Alterssicherung, Arbeitsmarktdynamik und neue Reformen ... · und neue Reformen: Wie das...
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Alterssicherung, Arbeitsmarktdynamik und neue Reformen: Wie das Renten-system stabilisiert werden kann
Ruhr-Universität BochumStudie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
Autor:Prof. Dr. Martin Werding, Lehrstuhl für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, Ruhr-Universität Bochum
Alterssicherung, Arbeitsmarktdynamik und neue Reformen: Wie das Renten-system stabilisiert werden kann
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Inhalt
Inhalt
1 Das Wichtigste in Kürze 8
1 Key points in brief 12
2 Einleitung 16
3 GrundlegendePerspektivenfürdieRentenfinanzierung 19 3.1 EffektederDemographie 19
3.2 EffektederProduktivitätsentwicklung 24
3.3 EffektederGesundheitskostenundihrerEntwicklung 27
4 Option „Mehr Beschäftigung“ 30 4.1 EffektederErwerbsbeteiligungvonFrauen 30
4.2 EffekteeinerweiterenVerlängerungderLebensarbeitszeit 36
5 Option„BessereQualifikationen“ 39 5.1 EffektebessererberuflicherBildung 39
5.2 BesserqualifizierteZuwanderer 43
6 Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems 47 6.1 GrundrentenundBekämpfungvonAltersarmut 47
6.2 EinbeziehungSelbstständigerundBeamter 50
6.3 ErgänzendekapitalgedeckteVorsorge 52
6.4 „Kinderrente“:UmbaudesUmlagesystems 54
7 Schlussfolgerungen für die Alterssicherungspolitik 57
8 Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten 60
9 Literatur 65
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Abbildungen
Abbildungen
Abbildung1: Altenquotient(1990–2060) 20
Abbildung2: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektederDemographie 22
Abbildung3: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektedesRentenrechts 23
Abbildung4: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektedesProduktivitätswachstums 26
Abbildung5: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektederGesundheitskosten 28
Abbildung6a: ErwerbsquotennachGeschlechtundAltersgruppen
(2000–2060)–Männer,inProzent 31
Abbildung6b: ErwerbsquotennachGeschlechtundAltersgruppen
(2000–2060)–Frauen,inProzent 32
Abbildung7: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffekteerhöhterBeschäftigung 33
Abbildung8: Arbeitslosenquote(1990–2060) 34
Abbildung9: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektederArbeitslosenquote 35
Abbildung10: ErwerbspersonennachQualifikationen(2000–2060) 41
Abbildung11: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektehöhererQualifikationen 42
Abbildung12: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffektebesserqualifizierterZuwanderer 45
Abbildung13: NiveauvonStandard-undDurchschnittsrenten(1990–2060) 48
Abbildung14: RentenniveauundBeitragssatzderGRV(1990–2060)–
EffekteeinerEinbeziehungSelbstständigerundBeamter 51
Abbildung15: RentenniveauundergänzendeprivateVorsorge(1990–2060) 53
7
Tabellen und Boxen
Tabelle: EffektevonmehrBeschäftigungundbessererQualifikation
fürdieRentenfinanzen 10
Table: Effectsofincreasedemploymentandskillsimprovementson
pensionfunding 14
Box1: EffektedesgeltendenRentenrechts 23
Box2: EffektederEntwicklungderArbeitslosigkeit 33
Box3: EffektebessererQualifikationenderZuwanderer 44
Tabellen und Boxen
8
Das Wichtigste in Kürze
1 Das Wichtigste in Kürze
DasgesetzlicheRentensystemstehtunmittelbarvoreinerPhasewachsenderfinanziellerAnspan-
nung,diedurchdendemographischenWandelverursachtwird.AktuellerscheintdieFinanzlage
derRentenversicherungnochalssehrgut,getragenvoneinemgünstigenTrendamArbeitsmarkt,
deranhaltenkönnte,undeinerkonjunkturellenBoomphase,diegeradezuEndegeht.DasRen-
tenniveauwirdnachdemderzeitgeltendenRechtindennächstenJahrenundJahrzehntendeut-
lichsinken.TrotzdemmussderBeitragssatzmittel-undlangfristigdrastischsteigen.DiesePers-
pektiveerklärtdieeinschneidendenReformendesRentensystems,dieindenvergangenenJahren
bereitsergriffenwurden.SiedarfbeijederneuerlichenDebattezurRentenpolitiknichtausden
Augenverlorenwerden.
Die Studie basiert auf zahlreichen Langfristprojektionen zur Entwicklung von Demographie,
Arbeitsmarkt,gesamtwirtschaftlichemWachstumsowieEinnahmenundAusgabenderSozialver-
sicherungenunddergesamtenöffentlichenFinanzenimZeitraumbis2060.Erstelltwurdendie
ProjektionenmitdemSimulationsmodell„SIM.11“(SocialInsuranceModell,Version2011),das
derVerfasserimAuftragderBertelsmannStiftungentwickelthat.DieStudieträgtdabeiauchden
invielerleiHinsichtbestehendenUnsicherheitenRechnung.Zielistes,Handlungsoptionenund
Maßnahmenzuidentifizieren,diedieabsehbareAnspannungimRentensystemwirksammildern
unddazubeitragenkönnen,dieAuswirkungendesdemographischenWandelszubewältigen.
Die Untersuchung möglicher zukünftiger Szenarien für die Rentenfinanzen liefert folgende
Befunde:
1. DieungünstigenPerspektivenfürdieEntwicklungvonRentenniveauundBeitragssatzerwei-
sensichalsäußerstrobustgegenüberrealistischenVariationenderAnnahmenzuGeburten-
ziffer, LebenserwartungundNetto-Wanderungen als denwichtigstenBestimmungsfaktoren
derkünftigendemographischenEntwicklung.
2. Auch günstige Entwicklungen des Wachstums von Produktivität und Löhnen sowie der
ArbeitslosigkeithabenfürdasRentensystemnurschwacheWirkungen.Siekönnendiedemo-
graphisch bestimmten Trends wenig beeinflussen und keinesfalls außer Kraft setzen. Die
BeschäftigungsentwicklungkanndurchstarksteigendeSozialbeiträgesogarihrerseitsbeein-
trächtigtwerden.
3. EinspeziellesRisikostellendieGesundheitskostendar,derenzukünftigeEntwicklungschwe-
rervorauszuschätzenistalsdiederRentenausgaben.SiewirkensichaufdasRentensystem
überdieBeiträgezurKrankenversicherungderRentnerinnenundRentnerausundkönnen
dieRentenausgabenweitererhöhenund/oderdieverfügbarenAlterseinkommenderRentner
weitervermindern.
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Das Wichtigste in Kürze
4. Eine Aussetzung des Nachhaltigkeitsfaktors, der die laufenden Rentenanpassungen bei
ungünstigerdemographischerEntwicklungdämpft,bremstzwardieAbsenkungdesRenten-
niveaus;diesführtaberzueinerVerschärfungdesabsehbarenAnstiegsdesBeitragssatzes.
EineAussetzungdesÜbergangszurRentemit67senktdasRentenniveauunderhöhtzugleich
denBeitragssatz.
Handlungsoptionen:„MehrBeschäftigung“und„BessereQualifikationen“
DiefinanzielleSituationdesRentensystemshängtstarkdavonab,obesgelingt,dieDynamikder
Arbeitsmarktentwicklungumfassendzuerhöhen.AngesichtsderStärkederEffektedesdemogra-
phischenWandelskanndiesletztlichnurdurcheinganzesBündelanMaßnahmengelingen.Fol-
gendeAnsatzpunktesindgeeignet,diePerspektivenfürdieRentenfinanzierungzuverbessern:
1. HöhereFrauenerwerbsbeteiligung:NennenswerteSpielräume,umdendemographischenEin-
flüssen auf die zukünftigen Erwerbspersonenzahlen entgegenzuwirken und die Beschäfti-
gungauszuweiten,ergebensich,wennesgelingt,denanhaltendenTrendzueinererhöhten
ErwerbsbeteiligungvonFrauenzuverstärken.SowohldieRentenniveausenkungalsauchder
Beitragssatzanstiegwerdendadurchspürbargedämpft.ErforderlichsindausreichendeKin-
derbetreuungsmöglichkeiten,insbesonderefürunter3-jährigeKinder,sowieGanztagsplätze
inKindergärtenundSchulen.DeraktuelleAusbauvonEinrichtungendieserArtgehtsomitin
dierichtigeRichtung.BemühungenumdieQualitätsolcherBetreuungs-undBildungseinrich-
tungendürfendarüberabernichtvernachlässigtwerden.
2. Verlängerung der Lebensarbeitszeit: Potenziale zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung mit
günstigenAuswirkungenaufdieRentenfinanzengibtes trotznennenswerterSteigerungen
inderjüngerenVergangenheitauchbeiderErwerbsbeteiligung55-JährigerundÄlterer.Maß-
nahmen,umdiesenAnstiegzuverstärkenunddieLebensarbeitszeitinsgesamtzuerhöhen,
sindvorallemweitereHeraufsetzungendergesetzlichenRegelaltersgrenzedesRentensys-
tems,diefrühzeitigangekündigtwerdensolltenund–etwainFormeinerexplizitenRegelbin-
dung–demerwartetenAnstiegderLebenserwartungfolgenkönnen.Unterstütztwerdenkann
diesdurcheineHeraufsetzungderAbschlagssätzebeivorzeitigemRenteneintritt,diederzeit
zuniedrigsind,umBelastungenfürandereVersichertezuvermeiden.
3. BessereberuflicheBildung:EineverbesserteBildung– insbesondereeingeringererAnteil
derer,diedasBildungssystemohneabgeschlosseneBerufsausbildungverlassen, aberauch
ein höherer Anteil von Absolventen mit Hochschulabschluss – kann ebenfalls dazu beitra-
gen,dieFolgendesdemographischenWandelszubewältigen.DieAuswirkungenzeigensich
dabeiallerdingseher inhöherenLöhnenundRentensowie instärkeremgesamtwirtschaft-
lichemWachstum,weniger inGestaltniedrigerBeitragssätzeundeineshöherenRentenni-
veaus.SchwacheTeilnehmerdesBildungssystemsmüssendortbessergefördertundzugleich
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Das Wichtigste in Kürze
durchgrößereArbeitsmarktchancenvoreinerfrühzeitigenEntmutigungbewahrtwerden.Das
SystemberuflicherBildungsollte leistungsfähigerhaltenundflexibelweiterentwickeltwer-
den.FürhöhereBildungmüssendieerforderlichenRessourcenbereitgestelltwerden.
4. UmalledieseMöglichkeitenzunutzen,sindzugleichVerhaltensänderungenvielerAkteure
notwendig,diesichpolitischnichtdirektsteuernlassen.DiesgiltfürdieAblösungüblicher
Rollenmusterder familiärenArbeitsteilungebensowie fürEin-undAufstiegsmöglichkeiten
fürFrauen–anstellevonLohn-undKarrierenachteilen,wiesiebisherinvielenUnternehmen
üblichsind.Esgilt fürdieLebensplanungenältererArbeitnehmerinnenundArbeitnehmer
inBezugaufihrenRuhestandebensowiefürdieSchaffungaltersgerechterArbeitsplätze,die
BerücksichtigungältererArbeitskräftebeiderWeiterbildungunddiePersonal-undNachfol-
geplanungseitensderArbeitgeber.
WelcheAuswirkungendiehiergenanntenMaßnahmen–einzelnsowieinKombinationmiteinan-
der–fürdielangfristigeEntwicklungvonBeiträgenundLeistungendergesetzlichenRentenver-
sicherunghabenkönnen,fasstdienachstehendeTabellezusammen.
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
DurchKombinationderEffekteallerbishergenanntenMaßnahmen lassensichdieAussichten
fürdiezukünftigeRentenfinanzierungerkennbarverbessern.Wirklichgutkönnensieaberauch
dannnochnichtgenanntwerden.Dahermussdarübernachgedachtwerden,welcheweiterenOpti-
onenesgibt,umdasSystemderAlterssicherungfinanzierbarundleistungsfähigzuhalten.
Zuprüfensinddabeivorallem folgendeMöglichkeiten füreinengrundlegenderenUmbauder
Alterssicherung:
Tabelle: Effekte von mehr Beschäftigung und besserer Qualifikation für die Rentenfinanzen
GRV-Beitragssatz Standard-Rentenniveau (netto, vor Steuern)*
2010 2030 2060 2010 2030 2060
Referenzszenario 19,3% 21,3% 27,2% 52,9% 45,2% 41,2%
Höhere Frauenerwerbsbeteiligung 19,3% 21,3% 26,7% 52,9% 45,3% 41,8%
Längere Lebensarbeitszeit 19,3% 21,2% 26,2% 52,9% 45,2% 42,3%
Bessere berufliche Bildung 19,3% 21,3% 27,0% 52,9% 45,2% 40,7%
Kombiniertes Szenario 19,3% 21,2% 25,5% 52,9% 45,2% 42,5%
*Zur Definition des Netto-Standard-Rentenniveaus siehe Anhang S. 60
Quellen: Deutsche Rentenversicherung 2010; Projektionen für 2030/60: SIM. 11.
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Das Wichtigste in Kürze
1. AlternativenzumdeutschenRentensystembieteninternationalweitverbreiteteModelle,die
alleErwerbspersonenerfassen,denensiemeistabernureinetendenzielleinheitlicheGrund-
renteanbieten.GrundrentenkönneninDeutschlandallerdingskeinarmutsfestesSicherungs-
niveau bieten und dabei zugleich die Ausgabenentwicklung des Rentensystems stabilisie-
renoder sogardämpfen.UnabhängigdavonkanndurchEinbeziehungvonSelbstständigen
undBeamtenderVersichertenkreisausgeweitetwerden.Denkbarwärees,dieBeiträgedie-
serzusätzlichenMitglieder,denenerstspäterentsprechendhöhereRentenansprüchegegen-
überstehen,fürdenAufbaueinerTeilkapitaldeckungdesRentensystemszunutzen.Vorüber-
gehendentlastendeEffektederReformwürdendannabertendenziellwiederverschwinden.
2. Schritte zu einer Teilkapitaldeckung der Alterssicherung wurden in Deutschland bereits
gemacht,bislangaberauffreiwilligerBasismitstaatlicherFörderung.DiesstelltimPrinzip
einesinnvolleErgänzungumlagefinanziertergesetzlicherRentendar,derenFinanzierungsba-
sisausdemographischenGründenschwindet.DieVerbreitungergänzenderVorsorgekönnte
allerdings durch eine grundsätzliche Vorsorgepflicht erhöht werden, von der im Einzelfall
unterbestimmtenBedingungenabgewichenwerdenkann(Opting-out-Modell).Dasselbegilt
fürgesetzlicheStandardszuArtundUmfangderVorsorge,weilAnlegerkomplexenEntschei-
dungendazusonstausweichen.ErforderlichsindfernerRegulierungen,diefürmehrMarkt-
transparenzsorgen,sowieeineStärkungbetrieblicherundtariflicherLösungenzurSenkung
hoherKostenfürAbschlussundDurchführungderVorsorgeverträge.
3. ImHinblickaufdieEffektedesdemographischenWandelskönnteschließlicheingrundlegen-
derKonstruktionsfehlerherkömmlicherRentensystemebeseitigtwerden.Siesindeinerseits
aufeinemöglichsthoheZahlqualifizierterzukünftigerErwerbspersonenangewiesen;ande-
rerseits setzensieAnreizegegendieErziehungundAusbildungvonKindern.ZurLösung
diesesProblemskönntenkinderbezogeneRentenansprücheausgebautwerden.Existierende
LeistungendieserArtreichenderzeitnichtaus,dieBelastungauszugleichen,dieFamilienbei
derErziehungundAusbildungvonKindernübernehmenundmitdenensiezugleichdasRen-
tensystemstabilisieren.PersonenohneKinderkönntendagegenverstärktergänzende,kapi-
talgedeckteVorsorgebetreiben.ZwarkämensolcheReformenmittlerweile zu spät,umdie
Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Rentenfinanzen zu vermeiden – sie
könntenaberlängerfristigangemessenereRahmenbedingungenderEntwicklungdesRenten-
systemserzeugen.
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1. Key points in brief
1 Key points in brief
Germany’sstatutorypension insurancesystemwillsoonbesubject togrowing financialstrain
generatedbydemographicchange.Atpresent,thefinancialstateofthepensionsystemisquite
strong,thankstoafavorablelabormarkettrendthatcouldpersistandaneconomicboomperiod
thatiscomingtoanend.Undercurrentlaw,pensionlevelswillfallsignificantlyinthecoming
yearsanddecades.Nevertheless,contributionratesmustincreasedramaticallyoverthemiddle
and long terms. This state of affairs explains the drastic reforms that have been made to the
pensionsysteminrecentyears.Indeed,thesepointsmustcontinuetoinformanynewdebateon
pensionpolicy.
Thisstudyisbasedonnumerouslong-termprojectionsforGermanyintheareasofdemographics,
the labor market, economic growth, social insurance system income and expenditures, and
overallpublicfinancesthroughtheyear2060.Theprojectionswerederivedusingthe“SIM.11”
(SocialInsuranceModel,version11)simulationmodel,developedbytheauthoronbehalfofthe
BertelsmannStiftung.Thestudyalsotakesthemanyexistinguncertaintiesintoaccount.Thegoal
istoidentifypolicyoptionsandmeasuresthatmayeffectivelymitigatetheforeseeablestressesin
thepensionsystemandhelptocopewiththeimpactofdemographicchange.
Theexaminationofpossiblefuturepension-fundingscenariosproducesthefollowingfindings:
1. Theunfavorableoutlookforthedevelopmentofpensionlevelsandcontributionratesshows
itselftobequiterobustwithrespecttorealisticvariationsinassumptionsaboutbirthrates,
lifeexpectancyandnetmigration, themost importantdeterminantsof futuredemographic
developments.
2. Evenfavorableproductivity,wagegrowthandunemploymentdevelopmentshaveonlyweak
effectsonthepensionsystem.Theycanaffectthedemographictrendsonlyminimally,and
caninnosenseoverridethem.Indeed,employmentgrowthmayevenbeimpairedbystrongly
risingsocialcontributions.
3. Health care costs represent a particular risk, as their future expansion is predicted to be
moresubstantialthanthatofpensionexpenditures.Theyaffectthepensionsystemthrough
pensioners’healthinsurancecontributions,andcouldfurtherincreasepensionexpenditures
and/orfurtherreducepensioners’availableretirementincomes.
4. Asuspensionofthesustainabilityfactor(“Nachhaltigkeitsfaktor,”introducedin2004),which
wouldcurtailcurrentpension-systemadaptationstounfavorabledemographicdevelopments,
wouldindeedslowthereductioninpensionlevels;however,thisleadstoastrengtheningof
theforeseeableincreaseincontributionrates.Suspendingthetransitiontoaretirementageof
67wouldreducepensionlevelswhilesimultaneouslyincreasethecontributionrate.
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1. Key points in brief
Policy options: “More jobs” and “better skills”
Thepensionsystem’sfinancialsituationstronglydependsonwhetherlabormarketdynamicscan
besuccessfullyandcomprehensivelystrengthened.Giventhestrengthoftheeffectsassociated
withdemographicchange,thiscanultimatelybeaccomplishedonlythroughapackageofmeasures.
Thefollowingapproachesholdpromiseintermsofimprovingtheoutlookforpensionfinancing:
1. Increasedfemalelabor-marketparticipation:Strengtheningthecurrenttrendtowardincreased
labor-forceparticipationratesamongwomenwouldexpandthescopeofpossibilitiesinterms
of counteracting demographic influences on the size of the future labor force, as well as
broadeningemploymentmoregenerally.Boththelevelofpensionreductionandtheincrease
incontributionratescanbeappreciablymitigatedinthisway.However,sufficientchild-care
options,particularly forchildrenunderthree,aswellas full-dayslots inkindergartensand
schools,willberequired.Thecurrentexpansionintheavailabilityofthistypeoffacilitythus
marksastepintherightdirection.Effortsshouldalsobemadetoimprovethequalityofsuch
careandeducationalinstitutions.
2. Extensionofworkinglife:Evengiventhesignificantincreasesintherecentpast,labor-force
participationbythose55yearsandoldercontinuestoholdpotentialtoincreaseoveralllabor-
forceparticipationrates,withcorrespondinglypositiveeffectsonpensionfinancing.Inseeking
tostrengthenthistrendandincreasethedurationofworkinglivesoverall,measuresshould
aboveallincludeincreasesinthepensionsystem’sstatutoryretirementage.Theseshouldbe
announcedwellinadvance,andcouldbetiedtoexpectedincreasesinlifeexpectancy,perhaps
intheformofanexplicit,bindingrule.Thiscanbesupportedbyraisingtheratebywhich
pensionlevelsarereducedforthosechoosingearlyretirement;thisrateistodaytoolowto
avoidbeingaburdenonotherinsuredindividuals.
