Agrarforschung Schweiz, Heft 2, Februar 2015
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AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
F e b r u a r 2 0 1 5 | H e f t 2
Ag
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BLW
| H
AFL
| A
GR
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A |
ETH
Zü
rich
| F
iBL
Pflanzenbau Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 Seite 48
Nutztiere Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen Seite 64
Kurzbericht Genetik der Hornlosigkeit beim Rind Seite 72
InhaltFebruar 2015 | Heft 2
Pflanzenschutzmittel helfen den Ertrag und die Qualität im Pflanzenbau zu sichern. Sie bringen aber auch unerwünschte Umwelt wirkungen mit sich. Im Rahmen des Schweizer Agrarumweltmonitorings werden seit 2009 jährlich verschiedene Agrarumweltindikatoren erhoben. Agroscope stellt Ergebnisse zum Pflanzenschutzmittel einsatz in der Schweiz im Zeitraum von 2009 bis 2012 vor. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;
Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org
Redaktion Leitung und deutsche RedaktionAndrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00
Französische RedaktionSibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57
StellvertretungJudith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82
E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online/App: CHF 61.–* * reduzierter Tarif, siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00
AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
47 Editorial
Pflanzenbau
48 Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012
Laura de Baan, Simon Spycher und Otto Daniel
Pflanzenbau
56 Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwest-schweiz Sylvia Kruse und Irmi Seidl
Nutztiere
64 Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen
Ueli Wyss, Brigitte Strickler und Ruedi von
Niederhäusern
Kurzbericht
72 Genetik der Hornlosigkeit beim Rind
Alexander Burren, Natalie Wiedemar,
Cord Drögemüller und Hannes Jörg
76 Interview
78 Aktuell
79 Veranstaltungen
Sortenlisten
Beilagen Liste der empfohlenen Sojasorten für die Ernte 2015
Ruedi Schwärzel und Jürg Hiltbrunner
Liste der empfohlenen Maissorten für die Ernte 2015
Jürg Hiltbrunner, Ulrich Buchmann,
Jean-François Collaud, Pierre Pignon und
Mario Bertossa
Editorial
47
Paul Steffen, Leiter des Insti-tuts für Nachhaltigkeitswissen-schaften INH und von Corporate Research Agroscope
ICARDA: Agrarforschung für ein besseres Leben
Liebe Leserin, lieber Leser
Sultan Ahmed Al-Othman, ein Weizenbauer in Jordanien, kam mit seinem klei-
nen Betrieb kaum über die Runden. Er kämpfte mit wechselnden Niederschlags-
mustern und zunehmender Trockenheit. Der Boden gab so wenig her, dass er
kaum seine eigene Familie ernähren konnte.
Gegenüber neuen Technologien war der Kleinbauer zwar skeptisch. Doch
als er angefragt wurde, ob er sein Feld für Anbauversuche zur Verfügung stelle,
sagte er zu. Er hatte ja nichts zu verlieren. Seither ist er zum erfolgreichen Wei-
zenproduzenten geworden: Der Anbau trockenheitsresistenter Sorten und das
Wissen, wie Dünger, Saatgut und Bewässerung am besten eingesetzt werden,
haben ihm geholfen, den Ertrag deutlich zu steigern. Er hat zusätzliche Felder
gepachtet und gibt seine Erfahrungen anderen Bauern weiter.
Sultan Ahmed Al-Othman ist einer von 25 000 Bauern in zehn arabischen Län-
dern, die in den letzten vier Jahren von einem Programm des Internationalen
Zentrums für Agrarforschung in Trockengebieten (ICARDA) profitierten. Sein Bei-
spiel zeigt, was den Erfolg von ICARDA ausmacht: Die Forschenden arbeiten eng
mit den Anwendern zusammen, und sie können dank grosser Sensibilität und
ihrem Verständnis der lokalen Kultur die Bauern von neuen Sorten und Metho-
den überzeugen.
ICARDA ist eines der 15 Zentren der weltweiten Forschungspartnerschaft
CGIAR (Central Group of International Agricultural Research), die das Ziel ver-
folgt, die Armut zu verringern, die Ernährungssicherheit zu erhöhen, die Gesund-
heit der Menschen zu verbessern und einen nachhaltigeren Umgang mit natürli-
chen Ressourcen zu fördern. Die Schweiz unterstützt das CGIAR-Netz seit vielen
Jahren sowohl finanziell als auch mit Expertenwissen.
Als Direktor von Agroscope Reckenholz-Tänikon war ich 2008 von der Direk-
tion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA als Verwaltungsratsmitglied von
ICARDA vorgeschlagen worden und konnte dessen Arbeiten nach meiner Wahl
sechs Jahre unterstützen und begleiten. Die erste grosse Herausforderung war
die tiefgreifende Neuorganisation des weltumspannenden CGIAR-Systems mit
weitgehenden Konsequenzen für die einzelnen Zentren. Diese sehr anspruchs-
volle und zeitintensive Aufgabe wurde vom Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien
überschattet: Der Hauptsitz des Instituts befand sich nämlich in Tel Hadya, 40 km
südlich von Aleppo. Nach einem Überfall im Juni 2012 mussten die meisten For-
schenden die Station verlassen.
Heute hat ICARDA seine Hauptstandorte auf Jordanien, den Libanon,
Marokko, Äthiopien und Indien verteilt, was viele Reisen mit sich brachte. Der
direkte Kontakt mit den Leuten vor Ort hat mir ihre Sorgen und Nöte auf eine
Weise näher gebracht, wie sie aus den Medien nicht möglich ist. Neben dem fach-
lichen Austausch habe ich auch äusserst interessante, engagierte Menschen ken-
nen gelernt und Freundschaften geschlossen. Zusammen hoffen wir, dass ICARDA
seine Arbeit in Tel Hadya in absehbarer Zeit wieder aufnehmen kann, denn sie
ist nötiger denn je.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 47, 2015
48 Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
Im Rahmen des Schweizer Agrarumweltmonitorings
werden seit 2009 jährlich verschiedene Agrarumweltin-
dikatoren (AUI) erhoben, unter anderem auch der Ein-
satz von PSM. Hier stellen wir die Ergebnisse zum PSM-
Einsatz in der Schweiz im Zeitraum von 2009 bis 2012 vor.
Ziel des vorliegenden Artikels ist es, die Datengrundlage
aufzuzeigen, auf bestehende Datenlücken hinzuweisen
und die Resultate zur PSM-Praxis der Schweiz von 2009
bis 2012 in verschiedenen Kulturen zu präsentieren. Wir
zeigen auf, wie häufig, wie viel und welche PSM auf den
verschiedenen Kulturen hauptsächlich verwendet wur-
den und welche jährlichen Schwankungen zu verzeich-
nen waren.
E i n l e i t u n g
Pflanzenschutzmittel (PSM) helfen den Ertrag und die
Qualität im Pflanzenbau zu sichern, bringen aber auch
Auswirkungen auf die Umwelt mit sich. Um uner-
wünschte Umweltwirkungen zu mindern, ist eine gute
Kenntnis des PSM-Einsatzes eine wichtige Vorausset-
zung. Frühere Erhebungen in der Schweiz (Keller et al.
2005, Dugon et al. 2010) haben den PSM-Einsatz gebiets-
weise untersucht. Es fehlen aber schweizweite Erhebun-
gen, welche möglichst alle Regionen und Anbaukultu-
ren erfassen.
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012Laura de Baan1, Simon Spycher1,2 und Otto Daniel1
1Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 8820 Wädenswil, Schweiz2Ö+L GmbH, Hof Litzibuch, 8966 Oberwil-Lieli, Schweiz
Auskünfte: Laura de Baan, E-Mail: [email protected]
Wie häufig, wie viel und welche Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden, hängt stark von der Kultur ab und schwankt nur geringfügig über die Jahre.
P f l a n z e n b a u
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 | Pflanzenbau
49
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Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM)
wird in der Schweiz seit 2009 jährlich
anhand von Feldkalendereinträgen von
rund 300 Betrieben erfasst. Daraus wird
errechnet, wie häufig, wie viel und welche
PSM verwendet werden. Im Untersuchungs-
zeitraum 2009 bis 2012 wurden in Obstkul-
turen, Reben, Kartoffeln und Zuckerrüben
mehr und häufiger PSM verwendet als in
Ackerkulturen wie Mais, Weizen oder Raps.
Das heisst, es bestanden grosse Unter-
schiede im PSM-Einsatz zwischen den
Kulturen. Fungizide dominierten in vielen
Kulturen den PSM-Einsatz, aber die verwen-
deten fungiziden Wirkstoffe unterschieden
sich pro Kultur. Innerhalb der Kulturen hat
sich die Wahl der Hauptwirkstoffe über die
vier Jahre nicht gross verändert. Eine
Ausnahme sind die Insektizide im Raps, wo
wegen Resistenzproblemen weniger
Pyrethroide eingesetzt wurden. Eine grosse
Variabilität im PSM-Einsatz bestand zwi-
schen Schlägen der gleichen Kultur. Ver-
tiefte Untersuchungen der Ursachen dieser
Variabilität könnten Hinweise auf mögliche
PSM-Reduktionsstrategien erlauben. Parallel
zu den hier präsentierten Kennzahlen zur
Entwicklung des PSM-Einsatzes wird ein
Indikator entwickelt, der die Ökotoxizität
und Abbaubarkeit der eingesetzten Wirk-
stoffe berücksichtigt und somit eine Bewer-
tung der Umweltrelevanz des PSM-Einsatzes
erlaubt.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e
Als Datengrundlage wurden Feldkalendereinträge von
Betrieben verwendet, die sich freiwillig am Agrarum-
weltmonitoring beteiligen und dafür finanziell entschä-
digt werden. Die Betriebe erfassen pro Schlag (d.h. einer
zusammenhängenden Fläche, auf der eine bestimme Kul-
tur angebaut wird) und Jahr u.a. bei jedem PSM-Einsatz
das verwendete Produkt, die Menge, den Zeitpunkt und
die Kultur. Aus diesen Daten (im Folgenden als AUI-Daten
bezeichnet) wurden drei Kennzahlen berechnet. Die Aus-
wahl dieser Kennzahlen wurde im Detail von Spycher
und Daniel (2013) diskutiert.
A) «Anzahl Interventionen» gibt Auskunft darüber, wie
häufig PSM eingesetzt werden. Für jeden Schlag wird
berechnet, wie viele Spritz-Durchfahrten pro Jahr
stattfinden. In der Auswertung pro Wirkstoffgruppe
werden Tankmischungen mit verschiedenen Wirk-
stoffgruppen getrennt gezählt. Das heisst, eine
Durchfahrt mit einer Mischung aus Fungiziden und
Insektiziden wird als zwei Interventionen behandelt.
Für die Berechnung der durchschnittlichen Anzahl
Interventionen werden sowohl mit PSM behandelte
als auch unbehandelte Schläge berücksichtigt.
B) «Wirkstoffmenge» erfasst, wie viele PSM-Wirkstoffe
pro Hektar und Jahr auf jedem Schlag verwendet wer-
den. Nicht mit PSM behandelte Schläge werden auch
berücksichtigt bei der Berechnung von durchschnittli-
chen Wirkstoffmengen.
C) «Wirkstoffranking» gibt Auskunft darüber, welche
Wirkstoffe hauptsächlich eingesetzt wurden. Für jede
Kulturgruppe wird berechnet, welchen Anteil einzelne
Wirkstoffe an der gesamten Anzahl Applikationen
einer Wirkstoffgruppe (z.B. Fungizide) ausmachen.
Alle Kennzahlen weisen grosse Unterschiede zwischen
Kulturen auf und wurden daher kulturspezifisch berech-
net. Da zu wenige Daten von biologisch bewirtschafte-
ten Betrieben stammten, konnten diese nicht getrennt
ausgewertet werden und wurden aus der vorliegenden
Analyse ausgeschlossen. Saatbeizmittel und alternative
Pflanzenschutzmassnahmen wie mechanische Unkraut-
bekämpfung, Einsatz von Nützlingen (z.B. Tricho-
gramma) oder Verwirrungstechnik (z.B. Isomate) wur-
den nicht berücksichtigt.
Charakterisierung und Repräsentativität der AUI-Daten
Über die vier Erhebungsjahre 2009 – 2012 waren zwi-
schen 279 – 307 Betriebe auswertbar. Jährlich wurden ca.
10 – 14 % der beteiligten Betriebe durch neue ersetzt.
214 – 230 der Betriebe setzten PSM ein, während die
Pflanzenbau | Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012
50
übrigen Betriebe keinen Pflanzenbau betreiben. In
Abbildung 1 ist die Verteilung der Betriebe und der
Anzahl erfasster Schläge und Kulturgruppen über die
Schweiz für das Jahr 2012 dargestellt. Gewisse für den
Feld-, Obst- oder Rebbau relevante Regionen der
Schweiz, etwa das Wallis, Genf oder das Tessin, sind mit
dem vorhandenen Betriebsnetz nicht abgedeckt.
Im AUI-Betriebsnetz wurde eine Fläche von
2599−2875 ha erfasst, was rund einem Prozent der land-
wirtschaftlichen Nutzfläche entspricht (jeweils ohne Wie-
sen und Weiden). Der flächenmässige Anteil einzelner
Kulturgruppen im AUI-Betriebsnetz ist in etwa proportio-
nal zur Kulturverteilung in der Schweizer Landwirtschaft;
Reben und Freilandgemüse sind jedoch eher untervertre-
ten. In Tabelle 1 ist die Anzahl Schläge mit und ohne PSM-
Einsatz pro Kulturgruppe dargestellt. Für die Auswertun-
gen wurden Kulturgruppen mit weniger als 30 erfassten
Schlägen pro Jahr ausgeschlossen (hellblau hinterlegt in
Tab. 1), da die Datengrundlage als zu unsicher betrachtet
wurde (Spycher und Daniel 2013). Sehr heterogene Kul-
turgruppen mit geringer Datenmenge wurden auch aus-
geschlossen, da hier keine gesicherten Aussagen zu einem
durchschnittlichen PSM-Einsatz möglich waren.
