Strahlung schützt, den hoch-radioaktiven Müll umzupacken.Folgende Forderungen in Bezug auf denSalzstock Gorleben müssten bei einer ver-nünftigen, langfristigen Energiepolitik inDeutschland umgesetzt werden.

- Sofortiger Stopp weiterer Atommüll-produktion, d.h. in völliger KonsequenzAbschaltung aller Atomanlagen inDeutschland! Erst hierdurch wird dieAtommüllmenge, die später (end-)gelagertwerden muß, nicht vergrößert.- Sofortiger Stopp weiterer Atommüll-transporte in die Wiederaufarbeitungsan-lagen als auch nach Gorleben. Es ist nichtsinnvoll, Atommüll mittels umweltge-fährdender Transporte durch halb Europazu fahren, wenn noch nicht einmal feststeht,wo dieser Atommüll endgelagert werdensoll.

- Schließung des „Erkundungs“-Bergwer-kes Gorleben, und festlegen, dass Gorlebennie ein Endlager für hochradioaktivenAtommüll werden wird

- Exportverbot von deutschem Atommüll,damit die Atomindustrie sich nicht auf Kos-ten anderer von Ihrem Entsorgungspro-blem befreien kann.- Aufbürdung sämtlicher Kosten bei derEndlagersuche auf die Atomstrom produ-zierenden Energiekonzerne

- Radioaktiven Atommüll erst mal in denabgeschalteten AKWs abklingen lassen,damit das Risiko von Freisetzung von Ra-dioaktivität beim vorschnellen Abbau vonAtomanlagen verhindert wird.- Keine Auswahl von Salzstöcken für zu-künftige Endlagerprojekte.Es bleibt zu hoffen, dass der Protest vonAtomkraftgegnerInnen gegen die Endlager-politik der Landes- und Bundesregierungenweiterhin erfolgreich ist. Damit könnte nichtnur ein Endlager in Gorleben verhindertwerden.

Quellen:anti atom aktuell, Ausgabe April 2004, Sei-te 33junge welt, Ausgabe vom 23.11.2004http://www.greenpeace.de(Greenpeace Deutschland e.V.)

Die BI will Strafanzeige gegen Verantwort-liche des Bundesamt für Strahlenschutzstellen. Das „Erkundungs“-Bergwerk seigar kein Erkundungsbergwerk sondernschon in Teilen das spätere Endlager. Soseien z.B. die gebauten Fahrwege inner-halb des Bergwerkes im Salzstock viel brei-ter als für ein reines Erkundungsbergwerknotwendig. Bei der vorgeblichen Untersu-chung des Salzstockes wurde offenbarbereits fleißig an einem Endlager gebaut.

Der Salzstock Gorleben besitzt auch kei-ne atomrechtliche Genehmigung, sondernwird nur nach Bergrecht gebaut. DieStandortsuche des Salzstockes wardamals viel mehr nach der geografischenLage (kaum besiedeltes Gebiet am Randeder damaligen DDR) als nach der geolo-gischen Eignung ausgesucht worden.Daher so die BI, „gehöre der Schwarzbauin Gorleben stillgelegt“.

BI Lüchow Dannenberg stelltStrafanzeige gegen Schwarzbau

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Einer jahrzehntelangen erfolgreichenVerzögerungstaktik gegen die Genehmi-gung des alten Eisenerzbergwerkes alsEndlager für niedrig- und mittelradio-aktive Stoffe machte der niedersächsischeSPD-Umweltminister Jüttner 2002 aufBitten der rot-grünen Bundesregierungein Ende. Es ist damit das erste nachBundesrecht genehmigte Endlager. Zwarverhindern mehrere Klagen derzeit dieEinlagerung, doch diese Sicherheit trügt.Jederzeit kann mit der Anordnung desSofortvollzugs die Einlagerung starten.

Das in Salzgitter bei Braunschweig liegen-de Bergwerk wurde in den 1950er/60er Jah-ren erschlossen und ab 1965 zur Eisenerz-gewinnung genutzt. Es gibt zwei Schäch-te, wobei der für die Einlagerung von Atom-müll vorgesehene Schacht sich auf demVW-Betriebsgelände befindet, also inmittentausender hier arbeitender Menschen. Derzweite Schacht liegt im Stadtteil Salzgitter-Bleckenstedt und beherbergt das Konrad-Wahrzeichen, einen auffälligen Förderturm.

Standortbenennung

Weniger als anderthalb Jahrzehnte war dernach dem früheren DNVP-Reichstagsab-geordneten Dr. Konrad Ende benannte Erz-schacht KONRAD in Betrieb, bevor er Mitteder 70er Jahre wegen Unrentabilität wiederstillgelegt wurde. Um die Arbeitsplätze zuerhalten, warb der Betriebsrat für eine an-derweitige Nutzung der Schachtanlage undstieß beim Bund auf einiges Interesse:Wegen seines Förderwerkes sei derSchacht besonders gut geeignet als End-lager für Abrisskomponenten aus stillgeleg-ten Atomkraftwerken. Damals, als nochvom Zubau einiger hundert Reaktoren inDeutschland ausgegangen wurde, warKONRAD neben dem UniversalendlagerGorleben sozusagen die Funktion einer ra-dioaktiven Sperrmülldeponie zugedacht.Fragen der geologischen Geeignetheitspielten dabei keine Rolle. In einem Er-kundungsprogramm wurde der Schachtvon 1976 - 1981 untersucht. Wissenschaft-

Schacht KONRADliche Kriterien für diese Untersuchungenund die Bewertung des Schachtes als End-lager gab es nicht, wohl aber ein politischesInteresse des Bundes an einer positivenEignungsaussage. Kaum lag sie vor, avan-cierte KONRAD im Entsorgungsbericht derBundesregierung zum zukünftigen End-lager. Allerdings war KONRAD schon Endeder 70er Jahre fester Bestandteil desEntsorgungsnachweises neuer Atomkraft-werke.

Planfeststellungsverfahren

Am 30. August 1982 stellte der Bund beimLand Niedersachsen den Planfeststellungs-antrag. Während des Verfahrens wurde derPlanantrag noch einmal grundlegend geän-dert. Mit der Einführung des Wärme-Krite-riums für die Endlagerung soll KONRADseit 1986 für 95% des in Deutschland an-

fallenden Atommülls geeignet sein. 1991wurden gegen den Plan 289.387 Einwen-dungen erhoben, die von September 92 -März 93 erörtert wurden. Mitten in diesenErörterungstermin traf die Nachricht derersten Schröderschen Konsensinitiative, inderen Verlauf er KONRAD „streitfrei“ stell-te.

Bund/Land-Kontroversen

Von Beginn waren die Entscheidungenüber KONRAD Spielball der Auseinander-setzung um das Entsorgungskonzept. Fastvergessen schon die in den 70er Jahrenheftige Auseinandersetzung um die Zahlund (politische) Auswahl der Standorte inNiedersachen, zwischen der SPD-Bundes-regierung und der CDU-Landesregierung.1989 setzte der niedersächsische Umwelt-minister (NMU) Remmers die bereits ange-kündigte Planauslegung mit Verweis auf dieAuswirkungen der WAA-Entscheidungwieder ab; dem Vernehmen nach ging esdabei wesentlich auch um opulente Forde-rungen, welche die CDU-Landesregierungan die CDU-Bundesregierung gestellt hat-te, nachdem Bayern 1 Mrd. DM Ausgleichfür die Aufgabe des WAA-StandortesWackersdorf erhalten hatte. Gegenüber derrot-grünen-Landesregierung (1990-94) bau-te der Bund das Mittel der Bundesaufsichtaus (Bundesweisungen, bundesaufsicht-liche Gespräche) und setzte nach einemgrundlegenden Urteil des Bundesverfas-sungsgerichtes 1991 die Planauslegungdurch.Seit Herbst 1994 streiten Bund und Landüber die Art und Weise, in der das umstrit-tene Verfahren beendet werden soll. Dabeispielen die Fragen der Sicherheit praktischkeine Rolle mehr. Bundesumweltminister(BMU) Töpfer drohte im Herbst 1994, dasVerfahren an sich zu ziehen und in Bonn zuentscheiden, wurde dann aber von FrauMerkel abgelöst. Im September 1997 erklär-te NMU Griefahn, alle Sachfragen seienabgearbeitet, es stelle sich vor der Geneh-migung aber die Frage der Planrecht-fertigung, wurde aber vom BMU angewie-sen, die Planrechtfertigung zu unterstellen.Im Mai 1998 schließlich setzte NMU Jüttnerdas Verfahren - sachlich wohl begründetaber ohne nachvollziehbare Rechtsgrund-lage - mit Verweis auf den sog. Castor-Skan-dal aus.Die insbesondere in der Salzgitter-Regionstark verbreitete Hoffnung, die im Herbst1998 gewählte rot-grüne Bundesregierungwürde zu einer vollständigen Neube-

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Schwerpunkt: Anti-Atom

wertung des Projektes kommen, erledigtesich bereits mit der Koalitionsvereinbarung.BMU Trittin (GRÜNE) und NMU Jüttner(SPD) kultivierten medial die Auseinander-setzung darüber, wer schließlich die Verant-wortung für KONRAD zu übernehmenhabe.

Kritik und Widerstand

Aktivitäten gegen ein Endlager SchachtKonrad hat es in der Region von Beginn angegeben. Analog zur bundesweiten Ausei-nandersetzung gab es in den 70er und 80erJahren eine starke BI-Bewegung in der Re-gion und eine Vielzahl sehr unterschiedli-cher Aktionen und Demonstrationen. Diebis heute größte und umstrittenste(„Schlacht am Schacht“) fand am 30. Okto-ber 1982 mit rd. 12.000 TeilnehmerInnen alsAntwort auf die Einleitung des Plan-feststellungsverfahrens statt. Allerdingshaben in der Auseinandersetzung um

KONRAD von Beginn an die etablierten ge-sellschaftlichen Strukturen und Kräfte eineandere Rolle gespielt als an anderen Stand-orten. Die Kommunen, allen voran dieStandortkommune Salzgitter, haben dasProjekt frühzeitig thematisiert und die kriti-sche wissenschaftliche Auseinander-setzung darüber finanziert. Die Gründungder regionalen ArbeitsgemeinschaftSchacht KONRAD 1987, in der heute ca. 60Kommunen, Organisationen, Verbände undGruppen Mitglied sind und die Arbeit desörtlichen Bündnisse Salzgitter gegenKonrad, stehen für diese Besonderheit desStandortes.

Hierzu gehört auch die starke Position ge-werkschaftlicher und betrieblicher Interes-sen gegen Schacht Konrad, die mit einereinstündigen Arbeitsniederlegung von5000 MetallerInnen am 31. Mai 2000 be-sonders eindrucksvoll zum Ausdruck kam.

Genehmigung des ersten offiziellen

Bundes-Endlagers

Ohne dass es einen zwingenden Bedarf ge-ben würde, hat die NiedersächsischeGenehmigungsbehörde (NMU WolfgangJüttner) dem Antragsteller (Bund, vertretendurch Bundesamt für Strahlenschutz - BfS)und der obersten Atomaufsicht (Bund, ver-treten durch BMU Trittin) am Mittwoch,dem 27. März die Endfassung des Ge-nehmigungsentwurfes für das beantragteAtommüll-Endlager im Schacht KONRADin Salzgitter zur letztmaligen Stellungnah-

me bis zu 19. April ausge-händigt. Angeblich hatder Bund darauf ge-drängt, dass die Genehmi-gung noch vor der Som-merpause erteilt wird.Hintergrund dürfte dieformale Erfüllung derKonsensvereinbarungsein und der Wunsch,dass die Kritik an KON-RAD nicht zum politi-schen Wahlkampfthemawird.NMU Jüttner will die Ge-nehmigung gegenüberbeantragten 650.000m³auf 303.000 m³ einzula-

gernder Abfälle begrenzen. Diese Restrik-tion ist einerseits konzeptionell sinnvoll,zugleich aber eine Akzeptanzfalle für dieRegion und der Versuch, BMU Trittin öf-fentlich wahrnehmbar (mit-) verantwortlichzu machen. Letztendlich ist ein genehmig-tes Endlager ein genehmigtes Endlager; dieVolumenbegrenzung ändert nichts an denProblemen des Standortes und des Betrie-bes und kann zudem ebenso leicht aufge-hoben wie der Sofortvollzug jederzeit an-geordnet werden.Mit der Genehmigung von KONRAD wirdeine weitere Hürde zur Realisierung desProjektes beseitigt und eine neue Barikade

gegen die Verhinderung errichtet. Es solltesich niemand darüber täuschen lassen,dass dies die erste verfahrensförmig erteil-te Genehmigung für ein Atommüllendlagerin der Bundesrepublik Deutschland über-haupt wäre, die entsprechend präjudizie-rende Wirkung nicht nur für diesen Stand-ort, sondern für den Umgang mit Atommüllinsgesamt und für die zukünftige Gestal-tung der sogenannten Entsorgung hat.Nach allen Erfahrungen wird eine einmalerteilte Genehmigung nicht wieder freiwil-lig zurückgezogen.

„Verzichtauf Sofortvollzug“ist kein „faktisches

Moratorium“

Dem Katalog Orwellscher Zwiesprach-lichkeit ist es entnommen, wenn jetzt ver-sucht wird, die Genehmigung als faktischesMoratorium und damit politischen Erfolgauszugeben. Angespielt wird auf den imAtomkonsens vereinbarten Verzicht aufSofortvollzug, der es möglich macht, dassKlagen die Inbetriebnahme um weitere Jahreverzögern. Makaber genug, dass der denRechtsschutz einschränkende Sofort-vollzug zur selbstverständlichen (Atom-)-Rechtsnormalität geworden ist und derVerzicht darauf als politische Großzügigkeiterscheinen mag. Die Idee dazu stammtübrigens von Klaus Töpfer und ist un-gefähr 10 Jahre alt. Hintergrund ist das In-teresse inbesondere der Wirtschaft, ei-nerseits ein genehmigtes Endlager zu haben(Entsorgungsnachweis, Faustpfand usw.),es andererseits aber nicht in Betrieb neh-men bzw. nicht investieren zu müssen, so-lange dies noch nicht opportun ist. Wannimmer dies der Fall sein wird, ist die nach-trägliche Anordnung der sofortigen Voll-ziehbarkeit ein sehr kleiner Rechtsakt.

Politische Schutzgelderpressung

Natürlich wäre der KONRAD-Bescheid injedem Falle beklagt worden, auch ohne denAtomkonsens. Dass hier aber die Klagenvon Kommunen, Landeskirche und

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Schwerpunkt: Anti-Atom

PrivatklägerInnen ins politische Kalkül ein-bezogen wurde, generiert eine neue Formvon Schutzgelderpressung: „Solange ihrfür den Fortgang des Verfahrens zahlt, habtihr von uns und dem Atommüll nichts zubefürchten“, ist die Botschaft; solange je-denfalls, bis es opportun erscheint, denSofortvollzug dann doch anzuordnen.

Widersprüche im Umgangmit Schacht KONRAD

Mit dem Atomkonsens zwischen der Bun-desregierung und vier Stromkonzernen hatdie Bundesregierung unbenommen derprinzipiell für notwendig erachteten Neu-konzipierung der Entsorgung Einzelfall-entscheidungen zu den Endlagerstandortenbzw. -verfahren Gorleben und KONRADfestgelegt. Die Erkundung am StandortGorleben soll unterbrochen werden, umzunächst grundlegende Fragen zu klären,bei KONRAD soll die zuständigen Behör-de das Planfeststellungsverfahren nachden gesetzlichen Bestimmungen abschlie-ßen.

In der Koalitionsvereinbarung vom Okto-ber 1998 haben die Regierungsparteien derfachlichen Diskussion folgend festgestellt,das eine Neuordnung der Entsorgung er-

forderlich und ein Endlager für alle Artenradioaktiver Abfälle ausreichend ist. Dementspricht die Einrichtung eines Arbeits-kreises „Auswahlverfahren Endlager-standorte“ (AkEnd) durch den BMU unddie grundsätzlichen Ausführungen desAtomkonsenses vom 14. Juni 2000. Die Ge-nehmigung eines Endlagers für ausschließ-lich geringfügig wärmeentwickelndenAtommüll würde einem solchen Konzeptjedoch entgegenstehen bzw. die Bemühun-gen konterkarieren.Der Verzicht des Antragstellers auf Sofort-vollzug macht zudem auch rechtswirksamdeutlich, dass es keine akute Notwendig-keit für die Genehmigung zum jetzigen Zeit-punkt gibt. Antragsteller und Geneh-migungsbehörde haben mehrfach öffent-lich erklärt, daß sie im Falle einer - an sichgebotenen - negativen Entscheidung Rück-forderungen durch die Energiewirtschaftfürchten. Dabei handelt es sich jedoch umVerfahrenskosten, aus denen keine Rechteauf den Entscheidungsinhalt abgeleitetwerden können. Es ist in der Öffentlichkeitjedoch der Eindruck entstanden, dass dieGenehmigungsbehörde nicht nach fach-lichen Kriterien entscheidet, sondern unterdem wirtschaftlichen Druck der interessier-ten Industrie. Mit dem Verweis des Antrag-stellers auf die durch Verzicht auf Sofort-vollzug mögliche gerichtliche Überprüfungim Hauptsachenverfahren werden wesent-liche politische und fachliche Entscheidun-gen von vorn herein in unzulässiger Weiseauf die Gerichte, die daraus resultierendeKostenbelastung auf die EinwenderInnenabgewälzt.

Auf der Grundlage der veränderten Rah-menbedingungen des Verfahrens und un-ter Berücksichtigung des langen Zeitrau-mes, der seit der Erörterung vergangen ist,müssen die hier vorgetragenen Einwen-dungen neu bewertet werden, zumal in zen-tralen Fragen bisher keine fachlich zufrie-den stellende Klärung erfolgt ist. Unbe-nommen der in den Einwendungen detail-lierten Einzelfragen, gibt es hier folgendeSchwerpunkte, die weiterer Klärung bedür-fen und zumindest die Genehmigung zu die-sem Zeitpunkt ausgeschlossen hätten:

Planrechtfertigung,Abfallmengen und Inventar

Die dem Genehmigungsantrag des Bundes-amtes für Strahlenschutz (BfS) zugrundeliegenden Planungen für die atomaren Ab-fallmengen beruhen auf einem Konzept zumAusbau der Atomkraftnutzung und derWiederaufbereitung, das bereits seit vielenJahren ohne sachliche Grundlage existirt.Da ein Endlager für Brennelemente nachden Planungen der Bundesregierung undder Atomwirtschaft für alle Arten radioak-tiver Abfälle geeignet sein soll, reicht dieErrichtung eines Endlagers für die Entsor-gung der atomaren Abfälle der Bundes-republik Deutschland völlig aus. Hierfürkommt KONRAD nicht in Betracht. Damitist die Planungsgrundlage hinfällig. DieWeisung des Bundes vom Herbst 1997, diePlanrechtfertigung zu unterstellen, kann fürdiesen Sachverhalt keine Regelungs-wirkung mehr entfalten. Vielmehr hat derBund selbst mit dem sogenannten Atom-konsens vom Juni 2000 eine neue Fakten-lage geschaffen, die im Planfeststellungs-verfahren von der Planfeststellungs-behörde beachtet und bewertet werdenmuss.

Langzeitsicherheit

Der Langzeitsicherheitsnachweis in denAntragsunterlagen entspricht nicht demheutigen Stand von Wissenschaft und For-schung. Dies betrifft z.B. bei der Berech-nung der Radionuklidausbreitung benutz-te Programme sowie das Fehlen einer Ab-schätzung der Unsicherheit der gewonne-nen Ergebnisse. Die den Berechnungenzugrunde liegenden Daten sind, wie imErörterungstermin vielfältig nachgewiesen,unzureichend und lückenhaft. Hier hat diePlanfeststellungsbehörde den Antragstel-ler zu veranlassen, seine Antragsgrund-lagen von Grund auf neu aufzubauen undNachweise zu führen, die sowohl vollstän-dig sind, als auch dem heutigen Stand vonWissenschaft und Forschung entsprechen.

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Grundwasserbelastung

Das niedersächsische Wasserrecht ver-langt vom Antragsteller den Nachweis,dass durch den Betrieb der Anlage keiner-lei Eintragung von radioaktiven Stoffen indas Grund- und Tiefenwasser erfolgt. Die-ser Nachweis ist durch den Antragstellerbisher nicht erbracht worden. Auch im Be-reich des Abwassers ist keine zulässigeLösung durch den Antragsteller beantragtworden. Die Gemeinde Vechelde hat durchihr Gutachten zur Belastung der Aue alsEntwässerungsträger des Schachtes Kon-rad vielmehr ein erhebliches Gefahren-potential für den Wasserpfad nachgewie-sen.

Keine ausreichende Produktkontrolle

Noch immer sehen die vorliegenden An-tragsunterlagen kein verlässliches Systemder Produktkontrolle vor. In der Anlageselber soll durch Wiegen der Gebinde undMessung der Oberflächenstrahlung le-diglich die Plausibilität der Begleitpapiereüberprüft werden. Nur einzelne Gebindesollen zu einer genaueren Überprüfungnach Jülich verbracht wer-den. Dieses System eröff-net dem Missbrauch Türund Tor. Die Erfahrungenvon den Mol-Fässernüber die Kontaminationenan Transport-Behältern(Castor-Skandal) bis zuden gefälschten Papierender MOX-Brennelementeaus Sellafield haben hin-länglich bewiesen, dassderartige Überprüfungs-lücken zum Missbrauchvon Genehmigungen füh-ren. Dies gilt in besonde-rer Weise beim grenzü-berschreitenden Verkehr,da die deutsche Atomauf-sicht die Konditionie-rung, Zwischenlagerungund den Transport bis zurdeutschen Grenze nicht tatsächlich über-wachen kann, sondern auf sog. qualifizier-te Verfahren und Plausibilitätsüberprü-fungen angewiesen ist. Solche vom TÜV

begutachteten qualifizierten Verfahren gabes auch für die MOX-Brennelementfer-tigung in Sellafield, was sich jedoch alsnutzlos erweist, wenn ihre Einhaltung nichtüberprüft werden kann. Es ist davon aus-zugehen, daß es bei einer derart lückenhaf-ten Produktkontrolle zu immer stärkerenAbweichungen zwischen dem für KON-RAD angenommenen und dem tatsächlicheingelagerten Inventar kommt (siehe Ergeb-nis der Überprüfung der Mol-Fässer inJülich). Dies hätte nicht erst für die Lang-zeitsicherheit unabsehbare Folgen, son-dern bereits im Zusammenhang mit demEinlagerungsbetrieb und Unfällen beiTransport und Einlagerung.

Erhebliche Risiken im EinlagerungsbetriebBei Unfällen während des Einlagerungs-betriebes, dies gilt ganz besonders für denuntertägigen Betrieb, ergeben sich erhebli-che Risiken hinsichtlich der Freisetzungvon radioaktiven Stoffen und deren Aus-breitung. Die Bewetterung des Bergwerkesführt zwangsläufig zu einer unkontrollier-baren Abgabe der radioaktiven Freisetzungin die Umgebung. Je nach Wetterlage er-folgt dabei eine mehr oder minder starkeVerdünnung. Grundsätzlich gilt aber, dassdie in der Hauptwindrichtung in direkterNachbarschaft gelegenen Industriebetrie-be, wie das VW Werk, der größten Gefähr-

dung ausgesetzt sind. Bei untertägigenUnfällen (z.B. Zusammenstoß zweier Fahr-zeuge) und mehr noch bei großen Katastro-phen (Flugzeugabsturz auf den Einla-

gerungsbereich) muss mit der Verstrahlunggrößerer Areale ausgegangen werden, diefür die Betroffenen mit gesundheitlichenGefahren und weitreichenden sozialen Ein-schnitten (Stillegungs- und Umsiedlungs-maßnahmen, Verlust von Arbeitsplätzen)verbunden sind.