3. Bettercareertraining:Improvementsineducation–inparticular,areductionintheshareof
studentsleavingtheeducationsystemwithoutcompletingvocationaltraining,butalsoahigher
percentageofgraduateswithatertiarydegree–canalsohelpcopewiththeconsequences
ofdemographicchange.Theeffectsofthisshowthemselvesprimarilyinhigherwagesand
pensionsandstrongereconomicgrowth,andlesssointheformoflowercontributionratesand
higherpensionlevels.Weakeducation-systemparticipantsmustbeprovidedbettersupport,
and shouldbeprotected fromearlydiscouragement through theprovision of greater labor
market opportunities.Thevocational training systemshould retain itspresent capabilities,
whilebeingfurtherdevelopedinaflexiblemanner.Theresourcesneededtosupporthigher
educationmustbeprovided.
4. Changesinthebehaviorofmanyactorswillalsobenecessaryinordertotakeadvantageof
theseopportunities,althoughtheseshiftscannotbedirectlycontrolledthroughpoliticalaction.
Thetraditionalrolesandpatternsgoverningthedivisionoflaborwithinthefamilymustbe
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1. Key points in brief
overcome,andwomenmustbeprovidedcareerentryandadvancementopportunities,rather
thansufferingunderwageandcareerdisparities,asiscommonwithinmanycompanies.Older
workersmustplanfortheirretirement,workplacesmustbemadefreeofagediscrimination,
olderworkersmustbeincorporatedintocontinuingeducationprograms,andemployersmust
engageinhumanresourcesandsuccessionplanning.
The followingtablesummarizes theeffects that themeasures identifiedhere– individuallyas
wellasincombination–canhaveonthelong-termdevelopmentofstatutorypensioninsurance
contributionsandbenefits.
Options for restructuring the pension system
Throughacombinationoftheeffectsofallthepreviouslymentionedmeasures,theprospectsfor
thefuturepension-systemfinancingcanbeperceptiblyimproved.However,eveninthiscase,the
outlookislessthanfavorable.Itisthereforenecessarytoconsiderwhatotheroptionscankeepthe
pensionsystemfinanciallysoundandcapableofperformingitsfunctions.
Thepossibilitiesexaminedhereinvolveafundamentaltransformationofthepensioninsurancesystem:
1. AwidevarietyofalternativemodelstotheGermanpensionsystemareevidentinternationally.
Inmanycases,thesecoverallemployedpersons,buttendtoofferonlyauniformbasicpension.
However,basicpensions inGermanycannotofferaguaranteeagainstpovertywhileat the
sametimestabilizingorevenreducingoverallpensionexpendituregrowth.Separately, the
inclusionoftheself-employedandcivilservantscanexpandthesizeoftheinsuredpopulation.
Itisconceivablethatthecontributionsoftheseadditionalmemberscouldbeusedtoconstruct
apartiallyfundedpensionsystem,thoughtheseindividualswouldlaterhavecorrespondingly
higher pension entitlements. The temporary relief produced by the reforms would thus
ultimatelytendtodisappear.
Table: Effects of increased employment and skills improvements on pension funding
Statutory pension contribution rate Standard pension level (net, before tax)*
2010 2030 2060 2010 2030 2060
Reference scenario 19,3% 21,3% 27,2% 52,9% 45,2% 41,2%
Higher female labor-force participation 19,3% 21,3% 26,7% 52,9% 45,3% 41,8%
Longer working lives 19,3% 21,2% 26,2% 52,9% 45,2% 42,3%
Better training 19,3% 21,3% 27,0% 52,9% 45,2% 40,7%
Combined scenario 19,3% 21,2% 25,5% 52,9% 45,2% 42,5%
*For definition of the net standard pension level, see appendix p. 60
Sources: German Pension Insurance Scheme 2010; Projections for 2030/60: SIM.11.
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1. Key points in brief
2. Somestepshavealreadybeentakentowardapartiallyfundedpensionsystem;however,this
hastodatebeendoneonavoluntarybasis,withstatesupport.Inprinciple,thisrepresentsa
sensiblesupplementtopay-as-you-gostatutorypensions,thefinancialbasisforwhichisbeing
undermined by demographic change. However, the expansion of supplementary pensions
couldbeincreasedbyabasicpensionobligation,whichcouldbewaivedinindividualcases
undercertainconditions(opt-outmodel).Thesamegoesforstatutorystandardsgoverningthe
typeandscopeofinsuranceprovisions,asinvestorsasaruleavoidcomplexdecisions.Also
requiredareregulationsprovidingformoremarkettransparency,aswellasastrengthening
ofoperationalandtariff-basedsolutionsabletoreducethehighcostsassociatedwithpension
contractacquisitionandtransactions.
3. Withregardtotheeffectsofdemographicchange,afundamentaldesignflawintraditional
pension systems can be eliminated. On the one hand, today’s systems are reliant on the
highestpossiblenumberofskilledfutureworkers;ontheotherhand,theycreateincentives
againstchildrearingandeducation.Tosolvethisproblem,child-relatedpensionclaimscould
beexpanded.Existingbenefitsof this typearenotenoughtobalancetheburdentakenon
byfamilieswithrespecttorearingandeducatingchildren,activitiesthatultimatelyhelpto
stabilizethepensionsystem.Bycontrast,peoplewithoutchildrencouldparticipateinmore
fullyfundedsupplementarypensionplans.Althoughsuchreformswouldnowcometoolateto
averttheeffectsofdemographicchangeonpensionfinancing,overthelongtermtheycould
produceconditionsconducivetothefurtherdevelopmentofthepensionsystem.
16
Einleitung
2 Einleitung
VieleFolgendesdemographischenWandelserscheinenausheutigerSichtunklar.Dasliegtnicht
zuletztdaran,dassesanBeispielenausderVergangenheitfehlt,andenenmandieFolgenaltern-
derundschrumpfenderBevölkerungenfürArbeitsmarktgeschehenundwirtschaftlicheEntwick-
lungstudierenkönnte.EsbedarfdagegenkeinerumständlichenAnalysen,umzudemSchlusszu
kommen,dassdasRentensystemunterDruckgeratenwird,wenndieZahlderRentnerinnenund
RentnerjeBeitragszahlerinund-zahlerstarksteigt.DieseEntwicklung,diesichinDeutschland
vorallemindenJahrenvon2015bis2035bemerkbarmachenwird,istetwaseitEndeder1970er
Jahreabsehbar.InderWissenschaftwirdsieseitAnfangder1980erJahreintensivdiskutiert.Die
PolitiknimmtdiedarausresultierenProblemeabererstseitEndeder1990erJahrewirklichernst.
Seither haben verschiedene Bundesregierungen versucht, die langfristige Finanzierbarkeit
des gesetzlichen Rentensystems durch eine ganze Serie von Reformen zu sichern. Ein zentra-
lerAspektwarendabeiÄnderungenderRegelnfürdiejährlichenRentenanpassungen.DieRen-
tenreformvon1992hatindiesemPunktzunächstnureinenhandwerklichenFehlerderAnpas-
sungsformelbeseitigt,dieimPrinzipseit1957galt.AnderenfallswäredasNetto-Rentenniveaubei
wachsenderdemographischerAnspannungsogargestiegen.DieReformentwürfeundReformen
von1999,2001und2004sinddagegenSchrittfürSchrittimmerweiterindieRichtunggegan-
gen,dasNiveaugesetzlicherRenteninZukunftdeutlichzusenken,damitdieBeitragssätzenicht
zustarksteigenmüssen.
ImGesetzwurdenmittlerweileZielwertefürdieseGrößenverankert,dieinderbevorstehenden
PhasedesoffenendemographischenWandelsnichtverletztwerdensollen.Dassogenannte„Netto-
StandardrentenniveauvorSteuern“1sollbis2020nichtunter46Prozent,bis2030nichtunter43
Prozentsinken,währendderBeitragssatzbis2020nichtüber20Prozent,bis2030nichtüber
22Prozentsteigensoll.AnderenfallsistdieBundesregierungaufgefordert,VorschlägezumNach-
steuernzuentwickeln(vgl.§154Abs.3SGBVI).ObsolcheZielefürdiesebeidenKenngrößendes
Rentensystemsgleichzeitigeingehaltenwerdenkönnen,istausheutigerSichtallerdingsoffen.
Ende2012stelltsichdiefinanzielleLagederRentenversicherungzwaralssehrgutdar,sodassdie
Beitragssätze2013nocheinmalspürbargesenktwerdenkönnen;dafürsorgtabervorallemeine
günstigekonjunkturelleEntwicklung,diederzeitbereitswiedernachlässt.Gleichzeitigstehtdie
Phase,inderderdemographischeWandeldieRentenfinanzenakutunterDrucksetzenwird,nun
unmittelbarbevor.WiegroßderDruckwirdundwielangeeranhält,hängtvonzahlreichenFakto-
renab,diesichnurbegrenzt–teilsleichter,teilsschwerer–beeinflussenlassen.
DiegezielteSenkungdesNiveausgesetzlicherRentenwirdvonweiterenMaßnahmenbegleitet,
diedazubeitragensollen,dassdiebetroffenenPersonenimAltertrotzdemübereinangemesse-
nesEinkommenverfügen.DiewichtigstenAbsichten,diedabeiverfolgtwerden,sindzumeinen
1 EinegenauereDefinitiondiesesundeinigerandererFachbegriffefindetsichimAnhang.
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Einleitung
eineVerlängerungderLebensarbeitszeit,diedenständigenAnstiegderdurchschnittlichenRen-
tenlaufzeit begrenzt und dadurch höhere jährliche Rentenzahlungen ermöglicht, zum anderen
eine Stärkung der ergänzenden privaten, betrieblichen oder tariflichen Altersvorsorge, um die
gesetzlichenRentenaufbreiterBasisaufzustocken.PraktischalledieseReformschritte,dieinden
letztenJahrengetanwurdenundsichinsgesamt,mindestensdefacto,zueinerReformstrategie
kombinieren,sindinPolitikundÖffentlichkeitjedochanhaltendumstritten.
IndervorliegendenStudiewird–nacheinemBlickaufdieDimensionderdemographischenHer-
ausforderungen–zunächstbetrachtet,wiesichdasdeutscheRentensystemunterdenderzeitgel-
tenden rechtlichenRahmenbedingungen indennächstendreibis fünf Jahrzehntenentwickeln
wird(Abschnitt3).AlszentraleKennziffernfürdasfinanzielleGleichgewichtdesSystemswer-
dendabeidasRentenniveau(netto,vorSteuern)undderBeitragssatzherangezogen,dieeinerseits
denBeitraggesetzlicherRentenzurdynamischenSicherungdesLebensstandardsderRentner
undandererseitsdielaufendenBelastungenderaktivenVersichertendurchdieRentenfinanzie-
rungverdeutlichen.
Angesichtsder sichabzeichnendenEinschnittebeidenRentnerinnenundRentnernsowieder
steigendenBelastungenaktiverVersicherterwirdanschließenduntersucht,welcheMöglichkeiten
esgibt,diefinanzielleEntwicklungdesRentensystemsmittel-undlangfristiggünstigerzugestal-
ten,alsderzeitabsehbar ist.BehandeltwerdendabeiOptionen,diesichunterdenStichworten
„MehrBeschäftigung“(Abschnitt4)und„BessereQualifikationen“(Abschnitt5)zusammenfas-
senlassenundinsgesamteinestärkereArbeitsmarktdynamikzurBewältigungdesdemographi-
schenWandelserzeugensollen.TeilweiseerfordernsieneuerlicheÄnderungendesRentenrechts,
zumeist aberRechts- undauchVerhaltensänderungen in anderenFeldernderBeschäftigungs-
oderSozialpolitik.AnschließendwirdeinÜberblicküberweitereHandlungsoptionenmiteiner
UmgestaltungdesAlterssicherungssystemsgegeben,diezurBewältigungdesdemographischen
WandelsimRentensystemebenfallsinteressantseinkönnten(Abschnitt6).
DieStudieschließtmiteinerZusammenfassungunterdemGesichtspunkt,welcheAnsatzpunkte
undwelchekonkretenHandlungsmöglichkeitensichabzeichnen,umsowohldieFinanzierbarkeit
alsauchdieLeistungsfähigkeitderAlterssicherunginDeutschlanddurchvorausschauendeMaß-
nahmenundderenKombinationaktivzusichern(Abschnitt7).
GegenstandderStudiesindganzüberwiegendLangfristprojektionenzurEntwicklungdesgesetz-
lichenRentensystemsbis2060.SiebasierenaufmindestensebensoweitindieZukunftreichen-
denProjektionenzudemographischenDaten,zurArbeitsmarktlage,zudergesamtwirtschaftli-
chenEntwicklungsowiezuweiterenZweigendesSozialsystemsundderöffentlichenFinanzen
inDeutschland.ErstelltwerdendieseProjektionenmitdemSimulationsmodell„SIM.11“(Social
InsuranceModel,Version2011),dasderVerfasser imAuftragderBertelsmannStiftungentwi-
ckelthat.
18
Einleitung
DiejüngstenimModellverwendetenIst-DatenstammenausdemJahr2011.Esistnichtdarauf
angelegt, kurzfristige konjunkturelle Bewegungen abzubilden. Vielmehr ist das Modell dazu
gedacht,gestütztaufgrundlegende theoretischeZusammenhängeundderenempirischeKalib-
rationlangfristigeTrendsfortzuschreibenundihreAuswirkungenaufzuzeigen.Füreineumfas-
sendeDarstellungvonDatengrundlagen,MethodikundAnalysemöglichkeitendesModellsvgl.
Werding(2013).DieDarstellungundErörterungdieserAspektekanninderStudiedaheraufdas
Nötigstebeschränktwerden.HierwerdenvorallemdieAnnahmenbenannt,unterdenenmithilfe
desindieserHinsichtsehrflexiblenModellsverschiedensteVariantenderLangfristprojektionen
hergeleitetwerden.
19
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
3 Grundlegende Perspektiven für die Renten-finanzierung
DiePerspektivenfürdieFinanzierungdesgesetzlichenRentensystemsunterdenderzeitgelten-
denrechtlichenRahmenbedingungenhängenvonzahlreichenFaktorenab,dieChancenwieauch
Risikenbergen.ZunennensindbesondersdiedemographischeEntwicklungundihrewichtigsten
Determinanten,dieEntwicklungvonBeschäftigungundLöhnenderaktivenMitgliederdesRen-
tensystemssowieEntwicklungeninanderenZweigendesSozialsystems,wieimGesundheitswe-
sen,diesichunmittelbaraufdieRentenfinanzenauswirken.
EffektivlassensichdiePerspektivenfürdieRentenfinanzierungtrotzdemnuralsmehroderweni-
gerungünstigbezeichnen,wieindiesemKapitelgezeigtwird.KombiniertmanausheutigerSicht
plausibleAnnahmenüberalledieseFaktorenzueiner„Referenzvariante“,dannsinktdasRen-
tenniveauindennächstenJahrenundJahrzehntendeutlichab.TrotzdemmüssendieBeitrags-
sätzedergesetzlichenRentenversicherung(GRV)drastischsteigen.Diesliegtvorallemanstar-
ken,kurz-bismittelfristigwenigveränderlichendemographischenTrends.
RealistischeVariationenderAnnahmenkönnendenzuerwartendenRückgangdesRentenniveaus
und den Anstieg der Beitragssätze dämpfen, aber nie wirklich stoppen. Langfristprojektionen,
diedeninvielerleiHinsichtbestehendenUnsicherheitenRechnungtragen,ergebensomitkein
gemischtesBild–siesprechenvielmehreinerechteindeutigeSprache.Dieserklärtdieeinschnei-
dendenReformendesRentensystems,dieindenvergangenenJahrenergriffenwurden.Dasdarf
beijederneuerlichenDebattezurRentenpolitiknichtausdenAugenverlorenwerden.
3.1 Effekte der Demographie
Wichtigste Determinanten der demographischen Entwicklung sind die jährlichen Zahlen der
Geburten, der Todesfälle und der Zu- und Abwanderungen (bzw. des daraus resultierenden
Wanderungssaldos).2 Die aus heutiger Sicht plausibelste Annahme zur Abschätzung künftiger
Geburtenzahlenist,dassdiezusammengefassteGeburtenzifferaufdemseitrund40Jahrengel-
tenden,niedrigenNiveauvonrund1,4GeburtenjeFraukonstantbleibt.Gleichzeitignimmtdie
Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter aufgrund des frühen und starken Geburtenrückgangs
immerweiterab.DieZahlderTodesfällehängtabvonderLebenserwartung,diesichinderVer-
gangenheitkontinuierlicherhöhthat,aufderzeit82,4JahrefürFrauenund77,3JahrefürMänner.
DieserTrend–einAnstiegderLebenserwartung(hier:beiGeburt)umrundzweiJahreinjeder
Dekade–mussplausiblerweiseindieZukunftfortgeschriebenwerden.
2 Vgl.StatistischesBundesamt(2009);dortwerdenEntwicklungenderVergangenheitausführlichnachgezeichnetundeinschlä-gigeAnnahmenbegründet,diedasStatistischeBundesamtfürdiejüngsteVersionseinerBevölkerungsvorausberechnungenge-troffenhat.
20
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Das Wanderungsgeschehen, insbesondere die Zuwanderung, unterliegt erfahrungsgemäß star-
kenkurzfristigenSchwankungen.DerWanderungssaldowardabeiinderVergangenheitüberwie-
gendpositiv,miteinemlängerfristigenMittelwertvonrund200.000Netto-Zuwanderern,derin
denletztenzehnJahrenallerdingsaufrund100.000PersonenproJahrzurückgegangenist.Für
dieZukunftkannvereinfachendbeispielsweisederMittelwertdieserbeidenZahlenalsplausible
Annahmeangesehenwerden.
KonstruiertmanvordiesemHintergrundeine„Referenzvariante“fürdiezukünftigedemographi-
scheEntwicklunginDeutschland,soschrumpftdieWohnbevölkerungvonderzeitrund82Mil-
lionenPersonenunterplausiblenAnnahmen(vgl.Abbildung1)bis2030aufetwa78Millionen
Personen,bis2060weiteraufrund69MillionenPersonen.VondieserSchrumpfungüberpropor-
tionalbetroffensindPersonenimErwerbsalter,währendderAnteilältererPersonenaufgrundder
steigendenLebenserwartungdeutlichzunimmt.EineeinfacheKennziffer,diedieseVerschiebung
imAltersaufbauderBevölkerunganzeigt,istderAltenquotient,derdieZahlder65-Jährigenund
Älterenje100Personenzwischen15und64Jahrenmisstunddamitzugleichdemographische
FundamentaldatenfürdieFinanzierungdesRentensystemserfasst.ErsteigtinderReferenzvari-
antevonderzeitgut30bis2030aufrund49,bis2060weiteraufrund63an.
Quellen Ist-Daten: Statistisches Bundesamt (Bevölkerungsstatistik); Projektionen: SIM.11.
Abbildung 1: Altenquotient (1990–2060)
20
30
40
50
60
70
80
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
Bevö
lker
ung
65+
/ Be
völk
erun
g 15
–64
× 1
00
Annahmen:zusammengefasste Geburtenziffer: 1,4 Kinder (± 0,2 Kinder)Lebenserwartung: m = 87,7; w = 91,2 Jahre (± 2 Jahre)Migrationssaldo: 150.000 Personen p.a. (± 100.000)
Referenzvariante
Projektionen
21
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Interessant ist, wie sich dieser ausgeprägte Trend verändert, wenn man die zugrunde geleg-
ten Annahmen innerhalb realistisch erscheinender Bandbreiten variiert. Dies lässt sich durch
dieBerechnungweitererVariantenvonBevölkerungsprojektionentesten,indenenGeburtenzif-
fer,LebenserwartungundMigrationssaldojeweilssymmetrischgezielterhöhtodergesenktwer-
den,sodasssichinsgesamt27Annahmen-Kombinationenergeben(vgl.erneutAbbildung1).3Die
jeweilsresultierendeEntwicklungdesAltenquotientenbleibtdavonbis2030–mitWertenzwi-
schenrund47und51–sogutwieunberührt.Erstabetwa2035entscheidenzukünftigeÄnde-
rungendemographischerBestimmungsfaktorendarüber,obdieAlterungderWohnbevölkerung
anschließendtendenziellendetoderobsiesichnurleichtverlangsamtfortsetzt.Zwischendiesen
beidenExtremengibtesdiversemöglicheSzenarien.
ObderAltenquotientindenJahrenvon2040bis2060eherbei53,61odergarbeibiszu73liegt,
wiedieverschiedenenVariantenergeben,wirdzudieserZeitzwarinvielerleiHinsichteinengro-
ßenUnterschiedmachen;dassersichindennächstendreiJahrzehntenimMittelannäherndver-
doppelnwird,istausheutigerSichtaberrechtklarabsehbar.DiedemographischeAlterungfrüher
zustoppenodersieaufSichtsogarumzukehren,istschlechterdingsunmöglich.Entsprechendklar
istdamitauch,dasssichdaszahlenmäßigeVerhältnisvonBeitragszahlerndesRentensystemszu
RentnerninZukunftaufeineWeiseverschiebenwird,diedieRentenfinanzenunterDruckbringt
–wobeiesnebendemographischenGegebenheitenallerdingszahlreicheweitereFaktorenund
Stellschraubengibt,diedieseEntwicklungmitbestimmen.