R e s u l t a t e
Anzahl Interventionen
Die mittlere Anzahl Interventionen (also Durchfahrten)
pro Jahr unterscheidet sich stark je nach Kulturgruppe
(Abb. 2). Am meisten Interventionen sind bei Kernobst
zu verzeichnen (rund 20 Interventionen pro Jahr),
gefolgt von Reben (ca. 10), Kartoffeln (ca. 9), Steinobst
(ca. 7) und Zuckerrüben (ca. 6). Bei Wintergerste und
-weizen (ohne Extenso) erfolgten im Schnitt vier Inter-
ventionen pro Jahr. Die Anzahl Interventionen bei Raps
lag bei rund fünf, bei Hülsenfrüchten, übrigem Getreide
und Mais zwischen ein und zwei Interventionen (Abb. 2).
Wiesen und Weiden wurden kaum mit PSM behandelt
(durchschnittlich ca. 0,06 Interventionen pro Jahr, nicht
dargestellt in Abb. 2). Es bestanden teilweise grosse
Streuungen zwischen verschiedenen Schlägen der glei-
chen Kultur in der Anwendungshäufigkeit von PSM, ins-
besondere bei Kernobst (1. Quartil: 11 Interventionen;
3. Quartil: 22 Interventionen), Steinobst (0; 9), Reben
(8; 13) und Kartoffeln (6; 10). Innerhalb der anderen Kul-
turen zeigten sich nur geringe Unterschiede in der
Anzahl Interventionen, d.h. das 1. und 3. Quartil lagen
nur um null bis zwei Interventionen auseinander.
Bei den Kulturen mit hoher Anzahl Interventionen,
sind es vor allem Fungizide die häufig appliziert werden
(Abb. 2). Bei Zuckerrüben, Hülsenfrüchten, übrigem
Getreide und Mais dominieren die Herbizid-Applikatio-
nen, bei Raps die Insektizide. Wachstumsregulatoren
werden vorwiegend bei Wintergetreide appliziert. Bei
Extenso Winterweizen und -gerste wurde pro Jahr im
Durchschnitt nur eine Applikation mit einem Herbizid
verzeichnet (nicht dargestellt in Abb. 2). Die Verwen-
dung anderer Wirkstoffgruppen ist bei Extenso nicht
zugelassen. Über die vier Untersuchungsjahre blieb das
Gesamtbild, welche Wirkstoffgruppen auf welchen Kul-
0
1–5
6–10
11–15
16–20
21–25
26–30
31–35
36–40
41–45
46–50
51
37515050
Obst,Reben
Andere Wiesen/Weiden
Feldkulturen
Kultur-gruppen
AnzahlAUI-Betriebe
AnzahlSchläge
Abb. 1 | Übersicht der verfügbaren AUI-Daten. Anzahl AUI-Betriebe mit PSM-Einsatz, Anzahl Schläge mit PSM-Einsatz und angebaute Kul-turgruppen auf diesen Schlägen im Erhebungsjahr 2012. Anzahl Schläge und Kulturgruppen sind nur für Kantone mit mehr als 30 Schlägen gezeichnet.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 | Pflanzenbau
51
gleichsweise geringen Mengen ausgebracht. Die jährli-
chen Schwankungen in den Wirkstoffmengen waren
auch hier eher gering. Eine Ausnahme ist Kernobst, wo
die mittlere applizierte Wirkstoffmenge im Jahr 2012 auf
rund die Hälfte zurückging im Vergleich zu den drei Vor-
jahren, wobei v.a. die Menge an anderen Wirkstoffen
(wie Mineralölen) und an Fungiziden zurückging. Die
jährlich applizierte Wirkstoffmenge streute stark zwi-
schen Schlägen der gleichen Kulturgruppe.
Wirkstoffranking
Die Wirkstoffwahl ist stark von der Kultur abhängig, ver-
änderte sich jedoch auf den meisten Kulturen nur
geringfügig über die letzten Jahre. Bei vielen Kulturen
turen wie häufig verwendet wurden, ziemlich konstant.
Eine deutlich geringere Anzahl Interventionen von Fun-
giziden und Insektiziden war bei Kernobst im Jahr 2012
und bei Steinobst im Jahr 2010 zu verzeichnen.
Wirkstoffmengen
Bei den mittleren applizierten Wirkstoffmengen (in
kg/ha/Jahr; Abb. 3) zeigten sich grössere Unterschiede
zwischen den Kulturen als bei den Anzahl Interventionen.
Die Kulturen mit hoher Anzahl Interventionen verzeich-
neten auch hohe Wirkstoffmengen. «Andere» Wirkstoffe
(wie Mineralöle) wurden auf einigen Kulturen in grossen
Mengen eingesetzt, und Insektizide, welche oft schon in
geringen Dosierungen hochwirksam sind, wurden in ver-
2009 2010 2011 2012
Kulturgruppe mit PSM ohne PSM mit PSM ohne PSM mit PSM ohne PSM mit PSM ohne PSM
Obst und Rebbau
Kernobst (Äpfel, Birnen) 72 6 82 6 74 8 55 6
Steinobst (Kirschen, Zwetschgen, Aprikosen)
36 3 28 22 31 14 31 7
Hochstammobst 10 5 9 12 28 50 41 33
Reben 117 9 125 5 123 7 110 7
Feldbau
Winterweizen 223 0 216 0 161 0 169 0
Winterweizen Extenso 267 43 259 32 254 38 251 42
Wintergerste 91 0 77 0 74 0 65 0
Wintergerste Extenso 80 14 64 18 72 17 66 21
Übriges Getreide (Sommer-weizen, -gerste, Hafer, Dinkel, Roggen, Triticale)
118 29 135 25 152 31 127 26
Mais (Körner-, Silomais) 337 49 297 54 282 65 297 51
Raps 121 0 115 0 102 0 119 0
Raps Extenso 26 1 23 5 20 6 23 1
Kartoffeln 120 9 147 13 133 15 126 7
Zuckerrüben 99 0 86 1 101 1 86 1
Futterrüben 21 1 21 2 22 1 14 1
Hülsenfrüchte (Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen)
46 12 56 6 45 4 35 3
Wiesen
Wiesen, Weiden, Brachen 314 4697 257 4785 345 4656 303 4471
Andere
Freilandgemüse (Salat, Kohl, Karotten, Zwiebeln, Spinat, Spargel, etc.)
80 63 75 66 54 19 35 18
Andere Nutzungen (diverse Beeren, Sonnenblumen, Tabak, etc.)
68 243 73 257 79 225 66 220
Total 2246 5184 2145 5309 2152 5157 2019 4915
Tab. 1 | Anzahl Schläge in den AUI-Daten pro Kulturgruppe und Jahr. Mit PSM: Schläge, welche mit PSM behandelt wurden; ohne PSM: unbehandelte Schläge. Für die hellblau hinterlegten Kulturen war die Datenmenge zu klein (<30) oder es war eine zu heterogene Gruppe, um in die weiteren Auswertungen einzufliessen.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
Pflanzenbau | Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012
52
wurden Fungizide am häufigsten eingesetzt. Auf Kern-
obst dominierte der Wirkstoff Captan, der in rund 25 %
der Fungizidapplikationen verwendet wurde, gefolgt
von Dithianon, Schwefel und Folpet (10−16 %). Auf
Reben enthielten rund 25 % der Fungizidapplikationen
den Wirkstoff Folpet und 9−12 % enthielten kupferhal-
tige Produkte oder Schwefel. Bei Kartoffeln wurde der
Fungizid-Wirkstoff Mancozeb am häufigsten verwendet
(rund 25 % der Fungizidapplikationen), gefolgt von
Cymoxanil (12−15 %). Die Wirkstoffe Fluazinam, Fenami-
don, Propamocarb und Chlorothalonil wurden auf Kar-
toffeln ebenfalls häufig verwendet (je 7−12 % der Fungi-
zidapplikationen), ihr Anteil schwankte jedoch zwischen
den Jahren. Bei Steinobst dominierten die Fungizide
Dithianon (24 – 33 % der Fungizidapplikationen), Difeno-
conazol (15−19 %) und Kupfer (7−14 %). Auf Zuckerrü-
ben wurden hauptsächlich Herbizide appliziert, wobei
hier die Wirkstoffe Phenmedipham, Ethofumesat und
Metamitron mit je über 17−22 % der Herbizidapplikatio-
nen am meisten verwendet wurden. Desmedipham und
S-Metolachlor machten jeweils weitere 6–14 % aus. Im
Gegensatz zu den meisten Kulturen hat sich die Wahl
der Insektizide auf Raps in der Periode 2009−2012 stark
verschoben (Abb. 4). Von 2009−2011 reduzierte sich der
Anteil der Pyrethroide A, dafür nahm der Anteil an Thia-
cloprid zu. 2012 ging der Anteil von Thiacloprid auf das
Niveau von 2009 zurück, stattdessen wurde das neu
zugelassene Pymetrozin verwendet. Diese Verschiebun-
gen in der Wirkstoffwahl können auf Resistenzen des
Rapsglanzkäfers gegen Pyrethroide A zurückzuführen
sein und den damit verbundenen Empfehlungen zur
Resistenzbekämpfung (Monnerat et al. 2011; Breiten-
moser 2011).
Diskuss ion und Sch luss fo lgerungen
Für die Interpretation der Resultate ist es wichtig zu
verstehen, wie gut die AUI-Daten die durchschnittliche
Schweizer Pflanzenschutzpraxis abbilden können. Spy-
cher und Daniel (2013) haben mit den AUI-Daten des
Jahres 2009 eine Hochrechnung des gesamten Schweizer
PSM-Verbrauchs gemacht, indem sie die pro Kultur ein-
gesetzten Mengen mit der Anbaufläche der Kultur mul-
tiplizierten. Verglichen mit den tatsächlich verkauften
PSM-Mengen war der hochgerechnete PSM-Verbrauch
rund 20% zu tief. Dies ist verglichen mit ähnlichen Stu-
dien anderer Länder eine relativ gute Abdeckung. Auch
von den erfassten Kulturen her sind die AUI-Daten im
Grossen und Ganzen repräsentativ für die Schweizer
Landwirtschaft. Bei den Spezialkulturen bestehen jedoch
teilweise grössere Datenlücken. Da die Kulturgruppe
Freilandgemüse sehr heterogen ist und einen komple-
2009 2010 2011 2012
Kernobst
05
1015
20
2009 2010 2011 2012
Reben
02
46
810
2009 2010 2011 2012
Kartoffeln
02
46
8
2009 2010 2011 2012
Steinobst
02
46
2009 2010 2011 2012
Zuckerrüben
01
23
45
6
2009 2010 2011 2012
Wintergerste
01
23
4
2009 2010 2011 2012
Winterweizen
01
23
42009 2010 2011 2012
Raps
01
23
4
2009 2010 2011 2012
Hülsenfrüchte
0,0
1,0
2,0
2009 2010 2011 2012
Übriges Getreide
0,0
0,5
1,0
1,5
2009 2010 2011 2012
Mais0,
00,
40,
8 AndereWachstrumsreg.MolluskizidInsektizidFungizidHerbizid
Abb. 2 | Mittlere Anzahl Interventionen pro Schlag und Jahr, aufgetrennt nach Kulturgruppe, Wirkungsbereich und Erhebungsjahr. Y-Achse: Anzahl Interventionen/Schlag/Jahr. Die Kulturen sind mit abnehmender Anzahl Interventionen dargestellt (von oben links bis unten rechts). Bei Wintergerste, − weizen und Raps beziehen sich die abgebildeten Werte auf nicht-Extenso Anbau.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 | Pflanzenbau
53
2012. Gründe hierfür könnten u.a. witterungs bedingte
Schwankungen im Schadens- und Krankheitsdruck sein,
aber auch Veränderungen in der Anzahl und Zusammen-
setzung der beteiligten Kern- und Steinobst-Betriebe
(siehe Tab. 1). Der Anteil unbehandelter Steinobst-
Schläge im AUI-Datensatz stieg 2010 auf über 40 % (Tab.
1), was den Rückgang der durchschnittlichen Anzahl
Interventionen und der Wirkstoffmenge im Jahr 2010
erklären könnte. Da bei kommerzieller Steinobstproduk-
tion eher selten ganz auf den Einsatz von PSM verzichtet
wird, scheint die Datengrundlage hier nicht repräsenta-
tiv zu sein für die kommerzielle Steinobstproduktion.
Jährliche Unterschiede in den eingesetzten Wirkstoff-
mengen können durch die Wahl anderer Wirkstoffe mit
unterschiedlicher Dosierung verursacht sein. Wird bei-
spielsweise Mineralöl im Obstbau eingesetzt, welches
wenig umweltgefährdend ist, aber dafür in höheren
Mengen eingesetzt wird, ist die totale Wirkstoffmenge
deutlich höher als auf Schlägen, wo stattdessen ein
hochwirksamer, aber möglicherweise umweltgefährden-
derer Wirkstoff verwendet wird.