Transportrisikenweiterhin ungeklärt

Bereits in der Frühphase des Verfahrenswurde seitens betroffener Kommunen undanderer darauf hingewiesen, dass der Be-trieb von KONRAD zwingend zu einerKummulation von Atomtransporten führtund gutachterlich nachgewiesen, daßhieraus spezifische Risiken erwachsen,deren Gefahrenpotenzial mit denen von Be-triebsunfällen vergleichbar ist. Die Forde-rung, die Transporte im Rahmen des Plan-feststellungsverfahrens als Teil des Betrie-bes zu behandeln, stellt also nicht auf dieErteilung der einzelnen Transportgeneh-migung und die Prüfung ihrer Voraus-setzungen ab, die gesondert geregelt sind,sondern auf die spezifischen Risiken, diesich aus dieser Anhäufung ergeben. Hierbeisind die besonderen Verhältnisse in der

Standortregion Salzgitter /Peine / Braunschweig, dieverdichtete Siedlungs-struktur, die hohen Trans-portfrequenzen durch dieIndustriebetriebe, aber diemassiv gewachsenen natio-nalen und internationalenVerkehrsströme nach derdeutschen Einheit und derÖffnung der Ostgrenzen zuberücksichtigen.Trotz der Weisung des Bun-des, die Transportfragenicht im Rahmen des Verfah-rens zu behandeln, setztedie Genehmigungsbehördedas Verfahren im Mai 1998mit Verweis auf den Konta-minationsskandal aus.Allerdings hat es auch in derZwischenzeit keine ver-

fahrensmässig weitergehende Auseinan-dersetzung über die KONRAD-Transportegegeben, so dass die hier erforderliche Klä-rung weiterhin aussteht.

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Schwerpunkt: Anti-Atom

AktuellerStand

Drei Kommunen (Salzgitter, Vechelde,Lengede) und die Landwirt-Familie Traubehaben Klage gegen die Genehmigung ein-gereicht. Die Klagebegründungen liegendem 7. Senat des OVG Lüneburg vor.

Schacht KONRAD liegt im industriellenHerzen der niedersächsischen Industrie-metropole Salzgitter, umgeben von etwa20.000 Metallarbeitsplätzen. Kein Wunderalso, dass ob des damit verbundenenGefahrenpotentials für ihre Mitglieder undderen Arbeitsplätze, die IG Metall frühzei-tig kritisch Stellung bezog und - nach demMotto: Wer, wenn nicht wir ? - ihr Engage-ment noch einmal deutlich verstärkt hat,seit SPD und GRÜNE die Bundesregierungstellen. Am 31. Mai 2000 kam es zu einerbisher wohl einzigartigen Arbeitsniederle-gung von über 5000 KollegInnen.Darüberhinaus koordinieren sich die örtli-chen Gruppen im „Bündnis Salzgitter gegenKONRAD“. Seit 2003 hat die Stadt Salzgit-ter der Arbeitsgemeinschaft Schacht KON-RAD e.V. ein altes Schulgebäude in Salzgit-ter-Bleckenstedt verpachtet, in dem die AGderzeit eine Info-Zentrum aufbaut.

Seit dem Amtsantritt der CDU/FDP-Landes-regierung trommelt diese für eine baldigeInbetriebnahme von Schacht Konrad unddie Fortsetzung der Arbeiten in Gorleben,ohne hierauf einen rechtlichen Einfluss zuhaben. Dabei sind sich weder der Umwelt-minister Sander (FDP) noch der Wirt-schaftsminister Hirche (FDP) zu blöd, diealte Propaganda hervorzukramen, dassKONRAD hauptsächlich für medizinischeAbfälle gebraucht werde. Wes Geistes Kindder Umweltminister ist, machte er deutlich,als er anläßlich einer Schachtbefahrung vorder Presse mit einem T-Shirt „Atomenergie- kerngesund“ posierte. Tatsächlich kom-men höchstens 1%-2% des geplanten Ein-lagerungsvolumens aus der Medizin, derHauptanteil soll aus der Atomenergie-nutzung, der Wiederaufarbeitung im Aus-land und den Forschungszentren (u.a.WAK Karlsruhe) stammen, laut Plan 865 kgPlutonium, wobei es gute Gründe gibt, voneiner tatsächlich deutlich größeren Mengeauszugehen.Wir halten diesen „Schrei nach Atommüll“der niedersächsischen Landesregierungallerdings für nicht bedrohlicher als die vonSPD und Grünen geschaffene Rechts-grundlage selber. Handeln könnte derzeiteh lediglich der Bund, indem er entwederden Sofortvollzug beantragt oder von demVorhaben Schacht KONRAD abtritt.

Neben dem Klageverfahren unterstützt dieArbeitsgemeinschaft den AKEnd (Arbeits-kreis Auswahlverfahren Endlagerstand-

orte)-Prozess und das sogenannte Ein-End-lager-Konzept der Bundesregierung. Zwarist es sachlich nicht zwingend, von nur ei-nem Endlager auszugehen, wohl aber sinn-voll, weil nur so sichergestellt wird, dass dieAtommüllpartien nicht aufgedröselt undinternational verteilt werden. Als Endlagerfür „alle Arten radioaktiver Abfälle“ kämeKONRAD nicht in Betracht. Umgekehrtwürde die Inbetriebnahme von KONRADeiner Konzeptentscheidung für eine zuneh-mende Europäisierung der Atommüll-behandlung gleichkommen.

Kontakte und mehr Infos:

AG Schacht KONRAD e.V.,Bleckenstedter Straße 14, 38239 Salzgitter,Tel: 05341 / 90 01 94, Fax: 05341 / 90 01 95,eMail: [email protected]

UmweltschutzforumSchacht Konrad Salzgitter e.V.,Klint 7, 38229 Salzgitter,Tel./Fax: 0 53 41 / 4 73 58,eMail: [email protected]

IG Metall Salzgitter,Chemnitzer Straße 33, 38226 Salzgitter,Tel.: 05341 / 88 44 - 0Fax : 05341/ 88 44 - 20,eMail : [email protected]

Bis zur Vereinigung von DDR und BRD1990 gab es in der Bundesrepublik keingenehmigtes Endlager für den stetig wach-senden Atommüll-Berg. Per Einigungsver-trag erhielt sie plötzlich ein betriebsfertigesAtomklo, das nach eigener Einschätzungder Bundesregierung in der BRD niegenehmigungsfähig gewesen wäre. Docheine Klausel im Vereinigungsdokumentmachte es möglich. Der damalige Bundes-umweltminister Töpfer bezeichnet das End-lager folgerichtig als das „Tafelsilber derdeutschen Einheit“.

Das Endlager für radioaktive Abfälle Mors-leben (ERAM) liegt im früheren Grenz-streifen zwischen Ost und West, nur fünfKilometer von Helmstedt entfernt. Dadurchunterlag der Standort einer besonderenGeheimhaltung und speziellen Schutz-maßnahmen durch die Sicherheitskräfte derGrenze. Hinzu kamen diverse Informations-sperren, die von der Staatsführung derDDR infolge von kritischen Berichten inWest-Medien verhängt wurden.

Das ERAM ist eine Doppelschachtanlage,die aus dem Schacht Bartensleben (Atom-mülllagerung) und Schacht Marie (bis Endeder 1980er Jahre Broilerzucht und parallelseit 1987 Giftmüllagerung) besteht. BeideSchachtanlagen sind über mehrere Gängeund Strecken miteinander verbunden.Insgesamt hatten sie ein Hohlraumvolumenvon über 10 Millionen Kubikmetern. DurchVerfüllungen und die Abtrennung vonHohlräumen ist das heute zugängliche Vo-lumen erheblich niedriger.

DDR-“Tropfsteinhöhle“Morsleben

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Kurze Geschichte desEndlagers

In den 1960er Jahren sahen die Pläne derDDR ein umfangreiches Atomprogramm(analog den Entwicklungen in der BRD) vor.Der erste Reaktor ging 1965 in Rheinsbergin Betrieb. Bald sollte zudem das „Kern-kraftwerk Nord“ in Lubmin bei Greifswalderrichtet werden. Die Entsorgungder großen Mengen radioaktiverAbfallprodukte war damit eineGrundvoraussetzung. Zunächstsollte das zentrale Endlager derDDR für alle Arten von Atommüll,also auch hochradioaktive Abfäl-le, genutzt werden. Dass dieSowjetunion schließlich die abge-brannten Brennstäbe zurücknahmund vermutlich für ihr militätischesAtomprogramm nutzte, kam denVerantwortlichen in der DDR sehrentgegen. So konnte immer wiederargumentiert werden, dass Sicher-heitsmängel unproblematisch sei-en, da „nur“ niedrig- und mittel-radioaktive Stoffe eingelagert wür-den.

Bis Ende 1969 holte die Staatliche Zentralefür Strahlenschutz (SZS) Vorschläge fürpotentielle Endlagerbergwerke ein. Sie ent-schied sich schließlich für die Nutzung vonSalzformationen, da diese für die ange-strebte nichtrückholbare Entsorgung opti-mal erschien. Durch die plastischen Eigen-schaften des Salzgesteins werden vorhan-dene Hohlräume binnen einiger Jahrewieder geschlossen und der Atommüll so-mit eingeschlossen. Solange kein Wassermit dem Salzgestein in Berührung kommt,scheint diese Logik noch nachvollziehbar.Durch zufließende Lösungen können je-doch Wegsamkeiten vom Endlager zugrundwasserführenden Schichten entste-hen. Jede Bohrung, jede Erschließung desSalzstockes erhöht damit das Risiko desWassereindringens.

Als 1969 die Standortentscheidung fürMorsleben als zukünftiges DDR-Endlagerfiel, waren die meisten Sicherheitsproblemebereits bekannt. Trotzdem wurde das Atom-projekt weiterhin verfolgt. Die Entsor-gungsfrage hatte eine politisch-ideologi-sche Dimension, so wurde Sicherheits-aspekten weniger Relevanz beigemessen.

Ohne Atomkraft schien die energiehungrigesozialistische Industrie gefährdet. Undohne Endlager stand die Atomenergie-nutzung in Frage. Das zentrale Endlagermusste also unbedingt her.Es folgte ein gestuftes Genehmigungs-verfahren, das scheibchenweise den Stand-ort Morsleben bestätigte. Dabei wurden diesicherheitsrelevanten Fragen nie komplettgeklärt. Der Nachweis der Langzeitsicher-heit - grundlegend für die Entsorgung von

Atommüll - wurde nie erbracht, da diesesGenehmigungsverfahren ihn erst im Rah-men der Stillegungsgenehmigung vorsah.Das bedeutet, dass zehntausende Kubik-meter radioaktiver Stoffe eingelagert wur-den, ohne Klärung ob er dort bleiben kann.Heute sind in Morsleben Fakten geschaf-fen. Es ist zwar technisch möglich, denAtommüll wieder zurückzuholen, aber derAufwand und die Kosten wären so hoch,dass die Rückholung - auch angesichts derschwierigen politischen Durchsetzbarkeit -de facto ausgeschlossen ist.

Unabhängig von diesem schon an sich frag-würdigen Genehmigungsverfahren, kam eszu weiteren problematischen Vorgängen. Sogab es die ersten Einlagerungen 1971/72noch vor dem Beginn der Umbauten derAnlage zum Endlager. Es handelte sichdabei um 500 Kubikmeter Atommüll ausdem Lohmener Lager. So konnte sich dasaus der SZS hervorgegangene StaatlicheAmt für Strahlenschutz (SAAS) die Kosteneiner Erweiterung des Lagers sparen.

Die 1972 beginnenden Bauarbeiten schrit-ten jedoch auch nicht planmäßig voran. DieBedeutung der damals als „Zentrales End-lagers Grube Bartensleben“ bezeichneten

Anlage für die Volkswirtschaft der DDR warden ausführenden Betrieben offensichtlichnicht klar. Weder standen die zugesagtenArbeitskräfte und Materialien zur Verfü-gung, noch wurden die Bauvorhaben zügigumgesetzt. Auch die nun regelmäßig ange-setzten Kontrollberatungen mit Bau-betrieben, politischer Führung und geneh-migenden Behörden halfen wenig.

Anfang der 1980er Jahre sollten zurAtommülllagerung noch toxischeAbfälle dazukommen. Eine IAEA-Empfehlung, von denen dasSAAS sonst gern behauptete alle„vorbildlich“ einzuhalten, sprachsich gegen die gleichzeitige Lage-rung von radioaktivem und Gift-müll aus. Auch hier wurde zu-lasten der ohnehin mageren Si-cherheit improvisiert. Diecyanidhaltigen Härtereialtsalze,die in der DDR im Umlauf waren,lagerten derzeit an verschiedenenschlecht gesicherten Orten. Einerdavon war ein oberirdisches La-ger in Beendorf, also nahe demSchacht Marie. Dort wurden cha-

otisch gelagerte und teils beschädigte Fäs-ser vorgefunden, die schon nur noch un-ter besonderen Schutzvorkehrungen be-wegt werden konnten. Die Stasi und betei-ligte Behörden übten Druck auf den in die-ser Hinsicht widerspenstigen ERAM-Di-rektor Ebel aus, er solle sich mit denSicherheitsvorschriften nicht so kleinlichhaben, schließlich sei die bisherige Lage-rung des Giftmülls noch weniger ver-antwortbar.

Einlagerungen undTransporte

Im ERAM lagern bis heute mindestens36.753 Kubikmeter niedrig- und mittel-radioaktive Abfälle und weitere mindestens6.621 Strahlenquellen, von denen einige alshochradioaktive Stoffe einzustufen sind.Letztere gelten daher als „zwischengela-gert“ wobei das Bundesamt für Strahlen-schutz (BfS) als Betreiberin der Anlageplant, diese im Rahmen der Stillegung inMorsleben zu lassen. Die Gesamtaktivitätder eingelagerten Materialien beträgt etwa3.8E+14 Zerfälle pro Sekunde (Bq).

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Dieser Atommüll wurde auf verschiedeneWeise im Bergwerk untergebracht. Dergrößte Anteil der zu DDR-Zeiten eingelager-ten Stoffe lag in flüssiger Form vor undsollte mittels Zusatz von Braunkohlefilter-asche verfestigt werden. Die Mischung vonAtommüll und Asche geschah außerhalbdes Einlagerungshohlraums. Von dort wur-de das Material zur Endlagerstelle gepumptund dort eingesprüht. Dieses Verfahren

funktionierte jedoch nicht, wodurch riesi-ge Mengen radioaktiver Lösungen durchmehrere Bergwerksetagen (Sohlen) hin-durchgesuppt sind. Dieser Vorgang wurdedurch die „Insitu-Verfestigung“ optimiert,bei der die Mischung von Braunkohlefilter-asche und flüssigem Atommüll erst im Ein-lagerungshohlraum stattfand. Angeblichwar hier die Verfestigung dann erfolgreich.Trotzdem wurde das Verfahren nach derÜbernahme durch das BfS eingestellt.

Die festen Abfälle wurden zu einem Teil indrei Hohlräume des Südfelds (überwiegendmittelradioaktiver Atommüll) verstürzt, derRest wurde in Fässern gestapelt. Der Ver-sturz erfolgte entweder samt Fässern oderdie Abfälle wurden aus wiederverwend-baren Primärcontainern lose in die Versturz-kaverne geschüttet. Strahlenquellen wur-den in Bohrlöchern versenkt.

Mitte der 1990er Jahre waren die aufgefah-renen Einlagerungsbereiche nahezu voll-ständig ausgenutzt. Um noch vor dem Aus-laufen der alten DDR-Genehmigung - siewar per Einigungsvertrag auf den30.06.2000 befristet - möglichst viel Atom-müll entsorgen zu können, sollte jetzt dasOstfeld mitgenutzt werden. Hier befandensich noch Hohlräume, die für viele Jahr-zehnte Platz geboten hätten. Doch die Er-schließung des Ostfeldes sollte auch dasEnde des ERAM einleiten. Der BUND Sach-

sen-Anhalt klagte gegen die Erschließung,da er nicht am Verfahren beteiligt wordenwar. Das Oberverwaltungsgericht Magde-burg verhängte einen Einlagerungsstoppbis zum Abschluss der gerichtlichen Aus-einandersetzung. Doch diese kam nichtmehr zustande, da das BfS „unwiderruflich“auf weitere Einlagerungen verzichtete unddies in einer Atomgesetzänderung fest-schrieb.

Aktuelle Entwicklungen

Seitdem ist jedoch wenig passiert. In denersten Jahren gingen die Aktivitäten derwiderständigen Gruppen stark zurück, wohlin der Hoffnung auf die neue rot-grüneBundesregierung. Bis 2003 war der Wider-stand fast komplett eingeschlafen. Dasänderte sich erst Anfang 2004 mit einemSeminar der Greenkids Magdeburg, das mitder Gründung des „Morsleben-Netzwerk“aus interessierten Einzelpersonen und Or-ganisationen endete. Seitdem laufen vorallem Hintergrundarbeiten, um Informatio-nen und Materialien für die anstehendeÖffentlichkeitskampagne bereitzustellen.Die andauernde Verschleppung der Still-legung durch das BfS soll angegangen unddas Stillegungskonzept kritisch begleitetwerden.

Im Sommer 2004 wurde die „Tradition“ derMorsleben-Workshops, bundesweiter Tref-fen von morslebenkritischen Menschen,wiederbelebt. Diese dienen der Abspracheund dem Austausch von Informationen undfinden etwa vierteljährlich statt. Noch ist eskeine große Kampagne geworden, dochwird Stück für Stück am Aufbau vonInformationsnetzen und sensibilisiertenZusammenhängen gearbeitet, damit spä-testens zur Eröffnung des offiziellen Plan-feststellungsverfahrens zur Stillegung en-ergisch eingemischt werden kann. Unregel-mäßig erscheint per Mail ein „Morsleben-Newsletter“, der über die aktuellen Ge-schehnisse, Veranstaltungen und Hinter-gründe informiert. Dieser Newsletter kannauf der Internetseite http://www.morsleben-stillegung.de/news-letter.html abonniert werden.

Die erste größere Veröffentlichung wardann der Start der Wanderausstellung„Morsleben – Geschichte eines umstritte-

nen Atomprojekts“ in Magdeburg am 9.September 2004. Seitdem wird diese weiterausgebaut und um neue Aspekte erweitert.Die nächste Station ist die GedenkstätteMarienborn, keine vier Kilometer vom End-lager entfernt. Dort wird die Ausstellung am9. Februar um 16°° Uhr eröffnet. Geplant istüber den Ausstellungszeitraum bis zum 24.April ein vielseitiges Rahmenprogramm.

Ende März soll eine WebSite zu den Hinter-grundrecherchen zum Endlager online ge-hen. Sie wird über die Seite der Greenkids(www.greenkids.de) und des Morsleben-Netzwerks (www.morsleben-stillegung.de)zu finden sein. Inzwischen gibt es die Bro-schüre „Sachberichte: Die (DDR-) Ge-schichte des Endlagers Morsleben“ alsPDF-Datei zum Download auf der Internet-seite der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (www.landesbeauftragte.de),die das Dokument herausgibt.

Sicherheitsprobleme inMorsleben

Ein Endlager soll als endgültiger Auf-bewahrungsort für radioaktive Abfälle die-nen. Wegen des Gefährdungspotentials derdort gelagerten Abfälle gilt es, bei der End-lagerung bestimmte Sicherheitsaspekte zubeachten. So sind die radioaktiven (ggf.auch chemotoxischen) Bestandteile derAbfälle so von der Biosphäre zu isolieren,dass der Schutz der radioaktiven Abfälle vorDritten und Umwelteinflüssen gewährleis-tet sowie eine Gefährdung von Menschenund Umwelt ausgeschlossen ist.

Außerdem sind spezifische Sicherheits-parameter, z.B. beim Schutz der Mitarbei-terInnen durch spezielle technische Sicher-heitseinrichtungen und der Gewährleistungdes Lagerungsprozesses, zu beachten.Entscheidend für die Lagerung ist die in-ternationale Kategorisierung der radioakti-ven Abfälle in schwach-, mittel- und hoch-radioaktive Abfälle. Besonders hohe Her-ausforderungen an die Entsorgung stellenmittel- und hochradioaktive Abfälle dar. Ihreoft langen Halbwertszeiten verlangen einesichere Lagerung über Jahrmillionen.

Bild: Riß im Südfeld des ERAM

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Im ERAM liegen besondere Gefahren durchWasserzutritte, standortbedingte geologi-sche Probleme, die Komplexität der Anlageund die drohende Einsturzgefahr in einigenGrubenteilen vor.

Wenn Wasser in die Einlagerungsbereichevordringt, korrodieren die Lagerbehälterschneller. Unterirdische Lagerstätten, dieeinen Wasserzulauf haben, bergen daherein erhöhtes Sicherheitsrisiko. In derDoppelschachtanlage Bartensleben-Mariesind mehrere Zufluss-Stellen dokumentiert.Auch über die Schachtröhren selbst drin-gen Wässer in das Bergwerk ein. Min-destens eine der bekannten Tropfstellensteht in Verbindung mit dem Deckgebirgeund birgt daher die Möglichkeit einerWegsamkeit zur Biosphäre in sich.

Ein von der Reaktorsicherheitskommission(RSK) formuliertes Schutzziel fordert, dassein Endlager über tausende von Jahrenkeine Berührung mit wasserführendenSchichten haben darf. Die bereits im Jahr1992 von einem Gutachter des Bundesamtsfür Strahlenschutz (BfS) aufkommendenBedenken bezüglich einiger Tropfstellenignorierte die RSK und empfahl den weite-ren Betrieb.

Bereits seit dem Jahr 1969, also vor der In-betriebnahme des ERAM, war die fragwür-dige Standsicherheit - die Gefahr des Ein-

sturzes von Grubenteilen - bekannt. ZurBeurteilung der Standsicherheit des ERAMnahm die Bundesanstalt für Geowissen-schaften und Rohstoffe (BGR) im Auftrag

des BfS gebirgsmechanische Untersu-chungen vor. Ergebnisse der Untersu-chung waren u.a., dass- es kritische Bereiche gibt, für die das Ver-sagen von Schweben langfristig nicht aus-geschlossen werden kann,- die Integrität der Salzgesteinsbarrierenicht überall gegeben ist,- in bestimmten Bereichen die Vorausset-zungen für Wasserzutritte erfüllt sind.

Die Einsturzgefahr ist auch anderen Unter-suchungen zufolge vor allem durch die „lau-fenden Schädigungsprozesse“, zu schwa-che Pfeiler und Zwischendecken sowiedurch unkontrollierte Zuflüsse aus demüber dem Salzgestein liegenden Deck-gebirge bedingt.

2001 stürzte ein über 4.000 Tonnen schwe-rer Salzbrocken von der Decke eines Hohl-raumes. Weitere „Löserfälle“ gab es zuvorschon in anderen Grubenbereichen. Han-delt es sich um lokale Schäden, ist dadurchvor allem das Betriebspersonal gefährdet.Löserfälle mit „globaler“ Auswirkung kön-nen die Standsicherheit größerer Teile desBergwerks beeinflussen.

Das Gebiet des ERAM erstreckt sich auf 5,6Kilometern Länge und 1,4 Kilometern Brei-te, bei einer Tiefe von bis zu 524 Metern.Das Hohlraumvolumen der Doppel-schachtanlage Bartensleben-Marie umfasst5,8 Mio Kubikmeter. Die vorhandenen Stol-len, Kammern und anderen Hohlräume sindAussagen des BfS zufolge noch immernicht vollständig mit ihrem Risswerk erfasst.Aufgrund dieser Komplexität der Hohlräu-me ist die Anlage kaum überschaubar. Dieskann nachteilige Auswirkungen auf dievorzunehmenden Sicherheitsberech-nungen haben.

Die geologischen Voraussetzungen amStandort Morsleben sind nach Aussagenverschiedener Wissenschaftler denkbarungeeignet für ein atomares Endlager. ZumBeispiel durchziehen leicht lösliche Kali-salz- und Hauptanhydrit-Schichten denSalzstock und wurden an mehreren Stellendurch den Salzabbau erschlossen. Wennnun größere Wassermengen in das End-lager eindringen, sind es vor allem die Kali-Salzschichten, die zuerst gelöst werden. Dasie den Salzstock zum Teil bis zum Deck-gebirge durchdringen, könnten hierWasserwegsamkeiten entstehen, durch diedann kontaminierte Lösungen an die Bios-phäre gelangen.

Laut RSK muss eine 150 Meter mächtigeSalzschicht zwischen dem Endlager und derdarüber liegenden Erdkruste bestehen, umdie akute Einsturzgefahr zu bannen. InMorsleben jedoch misst die Salzschichtmancherorts nur 32 Meter. Eine funktionie-rende geologische Barriere wird als wesent-liche Voraussetzung für den Nachweis derLangzeitsicherheit betrachtet.

Stasi und Morsleben

Was hatte die Stasi eigentlich inMorsleben zu suchen?