UnterdemgesamtenSatzanAnnahmenfürdieReferenzvariantederLangfristprojektionenzurEnt-
wicklungdesRentensystems4ergebensichfürdiewichtigstenKennziffernzurAusgaben-undEin-
nahmenseitedesRentenbudgetsdieinAbbildung2gezeigtenVerläufe:5ImZeitraumbis2020/25
herrscht imRentensystemzunächstnochRuhe,dieaber tendenziell trügerisch ist.Reserven,die
zuletzt–nacheinerTrendwendeamArbeitsmarktundbeigünstigerKonjunktur–angelegtwer-
denkonnten,stabilisierendasSystemindieserPhase.DasNetto-StandardrentenniveauvorSteuern
sinktimRahmendergesetzlichverankertenZielwertebis2030allerdingsallmählichauf45,2Pro-
zent,bis2060auf41,1Prozent.DerBeitragssatzdergesetzlichenRentenversicherung,derjeweils
dannangepasstwerdenmuss,wenndieRücklagendesRentensystemseinekritischeUntergrenze
unterschreiten,6erreicht203021,3Prozentundsteigtbis2060kontinuierlichweiteraufzuletzt27,2
Prozent.DiedrastischeSteigerungderBeitragssätzewirktdabeiungünstigaufdieBeschäftigungs-
entwicklungzurück(vgl.Werding2013:Kap.5)underweistsichalstendenziellselbstverstärkend.
3 FürGeburtenzifferundLebenserwartungwirddabeijeweilsunterstellt,dasssiesichbis2060kontinuierlicherhöhenoderver-ringern.DieMigrationsannahmenwerdendagegenjeweils,nacheinemsofortbeginnendenÜbergang,ab2020fürdengesam-tenProjektionszeitraumgeändert.
4 FüreinenÜberblicküberalledieseAnnahmenvgl.Werding(2013).DieMehrzahldieserAnnahmenwirdimFortgangderDiskussionauchindervorliegendenStudienocherläutert.
5 AuswirkungenaufausgewählteweitereEckgrößendesRentensystems(ZahlderRentnerundsozialversicherungspflichtigBeschäftigten,Äquivalenzrentnerquotient,Brutto-Standardrentenniveau, Anteil derBundesmittel andenRentenausgabensowieAnteilderRentenausgabenamlaufendenBruttoinlandsprodukt)werdenimAnhangzudieserStudiedokumentiert.Das-selbegiltfüralleweiterenhiervorgestelltenProjektionsvarianten.
6 Seit2004werdendiefinanziellenReservendergesetzlichenRentenversicherungals„Nachhaltigkeitsrücklage“bezeichnet.SiedienenderStabilisierungdesBeitragssatzes,derjeweilserhöhtwerdenmuss,wenndieRücklage0,2Monatsausgabenunterschrei-tet,undgesenktwerdenkann,wennsie1,5Monatsausgabenübersteigt.
22
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Abbildung 2 zeigt auch, wie sich die projizierten Verläufe von Rentenniveau und Beitragssatz
ändern,wennstattderdemographischenAnnahmenderReferenzvariantediebeidenextrems-
tenVariantenderBevölkerungsszenarienausAbbildung1zugrundegelegtwerden.Eine„junge
Bevölkerung“,diesichbeizunehmenderGeburtenziffer,langsamersteigenderLebenserwartung
underhöhterNetto-Zuwanderungergibt,dämpftdenlangfristigenRückgangdesRentenniveaus
(aufzuletztrund43,0%)abundbegrenztdenAnstiegdesBeitragssatzes(aufzuletzt25,7%).Eine
„alteBevölkerung“mitsinkenderGeburtenziffer,stärkersteigenderLebenserwartungundverrin-
gerterNetto-Zuwanderungführthingegen–schonbis2030hartamRandedergesetzlichenVor-
gaben–zueinemnochdeutlicherenRückgangdesRentenniveaus(aufzuletzt39,5%)undauchzu
einemweitstärkerenAnstiegdesBeitragssatzes(aufzuletztnichtwenigerals28,7%).
WirklichgünstiglässtsichkeinederhierprojiziertenEntwicklungennennen.DringendeFragenlau-
tendaher:WelcheSpielräumegibtes,diePerspektivenfürdiefinanzielleEntwicklungderRenten-
versicherungunabhängigvondenkurz-undmittelfristigkaumbeeinflussbarendemographischen
Trendszuverbessern?WelcheMaßnahmeninnerhalbundaußerhalbdesgesetzlichenRentensystems
kanndiePolitiktreffen,umdensichabzeichnendenProzessfüralleBeteiligtenerträglichzumachen?
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Abbildung 2: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte der Demographie
Net
to-S
tand
ardr
ente
nniv
eau
(vor
Ste
uern
)
junge Bevölkerung
Referenzvariante
Projektionen
30
35
40
45
50
55
60
Beitragssatz
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
alte Bevölkerung
Beitr
agss
atz
der G
RV
15,0
17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
Rentenniveau
23
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Box 1: Effekte des geltenden Rentenrechts
DiegezielteSenkungdesRentenniveauswirdseit2004durchden„Nachhaltigkeitsfaktor“gesteu-
ert.DieserFaktorsorgtbeidenjährlichenRentenanpassungenfüreineautomatischeRückkop-
pelungandiedemographischenFundamentaldatenderRentenfinanzierung:SteigtdieZahlder
(„Äquivalenz“-)RentnerschnelleralsdiederBeitragszahler,werdendie jährlichenRentenerhö-
hungengedämpft.WiediedemographischbedingtenLastendabeigenauzwischenRentnernund
aktivenVersichertengeteiltwerden, ist letztlich einepolitischeEntscheidung.EineStreichung
desNachhaltigkeitsfaktorswürdedieAnspannungderRentenfinanzenallerdingsschoninnaher
Zukunftspürbarwerdenlassen.DasRentenniveaubliebelangfristigdeutlichhöheralsnachgel-
tendemRecht,derBeitragssatzderGRVmüssteaberschonab2016steigenundwürde2060die
30-Prozent-Markeüberschreiten(vgl.Abbildung3).
Net
to-S
tand
ardr
ente
nniv
eau
(vor
Ste
uern
)
Rente mit 65
Referenzvariante
30
35
40
45
50
55
60
65
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
Streichung des Nachhaltigkeitsfaktors
Beitr
agss
atz
der G
RV
15,0
17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
32,5
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Abbildung 3: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte des Rentenrechts
Projektionen
BeitragssatzRentenniveau
24
Aufgrund der Rentenreform von 2007 steigt seit 2012 außerdem die gesetzliche Regelalters-
grenze.Siewirdvonderzeit65Jahrenbis2029schrittweiseauf67Jahreheraufgesetzt,umdie
Lebensarbeitszeitzuverlängern,nichtzuletzt,weildieLebenserwartungimselbenZeitraumvor-
aussichtlichumdreibisfünfJahrezunimmt.FürdieRentenfinanzenversprichtdieseReformzwei
wichtigeEffekte:DurchgeringerejährlicheAusgabendämpftsiedenAnstiegdesBeitragssatzes,
außerdemverlangsamtsieimZusammenspielmitdemNachhaltigkeitsfaktordenRückgangdes
Standardrentenniveaus.VoraussetzungfürdiesenzweitenEffektistallerdings,dasssichmitder
RegelaltersgrenzeauchdastatsächlicheRenteneintrittsaltererhöht.7BeieinemFesthaltenander
„Rentemit65“kehrensichdieseEffekteum(vgl.Abbildung3).DasRentenniveauwürdedeut-
licher sinken als nach geltendem Recht. Trotzdem müsste der Beitragssatz früher und stärker
ansteigenalsbeieinerErhöhungderRegelaltersgrenze.
FürzukünftigeRentnerergibtsichausderRentemit67nocheinweiterergünstigerEffekt,deran
derEntwicklungdesStandardrentenniveaus(mitnormierterZahlvonBeitragsjahren)garnicht
ablesbarist:WennsieinZukunftlängererwerbstätigbleiben,erwerbensiedadurchhöhereRen-
tenansprüche(vgl.Abschnitt6.2,woaufdiesenPunktzurückgekommenwird).Diesträgteben-
fallsdazubei,dasssieJahrumJahrauskömmlichereRentenerhalten,derenLaufzeitallerdings
kürzerausfällt–odergenaugenommenwenigerstarksteigtalsbeiunverändertemRentenalter.
3.2 Effekte der Produktivitätsentwicklung
Häufigwirderwartet,dasseinbeschleunigtesWachstumvonArbeitsproduktivitätundLöhnen
fürnennenswerteEntlastungensorgenkönnte,währendderdemographischeWandeldieRenten-
finanzenunterDrucksetzt.DabeistelltsichaberzunächstdieFrage,obdasProduktivitätswachs-
tumimZugedesAlterungsprozessesgenerelleherdazutendiert,zusteigenoderzufallen.Für
beidesgibtesausökonomischerSichtArgumente.8DieabsehbareVerknappungvonArbeitskräf-
ten,dieArbeitsproduktivitätundLöhneerhöhenkönnte,hatallerVoraussichtnachjedochnur
schwacheEffekte.Dafür,dasssichproduktiveFähigkeitenvonArbeitnehmerinnenundArbeit-
nehmernmitdemAlterunvermeidlichverschlechtern,gibtesentgegenweitverbreitetenErwar-
tungenkeineernsthaftenAnzeichen.FüreinschwierigerzumessendesSinkender Innovativi-
tätalternderBelegschaftenodereineralterndenErwerbsbevölkerungistdieempirischeEvidenz
gemischtundbisherletztlichunklar.
7 IndenProjektionenwirdunterstellt,dasssichdasdurchschnittlicheRenteneintrittsalterjeweilsumneunMonateerhöht,wenndieRegelaltersgrenzeumeinJahrheraufgesetztwird.
8 WichtigeBeiträgezudendamitangesprochenenEinzelfragensindetwaBörsch-Supan(2003),Malmbergetal.(2005),Feyrer(2007),Börsch-SupanundWeiss(2008)sowieVanOursundStoeldraijer(2010).FüreinezusammenfassendeDiskussionvgl.auchWerding(2008:Abschnitt2).
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
25
Vereinfachendlässtsichfesthalten,dassesnachdemaktuellenForschungsstandzumindestkeine
sonderlichstarken,systematischenRückwirkungenderdemographischenAlterungaufdasPro-
duktivitäts-undLohnwachstumgibt.EinegezielteBeschleunigungdiesesWachstumskannvor
diesemHintergrundaufverschiedenenWegenerfolgen.EffekteverbesserterQualifikationenjün-
gerer Arbeitskräfte, die das durchschnittliche Produktivitätswachstum im Laufe der Zeit erhö-
hen,werdenindieserStudieanspätererStellegenauerbeleuchtet(vgl.Abschnitt5).Steigerun-
genderArbeitsproduktivität,diedieLöhneallerArbeitnehmerannäherndgleichmäßigerhöhen
unddadurchdieRentenfinanzierungerleichternkönnten,ergebensichansonstenvorallemdurch
höhereInvestitionenodervermehrteInnovationen.
FürhöhereInvestitionenbesteheninDeutschlandausheutigerSichtdurchausnennenswerteSpiel-
räume.ZwarerscheintderAnteilder(Brutto-)InvestitionenamlaufendenBruttoinlandsproduktmit
gut20Prozentnichtalsniedrig;bereinigtumErsatzinvestitionen,dielediglichdenVerschleißdes
vorhandenenKapitalstocksausgleichen,ergibtsichjedocheineNetto-Investitionsquote,diemit5,3
Prozent(imZeitraum1995–2008;vgl.Sinn2010:S.17)zuletztübereinigeJahredieniedrigstein
dergesamtenOECD-Weltwar.InderReferenzvariantewirddieBrutto-Investitionsquoteüberden
gesamtenProjektionszeitraumaufdemaktuellenNiveaukonstantgehalten,dieNetto-Investitions-
quotebleibtentsprechendniedrigundsinktlangfristigsogarnochetwasweiterab.
Esistzwarnichtvorhersehbar,aberimmerhinvorstellbar,dassdieAttraktivitätDeutschlandsfür
dieAusweitungvonProduktionskapazitätenoderdieNeuansiedlungvonUnternehmenzukünftig
wiederdeutlichzunimmt,etwaso,dassdieNetto-InvestitionsquotedauerhaftindenBereichvon
9bis10Prozentansteigt.9DiedafürerforderlichenBrutto-InvestitionsquotensteigenmitderZeit
sukzessiveaufbiszu30ProzentdesBruttoinlandsproduktsan.
TrotzdemsinddievonerhöhtenInvestitionenausgehendenEffektefürdieArbeitsproduktivität
eherbescheiden.10 IhreWachstumsratenerhöhen sich Jahrum Jahrnurum rund0,2Prozent-
punkte.AufDauererhöhensichdieLöhneaktiverVersicherterdergesetzlichenRentenversiche-
rungdadurchzwarmerklich;dadieLohnsteigerungenjedochauchmaßgeblichfürdielaufenden
Rentenanpassungensind,ergebensichzugleichstärkersteigendeRenten.RelativeKennziffernfür
diefinanzielleLagedesRentensystemswiedasRentenniveauundauchdieBeitragssätzebleiben
davonimVergleichzurReferenzvariantederProjektionenpraktischunberührt(vgl.Abbildung4;
dieGraphenfürbeideSzenarienüberlagernsichdortfastdurchgängig).Diedurchdasgeltende
RentenrechtvorgezeichneteVerteilungderLastendesdemographischenWandelsaufBeitragszah-
lerundRentneristbeietwasstärkersteigendenEinkommenfüralleBeteiligtenzwarleichterzu
tragen–eineEntlastungimeigentlichenSinnergibtsichabernicht.
9 Netto-InvestitionsquotendieserGrößenordnungerreichteninderjüngerenVergangenheitetwadieUSA,nochmalsdeutlichhöhereWerteehernurLändermitgewissemEntwicklungsrückstandoderTransformationsländer.
10 AbgeschätztwerdendieseundanderegesamtwirtschaftlicheEffekteimProjektionsmodellmithilfeeineseinfachen,neoklassischenWachstumsmodellsmitdenProduktionsfaktorenSachkapitalundHumankapital(d.h.ZahlundQualifikationendereingesetz-tenArbeitskräfte)sowiemitexogenemtechnischemFortschritt.KalibriertwirddasModellgestütztaufGrowth-accountingAnalysenfürdieDatenbankEU-KLEMS(GroningenGrowthandDevelopmentCentre2011).FüreinegenauereDarstellungvgl.Werding(2013:Kap.7).
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
26
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Alternativdazukannanstelleder Investitionenauchdiesogenannte„Multifaktorproduktivität“
variiertwerden,diedenStanddestechnischenFortschrittsmisstunddieAuswirkungenvonunge-
bundenen(d.h.nichtimEinsatzverbesserterKapitalgüteroderhöherqualifizierterArbeitskräfte
bestehenden) Innovationenwiderspiegelt.Erhöht sich ihre jährlicheWachstumsrategegenüber
demlangjährigenDurchschnittswertvon0,8Prozent,derinderReferenzvariantekonstantgehal-
tenwird,beispielsweiseumeinenProzentpunkt,sosteigtdieProduktivitätallerProduktionsfak-
toren–diedesFaktorsArbeitetwaumrund1,3ProzentpunkteinjedemJahr.Langfristigbewirkt
diesfasteineVerdopplungdesProduktivitäts-undLohnwachstumsgegenüberderReferenzvari-
ante.IndiesemFallergebensichmerklicheÄnderungenauchfürdasRentensystem:Dastärker
steigendeLöhneindenlaufendenRentenanpassungenerstverzögertberücksichtigtwerden,sinkt
dasRentenniveaunochetwasstärkeralsinderReferenzvariante.AbsolutgesehenfallendieRen-
tenallerdingssehrwohlhöheraus.GleichzeitigsteigenauchdieBeitragssätzederRentenversi-
cherungwenigerstarkan,bis2030auf20,8Prozent,bis2060weiterauf26,5Prozentunddamit
um0,5bis0,7ProzentpunktewenigeralsohnediehierunterstelltenProduktivitätssteigerungen
durchvermehrteInnovationen(vgl.erneutAbbildung4).
Abbildung 4: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte des Produktivitätswachstums
30
35
40
45
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206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
15,0
17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Net
to-S
tand
ardr
ente
nniv
eau
(vor
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uern
)
mehr Innovationen
Referenzvariante
Projektionen
mehr Investitionen
Beitr
agss
atz
der G
RV
BeitragssatzRentenniveau
27
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
EsbrauchtsomitrechtmassiveundlanganhaltendeErhöhungendesWachstumsderArbeitspro-
duktivität,umüberhauptspürbareEffektefürdieRentenfinanzenzuerhalten.Selbstwennsol-
cheProduktivitätssteigerungeneintreten,bleibtesbeidergrundlegendenPerspektiveeinesstark
sinkendenRentenniveaus,dasdieTeilhabederRentnerinnenundRentnerandenlaufendenPro-
duktivitätsfortschrittenbegrenzt,unddeutlichsteigendenBeitragssätzendesRentensystems,die
dieaktivenVersichertenbelastenundungünstigaufdieBeschäftigungzurückwirken.Trotzdem
sollteauchnichtübersehenwerden,dasssichzumindestdeutlichgünstigereEntwicklungendes
NiveausderEinkommenaktiverVersicherterundletztlichauchderRentnerergeben.Dieskann
dieBewältigungderFolgendesdemographischenWandelsgegebenenfallssowohlökonomischals
auchpolitischdurchauserleichtern.
3.3 Effekte der Gesundheitskosten und ihrer Entwicklung
GroßenUnwägbarkeitenundRisikenunterliegtnichtnurdiezukünftigeEntwicklungderRen-
tenfinanzen,sondernauchdieEntwicklungderGesundheitskosten,diezumgrößtenTeilvonder
gesetzlichenKrankenversicherung(GKV)gedecktwerden.Alspotenziellproblematischerscheint
dortallerdingsnichtallein–nichteinmalinersterLinie–dieabsehbareVeränderungderAlters-
strukturderWohnbevölkerung(vgl.Abschnitt3.1).ZwarsinddiealtersspezifischenPro-Kopf-Aus-
gabenderKrankenversicherungfürVersicherteimRentenalterdeutlichhöheralsfürPersonenim
Erwerbsalter(vgl.Werding2013:Kap.9);mitsteigenderLebenserwartungkannsichderalters-
bezogeneAnstiegderAusgabenkünftigaberzuimmerhöherenLebensalternverschieben,auch
wennForschungskontroversenüberdiesenPunktanhalten.11
AlsgrößeresRisikofürdiezukünftigeEntwicklungderGesundheitsausgabenwerdenstarkkosten-
steigerndeEffektedesmedizin-technischenFortschrittsangesehen,dieinderVergangenheitzubeob-
achtenwaren(vgl.BreyerundUlrich2000)unddurchdieAnreizeffektederKostenübernahmedurch
Versicherungenmöglicherweise systematischbegünstigtwerden.KombiniertmanAnnahmen,die
sichandenvorhandenenempirischenBefundendazuorientieren–miteinerErhöhungdesWachs-
tumsderPro-Kopf-AusgabenfürGesundheitumeinenProzentpunktimJahrgegenüberallgemeinen
Lohnsteigerungen,dieeinenweiterengrundlegendenKostenfaktordarstellen–,mitderAnnahme,
dassdiealtersspezifischeMorbiditätderVersichertenderGKVinZukunfttrotzsteigenderLebenser-
wartungunverändertbleibt,soergebensichimGesundheitssystemmassiveSteigerungenderAus-
gaben.WenndieBeitragssätzederGKVnicht,wiederzeitpolitischbeabsichtigt,eingefrorenwerden,
erhöhensichauchdieBeitragssätzederKrankenversicherungunddervonderRentenversicherung
zuzahlendeBeitragsanteilfürdieKrankenversicherungderRentnersehrdeutlich.12
11 WiderstreitendePositionen,dieunterdenNamen„Kompressionsthese“und„Medikalisierungsthese“bekanntsind,wurdendazuvonFries(1980)bzw.vonVerbrugge(1984)formuliert.DieempirischeForschungneigtmittlerweileeherderKompressionsthesezu,nachderdiealtersspezifischeMorbiditätbeisteigenderLebenserwartungsinktunddieAuswirkungenderdemographischenAlterungaufdieGesundheitskostendämpft(vgl.etwaZweifeletal.1999).
12 AnderenfallswürdensichdieseAusgabensteigerungeninFormstarksteigender,vondenVersicherteninpauschaler(d.h.nichtlohn-bezogener)WeiseerhobenerZusatzbeiträgeauswirken.SiewürdendannnichtdieAusgabendesRentensystemserhöhen,abereffek-tivdieimDurchschnittfreiverfügbarenRentenvermindern,undzwarrelativstärkeralsdiedurchschnittlichenArbeitnehmerentgelte.
28
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
Umgekehrt lässt sichaber aucheinSzenariokonstruieren, indemder zukünftigeAnstiegder
Gesundheitskostenweitweniger insGewicht fällt, etwaweildiekostensteigerndenEffektedes
medizin-technischenFortschrittszukünftigentfallenunddiezunehmendeMorbiditätältererVer-
sichertersichmitdersteigendenLebenserwartungimmerweiterhinausschiebt.