Im Vergleich zu früheren Studien aus den Jahren
1992−2004 (Dugon et al. 2010, Westschweiz und Tessin)
und 1997−2003 (Keller et al. 2005, Murten-, Greifen- und
Baldeggersee) bewegen sich die im AUI erfassten Anzahl
Interventionen und Wirkstoffmenge pro Wirkstoff-
xen PSM-Einsatz hat, wäre hier, wie auch bei Obst und
Reben, eine überproportionale Stichprobengrösse wün-
schenswert. Die AUI-Daten lassen momentan keine Aus-
sagen zum Gemüsebau zu und bei Obst- und Weinbau
fehlen Daten von wichtigen Anbaugebieten wie dem
Wallis, Tessin und Genf. Bei diesen Kulturen bleibt es
unklar, wie repräsentativ die Daten von wenigen Anbau-
regionen für die durchschnittliche Schweizer Pflanzen-
schutzmittelpraxis sind. Eine Ausweitung des AUI-
Betriebsnetzes bei Spezialkulturen wäre daher
wünschenswert. Um den Schweizer PSM-Einsatz besser
zu erfassen, wären zusätzliche Erhebungen im Garten-
bau nötig. Der Ackerbau ist zwar gut abgedeckt im AUI-
Betriebsnetz, aber bislang fehlten Daten zu Saatbeizmit-
teln, obwohl in gewissen Kulturen fast ausschliesslich
gebeiztes Saatgut verwendet wird. Seit 2012 werden
Saatbeizmittel nun auch im AUI-Betriebsnetz erfasst und
entsprechende Auswertungsmethoden sind in Entwick-
lung, was in Zukunft eine jährliche Auswertung von
Beizmitteln ermöglichen sollte.
Im untersuchten Zeitraum 2009 – 2012 gab es meist
nur geringfügige jährliche Schwankungen in den
gewählten Kennzahlen (Anzahl Interventionen, Wirk-
stoffmenge und Wirkstoffranking). Ausnahmen waren
die deutlich reduzierte Anzahl Interventionen und Wirk-
stoffmenge bei Steinobst im 2010 und bei Kernobst im
2009 2010 2011 2012
Kernobst
010
2030
40
2009 2010 2011 2012
Reben
05
1020
2009 2010 2011 2012
Kartoffeln
04
812
2009 2010 2011 2012
Steinobst
02
46
8
2009 2010 2011 2012
Zuckerrüben
01
23
45
6
2009 2010 2011 2012
Wintergerste
0,0
1,0
2,0
3,0
2009 2010 2011 2012
Winterweizen
0,0
1,0
2,0
2009 2010 2011 2012
Raps
0,0
1,0
2,0
2009 2010 2011 2012
Hülsenfrüchte
0,0
1,0
2,0
2009 2010 2011 2012
Übriges Getreide
0,0
0,5
1,0
1,5
2009 2010 2011 2012
Mais
0,0
0,5
1,0
1,5
AndereWachstrumsreg.MolluskizidInsektizidFungizidHerbizid
Abb. 3 | Mittlere applizierte Wirkstoffmenge pro Hektar und Jahr, aufgetrennt nach Kulturgruppe, Wirkungsbereich und Erhebungsjahr. Y-Achse: kg Wirkstoff/ha/Jahr. Die Kulturen sind mit abnehmender Wirkstoffmenge / ha dargestellt (von oben links bis unten rechts).
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
54
Pflanzenbau | Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012
gruppe für Ackerkulturen (Weizen, Gerste, Raps, Mais,
Kartoffeln und Zuckerrübe) in einem ähnlichen Rahmen.
Ausnahmen sind Fungizide und Insektizide auf Raps, die
in unseren Erhebungen rund doppelt so häufig verwen-
det wurden wie in den Studien von Dugon et al. (2010)
und Keller et al. (2005). Die Zunahme des Insektizid-Ein-
satzes auf Raps kann hauptsächlich mit der Ausbreitung
von pyrethroidresistenten Rapsglanzkäfern (Monnerat
et al. 2011; Breitenmoser 2012) und auch mit dem in den
letzten Jahren angestiegenen Schadensdruck von Raps-
stengelrüssler und Rapserdfloh erklärt werden (pers.
Mitteilung Stève Breitenmoser). Die Resistenz spiegelt
sich in der Verschiebung der Wirkstoffwahl von Pyreth-
roiden zu Thiacloprid zu Pymetrozin wieder. Das zeitli-
che Verbot von Neonicotinoiden als Saatbeizmittel im
Jahr 2014 und 2015 bei Raps könnte wieder zu einer
Zunahme von Pyrethroiden zur Rapserdfloh-Bekämp-
fung führen (pers. Mitteilung Stève Breitenmoser). Die
erhöhte Anwendung von Fungiziden auf Raps ist ver-
mutlich auf eine vermehrte Behandlung von Wurzelhals-
und Stengelfäule zurückzuführen (pers. Mitteilung Peter
Frei). Auch auf Wintergerste, und weniger deutlich bei
Winterweizen, waren im AUI-Datensatz mehr Applikati-
onen von Fungiziden und Wachstumsregulatoren zu ver-
zeichnen als in den Vorgängerstudien. Dies könnte mit
dem vermehrten Auftreten und Bekämpfung von Spren-
kelnekrosen auf Gerste in Zusammenhang stehen (pers.
Mitteilung Peter Frei). Regionale Unterschiede könnten
aber hier auch eine Rolle spielen.
Die im Rahmen des Agrarumweltmonitorings erho-
benen Daten zur PSM-Praxis bieten eine gute Daten-
grundlage, um verschiedene Fragestellungen zu analy-
sieren. Dabei können neben langfristigen Veränderungen
der durchschnittlichen Kennzahlen auch die Streuung
der PSM-Praxis innerhalb einer Kultur und eines Jahres
interessante Informationen liefern. Beispielsweise kann
die PSM-Praxis besser verstanden werden und es könn-
ten Möglichkeiten zur Reduktion des PSM-Einsatzes
erkannt werden. Es müsste jedoch eine vertiefte Analyse
der Streuung innerhalb der AUI-Daten unter Beiziehung
weiterer Datenquellen gemacht werden. Um die Auswir-
kungen auf die Umwelt des PSM-Einsatzes zu bewerten,
muss zusätzlich die Ökotoxizität und Abbaubarkeit der
verwendeten Stoffe berücksichtigt werden. Ein Indika-
tor, der die Auswirkungen auf Gewässerorganismen
abbilden soll, ist in Entwicklung.� n
2009 n=288
2010 n=272
2011 n=231
2012 n=219
Pymetrozin
Acetamiprid
Thiacloprid
Phosalon
zeta−Cypermethrin
alpha−Cypermethrin
Deltamethrin
Lambda−Cyhalothrin
Cypermethrin
Etofenprox
Bifenthrin
Spinosad020
4060
8010
0
Abb. 4 | Insektizide auf Raps: Veränderung der Anwendungshäufigkeit verschiedener Wirk-stoffe (in %) von 2009–2012. Dunkelrot: Azomethine (Pymetrozin); pink: Neonicotinoide (Acetamiprid, Thiacloprid); blau: Phosphores-ter (Phosalon); grün: Pyrethroide A (Cypermethrin, alpha-Cypermethrin, zeta-Cypermethrin, Deltame-thrin, Lambda Cyhalothrin); gelb: Pyrethroide B (Etofenprox, Bifenthrin); grau: Spinosyne (Spinosad). n: Totale Anzahl Insektizid-Wirkstoffapplikationen auf Raps im AUI-Datensatz. Einteilung der Wirkstoff-gruppen gemäss Brenner (2011).
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
55
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Use of plant-protection products in
Switzerland from 2009 to 2012
Since 2009, the use of plant-protection
products (PPP’s) in Switzerland has been
recorded annually with the help of the field
records of around 300 farms. From these
records, we have calculated which PPP’s are
applied and in what frequency and
quantity. In the period of the study, 2009 to
2012, more PPP’s were used more fre-
quently in orchards, vineyards, potato and
sugar-beet crops than in field crops such as
maize, wheat and oilseed rape – i.e. there
were major differences in PPP use
between the different crops. Fungicides
dominated PPP use in many crops,
although the active fungicidal substances
used varied from crop to crop. The choice
of main active substances did not change
significantly over the four years within
the individual crops. An exception to this
were the insecticides applied to the
oilseed rape crop, where fewer pyre-
throids were used owing to resistance
problems. There was significant variability
in PPP use between different plots of the
same crop. In-depth investigations of the
causes of this variability could indicate
possible PPP reduction strategies. In
parallel to the key figures on PPP usage
trends presented here, an indicator is
being developed which takes into account
the ecotoxicity and degradability of the
active substances used, thereby permitting
an environmental impact assessment of
the use of the PPP.
Key words: agro-environmental indicators,
pesticide usage, monitoring.
Uso di prodotti fitosanitari in Svizzera
dal 2009 al 2012
Dal 2009 l'uso di prodotti fitosanitari
(PFS) in Svizzera viene rilevato ogni
anno sulla base delle annotazioni nei
libretti dei campi di circa 300 aziende
dalle quali si evincono la frequenza, la
quantità e la tipologia dei PFS utiliz-
zati. Nel periodo analizzato, dal 2009 al
2012, nelle colture frutticole, nella vite,
nelle patate e nella barbabietola da
zucchero i PFS sono stati impiegati in
quantità più elevate e con maggiore
frequenza rispetto alle colture campi-
cole, quali mais, frumento e colza. In
altre parole, vi sono state grandi
differenze nell'uso dei PFS tra le
colture. In molte colture i fungicidi
sono stati i PFS più utilizzati, ma con
principi attivi diversi dall'una all'altra.
Nell'arco dei quattro anni non si sono
registrate grandi variazioni nella scelta
dei principi attivi principali all'interno
di una stessa coltura, fatta eccezione
per gli insetticidi destinati alla colza,
dove a causa di problemi di resistenza
sono stati impiegati meno piretroidi.
L'uso di PFS è risultato molto variabile
tra campi della stessa coltura. Analisi
approfondite delle cause di tale
variabilità potrebbero fornire indica-
zioni su possibili strategie di riduzione
dei PFS. Parallelamente alle cifre chiave
qui presentate sullo sviluppo dell'uso
dei PFS, viene elaborato un indicatore
che considera l'ecotossicità e la
degradabilità dei principi attivi, e
consente quindi di valutare la rilevanza
ambientale dell'uso dei PFS.
Literatur ▪ Breitenmoser S., 2012. Aktualitäten zu den Rapsschädlingen. Pflanzen-schutztagung Feldbau, ART Reckenholz, 20.01.2012.
▪ Brenner H., 2011. Rapsglanzkäfer erobern auch die Ostschweiz. LAND-freund 4, 2−4.
▪ Dugon J., Favre D., Zimmermann A. & Charles R., 2010. Pflanzenschutz-praxis in einem Ackerbaubetriebsnetz von 1992 bis 2004. Agrarforschung Schweiz 1 (11–12), 416−423.
▪ Keller L. & Amaudruz M., 2005. Evaluation Ökomassnahmen. Auswer-tung der Pflanzenschutzmittel-Verbrauchsdaten 1997–2003 in drei aus-gewählten Seengebieten. Schlussbericht. Landwirtschaftliche Beratungs-zentrale Lindau (LBL), Lindau.
▪ Monnerat C., Steinger T. & Breitenmoser S., 2011. Rapsglanzkäfer bekämpfen. Die Resistenz gegen Pyrethroide der Gruppe A. UFA Revue 4, 50−51.
▪ Spycher S., Badertscher R. & Daniel O., 2013. Indikatoren für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz. Agrarforschung Schweiz 4 (4), 192−199.
▪ Spycher S. & Daniel O., 2013. Agrarumweltindikatoren für Pflanzen-schutzmittel. Auswertungen Agrarumweltmonitoring 2009 – 2010 für den Indikator «Einsatz von Pflanzenschutzmitteln». Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/pflanzenschutzmittel/06096/06098/ 08210/ index.html?lang=de [19.1.2015].
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 48–55, 2015
56 Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
Sylvia Kruse und Irmi Seidl
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 8903 Birmensdorf, Schweiz
Auskünfte: Sylvia Kruse, E-Mail: [email protected]
2014). Verbunden mit steigenden Temperaturen von
durchschnittlich 3−4°C könnte daher die Wasserverfüg-
barkeit im Boden deutlich sinken und der Anteil der
Nutzfläche mit defizitärer Bodenwasserversorgung stei-
gen (Calanca et al. 2006; Jasper et al. 2006; Fuhrer und
Jasper 2009).
Das Jahr 2003 zeigte in der sonst wasserreichen
Schweiz, dass Trockenheit und Wasserstress die Land-
wirtschaft treffen kann. Besonders im Norden und Nord-
westen gab es in verschiedenen Kulturen Ernterück-
gänge von bis zu 20 %; aufwändige Notmassnahmen zur
Schadensbegrenzung wurden ergriffen (Keller und Fuh-
rer 2004). Der Schweizer Bauernverband bezifferte die
Schäden auf 500 Millionen Franken. Zum Beispiel war
die Apfelernte schweizweit stark reduziert, im Nordwes-
ten und Norden lagen sie bei knapp 20 % des Durch-
E i n l e i t u n g
Die Erträge im Obstbau hängen von Faktoren wie Klima,
Boden oder produktionstechnischen Massnahmen ab
(Bravin et al. 2011). Ein weiterer Faktor ist die Wasserver-
fügbarkeit. Kann über längere Zeit der Wasserbedarf der
Pflanze nicht gewährleistet werden, reduziert der resul-
tierende Wasserstress die Erträge. Für eine hochwertige
und damit ertragreiche Obstproduktion spielt daher die
bedarfsgerechte Verfügbarkeit von Wasser – sei es durch
Niederschlag oder durch Bewässerung – eine wichtige
Rolle (Bravin et al. 2008; Monney 2010).