Auf den ersten Blick mag es verwundern,dass der Staatssicherheitsdienst der DDRim Endlager Morsleben aktiv war. Ange-sichts der Bedeutung dieser Anlage für dieEnergieversorgung und damit Aufrechter-haltung der energiehungrigen Industrie derDeutschen Demokratischen Republik und

Bild: Überwachung von Meßwerten

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Schwerpunkt: Anti-Atom

der grenznahen Lage des ERAM sind dieAktivitäten des MfS eine logische Konse-quenz ihrer Selbstdefinition.

Die Grenznähe, die auch einen hohenGeheimhaltungsgrad mit sich brachte unddamit anfangs gewünscht war, brachteauch das Risiko von „Republikflucht“ mitsich. So waren auch die ersten InoffiziellenMitarbeiter (IM) der Stasi im ERAM zurAufklärung und Prävention in dieser Hin-sicht eingesetzt. Weitere Aufgaben warender Schutz vor terroristischen oder „de-monstrativen“ (in diesem Zusammenhangtaucht in den Akten immer wieder das Wort„Greenpeace“ auf) Angriffen gegen dasEndlager, die Sicherstellung der Beschlüs-se der Staatsführung, die Überwachungvon Geheimhaltung und Sicherheits-standards sowie die Spionageabwehr. Spä-ter erweiterte sich das Aufgabenvolumenauch auf den Schutz der Grenze bzw. derGrenzübergangsstelle Marienborn gegendenkbare Angriffe mit den Giftmüll-Fahrzeu-gen, die in Schacht Marie toxische Abfälleabliefern sollten.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Aus-bau der „kernenergetischen Basis“ derDDR – die Kernenergetik wurde als Schlü-sseltechnologie zur Sicherung des Lei-stungsanstiegs der Volkswirtschaft be-trachtet – war die Gewährleistung einesstabilen Einlagerungsprozesses bedeut-sam. Da das ERAM der einzige Betrieb derDDR war, in dem radioaktive Abfälle end-

gelagert wurden, hatte es eine entscheiden-de ökonomische Bedeutung. Wäre dasERAM nicht gesichert, stünde die Entsor-gung der Atomkraftwerke der DDR in Fra-ge – insbesondere die geplante Inbetrieb-nahme des AKW Stendal wäre gefährdet –und somit wäre auch keine stabile Energie-situation gewährleistbar.

Seitens des MfS waren verschiedene Ein-heiten, so die Hauptabteilung XVIII, dieBezirksverwaltung (BV) Magdeburg mitihrer Abteilung XVIII und die Kreisdienst-stelle (KD) Haldensleben, bezüglich desEndlagers Morsleben aktiv. Die hier doku-mentierten IMs waren bei der KD Haldens-leben beschäftigt. Es handelte sich dabei

überwiegend um extra angeworbene Mitar-beiter aus dem Umfeld des ERAM, die eh-renamtlich und aus ihrer ideologischenÜberzeugung heraus für den Geheimdienstder DDR unter ihren Kollegen und in ihremUmfeld spionierten. In unregelmäßigenAbständen erhielten sie kleinere Beträgeals „Dankeschön“ für ihre Arbeit. Einige derim Zusammenhang mit dem ERAM recher-chierten IMs waren in Positionen, in denensie bereits Einfluss auf das Geschehen imERAM hatten. Auch Mitglieder der „bewaff-neten Organe“ der DDR arbeiteten als In-offizielle Mitarbeiter für die Staatssicherheit.

Die Hauptabteilung XVIII nannte als Zieleihrer Aktivitäten die Verhinderung nuklea-rer Havarien, die Durchsetzung „sozialisti-scher Gesetzlichkeit“, Sicherheit, Ordnungund Disziplin beim Umgang mit Kern-material bzw. beim Betreiben von Kernan-lagen und die Sicherstellung einer qualita-tiven Informationstätigkeit gegenüber zen-tralen Partei- und Staatsorganen. Die Ge-währleistung der Sicherheit und des allsei-tigen Schutzes der Kernanlagen unter ihrerFederführung war langjährig ein wesentli-cher Bestandteil der politisch-operativenAufgabenstellungen der Hauptabteilung.Auch auf die „Qualifizierung“ der politisch-operativen Arbeit wurde durch sie Einflussgenommen.

1988 konstatierte die Hauptabteilung, dassoperative Erkenntnisse aus der IMB- undVorgangsarbeit über Spionagetätigkeitenimperialistischer Geheimdienste, insbe-sondere des BND, und die anhaltende po-litisch-ideologische Diversionstätigkeit der

Morsleben-Ausstellungvom 9.2. bis 24.4.2005

12.2. 10.00 Uhr Seminar zur Endlagerung von Atommüll22.2. 17.00 Uhr Veranstaltung zum „Widerstand gegen Morsleben“15.3. 17.00 Uhr ZeitzeugInnen-Gespräch zur Geschichte des ERAM31.3. 15.00 Uhr Präsentation der Broschüre „Sachberichte: Die (DDR-) Geschichtedes Atommüll-Endlagers Morsleben“2.4. oder 9.4. 14.00 Uhr Podiumsdiskussion zur Endlagerpolitik22.4. 16.00 Uhr Morsleben-Workshop

alle Veranstaltungen finden inder Gedenkstätte Marienborn statt.Infos und Anmeldung unter 03 91-72 72 657

Bild: Greenpeace, Foto vom ERAM

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Medien der BRD dokumentierten, dassAngriffe gegen DDR-Kernanlagen bzw. dieKernenergiepolitik der DDR wesentlicheKomponenten feindlicher Pläne und Ab-sichten seien. Erkannte Angriffsrichtungenseien die nukleare Sicherheit, der Strahlen-schutz, Kernmaterialtransporte, die Kern-forschung in der DDR, die Entsorgung undLagerung radioaktiver Abfälle und der Phy-sische Schutz. Angriffsobjekte wären dem-nach vor allem die Atomkraftwerke Greifs-wald und Rheinsberg, das ERAM und dasZentralinstitut für Kernforschung Rossen-dorf.

Als notwendige Maßnahmen erachtetedie Hauptabteilung:

- die Erkundung feindlicher Pläne und Ab-sichten als Schutz vor Überraschungendurch den Gegner,- die Qualifizierung der Spionageabwehrund Bekämpfung anderer feindlicher undkrimineller Angriffe,- die politisch-operative Arbeit zur Verhin-derung nuklearer Havarien und anderer re-levanter Vorkommnisse mit den spezifi-schen Kräften, Mitteln und Methoden desMfS,- die beharrliche Einflussnahme auf die Er-höhung der nuklearen Sicherheit bzw. dieGewährleistung des projektierten Sicher-heitsniveaus in den Atomkraftwerken,- die vorbeugende, schadensabwendendeArbeit auf dem Gebiet des physischenSchutzes zu verstärken, die politisch-ope-rativen Mittel und Methoden zur Aufklä-rung und wirksamen Bekämpfung terroris-tischer Anschläge auf Kernanlagen und -material weiterzuentwickeln sowie- die in Kernanlagen Beschäftigten zur be-wussten Einhaltung von Regelungen derObjektsicherheit und des PhysischenSchutzes zu bewegen.

Sicherheit derAtomanlage Morsleben

Das ERAM war in drei Sicherungszoneneingeteilt. Die 3. Sicherungszone wurdevon der äußeren Barriere umschlossen. Inihr befand sich mit den Hauptanlagen überTage, dem Förderturm, dem Mehrzweck-gebäude einschließlich der Zutrittskontroll-anlage die von einer mittleren Barriere ein-gefasste 2. Sicherungszone. Der unmittel-

bare Einlagerungsbereich, umgeben vonder „inneren Barriere“, war die Schutzzone1.

Die Grundlage der personellen Sicherungdes ERAM stellte eine Vereinbarung zwi-schen dem Kombinat KernkraftwerkeGreifswald, Betriebsteil Endlager und demVolkspolizeikreisamt Haldensleben vom 1.März 1985 dar. Somit wurden zur Bewa-chung des Haupteingangs und der innerenSicherungszone sowie zu Streifentätig-keiten bewaffnete Kräfte der DeutschenVolkspolizei/Betriebsschutz in der Stärke1:12 eingesetzt. Der Kontrollpunkt an dermittleren Barriere zur 2. Sicherungszone warmit sechs zivilen Sicherungskräften besetzt.

Auf Befehl des Innenministers und Chefsder Volkspolizei hatte der Einsatz derdiensthabenden Kräfte der Abwehr vonAngriffen auf Kernanlagen, der Bekämp-fung von Bränden, Havarien, Störungenund anderen Gefahren und der Durch-setzung eines strengen Kontrollregimes zudienen. Dies umfasste die Kontrolle vonBetreten und Verlassen des Geländes undden Aufenthalt dort sowie die Kontrollealler Fahrzeuge und eine strenge Überwa-chung des Besucherverkehrs. Der Einsatzder diensthabenden Kräfte hatte auf derGrundlage von mit der zuständigen Dienst-stelle der Staatssicherheit abzustimmendenEinsatzdokumenten zu erfolgen. Außerdemgab es spezielle Ausbildungen zur Abwehrvon Angriffen auf Kernanlagen sowie zur

Bekämpfung von Bränden, nuklearen Ha-varien und anderen Ereignissen mit folgen-schweren Auswirkungen.

Gefahrenquellen stellten nach Einschät-zung des MfS das unter Tage befindlicheSprengmittellager und das Giftmüll-Lagerder Grube Marie dar, über die ein unbe-merktes Eindringen möglich gewesen wäre.Verschlossene Türen mit Sicherungsan-lagen sollten dieses Problem beseitigen. Bis1988 waren die konzipierten Sicherungs-maßnahmen bis auf zwei Fernbeobach-tungsanlagen realisiert. Damit waren dannalle SAAS-Forderungen für einen wirksa-men Physischen Schutz im Zusammenhangmit der Sicherung vor terroristischen An-schlägen erfüllt. Der Kreis der Zutritts-berechtigten umfasste 270 Personen,davon hatten vier die Berechtigung zumBetreten des Sprengmittellagers und 100 fürdie Sicherungszonen 2 und 1.

Regelmäßig fanden Antihavarietrainingsund Übungen der Gruben- und betriebli-chen Feuerwehr statt. Ihre Einsatzbereit-schaft war der MfS-KreisdienststelleHaldensleben zufolge jederzeit gesichert.Die Katastrophe im sowjetischen ReaktorTschernobyl führte zu der Erkenntnis, dassdas System der Umgebungsüberwachungerweitert werden müsse. Bis 1988 wurdenim Umkreis von 15 Kilometern um das End-lager 15 Messpunkte zur Überprüfung vonWasser und Biomedien betrieben.

Spenden für dieMorsleben-Kampagne

Auch wenn versucht wird, für einige Ausgaben (z.B. die Recherchen in Archivenund für die oft ziemlich hohen Kopiergebühren dort) Förderungen zu bekommen,ist der Anteil dessen, was die AktivistInnen selbst tragen müssen recht hoch.Deshalb sind wir über jede Spende hocherfreut. Bei Bedarf können auch Spenden-quittungen ausgestellt werden.

Inhaber: Greenkids Magdeburg e.V.Konto: 30 120 859BLZ: 810 532 72Stadtsparkasse Magdeburg

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Der Transport stark strahlenden oder hoch-angereicherten Kernmaterials, wie es imERAM höchstens im Rahmen der For-schungen im Untertagemessfeld zum Ein-satz gekommen sein dürfte (dazu fehlenbisher Unterlagen), erfolgte unter Einsatzvon Kräften und Mitteln des Innenminis-teriums (also Volkspolizei etc.). Bis 1988 gabes dem MfS zufolge bei solchen Transpor-ten durch die DDR keine Vorkomnisse. DieAkten des SAAS dagegen dokumentiereneinige solcher „Außergewöhnlicher Ereig-nisse“.

Zur Sicherung des volkswirtschaftlich be-deutsamen Betriebes ERAM standen derKD Haldensleben der IMS (IM zur poli-tisch-operativen Durchdringung und Si-cherung des Verantwortungsbereichs)„Heinrich Bergmann“, der IMS „DieterSchmidt“ (Burkhard Meyer), der GMS (Ge-sellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit)„Martin Berg“ (Frank Broß), das FIM-Netz(Führungs-IM) „Heinz Deparade“ (KlausErnst Burkert) (1 FIM, 3 IMS, 2 GMS) undweitere 5 IMS und 1 GMS zur Verfügung.Verantwortlich für diese Informanten war inder Kreisdienststelle das Refe-rat 3. Die KD schätzte ein, dassdiese IM/GMS ausreichend fürdie Sicherung des ERAM,auch bei verstärkten Einlager-ungen seien. Um den Einla-gerungsbetrieb der toxischenAbfälle in die Grube Marie ab-zusichern, wurden u.a. der IMS„Dieter Schmidt“ angeworbenund der Kontakt zum GMS„Martin Berg“ wiederaufge-nommen.

Allerdings seien die Infor-mationsbeziehungen zwischender KD Haldensleben, der KDStendal, der BV Magdeburg,Abteilung XVIII, der Objekt-dienstleitstelle KKW und derHauptabteilung XVIII noch auszubauen.Der Einsatz dieser operativen Kräfte warauf die Einhaltung von Ordnung, Sicherheitund technologischer Disziplin sowie die„Wer ist Wer“?-Aufklärung zu Beschäftig-ten der ersten Leitungsebene, Geheimnis-trägern, NSW-SW-Reisekadern, Reisendenin dringenden familiären Angelegenheitenund Beschäftigten im Einlagerungsbereichausgerichtet.

Doch konnte keine OV/OPK (OperativerVorgang/Operative Personenkontrolle) ein-geleitet werden; auch wurden keine direk-ten Feindangriffe gegen das Endlager oderdessen Beschäftigte bekannt. Es gab derKD Haldensleben zufolge in den zurücklie-genden Jahren keine Brände, Störungenoder Havarien. In ihrem Verantwortungs-bereich seien bis Mitte 1988 auch keineAktionen bzw. Meinungen oder Stimmun-gen gegen das ERAM feststellbar gewe-sen.

Zur vorbeugenden Sicherung der GrubeMarie gegen Terror, Gewalt und Demon-strativhandlungen wurde 1987 ein Maß-nahmeplan erarbeitet. Ein erhöhtes Sicher-heitsrisiko entstand durch den geplantenEinsatz von zusätzlichen 40 bis 60 Arbeits-kräften, die die Bauarbeiten im unterirdi-schen Giftmüll-Zwischenlager beschleuni-gen sollten. Dies erforderte eine verstärkteAufmerksamkeit der KD Haldensleben auchim Zusammenhang mit der Grenzsicherung.Damit wurden in erster Linie das HFIM-Netz „Juschik“ und die im Betrieb beschäf-tigten IM/GMS beauftragt. Festgestellt

wurde unabhängig von wiederholten Ver-stößen gegen die Transportordnung „ge-fährliche Güter“, dass sich Technologieund eingesetzte Transport-, Umschlag- undLagerungsmittel bewährt hätten.

Befürchtet wurde im Zusammenhang mitder Anliefung cyanidhaltiger Härtereialt-salze ein Angriff auf die Staatsgrenze oderdie Grenzübergangsstelle Marienborn. Einmit dem Giftmüll beladenes Fahrzeug kön-

ne zu feindlichen Aktivitäten genutzt wer-den. Daher wurde vorgeschlagen, die An-lieferungen zentral vom VEB Härtol Magde-burg durchführen zu lassen, da dieser derHauptproduzent dieser Stoffe sei unddadurch eine bessere Kontrolle von Fahrernund Fahrzeugen möglich wäre.

Über die Inoffiziellen Mitarbeiter wurdeauch Einfluss auf Betriebsabläufe, die Mei-nung der Belegschaft und Entscheidungenausgeübt. So garantierten der FIM „HeinzDeparade“ und der IMS „Heinrich Berg-mann“, dass nur Beschäftigte ausreisendurften, die die DDR „würdig vertreten“.Keine Ausreisegenehmigung bekamen Ge-heimnisträger.

Informationstätigkeit derStasi-Netze

Ein wesentlicher Bestandteil der lokalenStasi-Aktivitäten bestand aus dem Sam-meln von Stimmungen, Meinungen undHinweisen auf potentiell problematische

Aktivitäten. In den Akten stelltendie Reaktionen auf die Inbetrieb-nahme des Atommüll-Lagers undspäter die ersten Giftmüll-Ein-lagerungen einen quantitativenSchwerpunkt dar.

Im April 1987 führte die Ein-lagerungen in Schacht Marie zuimmer wieder auftretenden Dis-kussionen. Offensichtlich er-schien die Unruhe in Beendorfund Umgebung der Stasi be-denklich. Doch im Rahmen einerGemeindevertreterversammlungam 24. April konnten die Beden-ken von verantwortlichen Mitar-beitern des Kreises und des VEBHärtol Magdeburg zerstreut wer-

den. Dort wurde vorgetragen, es gäbe kei-ne Gefährdung, „Gerüchte“ wurden entkräf-tet und „konkrete Aussagen zu dem Vorha-ben der Einlagerung getroffen“.

Als 1981 das ERAM offiziell in Betrieb ge-nommen wurde, gab es eine Welle kritischerArtikel in einigen westlichen Medien. Indiesem Zusammenhang hielten die Stasi-Mitarbeiter fest, dass es „Hinweise aufAktivitäten in der BRD“ gäbe, die sich ge-gen die Errichtung einer solchen Deponie

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Quellen

Das Quellmaterial der Texte „Mors-leben und Stasi“ und „Sicherheits-probleme in Morsleben“ war zu um-fangreich, um es mit abzudrucken.Wer die Texte (in einer ausführliche-ren Fassung) mit Quellenangabenmöchte, kann sich an die Redaktionwenden.

in unmittelbarer Grenznähe zur BRD wen-den. Eine Welle von Anfragen und Protes-ten an das Bundeskanzleramt und dasBundesinnenministerium wurde vermerkt.Ebenso die Untersuchungen der westlichenSeite, die sich mit eventuellen Gefahren undihrer Abwehr befassten. Seitens der DDRwurde dem Ständigen Vertreter der BRD er-klärt, dass alle Sorgen unbegründet seien.Auch hier hatte das MfS Sorgen, diese Stim-mung könne auf die eigene Bevölkerungüberschwappen.

Ein Spiegel-Artikel in der Ausgabe 32/1987führte ebenfalls zu eifrigen Aktivitäten derStasi-Kreisdienststelle Haldensleben. DerIMS „Jens Siebert“ gab eine umfassendeStellungnahme zur wissenschaftlichen undpolitischen Einordnung des unter dem Ti-tel „Was die da machen, weiß keiner genau“

erschienen Report. Auch die Informationvon Politbüromitgliedern über diesen Vor-gang war beabsichtigt. Aufmerksam wurdedas Verhalten der eigenen Bevölkerungbeobachtet und festgestellt, dass es „bisherkeine auffälligen Reaktionen und Stimmun-gen“ gäbe. Doch bestehe das Risiko, dass„exponierte feindlich-negative Kräfte desBezirkes mit überregionalen Verbindungen“im Rahmen ihrer „politischen Untergrund-tätigkeit“ diese Veröffentlichung zur Beein-flussung der Bevölkerung nutzen könnten.Dem IMS „Jens Siebert“ zufolge herrschteim Kollegenkreis Verwunderung darüber,dass es keine offiziellen Reaktionen oderRichtigstellungen zum Spiegelartikel gab.

Die Stasi sah auch die Gefahr, dass bei spä-teren kritischen Äußerungen zur Giftmüll-Einlagerung in Schacht Marie Bezug auf dieIAEA-Empfehlung genommen werdenkönnte, die sich gegen eine gemeinsameLagerung von toxischen und radioaktivenAbfällen richtet. An anderer Stelle nämlichbegründete der Präsident des SAAS Sitz-lack – also der atomrechtlich verantwortli-chen Behörde – die angeblich hohenSicherheitsstandards mit der Einhaltungvon IAEA-Empfehlungen.

Berichtet wird hier auch von Komplex-inspektionen der Behörden im ERAM, soz.B. am 16. Mai 1985. Diese Überprüfungwar eine Voraussetzung zur Verlängerungder Dauerbetriebsgenehmigung. Als Er-

gebnisse werden beispielsweise vier be-kannte Tropfstellen erwähnt und Problemedurch Schlampereien bei der Probenauf-bereitung im Labor benannt. Trotzdemhabe diese Inspektion den sicheren Betriebbestätigt. Einen großen Anteil derInformationsbeschaffung der Einheiten derStaatssicherheit machte die Sammlung sol-cher Behördendokumente aus. Diese wur-den mit den Aussagen der eigenen Infor-manten verglichen und Schlussfolgerungenfür die politische oder operative Arbeit derStasi gezogen.

Verselbständigung derStasi-Aktivitäten

Aus den Akten geht hervor, dass es durch-aus auch um die Durchsetzung der Interes-sen des MfS ging, die Aktivitäten der Stasialso auch Selbstzweck waren. In einer Aus-wertung der Kontrolle der Situation in Be-zug auf die Giftmülleinlagerungen heißt esbeispielsweise, dass hiermit „garantiert(wird), dass die Interessen unseres Organsin diesem operativ-bedeutsamen Bereichdurchgesetzt“ werden. Auch wird dem FIM„Heinz Deparade“ angerechnet, wesentlichdie Durchsetzung „unserer Interessen“ er-möglicht zu haben. An anderer Stelle wirdintern ein aggressives Auftreten im Konf-likt um die Beschleunigung der Einlagerungtoxischer Abfälle in Marie attestiert.

Zwar war die ASSE II bei Wolfenbüttel jah-relang wichtigste Entsorgungsanlage derwestdeutschen Atomwirtschaft, doch offi-ziell wurde sie nicht als Endlager geführt,sondern verharmlosend als Forschungs-anlage bezeichnet. Dementsprechend gabes hier kein Planfeststellungsverfahren,wie es das Atomgesetz für Endlager vor-schreibt und auch zur Stillegung gab esbisher noch nicht einmal die üblichePseudo-Beteiligung in Form von Einwen-dungs- und Erörterungsverfahren.

„Forschungs“-Endlager ASSE IIDie Nachbargruben des Bergwerks, Asse Iund Asse III, waren Anfang des ver-gangenen Jahrhunderts durch Wasserein-brüche weitgehend zerstört worden. InAsse II wurde bis 1964 Kali- und Steinsalzgefördert. Ein Jahr später erwarb die BRDdie Schachtanlage. Die Regierung beauf-tragte das Forschungszentrum für Umweltund Gesundheit (GSF), die Grube zu einem»Versuchsendlager« herzurichten.

Ursprünglich wurde angekündigt, das Berg-werk zunächst fünf Jahre lang auf seineEignung zu prüfen. Doch die ersten Tonnen

mit schwachradioaktivem Müll wurdenbereits 1967 angeliefert. Bis 1978 vergrößer-te sich die Menge der eingelagerten Abfäl-le auf insgesamt 125.000 Fässer mitschwachradioaktivem Atommüll, 1.300 Fäs-ser mit mittelradioaktivem Müll sowie rund24 Kilogramm Plutonium und 26 KilogrammUran in verschiedenen Gebinden und Kon-zentrationen. Die Abfälle stammen ausAtomkraftwerken, von Unternehmen ausdem Bereich der Nukleartechnik wie denFirmen Nukem und Transnuklear sowie vonder Bundeswehr. Nach 1978 wurde die Ein-lagerung strahlender Abfälle eingestellt,

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Schwerpunkt: Anti-Atom

ansonsten wäre nach dem Atomgesetz einneues Planfeststellungsverfahren erforder-lich geworden. Bis 1995 wurden laut GSFnoch Forschungs- und Entwicklungs-arbeiten für die Endlagerung radioaktiveroder chemisch-toxischer Abfälle - mit Blickauf ein mögliches Endlager Gorleben - imAsse-Schacht ausgeführt.

Bei der Einlagerung wurden verschiedeneMethoden ausprobiert: Schwachradio-aktiver Müll wurde in Fässern senkrechtoder waagerecht gestapelt oder in der so-genannten Versturztechnik eingelagert.Bei diesem Verfahren kippen Schaufelrad-lader die Tonnen über Abhänge auf tiefergelegene Sohlen. Mittelradioaktive Abfäl-le wurden von Kränen durch senkrechteBohrlöcher in darunter liegende Kammernabgelassen. Nach offiziellen Angaben sindmit dem Atommüll bereits knapp ein Drittelvon insgesamt etwa 3,5 Millionen Kubikme-tern Hohlraum belegt.