DieAnnahmenzurReferenzvarianteliegenzwischensolchenExtremen.13SieerscheinenimVer-
gleichdamitallerdingsbereitsalseheroptimistisch.
WederdaspessimistischenochdasoptimistischeSzenariozurkünftigenEntwicklungderGesund-
heitskostenhatstarkeEffekteaufdieEntwicklungdesRentenniveaus(vgl.Abbildung5).Entschei-
denddafürist,dassstärkeroderwenigerstarksteigendeBeitragssätzederGKVsowohlRentner
als auch aktive Versicherte jeweils in ganz ähnlicher Weise treffen. Große Unterschiede erge-
bensichaberimHinblickaufdieEntwicklungdesBeitragssatzesdesRentensystems,weildamit
nebendenRentenjeweilsaucheinTeilderBeiträgezurKrankenversicherungderRentnerinnen
13 UnterstelltwirdinderReferenzvariante,dassdermedizin-technischeFortschrittdasWachstumderPro-Kopf-AusgabenfürGesundheitum0,5ProzentpunkteimJahrerhöhtunddasssichderAnstiegderaltersspezifischenMorbiditätbeieinemAn-stiegderLebenserwartungumeinJahrjeweilsumeinDreivierteljahrverzögert.
Abbildung 5: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte der Gesundheitskosten
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Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
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niedrigere Gesundheitskosten
Referenzvariante
Projektionen
höhere Gesundheitskosten
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der G
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BeitragssatzRentenniveau
29
Grundlegende Perspektiven für die Rentenfinanzierung
undRentnerfinanziertwerdenmuss.BeistarksteigendenGesundheitskostenbeschleunigtund
verschärftsichderAnstiegdesBeitragssatzeszurRentenversicherungdeutlich,aufzuletztnicht
wenigerals29,1Prozent.BeiabgeschwächterDynamikderGesundheitskostensteigtderBeitrags-
satzderGRVbiszumEndedesProjektionszeitraumsdagegennurauf26,6Prozent.
DiezukünftigeDynamikderGesundheitskostenkannaufgrunddesSachleistungsprinzipsder
gesetzlichenKrankenversicherungwesentlichwenigergenauvorausgeschätztwerdenalsdie
Rentenausgaben.DieAbhängigkeitderEntwicklungderRentenfinanzenvonderderGesund-
heitskosten istallerdingsdurchausnennenswert.BeinäheremHinsehenerweistsiesichvor
allemalszusätzlichesRisiko,währendfüreinenennenswerteDämpfungodergarAufhebung
derAuswirkungendesdemographischenWandelsaufdasgesetzlicheRentensystemunterals
realistischerscheinendenAnnahmenkeinegroßenSpielräumebestehen.NachOptionendafür,
dieabsehbarenAnspannungenimRentenbudgetzuverringern,mussdaheraufanderenWegen
gesuchtwerden.
30
Option „Mehr Beschäftigung“
4 Option „Mehr Beschäftigung“
Das gesetzliche Rentensystem in Deutschland ist, was den Erwerb von Rentenansprüchen wie
auchseineFinanzierungbetrifft,sehrstarkvonderEntwicklungdesArbeitsmarktesabhängig.
Optionen,umdasSystemzustabilisierenunddenDruckaufRentenniveauundBeitragssatzdurch
dieAuswirkungendesdemographischenWandelszumildern,ergebensichdaheranmehreren
Ansatzpunkten,diesichinsgesamtmitdemZielkennzeichnenlassen,langfristig„mehrBeschäf-
tigung“zurealisieren.
NennenswerteSpielräumedafürergebensichbesondersinzweierleiHinsicht:durcheinestärkere
ZunahmederErwerbsbeteiligungvonFrauensowiedurchweitereVerlängerungenderLebensarbeits-
zeit,etwaaufgrundeinerfortgesetztenHeraufsetzungderRegelaltersgrenzederRentenversicherung.
BeideAspekteundihreAuswirkungenaufdiezukünftigefinanzielleEntwicklungdesRentensystems
werdenhiernäherbeleuchtet.DasselbegiltfürdieEntwicklungderArbeitslosenquote,diejedoch
auchvonsteigendenRentenbeiträgenundanderenAuswirkungendesdemographischenWandels
beeinflusstwird.IhrzukünftigerVerlauflässtsichdahernichtohneWeiteresdirektsteuern.
4.1 Effekte der Erwerbsbeteiligung von Frauen
WährenddieErwerbsbeteiligungvonMännern,speziellimAltervon30bis55Jahren,ausheuti-
gerSichtkaumSpielräumefürweitereErhöhungenbietet(vgl.Abbildung6),wirddasErwerbs-
personenpotenzialvonFrauendefinitivnochnichtausgeschöpft. InderReferenzvariantesteigt
dieFrauenerwerbsquotebis etwa2030deutlichan.Anschließend führtdiedahinter stehende,
kohortenbezogeneFortschreibungeineslangjährigenTrendsausderVergangenheit(vgl.Werding
2013:Kap.4)jedochnichtmehrzustärkerenSteigerungen.DiedurchschnittlicheErwerbsquote
der15-bis66-jährigenFrauenerreichtdanneinNiveauvonrund92ProzentderErwerbsquote
vonMännerndiesesAlters.BesondersinskandinavischenLändernerreichenFrauenerwerbsquo-
tenbereitsheuteannähernddieVergleichswertefürMänner,dieihrerseitsähnlichhochsindwie
inDeutschland (vgl.OECD2012).Ein langfristigerAnstieg indenBereichvon98Prozentder
ErwerbsquotenderMännererscheintdaheralsdurchausrealisierbar.
Unterstelltman fürdenZeitraumbis2060einen entsprechendenAnstiegderFrauenerwerbs-
beteiligung, der sich auch in einem proportionalen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungniederschlägt,ergebensichgünstigeEffekte fürdie finanzielleEntwicklungdes
gesetzlichenRentensystems,vorallemimfürdieRentenfinanzenbesonderskritischenZeitraum
ab2030.BiszumEndedesProjektionszeitraumssinktdasRentenniveauunterdiesenAnnahmen
auf43,8Prozent,derBeitragssatzsteigtauf26,7Prozent(vgl.Abbildung7)–einerseits0,6Pro-
zentpunktehöher,andererseits0,4ProzentpunkteniedrigeralsinderReferenzvariantederPro-
jektionen.FürsichgenommenmögendieseAuswirkungennochnichtalssonderlichstarkerschei-
nen.AlsBeitragzueinerbreiterangelegtenStrategie,dieaufstärkereArbeitsmarktdynamikund
31
Option „Mehr Beschäftigung“
eineVerringerungderabsehbarenAnspannungderRentenfinanzenzielt,sindsieabernichtunre-
alistischunddefinitivhilfreich.
FüreinenAnstiegderErwerbsbeteiligungvonFrauenimhierunterstelltenUmfangmüsstensich
imVergleichzudenderzeitigenGegebenheiteninsbesonderedieErwerbsquoten15-bis54-jähri-
gerFrauendeutlicherhöhen(vgl.erneutAbbildung6).FrauendieserAltersgruppen,spezielldie
jüngerenunterihnen,verfügenbereitsheuteüberQualifikationen,derenNiveauimDurchschnitt
dasderMännererreichtodersogarnochleichtübersteigt.OffenbarmüssenandereHindernisse
füreinestärkereFrauenerwerbsbeteiligungausdemWeggeräumtwerden,umeinesolcheEnt-
wicklungmöglichzumachen.
ZudenkenistdabeivorallemanKinderbetreuungsmöglichkeiten,diehinsichtlichVerfügbarkeit
undUmfangdiezeitlichenKonfliktemiteinerErwerbstätigkeitverringern.ImVergleichzuande-
renLändernherrschtdabei insbesondereBedarfanBetreuungsplätzenfürunter3-jährigeKin-
der(„Krippen“)sowieGanztagesplätzeinKindergärtenundvorallemGanztagesschulen.Aktuelle
AnstrengungenzumAusbauvonEinrichtungendieserArtgehensomitindierichtigeRichtung.
Über das schnelle Erreichen der angestrebten quantitativen Ausbauziele darf dabei allerdings
dieQualitätsolcherBetreuungs-undBildungseinrichtungenkeinesfallsvernachlässigtwerden.
AnsonstenergebensichKonfliktemitderOption,zurBewältigungdesdemographischenWan-
delsauchaufbessereQualifikationenzukünftigerErwerbspersonenzusetzen(vgl.Abschnitt5).
Quellen Ist-Daten: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus), eigene Berechnungen; Projektionen: SIM.11
Abbildung 6a: Erwerbsquoten nach Geschlecht und Altersgruppen (2000–2060)Männer, in Prozent
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Option „Mehr Beschäftigung“
WeitereHemmnisse füreinestärkersteigendeFrauenerwerbsbeteiligungsindeher informeller
Natur.Siekönnenpolitischdahernichtdirektgestaltetwerden.ObzuersteinvermehrtesAnge-
botanBetreuungsmöglichkeitengeschaffenwerdenmuss,umÄnderungensozialerNormenund
tradierterVerhaltensweisenbeiderfamiliärenArbeitsteilungzubeschleunigen,oderobÄnderun-
genderRollenmusterlängsteingeleitetsind,diesichunteranderemwegenEngpässenbeider
Kinderbetreuungbislangeinfachnichtvollentfaltenkonnten,kannhierdahingestelltbleiben.Es
machteigentlichnureinenUnterschiedinBezugdarauf,wieschnellVerhaltensänderungender
hierbetrachtetenArthervortretenkönnen.
Denkbar ist, dass sich mit wachsender Frauenerwerbsbeteiligung Grenzen zwischen Männer-
undFrauenberufenimmerstärkerverwischenunddassLohn-undKarrierenachteilevonFrauen
immerweiterzurücktreten,dieheutenochdazubeitragen,dassFraueninsgesamtwenigerund
auchoftingeringeremzeitlichemUmfangerwerbstätigsindalsMänner.Änderungengewohnter
VerhaltensmusterderUnternehmenbeiderEinstellungundBeschäftigungvonFrauenwerden
durchdendemographischenWandelselbststarkbegünstigt.FrauenbessereEinstiegs-undAuf-
stiegsmöglichkeitenzubieten,wirdbeistarksinkenderErwerbspersonenzahlfastautomatischzu
einemInstrumenterfolgreicherPersonalpolitikwerden.
Quellen Ist-Daten: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus), eigene Berechnungen; Projektionen: SIM.11
Abbildung 6b: Erwerbsquoten nach Geschlecht und Altersgruppen (2000–2060)Frauen, in Prozent
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Box 2: Effekte der Entwicklung der Arbeitslosigkeit
NebenmöglichenÄnderungenderErwerbsneigungspieltfürdieEntwicklungderRentenfinanzen
auchdieDynamikvonBeschäftigungundArbeitslosigkeiteineRolle.DieAuswirkungenverän-
derterAnnahmenzurEntwicklungderArbeitslosigkeiterweisensichabernichtalssehrbedeut-
sam.
KonjunkturelleBewegungenwerden imverwendetenModellnichtabgebildet,dasie sichüber
langeProjektionszeiträumenichtsinnvollvorausschätzenlassen(vgl.Werding2013:Kap.7).Das
ModellberücksichtigtallerdingstrendmäßigeBewegungender(„strukturellen“)Arbeitslosigkeit,
insbesonderesolche,diesichalsRückwirkungenvariierenderAbgabensätzeergeben.Grundlage
derModellierungsindBeschäftigungsreaktionen,dieinAnlehnunganeineArbeitvonFehretal.
(2011)modelliertundkalibriertwerden.
Option „Mehr Beschäftigung“
Abbildung 7: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte erhöhter Beschäftigung
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Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
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längere Lebensarbeitszeit (Rente mit 69)
Referenzvariante
Projektionen
höhere Frauenerwerbsbeteiligung
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BeitragssatzRentenniveau
kombiniertes Szenario
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Option „Mehr Beschäftigung“
Abbildung8zeigtdieVerläufederArbeitslosenquote,diesichunterdenAnnahmenzurReferenz-
varianteergeben.AlternativdazuwerdenzweiabweichendeVerläufedieserQuoteeingeführt,die
–ohneRücksichtaufZusammenhängezwischenRentenbeitragssatzunddemographischbeding-
tenÄnderungenandererBelastungen–imModellebenfallsunterstelltwerdenkönnen.Angenom-
menwirddabei,dassdieArbeitslosenquoteentwederimgesamtenProjektionszeitraumkonstant
bleibt odervordemHintergrunddergenerell abnehmendenErwerbspersonenzahlmittelfristig
nochdeutlichzurückgeht(wieesetwavonFuchsundZika2010erwartetwird).
DiewichtigstenEffektesolcherVariationenderArbeitslosenquotenfürdieEntwicklungdesRen-
tensystemsveranschaulichtAbbildung9.TrotzstarkabweichenderVerläufederQuotenergeben
sichimRentensystemEffekte,diealsehergeringerscheinen.DasRentenniveauverringertsichin
denbeidenAlternativszenariennurleicht(dieGraphenfürbeideSzenarienüberlagernsichfast
vollständig),derBeitragssatzsteigthingegenjeweilswenigerstarkan,beikonstanterArbeitslo-
senquoteaufzuletzt26,7Prozent,beimittelfristigweitersinkenderArbeitslosenquoteaufzuletzt
26,6Prozent.Dassind0,5bzw.0,7ProzentpunktewenigeralsinderReferenzvariante.
Dahinter stehen komplexe Auswirkungen: Eine langfristig deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit
erhöhtzwardieZahlderBeitragszahler.SteigendeBeschäftigungdämpftbeigegebenerEntwick-
Abbildung 8: Arbeitslosenquote (1990–2060)
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Quellen Ist-Daten: Bundesagentur für Arbeit; Projektionen: SIM.11
In %
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pers
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sinkende Arbeitslosenquote
Referenzvariante
Projektionen
konstante Arbeitslosenquote
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Option „Mehr Beschäftigung“
lung von Investitionen und technischem Fortschritt jedoch den Anstieg der durchschnittlichen
LöhnedersozialversicherungspflichtigBeschäftigten.Dazuträgtauchbei,dassArbeitskräftemit
niedrigenQualifikationenvonsinkenderArbeitslosigkeiterfahrungsgemäßüberproportionalpro-
fitieren,wasimModellgleichfallsberücksichtigtwird.DiesverringertdieÄnderungendesBei-
tragssatzessowiedieAuswirkungendesNachhaltigkeitsfaktorsaufdasBrutto-Rentenniveau,das
sichsomiterhöht.StarksinkendeBeitragssätzezurArbeitslosenversicherung,dienurvonden
aktivenMitgliederndesRentensystemserhobenwerden,gleichendenEffektimHinblickaufdas
Netto-Rentenniveaujedochwiederausoderkehrenihnsogarleichtum.
Gesamtwirtschaftlichgesehenwäreesdagegensehrgünstig,wenndieArbeitslosenquotelang-
fristig nicht stark ansteigt oder wenn sie zuvor mittelfristig sogar noch zurückgeht. Letzteres
erscheintsogaralsplausibel(vgl.erneutAbbildung8).Diesliegtabernichtanreinquantitativen
VeränderungendesArbeitsangebotsdurchdendemographischenWandel,dessenEffekteindie-
serPhasenochnichthervortreten.BeinochandauernderErwerbsbeteiligungderBabyboomerund
ansonstengünstigerEntwicklungkanndieBelastungdesFaktorsArbeitmitAbgabenbis2020/25
sinken,wasdieBeschäftigungstimuliert.AnschließendergebensichallerVoraussichtnachentge-
Abbildung 9: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte der Arbeitslosenquote
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Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
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konstante Arbeitslosenquote
Referenzvariante
Projektionen
sinkende Arbeitslosenquote
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der G
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BeitragssatzRentenniveau
36
Option „Mehr Beschäftigung“
gengesetzteEffekte,dietrotzallerÄnderungenimRentenrecht(vgl.Abschnitt3,besondersBox1)
langfristig sehr stark werden können. Durch Annahmen über günstigere Entwicklungen der
ArbeitslosigkeitwirddiesesRisikonichtaufgehoben.
4.2 Effekte einer weiteren Verlängerung der Lebensarbeitszeit
SpielräumefürSteigerungenderErwerbspersonenzahl,diedemdemographischbedingtenRück-
gang langfristig entgegenwirken, bestehen auchbei derErwerbsbeteiligung von Männernund
Frauenab55 Jahren.Diese ist inden letztenzehnJahrenzwardeutlichgestiegen (vgl.erneut
Abbildung6)unddieserTrenddürftesichauchfortsetzen,vorallemwegenderlaufendenHerauf-
setzungderRegelaltersgrenzedergesetzlichenRentenversicherungundderzuerwartendenVer-
haltensreaktionen,dieauchdastatsächlicheRentenalter–wahrscheinlichetwaswenigerstark–
steigenlassen;dochnach2030,wenndasRentenalterauf67Jahregestiegenist,läuftdieserTrend
aus.DieErwerbsquoten55-bis66-Jährigererreichenbis2060beidenFrauenetwasunter,beiden
Männernetwasüber70ProzentallerPersonendieserAltersgruppe(vgl.Abbildung6)
DieLebenserwartungderRentnerinnenundRentnerdürftesichzwischen2030und2060dagegen
kontinuierlichweitererhöhen.DiedurchschnittlicheRentenlaufzeitnimmtindieserPhasewie-
derstarkzu.Gleichzeitigistdamitzurechnen,dasssichauchdieLebensphaseinguterGesund-
heitundvollerErwerbsfähigkeitverlängert.Diessprichtdafür,dieHeraufsetzungdergesetzli-
chenRegelaltersgrenzenach2030weiter fortzusetzen.Denkbar istdabeieineregelgebundene
Heraufsetzung,diedasRentenalterdirektandieEntwicklungderLebenserwartungknüpftund
zusätzlicheLebensjahreaufeinelängereLebensarbeitszeitundeinewenigerstarksteigendeRen-
tenlaufzeitaufteilt(vgl.etwaWeizsäckerundWerding2002;Werding2011;Sachverständigenrat
2011).AufgrundsolcherÜberlegungenkönntedasRentenalterzwischen2030und2060schritt-
weiseaufzuletztrund69Jahreerhöhtwerden.DaseffektiveRentenalterwürdeaufgrundderim
ModellgetroffenenAnnahmendannimDurchschnittauf67Jahreansteigen.AktiveVersicherte
habennämlichdieWahl,vorzeitiginRentezugehen,wennsiedafürgewisseAbschlägebeiden
laufendenLeistungeninKaufnehmen.DerzeitnutzenbereitssehrvieleMitgliederderGRVdiese
Option.
DieErwerbsquoten55-JährigerundÄltererwürdendurcheinesolcheReformgegenüberderRefe-
renzvariantebis2060nochmalsdeutlichansteigen,beidenFrauenauf78,4Prozent,beidenMän-
nernauf82,7Prozent.DieEffekteeinerweiterenVerlängerungderLebensarbeitszeitfürdieRen-
tenfinanzensindbereitsinAbbildung7ausgewiesen.Gezeigtwerdendortaußerdemkombinierte
Effekte,diesichzusammenmiteinerstärkersteigendenFrauenerwerbsbeteiligungergeben.Die
Heraufsetzung der gesetzlichen Regelaltersgrenze („Rente mit 69“) dämpft den Rückgang des
Rentenniveausvon2030bis2060aufzuletzt42,9ProzentundauchdenAnstiegdesBeitragssat-
37
zesderRentenversicherungaufzuletzt26,7Prozent.InKombinationmithöherenErwerbsquoten
vonFrauenallerAltersgruppensinktdasRentenniveauaufzuletzt42,9Prozent,derBeitragssatz
steigtnurauf25,7Prozent.Dassind1,8Prozentpunktemehrbzw.1,5Prozentpunktewenigerals
inderReferenzvariante.DiedemographischbedingteAnspannungdesRentensystemsistdamit
nochkeinesfallsbeseitigt.EsergebensichaberspürbareVerbesserungen,derenErreichungnicht
unrealistischistunddiesichdurchgeeignetepolitischeMaßnahmenlangfristigaktivansteuern
lassen.
EineHeraufsetzungdergesetzlichenRegelaltersgrenzeisteineMaßnahme,dieunmittelbarzur
steigendenLebenserwartungalseinemderHauptgründefürdendemographischenWandelpasst.
Zugleich ist es eine der wenigen rentenpolitischen Handlungsmöglichkeiten, die die einfachen
rechnerischenZusammenhängeineinemumlagefinanziertenRentenbudgetumgeht:Einhöheres
RentenniveauerzwingtnormalerweisehöhereBeitragssätzeundumgekehrt.DurcheineBegren-
zungdesAnstiegsdererwartetenRentenlaufzeitlassensichhingegengünstigeEffekteaufbeiden
SeitendesBudgetserzielen–wennesdurchentsprechendeRechtsänderungenauchzueinerver-
längerteneffektivenLebensarbeitszeitkommt.Umdieszuunterstützen,kannzugleichübereine
HeraufsetzungderAbschlagssätzebeieinemvorzeitigenRenteneintrittnachgedachtwerden.Der
inDeutschland1992eingeführteundseit1997praktischangewandteSatz(3,6%derbiszumRen-
teneintritterworbenenAnsprüchefürjedesJahr,dasdieRentevorzeitigbezogenwird)wurdevon
Wissenschaftlernimmerwiederalszugeringkritisiert,umAnreizezurFrühverrentungzuneu-
tralisierenundBelastungenfürandereVersichertezuvermeiden(vgl.etwaBörsch-Supan2004;
Werding2007).