Gemäss aktueller regionaler Klimaszenarien für die
Schweiz könnten die sommerlichen Niederschläge bis ins
Jahr 2050 um durchschnittlich 5−20 % abnehmen (bei
einem A1B Szenario, vgl. CH2011 2011; CH2014-Impacts
Obstanlage mit Tröpfchen- und Überkronenbewässerung.
Trockenheit im Obstbau − Befragung von Land-wirten in der Nordost- und Nordwestschweiz
P f l a n z e n b a u
Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz | Pflanzenbau
57
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
Gemäss aktueller Klimaszenarien könnte
Trockenheit eine Herausforderung für die
Landwirtschaft in der Schweiz werden. Eine
Befragung von Obstlandwirten in der
Nordost- und Nordwestschweiz untersucht
die bisherigen Auswirkungen von Trocken-
heit und die ergriffenen Gegenmassnahmen
sowie die Informationsbedürfnisse und
Handlungsbereitschaft von Landwirten, für
den Fall, dass Trockenheit künftig zunehmen
sollte. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die
Schäden durch Trockenheit in den letzten
zehn Jahren in den meisten Betrieben in
Grenzen hielten, dass jedoch ein Grossteil der
Befragten davon ausgeht, dass sie in Zukunft
häufiger und stärker von Trockenheit
betroffen sein werden. Viele sind dann bereit,
Gegenmassnahmen zu ergreifen. Eine
Detailanalyse zeigt, dass Betriebe, die einen
Grossteil ihres Einkommens durch Obstbau
erwirtschaften, sich in ihrer Betroffenheit,
ihren Informationsbedürfnissen und in ihrer
Handlungsbereitschaft in Bezug auf Trocken-
heitsrisiken deutlich von Betrieben unter-
scheiden, für die Obstbau eine geringere
wirtschaftliche Bedeutung hat. Anpassungs-,
Weiterbildungs- und Beratungsmassnahmen
sind nötig und müssen diese Unterschiede
berücksichtigen.
schnitts (Keller und Fuhrer 2004). Parallel konnten dank
einem warmen Frühling sowie in eher feuchten Gegen-
den auch positive Auswirkungen beobachtet werden
(z.B. Ernte von Beeren und Körnermais) (ProClim 2005).
Aktuelle regionale Klimaszenarien gehen davon aus,
dass künftig solche Hitze- und Trockenereignisse in der
Schweiz an Häufigkeit und Intensität zunehmen (EEA
2009; CH2011 2011; CH2014-Impacts 2014). Die Modellie-
rungen der zukünftigen Sommertemperaturen und -nie-
derschläge zeigen für den Zeitraum 2071–2100 sogar ein
durchschnittliches Sommerklima, das dem Hitzesommer
2003 gleichkommt (Schär et al. 2004; Beniston 2005).
Als Reaktion auf diese Klimaszenarien formuliert das
Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in seiner Klimastra-
tegie, wie sich die landwirtschaftliche Praxis u.a. an die
prognostizierte Trockenheit anpassen kann (Wiedemar
und Felder 2011; Felder 2012). Für die Früherkennung
von Trockenheit wird ein grosser Forschungsbedarf gese-
hen. Auch ist noch wenig bekannt, welche ökonomi-
schen Effekte Trockenheit in einzelnen landwirtschaftli-
chen Bereichen der Schweiz bislang hatte und in Zukunft
haben könnte, wie effektiv Gegenmassnahmen sind und
wie Landwirte die Situation einschätzen.
Im Hinblick auf den Obstbau gehen wir in diesem Bei-
trag folgenden Fragen nach1:
•• Welche Auswirkungen haben Trockenperioden auf
den Obstbetrieb und auf das landwirtschaftliche
Einkommen?
•• Welche Massnahmen wurden bisher ergriffen und wie
wirksam sind diese Massnahmen?
•• Welche Informationen werden derzeit zur Früherken-
nung genutzt und welche Informationen wären
zusätzlich notwendig?
•• Wie schätzen die Landwirte die Problematik Trocken-
heit für die Zukunft ein und welche Handlungsbereit-
schaft besteht für die Anpassung des Betriebes an
kritische Trockenperioden?
Diese Fragen untersuchten wir empirisch am Bei-
spiel des Obstbaus in der Nordost- und Nordwest-
schweiz. Während in der Westschweiz 90 – 100 % der
Obstanlagen mit festen Bewässerungsanlagen ausge-
stattet sind und regelmässig bewässert werden, ist der
geschätzte Anteil der bewässerten Fläche in der Nord-
west- und Nordostschweiz wesentlich geringer (Bravin
et al. 2011 schätzen den Anteil für den Kanton Thurgau
auf 5 – 10 %). Dabei umfasst die Nordwest- und Nord-
ostschweiz ca. 40 % der Schweizer Obstanbaufläche
und knapp die Hälfte aller Schweizer Betriebe mit Obst-
1Die Studie wurde im Rahmen des Projektes Drought-CH «Früherkennung von kritischen Trockenperioden in der Schweiz» durchgeführt und vom Schweizer Nationalfonds im Rahmen des NFP 61 «Nachhaltige Wassernutzung» finanziert.
anlagen (vgl. BLW Statistik der Obstkulturen 2012). Weil
Landwirte ohne feste Bewässerungsanlagen weniger
schnell und effizient reagieren können beziehungsweise
andere Massnahmen zur Reduktion von Schäden ergrei-
fen müssen, sind diese Regionen für Schäden durch kriti-
sche Trockenperioden anfällig.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e
Die hier präsentierten Ergebnisse basieren auf einer
schriftlichen Befragung, die zwischen Januar und April
2013 durchgeführt wurde. Sie richtete sich an Landwirte
in der Nordwest- und Nordostschweiz mit mindestens
20 Aren Obstanlagen2.
Der verwertbare Rücklauf der Fragebögen war hoch:
801 Obstbetriebe (56,5 % der angeschriebenen Betriebe)
sandten ihren Fragebogen ausgefüllt zurück.
2Wir orientieren uns an der Definition von Obstanlagen gemäss der Landwirt-schaftliche Begriffsverordnung (Stand am 1. Juli 2011).
Pflanzenbau | Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz
58
R e s u l t a t e
Charakterisierung der antwortenden Betriebe
74 % der antwortenden Betriebe sind Vollerwerbsbe-
triebe (sie erwirtschaften weniger als 10 % ihres Einkom-
mens ausserhalb der Landwirtschaft), 12 % Zuerwerbs-
betriebe, 10 % Nebenerwerbsbetriebe und die restlichen
4 % bauen Obst im Freizeitbetrieb an. 27 % der Betriebe
erwirtschaftet mehr als 50 % des landwirtschaftlichen
Einkommens durch den Obstbau, für 45 % der Betriebe
trägt der Obstbau weniger als 25 % bei (Abb. 1).
71 % der Betriebe bauen Steinobst (z.B. Kirschen,
Aprikosen) an, 83 % Kernobst (z.B. Äpfel, Birnen, Quit-
ten). Diese Obstsorten sind am wichtigsten für den wirt-
schaftlichen Ertrag. Beeren werden zwar von 19 % der
Betriebe angebaut, spielen aber für den wirtschaftli-
chen Ertrag eine untergeordnete Rolle; Schalenobst
sowie andere Obstkulturen sind zu vernachlässigen.
Auf den befragten Betrieben wurde in den vergange-
nen zehn Jahren im Durchschnitt an neun Tagen pro
Jahr bewässert (Standardabweichung 21), wobei die
Spannweite von 0 bis 240 Tagen streut (n=801). Betriebe,
die mehr als die Hälfte ihres landwirtschaftlichen Ein-
kommens durch Obstbau erwirtschaften, bewässern im
Durchschnitt doppelt so häufig wie die restlichen
Betriebe. Von den Betrieben mit Niederstammkulturen
(n=659) haben 17 % eine feste Bewässerungsanlage,
20 % bewässern nur einen Teil der Kulturen und 63 %
bewässern ohne fest installierte Anlage (also z.B. mit
mobilen Anlagen oder Druckfass).
Auswirkungen von Trockenheit auf die Obstbetriebe
In den vergangenen zehn Jahren gab es bei den befrag-
ten Obstbetrieben verschiedene Schäden durch Trocken-
perioden und dies z.T. mehrmals (Tab. 1).
Die finanziellen Einbussen durch Trockenheitsschä-
den innerhalb der vergangenen zehn Jahre blieben
jedoch begrenzt. Sie werden auf 5 % des durchschnittli-
chen landwirtschaftlichen Einkommens geschätzt (Stan-
dardabweichung: 7 %). Einen entscheidenden Einfluss
auf die berichteten Schäden hat nicht so sehr, ob ein
Betrieb die Obstanlagen bewässert, sondern wie wichtig
der Obstbau für das wirtschaftliche Einkommen der
Betriebe ist: der Mittelwert bei den Betrieben mit einem
Einkommensanteil von mehr als 75 % aus dem Obstbau
ist mit 3,8 % geringer als bei Betrieben mit einem Anteil
von unter 50 % mit 5,3 %.
2003 ist als ein extremes Jahr mit unterdurchschnittli-
chem Niederschlag von Februar bis September und über-
durchschnittlich hohen Temperaturen von April bis
August in Erinnerung. In der Schweiz herrschte in vielen
Regionen eine ausgeprägte Trockenheit. Auch bei den
befragten Betrieben führte das Jahr 2003 zu Ertragsein-
Auswahl der Adressaten und Fragebogen
Die Adressaten der Befragungen wurden aus
der Datenbank des Agrarinformationssystems
(AGIS) des BLW gezogen.
In den drei statistischen Grossregionen Nord-
westschweiz, Ostschweiz und Zürich wurde
eine Gesamterhebung für die Kantone BS, BL,
AG, SH, SG, GR, TG und ZH durchgeführt. Dort
waren 2012 1451 landwirtschaftliche Betriebe
mit mehr als 20 Aren Obstkulturen (Obstbetrie-
be) registriert. 41 Betriebe wurden in einem
Pretest des Fragebogens angeschrieben und bei
1410 Obstbetrieben die Haupterhebung durch-
geführt. Nach zwei Wochen wurde den nicht
antwortenden Betrieben ein Erinnerungsschrei-
ben mit Fragebogen zugesandt. Die Befragung
erfolgte anonym.
Der Fragebogen bestand aus fünf Teilen, in de-
nen Informationen (1) zum Betrieb und den Obst-
kulturen, (2) zu Auswirkungen von Trockenheit
auf den Obstbau, (3) zu Gegenmassnahmen und
den genutzten Informationen, (4) zu Einschät-
zungen zu verschiedenen Themen sowie (5) zu
demografischen und weiteren Angaben (z. B.
Postleitzahl, Aus- und Weiterbildung) abgefragt
wurden. Die meisten Fragen liessen sich durch
Ankreuzen von Antwortoptionen beantworten,
bei einigen Fragen wurde eine spezifische Infor-
mation (z.B. Anzahl Tage mit Bewässerung) oder
offene Antworten erfragt.
45%
28%
15%
12%
Anteil Obstbau 0–24%
Anteil Obstbau 25–49%
Anteil Obstbau 50–74%
Anteil Obstbau 75–100%
Abb. 1 | Anteil Obstbau am Landwirtschaftlichen Einkommen (n=793)
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz | Pflanzenbau
59
Schadensreduktion und deren Wirksamkeit
Um Schäden durch Trockenperioden zu vermeiden, haben
die Landwirte in den vergangenen zehn Jahren verschie-
dene Massnahmen ergriffen. Die Hälfte der Betriebe
bewässerte und 40 % arbeiteten mit Bodenbedeckung
(z.B. Mulchen, Bewuchs). Eine untergeordnete Rolle spiel-
ten Bodenbearbeitung, Beschattung, trockenheitsresis-
tente Sorten oder Versicherungen gegen Ernteausfall.
11 % der Antwortenden gab an, keine Massnahmen im
Falle von Trockenheit ergriffen zu haben (n=689). Aller-
dings meinen im Durchschnitt aller Betriebe nur 58 %, dass
die ergriffenen Massnahmen Schäden vermeiden konnten,
bei 9 % ist dies nicht der Fall und 33 % können es nicht
beurteilen. Berücksichtigt man in der Analyse nur die
bewässernden Betriebe (N=401) so werden die ergriffenen
Gegenmassnahmen von 78 % der Befragten als wirksam
eingeschätzt, bei Betrieben, die alle Niedrigstammkultu-
ren mit festinstallierten Anlagen bewässern (N=109), sind
es sogar 87 %. Weiterhin besteht ein deutlicher Zusam-
menhang zwischen dem Anteil, den der Obstbau am land-
wirtschaftlichen Einkommen des Betriebes hat, und der
Bewässerung einerseits sowie der Einschätzung über die
Effektivität von Gegenmassnahmen andererseits: Betriebe,
die 75−100 % ihres Einkommens durch Obstbau erwirt-
schaften, bewässern deutlich häufiger als Betriebe mit nur
bussen (Abb. 2). Dabei ist eine klare Tendenz ablesbar:
je mehr Einkommen durch den Obstbau erwirtschaftet
wird, desto häufiger lagen die Ertragseinbussen unter
20 %, wohingegen sie bei Betrieben mit geringer wirt-
schaftlicher Bedeutung des Obstbau tendenziell häufi-
ger über 20 % lagen. Auffällig ist, dass letztere Betriebe
häufiger die Ertragseinbussen des Jahres 2003 nicht ein-
schätzen können.