Die Schließung des Bergwerks begann voretwa zehn Jahren. Dabei werden die altenKammern mit Salz verfüllt. Mehr als 2,1Millionen Tonnen sind mittlerweile überRohrleitungen in die Stollen geleitet wor-den. Vereinzelt ragen noch Fässer aus einerder in 750 Meter Tiefe gelegenen Kammernheraus. Bis 2006 sollen alle Hohlräume derAnlage verfüllt sein. Wenn 2013 dieSchachtanlage endgültige geschlossenwird, sollen die übertägigen Anlagen bisauf den unter Denkmalschutz stehendenFörderturm zurückgebaut sein.

Die Bürger-Aktion Atommüllfreie Asse(AAA) und auch die ArbeitsgemeinschaftSchacht Konrad fordern für den Betrieb derSchachtanlage Asse zur laufenden Stillle-gung ein öffentliches Planfeststellungs-verfahren nach dem Atomrecht. Argument:Bei einer Öffentlichkeitsbeteiligung werdesorgfältiger gearbeitet.

Außerdem halten es Kritiker der Anlage fürmöglich, dass die eingelagerten Atom-Fäs-ser schon jetzt rosten. Zu befürchten ist,dass sich der seit 1998 bekannte und anhal-tende Zufluss einer Salzlösung (Na-triumchloridlauge) - mittlerweile sollen estäglich 12,5 Kubikmeter sein - künftig nichtkontrollieren lässt und einmal die Kammernmit den Atom-Abfällen erreichen wird. Diemögliche Folge wäre eine Verseuchung vonGrundwasser und Biosphäre durch Radio-nuklide.

Das GSF dagegen behauptet, ein „war-tungsfreies und sicheres Bergwerksgebildehinterlassen“ zu wollen. Die Verfüllung derfast 130 Abbaukammern mit 2,5 MillionenTonnen Rückstandssalzen des ehemaligenKalisalzbergwerks Ronnenberg (Hannover)sei die beste Gewähr dafür, dass das Berg-werk über lange Zeit sicher bleibt. Ziel seies, einen ausgeglichenen Spannungszu-stand im Gebirge zu erreichen. Für Sicher-heit soll auch das Haldensalz selbst sorgen.Durch das Einbringen von artspezifischemMaterial werde in dem Gebirge im Lauf derJahre nahezu der ursprüngliche Zustanderreicht. Das Salz krieche bruchlos zusam-men.

Der Zufluss der Salzlösung, die Quelle istbis heute offenbar noch nicht lokalisiertworden, bereitet allerdings auch dem GSFKopfzerbrechen. Um dieses Problem zu lö-sen und langfristig Sicherheit und Stabili-tät zu gewährleisten, soll eine Magne-siumchloridlauge eingebracht werden. Zu-sammen mit dem Verfüllmaterial soll es dieResthohlräume füllen und Strömungs-barrieren vor den Kammern mit den radio-aktiven Fässern errichten. Dass diese Fäs-ser rosten könnten, wird dabei ausgeschlos-sen.

Quellen: Junge Welt - 3.3.2004; Braun-schweiger Zeitung - 27.8.2003

ASSE II - wichtigsteKritikpunkte

Fehlende Standsicherheit und Absaufender Grube

Schon während der Einlagerungszeit warn-ten Kritiker vor konkreten Mechanismen,durch die die Grube jederzeit absaufen undeinstürzen könne. Eine diesbezügliche Stu-die, die ein Braunschweiger Wasserbau-Ingenieur 1978 vorlegte, wurde nie wider-legt. Bis heute haben weder der Betreibernoch die Aufsichtsbehörde eine Analysemöglicher Auswirkungen von Absaufenund Einsturz vorgelegt, noch den Versucheines Langzeitsicherheitsnachweises un-ternommen.

Aus dem Jahr 1993 stammt eine „Gefahren-abschätzung für die Schachtanlage Asse“,die das Niedersächsische Landesamt fürBodenforschung, das Oberbergamt inClausthal-Zellerfeld und das BergamtGoslar im Auftrag des NiedersächsischenUmweltministeriums erstellt haben. DieseGefahrenabschätzung kommt zu der simp-len Feststellung: „Da die Aktivität der ein-gelagerten Radionuklide abklingt, wird dievon den in der Schachtanlage Asse lagern-den radioaktiven Abfällen ausgehendedenkbare Gefahr stetig geringer“. Aller-dings sagt dieser Satz mehr über dasGefahrenbewusstsein der Autoren, dennüber die Gefahrenlage in der ASSE II aus.Denn man könnte auch zu folgendemSchluss kommen: Da die Zersetzung-prozesse der rostenden Atommüllfässerimmer weiter fortschreiten, die Standsicher-heit des Grubengebäudes mit seinen Hohl-räumen aufgrund der Gebirgsdrücke immergefährdeter ist und die Laugenzuflüssenicht abnehmen, wird die von den in derSchachtanlage Asse lagernden radioakti-ven Abfällen ausgehende denkbare Gefahrstetig größer.

Dazu stellt die Studie aber nur fest: „Überdie möglichen Auswirkungen eines nichtmit letzter Sicherheit auszuschließenden,nicht mehr beherrschbaren Wasserein-bruchs in das Grubengebäude der Schacht-anlage ASSE II auf die Umgebung liegenkeine aktuellen Untersuchungen vor.“Ebenfalls völlig fehlt ein Langzeitsicher-heitsnachweis, immerhin sind die Abfälleüber hunderttausende von Jahren gefähr-lich. Doch eine solcher Nachweis soll erstbis zur geplanten Stillegung der ASSE II,etwa 2013 erstellt werden. Haken an derSache: Auch die Stillegung soll nicht nachdem Atomrecht, also mit Öffentlichkeits-beteiligung und Erörterungstermin stattfin-den, sondern allein nach Bergrecht.Andauernde Laugenzuflüsse und die damitverbundenen Gefahr des Absaufens undEinstürzens des Grubengebäudes prägenbis heute die Auseinandersetzung um dieASSE II.

Keiner weiß, was in der ASSE II tatsächlicheingelagert worden istIn der ASSE lagern über 126.000 FässerAtommüll. Der Inhalt wird zwar alsschwach- und mittelaktiv bezeichnet unddie Ablieferer sind bekannt. Das heißt abernicht, daß das radioaktive Inventar derASSE II bekannt wäre. Eine Produkt-

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Schwerpunkt: Anti-Atom

kontrolle gab es während der Einlagerungnicht. Statt dessen erfolgte nur eine Selbst-deklaration durch die Anlieferer.

Spätestens seit dem Transnuklear-Skandalin den 80er Jahren ist bekannt, daß solcheSelbstdeklarationen in vielen Fällen nichtmit dem tatsächlichen Inhalt übereinstim-men. Dabei kamen sowohl Inkompetenz,Schlamperei und fehlende Kontrolle ansLicht, wie auch gezielte Fälschung bis hinzur Bestechung von Strahlenschützern. Es

Kontakte

Aktion Atommüllfreie Asse (AAA)Manfred Kracht, Am Hopfengarten17, 38304 WolfenbüttelTel: 05331 / 298950www.aaa-wf.de

aufpASSEn e.V.www.aufpassen.org

muss davon ausgegangen werden, daß eineBilanz in der ASSE nicht besser ausfallenwürde. Allerdings ist eine solche, eigentlichgebotene Überprüfung gar nicht mehr mög-lich, weil die Fässer nicht-rückholbar ein-gelagert wurden. Und wenn man nichtweiß, was genau in der ASSE II vergrabenist, kann man natürlich auch nicht wissen,was eines Tages rauskommen kann, einebelastbare Gefahrenabschätzung ist nichtmöglich.

Bitte Widerstand fix,gegen verstrahlten Energiemix!

Deutsches Atomforum e.V. will für einen „vernünftigen Energiemix“ plädieren. Wir sagen:„Nur Todesmutige plädieren für Atomkraft! Mit ihrem Profitinteressen gefährden sie aberauch unser Leben!“

Anfang Februar werden sich in Berlinzum wiederholten Male „führende Per-sönlichkeiten aus Energiewirtschaft,Industrie, Politik, Wissenschaft undForschung sich aufmachen, um zu einemGedanken- und Erfahrungsaustauschüber Energiefragen zusammen zu finden.Im Vordergrund stehen dabei Über-legungen zu den Rahmenbedingungen fürdie Kernenergienutzung in Deutschland,Europa und weltweit.“(Selbstdarstellung Deutsches Atomforume.V. auf www.atomforum.de )

Ein Plädoyer für einen „vernünftigen“Energiemix von Seiten der an der Kernen-ergie Verdienenden, ist bloßer Euphemis-mus! Es kann nicht von einem „vernünfti-gen“ Energiemix gesprochen werden, solan-ge auch nur ein winzigster Bruchteil Atom-energie Bestandteil dieser Mischung ist. Inder Atomspirale immanente Ausbeutungs-mechanismen, unkalkulierbare Gefahrenund Risiken durch Nutzung des Urans unddie unlösbare Atommüllproblematik, erfor-dern ein absolutes Nein zur Nutzung vonKernenergie im Energie- und Rüstungs-sektor!

Wenn sich „führende Persönlichkeiten“ am1. und 2. Februar 2005 im Berliner HotelMaritim treffen, versammeln auch wir uns,um sie an ihre Verantwortung der Mensch-heit gegenüber zu erinnern. Atomenergie istein zu heikles Thema, um nur aus Profit-interessen heraus darüber zu diskutieren!Wir sind eine lose Gruppe von Menschen,die sich zum Zwecke des Organisierens ei-nes Gegenforums zusammengefunden hat.Uns geht es darum Alternativen aufzuzei-gen und im Rahmen von diversen Veranstal-tungen Gedanken auszutauschen bzw. Pro-test zu bekunden. Bereits am Wochenendevor dem Atom-Forum laden wir euch zu ei-nem Auftaktseminar nach Berlin ein, um derAtomlobby einen Schritt voraus zu sein!An diesem Wochenende und in den folgen-den Tagen werden wir mit euch in (Podi-ums-) Diskussionsveranstaltungen, Work-shops, Filmvorführungen bis hin Kundge-bungen, Stadtrundgang, spontanen Aktio-nen und (Soli)Partys deutlich unsere Mei-nung artikulieren!Außerdem laden wir Einzelpersonen sowieGruppen sehr herzlich ein, sich mit eigenenVeranstaltungen und Aktionen an dieserProtestwoche in Berlin zu beteiligen.

Auf einer Website (in Arbeit!) wird in we-nigen Wochen mehr stehen, bis dahin er-reicht ihr uns per Mail über:[email protected]

Kleiner Gedankenspaziergang alsEinstimmung auf den Stadtspaziergang

am 31.Januar 2005 in Berlin

In Berlin gibt es soviel zu sehen. An jederEcke hängt ein anders Plakat, was mich zuunterschiedlichsten Aktivitäten überredenwill. In meinem Kopf wimmelt es bereits vonundurchdringlichem Dickicht der Gedan-ken. Eine Gehirnhälfte sucht nach Formu-lierungen für einen Aufruf zu den „BuntenWintertagen“, die andere beschäftigt sichmit dem Referat über Wirtschaftsver-flechtungen in der Atomindustrie, welchesich morgen halten möchte! Außerdem habeich Hunger und Liebeskummer. Jeden Tagwerden ich voll gepackt mit Themen, die essich kritisch unter die Lupe zu nehmen gilt.Meine Krankheit lautet verständlicherweise„Stress“ und ich verlerne zu wissen, wasich eigentlich will. Aber warum mache ichda mit? Ich bin doch ein entscheidungs-freies Individuum! Ich bin doch diejenige,die mein Leben in der Hand hat.

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Es gibt nichts in der Welt, dem ichzustimmen muss.

Ich kann allen Dingen, Menschen und Er-eignissen gegenüber meine Meinung ver-treten. Bin Herrscherin über Sympathie-bekundungen oder Ablehnung. Genau die-ses „HerrscherInnendasein“ gilt es zu nut-zen! Aber im „HerrscherIn“ sein, verstecktsich auch Verantwortung innehaben. Undwenn ich feststelle, dass z.B. gewisseAtomlobbyistInnen ihre Verantwortungnicht wahrnehmen, dann sollte ich michverantwortlich fühlen, sie daran zu erin-nern. Doch hier bin ich wieder in der Pat-sche. Ich kann den ganzen Tag damit zu-bringen, Menschen an ihre Verantwortungzu erinnern und mich darüber vergessen.Aber dann kurz vor dem Einschlafen wird

mir Hunger und Liebeskummer, Magen undHerz zermürben, das unvorbereitete Refe-rat mir ein schlechtes Gewissen bereiten.Und ist dieses schlechte Gewissen nicht imEndeffekt stärker, als das schlechte Gewis-sen, welches mich beschleicht, wenn ichden Ungerechtigkeiten in der Welt tatenloszuschaue? Hocke ich mich deshalb in mei-ne Nische und denke: Ich bin ja sowieso vielzu klein? Suche Ausflüchte? Warum ver-leugne ich meine Ideale, indem ich müdenicke, wenn ich wieder einmal etwas überdie Grausamkeit der Welt höre? Wer hörtschon auf mich? Wo soll ich nur anfangenetwas zu tun in dieser Welt? Wartest auchdu auf die Ideallösung, die mit einem Schlagalle Probleme löst? Wärst du dann bereitaktiv zu werden? Niemand verpflichtet unszum Warten und doch machen viele Men-schen ihr Leben lang nichts anderes alswarten! Warten auf den Atomausstieg, aufdie nächste Gehaltszahlung, das Semester-ende, den Märchenprinz. Wir verschiebenunser Glücklichsein auf Morgen, jammernheute über Stress. Wir müssen da ausbre-chen! Wir müssen uns klar machen, was wirwollen. Schwerpunkte setzten in unseremLeben und eine konsequente Schiene be-fahren. Entfernen wir uns von der „Heutehier, Morgen dort Mentalität“ hin zu einerStandfestigkeit, einem Verwurzelt sein. Undverabschieden wir uns von dem Traum, dervon außen kommenden Ideallösung. Wennwir etwas verändern wollen in unseremLeben, in unserer Welt, gilt es noch heutedie Hände aus den Taschen zu nehmen undzuzupacken!

Kommt im Februarnach Berlin!

Nicht weil ihr euch gezwungen fühlt, son-dern weil ihr es wollt! Weil ihr euch in alleurer Freiheit dafür entschieden habt!

Mailadresse: [email protected]: http://www.stoppatom.deDort findet Ihr u.a. einen ersten Überblicküber angedachte/geplante Veranstaltun-gen.

Die eigentliche Auftaktkongreß-Home-page ist erst noch im entstehen! Es ist sehrerwünscht, dass viele nette Mitmenschennach Berlin anreisen, den bislang an-gedachten Dingen zum Erfolg verhelfenund sehr gerne auch eigene Veranstaltun-gen und Aktionen zu der Berliner Wochegegen das „Deutsche Atomforum e.V.“ bei-steuern!

Greta Weiß

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Am 7. November 2004 starb Sébastien, alsihn die Lokomotive des Atommüllzugsnach Gorleben erfasste. Einige Wochenzuvor hatte er sich mit anderen von unszum Handeln entschieden, um die An-greifbarkeit dieser Transporte publik zumachen. Die Tatsache, dass er tot ist, solltenicht vergessen lassen, dass diese Aktiongewaltfrei, überlegt und freiwillig war.

Auch wenn dieses Drama es so erscheinenlässt, war unsere Tat keinesfalls unverant-wortlich bzw. ein Akt der Verzweiflung.Unser Engagement ist das Ergebnis tiefs-ter Überzeugung reeller und bestehenderGefahren, welche die Atomkraft schon vielzu lange darstellt. Diese Aktion war gemein-sam genauestens vorbereitet: genaue Orts-kenntnisse und die Berücksichtigung einesNotfallstopps.Wir hatten mehrfach die Möglichkeit inBetracht gezogen, dass der Zug nicht an-halten könnte. Da wir uns in einer lang-gezogenen Kurve mit eingeschränkterSicht befanden, war uns klar, dass wir not-falls die Gleise sehr schnell verlassen müss-ten. Wir lagen zu viert neben den Schienen,da wir zwei Rohre unter den Gleisen plat-ziert hatten. Niemand lag zwischen denSchienen, um notfalls schnell wegzukom-men. Wir waren nicht angekettet und hat-ten so die Möglichkeit, schnell den Arm ausdem Rohr zu ziehen.Leider konnte die Gruppe, die den Zug1500m vorher zum Bremsen bringen sollte,nicht handeln. Der Hubschrauber, der stän-dig dem Zug voraus fliegt, fehlte. Er war„Tanken“; aber die Gruppe rechnete damit,

Erklärung der WeggefährtInnen und FreundInnen von Sébastien

dass er die Ankunft des Zuges signalisie-ren würde. Da neben dem Zug Fahrzeugeder Gendarmerie mit hoher Geschwindigkeitfuhren, konnte die Stoppergruppe nichthandeln. Der Transport konnte also wedervom Hubschrauber, noch von den Stopperngewarnt werden und kam so mit 100km/hauf uns zu. Diese Verkettung von Umstän-den brachte uns in Gefahr. So hatten diePersonen, die an den Gleisen lagen, sehrwenig Zeit festzustellen, dass der Zug sei-ne Geschwindigkeit nicht verringerte. Wirhatten es geübt sekundenschnell wegzu-kommen.Sébastien wurde dabei erfasst, als er dieGleise verließ. Sein Arm steckte nicht in demRohr fest, wie die durchzuführenden Unter-suchungen beweisen werden. Es ging allesso schnell, dass wir ihm nicht helfen konn-ten.Wir waren in der Kälte zehn Stunden langetwa 30 m von den Gleisen entfernt amWaldrand versteckt. In dieser Zeit wurdenweder wir, noch die Vorposten zur Benach-richtigung (15 Kilometer entfernt vom Ortder Aktion), noch die Gruppe von denSicherheitskräften entdeckt, die den Zugstoppen sollte. Wir wurden auch nicht ent-deckt, als wir im Vorfeld um fünf Uhr mor-gens die Rohre unter die Schienen legten.Es ist klar, die Verantwortung jedes Betei-ligten muss festgestellt werden, unsere in-begriffen. Zur Stunde erleben wir einen derschlimmsten Augenblicke unseres Lebens.Neben vielen bekannten Gründen für dieAktion, ging es uns in erster Linie um denSchutz unseres Planeten, der Jahr für Jahrmehr zerstört wird. Es ging uns aber auch

um die Ablehnung jeder Infragestellungdieses monolithischen Staats. Wir habennicht aus Unreife oder Abenteuerlust ver-sucht den Zug zu stoppen, sondern weildie Atompolitik dieses Landes nur so zueiner elementaren Frage werden kann.Sébastien ist durch einen Unfall gestorben,er hat es sich nicht ausgesucht, niemandwollte es. Er starb nicht nach einem Disco-besuch betrunken am Steuer, sondern umseiner Überzeugung Gehör zu verschaffen.Sein Tod wird deshalb für uns nie ein belie-biges Vorkommnis sein. In der Situation, inder wir derart verlassen und verloren wa-ren, hätten wir uns nie vorgestellt so vielUnterstützung zu bekommen. Wir dankenvor allem unseren FreundInnen und Eltern,vielen Initiativen, aber auch Tausendenanonymen Deutschen und Franzosen, diein seinem Andenken Demonstrationen undAndachten organisierten. Die Stärke derSolidarität überwältigt und berührt uns.Das Wichtigste ist für uns, einen Bruder zubeweinen und seine Familie zu unter-stützen, nicht sein Bild zu instrumentalisie-ren. „Bichon“ war voller Lebensfreude und-energie, nicht nur Atomkraftgegner. DieserText ist weder eine Beichte noch eine An-schuldigung, wir wollen dadurch nur dieWahrheit dieser Ereignisse wiedergeben.

Seine Weggefährtinnen und Weggefährten

(Quelle: Telepolis, übersetzter Text vom12.11.2004, www.telepolis.de )

Am 7. November 2004 verstarb SébastienBriat bei dem Versuch, den Castorzug aufder Strecke nach Gorleben anzuhalten. Erhatte versucht, bei Avricourt in Frank-reich den Zug mit 3 weiteren FreundInnendurch eine Ankettaktion aufzuhalten. DerZug stoppte nicht geplant durch die Warn-signale einer Vorstoppergruppe, sondernfuhr mit unverminderter Geschwindig-keit, wohl ca. 100 km/h, auf die auf den

Zum Tod von Sébastien – ein KommentarGleisen liegenden Gruppe zu. Alle 4 Atom-kraftgegner konnten sich zwar von denSchienen rechtzeitig befreien, dochSébastien wurde vom Atommüllzug den-noch erfasst und starb dabei.

Der Tod von Sébastien ist erschreckendund erzeugt Trauer und Wut bei mir, wie essicherlich auch vielen Demonstrierendenwährend des Castortransportes ergangen

ist. Ich denke, Sébastien hat nicht leichtsin-nig den Tod in Kauf genommen oder wolltegar den Märtyrer spielen, wie einige Politi-kerInnen uns zynisch nahe legen. Ich den-ke auch, dass er gewusst hat, dass es nichtrisikofrei ist, sich auf die Gleise zu begebenund damit einen Castor-Zug durch eineSchienenblockade zum Halten zu bringen. Schließlich hatte er sich mit FreundInnenund Bekannten zusammengetan, um ge-

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Schwerpunkt: Anti-Atom

meinsam gegen die gefährlichen Atommüll-transporte zu demonstrieren. In den ver-gangenen Jahren war eine Schienenankett-aktion in der Presse noch immer als stärks-te Ausdrucksform legitimen Protestes indie Öffentlichkeit transportiert worden.Durch eine Ankettaktion wird die Ernsthaf-tigkeit des Protestes deutlich, denn dieseArt ist für die Beteiligten ja nicht ganz un-gefährlich.

Die Aktionsform Schienenanketten ist seitdem Tod von Sébastien kritisch in der Öf-fentlichkeit diskutiert worden. Den franzö-sischen AtomkraftgegnerInnen wurdeteilweise Unverantwortlichkeit, Leichtsinnoder Todesmut vorgeworfen. Hier sollteman aber kurz innehalten.Ein friedlicher Protest mit dem eigenenKörper gegen ein Technik, die dazu im-stande ist, ganze Landstriche für Generati-onen unbewohnbar zu machen und Tausen-de, Hunderttausende oder gar Millionenvon Menschen umzubringen hat nichts mitUnverantwortlichkeit zu tun. Im Gegenteil,sie zeugt von Zivilcourage und politischem

Engangement für eine bessere Welt ohneAtomkraft. Ich habe Respekt vor diesenMenschen. In der Vergangenheit habenmutige Menschen Ziele erreicht, die sieohne ihren Mut nie erreicht hätten. Lassenwir uns daher vom Tod Sébastien wedereinschüchtern noch entmutigen! VieleMenschen verdrängen es, etwas erreichenzu wollen, weil es unbequem ist, sich auf-zuraffen und für eine friedlichere Welt zudemonstrieren.

Sébastien ist durchaus ein Opfer der Atom-industrie geworden, die seinen Tod leicht-sinnig in Kauf genommen hat. Sébastienund seine MitstreiterInnen haben jedochnicht fahrlässig gehandelt, sondern mit Si-cherheit überlegter als die Einsatzleitung,die einen mit hochradioaktiven Müll bela-denen Zug mit 100 km/h durch das Landfahren lässt. Für eine Mitschuld an seinemTod ist auf jeden Fall auch die Einsatz-leitung verantwortbar, denke ich, weil derZug ohne richtigen Begleitschutz viel zuschnell gefahren ist. Selbst wenn es keineProteste gegen diese tödliche Fracht gäbe

... - es ist noch mal zusätzlich menschen-und umweltverachtend, Atommüll-Zügemit diesen Geschwindigkeiten durch dieLandschaft zu jagen.Und das obwohl zuvor bereits eine erfolg-reiche Blockade von Atomkraftgegnernstattgefunden hatte. In der Vergangenheithaben zudem schon einige Atomgruppenberichtet, dass Castorzüge nicht ihre Ge-schwindigkeit vermindert haben, obwohlGegenstände oder gar Menschen sich aufden Gleisen befanden. Dies ist belegbar.Auch dass der Zug nach dem Tod vonSébastien sehr schnell wieder losgefahren ist,zeugt von der Kaltschnäuzigkeit der durch-führenden Gehilfen der Atomindustrie.