AndereLänder,dieeinenvorzeitigenRenteneintrittmitAbschlägenerlauben,verwendenüberwie-
gendversicherungsmathematisch„faire“,anreiz-undbelastungsneutraleAbschlägeimBereich
zwischen5und7ProzentproJahr(vgl.dieAngabenfürEU-LänderinMISSOC2011oderfürsons-
tigeOECD-LänderinOECD2011).ObentsprechendhoheAbschlagssätzeinDeutschlanddurch
einenstärkerenAnstiegdestatsächlichenRentenalterszunochgünstigerenEffektenfürdieRen-
tenfinanzenführenkönntenoderobsieschonerforderlichwären,umdiehierprojiziertenEffekte
zuerreichen,lässtsichnichtsichersagen.DieimModellgetroffenenAnnahmenüberdenZusam-
menhangzwischenRegelaltersgrenzeunddurchschnittlichemRenteneintrittsalterbasierenaller-
dingsaufeinerFortschreibungvonVerhaltenseffekten,diesichunterdenbisherigen,eherniedri-
genAbschlagssätzenergebenhaben.
HeraufsetzungendergesetzlichenRegelaltersgrenzemüssenfrühzeitigangekündigtundgesetz-
lichfestgeschriebenwerden,damitsichErwerbspersonenbereits indermittlerenLebensphase
daraufeinstellenundihreLebensplanunganpassenkönnen.SokönnensiezumBeispielandere
Vorsorgemaßnahmenverstärken,wennsieihrenRenteneintrittnichtentsprechendaufschieben
wollen, oder sichmit derPerspektive einer verlängertenErwerbsphasemehrumMaßnahmen
derberuflichenWeiterbildungbemühen.LetzteresgiltnichtminderausderSichtderArbeitge-
ber.ZudemmüssendieseihreProduktionsabläufealtersgerechtanpassenunddiegesamtePer-
Option „Mehr Beschäftigung“
38
Option „Mehr Beschäftigung“
sonal-undNachfolgeplanungdaraufeinstellen,dieimZugedesdemographischenWandelsgene-
rellweitwichtigerwird.
Beiderderzeitanlaufenden,schrittweisenVerlängerungderLebensarbeitszeitkannundmuss
seitensderpolitischVerantwortlichensicherlichdaraufgeschautwerden,inwieweitsievonallen
Akteuren–v.a.ArbeitnehmernundArbeitgebern–wirklichumgesetztwird, ob sichalsoder
Arbeitsmarkt für ältere Personen wirklich hinreichend dynamisch entwickelt. Aus den letzten
zehnJahren,indenendieserWegverfolgtwurde,zunächstmitderVereinheitlichungallerAlters-
grenzenimRentensystembei65Jahren,nunmitdergeradebegonnenenHeraufsetzungauf67
Jahre, sinddieAnzeichendafür allerdingsdurchausermutigend.Deutlichgestiegen ist indie-
sem Zeitraum nicht nur die Erwerbsbeteiligung Älterer im Ganzen, sondern auch und gerade
derAnteil sozialversicherungspflichtigBeschäftigterab55 Jahren.TrotzdembestehtRaum für
einenweiteren,langfristigenAnstieg,derdieEntwicklungdesgesetzlichenRentensystemsgüns-
tigbeeinflussenwürde.
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Option „Bessere Qualifikationen“
5 Option „Bessere Qualifikationen“
Vor dem Hintergrund einer schrumpfenden und vor allem stark alternden Bevölkerung (vgl.
Abschnitt3.1)kanndiesichabzeichnendeAnspannungderRentenfinanzennichtnurmitAnsät-
zengemildertwerden,diedenRückgangderErwerbspersonenzahldämpfen.AuchAnstrengun-
genzurqualitativenVerbesserungdeszukünftigenArbeitskräfteangebotskönnenbeiderBewäl-
tigungdesdemographischenWandelseineRollespielen.Diesgiltsicherganzgenerell,alsoim
HinblickaufdiegesamtwirtschaftlicheEntwicklung.Umzuuntersuchen,wiesichentsprechende
VeränderungenaufdiefinanzielleEntwicklungdesRentensystemsauswirken,werdenhierwei-
tereOptionengenauerbetrachtet,diesichunterdemStichwort„bessereQualifikationen“zusam-
menfassenlassen.
Zwei Aspekte erscheinen dabei besonders wichtig: die Qualifikationsstruktur der Absolventen
desinländischenBildungssystems,durchdiesichaufDauerauchdasdurchschnittlicheQualifi-
kationsniveauallerErwerbspersonenverändert,sowiedieQualifikationsstrukturvonZuwande-
rern,dieinderVergangenheitweniggünstigwar.QualifikationenvonErwerbspersonenkönnen
sich auch während des Erwerbslebens noch ändern, über die Effekte wachsender Berufserfah-
rung hinaus, die im Modell berücksichtigt werden (vgl. Werding 2013: Kap.5). Die Bedeutung
des „lebenslangenLernens“dürftewegenderArbeitsmarkteffektedesdemographischenWan-
dels und im Zusammenhang mit verlängerten Lebensarbeitszeiten sogar noch deutlich zuneh-
men.ZurAbschätzungmöglicherAuswirkungenaufdiezukünftigeEntwicklungvonWirtschaft
undSozialfinanzenfehlenallerdingsbelastbareDatengrundlagen.Daherkannaufdiesenzusätz-
lichenAspekthiernurverwiesenwerden.
5.1 Effekte besserer beruflicher Bildung
DasdeutscheBildungssystemweistStärkenundSchwächenauf.TraditionellgeltendieErwerbs-
personeninDeutschlandiminternationalenVergleichalsgutqualifiziert(vgl.StatistischesBun-
desamt2011a;Werding2013:Kap.6):DerAnteilderBevölkerung imAltervon18bis66 Jah-
ren,derübereinenHochschulabschlussverfügt,liegtderzeitbeiknapp18Prozent.Weitererund
64ProzentdiesesAltersverfügenübereineabgeschlosseneBerufsausbildung.Fast19Prozent
habenallerdingskeinenberuflichenBildungsabschluss.EinanhaltenderTrendzurHöherquali-
fikationführtdazu,dassvondenderzeitigenAbsolventendesBildungssystemsmittlerweile25,1
ProzenteinenHochschulabschlusserwerben,während56ProzentalshöchsteQualifikationeine
Berufsausbildung abschließen. Der Anteil der Hochschulabsolventen ist damit niedriger als in
einerReiheandererOECD-Länder.BeiinternationalenVergleichendieserZahlenwirddieRolle
desdeutschenSystemsberuflicherBildung,dasnur inwenigenanderenLändern inähnlicher
Formexistiert,allerdingsoftnichtrichtigwahrgenommen.
40
Option „Bessere Qualifikationen“
Besorgniserregend ist dagegen, dass der Anteil derjenigen, die aus dem Bildungssystem ohne
abgeschlosseneBerufsausbildungausscheiden,mit18,9Prozentimmernochsohochistwiein
dergesamtenErwerbsbevölkerung.DasFehleneinesberufsqualifizierendenAbschlussesistam
deutschenArbeitsmarkteinentscheidendesMerkmalfürstarkerhöhteRisikenvondauerhaftpre-
kärerBeschäftigung,ArbeitslosigkeitundEinkommensarmut.
InderReferenzvariantederProjektionenwirdangenommen,dassdieaktuellbeobachtbareQuali-
fikationsstrukturderAbsolventendesBildungssystemsdauerhaftkonstantbleibt.MitderZeitkon-
vergierendieAnteilederverschiedenenQualifikationsgruppeninderBevölkerungimerwerbsfä-
higenAlterdahergegendieAnteileunterdenAbsolventen.Denkbaristallerdingsauch,dasssich
derTrendzurHöherqualifikationfortsetzt.14WünschenswertistausheutigerSichtvorallem,dass
derAnteiljungerErwerbspersonenohneberuflicheQualifikationkünftigzurückgeht.
Unterstelltwirdhierdaher,dasssichderAnteilderAbsolventendesBildungssystemsmitHoch-
schulabschlussbis2030auf35Prozenterhöht,derAnteilderBerufseinsteigerohneberufsqualifi-
zierendenAbschlussimselbenZeitraumauf9ProzentvermindertundderAnteilderAbsolventen
mit abgeschlossener Berufsausbildung konstant bleibt. Für den verbleibenden Projektionszeit-
raumwirdangenommen,dasssichdieAnteileandenbeidenEndenderQualifikationsskalaweiter
umeinenProzentpunktproJahrzehntverschieben.Abbildung10zeigt,wiesichdadurchdieQua-
lifikationsstrukturallerErwerbspersonenlangfristigverschiebt–beieinemRückgangderErwerb-
spersonenzahl,derdurchdieAnnahmenfürdieReferenzvariantevorgegebenist.
Die Auswirkungen dieser Verschiebung auf zentrale Kennziffern für die Rentenfinanzen erge-
bensichausfolgendenEinzeleffekten:DurchverbesserteQualifikationenjüngererundfortschrei-
tendauchältererErwerbspersonenerhöhensichimZeitablaufallmählichdieDurchschnittsent-
geltederaktivenVersicherten;gleichzeitigsinktdieArbeitslosenquote,dieunterunqualifizierten
ArbeitskräftengenerellhöherausfälltalsbeiArbeitskräftenmitabgeschlossenerBerufsausbil-
dungodermitHochschulabschluss.BeideswirktsichaufdieRentenanpassungenaus.Beistärker
steigendenLöhnenbewirktderNachhaltigkeitsfaktorgenerelleineetwasausgeprägtereSenkung
desRentenniveaus.SeineWirkungenwerdendurchdiegünstigereBeschäftigungsentwicklung
gedämpft.DasichmitdemBeitragssatzderArbeitslosenquoteaberauchBelastungenderLöhne
deraktivenVersichertenvermindern,diedieRentnernichttreffen,wirddasRentenniveauimVer-
gleichzurReferenzvarianteinsgesamtleichtvermindert(vgl.Abbildung11).Entsprechendredu-
ziertsichauchderBeitragssatzderRentenversicherung imVergleichzurReferenzvarianteein
wenig.
14 Dabeiistjedochnichtsicher,dasssichz.B.fürallekünftigenHochschulabsolventenwirklicheinZugangzuArbeitsstellenmithöherenQualifikationsanforderungenundhöherenLöhnenergibt.Eskönnteauchsein,dasssichlediglichdieKonkurrenzumStel-lenmitgegebenenAnforderungenundLohnstrukturenverschärft.VondieserMöglichkeit,diemindestensfüreinenTeilderHochschulabsolventenzutreffenkönnte,wirdindenProjektionenallerdingsabgesehen.
41
An relativenKennziffernwiedemBeitragssatz oderdem (Netto-)Rentenniveau sinddiepositi-
venEffekteverbesserterberuflicherQualifikationenderzukünftigenErwerbspersonennichtvoll-
ständigablesbar.SinkendeArbeitslosigkeitundhöheresWachstumvonArbeitsproduktivität,Löh-
nen und Bruttoinlandsprodukt erhöhen ganz generell die wirtschaftliche und finanzpolitische
TragbarkeitsteigenderRentenausgabenundalleranderenSozialausgaben. Innerhalbdesdeut-
schenRentensystems,dastraditionellbeitragsbezogeneundmittelbaramindividuellenLebens-
einkommenorientierteLeistungengewährt,erhöhensichdabeiallerdingsstetsauchdieRenten-
ansprüche,sodassdiedemographischbedingteAnspannungspeziellderRentenfinanzendadurch
nurbegrenztvermindertwird.VorallemfallendieRentenansprüchebeisukzessivesteigendem,
durchschnittlichemBildungsniveau–durcheinenRückgangderZahlvonPersonenohneberufli-
chenAbschlusssogarmehralsdurcheinenAnstiegderHochschulabsolventenzahl–auchabsolut
gesehenhöherausalsohnesolcheVeränderungenderQualifikationsstruktur.
Option „Bessere Qualifikationen“
Abbildung 10: Erwerbspersonen nach Qualifikationen (2000–2060)
0
10.000.000
20.000.000
30.000.000
40.000.000
50.000.000
2060205520502045204020352030202520202015201020052000
Abbildung 10: Erwerbspersonen nach Qualifikationen (2000–2060)Abbildung 10: Erwerbspersonen nach Qualifikationen (2000–2060)
Quellen Ist-Daten: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus); Projektionen: SIM.11
In M
io. P
erso
nen
Projektionen
mit abgeschlossener Berufsausbildung
Referenzvariante
ohne berufliche Qualifikation
höhere Qualifikationen
mit Hochschulabschluss
42
Option „Bessere Qualifikationen“
Abbildung11zeigtaußerdemdieEffekteeinesweiterenkombiniertenSzenarios,dasnebenVer-
besserungen der Qualifikationsstruktur der Erwerbspersonen auch auf Elemente der Option
„mehrBeschäftigung“(vgl.Abschnitt4)zurückgreift,mitsteigenderFrauenerwerbsbeteiligung
undverlängerterLebensarbeitszeit.DurchdieEffektehöhererQualifikationenwerdendiegünsti-
genAuswirkungendieserbeidenAspekteaufdasRentenniveauzwarwiederleichtgedämpft,und
eserreichtamEndedesProjektionszeitraumsindiesemFall42,5Prozent;weiterverringertwird
allerdingsder langfristigeAnstiegdesBeitragssatzesderRentenversicherung,aufzuletzt25,5
Prozent.ImVergleichzurReferenzvariantefallendieseWerte1,5Prozentpunktehöherbzw.1,7
Prozentpunkteniedrigeraus.
UmdieQualifikationsstrukturderErwerbsbevölkerunginderanlaufendenPhaseakuterdemo-
graphischerAlterungzuverbessern,sindvorallemAnstrengungendafürnötig,dassinZukunft
wenigerPersonendasBildungssystemohneberuflichenAbschlussverlassen.Ansatzpunktedafür
liegeneinerseitsinnerhalbdesBildungssystems.SchwacheTeilnehmersolltendortbessergeför-
dertundvorallemnichtaufeineWeisenachuntenausgegrenztwerden,dieihreAussichtaufwei-
tereAusbildungsschritteundspätereAufstiegsmöglichkeiten frühzeitigstarkbegrenzt.Ansatz-
Abbildung 11: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte höherer Qualifikationen
30
35
40
45
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206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
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17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Net
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(vor
Ste
uern
)
kombiniertes Szenario II
Referenzvariante
Projektionen
höhere Qualifikationen
Beitr
agss
atz
der G
RV
BeitragssatzRentenniveau
43
Option „Bessere Qualifikationen“
punkteliegenaberauchimArbeitsmarkt,dasheißtseineninstitutionellenRahmenbedingungen
undderdadurchmitbestimmtenAufnahmefähigkeit,insbesonderefürPersonen,dieeinenquali-
fiziertenberuflichenAbschlussnurmitMüheerreichenkönnen.Jeehersietrotzdemmiteinem
erfolgreichenEintritt inBeschäftigungodersogarspätereAufstiegsmöglichkeitenrechnenkön-
nen,destowenigerwerdensiebereitsimBildungssystementmutigt.
AmexistierendenSystemberuflicherBildunginnerhalbvonUnternehmenkannundsolltetrotz
anhaltenderTrendszurAkademisierungfestgehaltenwerden,umhochwertigeberuflicheQualifi-
kationenfürdieMassederErwerbspersonenzugewährleisten.AngesichtssichändernderTechni-
kenundBerufsbildermussesnötigenfallsflexibelweiterentwickeltwerden.FürhöhereBildung
mussdieGesellschaft–trotzwachsenderBelastungendurchdendemographischenWandel–die
erforderlichenRessourcenbereitstellen.AnderenfallswirddieBewältigungderabsehbarenLas-
tenaufDauerimmerschwieriger.
5.2 Besser qualifizierte Zuwanderer
AlsehergeringerscheinendiedurchschnittlichenQualifikationenderZuwanderer,dieinderVer-
gangenheitnachDeutschlandgekommensind,sowohlgemessenandenQualifikationenderinlän-
dischenBevölkerungalsauchiminternationalenVergleich.SoistderAnteilderzugewanderten
Personen,dieübereinenHochschulabschlussverfügen,mit19Prozentzwarsogaretwashöher
alsimDurchschnittderWohnbevölkerung–darüberhinausverfügenabernur50,1Prozentder
Zuwandererübereineabgeschlossene,imInlandanerkannteBerufsausbildung,nichtwenigerals
30,9Prozentgeltenalsunqualifiziert(StatistischesBundesamt2011b).
BezüglichderQualifikationsstrukturkünftigerZuwandererberuhtbereitsdieReferenzvariante
aufAnnahmen,dievordiesemHintergrundalsrechtoptimistischerscheinen.Aufgrundstarker
„Netzwerkeffekte“beiMigrationsentscheidungenähneltdieStrukturvonZuwandererninvieler-
lei Hinsicht – Nationalität, regionaler und ethnischer Herkunft, Sprachkenntnissen, aber auch
Qualifikationen und Berufserfahrung – meist derjenigen der bereits zugewanderten Personen.
TrotzdemwirdindenProjektionenfürdieReferenzvarianteunterstellt,dassdieQualifikations-
strukturzukünftigerZuwandererderjenigenderjeweilsvorhandenenWohnbevölkerunggleicht.15
Schonumdieszuerreichen,müsstensichdieQualifikationenderZuwanderer,speziellderAnteil
derjenigen mit abgeschlossener Berufsausbildung, demnach deutlich verbessern. Auf Projekti-
onen, die eine weitere Verbesserung der durchschnittlichen Qualifikationen von Zuwanderern
unterstellen,wirdhierverzichtet.
15 DieselbeAnnahmewirdplausiblerweise auch fürdieQualifikationsstrukturderAuswanderergetroffen,überdie empirischkeinebelastbarenInformationenvorliegen.GrundideebeiderKonstruktionderReferenzvarianteistindiesemPunkt,dasssichdieQualifikationsstrukturdergesamtenWohnbevölkerungdurchMigrationnichtändernsoll,solangedazukeinespeziellenAn-nahmengetroffenwerden.
44
Option „Bessere Qualifikationen“
Die Auswirkungen verbesserter Qualifikationen von Zuwanderern auf die finanzielle Situation
desgesetzlichenRentensystemsgleichenimKerndeneneinerVerbesserungderQualifikations-
strukturdergesamtenWohnbevölkerung:Siewirkensich imRentensystemgenerellnichtson-
derlichstarkaus.GegebenenfallsbewirkensiedortnursehrgeringeÄnderungendesRentenni-
veaus,jedocheineleichteDämpfungdesfürdieZukunfterwartetenAnstiegsdesBeitragssatzes.
GegenübereinerunverändertenQualifikationsstrukturderZuwandererfälltdieDämpfungaller-
dingssogaretwasgeringeraus,wennsichderAnteilderZuwanderermitabgeschlossenemHoch-
schulstudiumerhöht.
Box3:EffektebessererQualifikationenderZuwanderer
WeitereVerbesserungenderQualifikationsstrukturvonZuwanderernerscheinengegenüberden
entsprechendenAnnahmenfürdieReferenzvariantenichtalsrealistisch.Umgleichwohlzuzei-
gen,welcheAuswirkungensieaufdieRentenfinanzenhabenwürden,kannaber–eherhypothe-
tisch–gezeigtwerden,wieessichauswirkenwürde,wenndieerfahrungsgemäßvergleichsweise
jungenZuwandererkünftignichtdieselbeQualifikationsstrukturaufweisenwürdenwiediejewei-
ligeinländischeWohnbevölkerung,sonderndieselbeQualifikationsstrukturwiedieAbsolventen
desinländischenBildungssystems(vgl.Abschnitt5.1).UmdieEffekteetwasstärkerzubetonen,
wirddasVolumenderjährlichenNetto-Zuwanderungdabeierhöht,auf250.000PersonenimJahr,
währendalleanderendemographischenAnnahmen(vgl.Abschnitt3.1)unverändertbleiben.Zum
VergleichwerdenauchEffekteausgewiesen,diealleindieerhöhteZuwanderungerzeugenwürde
(vgl.Abbildung12).