Die Befragung zeigt auch, dass sich Trockenheit in
den vergangenen zehn Jahren auf über 50 % der Obst-
baubetriebe positiv auswirkte. Ein Clustern der entspre-
chenden offenen Antworten zeigt, dass Trockenperio-
den insbesondere zu weniger Pilzbefall beziehungsweise
geringerem Bedarf an Fungiziden (125 Nennungen von
473) führen und auch weniger andere Krankheiten auf-
treten (43 Nennungen von 473). Ebenso kann die Quali-
tät der Früchte steigen (93 Nennungen von 473). Auch
kommt es bei einer geringeren Erntemenge bei gleich-
zeitig guter respektive verbesserter Qualität zu einem
Preisanstieg. Weiter können Trockenperioden zu einer
verbesserten Blütenbildung, einem besserem Wachstum
der Obstkultur beziehungsweise zu einem besseren
Triebverhalten führen und haben positive Auswirkungen
auf den Bodenzustand sowie die Arbeits- und Bewirt-
schaftungsbedingungen.
Art der Schäden: Ja Nein Einmal Mehrmals n
Schäden an > 5 % der Jungpflanzen/-bäume 33,3 66,7 25,5 7,8 703
Schäden an älterem Bestand (> 5 %) 17,4 82,6 12,9 4,4 688
Verstärkter Blütenabwurf im Frühjahr bzw. Junifall 34,8 65,2 21,6 13,2 672
Reduzierte Blütenausbildung im Folgejahr 27,5 72,5 19,2 8,3 665
Geringere Erntemenge als üblich 62,2 37,8 39,7 22,4 720
Geringere Qualität der Früchte als üblich 48,5 51,5 27,6 20,8 703
Ein Teil der Ernte musste abgeschrieben werden (> 10 %) 24,8 75,2 18 6,8 673
Ein grosser Teil der Ernte musste abgeschrieben werden (> 50 %) 4,4 95,6 3,6 0,8 633
Tab. 1 | Art der Schäden durch Trockenheit in %
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
0–24% 25–49% 50–74% 75–100%
Anza
hl B
etrie
be
Anteil des Beitriebszweigs Obstbau am landwirtschaftlichen Einkommen
Einbussen 2003 mehr als 20% Einbussen 2003 weniger als 20% weiss nicht
Abb. 2 | Ertragseinbussen durch die Trockenheit im Jahr 2003 in % im Verhältnis zum landwirtschaftlichen Einkommen durch den Obstbau (n=762)
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
Pflanzenbau | Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz
60
0−24 % ihres Einkommens durch Obstbau (Abb. 3) und
geben deutlich häufiger an, mit den ergriffenen Massnah-
men Schäden vermieden zu haben.
Ein ähnlicher Zusammenhang besteht bezüglich der
Einschätzung der finanziellen Einbussen, die durch
Gegenmassnahmen verhindert werden konnten. Die
befragten Betriebe meinten, dass sie mit den ergriffenen
Massnahmen im Durchschnitt 9 % der finanziellen Ein-
bussen durch Trockenheit im Obstbau verhindern konn-
ten (Standardabweichung 19 %). Betriebe mit 75−100 %
ihres Einkommens durch Obstbau erreichen einen Mittel-
wert von 12 %, Betriebe mit 0−25 % ihres Einkommens
durch Obstbau einen Mittelwert von 7 %. Die Einschät-
zung der Effektivität der ergriffenen Massnahmen
scheint zudem davon abhängig zu sein, ob und wie der
Betrieb bewässert. Die bewässernden Betriebe meinten,
dass sie durchschnittlich 17 % der finanziellen Einbussen
verhindern konnten; bei Betrieben, die alle Nied-
rigstammkulturen mit festinstallierten Anlagen bewäs-
sern, sind es gar 28 %.
Informationen bezüglich Trockenheit
Um Massnahmen zur Vermeidung von Trockenheitsschä-
den zu ergreifen, müssen Landwirte frühzeitig eine dro-
hende Trockenheit erkennen. Daher haben wir gefragt,
welche Informationen derzeit zur Früherkennung
genutzt werden und welche Informationen zusätzlich
notwendig wären (Abb. 5). Zusätzlich benötigt werden
insbesondere Informationen zu Bodenfeuchtigkeit und
Verdunstung. Neben den klassischen Wetterprognosen
von Wetterdiensten und in Funk und Fernsehen sind die
eigenen Messungen und Beobachtungen auf dem Hof
entscheidende Informationsquellen, die besonders häu-
fig genutzt werden, um Trockenheit frühzeitig zu erken-
nen, und die gleichzeitig als vertrauenswürdig gelten
(Abb. 5). Mitteilungen durch Verbände, Forschungsan-
stalten oder landwirtschaftliche Beratungsdienste spie-
len für die Früherkennung von Trockenheit eine gerin-
gere Rolle. Allein die Kantonalen Fachstellen werden
von einem Grossteil der antwortenden Betriebe als
Informationsquelle zu Rate gezogen.
Problemeinschätzung und Bereitschaft zu Handeln
Von den Befragten stimmt die Mehrheit zu oder eher zu
(79 %), dass Trockenheit in der Schweiz in Zukunft öfter
auftreten wird. Auch die eigene Betroffenheit wird rela-
tiv hoch eingeschätzt. So stimmen 50 % (eher) zu, dass
ihr Betrieb in Zukunft öfter von Trockenheit betroffen
sein wird. Nur 29 % stimmen dem (eher) nicht zu. 46 %
meinen sogar, dass sie in Zukunft häufiger von Konflik-
ten um Wasserentnahme betroffen sein werden.
Dies bedeutet für viele aber nicht unbedingt, dass es
zu grösseren Veränderungen auf dem Betrieb kommt.
So stimmen nur 32 % der Aussage (eher) zu, dass Obst-
bau auf ihrem Betrieb nur noch mit fest installierter
Bewässerung rentabel sein wird. Die Bereitschaft, in eine
feste Bewässerungsanlage zu investieren, hängt stark
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
0–24% 25–49% 50–74% 75–100%
Ante
il Be
trie
be
Anteil des Betriebszweigs Obstbau am landwirtschaftlichen Einkommen
Abb. 3 | Anteil Betriebe die in den vergangenen 10 Jahren bewäs-sert haben, um Schäden zu vermeiden (in %).
20,8
6
7,4
21,6
8
5,5
8
12,9
14,7
34,5
39,3
80,6
Verdunstung
Luftfeuchtigkeit
Windgeschwindigkeit
Bodenfeuchtigkeit
Lufttemperatur
Niederschlagsmenge
derzeit genutzt zusätzlich benötigt
Abb. 4 | Welche Informationen nutzen Sie derzeit/würden Sie zusätzlich benötigen, um Trockenheit frühzeitig zu erkennen? (in %, n=801).
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz | Pflanzenbau
61
landwirtschaftlichen Einkommens aus dem Obstbau
stimmen (eher) zu, dass ihr Obstbau nur noch mit festin-
stallierten Bewässerungsanlagen rentabel sein wird, und
sie sind auch (eher) bereit, entsprechend zu investieren
und dafür einen Kredit aufzunehmen. Ausserdem erwar-
ten sie mit einer grösseren Wahrscheinlichkeit als andere
Obstbaubetriebe, dass sie in Zukunft von Konflikten um
Wasserentnahme betroffen sein werden. Sie sind weni-
ger häufig bereit, den Obstbetrieb aufzugeben, auch
wenn extreme Trockenheit wie im Jahr 2003 in Zukunft
alle zwei Jahren auftreten würde.
D i s k u s s i o n
Die Befragungsergebnisse zeigen, dass den Landwirten
das Trockenheitsrisiko für den Obstbau und die eigenen
potenziellen Betroffenheit bewusst ist. Ähnlich zeigte
die Studie von Karrer (2012), dass Trockenheit zu jenen
Klimaauswirkungen gehört, von denen Landwirte den-
ken, ihr Betrieb wird am ehesten davon betroffen sein.
Unsere Befragung bestärkt dieses Ergebnis und zeigt, dass
sich die bisherigen Trockenheitsschäden auf Obstbetrie-
ben in den vergangen zehn Jahren mit durchschnittlich ca.
5 % des Betriebseinkommens in Grenzen halten, die Hand-
lungsbereitschaft jedoch mit zunehmender Wahrschein-
von der Häufigkeit von starken Trockenperioden ab:
wenn ein Trockenheitsjahr wie 2003 alle zehn Jahre auf-
tritt, würden nur 7 % der Betriebe in eine feste Bewässe-
rungsanlage investieren. Würde ein solches Jahr jedoch
alle fünf beziehungsweise zwei Jahre auftreten, so steigt
der Anteil Betriebe mit Investitionsbereitschaft auf 22 %
respektive 42 %. Auch in Bezug auf andere Massnahmen
steigt die allgemeine Handlungsbereitschaft mit der
Häufigkeit von extremer Trockenheit und es sinkt die
Anzahl Betriebe, die keine Massnahmen ergreifen und
Ernteverluste abschreiben würden (37 % bei Trockenheit
alle zehn Jahre respektive 26 % bei fünf Jahre, 14 % bei
zwei Jahre). Andere Massnahmen wie zum Beispiel das
Anpflanzen von Obstkulturen mit weniger Wasserbedarf
oder das Versichern gegen Ernteausfall kommen weni-
ger in Frage. Würde das Jahr 2003 jedoch alle zwei Jahre
auftreten, würden immerhin 17 % der Betriebe den
Obstbau aufgeben. Hoch ist jedoch die Bereitschaft, sich
über angemessene Bewirtschaftungsmöglichkeiten zu
informieren und weiterzubilden (82 %), wenn Trocken-
heit in Zukunft zunimmt.
Bei einer genaueren Analyse lässt sich ein signifikan-
ter Unterschied zwischen Betrieben mit hohem bezie-
hungsweise niedrigem Anteil ihres Einkommens aus
dem Obstbau feststellen: Betriebe mit 75 – 100 % ihres
1,6
12,5
22,7
9
28,8
21,8
30
6,7
24,6
10,4
29,8
14,4
18,4
39,8
19,2
71,8
7,1
65,3
21,3
64,4
7,6
69,9
Andere
Landwirtschaftliche Beratungsdienste
Mitteilungen Forschungsanstalten
Mitteilungen Kantonale Fachstelle
Mitteilungen Verband
Eigene Beobachtung Obstkulturen/Bodenzustand
Bodenfeuchtemessungen auf dem Betrieb
Meteorologische messinstrumente auf dem Betrieb
Übrige Berichterstattung Fernsehen/Radio
Wetterbericht Fernsehen/ Radio
Kostenpflichtige Wetterdienste
Kostenlose Wetterdienste
genutzt zuverlässig
2,6
11,2
Abb. 5 | Welche Informationsquellen nutzen Sie, um Trockenheit möglichst früh zu erkennen; welche finden Sie besonders zuverlässig? (in %, n=801).
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
62
Pflanzenbau | Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz
lichkeit von Trockenheitsrisiken deutlich ansteigt. Gleich-
zeitig schätzen die Befragten, die Gegenmassnahmen
ergriffen haben, die Wirksamkeit ihrer Massnahmen zur
Schadensreduktion, z. B. Bewässerung, als hoch ein. Dies
gilt insbesondere für die Bewässerung von Obstanlagen.
Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass Betriebe, die
einen hohen Anteil des landwirtschaftlichen Einkom-
mens durch Obstbau erwirtschaften, verglichen mit
Betrieben mit geringerem Einkommensanteil durch
Obstbau, einen besseren Zugang zu Wissen und Infor-
mationen haben (z.B. können sie die Effektivität von
Massnahmen besser einschätzen) als auch mehr Mög-
lichkeit und Bereitschaft, Investitionen zu tätigen.
Dadurch sind die erstgenannten Betriebe tendenziell
besser auf künftige kritische Trockenperioden vorberei-
tet. Allerdings sind Betriebe mit einem hohen Anteil des
landwirtschaftlichen Einkommens durch Obstbau auch
anfälliger, weil sie das Risiko nicht auf mehrere Betriebs-
zweige streuen können. Letzteres können hingegen
Mischbetriebe, die 88 % der befragten Obstbaube-
triebe ausmachen. Für Mischbetriebe scheint es hinge-
gen schwierig zu sein, entsprechende arbeits- und zei-
tintensive Massnahmen (z.B. mobile Bewässerung der
Obstanlagen) beziehungsweise teure Investitionen (z.B.
festinstallierte Bewässerung) zur Schadensvermeidung
zu realisieren. Von den Mischbetrieben gaben zudem
deutlich mehr Personen an, sie könnten die Höhe von
Schäden durch Trockenheit und die Wirksamkeit von
Gegenmassnahmen nicht beziffern. Ein betriebliches
Monitoring oder Controlling scheint oft nicht vorhan-
den zu sein. Gleichzeitig sind Mischbetriebe gemäss
Befragung durchaus problembewusst und handlungs-
bereit und haben Nachholpotenzial beim Ergreifen von
Vorsorgemassnahmen (z.B. Ausbau von Bewässerungs-
massnahmen), sind breiter aufgestellt und können so
das Trockenheitsrisiko auf verschiedene Betriebszweige
streuen.
Sollen Obstbetriebe in ihrer Anpassung an derzeitige
und zukünftige Trockensituationen gestärkt werden,
ergeben sich folgende Ansatzpunkte:
– Die Weiterbildungsbereitschaft ist in beiden Gruppen
hoch. Informationen und Weiterbildungsangebote im
Themengebiet «Vorsorge von Trockenheitsrisiken»
müssten jedoch auf die jeweils unterschiedlichen
Bedürfnisse der beiden Zielgruppen angepasst
werden. Auch positive Auswirkungen von Trockenheit
wären dabei zu berücksichtigen.