Dass die Vorstoppergruppe der Atomkraft-gegner den Zug nicht zum Stoppen bringenkonnte, hätte nicht passieren dürfen. Trotz-dem ist es passiert und es ist tragisch. Mankann nur den FreundInnen und Verwand-ten von Sébastien sein Mitgefühl ausspre-chen.

Oliver Bäsener

Sébastien Briat wurde im Rahmen desWiderstandes gegen den CASTOR-Trans-port getötet.

Am Sonntag, den 7. November 2004, um14.35 Uhr wurde Sébastien Briat von einemCASTOR-Zug überfahren.Wir trauern um Sébastien, unser Mitgefühlgilt seiner Familie und seinen FreundInnen.

Uns verbindet der gemeinsame Widerstandgegen ein Herrschaftssystem, das men-schenverachtend aus ökonomischen undpolitischen Interessen die Atomtech-nologie durchsetzt.Sébastien wollte mit einer Gruppe denCASTOR-Transport, der von der Atom-fabrik La Hague zur Atom-Müllsammel-stelle Gorleben unterwegs war, bei Avricourtin Frankreich aufhalten.Die Anti-AKW-Bewegung in Frankreichund in der BRD hatte dazu aufgerufen, sichdiesem Transport zu „widersetzen“, sich„querzustellen“.

Sébastien BriatErklärung verschiedener Gruppen zum Tode des Castor-Gegners

Eine Ver- und Behinderung der Atom-Transporte stört die Atom-Energie-Produk-tion und damit auch die Produktion neuenMülls empfindlich und demonstriert, dassdas Atomprogramm politisch nicht akzep-tiert wird.Die Widerstandsaktion, in deren RahmenSébastien getötet wurde, ist für uns ein le-gitimer Beitrag zu dieser Auseinanderset-zung.Unsere Abscheu und unsere Wut und un-ser Widerstand richtet sich einmal mehrgegen die, die Tote billigend in Kauf neh-men, um ihre Machtinteressen durchzuset-zen.

Der Tod von Sébastien ist uns Mahnung,an dem Kampf für ein menschenwürdigesLeben unbeirrt festzuhalten.

Unterzeichner:- RadioAktiv im Freien SenderKombinat(FSK), Hamburg,

- SAND (Systemoppositionelle Atom-kraft-Nein-Danke-Gruppe) – Hamburg,- Anti-Atom-Büro, Hamburg,- Autonom Leben (selbstbestimmtesLeben für alle behinderten Menschen),Hamburg,- Plenum der Roten Flora (autonomesKommunikations- und KulturZentrum),Hamburg,- Redaktion Knast und Justiz im FreienSender Kombinat (FSK), Hamburg,- Archiv der Sozialen Bewegung, Ham-burg,- Meßstelle für Arbeits- und Umwelt-schutz (MAUS e.V.), Bremen,- Umbruch Bildarchiv, Berlin,- Junge Linke Lippstadt,- Redaktion Labournet Germany,- Autonome aus Berlin.

Kontakt: [email protected] ,Schulterblatt 23b,20359 Hamburg

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Schwerpunkt: Anti-Atom

Atommüll-Endlager Morsleben

STILLEGUNG NICHT VERSCHLEPPEN; SICHERHEIT MUSS VORRANG HABEN!

In Morsleben befindet sich das ehemalige DDR-Endlager für radioaktive Abfälle. Nach der Vereinigung lagerte dieBundesregierung noch einmal mehr Atommüll ein, als bereits von der DDR in dem ehemaligen Salzbergwerkversenkt wurde. Das, obwohl massive Sicherheitsprobleme bekannt waren. Mittlerweile befindet sich das Endlagerim Stillegungsprozess, der jedoch vom Bundesamt für Strahlenschutz verschleppt wird.

Wir fordern: - allgemein verständliche, aber tiefgründige Zwischenberichte zum aktuellen Stand des Stillegungsververfahrens- Mitbestimmungsrechte für alle Betroffenen statt Pseudo-Beteiligung im Erörterungsverfahren- ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren auch für die Verfüllung des Zentralteiles nachzuholen- die Auslagerung/Rückholung des Atommülls als eine Stillegungsvariante zu untersuchen- ein Stillegungskonzept mit kontinuierlicher Überwachung und Eingriffsmöglichkeit zu entwickeln und untersuchen- die Stillegungsunterlagen endlich zu vervollständigen und die Stillegung nicht zu verschleppen

Name Vorname Adresse Unterschrift

Zurück an:Morsleben NetzwerkKarl-Schmidt-Straße 439104 Magdeburg

Infos unter:0162 - [email protected]

Atommüll-Endlager MorslebenSTILLEGUNG NICHT VERSCHLEPPEN; SICHERHEIT MUSS VORRANG HABEN!

In Morsleben befindet sich das ehemalige DDR-Endlager für radioaktive Abfälle. Nach der Vereinigung lagerte dieBundesregierung noch einmal mehr Atommüll ein, als bereits von der DDR in dem ehemaligen Salzbergwerk versenktwurde. Das, obwohl massive Sicherheitsprobleme bekannt waren. Mittlerweile befindet sich das Endlager imStillegungsprozess, der jedoch vom Bundesamt für Strahlenschutz verschleppt wird.

Wir fordern:- allgemein verständliche, aber tiefgründige Zwischenberichte zum aktuellen Stand des Stillegungsververfahrens- Mitbestimmungsrechte für alle Betroffenen statt Pseudo-Beteiligung im Erörterungsverfahren- ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren auch für die Verfüllung des Zentralteiles nachzuholen- die Auslagerung/Rückholung des Atommülls als eine Stillegungsvariante zu untersuchen- ein Stillegungskonzept mit kontinuierlicher Überwachung und Eingriffsmöglichkeit zu entwickeln und untersuchen- die Stillegungsunterlagen endlich zu vervollständigen und die Stillegung nicht zu verschleppen

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Internationales

Internationale Umweltbewegung

Umweltaktionen in RusslandIn Russland kritisch und gesellschafts-politisch aktiv zu sein, ist nicht das ein-fachste und selbstverständlichste derWelt. Dimitri Kokorev lernt und lehrt Es-peranto, ist Koordinator verschiedenerUmweltschutzprojekte und in seiner Frei-zeit ist er Aktivist in einem Netzwerk rus-sischer Aktiver. Dimitri ist eine Streckeder Ecotopia-Biketour (FUI 4/04, Seite 26-28) mitgefahren und sitzt nun mit mir imgrünen Gras, um meine Fragen zu beant-worten. Wir befinden uns auf dem Eco-topia-Camp, das dieses Jahr in den Nieder-landen stattfindet. Themen des Interviewswaren: Tätigkeiten seiner Umweltarbeit,wie er zum Aktivismus gekommen ist undwelche aktuellen Projekte anstehen.

Uli: Privet, Dimitri, you are working in the”Zentr ochrany dikoy prirody“(Biodiversity Conservation Center)inMoscow. This organization was founded in1992 and focuses on social-ecological andnature conservation projects in NorthernEurasia. What kind of campaigns orprojects are you working on?Dimitri: I´m a coordinator of differentprojects: one is about the alternative civilservice with an environmental focus. Themain idea is to promote alternative civilservice in Russia, because it is a veryimportant issue for the democratic society.The situation concerning the civil serviceis pretty bad- formerly we had a law aboutthis, but it doesn´t work in reality. At thesame time we have a lot of problems withenvironmental policy in Russia, becauseour government hasn´t any concreteenvironmental action plan. A lot of stateenvironmental organizations got problems,too. The main problem is the shortage offinancial resources. In the Russian state ingeneral there are not enough environmentalorganizations. That´s why we think abouta new model we could create- another issueI´m concerned about.Uli: Where does your motivation come from?Dimitri: I think it is great to combine theopportunity to earn money and support the

took part in was a campaign against nuclearpower, toxic waste and deforestation. Wealso had to fundraise money at some standsin small towns in the area of Moscow.Uli: How are you networking?Dimitri: Up to now we have a quite suc-cessful action in Moscow: the carfreecritical mass action. It is organized very well.We prepare little actions before that,because it is really difficult to promote anycarfree activities. I am a member of the in-formal grassroot organization Carfree

Russia. And this is part of theworldwide Carfree Network. Apartfrom that I am also active in the socalled GAP- Global Action Plan In-ternational. GAP promotessustainable and environmentallyfriendly householding. In Russiawe have a small GAP-organi-zation. We don´t have any money,we only work on a voluntary base.We try to train people how to livein an environmentally friendlyway.On a national level we try tonetwork with other Russian NGOsand action groups, contact e-mail,telefon and mainly personal

contact. We meet at conferences, seminars,gatherings, different coalitions of organi-zations. For example: “the coalition for al-ternative civil service“ or “the coalition be-fore Parliament elections“. This is a cam-paign to inform the voters about environ-mental positions of the debutates. Andthere is a coalition against parties whichwanted to import nuclear power, so we areinforming the people about the decisionsabout really dangerous projects of nuclearwaste storage- as in Krasnoyarsk.Uli: What else would you like to tell our readers?Dimitri: Well, if they want to know more,they can get some information on ourwebsites: Biodiversity Conservation Center:www.biodiversity.ruCarbusters Russia - www.carfree.org.ruCritical Mass Action - www.massa.tr.ru

Uli Lerche

projects we do. In my childhood I wasalready really crazy and interested in all kindof green activity. For my hobby- theactivism- I found the motivation in theissues we are dealing with: I really hatecars, I like bicycle transport. The wholetransport situation and policy in Moscowmakes me really angry. They construct asmany roads as possible and don´t thinkabout the future. In our country the govern-ment doesn´t think about sustainabledevelopment (energy, forests, transport,

etc.). I cannot keep silent when I observeall that. I feel needed. I should do as much(activism) as possible!!Uli: How is the Biodiversity ConservationCenter financed?Dimitri: We are a NGO and cannot earnmoney. So we need to be sponsored byfoundations- that is our main income. At thesame time we try to develop new ways ofgetting money as the following exampleshows: we work with small local companieslike the one that is producing local windmills and donates us a bit of material, othersgive us a bit of money.Uli: As an environmental activist- how didyou get involved?Dimitri: My first activity was in 1998 whenI joined Greenpeace as a volunteer. Beforethat I supported Greenpeace since 1995.The first activity with Greenpeace Russia I

Dimitri at the Ecotopia-Biketour (location: Wendland)

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USA

Internationales

SEAC -Student EnvironmentalStudent EnvironmentalStudent EnvironmentalStudent EnvironmentalStudent Environmental

Action CoalitionAction CoalitionAction CoalitionAction CoalitionAction Coalition

SEAC beginnt 1988 als US-amerikanischesInformationsnetzwerk jugendlicher und stu-dentischer Umweltgruppen, dessen Ziel esist, mit vereinten Kräften unseren Planetenund unsere Zukunft zu schützen. Sie defi-nieren den Begriff Umwelt als die natürli-chen, ökonomischen, politischen und kul-turellen Bedingungen, unter denen wir le-ben. Anläßlich des Earth Summit 1992 grün-dete SEAC ein Netzwerk mit, welches die„Stimme der Jugend an die Weltöffent-lichkeit tragen“ soll und dessen Anzahl derLänder, aus denen seine Miglieder kommen,mittlerweile auf über 65 angewachsen ist.Teil dieses Netzwerks zu sein, bringt denVorteil, Zugang zur umfangreichen Biblio-thek zu erhalten. Außerdem gibt es ein zen-trales Büro mit kompetenten MitarbeiterIn-nen, die Anfragen zu umweltspezifischenThemen beantworten. Zusätzlich organisie-ren SEAC-Gruppen Konferenzen und Ver-anstaltungen, wie beispielsweise Camps, indenen neue Fähigkeiten, Wissen und Inspi-ration erworben werden, um sich effektivfür eine Verbesserung der Umweltbe-dingungen einsetzen zu können.

www.seac.org

Kleinvieh macht auch Mist

oder die Vielfalt der Aktionen macht´s

Hier seien einige Formen beschrieben, wiemensch mit umweltpolitischen Themen anden Mann oder die Frau treten könnte.Sowohl ungewöhnlichen als auch schon be-kannten Methoden sollen hier beleuchtetwerden und eine Bühne bekommen.

University of Texas at Austin

Unter dem Motto „Kleinvieh macht auchMist“ wird jedes Jahr an der Uni ein soge-nanntes „care package“ mit fair gehan-delten Produkten und Bioköstlichkeitenzusammen gestellt. Es wird dabei an dieTradition angeknüpft, dass immer amSemesterende, d.h. während der Klausuren-zeit, von KommillitonInnen und Familien-mitgliedern sowie FreundInnen für andereStudierende ein „care package“ mit Süßem,Kerzen etc. zu erwerben ist bzw. selbst ge-staltet und dann verschenkt wird. Die flei-ßigen Studis sollen aufgemuntert werdenund ihnen wird gezeigt, dass jemand an siedenkt. Normalerweise sind diese „carepackages“ mit Fast Food Produkten undNestlé-Schokolade vollgestopft. Diese an-deren „care packages“ werden vom „Livingand Learning Center“ (LCC) bereit gestellt,das sich an der Uni für fair gehandelte, öko-logische und gesundheitlich unbedenkli-che Produkte einsetzt.

www.ecobaskets.net

Zeitung „Issue“Die etwas andere Zeitung an der Universityof Texas at Austin „Issue“: diese Zeitunghat sich zum Ziel gesetzt „to write storiesfocused on topics not regularly or ad-equately covered by mainstream media. Weare committed to achieving social justiceand offering readers ways to become activein the process of social change“. In ihrenArtikeln kann mensch etwas über soziale Un-gerechtigkeit nachlesen, Bildung, GenderStudies, unmenschliche Arbeitsbedingungenin den USA und anderen Ländern sind ebensoThemen wie die Problematik der Zersiedlungund deren Folgen, das Verhältnis Mensch-Natur im Hinblick auf die unglaublichen Müll-berge. Auch über die aktuellen critical massactions wird informiert.

www.issueonline.org

Greenfestival

Diese Mega-Ausstellung mit 13.000 Be-sucherInnen, über 250 Ständen und 50RednerInnen allein auf dem Ausstellungs-gelände in Austin (Texas) will die Gesell-schaft nicht umstrukturieren, aber dennocheinige Bedingungen mit kleinen Schrittenverändern. Das Greenfestival wurde in SanFrancisco ins Leben gerufen, wo es jetztjährlich stattfindet. Bei unterhaltendenLive-Shows und Reden über Umwelt-themen im weitesten Sinne kann menschsich über regenerative Energien, Bio-gartenbau, „grüne“ Karrieren und dergleichinformieren oder auch nur Naturprodukteerwerben.

www.greenfestivals.com

Das Magazin Greenfestival versucht, sichder Rhetorik der Mainstream-Zeitschriftenanzugleichen, fällt aber durch seinen the-matischen Schwerpunkte auf: Auf Umwelt-papier gedruckt werden Informationen überdas Greenfestival. Es werden ausschließ-lich Anzeigen von naturschutznahen Orga-nisationen bzw. Einrichtungen publiziert.Für Interessierte gibt es viele Adressen,Ansprechpersonen und Hinweise auf Bio-läden, Ökotourismushotels u.ä. Die Mei-nung einiger RednerInnen ist zu kritisieren.Besonders das Statement eines Jugend-arbeiters (Richard Halpin) fiel mir dahinge-hend auf, tendenziell den Status Quo desGesellschaftsmodells erhalten zu wollen:„American Youth Works engage our har-dest to reach and touhgest to teach youngadults to become builders, leaders andenvironmental champions.“

Uli Lerche

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Internationales

Eine Brücke zwischen Ost und West -Falkor International Cooperation Youth

Falkor ist einekleine unabhän-gige Nicht-Reg-ierungsorgani-sation, die jungeUmweltaktivist-Innen sowie en-thus ias t i scheMenschenrechts-

aktivistInnen und kritische Leute, die unabhän-gige Medien kreieren, unterstützt. Das 2001gegründete Netzwerk bringt interessierteAktive und Organisationen in Austausch-projekten zusammen, bietet eine Plattform,über Erfahrungen zu sprechen, gemeinsa-me Aktionen zu planen und Freiwilligenauf-enthalte zu ermöglichen.

Eigene Videos, Bücher, Artikel zu veröffent-lichen, über die aktuelle Situation in denverschiedenen Ländern zu diskutieren, anNicht-Mainstream-Information zu gelan-gen, wird nun leichter. Und zwar besondersfür Aktive im Kaukasus. Darum geht es denInitiatorInnen von Falkor vor allem: eineBrücke zwischen Ost und West zu schaf-fen, ökologische und soziale Bedingungensowohl im Kaukasus und Osteuropa alsauch in westeuropäischen Ländern und dieVernetzungsmöglichkeiten der jungen akti-ven KaukasierInnen unter einander und mitGruppen aus Ost- und Westeuropa zu ver-bessern.

Janita trinkt ihren Tee aus der „Rampen-plan“- Tasse und denkt nach. Wir sitzen imBar-und Infozelt, in einer Pause zwischenzwei Arbeitskreisphasen. Überall wuselnAktive aus allen Erdteilen um uns herum,wollen sich informieren, eine Bio-Süßigkeitzum Solidaritätspreis kaufen oder sich malwieder vernetzen.

Um Vernetzung geht es beim Ecotopia (in-ternationales AktivistInnencamp, siehe FUI4/04-Schwerpunkt Internationale Umwelt-bewegung, Seite 23-25), auf dem wir unsbefinden, ganz besonders. Wie auch beiFalkor, das mir Janita - eine der Mitbegrün-derinnen - im folgenden Interview genauervorstellt:

Most participants from Caucasus can notpay the tickets and visa on beforehand bythemselves.Another point is the mail services: quite afew invitations just don’t get to theirdestinations in the Caucasus on time or notat all.Uli: What was the best experience you hadwith falkor?Janita: When people who had some pre-judice against each other and after a timethey met (through us), they found out thata common project or work is possible andeven became friends!Uli: What kind of projects are we talkingabout?Janita: These are mainly EU Youth ex-change projects, environmentally oriented,also human rights and press freedom aresubjects. And in Armenia we are starting upa ‘youth progressive action centre’, whichwill also include Indymedia Armenia.

Uli: Janita, how did you start Falkor?Janita: I was travelling with Marij [Anm.d.R.: die andere Mitbegründerin] throughEastern Europe and Caucasus for half ayear for fun. On our way we met activistsand those who wanted to be activists. Weplanned to do projects with them andfamiliarize them with the ideas of WesternEuropean activism. Furthermore we wantedto bring people from Georgia, the Ukraineetc. to international activist meetings likeEcotopia.Uli: What was the first thing you did whenyou came back?Janita: As a start we thought about whichthemes and people we could connect. Wealready started with our planning of a NGOon our way back to the Netherlands. Wecame back in summer 2001 and in Decemberwe founded this NGO. Then we started withthe few contacts we had in the Caucasusregion and helped among others EYFA[Anm.d.R.: siehe FUI 4/04, Seite 21-22] withconnecting to individuals and organi-zations in Caucasus.Uli: What about EVS (European VoluntaryService)?Janita: We were one of the first organi-zations to implement EVS in Georgia - theso called “third country connection“ of theEU-program. The EU wants to motivateyoung people to create projects them-selves.Uli: So you were the pioneers in the Cau-casus region?!Janita: Yes.Uli: What kind of difficulties did you have?Janita: We had several problems withworking according to the rules of theEuropean Commission and some WesternFunds. These rules are often an obstaclefor people and organizations in the Cau-casus region to apply for a project orparticipate in a meeting. But we want toshow both sides that it’s possible. We arethe communicators, the intermediators. Anexample: it is necessary to invite peoplefrom the Caucasus a lot earlier then frommost other countries because of com-plicated visa procedures. Then the travelreimbursement is a problem: it would benecessary beforehand and not afterwards. Janita

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Uli: What kind of organization are you?Janita: We are a small NGO, non-hierarchical,consensus based, nonviolent, based in theNetherlands, but we work everywhere.Uli: How do you network?Janita: We just go somewhere and hangaround (laughter). No, but seriously: theinternet doesn´t work so well, so we can’trely on e-mail communication only. It ismuch more the social getting to know eachother. And planning while you drink a cupof tea together, or wodka.Uli: Is there anything else you would liketo emphazise?Janita: Yes! We are not a travel agency(„Reisleiders“). People can come up withtheir own ideas, we expect some active

participation in organising and weare there to facilitate and helpthem.Have a look at the website:

www.falkor.org

Uli: Thank you very much for theinterview!

Luut ein Freiwilliger, der die Chan-ce genutzt hat, sich durch Falkormit Projekten und der Kultur imKaukasus näher zu beschäftigen

und sich auch auf dem Ecotopia be-findet, berichtet mir:

Uli: Luut, how did you find out aboutFalkor?Luut: I met Janita and Marij, because welive in the same city and are interested inthe same subjects. So one day we met in acafe and they talked about a project in theCaucasus I was interested in and weagreeded that I could go there.Uli: What do you think about Falkor?Luut: They are really motivated, inspired,energetic and working in a down-to-earth-way. They are not just talking, but also putthat into reality. They haven´t lost thetouch to real life (although they work withthe EU). I really like their direct way ofcommunication. Uli Lerche

Internationales

Big connectivewebsite project

UmweltschützerInnen und andere Aktivealler Länder vereinigt Euch!

Stell dir vor, du bist in einer fremden Stadtund möchtest das nächste Autonomen-Café aufsuchen oder suchst eine interes-sante Nicht-Main-Stream-Ökogruppe odereinfach nur ein besetztes Haus mit spannen-den Leutchen. Dann bist du normalerweiseratlos. Es sei denn, du hast schon entspre-chende Kontakte oder triffst bunte Men-schen am Bahnhof. Wenn sich die neueConnective Website durchsetzt, wirst dukein Problem mehrhaben, in Timbuktu, LaHabana, Bangkok, Bie-lefeld oder Barcelonasolche Adressen undeventuelle Schlafplätzezu finden.Alles fing beim Win-tertreffen von European Youth For Action(EYFA) im Februar 2004 in Kroatien an.Neben vielen anderen Arbeitskreisen,Selbstfindungsprozessen und Zukunfts-gesprächen von EYFA ging es in einerArbeitsgruppe um das „big connectivewebsite project“. Wir sprachen über dietechnischen Voraussetzungen (Grundlage:eine Wikipage, auf der alle etwas eintragenund verändern können), prinzipielle Ideen,die politische Ausrichtung - graswurzeligund unabhängig -, den Aufbau der Seiteund nächste Schritte. Im Frühjahr 2004 wares dann soweit: Justin, der die Idee imArbeitskreis vorgestellt hatte, rief die neuevernetzende Webseite ins Leben

<http://connecting.omweb.org/>Er sagte: „If you go there and sign up, youwill be able to do things, including editingthe wiki. I am still becoming familiar with allthat, so there will certainly be many updates andchanges and improvements, etc.“Einige Updates wurden bis jetzt vorgenom-men, doch fehlt dem Projekt der Bekannt-heitsgrad. Erst wenn viele Menschen sichan unzähligen Orten daran beteiligen, wirdsich das Projekt rentieren und für mehr Leu-te interessant. Je mehr ihr die ConnectiveWebsite nutzt, verändert, ergänzt, bekanntmacht etc., desto besser sind die Aussich-ten für diese weltweite Informations-alternative. So let´s connect!

„Ecological Guard“ - Ukrainian youth for Environment!

The All-Ukrainian public organisationunites citizens of Ukraine, children andyouth environmental organisations. TheUnion is ruled by principles of humanism,openness, voluntary work, creative initia-tive and activity.

The aim of the Union’s activity is creatingecological-minded people. It is possible toachieve this aim by an interesting ec-ological work. That´s why we try to improvethe participation of children and youth inscientific work and nature conservationactions. It helps new generations to und-erstand themselfs as a little part of the worldin wich we live. „Ecological Guard“ unites boys and girlswho care about environment. It is alsoabout investigations of environmentalproblems, interesting meetings with scien-

tists and environmentalists, competitionsand quizzies, tourists travels and holidaysin ecological camps.

It is the belief in our power to make ourEarth more beautiful. Let’s stand guard overour own future!

[email protected]

Janita, eine moldavische Aktivistin und Marij

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Internationales

Gerechtigkeit im Fall Aubonne –der Kampf geht weiter !