Abbildung12zeigt zunächst,dasseinehöhereZuwanderungohneÄnderungenderQualifika-
tionsstruktur günstigeEffekte für dieRentenfinanzenhätte.DasRentenniveauwürdedadurch
leichterhöht,derAnstiegdesBeitragssatzeserkennbargedämpft–aufzuletzt26,4stattauf27,2
ProzentwieinderReferenzvariante.FallsdieZuwandereraußerdemeinenochgünstigereQua-
lifikationsstruktur aufweisenals inderReferenzvarianteunterstelltwird, ergeben sich fürdas
RentenniveaupraktischkeinezusätzlichenEffekte(dieGraphenfürbeideSzenarienüberlagern
sichfastvollständig),währendderAnstiegdesBeitragssatzesetwaswenigerstark,undzwarauf
zuletzt26,8Prozent,gedämpftwird.SichtbarwerdendieseEffektehierabervorallemwegendes
erhöhtenVolumensderNetto-Zuwanderung,dasmit250.000PersonenimJahroberhalblangfris-
tigerDurchschnittswerteausderVergangenheit liegt.WoherübereinenZeitraumvonrund50
JahreneineentsprechendeZahlvonZuwanderernmithohenQualifikationennachDeutschland
kommenkönnte,lässtsichausheutigerSichtnichtplausibelangeben.
45
Option „Bessere Qualifikationen“
BedeutsamersindwiederumdieAuswirkungenbesserqualifizierterZuwanderinnenundZuwan-
dereraufdenArbeitsmarktundaufdieallgemeineEinkommensentwicklung.GünstigereEntwick-
lungenindiesenBereichenkönnenebenfallsdazubeitragen,diewirtschaftlichenundfinanzpoli-
tischenFolgendesdemographischenWandelsbesserzubewältigen,auchwenndiesandenhier
verwendeten Kennziffern für die finanzielle Situation des Rentensystems nicht voll erkennbar
wird.MitRücksichtdaraufwärenAnstrengungenzubegrüßen,durchdiezukünftigmehrqua-
lifizierteundhochqualifiziertePersonennachDeutschlandzuwandern,alsdiesinderVergan-
genheitderFallwar.EinenerstenAnsatzpunktdafürliefertzunächsteineraschereundmehran
sachlichenalsanformalenFragenausgerichteteAnerkennungvonberuflichenBildungsabschlüs-
sen,dieimAuslanderworbenwurden.Zuwanderer,dieohneeinesolcheAnerkennung–oftaller-
dingsauchmitunzureichendenSprachkenntnissen–inArbeitsstellenfürUnqualifizierteeintre-
ten,bleibenoft fürdieDauer ihresAufenthalts inBeschäftigung,dienicht ihren tatsächlichen
Befähigungenentspricht.SoerwerbensieauchniedieBerufserfahrungen,durchdieihreformel-
lenQualifikationenwirklichmitimInlanderworbenenAbschlüssenvergleichbarwürden.
Abbildung 12: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte besser qualifizierter Zuwanderer
30
35
40
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206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
15,0
17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Net
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)
mehr Zuwanderer mitunveränderter Bildung
Referenzvariante
Projektionen
mehr Zuwanderer mit besserer Bildung
Beitr
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der G
RV
BeitragssatzRentenniveau
46
Option „Bessere Qualifikationen“
Wichtigere Ansatzpunkte werden in der anhaltenden Diskussion über eine Migrationspolitik
behandelt,diestärkeraufarbeitsmarktorientierteAuswahlkriterienbeiderGewährungvonAuf-
enthalts-undArbeitserlaubnissensetzt(z.B.durchPunktesysteme,diedieBeschäftigungsfähig-
keitderZuwanderermessensollen),alsdiesbisherderFallist.Zubeachtensindallerdingsauch
dieGrenzensolcherAnsätzezuraktivenSteuerungderZuwanderung.Sieliegendarin,dasssie
generellnuraufZuwandererausNicht-EU-Staatenangewandtwerdenkönnen.ImRahmender
EU-weiten Arbeitnehmerfreizügigkeit, die bei Erweiterungen der Union durch Übergangsrege-
lungenbisherhöchstenstemporärbeschränktwurde,kommtesalleinaufdieAttraktivitätvon
DeutschlandalspotenziellemZiellandfürverschiedeneTypenvonZuwanderernan,umihreZahl
wieauchihreQualifikationsstrukturzubestimmen.BeeinflussenlässtsichdieseAttraktivität,die
imÜbrigenauchbestimmt,welcheNicht-EU-BürgerüberhaupteineZuwanderungnachDeutsch-
landerwägen,letztlichvorallemdurchallgemeineRahmenbedingungenfürdieBeschäftigungs-
entwicklungunddurchdiewirtschaftlicheDynamikdesLandes.
Abschnitt5.1schlossmitderBetrachtungeineskombiniertenSzenarios,indemdieEffektestei-
genderBeschäftigung,vorallemvonFrauenundälterenArbeitskräften,undimZeitablaufverbes-
serterBildungallerErwerbspersonenberücksichtigtwurden.MithilfegezielterMaßnahmen,die
solcheEntwicklungenhervorrufenoderunterstützenkönnten,lassensichdieVerläufevonRen-
tenniveauundBeitragssatzderRentenversicherungerkennbargünstigbeeinflussen.Diegesetz-
lichverankertenZielwertefürbeideKennziffernkönnenausheutigerSichtbis2030tendenziell
auchohnesolcheVerbesserungeneingehaltenwerden.Anschließend,bis2060,werdensiejedoch
selbstimgünstigstenderhierbetrachtetenFälleverletzt.DabeiwirdeinNetto-Standardrenten-
niveauvor Steuern inHöhevon 43Prozent bis zumEndedesProjektionszeitraums zwarnur
leichtunterschritten;einRentenbeitragssatzvon22Prozentwirddagegenbereits2034erreicht.
IndenweiterenJahrenwirddieserWertzunehmendundbis2060sehrdeutlichüberschritten.
Daherkannundmussgefragtwerden,welcheweiterenOptionensichanbieten,umdasSystem
derAlterssicherunginDeutschlandtrotzderstarkenAuswirkungendesdemographischenWan-
dels,diehinterdenhierprojiziertenTrendsstehen,langfristigfinanzierbarundleistungsfähigzu
halten.
47
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
6 Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
NachdenReformen,dieindenvergangenenJahrenergriffenwurdenundzurlängerfristigenSen-
kungdesRentenniveaussowiezurDämpfungdeszuerwartendenBeitragssatzanstiegsführen,
gibteskaumnochMöglichkeitenfürRechtsänderungeninnerhalbdesbestehendenSystems,die
dieFinanzierbarkeitdergesetzlichenRentenweiterverbessern,ohnezugleichweitereEinschnitte
beimSicherungsniveauzubewirken.16MancheKritikersehendieLeistungsfähigkeitdesRenten-
systemsbereitsmitdemderzeitgeltendenRechtgrundsätzlichinfragegestellt.DasRisiko,dassin
dennächstenJahrenundJahrzehntenAltersarmutumsichgreift,diebislangnichtsehrverbreitet
ist,beherrschtdierentenpolitischenDebattenderjüngstenZeit.
EineinteressanteFrageist,obsichiminternationalenVergleichAlternativenfindenlassen,die
diesesProblemmildernkönntenundzugleichdieRentenfinanzierungbzw.diegesamteAltersvor-
sorgeinDeutschlandaufeineandereGrundlagestellen.ZudenkenistdabeianeineUmstellung
dergesetzlichenRentenversicherungzueinemuniversellen(d.h.zumindestalleErwerbsperso-
nen,einschließlichSelbstständigerundalleröffentlichBediensteten)erfassendenSystem,dassich
unterUmständenobendreinaufdieFunktioneinerGrundsicherungkonzentriert.Systemedieses
Typssindals„Beveridge-Systeme“bekanntundinternationalweitverbreitet.
WenndasNiveaugesetzlicherRentensinktoderdieLeistungennurnocheineGrundsicherung
bietensollen,werdenFormenderergänzendenAltersvorsorgebedeutsam,wiesieinDeutschland
derzeit gesetzlich dringend empfohlen und auch staatlich gefördert werden. Es besteht jedoch
durchausnochSpielraumzurStärkungvonFormenderprivaten,betrieblichenodertariflichen
AltersvorsorgeundzurVerschiebungderGewichteinnerhalbdesklassischenDrei-Säulen-Modells
derAlterssicherung.ParalleldazukannschließlichauchdieKonstruktiondesumlagefinanzierten
Rentensystemsinder„erstenSäule“neudurchdachtwerden.Anlassdazugibtnichtzuletztder
Befund,dasssolcheSystemeinihrerherkömmlichenFormdendemographischenWandelmitver-
ursachthaben.Korrekturendarankommenzuspät,umdiesenWandelnochaufzuhalten.ImHin-
blickaufdielangfristigeEntwicklungderAlterssicherungsindsieabertrotzdembedenkenswert.
6.1 Grundrenten und Bekämpfung von Altersarmut
DiegesetzlicheRentenversicherunggiltalsPrototypeines„BismarckschenRentensystems“,mit
beitrags-bzw.einkommensbezogenenAnsprüchenfürallesozialversicherungspflichtigBeschäf-
tigten.Dieseumfassenmitderzeitknapp70ProzentallerErwerbstätigenzwareinenGroßteil,
aberebenlängstnochnichtalleErwerbspersonen.Beveridge-SystemewiediejenigenGroßbritan-
16 Maßnahmenzur(weiteren)VerlängerungderLebensarbeitszeitsinddieeinzigeAusnahme,diedenunmittelbaren,negativenZusammenhangzwischendemNiveaujährlicherRentenunddemjeweilserforderlichenBeitragssatzdurchbricht,derimRah-meneinesumlagefinanziertenRentensystemsbesteht(vgl.Abschnitt4.2).
48
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
niens,skandinavischerLänderundvielernicht-europäischerOECD-LändererfassenimRegelfall
alleErwerbstätigen,fallweisesogardiegesamteWohnbevölkerung.AußerdemsindihreLeistun-
genzunächstnuraufeineeinheitlicheGrundsicherungausgelegt.17AnersterStellesollhierdaher
betrachtetwerden,welcheEffekteeinÜbergangzuexistenzsicherndenGrundrentenfürdielang-
fristigeFinanzierbarkeitdesdeutschenRentensystemshätte.AnschließendwirddieFrageeiner
AusweitungderVersicherungspflichtaufalleErwerbstätigendiskutiert(vgl.Abschnitt6.2).
AngesichtsderstarkenSenkungendesRentenniveaus,dieimRentenrechtnachdenReformender
vergangenenJahreangelegtsind,mussfürdenZeitraumbis2030unddarüberhinausernsthaft
mitsteigenderAltersarmutgerechnetwerden.AlsRisikogruppenkönnendabeiVersichertegel-
ten,dieaufgrundunvollständigerErwerbsbiographienbereitsgegenwärtigniedrigeRentenerhal-
ten.DerenNiveauwirdzukünftignochzurückgehen.GenauereVorausschätzungenzurEntwick-
lungderVerteilungvonLöhnenundRentensindschwierig.Esistallerdingsdenkbar,dassdie
GefahrderAltersarmutüberschätztwird,wennmannuraufdieEntwicklungdesRentenniveaus
inseinergesetzlichenDefinitionalsNetto-StandardrentenniveauvorSteuernschaut.
17 DieLeistungenhängendahernichtvonderHöheversicherungspflichtigerEinkommenab,sondernv.a.vonderVersiche-rungsdauer.IndenmeistenLändernmitsolchenRentensystemengibtesdanebenallerdingsauchnochstaatlicheSystemefüreinkommensbezogeneZusatzrenten.
Abbildung 13: Niveau von Standard- und Durchschnittsrenten (1990–2060)
20
25
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35
40
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50
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Durchschnittsrentenniveau
Brutto-Standardrentenniveau
Netto-Standardrentenniveau vor Steuern
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
In %
der
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teue
rn) Projektionen
49
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
DieDefinitioneinerStandardrenteaufderBasisvon45Entgeltpunkten(alsResultataus45Ver-
sicherungsjahrenmitjeweilsdurchschnittlichemversicherungspflichtigemArbeitsentgelt)istin
zweierleiHinsicht leichtunrealistisch.EinerseitserreichendiewenigstenVersichertenbiszum
Renteneintritt45Entgeltpunkte.Diesliegtunteranderemankurzenoderstarkfragmentierten
Versicherungsbiographien,dieoft,abernichtimmeraufechteLückenindenErwerbsbiographien
unddamitaufLückeninderAltersvorsorgezurückgehen.DiedurchschnittlichenRentenansprü-
che an die GRV sind derzeit mit etwa 29 Prozent der versicherungspflichtigen Durchschnitts-
entgelte(vgl.Abbildung13)deutlichgeringeralseineStandardrente,dieaufBrutto-Basisbei47
Prozent,aufNettobasisvorSteuernbei50ProzentderversicherungspflichtigenDurchschnitts-
entgelteliegt.
Andererseits gibt die absehbare Entwicklung des Standardrentenniveaus keinerlei Aufschluss
darüber,wiesichdiedurchschnittlichenRentenansprücheentwickelnwerden.Dabeiwirkensich
ÄnderungeninderBewertungvonZeitenderAusbildungoderderArbeitslosigkeitaus,dieteils
schoninden1990erJahrenvorgenommenwurden.Sietragenderzeitimmernochdazubei,dass
Zugangsrenten systematisch niedriger ausfallen als Bestandsrenten. Eine wichtige Rolle spielt
aberauchdieseitJahrzehntensteigendeErwerbsbeteiligungvonFrauen,diesichinZukunftmehr
oderwenigerausgeprägtfortsetzendürfte.VordiesemHintergrundwirddasDurchschnittsren-
tenniveaunachdenProjektionenfürdieReferenzvariantezwarallerVoraussichtnachsinken;der
RückgangderdurchschnittlichenRentenbisetwa2035fälltjedochnichtsostarkauswiederder
Netto-odergarderBrutto-Standardrente.AnschließendkönntedasNiveaudurchschnittlicherRen-
tentrotzdesweitersinkendenStandardrentenniveauskonstantbleibenodersogarwiedersteigen.
Das niedrige Niveau durchschnittlicher Renten der GRV liefert zugleich ein starkes Argument
gegeneineUmstellungdesSystemsaufeinheitlicheGrundrenten:IneinereinfachenÜberschlags-
rechnungentsprichtdiejeweiligeDurchschnittsrentedemBetrag,dendieRentenversicherungbei
unverändertenGesamtausgabenjedemMitgliedalsGrundrentezahlenkönnte.Daeinentspre-
chendesSicherungsniveauschonausheutigerSichtkaumals„armutsfest“geltenkann,lässtsich
diebevorstehendeAnspannungderRentenfinanzendurchdenÜbergangzueinerreinenGrund-
sicherungoffenkundignichtumgehen.JedeErhöhungeinersolchenGrundrentegegenüberdem
heutigenDurchschnittsrentenniveau sowie jedeErweiterungdesVersichertenkreises, etwaum
geringfügigBeschäftigte,würdenvielmehrzunochhöherenAusgabenführenalsimderzeitigen
System.
DagesetzlicheRenten fürdieAlterssicherungauf individuellerEbeneeine sehrunterschiedli-
cheRollespielen,istderÜbergangzuEinheits-oderMindestrentenunterverteilungspolitischen
Gesichtspunkten auchgarnichtunbedingt sinnvoll. ZielgenaueMaßnahmenzurEindämmung
vonAltersarmutmüssenaufEinkommenssituationundBedarfeinzelnerHaushalteundaufihre
ÄnderungenimZeitablaufabstellen.MitdenfinanziellenundadministrativenMittelnderRenten-
versicherungsindsiedahernichtgutumzusetzen.
50
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
6.2 Einbeziehung Selbstständiger und Beamter
DiewichtigstenAusnahmenvonderSozialversicherungspflichtstellen inDeutschland–neben
denausschließlichgeringfügigBeschäftigten–dieMehrzahlderSelbstständigensowiedieBeam-
tendar.UnabhängigvonderFrage,wiehierzulandedieRentenansprüchedefiniertwerdenund
obderÜbergangzumehroderwenigereinheitlichenGrundrenteneineAlternativezurAusge-
staltunggesetzlicherRentendarstellt,kannuntersuchtwerden,wiesicheineEinbeziehungvon
SelbstständigenundBeamtenindieSozialversicherungspflichtaufdiezukünftigeEntwicklung
derRentenfinanzenauswirkenwürde.
Eine solche Ausweitung des Versichertenkreises kann die Balance von Beiträgen und Leistun-
genimRentenbudgetstarkverändernunddamitdiesichabzeichnendeAnspannungbeeinflus-
sen–mit aprioriunklarenAuswirkungen.18Zubeachten ist aber,dasseinemsolchenSchritt
mindestensinBezugaufBeamtenennenswerteverfassungsrechtlicheProblemeentgegenstehen
(Werdingetal.2007:Kap.7).MitRücksichtdaraufwirdhierunterstellt,dasseinesolcheReform
–wennüberhaupt–nurmitWirkungfürneuineinBeamtenverhältniseintretendePersonenvor-
genommenwerdenkann.FürSelbstständigewirddieselbeAnnahmegetroffen,etwaweilsieVer-
trauensschutzgenießenkönnten,wennsiebereitsgewisseZeitandereFormenderAltersvorsorge
genutzthaben.
AbdemhierunterstelltenJahrderReform(2013)fließendemRentensystemdaherzunächstlau-
fendhöhereBeiträgeeinerwachsendenZahlvonaktivenMitgliedernzu,denenerstzueinem
späterenZeitpunkt entsprechendhöhereRentenansprüchegegenüberstehen.Effektivwirddas
UmlageverfahrendergesetzlichenRentenversicherungdabeiübereinenlängerenZeitraummas-
siv ausgeweitet,mit derüblichenFolge, dassdie inderEinführungsphasebeteiligtenRentner
undsonstigenAltmitgliedereinenEinführungsgewinnerhalten,währendNeumitgliederundalle
zukünftigenMitgliederbelastetwerden(vgl.Sinn2000).
Abbildung14verdeutlicht,wiesichdiesegrundlegendenZusammenhängehierauswirken:Die
EinbeziehungeinerwachsendenZahlvorallemjungerSelbstständigerundBeamterindieSozial-
versicherungspflichtdämpftdenEffektdesNachhaltigkeitsfaktorssostarkab,dassdieSenkung
desRentenniveausraschgestopptundsogarwieder leichtwettgemachtwird.SolangedieZahl
derRentnerinnenundRentnerdurchdieAusweitungdesSystemsunberührtbleibt,erfordertdie
FinanzierungderhöherenRentenzugleicheinengeringerenBeitragssatz.IndemMaße,wiedie
zusätzlichenVersichertenimZeitablaufzuzusätzlichenRentnernwerden,mussderBeitragssatz
jedochsteigen–beidauerhafterhöhtemRentenniveausletztlichsogaraufeinhöheresNiveauals
ohneErweiterungdesSystems.DieÜbergangsphase,bisdaserweiterteSystemvollständigeinge-
18 EineEinbeziehungderSelbstständigenkannangesichtsdeshierprojiziertenAnstiegsdesBeitragssatzesderRentenversicherungschondeswegenalswünschenswerterscheinen,weildamitMöglichkeitenzurUmgehungderBeitragspflichtausgeschlossenwerdenkönnen,diebereitsseitLängeremunterdemStichwort„Scheinselbstständigkeit“diskutiertwerden,sichabernichtvöl-ligbeseitigenlassen.DienegativenAnreizeffektestarksteigenderBeitragssätzewerdendamitallerdingsnurverlagert.Sierich-tensichdannnichtmehrgegenversicherungspflichtigeBeschäftigung,sonderngegenjedeArtformeller, inländischerEr-werbstätigkeit,diediesenAbgabenunterliegt.
51
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
führtist,wird2060nochnichtkomplettabgeschlossensein.AnschließendbewirktderNachhal-
tigkeitsfaktorzwardochnocheinegewisseSenkungdesRentenniveaus;derBeitragssatzsteigt
nach2060bisetwa2080/90jedochungebrochenweiteran.
Kurz-bismittelfristigkönntedurchdieEinbeziehungvonSelbstständigenundBeamtenalszusätz-
lichenMitgliederndesgesetzlichenRentensystemsalsofüreinesehrgünstigerscheinendeEnt-
wicklungderRentenfinanzengesorgtwerden.DieLastendesdemographischenWandelswürden
damitaberletztlichvorallemweiterindieZukunftgewälzt.Eine„Untertunnelung“desdemogra-
phischenProblemskönntedanngelingen,wenndieLebenserwartungdauerhaftnichtsostark
steigt,wiehierunterstelltwird.Unter solchenUmständenkönnte sichderAltenquotientnach
2040wiederreduzieren.DiefinanzielleAnspannungdesRentensystems,diesichbisdahindurch
eingeschicktesTimingderEinführungsphasederneuenMitgliedermildernließe,würdeanschlie-
ßendnachlassen.
Abbildung 14: Rentenniveau und Beitragssatz der GRV (1990–2060) – Effekte einer Einbeziehung Selbstständiger und Beamter
30
35
40
45
50
55
60
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
15,0
17,5
20,0
22,5
25,0
27,5
30,0
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
Net
to-S
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nniv
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(vor
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)
Referenzvariante
Projektionen
Einbeziehung vonSelbstständigen und Beamten
Beitr
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der G
RV
BeitragssatzRentenniveau
52
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
VermeidenließensichdieproblematischenLangfristeffekteeinerErweiterungdesVersicherten-
kreisesauchunterzweiweiterenBedingungen.ErstenskönntedasRentenniveauinderEinfüh-
rungsphasezurückhaltendergesteuertwerdenalsmithilfedesNachhaltigkeitsfaktors.Zweitens
könntemandieBeiträgederzusätzlichenMitgliedernichtfürhöhereRentenundniedrigereBei-
trägeverwenden,sondernsieineineDemographiereservefürdieerstspäteransteigendenAus-
gabeneinstellen.IndiesemFallwürdediegesetzlicheRentenversicherungzueinerTeilkapital-
deckungübergehen.DievorübergehendentlastendenEffektederReformwürdendadurchaber
tendenziellwiederverschwinden.