– Monitoring-Tools für betriebswirtschaftliche Evalua-
tion könnten insbesondere Mischbetriebe unterstüt-
zen, die Situation auf dem eigenen Betrieb besser zu
beobachten und einzuschätzen, z.B. den Einfluss von
Wetter- und Bodenfaktoren auf das betriebswirt-
schaftliche Einkommen oder die Effizienz von Gegen-
massnahmen.
– Verbesserte Informationen über Bodenfeuchte und
Verdunstungsraten würden einem vergleichsweise
häufig genanntem Bedürfnis der Betriebe entgegen-
kommen.
Bereits heute werden vielerorts Trockenheitsschäden
dank Bewässerung der Obstanlagen vermieden. Mit
zunehmender Häufigkeit und Intensität von Trockenheit
wird die Bedeutung dieser Anlagen aus Sicht der Land-
wirte weiter zunehmen, insbesondere festinstallierte
Bewässerungsmassnahmen werden favorisiert. Ob und
wann eine solche Investition jedoch wirtschaftlich effizi-
ent ist und welche anderen Massnahmen (z.B. Boden-
bearbeitung, Mulchen, Sortenwahl) eingesetzt werden
können, um den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft
und damit die Zunahme an Konflikten um Wasserent-
nahme zu begrenzen, darüber muss sich die landwirt-
schaftliche Forschung und Beratung selbst noch mehr
Gedanken machen.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Übergreifend lassen die Befragungsergebnisse folgern:
Trockenheit ist bisher kein sehr grosses Problem für den
Obstbau in der Nordost- und Nordwestschweiz, da sich
die Schäden und damit verbundenen Einkommensein-
bussen in Grenzen halten. Sollte Trockenheit jedoch
zunehmen, wovon Szenarien ausgehen (CH2011 2011),
entsteht Handlungsbedarf:
– Monitoring und Zugang zu trockenheitsrelevanten
Informationen für Obstbetriebe müssen verbessert
werden, um eine valide Entscheidungsgrundlage
bereit zu stellen.
– Weiterbildungs- und Beratungsangebote sowie
Fördermassnahmen müssen etabliert werden, auf die
unterschiedlichen Bedürfnisse von Obstbetrieben, die
einen hohen Anteil des Einkommens durch Obstbau
erwirtschaften, und breit aufgestellten Mischbetrie-
ben eingehen und die positiven Auswirkungen von
Trockenheit berücksichtigen.
– Es ist zu prüfen, welche alternativen oder ergänzen-
den Massnahmen neben der Bewässerung Trocken-
heitsschäden wirtschaftlich effizient vermeiden und
Konflikte um Wasser reduzieren. Solche Massnahmen
sind dann zu implementieren. n
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
63
Trockenheit im Obstbau − Befragung von Landwirten in der Nordost- und Nordwestschweiz | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Drought in fruit-growing. Survey among farmers
in Northeast and Northwest Switzerland
According to current climate scenarios, drought
could become a major challenge for agriculture
in Switzerland. To better understand the
practitioner’s perspective, we surveyed
fruit-growers in Northeast and Northwest
Switzerland to investigate the previous impact
of drought and the countermeasures taken, as
well as the information requirements and the
willingness to act on the part of farmers in case
of more frequent drought events in the future.
Our results show that in the last ten years,
drought-induced damage has been limited for
most farmers. Nevertheless, most respondents
believe that in the future they will be affected
more often and more intensely by drought.
Thus, many are willing to implement counter-
measures in the future. A detailed analysis
shows that farmers who generate most of their
income through fruit-growing are affected by
drought differently than farmers for whom
fruit-growing is of less commercial relevance.
These two groups also differ in their willing-
ness to realize countermeasures and in their
information needs. We conclude that adapta-
tion, professional training, and consultation are
necessary and must adequately consider these
differences.
Key words: early recognition, drought,
fruit-growing, Switzerland, climate adaptation.
Siccità nel settore della frutticoltura. Inda-
gine tra gli agricoltori della Svizzera nord-
orientale e nord-occidentale
In considerazione degli attuali scenari
climatici, la siccità potrebbe trasformarsi in
una sfida per il settore dell'agricoltura.
Un'indagine svolta tra i frutticoltori della
Svizzera nord-orientale e nord-occidentale
analizza gli effetti esercitati sino a oggi dalla
siccità, le contromisure adottate nonché il
fabbisogno di informazione e il livello di
preparazione dei coltivatori nel caso in cui la
siccità dovesse aumentare in futuro. I
risultati dimostrano che, anche se i danni
provocati negli ultimi dieci anni dalla siccità
sono stati limitati per la maggior parte delle
aziende, la maggioranza degli intervistati
teme che in futuro sarà costretta a fare
sempre più spesso i conti con questo
fenomeno. In questo caso, molti di loro sono
disposti a prendere le necessarie contromi-
sure. Da un'analisi più dettagliata emerge
che, dal punto di vista delle preoccupazioni,
del fabbisogno di informazione e del livello
di preparazione in materia di rischi causati
dalla siccità, le aziende il cui reddito deriva
principalmente dalla frutticoltura si differen-
ziano nettamente da quelle per le quali la
frutticoltura è economicamente meno
importante. È quindi necessario avviare
misure di adeguamento, di formazione
continua e di consulenza che dovranno
tenere conto di queste differenze.
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▪ Keller F. & Fuhrer J., 2004. Die Landwirtschaft und der Hitzesommer 2003. Agrarforschung Schweiz 11 (9), 403–410.
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Agrarforschung Schweiz 6 (2): 56–63, 2015
64 Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
ärmer aber strukturreicher als raigrasbetonte Mischun-
gen für die Rindviehhaltung sein. Im Weiteren spielt
auch der Zucker- insbesondere der Fruktangehalt, der in
den Raigräsern im Vergleich zu den übrigen Gräsern am
höchsten ist, im Hinblick auf Hufrehe eine wichtige Rolle.
Die Produktion von Bodenheu ist besonders für die
Pferdehaltung weit verbreitet, da Pferdebesitzer diese
Form von Raufutter der Haylage oft vorziehen (Reiwald
und Riond, 2002). Die Gründe sind vielfältig: Einerseits
wird Haylage in der Regel in für Kleinbetriebe nicht opti-
malen Grossballenformaten produziert (Handling, er-
höhtes Risiko von Nacherwärmungen und Schimmelbe-
fall); andererseits stören sich viele Pferdebesitzer am
E i n l e i t u n g
Die Konservierungsmethode, der Trockensubstanz(TS)-
Gehalt sowie die botanische Zusammensetzung haben
einen Einfluss auf die Konservierung und die Nährstoff-
gehalte von Raufutter für Pferde. Aber auch die Ernte-
bedingungen spielen für die Qualität des Raufutters
eine entscheidende Rolle.
Seit einiger Zeit werden vermehrt Samenmischungen
für die Produktion von Pferdeheu und Haylage auf dem
Markt angeboten, die aufgrund der botanischen Zu-
sammensetzung den physiologischen Bedürfnissen der
Pferde besser entsprechen; das heisst sie sollen energie-
Heu- oder Haylageproduktion von zwei GrasmischungenUeli Wyss, Brigitte Strickler und Ruedi von Niederhäusern
Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1725 Posieux, Schweiz
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: [email protected]
Bei einem Teil des Heus wurde während dem Ballenpressen ein Konservierungsmittel appliziert.
N u t z t i e r e
Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen | Nutztiere
65
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
Seit einiger Zeit werden spezielle Grasmi-
schungen für die Produktion von Pferdeheu
und Haylage angeboten. Die Produktion von
Bodenheu ist besonders für die Pferdehal-
tung weit verbreitet, da Pferdebesitzer dieses
Raufutter dem Haylage oft vorziehen.
Ziel des Versuchs war es, die Nährstoff-
gehalte – insbesondere die Zucker- und
Fruktangehalte – von zwei auf dem Markt
angebotenen Mischungen zu untersuchen.
Zusätzlich wurde auch der Einfluss eines
Konservierungsmittels auf die Futterqualität
bei der Haylage- und Heubereitung unter-
sucht.
Bei beiden Mischungen dominierten die
Raigräser; sie wiesen beim ersten als auch
zweiten Aufwuchs hohe Zucker- und Fruktan-
gehalte auf. Bei der Haylagebereitung wurde
der Zucker- und Fruktangehalt durch den
Gärprozess stärker abgebaut als beim Heu.
Sowohl in der Haylage als auch im Heu
führte der Zusatz des Konservierungsmittels
zu tieferen pH-Werten. Das Heu wies im
Vergleich zur Haylage einen höheren Keimbe-
satz an aeroben mesophilen Bakterien,
Schimmelpilzen und Hefen auf. Der Keimbe-
satz wurde aber durch das Konservierungs-
mittel nicht signifikant beeinflusst.
Silagegeruch. Die Produktion von Bodenheu in der
Schweiz ist aufgrund der meteorologischen Gegeben-
heiten oftmals nur begrenzt möglich. Wenn das Futter
bei der Ernte nicht genügend trocken ist – TS-Gehalte
unter 85 % – ist der Einsatz von Konservierungsmitteln
notwendig, um einer Verschimmelung vorzubeugen.
Alternativ wird bei TS-Gehalten zwischen 50–75 % auch
Haylage produziert. In der Praxis wird der Einfluss der
Konservierungsmittel – besonders der Einsatz von Säu-
ren – kontrovers diskutiert. Es wird befürchtet, dass die
Verfütterung von Haylage beziehungsweise von Heu,
welche mit Säuren behandelt wurden, einerseits ver-
mehrt zu Magenläsionen (Magengeschwüre) führen
kann und andererseits der Organismus generell übersäu-
ert wird (Fritz 2012).
Ziel des Versuchs war es, die Nährstoffgehalte, insbe-
sondere die Zucker- und Fruktangehalte, von zwei auf
dem Markt speziell für Pferde angebotenen Grasmi-
schungen bei den beiden ersten Aufwüchsen zu untersu-
chen. Dabei sollte auch überprüft werden, wie stark sich
der Zucker- und Fruktangehalt im Ausgangsmaterial
zwischen einem Schnittzeitpunkt am Abend und am
Morgen unterscheidet. Zusätzlich wurde auch der Ein-
fluss eines Konservierungsmittels auf die Futterqualität
bei der Haylage- und Heubereitung untersucht.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Im August 2012 wurden auf einer Fläche von je 3 ha in
Joressens (Kanton Freiburg, 465 m ü. M.) zwei verschie-
dene Grasmischungen angebaut:
Grasmischung 1, Saatmenge 32 kg/ha:
Italienisches Raigras, Bastard Raigras, Englisches Raigras,
Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz, Timothe, Wiesen-
schwingel, Rotschwingel.
Grasmischung 2, Saatmenge 48 kg/ha:
Englisches Raigras, Westerwoldisches Raigras, Knaulgras,
Timothe, Wiesenschwingel, Wiesenrispengras, Rot-
schwingel.
Von Mitte Mai bis Mitte Juni 2013 wurden von beiden
Grasmischungen vom ersten Aufwuchs zu drei verschie-
denen Terminen vom stehenden Futter auf dem Feld
Proben gezogen. Beim zweiten Aufwuchs wurden nur
Ende Juli, sechs Wochen nach dem ersten Schnitt, Pro-
ben zur Bestimmung der Rohnährstoffe und der botani-
schen Zusammensetzung erhoben. Vor dem Schnitt wur-
den bei beiden Aufwüchsen am Vorabend (17:30 Uhr)
und am Morgen (7:00 Uhr) zusätzliche Proben vom ste-
henden Futter gezogen.
Nutztiere | Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen
66
Vom ersten Aufwuchs wurden im Juni 2013 Haylage-
und Heurundballen mit einem Durchmesser von 1,2 m
hergestellt. Dabei wurde bei einem Teil des Futters das
Konservierungsmittel Lupro-Grain eingesetzt. Das Mittel
enthält 73 % Propionsäure, 21 % Ammoniumpropionat
und 4 % 1,2 Propandiol. Für die richtige Dosierung des
Konservierungsmittels ist es wichtig, den TS-Gehalt des
Futters zu kennen. Es gibt Geräte, die den Feuchtegehalt
von relativ trockenem Futter messen können. Im vorlie-
genden Versuch wurde beim Heu der TS-Gehalt nach
dem Pressen der Ballen mit zwei Geräten (Gerät 1: Proti-
meter Balemaster, Gerät 2: Modell Fortester 200 Plus)
gemessen. Zusätzlich wurden vor dem Pressen am
Schwad Proben gezogen, wo der TS-Gehalt im Labor
bestimmt wurde.
Nach einer Lagerdauer von fünf Monaten wurden
von allen Varianten jeweils drei Ballen beprobt (Abb. 1).
Die Rohnährstoffe, inklusive der wasserlösliche Zucker
und die Fruktane, wurden mit der Nahinfrarotspektros-
kopie (NIRS) analysiert. In der Haylage und im Heu wur-
den zusätzlich noch die pH-Werte, Gärsäuren, Ethanol
und Ammoniak sowie die Keimgehalte – aerobe meso-
phile Bakterien, Schimmelpilze und Hefen – bestimmt.
Die statistische Auswertung erfolge mit einer Varianz-
analyse und dem Bonferroni-Test (Programm SYSTAT 13).