Presseerklärung

Aktion am Chateau: Martin Shaw und GesineWenzel fordern Disziplinarmassnahmen undSchadensersatz. Ihr Einspruch gegen denBlankoscheck des Untersuchungsrichters fürdie Polizei erklärt den Polizeieinsatz auf derAubonnebrücke für illegal und fordert eineweitere Untersuchung.

Mit einem Transparent auf dem geschrie-ben steht “Eure Cops - eure Verantwor-tung” verschafften sich die beiden Kletter-erInnen der Aubonne Brückenaktion heu-te Zugang zum “Chateau” in Lausanne,dem Sitz der Regionalregierung des Kan-tons “Vaud”. Die beiden AktivistInnen diewährend der G8 Proteste letztes Jahr bei-nahe ums Leben kamen als ein Polizist ihrKletterseil durchtrennte, forderten zusam-men mit UnterstützerInnen und der Presseden “Conseil d’Etat” (Regionalregierung)dazu auf die Verantwortung für den Einsatzder ihnen unterstellten Polizeibeamten zuübernehmen. Der Rekurs (Widerspruch)verfasst vom Anwalt der beiden verlangtdisziplinäre Massnahmen gegen den Beam-ten der das Seil durchnitt, Michael Deiss,und seinen Einsatzleiter, Claude Podget.Bis heute hat der Staat die Tatsache igno-riert dass beide Beamten sowohl die offizi-ellen G8-Vorgaben für die Polizei verletztund damit gleichzeitig ihre Hauptver-pflichtung als Polizeibeamte, Menschenle-ben zu schützen, gebrochen haben. DieVorgaben bezüglich der G8 Proteste legteneindeutig fest, dass sich die Polizei um dieVerständigung mit den DemonstrantInnenzu bemühen hatte, auch bei spontanenProtestaktionen. Die Vorgabe war angemes-sen zu reagieren und das Grundrecht aufMeinungs- und Ausdrucksfreiheit zu ge-währleisten. Darüber hinaus hat es auchkeinerlei Reaktion auf das offensichtlicheVersagen der internen Polizeihierarchie ge-geben.Zur gleichen Zeit werden in dem DokumentSchadensersatzforderungen wegen derVerletzungen und des Leidens der Kletter-erInnen gestellt auf der Grundlage des “Loisur la responsabilite de l’Etat, des com-munes et de leurs agents”. Den Vertreter-

Innen der Regierung wird angeboten unpar-teiische VermittlerInnen bei Verhandlungenmit den Opfern einzubeziehen.Der 23 Seiten starke Widerspruch (Rekurs)gegen die Entscheidung des Untersu-chungsrichters welche die Handlungen derPolizei herunterspielt und schönredet wur-de kürzlich beim Gericht des Kanton “Vaud”eingereicht. Das Gericht wird darin aufge-fordert Poget und Deiss wegen Gefährdungvon Leben und schwerer vorsätzlicher Kör-perverletzung an Martin Shaw bzw. einfa-cher Körperverletzung an Gesine Wenzelanzuklagen. Ausserdem fordert das Doku-ment Podget wegen Falschaussage zu be-langen. Seine Aussage steht in verschiede-ner Hinsicht in klarem Widerspruch zu demvorliegenden Videobeweismaterial.

Da der leitende Richter alle Anträge derAnklage bezüglich der Untersuchung desFalls ablehnte, wurden die immer noch of-fenen Fragen gegenüber der nächsten In-stanz wiederholt: “Wie ist es möglich dass Polizeieinheiteneingesetzt werden die untereinander nichtkommunizieren können?”, “Inwieweit gabes überhaupt Verständigungsschwierig-keiten aufgrund verschiedener Sprachen?”“Hatten die deutsch-schweizer Einheitenüberhaupt eine Erlaubnis zu agieren obwohlsie nicht einmal ihre Befehle verstehenkonnten?”, “Was war der Inhalt von PogetsTelefongespräch kurz bevor das Seil durch-trennt wurde?”, “Welche Befehle und wasfür Informationen wurden wann, von wemund an wen erteilt?”.”Die Deklaration des

leitenden Richters wurde im Rekurs kritisiertparteiisch zu sein. Sie beinhalte Passagendie frei erfunden und widersprüchlich zuden Akten seien. Der Richter ist z.B. der An-sicht dass die Unbesonnenheit der Akti-vistInnen die Hauptursache für den Vorfallgewesen seien. Martin Shaw berichtigt:“Der grösste “Fehler” den wir machten warzu glauben dass die Polizei ihren Anweisun-gen Folge leisten würde!” Gesine Wenzelfragt sich trotz der Immunität die die Polizeiin der Schweiz geniesst und dem generel-len Anstieg der Repression gegen politi-sche AbweichlerInnen: “Wie ist es nurmöglich dass wir schuldig gesprochen wer-den wegen der Gefährdung des Lebens derAuto-fahrerInnen, während die Polizei dieuns beinahe tötete davon kommt, ohne sichüberhaupt vor Gericht verantworten zumüssen. Wie können die Menschen hiernoch glauben sie würden in einem demo-kratischen, neutralen Land leben wenn sooffensichtlicherweise mit verschiedenenMaßen gemessen wird”.Martin Shaw ist sich sicher: ”Jetzt ist es an derZeit für die PolitikerInnen Verantwortung zu über-nehmen.”

The Aubonne Bridge Campaign

Download: 8 min Video der BrückenaktionFür mehr Information oder Interviews mitMartin Shaw und Gesine Wenzel:Tel. [email protected]

www.aubonnebridge.net

„Ihr habt die Veratwortung für eure Bullen!“

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Internationales

Rising Tide or low tide?

Jongeren Milieu Actief

–Umweltschutz leicht gemacht -

Wie wir bereits im letzten Schwerpunkt In-ternationale Umweltbewegung (FUI 4/04)berichteten, gibt es neben den größereneuropaweit aktiven Graswurzelgruppenauch kleinere Vereinigungen in den Nieder-landen, die zu umweltpolitischen Themenarbeiten. Wie beispielsweise Jongeren Mi-lieu Aktief (JMA), die mit Kampagnen anSchulen und Universitäten versucht, jun-ge Menschen an Ökologie im Alltag zu in-teressieren. Mehr über diese Jugendorga-nisation von Friends of the Earth Nieder-lande, ihre Schwerpunkte und Aktionsfor-men könnt ihr im FUI 4/04-Heft auf der Sei-te 41 nachlesen.Jeeke war 4 Jahre bei JMA aktiv und hat einezeitlang im Vorstand gearbeitet. Im Sommer2004 hat sie an der Vorbereitung desEcotopia-Camps mitgewirkt. Hier erfahrt ihretwas über ihre Motivation und eine erfolg-reiche Kampagne.Jeeke: „What I really like at JMA is the wayto show young people with easy thingshow to change something in their lifes.Something concrete! In the NetherlandsJMA doesn´t play a big role. But we havethe network of highschools called„EcoNaction“ and lots of pupils (12-18years old) do know that. The Bet was a bigsuccess in 2001 and made us more known.It was a campaign we did in cooperationwith the Ministry of Environment. The ideawas to reduce the CO2-emission by 8% inthe Netherlands. That was approved by theJMA groups. Lots of young peopleparticipated in lots of provinces and alsoset it up. Beside the rising environmentalawareness of all the pupils who took part,it had another nice effect: they told theirparents about the Bet and the idea behindit, so their parents also thought a lot aboutthe greenhouse effect. Our message was:also a small thing can make a big difference.Young people from 18 to 28 are harder toreach. So we try to start local groups.Unfortunately since 3 years it is not reallyworking.I started in a high school group. A yearbefore I started to study I became a JMAvolunteer. I took part in the Bet. Later on Iwas a member of the board of JMA for two

themselves and work in an effective wayagainst wrong ideas of their governmentsand to avoid wrong turns in politics andsociety. Other networks - like for example

the worldwide Carfree Network(www.worldcarfree.net) - give a goodexample and new ideas for interestedpeople.On an international level there is the ClimateAction Network, too. It sounds like agrassroot group, but be aware of the factthat big hierarchical organizations likeGreenpeace are part of the network. Pleasehave a look at their homepage, contact themand make up your own mind!www.climnet.orgCollection of information and advice: UliLerche

RisingTide is a grassroots network ofindependent groups and individualscommitted to taking action and building amovement against climate change. Theybelieve that climate change is an issue ofsocial injustice as it is a direct result of theglobal economy. RisingTide is convinced,the Kyoto Protocol will not deliver the cutsneeded, the cuts are too low to be effective.They demand a „just transition“ to anecologically sustainable society. RisingTide wants to inform interested people, itsupports protests and organizes trainings.But this previously very active organizationhas problems, because there are not thatmany people around the world and espe-cially in Europe who are interested andactive in climate change actions. RisingTideUK (www.risingtide.org.uk) is still verypopular and organized for example road andairport occupations last november.But there is a need for groups like this on abigger scale! Interested people can organize

years and have done lots of things.Sometimes it was a hard job. People didn´talways show up, things were organized byvery few people. But it has been a greatexperience.“nachgefragt hat Uli Lerchewww.jma.orgKontakt:[email protected]

Jeeke am Info-Point beim Ecotopia

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Verbände-Kritik Umweltverbände

Lokale Agenda 21 - eine Falle?Schicksal ökologischer Bewegung am Beispiel der Hauptstadt

Die Strategie derökologischen Gruppen

Wer versucht, den bisherigen ökologi-schen Prozess in Berlin zu resümieren,stößt bald auf ein irritierendes Zeichen. AmEnde des vorigen Jahres hatte es so aus-gesehen, als stünde die Verabschiedungeiner Berliner „Lokalen Agenda“ unmittel-bar bevor. Hinter dem schwerfälligen Aus-druck verbirgt sich die Haupthoffnung derUmweltkonferenz von Rio 1992: Bis 1996,hieß es damals im Abschlussdokument,„soll sich die Mehrzahl der Kommunalver-waltungen der einzelnen Länder gemein-sam mit ihren Bürgern einem Konsul-tationsprozess unterzogen und einen Kon-sens hinsichtlich einer ‘kommunalen Agen-da 21’“, eines ökologischen Aktionsplansim 21. Jahrhundert, „für die Gemeinschafterzielt haben“.Die Verfasser wollten ökologischen Fort-schritt nicht bloß auf dem Feld der Diplo-matie und internationaler Abkommen, son-dern an der Quelle der Probleme initiieren,und sie glaubten an die Schwungkraft derkommunalen Demokratie.Spät genug wurde ihr Ruf in Berlin vernom-men, das wir hier als Exempel herausgrei-fen. Erst Ende 2003 war die „Agenda“ imwesentlichen erstellt. Damals standen nureinige Schlussverhandlungen zwischenBerliner Senat und Berliner Ökologen, diein einem „Agendaforum“ zusammenarbei-teten, noch aus.

Doch ebenfalls Ende 2003 teilte der Senatden Ökologen mit, es würden künftig keineGelder mehr zur Verfügung gestellt! Das istdas Zeichen, der fast unglaubliche Dreh.

Das Agendaforum versteht sich als orga-nisierendes Zentrum des in Rio geforder-ten „Konsultationsprozesses“ der Bürger.Seine Struktur und sein Zustandekommenwird uns später beschäftigen. Es schienplötzlich vor dem Aus zu stehen. Der Senatjedenfalls hatte sein Interesse verloren. Wiekonnte das sein? Wie kann man einen Plan

ökologischer Aktivitäten in die Welt setzenund im selben Moment die Organisation derAktivitäten einstellen? Heißt das, man for-muliert eine Lokale Agenda, um die LokaleAgenda zu beerdigen? Da die Ökologensich wehrten, machte der Senat bald einenhalben Rückzieher. Es gibt nun doch Geld,allerdings viel weniger als bisher. Im Haus-haltsjahr 2003 standen noch 150.000 Eurozur Verfügung. Wenige Jahre vorher warenes 500.000 Euro gewesen. Für 2004 wurdenschließlich 100.000 Euro bewilligt. Der Ver-such, die Unterstützung ganz zu streichen,bleibt jedoch in Erinnerung; er wird sicherwiederholt werden. Die Ökologen imAgendaforum sind denn auch auf der Su-che nach einer senatsunabhängigen Förde-rung. Ob sie aber die Erfahrung mit demjahrelangen politischen Partner verarbeitethaben, ist eine andere Frage.

Es gibt offenbar „Missverständnisse“ zwi-schen Politikern und Ökologen. Dem gehenwir hier nach und fragen auch, ob Ökolo-gen sich womöglich selbst missverstehen.Was ist auf beiden Seiten das Verständisvon ökologischem Fortschritt, und waskommt heraus, wenn beide Seiten zusam-menarbeiten? Eine vielleicht noch wichtige-re Frage ist, warum der ganze Prozess prak-tisch unter Ausschluss und bei völligemDesinteresse der Öffentlichkeit stattfindet,die doch gerade „konsultiert“ werden soll.Daran wird auch die Verabschiedung derAgenda wenig ändern, zu der es wohl imSeptember kommen wird.

Ökologie von unten undvon oben

Es ist schon fast rätselhaft, dass so vieleökologische Gruppen und Aktivitäten exis-tieren, ohne dass die Öffentlichkeit davonNotiz nimmt. Man kann geradezu von einerökologischen Subkultur sprechen. Etwa 100Initiativen und Organisationen sind inBerlin tätig, zum Beispiel allein in Marzahn-Hellersdorf vier Arbeitskreise - „Afrika/Ent-

wicklungspolitik“, „Arbeit und Wirtschaft“,„Energie“, „GesundheitswerkSTADT“ -,acht Arbeitsgruppen -„Inder, Kinder und Computer“, „Jugend-Agenda Marzahn“, „Kinder und Jugendli-che Hellersdorf“, „Natur und Umwelt“, „So-ziale Agenda“, „Stoffstrommanagement(Abfall)“, „Verkehr“ sowie „ÖkologischeStadtentwicklung, Wohnen, Verkehr undArbeit“ -, eine Gruppe „LA 21 im Internet“und das „Koordinierungszentrum LokaleAgenda 21“. Das Beeindruckende ist, dassdie Gruppen ihre Sache nicht nur missiona-risch verbreiten, sondern auch in die Tatumsetzen. Aber ebenso wichtig ist, dass sieauch missionieren, statt nur intern zu arbei-ten. Man findet keinen ökologischenStadtteilladen, dessen Schaufenster nichtdicht an dicht mit Plakaten beklebt wäre.Eigentlich eine ideale Struktur: ein Komplexvon Stützpunkten, von denen aus Men-schen für ihre Sache kämpfen, zu denen siesich aber auch zurückziehen können; inFlauten des Kampfes, ja nach Niederlagenmüssen sie nicht auseinander laufen, son-dern haben die Permanenz ihrer Arbeit.

Einen Eindruck vom unermüdlichen Wirkender Aktivisten kann man sich verschaffen,wenn man einiger Veranstaltungen allein imeben vergangenen Juli gedenkt: am 7. das„Forum Umwelt und Entwicklung“ inNeukölln; am 9. „Akteure des Wandels?“,eine Fachtagung für Männer; am 19. „To-wards Carfree Cities IV“, eine Vorstellungpraktischer Alternativen zur Autoab-hängigkeit; am 26. „Wege zu mehr Lebens-qualität im städtischen Wohnumfeld“, einWorkshop unter Beteiligung der Woh-nungsbaugenossenschaft „Bremer Höhe“;am 27. „Gesamtkunstwerk Wagendorf Loh-mühle - soziale und ökologische Lebens-alternative in Berlin“. Auch den Kongress„Dominanz des Nordens?“ am 2. 7., der dieinternationalen Aktivitäten von Gewerk-schaften, NGOs, Verbänden und trans-nationalen Protestnetzwerkenbeleuchtete, haben die Ökologen in ihremVeranstaltungskalender genannt. Nebensolchen Monatsaktivitäten gibt es große

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Jahresereignisse wie die dritte „Woche derZukunftsfähigkeit“ vom 20. bis 26. Septem-ber oder die fünften „Berliner Energietage“vom 17. bis 19. Mai. Hier sollte „Expertenvon der Wohnungswirtschaft bis zum An-lagenbau ein gemeinsames Dach fürErfahrungsaustausch und Fachdiskus-sion“ geboten werden, und hier wurdenwieder die „KlimaSchutzPartner des Jahres“ausgezeichnet. Einen Preis erhielt zum Bei-spiel der Solarverein Berlin e.V. für die „Ers-ten Bürger-Solaranlagen in Berlin“.

Was ist eigentlich die Gesamtstrategie allder Menschen, die hier zusammenwirken?Offenbar sollen immer mehr Bürger in dieDynamik derer, die schon ökologisch aktivsind, hineingerissen werden - Ökologie vonunten. Doch die Hoffnung der Menschenist, dass ihre Mühen von einer offiziellenBerliner Agenda zusammengefasst, verall-gemeinert und gesellschaftlich wirksamgemacht werden. Da müsste auch der Ber-liner Senat mitspielen. Was stellt sich nunder Senat unter einer „Lokalen Agenda“vor? Seit es den senatsoffiziellenAgenda-Vorentwurf vom März 2003 gab,konnte man es ahnen. Da sind großartige„Leitbilder“ und „Handlungsziele“ aufge-führt, zum Beispiel „die Stadt der kurzenWege und die Vermeidung von Zersiedlungdes Umlandes“ oder die Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2020. DiesenVisionen werden dann „Maßnahmen“ und„Projekte“ zugeordnet. Dem letztgenanntenZiel soll beispielsweise der „Nahwärme-verbund Turnhalle Winsstraße“ zuarbeiten.Wo der Senat auf Maßnahmen zu sprechen

kommt, die er selbst durchführen müsste,heißt es zusammenfassend: „Unter Maß-nahmen sind hier eher Pläne aufgeführt.“

Nun erwartet man, der Senat würde, umetwa die Emissionen zu senken, eine Aus-weitung des Öffentlichen Personennah-verkehrs wenigstens planen, wenn´s dennnur ein Plan sein soll und weiter nichts. Abernein, er bekennt sich nur blumig „zur Verbes-serung der Qualität“ dieses Verkehrs.

Zweifellos will er eine Lokale Agenda be-schließen lassen. Aber was da beschlossenwerden soll, scheint im Senatsverständnisnur etwas wie eine Summe ökologischerPostulate zu sein. Die Realisierung der Pos-tulate wird nur symbolisch betrieben, etwadurch die Unterstützung eines Nahwärme-verbunds. Wenn es eine Gesamtstrategiedes Senats gibt, besteht sie wohl einfachdarin, sich selbst als ökologischen Bericht-erstatter zu installieren. Dazu braucht manMesseinheiten, also „Leitbilder“ und der-gleichen. Die „Leitbilder“ leiten nicht diePolitik des Senats, ermöglichen ihm aberden jährlichen Bericht. Er wird sagen: Ob-wohl wir den Nahwärmeverbund unter-stützt haben, sind die Emissionen leidernoch gestiegen. Der Nahwärmeverbund istaber zugleich die Brücke, die der Senat zurökologischen Szene schlägt. Er kann aufgute Miene mindestens bei denen hoffen,die er unterstützt. Er hat also nicht die gan-ze ökologische Szene gegen sich. So kanner auch die Zusammenarbeit mit demAgendaforum entbehren, das eigentlichdas Forum eben der 100 ökologischen

Gruppen ist. Aus diesem Grund schien esüberflüssig, dem Forum noch weiter Geld zubewilligen. Es sei genug, hieß es, praktischeProjekte wie den Nahwärmeverbund zuunterstützen.Wenn es darüber hinaus ökologischer Or-ganisation und einer Öffentlichkeitsarbeitbedarf, wird sie nicht hinreichend durchjene jährlichen Senatsberichte geleistet?

Komplexität statt Lenkung!

Um staatliche Unterstützung von Projektenbemühen sich die ökologischen Gruppenselber. Das Modell ist in ihren eigenen Rei-hen ausgearbeitet worden. Es gibt eine„Projektagentur“, die Anträge sammelt undeinige herausragende Vorhaben finanziellbelohnt. Sie darf Mittel der Klassenlotteriein Anspruch nehmen. Diese Struktur ist aufjeden Fall sinnvoll, da sie Aktivitäten er-möglicht, die sonst nicht stattfinden könn-ten, und auch als Anreiz für Menschen wirkt,die bisher noch nicht ökologisch tätig wa-ren. Der Wettbewerb um Staatsprämiendient aber auch dazu, die Gruppen zu erzie-hen, und da muss man fragen: Was sind dieErziehungsziele?Es gibt einen Lenkungsbeirat, in dem nichtnur Ökologen, sondern auch Senats- undWirtschaftsvertreter sitzen. Dieser Rat hatVergabekriterien der Projektförderung fest-gelegt. Vor allem will man die „Vernetzungvon Akteuren“, die „exemplarische Integra-tion der Bereiche Ökonomie, Ökologie, So-ziales“ und die „sichtbaren Leistungen undEffekte“ prämieren. Für das erste Kriteriumwerden sich die Ökologen, für das letzte dieWirtschaftsvertreter stark gemacht haben.Das mittlere Kriterium verdient besondereAufmerksamkeit. Ich frage mich, ob es dieVerstaatlichung der Bewegung widerspiegelt.

Wenn in Deutschland die Sozialhilfe ver-schlankt oder der Wirtschaftsstandort aus-gestattet wird, verlangt niemand, dass einökologischer Bereich integriert sein soll.Aber wenn es um diesen geht, soll er alsGesamtkunstwerk auftreten und die Ökono-mie mitrepräsentieren. Dabei wäre es nochhinnehmbar, wenn die „exemplarische Inte-gration“ nur je vom einzelnenProjekt erwartet würde. Tatsächlich stelltman aber das Verhältnis der prämierten Pro-jekte zueinander als Integrationsmodell hin.Der Begriff von Ökologie selber wird da-durch uminterpretiert: Ökologie ist Integra-

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tion, heißt die neue Parole. Jedes Projekt istdavon nur ein Aspekt. Die dem entspre-chende Öffentlichkeitsarbeit unterstreicht,wie komplex doch alles sei. Die Projektekönnen die Komplexität wenigstens sicht-bar machen, wenn auch leider nicht beherr-schen. Sind sie so nicht zum Abbild des fi-nanzierenden Staates geworden?Der Staat tut ja auch nichts weiter, als Kom-plexität sichtbar zu machen. Die Integra-tionsaufgaben, an denen er scheitert, kön-nen ihm gar nicht umfassend genug sein.

Im ersten Förderungszeitraum zwischen2000 und 2002 wurden 40 von 141 Anträgenprämiert, darunter diese: Der „ökologischeFußabdruck“, der den Umweltverbrauchjedes Berliners sinnfällig macht. Eine ima-ginäre Reise nach Afrika. Der Versuch, diePresse für das Thema Ökologie zu interes-sieren. Die abrufbare Information über Pro-duktion und Vermarktung von Produktenaus sogenannten Entwicklungsländern.Vernetzung der ökologischen Aktivitäten inBerliner Schulen. Vernetzung Berliner Ak-teure mit solchen aus Lateinamerika. DerVersuch, ein Unternehmensnetzwerk ins Le-ben zu rufen. Die ökologische Zusammen-arbeit von Arbeitslosen und Kleinunter-nehmern. Ein Modell des Ener-giesparensspeziell für Krankenhäuser. Integration vonVerkehr und Wohnen. Integration von Öko-logie und Architektur. Problematisierungdes „Türken-Grills“ im Tiergarten durch Ge-spräche mit den Betroffenen.

Die Veranschaulichung ist schlagend: Einganzes Ensemble ökologischer Faktorenund Bedingungen muss zusammenkommen- Verkehr, Arbeit, Wohnen, Architektur, In-ternationalismus, ein geeignetes Gesund-heitssystem und so weiter -, damit wir denZustand haben, dass eine Gesellschaftnicht auf Kosten der nächsten Generatio-nen lebt. Aber man fragt sich, was es nützt,den perfekten Zustand zu veranschauli-chen, wenn der Weg dahin versperrt ist.Sollen die Projekte selbst schon der Wegsein? Durch ihre Vorbildwirkung? Aber waswäre hier genau das Vorbild? Nicht so sehr,dass es die Gruppen gibt und man nochmehr bilden könnte. Sondern ihre Bezie-hung zueinander als Spiegel der „Komple-xität“. „Werde komplex!“ - indem die Öffent-lichkeit das vernimmt, soll sie handlungs-fähig werden. Es ist, als wollte man einenKranken belehren: Der Kreislauf seinerKörperfunktionen sei so tausendfältig ver-netzt, dass er, der Kranke, naiv wäre, eine

simple Hilfe, etwa Salben und Tabletten,oder das primitive Ereignis eines einzelnenchirurgischen Eingriffs vom Arzt zu erwarten.