6.3 Ergänzende kapitalgedeckte Vorsorge
SchrittehinzueinerTeilkapitaldeckungdergesamtenAlterssicherungwurden inDeutschland
bereits imKontextderRentenreformvon2001vollzogen, allerdingsmit einerKapitaldeckung
außerhalbdesgesetzlichenRentensystems.Seitheristergänzende,privateAltersvorsorgeimRen-
tenrecht (z.B. in der Rentenanpassungsformel) verankert, auch wenn sie seinerzeit nicht ver-
pflichtend gemacht wurde. Außerdem wird sie in verschiedener Weise (als „Riester“- oder als
„Rürup“-Rente)staatlichgefördert.
SeitderEinführungdieserFörderungenhatsichdieergänzendeAltersvorsorgenennenswertver-
breitet.ZwarsinddiedazuveröffentlichtenZahlenteilweisenichtganzbelastbar(vgl.Werding
2013:Kap.13)undes istauchnichtklar, inwieweitdabeiwirklichzusätzlicheprivateVorsorge
getriebenoderohnediesgeplanteVorsorgenurindiegefördertenFormenverlagertwird;trotz-
demhatmittlerweileschätzungsweiseeinViertelallerErwerbspersonen–überwiegendBezie-
hermittlererundhöhererEinkommen,aufgrundderAusgestaltungderFörderungzugleichaber
weitüberproportionalPersonenmitKindern–geförderteVorsorgeverträge,dieaktivbedientund
staatlichsubventioniertwerden.BeiFortschreibungderbeobachtbarenTrendskannbis2020mit
einem weiteren Anstieg dieses Anteils auf ein Drittel gerechnet werden. Unter unveränderten
rechtlichenRahmenbedingungendürftenanschließendSättigungstendenzeneintreten.
Abbildung15zeigt,wiesichdasdeutlichsinkendeSicherungsniveaugesetzlicherRentendurch
ergänzendeVorsorgewiedererhöhenlässt.Berücksichtigtwirddabeizusätzlich,dassdasNiveau
einerStandardrenteaufgrundseinerDefinitionmitfestvorgegebenerZahlvonVersicherungsjah-
renbzw.Entgeltpunktennichterkennenlässt,wiedieindividuelleAbsicherungimAlteraufeine
VerlängerungderLebensarbeitszeitreagiert.ZudiesemZweckwirdinderAbbildungzunächst
einealternativeDefinitiondesNetto-StandardrentenniveausvorSteuernausgewiesen,beidersich
dieZahlderberücksichtigtenEntgeltpunkte–parallelzurgeradeangelaufenenHeraufsetzung
derRegelaltersgrenzedesgesetzlichenRentensystems–schrittweisevon45(2011)auf47(2031)
erhöht.FürdieseDefinitiondesRentenniveauswerdendanndiedurchschnittlichenEffekteergän-
zenderprivaterAltersvorsorgeausgewiesen,diesichunterdengeltendenrechtlichenRahmenbe-
dingungen,miteinerBeteiligungvonbiszu33ProzentallerErwerbspersonen,ergeben.Rentenbe-
53
ziehermitprivaterVorsorgeverfügendannallerdingstendenziellübereinehöhereAbsicherung,
RentenbezieherohneprivateVorsorgehingegenoftnurübergesetzlicheRenten.19Daherwirdin
derAbbildungauchgezeigt,wiesichdasSicherungsniveauweitererhöhenwürde,wennergän-
zende,privateVorsorgefürdasAlterverpflichtendgemachtwürde.Langfristigwürdedaskom-
binierteSicherungsniveaugesetzlicherRentenundergänzenderVorsorgeunterdieserAnnahme
tatsächlichwiederdasderJahrevordenjüngstenRentenreformenerreichen.
Kapitaldeckungbieteteinesinnvolle–ausökonomischerSichtüberdiesdieeinzigwirksame–
Ergänzung umlagefinanzierter Renten, wenn deren Finanzierungsbasis bei stagnierender oder
schrumpfenderZahlqualifizierterErwerbstätigerunterDruckgerät.SchwerabschätzbareRen-
dite- und Kaufkraftrisiken sind für Vorsorge dieser Art kennzeichnend. Außerdem können die
inländischenRenditengenerellunterDruckgeraten,wennimZugedesdemographischenWan-
delseineganzeGenerationvonRentnerngleichzeitigaufihreErsparnissezugreift,währendAnla-
gen imAuslandneuenLänder-undWährungsrisikenausgesetztsind.DieseProblemekönnen
durcheineangemesseneAnlagestrategie jedochvermindertwerden.ZudenbekanntenProble-
meneinervermehrtenKapitaldeckungaufderGrundlageindividueller,freiwilligerVorsorgeent-
scheidungengehörendanebenhoheMarketing-undVertriebskostenkonkurrierenderAnbieter.
19 UmfangundVerteilungsonstiger,v.a.betrieblicherRentenansprüchewerdenhiernichtberücksichtigt.
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
40
45
50
55
60
+ ergänzende Altersvorsorge (Pflicht)
+ ergänzende Altersvorsorge (freiwillig)
+ verlängerte Lebensarbeitszeit (Rente mit 67)
Netto-Standardrentenniveau vor Steuern (45 Beitragsjahre)
206020552050204520402035203020252020201520102005200019951990
Abbildung 15: Rentenniveau und ergänzende private Vorsorge (1990–2060)
Quellen Ist-Daten: Deutsche Rentenversicherung; Projektionen: SIM.11.
In %
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54
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
Gesetzliche Standards, die die angebotenen Vorsorgeprodukte erfüllen müssen, um als zertifi-
zierteFormderAltersvorsorgegefördertwerdenzukönnen,gebenAnbieternGelegenheit,Wett-
bewerbmitanderenFinanzproduktenzuvermindernundsicheinenTeilderFörderunganzueig-
nen.FernerzeigtsichinzahlreichenUntersuchungenzumMarktverhaltenvonAnlegern,dasssie
esangesichtskomplexerWahlmöglichkeitenzwischenAnbieternundProduktenhäufigvorziehen,
EntscheidungenaufzuschiebenoderdurchUntätigkeitganzzuumgehen.20
Ansätze,dieeineweitereAusweitungergänzenderAltersvorsorgewirksamunterstützensollen,
müssen auf diese Eigenarten Rücksicht nehmen. Die Regulierungen entsprechender Produkte
solltenzumehrMarkttransparenzbeitragen,alsosowohldieVerständlichkeitdereinzelnenPro-
duktealsauchdieVergleichbarkeitderKostenverbessern.UmdieKostenderAbschlüsseund
derDurchführungvonVorsorgeverträgenzubegrenzen,kannzudemnichtalleinaufindividuelle,
sondernauchaufbetrieblicheund/odertariflicheLösungenunterBeteiligungvonMitarbeiterver-
tretungenbzw.Gewerkschaftenhingewirktwerden,diedeneinzelnenAnlegerndurchbegrenzte
WahlmöglichkeitenzudemkomplexeEntscheidungenabnehmen,denendieBetroffenenansons-
tenlieberzulangeausdemWeggehen.SchließlicherweisensichimHinblickaufdastypische
AnlegerverhaltengenerellgesetzlicheVorgabenwieeinebegrenzteVorsorgepflicht–diedurch
individuelleEntscheidungenunterbestimmtenVoraussetzungenherabgesetztoderaufgehoben
werdenkann–alsweitauswirksameralseineumgekehrteWahlsituation,inderdasOb,dasWie
undauchdasWievielderprivatenVorsorgefreibestimmtwerdenmüssen.
Zuüberlegen ist indiesemZusammenhangallerdingsebenfalls,wermiteinersolchenVorsor-
gepflichtinwelchemMaßebelastetwerdenkannodersollte.DieAlternativstrategieeinernicht
unerheblichenFörderungergänzenderprivaterVorsorge,dieinDeutschlandbisherverfolgtwird,
machtsieinsbesonderefürPersonenmitmehrerenKindernattraktiv.ImHinblickaufdieFrage,
welchePersonengruppeneigentlichaufwelchenWegenfürihrAltervorsorgensollten,erscheint
diesnichtohneWeiteresalseinleuchtend.EffektivsorgenPersonen,dieKindererziehenundin
ihreAusbildunginvestieren,bereitsinbesonderemMaßefürdieStabilisierungdesumlagefinan-
zierten gesetzlichen Rentensystems, ohne dass diese Leistungen dort in ausreichendem Maße
berücksichtigtwerden.
6.4 „Kinderrente“: Umbau des Umlagesystems
BeigenauererUntersuchungerweisensichherkömmlicheUmlagesysteme, sowohldiemitbei-
trags- bzw. einkommensbezogener Alterssicherung als auch die mit tendenziell einheitlichen
Grundrenten,ineinemzentralenPunktalsFehlkonstruktion:SiebasierenimKernaufderEinkom-
menskapazität zukünftigerErwerbspersonen, aber sie sozialisierendenErtrag entsprechender
InvestitionenzueinemGutteilundschüttenihnaufalleMitgliederjederVersichertengeneration
aus.DiesvermindertdieAnreize,solcheInvestitionenzutätigen,undlädtzuTrittbrettfahrerver-
20 ZueinschlägigenErfahrungeninDeutschlandvgl.etwaBörsch-Supanetal.(2012)oderBucher-KoenenundLusardi(2011).
55
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
haltenein.WerkeineKindererziehtundkeinebesonderenAufwendungenfürihreAusbildung
übernimmt, spart sichdieseKostenundkanndurchumfangreichereErwerbsbeteiligungsogar
höhereRentenansprücheerwerbenalsdiejenigen,dieeigeneKinderhaben.BeiderFinanzierung
solcherRentensystemefallengesamtwirtschaftlicheErfordernisseundindividuelleVorteilealso
auseinander.Dassdiesaus theoretischerSichteinProblemdarstellt, sollteschnelleinleuchten
(vgl.Cigno1993;Werding1998;Sinn2004).Mittlerweileistjedochauchgezeigtworden,dassdie
EinführungundderAusbauumlagefinanzierterstaatlicherRentensystemezwarsichernichtden
ganzen,aberimmerhineinenTeildesfortgesetztenGeburtenrückgangserklären(vgl.etwaCigno
etal.2003sowieWerding2010fürweitereNachweise).
DiezukünftigeEinkommenskapazitätvonKindernhängtnichtalleinvonelterlichenInvestitio-
nen,sondernauchvonöffentlichenAusgabenab,dieElternundKinderlosegemeinsamfinan-
zieren. Das deutsche Rentensystem und einige weitere staatliche Alterssicherungen enthalten
mittlerweile außerdem Leistungen, die die Erziehungszeiten und -leistungen von Eltern direkt
honorierensollen (vgl.CignoundWerding2007:Kap.4).TrotzdemführenRentensystemeund
auchdieSystemeöffentlicherFinanzenimGanzenperSaldozueinernennenswertenBelastung
vonElternbzw.Familien,diedurchdieöffentlicheUnterstützungvonFamilienbzw.Kindernbis-
herauchnichtannäherndaufgewogenwird(vgl.Sinn2001;WerdingundHofmann2005).
EinpragmatischerWegzurMilderungdiesesgrundlegendenProblems,derlangfristigzugleich
zueinerbesserenBewältigungdesdemographischenWandelsbeitragensoll,könntedaherwie
folgtaussehen:21ErstenswirdderBeitragssatzdesherkömmlichenRentensystemseingefroren,
sodassdasNiveauderdamitfinanzierbaren„Basisrente“mitsteigendemAltenquotientennoch
stärkerabsinktalsinallenSzenarien,diehierzuvorbetrachtetwurden.Zweitenswirddaneben
dasneueSystemeiner „Kinderrente“geschaffen,diegleichfalls imUmlageverfahren,abervon
allenErwerbstätigenfinanziertwird.SiegewährtallenElternimRentenalterLeistungen,dievon
derZahlihrerKinderabhängenundfürElternvondrei(undmehr)Kindernzusammenmitder
BasisrenteeinRentenniveaugewährleisten,dasdemderzeitigenSicherungsniveauentspricht.22
DasVolumenderKinderrentewächstdabeiindemMaßean,wiedasNiveauderBasisrentenim
ZugedesdemographischenWandelszurückgeht.
DrittenswerdenKinderloseundElternmitwenigeralsdreiKindernverpflichtet,eineentspre-
chende Aufstockung ihrer Basisrente durch ergänzende private Vorsorge zu bewerkstelligen.
GenaugenommenunterliegtdieMehrzahlderzunächstkinderlosenErwerbstätigendieserPflicht;
mitderGeburtjedesKindessinktjedochderUmfangderVorsorgepflicht,undeinTeildesbereits
erspartenVorsorgevermögenswirdfrei,beispielsweiseumAnschaffungenfürdieFamilieinder
Gründungsphasezufinanzieren.
21 Vgl.SinnundWerding(2000)sowiefürweitereDetailsdesVorschlagsauchWerding(2006).
22 Konkretwirddabei–spätestensnacheinerkurzenEinführungsphase–einBrutto-StandardrentenniveauinHöhevon48Pro-zentangestrebt.ElternvoneinemoderzweiKindernerhaltenjeweilseinDrittelbzw.zweiDrittelderdazuerforderlichenKin-derrente.
56
Optionen zur Umgestaltung des Alterssicherungssystems
EinesolcheReformwürdedasRentenniveaufürPersonenmitKinderngezieltraschwiederanhe-
ben,undsiekönnteBeitragssatzvonBasisrenteundKinderrentelangfristigaufeinemNiveausta-
bilisieren,dasniedrigerausfälltalsinallenanderenhierbetrachtetenSzenarien.VonKinderlosen
undKinderarmenwürdeaberzusätzlichdeutlichhöheremMaßealsbisherergänzendeprivate
Altersvorsorgeverlangt.Denkbaristschließlichauch,dassdieReformsichlängerfristigpositivauf
dieFertilitätauswirktunddielängerfristigeEntwicklungdesBeitragssatzesnochstärkerdämpft
(vgl.CignoundWerding2007:Kap.8).DieAuswirkungendesdemographischenWandels,speziell
desrapidenGeburtenrückgangs,aufdieRentenfinanzenließensichzwarauchdannnichtmehr
ausderWeltschaffen,wenndieReformsofortumgesetztwürde;längerfristigwirddieAnspan-
nungallerdingsspürbargemildert,ohnedafürinersterLinieaufgünstigereEntwicklungenam
ArbeitsmarktundbeieinigenweiterenRahmenbedingungendesRentensystemszusetzen.
57
Schlussfolgerungen für die Alterssicherungspolitik
7 Schlussfolgerungen für die Alterssicherungspolitik
IndervorliegendenStudiewurdeverdeutlicht,dassdasgesetzlicheRentensystemvoreinerlän-
gerenPhasewachsenderfinanziellerAnspannungsteht,diedurchdendemographischenWandel
verursachtwird.UnterBerücksichtigungweitererEinflussfaktorenkönnendieabsehbarenPro-
blemezwarverschiedengroßausfallen.SieerweisensichaberalssehrrobustgegenüberVaria-
tionenderAnnahmen,etwaüberzukünftigeEntwicklungeneinzelnerdemographischerTrends,
aberauchderArbeitsproduktivitätundderLöhne.DiesePerspektiveliefertdieGründefürein-
schneidendeReformendesRentensystemsausdenvergangenenJahren.Siedarfbeineuerlichen
DebattenzurRentenpolitiknichtausdemBlickverlorenwerden.
VordiesemHintergrundwerdeninderStudieAnsatzpunktedafürbetrachtet,diebis2060wach-
sendeunddanachvoraussichtlichanhaltendhoheAnspannungderRentenfinanzenzumildern.
Als durchaus realisierbare Schritte dazu werden eine verstärkte Erhöhung der Erwerbsbeteili-
gungvonFrauen,eineweitereVerlängerungderLebensarbeitszeit,eineSenkungdesAnteilsvon
ErwerbspersonenohneberuflichenAbschlusssowieeineErhöhungdesAnteilsvonErwerbsper-
sonenmitHochschulabschlussbehandelt,diedieRentenfinanzenlangfristiginsgesamtgünstig
beeinflussenkönnen.ZentraleKennziffernwiedasRentenniveau(netto,vorSteuern)undderBei-
tragssatzdergesetzlichenRentenversicherungwerdendabeivorallemdurchMaßnahmenver-
bessert,diesichderHandlungsoption„MehrBeschäftigung“zurechnenlassen.Maßnahmen,die
unterdieOption „BessereQualifikationen“ fallen,wirken sicheher aufdie absoluteHöhevon
Erwerbs-undAlterseinkommensowieaufdiegesamtwirtschaftlicheEntwicklungaus.Siemachen
dieAuswirkungendesdemographischenWandelsaufdieseWeisebessertragbar.
Maßnahmen,mitdenendieseOptioneneingelöstwerdenkönnen,sindetwaeinweitererAusbau
vonBetreuungsmöglichkeitenfürkleineKindersowievonGanztagskindergärtenund-schulen.Im
BildungssystemmüssenschwacheTeilnehmerundTeilnehmerinnenbessergefördertundnicht
nachuntenausgegrenztwerden,dasSystemberuflicherAusbildungmuss intaktgehaltenund
flexibelweiterentwickeltunddieerforderlichenRessourcenfürhöhereBildungmüssenbereitge-
stelltwerden.ZurVerlängerungderLebensarbeitszeitsolltefrühzeitigeinefortgesetzteHerauf-
setzungderRegelaltersgrenzederRentenversicherung,zumBeispiellängerfristigauf69Jahre,
angekündigtwerden,diedemerwartetenAnstiegderLebenserwartungfolgt.Unterstütztwerden
kanndiesdurcheineErhöhungderRentenabschlägebeieinemvorzeitigenEintrittindenRuhe-
stand,dadiederzeitigenAbschlagssätzealsniedrigerscheinen–sowohliminternationalenVer-
gleichalsauchgemessenanAbschlägen,mitdenenFrühverrentungsanreizeversicherungsma-
thematischkorrektneutralisiertund finanzielleBelastungen fürandereVersichertevermieden
werdenkönnten.
58
Schlussfolgerungen für die Alterssicherungspolitik
Hinzu kommen in allen hier angesprochenen Feldern notwendige Verhaltensänderungen der
Betroffenen, die sichpolitischnichtdirekt steuern lassen. So sollten sichRollenmusterbezüg-
lichderfamiliärenArbeitsteilungändern,GrenzenzwischenMänner-undFrauenberufenstärker
verwischenundunterBeteiligungderArbeitgeberauchLohn-undKarrierenachteilevonFrauen
weiterzurücktreten.FüreineVerlängerungderLebensarbeitszeitmüssensichnebenindividu-
ellenLebensplanungenderArbeitnehmerinnenundArbeitnehmerauchgewohnteDenkmuster
derArbeitgeberwandeln.ÄltereArbeitskräftemüssenbeiderWeiterbildungberücksichtigtund
altersgerechteArbeitsplätzeeingerichtetwerden,und letztlichmusseinArbeitsmarktgeschaf-
fenwerden,derfürÄltereaufnahmefähigist.EinaufnahmefähigerArbeitsmarktistauchfürPer-
sonennötig,dieeinenqualifiziertenberuflichenAbschlussnurmitMüheerreichenkönnen.Die
Chance,trotzdemeinenerfolgreichenEintrittinBeschäftigungodersogarspätereAufstiegsmög-
lichkeitenzufinden,kannzurückwirkenaufihrBildungsverhalten,weilsienichtmehrfrühzei-
tigentmutigtwerden.
DieSpielräumedafür,dieFinanzierbarkeitdesRentensystemsdurchkleinereVeränderungendes
Systemsselbstzuverbessern,sindnachdenbisherschonergriffenenReformennichtmehrgroß.
SelbstwenndiezuvorbetrachtetenMaßnahmensichalserfolgreicherweisen,werdensichRen-
tenniveauundBeitragssatzunterdemderzeitgeltendenRentenrecht längerfristig immernoch
ungünstigentwickeln.DerBeitraggesetzlicherRentenzurdynamischenSicherungdesLebens-
standardsderRentnerinnenundRentnerwirdsinken,unddielaufendenBelastungenderaktiven
VersichertendurchdieRentenfinanzierungwerdensteigen.Daherkannundsolltebeizeitenauch
überweitergehendeUmgestaltungendesRentensystemsnachgedachtwerden.