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Ausgangsmaterial
In beiden Mischungen dominierten in beiden Aufwüch-
sen die Raigräser. Deren Anteil betrug über 70 % (Tab. 1,
Abb. 2).
Beide Grasmischungen wiesen im stehenden Futter
hohe Zucker- und Fruktangehalte auf. Die Zucker-
gehalte nahmen im Laufe des ersten Aufwuchses nur
leicht zu oder blieben gleich. Die Fruktangehalte nah-
men hingegen in beiden Grasmischungen kontinuier-
lich zu (Abb. 3). Eine Zunahme des Fruktangehaltes
beim ersten Aufwuchs von Mitte Mai bis Anfang Juni
konnte auch von Borstel und Grässler (2003) beim Itali-
enischen Raigras festgestellt werden. Das Futter des
zweiten Aufwuchses wies bei beiden Grasmischungen
ähnliche Zucker- und Fruktangehalte auf wie bei der
letzten Probenahme des ersten Aufwuchses. Ob hohe
Fruktangehalte schliesslich die einzige Ursache von
Hufrehe sein können, ist nicht ganz klar. Nach Zeyner et
al. (2011) spielen neben dem Fruktangehalt auch der
Zucker- und Stärkegehalt in der gesamten Futterration
eine wesentliche Rolle.
Abb. 1 | Nach einer Lagerdauer von fünf Monaten wurden mit einem Probenbohrer Proben ent-nommen.
1. Aufwuchs 2. Aufwuchs
Grasmischung 1 2 1 2
Gräser % 100 99 99 99
Raigräser % 71 95 92 90
Klee % 0 0 <1 0
Kräuter % 0 1 <1 1
Tab. 1 | Botanische Zusammensetzung des Futters der beiden Auf-wüchse und Grasmischungen
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen | Nutztiere
67
dadurch auch einen höheren Zucker- beziehungsweise
Fruktanabbau aufweist als das Futter, welches am Mor-
gen gemäht wurde, gleichen sich die Werte im Heu wie-
der an.
Für die richtige Dosierung des Konservierungsmittels
ist es wichtig, den TS-Gehalt des Futter zu kennen. Die
dazu durchgeführten Erhebungen zeigen, dass einer-
seits der Feuchtegehalt in den Ballen stark variieren
kann und es andererseits auch Unterschiede zwischen
den zwei eingesetzten Geräten gab. Beim Gerät 1 wurde
ein durchschnittlicher Feuchtegehalt von 13,8 % und
beim Gerät 2 von 17,5 % ermittelt. Die im Labor bestimm-
ten Feuchtegehalte lagen mit durchschnittlich 15,1 % im
Bereich der beiden Messgeräte.
Mit zunehmendem Alter des Futters vom ersten Auf-
wuchs nahm bei beiden Grasmischungen der Rohprote-
ingehalt kontinuierlich ab und der Rohfasergehalt leicht
zu. Die Werte des zweiten Aufwuchses waren ähnlich
wie beim ersten Aufwuchs Mitte Juni (Abb. 4).
Die Proben des ersten und zweiten Aufwuchses, die
zu unterschiedlichen Tageszeiten genommen wurden,
wiesen bei beiden Grasmischungen am Abend höhere
Zucker- und Fruktangehalte auf als am Morgen (Abb. 5).
Die Werte waren bei den Abendproben zwischen 10 und
92 % höher. Dies ist durch den Zucker- beziehungsweise
Fruktanaufbau durch die Photosynthese während des
Tages erklärbar. Da jedoch das Futter, welches am Abend
gemäht wird, über Nacht höhere Atmungsverluste und
Abb. 2 | In beiden Mischungen dominierten die Raigräser – Aufnahme vom 13. Juni 2013.
0
50
100
150
200
250
300
15.05. 29.05.
14.06. 25.07.
15.05. 29.05.
14.06. 25.07.
g/kg
Tro
cken
subs
tanz
Mischung 1 Mischung 2
2. Aufwuchs
Zucker
Fruktan
1. Aufwuchs 2. Aufwuchs1. Aufwuchs
Abb. 3 | Wasserlösliche Zucker- und Fruktangehalte von zwei Grasmischungen im ersten und zweiten Aufwuchs.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
Nutztiere | Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen
68
Die vom Hersteller empfohlenen Dosierungen von 5 und
6 l/t des Produktes LuproGrain bei der Haylage bezie-
hungsweise Heu wurden mit Werten von 5,4 und 6,3 l/t
erreicht. Da jedoch nur der Gesamtverbrauch pro Ver-
fahren ermittelt werden konnte, ist nicht bekannt, ob
die Verteilung in den einzelnen Ballen gleichmässig war
oder nicht. Die Haylage- beziehungsweise Heuballen
wiesen ein durchschnittliches Gewicht von 417 bezie-
hungsweise 306 kg auf.
Haylage und Heu
Die Untersuchungen der Haylage- und Heuballen nach
einer Lagerdauer von fünf Monaten ergaben, dass
Haylage im Vergleich zum Heu höhere Rohasche-, Roh-
protein-, Rohfett- sowie verdauliche Rohproteingehalte
und tiefere Rohfaser-, Zucker- und Fruktangehalte auf-
wies (Tab. 2). Bei der verdaulichen Energie, die nach den
Angaben von Zeyner et al. (2010) berechnet wurde, gab
es keine Unterschiede zwischen Haylage und Heu. Dass
bei der Haylage das Fruktan während der Gärung stärker
abgebaut wird als beim Heu, deckt sich mit den Untersu-
chungen von Besier et al. (2013).
Der Einsatz des Konservierungsmittels führte in die-
sem Versuch zu tieferen Rohfaser- und NDF-Gehalten
sowie höheren Zuckergehalten. Dies zeigt, dass der Ein-
satz des Konservierungsmittels die Entwicklung der
schädlichen Mikroorganismen und dadurch den Zucker-
abbau gehemmt hat.
In den behandelten Haylage- und Heuballen konn-
ten nach fünf Monaten Lagerdauer nur geringe Men-
gen an Propionsäure nachgewiesen werden. Nach
Untersuchungen von Särkijärvi et al. (2012) beeinflusste
0
50
100
150
200
250
300
350
AbendMorgen
AbendMorgen
g/kg
Tro
cken
subs
tanz
Zucker
Fruktan
Mischung 1 Mischung 2
2. Auwuchs1. Auwuchs 2. Auwuchs 1. Auwuchs
AbendMorgen
AbendMorgen
Abb. 5 | Einfluss des Schnittzeitpunktes auf den Zucker- und Fruktangehalt von zwei Grasmischungen im ersten und zweiten Aufwuchs.
0
100
200
300
400
15.05. 29.05.
14.06. 25.07.
15.05. 29.05.
14.06. 25.07.
g/kg
Tro
cken
subs
tanz
Rohprotein Rohfaser
Mischung 1 Mischung 2
2. Aufwuchs1. Aufwuchs 2. Aufwuchs 1. Aufwuchs
Abb. 4 | Rohprotein- und Rohfasergehalte von zwei Grasmischungen im ersten und zweiten Aufwuchs.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen | Nutztiere
69
chungen mit Heu, Haylage und Silage vom gleichen Aus-
gangsmaterial mit pH-Werten von 6,0, 5,6 und 4,4 keine
Unterschiede in den pH-Werten, die im Dickdarm und im
Kot bestimmt wurden.
Das Heu mit oder ohne Konservierungsmittel wies
höhere Keimgehalte an aeroben mesophilen Bakterien
und Schimmelpilzen auf als die Haylage (Tab. 3 und 4).
Gemäss den Orientierungswerten nach VDLUFA (2012)
lagen die Durchschnittswerte der aeroben mesophilen
Bakterien, der Schimmelpilze und der Hefen bei den
Haylage- und auch den Heuproben alle im Normalbe-
mit Propionsäure behandeltes Futter das Fressverhalten
und die Futteraufnahme nicht negativ. Hingegen wirkte
sich ein erhöhter Schimmelbefall negativ aus.
In den Haylageballen fand mit und ohne Säurezusatz
eine leichte Milchsäure- und alkoholische Gärung statt.
In den unbehandelten Ballen waren die Werte höher als
in den behandelten Ballen. Sowohl in der Haylage als
auch im Heu führte der Zusatz zu tieferen pH-Werten im
Futter. Doch die pH-Werte in der Haylage waren bedeu-
tend höher als in Silagen, die bei den Kühen eingesetzt
werden. Müller et al. (2008) fanden in ihren Untersu-
Haylage Heu SE Signifikanz
Konservierungsmittel Konservierungsmittel Art1 Zusatz2 Art x Zusatz3
ohne mit ohne mit
TS (%) 60,1 60,2 85,2 85,1 0,77 *** n.s. n.s.
Rohasche (g/kg TS) 69 54 25 41 4,7 *** n.s. *
Rohprotein (g/kg TS) 63 59 38 47 0,9 *** n.s ***
Rohfaser (g/kg TS) 351 329 351 355 3,8 ** * *
ADF (g/kg TS) 392 376 396 395 4,6 * n.s. n.s.
NDF (g/kg TS) 662 632 642 635 6,4 n.s. * n.s.
Rohfett (g/kg TS) 17 15 12 13 0,5 *** n.s. **
Zucker (g/kg TS) 111 161 184 164 5,2 *** * ***
Fruktan (g/kg TS) 37 47 115 95 6,3 *** n.s. *
VRP (g/kg TS) 31 27 7 16 1,2 *** n.s. **
VEP (MJ/kg TS) 7,8 8,4 8,4 8,1 0,10 n.s. n.s. **
pH 5,6 5,2 6,0 5,6 0,07 *** ** n.s.
Milchsäure (g/kg TS) 14 5 2 2 2,4 * n.s. n.s.
Essigsäure (g/kg TS) 3 2 0 1 0,4 ** n.s. n.s.
Propionsäure (g/kg TS) 0 7 0 5 0,3 * *** *
Buttersäure (g/kg TS) 0 0 0 0 0.1 * n.s. n.s.
Ethanol (g/kg TS) 21 4 0 0 2,2 *** ** **
SE: StandardfehlerTS: Trockensubstanz; NDF: Zellwände; ADF: Lignozellulose; Zucker: wasserlösliche Kohlenhydrate; VRP: verdauliches Rohprotein; VEP: verdauliche Energie Pferd1beschreibt die Konservierungsart des Futters (Haylage oder Heu)2beschreibt den Effekt vom Zusatz3beschreibt die Interaktion zwischen Konservierungsart und ZusatzSignifikanz: n.s.: nicht signifikant; * p < 0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001
Tab. 2 | Inhaltsstoffe und Gärparameter des Futters vom ersten Aufwuchs nach der Lagerung
Zielwerte Konservierungsmittel SE p-Wert
ohne mit
Bakterien produkttypisch (log KBE/g) < 5,3 3,0 2,7 0,24 0,37
Bakterien Verderb anzeigend (log KBE/g) < 5,3 5,2 5,0 0,21 0,60
Schimmel produkttypisch (log KBE/g) < 3,7 1,0 1,0 0,02 0,37
Schimmel Verderb anzeigend (log KBE/g) < 3,7 1,3 1,4 0,21 0,69
Hefen (log KBE/g) < 5,3 3,9 3,5 0,89 0,78
SE: Standardfehler; KBE: Kolonie bildende Einheiten
Tab. 3 | Mikrobiologische Qualität der Haylage
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
70
Nutztiere | Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen
reich. Der Einsatz des Konservierungsmittels führte in
den meisten Fällen – Ausnahme Verderb anzeigende
Schimmelpilze – zu tieferen Werten. Die Unterschiede
waren jedoch nicht signifikant.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Beide Grasmischungen wiesen im stehenden Futter hohe
Zucker- beziehungsweise Fruktangehalte auf, die in bei-
den Aufwüchsen ähnlich waren. Da beide Grasmischun-
gen jedoch einen hohen Anteil an Raigräsern zeigten,
stellt sich die Frage, wie es bei Grasmischungen ohne
Raigras aussehen würde.
Tiefere Zucker- und Fruktangehalte können dadurch
erreicht werden, wenn Haylage statt Heu gemacht wird.
Bei der Haylageproduktion findet durch den Gärprozess
ein stärkerer Zucker- und Fruktanabbau statt.
Unter guten Erntebedingungen kann Haylage und Heu
auch ohne Zusatz eines Konservierungsmittels herge-
stellt werden. Gemäss den Orientierungswerten lagen
die Durchschnittswerte der aeroben mesophilen Bakte-
rien, der Schimmelpilze und der Hefen bei den Haylage-
und auch den Heuproben alle im Normalbereich.
Durch den Zusatz des Konservierungsmittels wiesen
sowohl die Haylage als auch das Heu einen tieferen pH-
Wert auf im Vergleich zum unbehandelten Futter. Die
pH-Werte lagen jedoch immer noch über pH 5,0. Die Pro-
pionsäurekonzentrationen im Futter waren nach mehr-
monatiger Lagerdauer gering und dürfte daher keinen
negativen Einfluss auf das Verzehrverhalten haben. � n
Zielwerte Konservierungsmittel SE p-Wert
ohne mit
Bakterien produkttypisch (log KBE/g) < 7,5 7,2 6,3 0,23 0,07
Bakterien Verderb anzeigend (log KBE/g) < 6,3 4,7 4,7 0,00 0,05
Schimmel produkttypisch (log KBE/g) < 5,3 2,4 2,3 0,38 0,87
Schimmel Verderb anzeigend (log KBE/g) < 5,0 3,8 5,0 0,45 0,13
Hefen (log KBE/g) < 5,2 3,1 3,1 0,50 0,93
SE: Standardfehler; KBE: Kolonie bildende Einheiten
Tab. 4 | Mikrobiologische Qualität des Heus
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
71
Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Hay or haylage production from two
grass mixtures
For some time now, special grass
mixtures have been available for the
production of hay and haylage for
horses. Field-dried hay is widely
produced because many horse owners
prefer this roughage to haylage.