Aber nun wird es Teile einer durchaushandlungswilligen Öffentlichkeit geben, diesich abwenden und die Ökologen ihremSchicksal überlassen, weil sie wissen, dasses sehr wohl um chirurgische Eingriffe geht.Man kann doch nicht leugnen, dass öko-logische Lösungen, wenn sie nicht bloßsymbolischer Natur sind, Gegner haben,dass es deshalb Auseinandersetzungenund ganz bestimmte Durchbrüche gebenmuss. Wie kommt es, dass davon nichtauch die Rede ist? Es scheint kein Zufall zusein. Um nur ein Beispiel zu nennen: Im No-vember 2003 kündigte der europäische Her-stellerverband ACEA an, die Autowirt-schaft müsse sich leider von den Klima-schutzzielen der Kyoto-Konferenz verab-schieden; die Absatzkrise lasse ihr keine

andere Wahl. Dass hier ein ökologischesHauptproblem angesprochen ist, weiß dasAgendaforum genau. Als es noch „RunderTisch Berlin/Brandenburg“ hieß … , hat esausdrücklich die „Überlastung durch denmotorisierten Individualverkehr sowie denWirtschaftsverkehr“ als das „dringlichstelokale Problem“ bezeichnet. Aber weil esvoll guten Willens war, wollte es sich auch„um ein bewusstes Abschiednehmen vomPolitikprinzip der Konfrontation“ bemühen.Und darin wurde es vom Senat nach Kräf-ten unterstützt. Fast glaubt man, die Öko-logen hätten die Barrieren, vor denen sietrotzdem standen, auf „die große Komple-xität der Ökologie“ zurückführen müssen,um für erlebte Schwierigkeiten überhauptnoch eine Erklärung zu finden.

Einbindung und Neubeginn

Die ökologische Bewegung weist eine un-glaubliche Vielfalt, Kreativität und Leben-digkeit auf, die von einem „Agendaforum“repräsentiert werden, in dem zugleich auchder Berliner Senat vertreten ist. Letztererwird ... eine Lokale Agenda beschließen las-sen, zu deren hehren ökologischen Zielener selbst nur insofern etwas beitragen will,als er einige Projekte jener Gruppen finan-ziell unterstützt. Der „Konsultations-prozess“ mit den Bürgern um Ziele, Maß-nahmen und Mitarbeit, wie er einst von derUmweltkonferenz in Rio gefordert wordenwar, ist in seinen Augen mit dem Inkrafttre-ten der Lokalen Agenda beendet.Die Ökologen waren aber immer davon aus-gegangen, dass er dann erst richtig beginnt.(s.: www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/nachhaltigkeitsbericht)

Wir müssen uns mit dem Weltbild befas-sen, das die Zusammenarbeit zwischen Se-nat und Ökologen trägt. Beide Seiten sindeinig, dass solche Projekte finanziell geför-dert werden sollen, die die „Komplexität“der ökologischen Aspekte spiegeln und zuderen Integration beitragen. Aber kann einsolches Weltbild nicht dazu diene, dasAusbleiben großer ökologischer Durchbrü-che zu rechtfertigen. ... Wir können es erstverstehen, wenn wir gesehen haben, wiesich die Komplexität der Sache, um die esden Ökologen geht, mit einer Komplexitätder Gremien vermischt, in denen diese Sa-che nicht nur begünstigt und betrieben,sondern auch „kleingearbeitet“ worden ist.Zustandekommen und Struktur des Agen-daforums sind ein Lehrstück:

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Das Auffangbecken

www.stadtentwicklung.berlin.de/agenda21Wie ist es zum Agendaforum gekommen?Die dort arbeitenden Ökologen verantwor-ten jetzt eine Lokale Agenda mit, deren Un-verbindlichkeit ihnen selbst nicht gefallenkann. Dahin hat ein jahrelanger Prozessgeführt. Wenn es korrekt wäre, ihn nur vonseinem Resultat her einzuschätzen, könn-ten wir so sprechen: Der Berliner Senat wardarauf aus, einen Mechanismus regelmäßi-ger Berichterstattung über den Lauf derNichtlösung des ökologischen Problems zukreieren, ferner mit geringen Geldmittelnökologische Wirtschafts-Kleinstprojekteanzukurbeln. Herauszufinden, wie man pro-fessionell berichtet und subventioniert, istArbeit. Zu ihr wurden die Berliner ökologi-schen Gruppen eingespannt. Da diese einganz anderes Ziel hatten – und immer nochhaben -, nämlich den ökologischen Umbauder Stadt und des Landes, bedurfte es, umsie arbeitstauglich zu machen, eines länge-ren Umerziehungsprozesses. Dessen Ergebniswar das Agendaforum. In dem entstanden tat-sächlich die Berichtsparameter, die jetzt inein paar Wochen unter dem Namen einerBerliner Lokalen Agenda beschlossen undverkündet werden sollen.

Nein, natürlich kann man so nicht sprechen.Solche Zusammenhänge in ihrer eiskaltenFunktionalität werden den Akteuren, auchdenen auf der Senatsseite, nur selten be-wusst. Sehen wir uns also den jahrelangenProzess an, um herauszufinden, welche wirk-lichen Triebkräfte in ihm zum jetzt vorliegen-den (Zwischen-) Ergebnis geführt haben.

In den ersten sechs Jahren nach der Um-weltkonferenz von Rio (1992) wurde derSenat sich seiner ihm zugeschriebenenRolle, eine ökologische „Konsultation“ derBürger zu organisieren, gar nicht bewusst.Lokale Agenda war ihm ein Fremdwort. Dieökologische Bewegung konnte sich in die-ser Zeit ganz staatsfrei ausbreiten. Und sietat es. Schon 1993 arbeiteten ökologischeGruppen in zwei Ostberliner Bezirken. 1995gab es die erste Berliner Konferenz zurUmsetzung der Beschlüsse von Rio. ImFebruar 1998 war es endlich so weit, dassvom Abgeordnetenhaus die Enquète-Kom-mission „Zukunftsfähiges Berlin“ einge-setzt wurde. Peter Meyer, ein engagierterÖkologe, hatte den Vorsitz inne.

Neben ihm war Klaus Wowereit der zweitesozialdemokratische Vertreter. Der Berichtder Kommission wurde 1999 übergebenund hatte den Beschluss des Abgeordne-tenhauses zur Folge, in Berlin solle eineLokale Agenda aufgestellt werden. Außer-dem wurden pro Berliner Bezirk zwei öko-logische ABM-Stellen eingerichtet, dazunoch zwei weitere zur stadtweiten Koordination. Damit überlagerten sich zum ersten Mal diestaatlichen Bemühungen und das ökologi-sche Netzwerk von unten. Durchaus nochin produktiver Weise. Der „Konsultations-prozess mit den Bürgern“ schien Gestaltanzunehmen. Doch die ABM-Stellen liefennach zwei Jahren aus und wurden nicht er-neuert. Die Repräsentanten der Berlinerökologischen Subkultur erlebten ihre ersteFrustration.

Sie waren froh, dass es ein Auffangbeckengab. Seit dem Juli 2000 wirkte das „Agenda-forum“ von Berlin und Brandenburg. Dieseswar 1996 zunächst außerstaatlich als „RunderTisch Berlin/Brandenburg“ gegründet wor-den, wenngleich staatliche Vertreter von An-fang an mitarbeiteten. Das geschah nicht nur,weil eine solche Zusammenarbeit in Rio vor-geschlagen worden war, sondern auch aus derostdeutschen Erfahrung heraus. Träger warnämlich eine „Stiftung Mitarbeit“, die es sichzum Ziel setzte, „neue Formen der Bürger-beteiligung in Ostdeutschland“ zu fördern.Das Berliner Haus der Demokratie wirkte mitund ebenso die Grüne Liga. Die Akteure nah-men sich den Runden Tisch des letzten DDR-Jahres zum Vorbild: Sie riefen alle Haupt-beteiligten am ökologischen Problem zusam-men, ökologisch Aktive, Senatsver-treter undvor allem auch Menschen aus der freien Wirt-schaft. Freilich, was im letzten DDR-Jahr ge-lang: einen gewichtigen Partner, den von derSED/PDS gestellten MinisterpräsidentenModrow, auf folgenreich-ende reale Verän-derungen festzulegen, konnte hier nicht gelin-gen, weil der Berliner Senat und die Wirtschaftnicht wie Modrow politisch angeschlagen wa-ren. Jedenfalls waren sie es bestimmt nicht inökologischer Hinsicht. Sie standen unter keinemDruck, den Ökologen entgegenzukommen.

Mehr Geld vom Senat

Ende 1999, als im Abgeordnetenhaus dieOption für eine Lokale Agenda beschlos-sen wurde, sah der Runde Tisch die Staats-seite noch als ihr erfolgreich eingebunde-nes Gegenüber an. In einer Broschüre die-ses Jahres war von einer Zeit die Rede, inder es „um konkrete Anhörungsrechte undUmsetzungsstrategien in Parlamenten, Ver-waltungen, öffentlichen Institutionen etc.“gehen würde. Man selbst, eine Nicht-regierungsorganisation, erlebte sich alsdas Subjekt dieser Strategie. „Die Erfah-rung auch in anderen Städten zeigt, dassdie Agenda 21 ein Prozess ist, der nicht vonder Verwaltung (als nur einem der beteilig-ten Interessenbereiche) gesteuert werdenkann. Es sollte nicht der Eindruck entste-hen, dass die Regierungen nunmehr begin-nen, einen Prozess ‘von Oben’ zu struktu-rieren, der zumindest in Berlin bereits vormehreren Jahren in den ersten Stadtbezir-ken begonnen hat.“ Wenn es dann heißt,der Agenda-Prozess brauche „ein aner-kanntes unabhängiges Forum“, ist nochweiter nichts als ein Dach für die „Berlinerstadtbezirklichen Agenda-Initiativen“ unddie entsprechenden Brandenburger Ein-richtungen gemeint.

Nun wird aber der Gedanke, dass das Fo-rum „anerkannt“ sein müsse, mit den Wor-ten variiert, es solle „öffentlich legitimiertund mit entsprechenden Ressourcen aus-gestattet sein“. An dieser Zweideutigkeitkann der Senat den Hebel ansetzen. Er sollalso nicht steuern, sondern nur finanzieren.Er finanziert auch bereits ein wenig, abernicht genug. Bevor er nun mehr Geld gibt,stellt er Bedingungen. Die Senats- undauch die Wirtschaftsvertreter beimRunden Tisch klagen zunehmend über diemangelnde „Professionalität“ der Zusam-menarbeit. Das verfehlt seine Wirkungnicht. Die Ökologen geben sich Mühe.Fleißig und kostenlos entwickeln sie die„Ziele, Indikatoren und Maßnahmenvor-schläge, die in die Agenda 21 einfließensollen“. Als der Runde Tisch dann endlichsein „anerkanntes Forum“ bekommt, dasheißt sich im Juli 2000 in ein solches um-wandeln darf, wird es auch mit Ressourcenausgestattet: Der Senat finanziert ein klei-nes Büro und die Druckmaterialien. Aber istdas Forum auch unabhängig? Im Oktober2000 wird ein Agenda-Büro bei der Senats-verwaltung für Stadtentwicklung eingerich-

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tet. Es übernimmt die Aufgabe der Koordi-nation und „liefert wesentlichen inhaltli-chen Input“.Die Arbeit der folgenden drei Jahre leistetman unter zwei gegenläufigen Perspekti-ven. Die Ökologen glauben bis zuletzt, siebereiteten die Mobilisierung der BerlinerÖffentlichkeit vor. Dass die Senatsvertreterkeine große Lust zur Finanzierung öffentli-cher Veranstaltungen zeigen, wird immerwieder kritisch vermerkt. Aber man glaubtja, die große Zeit der Veranstaltungen kom-me ohnehin erst, wenn der Agendaplanvorliegt mit all seinen „Zielen, Indikatorenund Maßnahmenvorschlägen“, um derenöffentliche Vermittlung es dann gehen wird.Und war das Agendaforum nicht schonselbst wie ein Abbild der Öffentlichkeitstrukturiert? Es gab dort „Bänke“, auf de-nen Vertreter von Wirtschaft, Gewerk-schaft, Senat, Kirche, Bildung und Wissen-schaft, Gender und so weiter Platz nahmen- im Grunde immer dieselben Aktivisten, diesich seit Jahren kannten - und sich über dieProbleme austauschten, während zugleichFachgruppen tagten. Das böse Erwachen,das die Senatsseite den Ökologen Ende2003 bereitete, ist schon geschildert wor-den: Die Finanzierung der Arbeit desAgendaforums, das seine Schuldigkeit ge-tan hatte, sollte plötzlich eingestellt werden. Denn Klaus Wowereit, inzwischen BerlinsRegierender Bürgermeister, war zufrieden:Vor einem mexikanischen Umweltforumhatte man ihn schon im Oktober schwärmenhören „über das viele Grün in der Stadt,über herrliche Ausflugsmöglichkeiten inder Umgebung und natürlich auch darüber,dass sich in den vergangenen 15 Jahren dieLuftverschmutzung in Berlin erheblich ver-ringert hat“. Dass Letzteres eine Folge desZusammenbruchs der DDR-Wirtschaft ist,erwähnte er nicht.

Ökologisch bleiben - oderwieder werden

Wenn es im Agendaforum „Bänke“ für Wirt-schaft, Senat, Kirche und so weiter gab, sowar das nicht, wie die Ökologen wohlglaubten, der Vorgriff auf die ökologischeMobilisierung einer so strukturierten Öf-fentlichkeit. Es war vielmehr das Abbild,aber auch ein heimliches Vorbild der neu-eren „komplexen“ Weltanschauung derÖkologen. Die „Bänke“ zeigten ja wirklicheine sehr komplexe Gemengelage der Akteure.

Was wäre denn geschehen, wenn bevoll-mächtigte Vertreter der gesellschaftlichenSubsysteme Wirtschaft, Politik und so wei-ter auf die „Bänke“ entsandt worden wä-ren? (In Wahrheit saßen dort Einzelgänger,die sich in ihre Unternehmen zurückschi-cken ließen und hofften, mit dem RundenTisch im Rücken ein paar ökologische Klei-nigkeiten bei den jeweiligen Vorständen he-rauszuschinden.) Sie hätten sich gegensei-tig blockiert; es wäre geschehen, was imKorporatismus immer geschieht, dass näm-

lich die Wirtschaft den Vortritt hat. Ökolo-gen haben aber eine höhere Pflicht als die,nur solche Probleme zu lösen, die auchnoch unter der Bedingung der Wirtschafts-dickfelligkeit gelöst werden können. Natür-lich will ich nicht behaupten, ökologischeKomplexitätsanalyse sei nur die Projektioneiner wechselseitigen Blockade von Akteu-ren auf deren Denken. Nein, es ist richtigund notwendig, die Komplexität einer Sa-che aufzudecken - gerade damit man in sieeingreifen kann. Ein chirurgischer Eingriffohne Kenntnis der Körperkomplexität wür-de zum Tod des Kranken führen. Aber wennnur diese Kenntnis da ist und der Eingriffunterbleibt, läuft es auf dasselbe hinaus.Daraus wäre die Schlussfolgerung zu zie-hen, dass Ökologen immer auch den gro-ßen Eingriff fordern müssen, zum Beispieldie radikale Ausweitung des öffentlichenPersonennahverkehrs auf Kosten des mo-torisierten Individualverkehrs. Denn nurmit radikal angelegten Kampagnen könnensie die Öffentlichkeit mobilisieren - hundertökologische Gruppen bieten dafür die bes-ten Voraussetzungen -, und nur eine mobi-lisierte Öffentlichkeit hätte die Macht, denökologischen Umbau zu erzwingen. DieÖffentlichkeit wird sich auch deshalb mo-bilisieren lassen, weil die Projektarbeit je-ner Gruppen so beeindruckend ist. Die for-dern nicht ins Blaue hinein, sondern tunetwas, wird man sagen. Wenn Projektarbeitaber das Einzige ist, nimmt man es gar nichtwahr oder bestenfalls als Spielwiese.

Radikale Kampagnenführung heißt nicht,dass die Zusammenarbeit mit dem Senatabgebrochen werden sollte. Im Gegenteil,denn sie wird als bewiesene „Politik-fähigkeit“ die Öffentlichkeit immer beein-drucken. Außerdem gibt es natürlich auchin der Senatsverwaltung ökologisch den-kende Menschen, die man unterstützenmuss, und überhaupt ist das Ziel, die Re-gierenden mit viel Geduld langfristig zuverändern, ganz richtig gesetzt. Nur darfman sich von ihnen nicht abhängig machen,weder was die Finanzierung noch was dieDefinition der Agenda angeht, und mussden Mut haben, sie bei aller Zusammenar-beit auch öffentlich anzugreifen. Ökologensollten die zahme und unverbindliche Lo-kale Agenda, die jetzt beschlossen wird,schnell mit einer ganz anderen Agenda flan-kieren, die ohne diplomatische Rücksichtbekannt macht, welche einschneidendenSchritte zu tun wären, wenn man das öko-logische Problem ernst nähme. Ich habe indiesem Text immer von „Ökologen“ gespro-chen, wohl wissend, dass die Betreffenden sogar nicht mehr genannt werden wollen. Siehalten den Namen für überholt, weil er sichnur einseitig zum ganzen Problemumfang ver-halte. Dieses Ganze werde am besten mit demAusdruck „Nachhaltigkeit“ bezeichnet. „Nachhaltigkeit“ aber - sei eine komplexeAngelegenheit! In ihr könne Ökologie nichtunabhängig von Wirtschaft und Politik be-trachtet werden.Das stimmt natürlich, es ist aber eineEntnennung des Problems. Die Ökologennehmen so in Kauf, dass ihre Sache nurnoch am Rande mitläuft. Man braucht sichdoch nur jene Glanzbroschüre der Bundes-regierung vom Juni 2002 anzusehen, in derals „Indikatoren von Nachhaltigkeit“ unteranderm das Bruttoinlandsprodukt, dasFinanzierungssaldo des Staatssektors unddie Zahl der Wohnungseinbruchsdieb-stähle aufgeführt sind. Nein, die „Einseitig-keit“ des ökologischen Aspekts ist voll-kommen gerechtfertigt, weil er es gerade ist,der missachtet wird. Ist es nicht politischeLogik, das laut zu sagen, was anderemissachten? Ökologen, überlasst die Maske der„Ausgewogenheit“ den Blockadekräften! Habteuer Coming Out - sagt wieder, wer ihr seid.

Michael Jäger, leicht gekürtzte Fassung:1.Teil: Freitag 33, 06.08.04:www.freitag.de/2004/33/04330601.php2. Teil: Freitag 34, 13.08.2004:www..freitag.de/2004/34/04340601.php

Umweltverbände

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RatatHui

Rot-Grün lässt Umwelt links liegen!Umweltverbände haben zu ernsthaften

gesellschaftlichen Alternativen keinen Mut!

Die gemeinsame Presseerklärung vonBUND, Greenpeace, NABU, WWF undDNR vom 16.09.04 zur Halbzeitbilanz fälltsehr schlecht aus und bleibt wie immer seit1998 trotzdem halbwarm.

Fortschritte bei Erneuerbaren Energien undder Ausrichtung von Agrarsubventionen,Rückschläge beim Klimaschutz und völligeFehlanzeige einer ökologischen Verkehrs-politik – so bilanzieren die UmweltverbändeBUND, Greenpeace, NABU, WWF undDNR die Arbeit der Bundesregierung zurHalbzeit ihrer 2. Amtsperiode.

Ökologische Inkompetenz bei CDU/CSU undFDP und die zeitweilige Konjunktur vonUmweltthemen beim Jahrhunderthochwasser2002 hätten vor zwei Jahren entscheidend zumerneuten Wahlsieg von Rot-Grün beigetragen.Daraus resultierende Chancen seien jedochweitgehend ungenutzt geblieben.Die Umweltverbände kritisieren vor allem,dass in Konflikten zwischen verschiedenenRessorts und zwischen Bundesregierungbzw. Bundestag und Bundesrat der Umwelt-schutz zumeist das Nachsehen hat. Beispie-le dafür sind der weitgehend gescheiterteAbbau ökologisch schädlicher Subventio-nen, der Streit um den Emissionshandel unddie Auseinandersetzungen um Formen derartgerechten Nutztierhaltung.

Der BUND-Vorsitzende meinte, dass es derBundesregierung nicht gelungen sei, sozi-ale und steuerpolitische Reformen mit öko-logischen Fragen zu verknüpfen.Wirtschaftsminister Clement vernachlässi-ge ökologische Aspekte in der Chemie- undEnergiepolitik. Gleiches gilt für Verkehrs-minister Stolpe bei den Investitionen inStraße oder Schiene.

Für Greenpeace ist die Förderung Erneuer-barer Energienin Deutschland vorbildlich:„Weltweit gibt es kein Gesetz, das Erneu-erbare Energien so stark fördert und Zehn-tausende Arbeitsplätze schafft“, erklärtKampagnen-Geschäftsführer Roland Hipp.Für verfehlt hält die Umweltorganisation dieKohle- und Atompolitik sowie die Regulie-

rung des Strommarktes. „Rot-Grün hat ein-fach zugesehen, wie die Energiekonzerneihre Monopole bei den Stromnetzen miss-brauchen. Überhöhte Netzgebühren trei-ben den Strompreis hoch, die Verbraucherwerden abgezockt.“ Greenpeace sieht auchdie Suche nach einem geeigneten Endlagerfür Atommüll gescheitert, obwohl sie Be-standteil der Koalitionsvereinbarung ist.Die Regierung folge fast immer dem Willender Atomkonzerne und schaffe mit jedemAtomtransport nach Gorleben weitere Fak-ten für ein unsicheres Endlager.Im neuen Gentechnikgesetz begrüßt Green-peace zwar die Transparenz und die Haf-tungsregeln zum Schutz der gentechnik-freien Landwirtschaft. Ein schweres Ver-säumnis sei jedoch, dass niemand zur Ver-antwortung gezogen werde, wenn gen-manipulierte Pflanzen die Umwelt schädig-ten. Auch bei den Kennzeichnungsregelngebe es eine Lücke: Genveränderte Lebens-mittel müssen zwar gekennzeichnet werden,nicht jedoch Milch, Eier und Fleisch vonTieren, die mit Genpflanzen gefüttert wur-den. Zudem mache die Regierung mit dergeplanten Umsetzung der umstrittenenEU-Richtlinie zur Patentierung von Lebewe-sen einen schweren Fehler: „Patente aufEmbryonen, Gene, Tiere und Pflanzen darfes nicht geben“, fordert Hipp.

Der NABU-Präsident krittelt an der Ver-kehrspolitik der Bundesregierung herum:„Der Bundesverkehrswegeplan ist eineWunschliste zahlreicher Neubauprojekte,die ... am tatsächlichen Bedarf vorbei ge-plant werden. Es fehlt ein nachhaltiges, alleVerkehrsbereiche umfassendes Gesamt-konzept, das ökologische Ressourcengleichermaßen berücksichtigt.“Besonders enttäuscht ist der NABU-Präsi-dent über schwerwiegende Versäumnisse beider Sicherung des Nationalen Naturerbes:„Vom Beschluss, 100 000 Hektar Natur-fläche der früheren DDR an Verbände, Stif-tungen und die Länder zu übertragen, sindlediglich 32 000 Hektar übrig. Das ursprüng-liche Naturschutzvorhaben kann nur nochrealisiert werden, wenn potenziell wertvolleGebiete wie Truppenübungsplätze oder

Bergbaufolgelandschaften einbezogen wer-den.“ Ein entschlosseneres Vorgehen forderndie Umweltverbände auch in der Flusspolitik.„Das nach der Flut im Sommer 2002 auf denWeg gebrachte Hochwasserschutzgesetzmuss nun endlich ohne weitere Verwässer-ungen verabschiedet werden“.

Die klimapolitische Bilanz von Rot-Grünfällt nach Einschätzung des WWF eherdurchwachsen aus. Der nationale Allo-kationsplan entspreche weder in seinenZielen bei der Emissionsminderung, nochin seiner Struktur den Ansprüchen derZukunftsfähigkeit. „Während man mit denAusgestaltungsregeln des Emissions-handels die großen Verschmutzer laufenlässt, wird den kleinen Leuten beim Klima-schutz die Zeche aufgebrummt“. Hier müs-se beim zweiten nationalen Allokationsplandringend nachgebessert werden.