MaßnahmenzurAusweitungdesRentensystemsdurchEinbeziehungSelbstständigerundBeam-
ter bergen Chancen und Risiken. Falls die demographische Anspannung längerfristig wieder
abnimmt,könntebeigeschicktemTimingeinersolchenReformeine„Untertunnelung“desdemo-
graphischen Problems gelingen. Die deutliche Vergrößerung des Versichertenkreises ist teils
jedochverfassungsrechtlichbedenklich.VorallemaberwirddasdemographischeProblemwahr-
scheinlichnurindiefernereZukunftverlagert,wennamUmlagesystemdergesetzlichenRente
festgehaltenwird.StattdessenkönntendieineinerÜbergangsphaseanfallendenzusätzlichenBei-
tragseinnahmen,denennichtsofortzusätzlicheRentenausgabengegenüberstehen,aberauchin
eineDemographiereserveeingestelltundsozueinerTeilkapitaldeckungdesRentensystemsüber-
gegangenwerden.VorübergehendentlastendeEffektederReformwürdendannabertendenziell
wiederverschwinden.
KapitalgedeckteVorsorgeaußerhalbdesgesetzlichenRentensystemsstelltbei sinkendemRen-
tenniveaugleichwohleinesinnvolleErgänzungdergesamtenAlterssicherungdar.BekanntePro-
blemesolcherLösungensindhoheKostendesAbschlussesundderDurchführungindividueller
VorsorgeverträgedurchkonkurrierendeAnbietersowieeinZögernderAnlegerangesichtskom-
plexer Entscheidungen, wenn nicht sogar ein Ausweichen davor. Regulierungen, die für mehr
Markttransparenzsorgen, sowieeineStärkungbetrieblicherund tariflicherLösungenzurSen-
59
Schlussfolgerungen für die Alterssicherungspolitik
kungderKostensinddaherebensonötigwiegewissegesetzlicheVorgabenbishinzueinerVor-
sorgepflicht,beiderfürindividuelleEntscheidungenüberArtundUmfangderVorsorgeStandard-
lösungenvorgegebenwerden,vondenenimEinzelfallaberabgewichenwerdenkann.Wennesauf
dieseWeisegelingt,dieVerbreitungergänzenderVorsorgedeutlichzuerhöhen,hatdiesdefinitiv
günstigeEffektefürdasSicherungsniveaudergesamtenAlterseinkommen.
Bedenkenswertistschließlich,obimHinblickaufdieEffektedesdemographischenWandelsnicht
eingrundlegenderKonstruktionsfehlerherkömmlicher,staatlicherRentensystemebeseitigtwer-
densollte.DieimUmlageverfahrenfinanziertenSystemesindinsgesamtaufeinemöglichsthohe
ZahlqualifizierterzukünftigerErwerbspersonenangewiesen.SiesetzenindividuellaberAnreize
gegendieErziehungundAusbildungvonKindern.UmdiesesProblemzulösen,müsstenkinder-
bezogeneRentenansprüchemassivausgebautwerden,währendPersonenohneKinderdannver-
stärktergänzende,kapitalgedeckteVorsorgebetreibenmüssten.UmdieFolgendesdemographi-
schenWandelszuvermeiden,kämensolcheReformenzwarzuspät,egalobsiesofortodererstin
Zukunftergriffenwerden;längerfristighättensiejedochvorteilhafteFolgenfürdieRentenfinan-
zierungundwürdeninsgesamtfürverbesserteRahmenbedingungenderdemographischenund
wirtschaftlichenEntwicklungsorgen.
DieabsehbarenAuswirkungendesdemographischenWandelsaufdieFinanzendesgesetzlichen
Rentensystemssindsostark,dasssiedurchEinzelmaßnahmennichtspürbargemildertwerden
können.ErforderlichistvielmehreinganzesBündelanMaßnahmen,dieinnerhalbdesRentensys-
tems,aberauchimArbeitsmarktundimBildungssystemansetzen.Zusammengenommenkann
mitdenhierbetrachtetenAnsatzpunktenzurVerbesserungderPerspektivenfürdieRentenfinan-
zierung–insbesonderemiteinerfortgesetztenVerlängerungderLebensarbeitszeit,dieaufdie
WirkungendersteigendenLebenserwartungzielt,miteinemgezieltenAusbauergänzenderkapi-
talgedeckterVorsorgesowiemitMaßnahmenzurErhöhungderArbeitsmarktdynamikmitmehr
BeschäftigungundbesserenQualifikationen–jedocheingangbarerWeggefundenwerden,um
dendemographischenWandelzubewältigen,sowohlimHinblickaufdasAlterssicherungssystem
alsauchimHinblickaufseineKonsequenzenfürWachstumundBeschäftigung.
60
Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
8 Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
FüralleindervorliegendenStudiepräsentiertenVariantenderLangfristprojektionenzurfinan-
ziellenEntwicklungdesRentensystemswerdenhierausgewählteErgebnissedokumentiert.Zu
beachtensinddabeifolgendeDefinitionen:
• Als„Rentner“werdenalleBeziehervonAlters-,Erwerbsminderungs-undHinterbliebenenren-
tenbezeichnet.
• ZurErmittlungdes„Äquivalenz-Rentnerquotienten“werdendieRentnerunterBerücksichti-
gung ihrer individuellenRentenansprüche imVerhältniszueinerStandardrentegewichtet.
DiesoermittelteZahlwirddurchdieZahlderBeitragszahlergeteilt.
• Einesogenannte„Standardrente“basiertauf45Entgeltpunkten(multipliziertmitdem„aktu-
ellenRentenwert“ zu einemMonatsbetrag inEuro). EinEntgeltpunkt ist der rentenrechtli-
cheGegenwertvonBeiträgenaufdasdurchschnittliche,versicherungspflichtigeBruttoarbeits-
entgeltalleraktivenVersicherten ineinemgegebenen Jahr.HinterderStandardrentesteht
alsodieVorstellung,dasseinVersicherter45Beitragsjahrezurückgelegtunddabeistetsdas
DurchschnittsentgeltalleraktivenVersichertenerzielthat.
• Zur Ermittlung des „Brutto-Standardrentenniveaus“ wird die Brutto-Standardrente (brutto:
inkl.AnteilederRentneranKranken-undPflegeversicherungsbeiträgen)durchdasdurch-
schnittlicheBruttoarbeitsentgeltalleraktivenVersichertengeteilt.
• Zur Ermittlung des „Netto-Standardrentenniveaus vor Steuern“ werden Standardrente und
durchschnittlichesArbeitsentgeltjeweilsumdiegesetzlichenAbzügefürSozialversicherungs-
beiträgevermindert;Lohn-bzw.Einkommensteuerbleibenunberücksichtigt,weilsievonder
sonstigenEinkommenssituationderSteuerpflichtigenbeeinflusstwerden.
• Als„Bundesmittel“wirddieSummeallerausallgemeinenHaushaltsmittelndesBundesfinan-
ziertenÜbertragungenandasgesetzlicheRentensystembezeichnet.DieverschiedenenKom-
ponentendieserMittelwerdenJahrumJahrv.a.gemäßdervorherigenEntwicklungderversi-
cherungspflichtigenBruttoentgelteundderBeitragssätzederGRVangepasst.Teilweisefolgen
sieauchderEntwicklungderUmsatzsteuereinnahmenoderder inderRentenversicherung
angerechnetenErziehungszeiten.
• Als„Rentenausgaben“werdendieGesamtausgabendesgesetzlichenRentensystemsbezeich-
net.NebendenLeistungsausgabenfürRentenzahlungengehörendazuv.a.auchdievonder
RentenversicherungübernommenenAnteilederBeiträgezurKrankenversicherungderRent-
nersowiedieVerwaltungskosten.
61
Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
Jahr Anzahl der Renten
SV-Beschäftigte
Äquiv.-Rentner-quotient
GRV-Beitrags-satz
Standard-Rentenniveau Bundes-mittel je Renten-ausgaben
Renten-ausgaben je BIPbrutto netto (vor
Steuern)
Variante: Referenzvariante (Abbildung 1)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.728.198 56,7 % 19,6 % 44,0 % 47,1 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.578.389 25.969.170 64,3 % 21,3 % 41,9 % 45,2 % 33,4 % 10,5 %
2040 28.219.353 23.528.133 72,7 % 23,7 % 39,2 % 43,3 % 34,1 % 12,0 %
2050 28.514.019 21.756.358 79,0 % 25,9 % 37,3 % 42,1 % 34,7 % 13,4 %
2060 27.711.571 19.881.531 84,0 % 27,2 % 35,9 % 41,2 % 36,0 % 14,5 %
Variante: junge Bevölkerung (Abbildung 2)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 25.975.481 28.057.647 55,6 % 19,2 % 44,3 % 47,3 % 33,7 % 9,5 %
2030 27.368.215 26.882.919 61,3 % 20,9 % 42,7 % 46,0 % 33,1 % 10,3 %
2040 28.200.086 25.083.524 67,5 % 23,0 % 40,3 % 44,2 % 33,6 % 11,5 %
2050 28.469.723 23.977.276 70,9 % 24,8 % 38,9 % 43,4 % 33,7 % 12,5 %
2060 27.673.233 22.850.229 72,5 % 25,7 % 38,1 % 43,0 % 34,3 % 13,2 %
Variante: alte Bevölkerung (Abbildung 2)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.161.823 27.444.270 57,6 % 19,6 % 43,8 % 46,9 % 33,6 % 9,7 %
2030 27.819.723 25.034.371 67,5 % 21,8 % 41,2 % 44,7 % 33,6 % 10,8 %
2040 28.512.252 22.036.285 78,8 % 24,5 % 38,0 % 42,3 % 34,8 % 12,6 %
2050 28.830.194 19.670.568 88,7 % 27,0 % 35,7 % 40,7 % 35,9 % 14,3 %
2060 27.914.279 17.214.384 97,8 % 28,7 % 33,8 % 39,4 % 38,0 % 15,9 %
Variante: Streichung des Nachhaltigkeitsfaktors (Abbildung 3)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.594.219 56,9 % 20,1 % 45,1 % 48,5 % 33,4 % 9,9 %
2030 27.578.389 25.571.770 65,1 % 22,7 % 43,8 % 48,0 % 33,0 % 11,2 %
2040 28.219.353 22.901.790 74,3 % 25,9 % 41,8 % 47,3 % 33,7 % 13,1 %
2050 28.514.019 20.928.675 81,4 % 28,7 % 40,2 % 46,9 % 34,3 % 15,0 %
2060 27.711.571 18.778.392 87,5 % 30,7 % 39,0 % 46,7 % 35,9 % 16,6 %
Variante: Rente mit 65 (Abbildung 3)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.496.313 27.346.843 58,5 % 19,6 % 43,0 % 46,0 % 33,9 % 9,7 %
2030 28.812.467 24.604.365 71,2 % 22,1 % 39,7 % 43,3 % 34,0 % 11,1 %
2040 29.194.351 22.522.586 79,1 % 24,3 % 37,5 % 41,7 % 34,7 % 12,5 %
2050 29.348.192 20.791.162 85,8 % 26,3 % 35,8 % 40,5 % 35,4 % 13,8 %
2060 28.274.271 19.057.599 90,3 % 27,4 % 34,6 % 39,8 % 36,8 % 14,8 %
62
Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
Jahr Anzahl der Renten
SV-Beschäftigte
Äquiv.-Rentner-quotient
GRV-Beitrags-satz
Standard-Rentenniveau Bundes-mittel je Renten-ausgaben
Renten-ausgaben je BIPbrutto netto (vor
Steuern)
Variante: mehr Investitionen (Abbildung 4)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.727.810 56,6 % 19,5 % 43,7 % 46,8 % 33,7 % 9,5 %
2030 27.578.389 25.967.814 64,3 % 21,1 % 41,7 % 45,0 % 33,1 % 10,5 %
2040 28.219.353 23.538.302 72,7 % 23,7 % 39,0 % 43,1 % 33,9 % 11,9 %
2050 28.514.019 21.765.594 79,0 % 25,8 % 37,1 % 41,9 % 34,4 % 13,3 %
2060 27.711.571 19.889.261 84,0 % 27,2 % 35,8 % 41,0 % 35,7 % 14,4 %
Variante: mehr Innovationen (Abbildung 4)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.956.893 56,3 % 18,8 % 43,2 % 45,9 % 33,4 % 9,3 %
2030 27.578.389 26.108.638 64,0 % 20,8 % 40,9 % 44,0 % 33,4 % 10,2 %
2040 28.219.353 23.698.330 72,3 % 23,1 % 38,2 % 41,9 % 34,0 % 11,6 %
2050 28.514.019 21.949.503 78,6 % 25,2 % 36,3 % 40,6 % 34,5 % 12,9 %
2060 27.711.571 20.093.561 83,4 % 26,5 % 35,0 % 39,7 % 35,7 % 13,9 %
Variante: höhere Gesundheitskosten (Abbildung 5)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.121.154 27.046.127 57,7 % 19,6 % 43,7 % 47,1 % 33,5 % 9,9 %
2030 27.751.876 23.731.455 68,6 % 22,3 % 40,6 % 45,6 % 34,0 % 11,5 %
2040 28.516.526 20.545.901 80,1 % 25,3 % 37,4 % 44,0 % 35,3 % 13,7 %
2050 28.935.812 19.343.064 86,5 % 27,7 % 35,6 % 42,5 % 35,7 % 15,2 %
2060 28.182.171 18.062.410 90,9 % 29,1 % 34,2 % 41,5 % 36,7 % 16,3 %
Variante: niedrigere Gesundheitskosten (Abbildung 5)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.044.040 28.048.641 56,1 % 18,8 % 43,9 % 46,6 % 33,3 % 9,4 %
2030 27.520.560 26.176.609 63,8 % 21,0 % 41,6 % 44,8 % 33,5 % 10,3 %
2040 28.120.295 23.700.639 72,0 % 23,3 % 38,8 % 42,8 % 34,2 % 11,8 %
2050 28.373.421 22.048.255 77,9 % 25,4 % 37,1 % 41,6 % 34,7 % 13,0 %
2060 27.554.705 20.397.441 82,1 % 26,6 % 35,9 % 40,7 % 35,8 % 14,0 %
Variante: höhere Frauenerwerbsbeteiligung (Abbildung 7)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.065.695 27.723.539 56,7 % 19,6 % 44,0 % 47,1 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.584.380 25.962.022 64,3 % 21,3 % 41,9 % 45,3 % 33,3 % 10,5 %
2040 28.055.288 23.778.663 71,6 % 23,5 % 39,4 % 43,4 % 34,0 % 11,9 %
2050 28.109.638 22.235.828 76,6 % 25,5 % 37,8 % 42,4 % 34,4 % 13,1 %
2060 27.033.145 20.554.767 79,9 % 26,7 % 36,6 % 41,8 % 35,5 % 14,0 %
63
Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
Jahr Anzahl der Renten
SV-Beschäftigte
Äquiv.-Rentner-quotient
GRV-Beitrags-satz
Standard-Rentenniveau Bundes-mittel je Renten-ausgaben
Renten-ausgaben je BIPbrutto netto (vor
Steuern)
Variante: längere Lebensarbeitszeit (Abbildung 7)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.728.198 56,7 % 19,6 % 44,0 % 47,1 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.509.485 26.014.335 64,0 % 21,2 % 41,9 % 45,2 % 33,5 % 10,5 %
2040 27.743.059 24.017.858 70,0 % 23,2 % 39,8 % 43,7 % 34,0 % 11,7 %
2050 27.662.285 22.679.133 73,7 % 25,1 % 38,3 % 42,9 % 34,2 % 12,8 %
2060 26.556.340 21.128.997 75,9 % 26,2 % 37,3 % 42,3 % 35,1 % 13,7 %
Variante: kombiniertes Szenario I (Abbildung 7)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.066.208 27.722.535 56,7 % 19,6 % 44,0 % 47,1 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.516.753 26.005.135 64,0 % 21,2 % 41,9 % 45,2 % 33,4 % 10,5 %
2040 27.575.707 24.278.986 69,0 % 23,0 % 40,0 % 43,9 % 33,8 % 11,6 %
2050 27.247.249 23.181.068 71,3 % 24,7 % 38,8 % 43,3 % 33,9 % 12,5 %
2060 25.864.087 21.838.977 72,1 % 25,7 % 38,1 % 42,9 % 34,7 % 13,3 %
Variante: konstante Arbeitslosenquote (Abbildung 9)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.376.370 57,1 % 19,4 % 43,7 % 47,0 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.578.389 25.637.525 64,8 % 21,3 % 41,6 % 45,2 % 33,6 % 10,6 %
2040 28.219.353 23.769.316 72,2 % 23,5 % 39,1 % 43,0 % 34,1 % 11,9 %
2050 28.514.019 22.511.689 77,3 % 25,5 % 37,5 % 41,7 % 34,3 % 13,0 %
2060 27.711.571 21.063.369 81,0 % 26,7 % 36,3 % 40,6 % 35,3 % 13,8 %
Variante: sinkende Arbeitslosenquote (Abbildung 9)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.754.577 56,6 % 19,4 % 43,9 % 46,9 % 33,7 % 9,5 %
2030 27.578.389 26.345.895 63,7 % 21,2 % 41,9 % 45,1 % 33,3 % 10,4 %
2040 28.219.353 24.426.067 70,9 % 23,4 % 39,4 % 42,9 % 33,8 % 11,6 %
2050 28.514.019 23.133.691 75,9 % 25,4 % 37,8 % 41,6 % 34,0 % 12,7 %
2060 27.711.571 21.645.354 79,5 % 26,6 % 36,6 % 40,6 % 35,0 % 13,5 %
Variante: höhere Qualifikationen (Abbildung 11)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.318 27.773.699 56,6 % 19,6 % 43,9 % 47,0 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.578.389 26.170.629 64,0 % 21,3 % 41,9 % 45,2 % 33,2 % 10,5 %
2040 28.219.353 24.004.774 71,7 % 23,5 % 39,3 % 43,1 % 33,9 % 11,8 %
2050 28.514.019 22.603.564 77,1 % 25,6 % 37,6 % 41,8 % 34,2 % 13,0 %
2060 27.711.571 21.125.284 80,9 % 27,0 % 36,3 % 40,7 % 35,1 % 13,9 %
64
Anhang: Weitere Resultate zu allen projizierten Varianten
Jahr Anzahl der Renten
SV-Beschäftigte
Äquiv.-Rentner-quotient
GRV-Beitrags-satz
Standard-Rentenniveau Bundes-mittel je Renten-ausgaben
Renten-ausgaben je BIPbrutto netto (vor
Steuern)
Variante: kombiniertes Szenario II (Abbildung 11)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.066.208 27.768.024 56,6 % 19,6 % 43,9 % 47,0 % 33,8 % 9,6 %
2030 27.516.753 26.205.767 63,7 % 21,2 % 41,9 % 45,2 % 33,4 % 10,4 %
2040 27.575.707 24.750.894 68,1 % 22,9 % 40,1 % 43,7 % 33,6 % 11,4 %
2050 27.247.249 24.005.683 69,7 % 24,5 % 39,1 % 43,0 % 33,5 % 12,2 %
2060 25.864.087 23.048.199 69,6 % 25,5 % 38,4 % 42,5 % 33,9 % 12,8 %
Variante: mehr Zuwanderer mit unveränderter Bildung (Abbildung 12)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.077.344 28.162.299 55,8 % 18,9 % 43,9 % 46,7 % 33,4 % 9,4 %
2030 27.667.099 26.795.028 62,4 % 20,8 % 42,0 % 45,2 % 33,1 % 10,2 %
2040 28.492.259 24.727.937 69,6 % 23,0 % 39,4 % 43,4 % 33,5 % 11,5 %
2050 29.119.937 23.180.763 75,5 % 25,0 % 37,6 % 42,4 % 33,7 % 12,8 %
2060 28.847.558 21.292.177 81,1 % 26,4 % 36,1 % 41,6 % 34,7 % 13,9 %
Variante: mehr Zuwanderer mit besserer Bildung (Abbildung 12)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.077.344 28.038.331 56,0 % 19,2 % 44,1 % 47,1 % 33,8 % 9,5 %
2030 27.667.099 26.881.159 62,3 % 21,1 % 42,4 % 45,8 % 32,9 % 10,3 %
2040 28.492.259 25.067.316 69,1 % 23,3 % 39,9 % 43,8 % 33,2 % 11,6 %
2050 29.119.937 23.916.232 74,0 % 25,4 % 38,2 % 42,6 % 33,1 % 12,8 %
2060 28.847.558 22.622.234 78,1 % 26,8 % 36,8 % 41,6 % 33,7 % 13,7 %
Variante: Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten (Abbildung 14)
2000 23.134.656 27.825.624 n.v. 19,3 % 48,2 % 52,9 % 30,6 % 10,5 %
2010 25.003.226 27.710.487 55,2 % 19,9 % 46,7 % 50,3 % 32,6 % 10,1 %
2020 26.063.682 28.906.381 54,4 % 18,9 % 44,6 % 48,5 % 32,7 % 9,7 %
2030 27.583.200 29.254.723 57,4 % 20,3 % 43,5 % 49,7 % 31,3 % 10,9 %
2040 28.244.083 28.816.345 60,0 % 21,9 % 41,9 % 49,7 % 30,4 % 12,8 %
2050 28.597.483 28.822.789 60,7 % 23,3 % 41,1 % 50,5 % 29,4 % 14,7 %
2060 28.400.821 27.717.134 63,1 % 24,7 % 40,1 % 50,8 % 29,4 % 16,5 %
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