Der DNR-Präsident bewertet die Umwelt-politik der Bundesregierung so: „Trotz ei-niger guter Ansätze bei der FörderungErneuerbarer Energien und in der Agrar-wende ist es der Bundesregierung nichtgelungen, den Gedanken der Nachhaltigkeitals Querschnittsthema in alle Politikbereichezu integrieren. Der ̀ rote Faden der Nachhalt-igkeit`, von dem der Bundeskanzler gernspricht, wird überhaupt nicht erkennbar.“

Nicht nachhaltig sei vor allem die Stromer-zeugung und -nutzung hauptsächlich aufder Basis fossiler Energien. Das bis 2020anvisierte 40-prozentige CO2-Minderungs-ziel sei so nicht erreichbar. Notwendig sei-en drastische Energieeinsparungen, dieSteigerung der Energieeffizienz z.B. durchKraft-Wärme-Koppelung, ein energeti-sches Altbausanierungsprogramm sowieder entschlossene weitere Ausbau Erneuer-barer Energien.

Pressekontakt:BUND/Rüdiger Rosenthal 0171-8311051Greenpeace/Stefan Krug 0171-8780836NABU/Thorsten Wiegers: 030-28498423WWF/Jörn Ehlers: 030-30874212DNR/Helmut Röscheisen: 0228-359005

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Helle sein ist nicht immer schlau -Start der Initiative2000plus in Berlin

Mehr Recyclingpapieran Berliner Schulen

Endlich ist es so weit: Nun können sichauch Berliner Schüler aktiv am Schutz derWälder dieser Erde beteiligen. Schulklas-sen, die sich verpflichten, Schulhefte ausRecyclingpapier zu verwenden und ent-sprechend handeln, werden mit einer Ur-kunde der Schirmherrin der Initiative,Bundesministerin für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft, RenateKünast, ausgezeichnet.

Mit dieser Initiative soll der Markt für Re-cycling-Produkte verbessert werden.Derzeit sind nur 5-10% der bundesweit 200Millionen verkauften Schulhefte aus um-weltfreundlichem Recyclingpapier. Jederfünfte Baum, der weltweit gefällt wird, en-det als Papierprodukt. Besonders die tropi-schen Wälder Brasiliens und Indonesiens,aber auch die Wälder Kanadas, Finnlandsund Russlands sind von diesem Raubbaubetroffen. Deutschland ist neben den USA,

China und Japan einer der weltweit größtenPapierverbraucher. Wollen wir der Vernich-

tung der Wälder Einhalt gebieten, ist derUmstieg auf Recyclingpapier ein wichtigerSchritt.

Die Initiative2000plus hat alle BerlinerGrundschulen und grundständigen Gymna-sien über die Kampagne in Berlin informiert.Experten der Initiative kommen nun auf Ein-ladung in die Schulen, um den Schülerinnenund Schüler der 4. bis 6. Klasse über dieökologischen Vorteile von Schulheften ausRecyclingpapier zu erläutern und den Schü-lern und Lehrern Bezugsadressen für Schul-materialien aus Recyclingpapier zu benen-nen. Zudem sollen mindestens zehn Händ-ler in Berlin überzeugt werden, Schul-material aus Recyclingpapier in ihr Sorti-ment aufzunehmen.

Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Na-turschutz Berlin, Dr. Johann-WolfgangLandsberg-Becher, erklärte zum Start derInitiative2000plus in Berlin: „Am BeispielPapier wird sehr deutlich, dass es für einefunktionierende Kreislaufwirtschaft nichtausreicht, die einzelnen Abfallarten nur

getrennt zu sammeln. Ebenso wichtig ist,für die Recyclingprodukte auch einenMarkt zu schaffen. Das unterstützen wirgerne mit der Initiative2000plus - und zwargenau dort, wo es auch Zukunft hat: in derSchule.“

Weitere Informationen:www.initiative2000plus-berlin.de

[email protected]

„EVIANNAÏVE“mit dem Sonderzug 18800

von Berlin nach Genf

Eine handvoll junger Menschen organisiertin Berlin einen Sonderzug, um sich an deninternationalen Protesten gegen das G8-Gipfeltreffen in Evian zu beteiligen.Lukas Engelmann, 21 Jahre alt, ist der vonattac eingesetzte Koordinator für diesesbisher in Deutschland einmalige Ereignis.Es ist der erste politisch motivierte Sonder-zug aus Deutschland heraus. Mehr alsTausend Menschen schließen sich dieserInitiative an und steigen in den fünfzehnBahnhöfen quer durch die Republik ein indiese rollende Demonstration. Außer attacsind auch andere politisch aktive Gruppie-rungen und Gewerkschaften beteiligt, um dieHerren Bush, Chirac, Schröder, Putin,Berlusconi, Koizumi, Blair und Chrétien zustören.Basisdemokratisch organisiert wehren siesich gegen diese „nicht gewählte Welt-regierung“. Sozialer und ziviler Ungehor-sam, um die Welt radikal zu verändern. „Eineandere Welt ist möglich!“, Evian-naive por-trätiert sie während der Reise, der Strassen-blockade und der Tage im „Village Inter-galaktique“, in denen autonome Lebensfor-men ausprobiert werden.

„EVIANNAÏVE“ (2004, 80 Min.) - ein Filmvon Verena Vargas Deutsche Originalfassung.- Version mit französischer UT vorhanden.DVD / PLAKAT/ FOTOS auf Anfrage

www.attac.de/evianVargas Notaro030 / 612 88 222 + 0170 / 65 68 433fax: 01212511085290

RatatHui

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Karl-Werner-Kieffer-Preis

Stiftung Ökologie & Landbau prämiertInitiative im Bereich Gesundheit und

ökologische Lebensmittel

Zum fünften Mal verleiht die Stiftung Öko-logie & Landbau den Karl-Werner-Kieffer-Preis. Preisträgerin ist in diesem Jahr die In-itiative Landwirtschaft, Gesundheit, NeueArbeit und Kultur Marbachshöhe in Kas-sel.Sie wird ausgezeichnet für ihren beispiel-und modellhaften Einsatz ökologischerLebensmittel in der prophylaktischen Ge-sundheitspflege und zur Unterstützungvon Heilungsprozessen. Die Preisverleihungfand am 26.11.2004 in Bad Dürkheim statt.Seit 1997 engagiert sich die Initiative inverschiedenen Projekten mit ganzheitli-chem Ansatz. Es sollen Lösungen für Pro-bleme gefunden werden, die durch die mo-dernen Lebensumstände stark zugenom-men haben, wie z. B. Umwelt- und Gesund-heitsschäden, Arbeitslosigkeit und Verein-samung der Menschen.Die einzelnen Projekte sind miteinandervernetzt, Schnittpunkte ergeben sich inden Bereichen ökologische Ernährung,Gesundheit, Medizin und Landwirtschaft.

Biopiraterie-NewsAbsc hluss- Aktion „Widerstand keimt auf“

RatatHui

Am 20.10. protestierten 10 AktivistInnender Kampagne während einer Internationa-len Konferenz zu Agrarfragen gegen dieNachbaugebühren in Deutschland. DieBegrüßungsrede von Renate Künast wur-de mit einem eigenen Redebeitrag unterbro-chen. Transparente wurden entrollt undanschließend 900 Widerstandsunterschrif-ten an Frau Künast übergeben. Mehr Infosund Bilder auf unserer Webseite.

Kaperbrief 5 erschienen!Am Freitag, 26.11. erschien der Kaperbrief5 als Beilage zur taz, diesmal mit demSchwerpunkt Geistiges Eigentum. Wir ver-suchen eine Brücke zu schlagen zwischenSoftwarepatenten, Urheberrechten undPatenten auf Gene und Biopiraterie. Dazugibt es Gastbeiträge von ver.di und derAttac AG Wissensallmende. Wie immerkann der Kaperbrief auch in größerer Stück-zahl in Hamburg bestellt werden.

Biopatent-Richtlinie umgesetztAm 11.11. verkündete die rot-grüne Koali-tion, dass es nun eine Einigung über dieUmsetzung der Biopatent-Richtlinie gäbe:Das nationale Recht könne nun in Kürze inKraft treten. Am 24. November gings in den

Rechtsausschuss. Einig wurden sich dieRegierenden nur über eine Einschränkungder Reichweite von Patenten: Es soll nunvor allem verhindert werden, dass ein Un-ternehmen „auf Vorrat“ patentieren lässt.Damit kann ein Unternehmen, dass im Pa-tent eine Eigenschaft eines Genes be-schrieb, andere blockieren bzw. Lizenz-gebühren verlangen kann, selbst wenn esum Arbeiten mit anderen Funktion desGens geht. Die Biopiraten in den großenKonzernen frohlocken, zumal sich auchbeim Herkunftsnachweis nicht viel ändert.Die genaue Angabe, woher Gene, Pflanzenoder Tiere stammen wird gewünscht, ihrFehlen ist aber kein Hinderungsgrund fürdie Erteilung eines Patentes. Neuver-handlung in Brüssel sollen anzustoßenwerden, dass den Genausbeutern dadurchernsthafte Riegel vorgeschoben werden, istnach der neuen bundesdt. Biopatent-Richt-linie nun mehr als unwahrscheinlich.

Mehr Infos auf unserer Webseite www.biopiraterie.de

Zehnmal Straf-vereitelung im Amt

Seit Jahren erhebt der für politische Straf-taten zuständige Gießener StaatsanwaltVaupel Anzeige um Anzeige gegen denpolitischen Eliten missliebige Personen.Kreativ beteiligt er sich an der Erfindungvon Straftaten, deckt die Fälschung vonBeweismitteln und erfindet Straftatbe-stände, die kein Gesetzbuch kennt. Nun ister selbst angezeigt worden - und zwar gleichin zehn Fällen. Strafvereitelung im Amt undRechtsbeugung werfen ihm seine Kritikeraus dem Umfeld der Projektwerkstatt inSaasen vor.Die Vorwürfe lassen sich grob zusammen-fassen. So hat StA Vaupel behauptet, es seibei keinem der von ihm nicht verfolgtenFälle „auch nur ansatzweise“ erkennbar,dass die Angezeigten „wider besseren Wis-sens“ gehandelt hätten. Einer der ange-zeigten Fälle ist die erfundene Bomben-drohung vom Gießener Bürgermeister Hau-mann. Der musste nach zweimonatigemLügen seine Erfindung eingestehen undauch zugeben, die Bombendrohung widerbesseren Wissens benannt zu haben. Dasist öffentlich, stand in der Presse und istsicherlich auch dem in der gleichen Stadtagierenden Vaupel bekannt.Die Verantwortlichen wissen, was sie tun.Staatsanwalt Vaupel aber schützt die Elitenund betreibt dafür Rechtsbeugung undStrafvereitelung im Amt.Zumindest in einigen Fällen ist die Lagebereits geklärt und eindeutig. In den ande-ren hätte Vaupel per Ermittlung schnell he-rausfinden können, was Sachlage ist. Abergerade diese Ermittlungen lehnt er ab - eswird nicht auf eine Klageerhebung verzich-tet, sondern bereits die Ermittlung abge-lehnt.Hinsichtlich der angezeigten Beleidigun-gen ist interessant, wie Vaupel öffentlichesInteresse definiert. Wenn in der Zeitung ge-gen ProjektwerkstättlerInnen gehetzt wird,berühre das nur den Lebenskreis der Betei-ligten. Wenn aber ein Politaktivist ein Wahl-plakat mit einer Gießkanne benässt, erhebter eifrig Anklage wegen Beleidigung.Schlägt dann die auf dem Wahlplakat ab-gebildete Politikerin dem Aktivisten mit derFaust ins Gesicht, ist das nach Meinungvon Vaupel wiederum nicht von öffentli-chem Interesse.Siehe: www.polizeidoku-giessen.de.vu

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Rezensionen

DFG-VK-Kampagne„Rüstungshaushalt senken!“

Mit Postkarten und einer Selbstverpflich-tungserklärung sowie Aktionen im Oktobervor dem Bundestag haben AktivistInnender Dt. Friedensgesellschaft - VereinigteKriegsdienstgegnerInnen für eine Strei-chung des Rüstungshaushaltes (Vertei-digungshaushalt) eingesetzt.

Die Kampagneneninfos, -hintergründe undMaterialien gibts unter:DFG-VK, Schwanenstr. 16, 42551 VelbertTel.: 0 20 51 / 42 18 Internet: www.dfg-vk.deE-Mail: [email protected]

Faltblätter gibt es außerdem u.a. zu:Schritte zur Abrüstung

Konflikte zivil bearbeitenRüstungsexport stoppen

Armee abschaffen!Investieren in den Frieden

Abrüstung statt Sozialabbau

SÖL Stiftung präsentiert

Aktuelle Ausgabe 4/04:Ökologie & Landbau

Themenschwerpunkt: Energie im ökologi-schen Landbau mit Beiträgen zu Chancenund Risiken für den Ökolandbau in Oste-uropa, die erste Konferenz zur ökologischenAquakultur in Vietnam, Hochwasserschutzdurch Ökolandbau, Phosphorversorgungvon Leguminosen und die Auswirkungenauf die Stickstofffixierung und auf Ertragder Nachfrucht, etc.

KontaktMaren RohwedderWeinstraße Süd 5167098 Bad DürkheimTel: 06322/98970-226 - Fax: 06322/[email protected], [email protected]/oekolandbau/weltweit.htmlEin eigenes Jahresabo für Studis kostet 19 EUR(inkl. Versand).- Bitte eine kurze Nachricht an dieAboverwaltung: Ökom-Verlag - Frau SeitzWaltherstr. 29 - 80337 MünchenTel: 089/544184491 - Fax: 089/[email protected] - www.oekom-verlag.de

Durch das breit gefächerte Angebot wer-den Menschen aus unterschiedlichen Be-reichen angesprochen und informiert.Die Stiftung Ökologie & Landbau vergibtden mit 10.000 Euro dotierten Preis seit 1996mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzungalle zwei Jahre zum Gedächtnis an ihrenStiftungsgründer.

Stiftung Ökologie & Landbau www.soel.de

Umweltbundesamt willFlächenversiegelung

begrenzen

In Deutschland wurde in den Jahren 1997bis 2000 täglich eine Fläche von 129 haversiegelt. Das entspricht etwa 180 Fußball-feldern.Um diesen Flächenverbrauch zu begrenz-en, hat das Umweltbundesamt jetzt einStrategiepapier herausgegeben. Darin wirdzunächst das Wachstum der Siedlungs-und Verkehrsflächen analysiert, anschlie-ßend werden Ziele auf dem Weg zu seinerReduzierung benannt und konkrete Hand-lungsempfehlungen an die Politik gegeben.Bezüglich der Ursachen der Flächen-versiegelung spricht das Papier von „einerKette sich ständig potenzierender Wechsel-wirkungen“. Die Ausdehnung der Sied-lungsbereiche erzeugt Verkehr, was wieder-um einen Bedarf nach Versiegelung weite-rer Böden für Verkehrsinfrastruktur nachsich zieht. Die wachsenden Verkehrs-mengen belasten die bereits bestehendenSiedlungen und beschleunigen dadurch dieAbwanderungstendenzen einkommens-stärkerer Haushalte in noch weiter entfern-te neue Siedlungen ...Als Ziele formuliert das Umweltbundesamteine Eindämmung des Flächenverbrauchsauf 80 ha pro Tag im Jahr 2010 und 30 hapro Tag im Jahr 2020. Außerdem wird eineReduzierung des motorisierten Straßenver-kehrs auf das Niveau von 1990 und einTempolimit von 80 km/h auf Bundesstraßenund 120 km/h auf Autobahnen gefordert.Als Handlungsempfehlung nennt das Pa-pier eine Beschränkung der Wohnungs-bauförderung auf die wenigen Regionenmit hohem Zuwanderungsdruck und eineBeschränkung der Eigenheimförderung aufMaßnahmen zum Ausbau und zur Mo-dernisierung bestehenden Wohnraums.Im Verkehrsbereich fordert das Umwelt-bundesamt eine Ausdehnung der LKW-Maut auf Bundesfernstraßen und eine jähr-liche Erhöhung von LKW-Maut und Öko-steuer. Außerdem heißt es, um Verkehrs-verlagerungen im größeren Umfang zu er-reichen, sei eine Neuordnung der ÖPNV-Finanzierung notwendig.Ob diese Handlungsempfehlungen aller-dings von der Politik ernst genommen wer-den ist stark zu bezweifeln, und deshalbdürften die genannten Ziele, zumindest imVerkehrsbereich, utopisch sein.

Reduzierung der Flächeninanspruchnahmedurch Siedlungen und VerkehrUmweltbundesamt-Beiträge zur nachhalti-gen Entwicklung-Strategiepapier des Umweltbundesamtes-abgestimmt mit der uba-Arbeitsgruppe„Agenda 21/Nachhaltige Entwicklung“

erschienen im Herbst 2004 im Erich-Schmidt-Verlag, Berlin 2004ISBN: 3-503-07852-5

DA-Kalender, zu bestellen unter:www.projektwerkstatt.de/materialien

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BSÖ-Kontakt und Info

Die BSÖ

Das FUI/HUI ist der Infodienst der Bundeskoordination Studentischer ÖkologiearbeitDie Mitglieder des Netzwerks BSÖ beziehen es 1 x im Quartal (2 x im Semester) kostenlos,alle anderen können es für 10 Euro pro Jahr abonnieren.Einzelexemplare des Hochschul-Umwelt-Infos können gegen 2,50 Euro in Bar oder Brief-marken in der Geschäftsstelle angefordert werden. Sie befinden sich auch zum Runter-laden teils ohne Graphiken größtenteils als pdf-Dateien auf unserer Internetpräsenz:http://www.bsoe.info/fui

Das FUI

Im November 1992 wurde das Netzwerk BSÖ e.V. gegründet, um die Aktivitäten der Um-weltgruppen, Öko-, Verkehrs- und Sozialreferate und umweltinteressierter StudentInnenzu vernetzen und eine Informationsstelle für die Einbindung des Umweltschutzes in dieHochschule zu schaffen. Ziel der BSÖ ist es eine verstärkte Umsetzung des Umweltschut-zes in der Lehre, der Forschung und im praktischen Betrieb der Hochschulen und derStudierendenwerken zu erreichen sowie das Umweltbewußtsein aller Hochschulan-gehörigen auch weiterhin zu fördern. Außerdem soll u.a. die weitere Verankerung des Um-weltschutzes und der Umweltbildung in die Landeshochschulgesetze vorangetrieben wer-den. Außerdem beschäftigt sich die BSÖ natürlich auch mit allgemeinen politischen The-men rund um den Bereich Umweltschutz/Ökologie.Weitere Infos gibt’s in unserer Geschäftsstelle oder bei den AnsprechpartnerInnen fürbestimmte Themen. (siehe nächste Seite).

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tuelles/ Wissenswertes rund um die BSÖ. Mit einer eMail mit folgendem Inhalt könnt Ihr Eucheintragen lassen.To: [email protected]

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www.bsoe.info

ImpressumFUI

HochschulUmweltInfo-Magazin

Infodienst des BSÖ-Netzwerkes

Herausgeberin: Netzwerk BSÖ e.V.,c/o RefRat HUUnter den Linden 610099 Berlin

Redaktion: Falk, Florian, Jörg, Oli St., Oli B., Sigrid, Stefan, Uli L.

Verantwortlich:- allgemein und für alle nicht gekennzeich-

neten Artikel: Florian Kubitz, Sorge 27,38678 Clausthal-Zellerfeld

- für den Schwerpunkt:Oliver Bäsener, Große Str. 33,21075 Hamburg-Harburg

Für namentlich gekennzeichnete Artikelsind die Unterzeichnenden selbst verant-wortlich. Sie entsprechen nicht unbe-dingt der Meinung der Redaktion.

FDL - Free Documentation License

Eigentumsvorbehalt:Dieses Heft bleibt bis zur Aushändigungan die AdressatIn Eigentum der BSÖ e. V.„Zur-Habe-Name“ ist keine Aushändi-gung im Sinne dieses Vorbehalts. Nichtausgehändigte Hefte sind unter Angabedes Grundes der Nichtaushändigung andie BSÖ zurück zusenden.

Auflage: 500 Exemplare

Druck:AStA-Druckerei Uni Oldenburg26111 Oldenburg

Ich/Wir möchte/n der BSÖ beitreten. Der Mitgliedsbeitrag für EinzelstudentInnen beträgt 15 Euro.Das FUI bekomme ich automatisch kostenlos zugeschickt. Schickt mir bitte eine Beitrittserklärung.Ich/Wir möchte/n das FUI im Abonnement beziehen und 4 x im Jahr frei Haus erhalten:

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Netzwerk-Adressen

Adressen der BSÖ auf einen Blick:Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit e.V. Stand: Dezember 2004

Anti-Atom:Oliver Bäsener (Email-Verwaltung)Große Str. 33, 21075 Hamburg HarburgTel.: 040/70104247undFalk Beyer (Greenkids)Karl-Schmidt-Str. 4, 39104 MagdeburgTel: 01 62 / 78 68 [email protected]

Alternativer Handel:Stefan Freudenberg (BSÖ-Vorstand)Weiherstr. 12, CH - 8280 KreuzlingenTel: 0041/71/[email protected]

Energie:Florian Kubitz (BSÖ-Vorstand)Sorge 27, 38678 Clausthal-ZellerfeldTel: 05323/[email protected]

Food-Coops:Bundesverband der LebensmittelcoopsBärbel HolveHochstr. 30, 53894 LückerathTel: 02443 / 1631, Fax: [email protected]

Gen-/Biotechnologie:David MöbiusFHO Ostfriesland, AStA ÖkologiereferatConstanziaplatz 4, 26723 EmdenTel: 04921/ [email protected]

Gewässer (NachfolgerIn gesucht):Nicole Feige (BSÖ-Vorstand)Rauhehorst 153, 26127 OldenburgTel: 0441/[email protected]

Internationales:Uli Lerche (BSÖ-Vorstand)Schißlerstr. 9, 86154 AugsburgTel: 0821/2182504undSapi Ullrichhttp://[email protected]

InternetStefan Freudenbergsiehe Alternativer [email protected]

Ökologisch Bauen (NachfolgerIn gesucht):Holger WolpensingerSchnetzlerstr. 3, 76137 KarlsruheTel: 0721/384 [email protected]

Ökologische Mensa (NachfolgerIn gesucht):Maria DeiglmayrPrinzessinweg 67, 26122 [email protected]

Papier/Recycling:David Möbius(siehe Gentec)[email protected]

Reformpädagogik:Karsten SchulzBirkenweg 18, 21614 BuxtehudeTel: 04163/[email protected]

Tierrechte:Dr. Martina Kuhtz-BöhnkeSATIS, Roermonder Str. 4a, 52072 AachenTel: 0241/15 -7214, Fax: [email protected]

Hochschul-Umweltschutzstrukturen:Tina HoffmannTel: 030/516 52139Potsdam / [email protected]

Umweltbildung:Sigrid ObererDerchinger Str. 202a86165 AugsburgTel: 0821/[email protected]

Verkehr/Mobilität:Oliver Stoll(s. BSÖ-GeSte)www.bsoe.info/[email protected]

Aktive

ThemensprecherInnen undArbeitskreise

Till Brock & Malin Ulrich (FUI-Verschickung)c/o AStA C. v. Ossietzky Universität Uhlhornsweg 49-55, 26129 OldenburgTel: 0441/798-2575

Arne Brück: [email protected]

Tobias LeußnerErzstr. 22b, 38678 Clausthal-ZellerfeldTel: 05323/[email protected]

Alexander JillichTel: 089/[email protected]

Peer WollnikGlücksburger Str. 41, Zi. 16844799 BochumTel: 0234/9380862

Vernetzung:Jörg Schulz (BSÖ-Vorstand)Adolph-Roemer-Str. 2938678 Clausthal-ZellerfeldTel: 05323/[email protected]

Geschäftsstelle

BSÖ e.V. c/o HUUnter den Linden 610099 BerlinTel: 030 / 2093 - 1749 (AB)Fax: 030 / 2093 - [email protected]

Präsenzzeit: Freitags, 11 - 17 UhrGeste-Team: Olaf, Frigga, Oliver

Finanzen

BSÖ Finanzenc/o Jörg SchulzAdolph-Roemer Str. 2938678 [email protected]

Ansprechpartner: Florian und Jörg

Netzwerk-

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