The aim of the trial was to study the
nutrient contents – in particular, the
sugar and fructan contents – of two
mixtures available on the market. We
also investigated the influence of a
preservative on feed quality in haylage
and hay production.
Ryegrasses dominated in both mix-
tures, having high sugar and fructan
contents in the first and second
growth. Owing to the fermentation
process, the sugar and fructan were
more thoroughly broken down in
haylage preparation than in hay
preparation.
The addition of the preservative led to
lower pH values in the haylage and the
hay. Although the hay had higher
counts of aerobic mesophilic bacteria,
moulds, and yeasts than the haylage,
the said counts were not significantly
affected by the preservative.
Key words: hay, haylage, fermentation
quality, microbiological quality,
nutritional value.
Produzione di fieno o fieno-silo da due
miscele di erbe
Da qualche tempo sul mercato sono
disponibili miscele di erbe per la produ-
zione di fieno e fieno-silo per il
foraggiamento dei cavalli. Nella
detenzione di cavalli, la produzione di
fieno è particolarmente diffusa perché
spesso i proprietari di cavalli predili-
gono questo foraggio al fieno-silo.
L’obiettivo della ricerca era analizzare i
valori nutritivi, in particolare il tenore
di zucchero e fruttooligosaccaridi, di
due miscele disponibili sul mercato. È
stata inoltre anche valutata l’influenza
di un agente conservante sulla qualità
del foraggio nella preparazione di
fieno e fieno-silo.
In entrambe le miscele, il loglio era pre-
sente in maniera predominante. Sia nel
primo sia nel secondo ciclo, mostrava
tenori elevati di zucchero e fruttooligo-
saccaridi. Rispetto alla produzione di
fieno, in quella di fieno-silo il tenore di
zucchero e fruttooligosaccaridi si
riduceva maggiormente tramite il
processo di fermentazione.
L’aggiunta di agenti di conservazione
portava a valori di pH inferiori sia nel
fieno che nel fieno-silo. Rispetto al
fieno-silo, il fieno presentava un livello
più elevato di germi come batteri
mesofili aerobi, muffe e lieviti. La
presenza di germi non era però
influenzata in modo significativo
dall’agente di conservazione.
Literatur ▪ Besier J., Strickler B., von Niederhäusern R. & Wyss U., 2013. Heu oder Haylage in der Pferdefütterung im Vergleich. Agrarforschung Schweiz 4 (6), 264–270.
▪ Fritz C., 2012. Pferde fit füttern. Wie ich mein Pferd artgerecht ernähre. Cadmos-Verlag, Schwarzenbek, 191 Seiten.
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Agrarforschung Schweiz 6 (2): 64–71, 2015
72 Agrarforschung Schweiz 6 (2): 72–75, 2015
Hörner werden rezessiv vererbt, weshalb bei der Paarung von behornten und mischerbig hornlosen Rindern jeweils 50 % der Tiere mit und 50 % ohne Hörner resultieren. (Fotos: links: Robert Alder; rechts: Corina Burri, Swissherdbook)
Genetik der Hornlosigkeit beim Rind
Alexander Burren1, Natalie Wiedemar2, Cord Drögemüller2 und Hannes Jörg1
1Berner Fachhochschule BFH, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften
HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz2Institut für Genetik, Vetsuisse-Fakultät, Universität Bern, 3001 Bern, Schweiz
Auskünfte: Hannes Jörg, E-Mail: [email protected]
Das Enthornen von Rindern wird heute auf der Mehr-
zahl der Schweizer Betriebe praktiziert. Die kontrovers
geführte Diskussion darüber ist hinlänglich bekannt.
Eine gezielte Selektion von natürlich vorkommenden
Rindern ohne Hornanlage stellt einen denkbaren Aus-
weg im Hinblick auf ein gesteigertes Tierwohl dar.
Hörner (Abb. 1A) sind ein typisches Merkmal von domes-
tizierten Wiederkäuern wie Rindern, Schafen und Zie-
gen. Bestehend aus einer äusseren Keratin-Schicht und
einem knöchernen pneumatisierten Kern (Dyce et al.
2002), waren Hörner wichtig für die Selbstverteidigung
des Tieres in der Natur. Dennoch gibt es Beweise für die
Existenz von hornlosen (engl. polled) Rindern (Abb. 1B),
die bis in die Antike zurückreichen, wie zum Beispiel alt
ägyptische Grabmalereien (Strouhal 1997).
Vererbung der genetischen Hornlosigkeit
Auf der Grundlage von Kreuzungsversuchen zwischen
hornlosen Galloways und Rindern der Rasse Holstein
Friesian entwickelten White und Ibsen (1936) ein Modell,
bei dem die Hornlosigkeit von einem geschlechtsunab-
hängigen mendelschen Genort (monogen autosomal)
beeinflusst wird. Der sogenannte polled Genort weist
demnach zwei Allele P (dominant für hornlos) und p
(rezessiv für gehörnt) auf. Sobald ein Rind eine oder zwei
Kopien der Hornlosmutation trägt (Genotyp P/p oder
P/P) entstehen keine Hornanlagen. Behörnte Rinder sind
reinerbig für die rezessive Variante (Genotyp p/p). Der
polled Genort wurde in den vergangenen 20 Jahren wie-
derholt bei verschiedenen Rassen auf dem Rinderchro-
mosom 1 lokalisiert (Georges et al. 1993; Schmutz et al.
1995; Brenneman et al. 1996; Harlizius et al. 1997; Dröge-
müller et al. 2005; Seichter et al. 2012). Erst in den ver-
gangenen zwei Jahren gelang die molekulargenetische
Aufklärung des polled Genorts mit der Entdeckung von
zwei unabhängigen Mutationsereignissen, die das ange-
borene Ausbleiben des Hornwachstums begründen (Me-
dugorac et al. 2012; Allais-Bonnet et al. 2013). Gemäss
diesen aktuellen Studien liegt die ursächliche Mutation
für die Hornlosigkeit bei verschiedenen Fleisch- und
Zweinutzungsrassen keltischen Ursprungs zwischen zwei
K u r z b e r i c h t
Genetik der Hornlosigkeit beim Rind | Kurzbericht
73Agrarforschung Schweiz 6 (2): 72–75, 2015
Genen, in einer sogenannten nicht kodierenden Genre-
gion. Bei hornlosen Tieren ist an jener Stelle ein Abschnitt
von 208 DNA-Bausteinen (Basenpaare) verdoppelt, wäh-
rend die folgenden sechs Basenpaare gelöscht sind. Bei
Rindern mit friesischem Ursprung, wie Holstein oder Jer-
sey, wurde ein zweiter Haplotyp (Variante einer Nukleo-
tidsequenz auf einem Chromosom), der mit der Hornlo-
sigkeit assoziiert ist, entdeckt. Letztlich konnte im Jahr
2014 gezeigt werden, dass eine Verdoppelung eines
ca. 80 Tausend Basenpaare (80 Kilobasen bzw. 80 kb) um-
fassenden Chromosomensegments als ursächliche Muta-
tion für die Hornlosigkeit bei Rindern friesischen Ur-
sprungs verantwortlich ist (Rothammer et al. 2014). Da-
mit wurde der kurz zuvor von Glatzer et al. (2013) aufge-
zeigte perfekte Zusammenhang zwischen einem SNP
(single nucleotide polymorphism) innerhalb eines Introns
(nicht codierende DNA-Abschnitte innerhalb eines Gens)
des IFGR2 Gens und der Hornlosigkeit von Holstein Rin-
dern widerlegt. Bei Charolais Rindern in Frankreich wur-
de eine dominant vererbte Mutation, welche das Gen
ZEB2 betrifft, bei hornlosen Tieren beschrieben, die mit
weiteren angeborenen Missbildungen im Augen- und
Genitalbereich gekoppelt war (Capitan et al. 2012). Diese
Studie bestätigt frühere Vermutungen, dass auch Muta-
tionen auf anderen Chromosomen zu hornlosen Rindern
führen können. Das Auftreten solcher sogenannten
Spontanmutationen vom gehörnten zum hornlosen Phä-
notyp wurde von White und Ibsen (1936) auf eine Rate
von 1:20 000 und von Brem et al. (1982) auf 1:50 000 bis
1:100 000 geschätzt.
Wackelhörner
Vereinzelt weisen genetisch hornlose Rinder verschieden
grosse Hornwucherungen, Krusten oder hornähnliche
Ausprägungen auf, die an derselben Stelle wie die Hör-
ner, jedoch in der Regel nicht fest mit dem Schädel ver-
wachsen sind. Diese sogenannten Wackelhörner (engl.
scurs) werden nach White und Ibsen (1936) von einem
zweiten Genort bestimmt (Abb. 1C). Bei den Rassen Angus und Galloway zeigte sich,
dass ein Zusammenhang zwischen Wackelhörnern und
dem Geschlecht beziehungsweise dem polled Genotyp
besteht (Long und Gregory 1978). Wie die Wackelhorn-
Mutation vererbt wird, war und ist Gegenstand von
verschiedenen Forschungsprojekten (Long und Gregory
1978; Capitan et al. 2009). Asai et al. (2004) beschrieben
bei kanadischen Rindern eine Kopplung zwischen der
Wackelhorn-Mutation und einem Abschnitt auf Chro-
mosom 19. Nicht bestätigt wird dieses Ergebnis von
Capitan et al. (2009), welche denselben Sachverhalt bei
Französischen Charolais Rindern untersuchten. In
Frankreich wurde bei Charolais Tieren zudem ein
Wackelhorn-ähnlicher Phänotyp (Erscheinungsbild)
beobachtet, der bei Tieren ohne polled Mutation durch
eine Mutation im TWIST1 Gen verursacht wird (Capitan
et al. 2011).
Forschung zum Hornwachstum in der Schweiz
Die Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern und die Hoch-
schule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften
haben seit Juli 2012 im Rahmen eines Projektes des
Abb. 1 | Horn Phänotypen beim Fleckvieh. A: Wildtyp, in der Regel gehörnte Kuh B: hornlose Kuh C: Kuh mit Wackelhörnern (Quelle: A: Robert Alder, B und C: Cord Drögemüller)
A B C
Kurzbericht | Genetik der Hornlosigkeit beim Rind
74
Schweizerischen Nationalfonds die molekulargeneti-
schen Ursachen der Hornbildung beim Rind untersucht.
Im Rahmen des Projekts wurden Proben von insgesamt
1019 hornlosen Rindern 14 verschiedener Rassen gesam-
melt. Nach Auswertung der SNP-Genotypisierung zahl-
reicher nachkommengeprüfter Stiere mit bekanntem
polled Genotyp fanden sich auf Chromosom 1 bei Hol-
stein und Simmental Rindern zwei unterschiedliche Hap-
lotypen, die in Verbindung mit der Hornlosigkeit stehen.
Durch eine Homozygotie-Kartierung wurde danach der
Abschnitt, der mit Hornlosigkeit assoziiert ist, exakt ein-
gegrenzt. Mittels DNA-Sequenzierung der gesamten Ge-
nome von hornlosen und gehörnten Rindern wurde in
diesem Abschnitt nach Mutationen gesucht. Beim Ver-
gleich der DNA-Sequenzen von hornlosen und gehörn-
ten Tieren fand sich, analog zu Medugorac et al. (2012),
bei Simmentaler Rindern und anderen Zweinutzungs-
und Fleischrassen die sogenannte Mutation keltischen
Ursprungs, die perfekt mit dem Merkmal Hornlosigkeit
assoziiert ist. Ebenfalls konnte die 80 kb Verdoppelung
als Mutation für die Hornlosigkeit bei Holstein Rindern
(friesische Mutation) nachgewiesen werden (Wiedemar
et al. 2014). Zusammengefasst haben die unternomme-
nen Anstrengungen zur Mutationssuche die kurz zuvor
von Rothammer et al. (2014) publizierten Resultate voll-
umfänglich bestätigt. In der Arbeit von Wiedemar et al.
(2014) wurden darüber hinaus erste Experimente zur mo-
lekularen Konsequenz der gefundenen Mutationen
durchgeführt. Die beiden polled Mutationen betreffen
nicht direkt proteinkodierende Gene, sondern liegen im
Bereich zwischen den Genen.
Um den Zusammenhang zwischen rein- und misch erbig
hornlosen Rindern, der Ausprägung von Wackelhörnern,
dem Geschlecht und der zugrunde liegenden Mutation
zu untersuchen, wurden die Tiere mit der keltischen und
der friesischen Hornlos-Mutation getrennt angeschaut
(Tab. 1 und 2). Dabei zeigte sich sowohl bei der Mutation
keltischen als auch bei der Mutation friesischen
Ursprungs deutlich, dass Wackelhörner ausschliesslich
nur bei mischerbig hornlosen Tieren auftreten. Ein Ein-
fluss des Geschlechts wurde bei den vorliegenden Daten
nicht festgestellt. Somit konnten frühere komplizierte
Vererbungsmodelle erstmals revidiert werden. Wackel-
hörner treten nur bei hornlosen Tieren mit P/p Genotyp
und alle reinerbig hornlosen (P/P) Tiere erscheinen sau-
ber hornlos (Wiedemar et al. 2014).
Zucht von genetisch hornlosen Rindern
Mit der Kenntnis der kausalen Hornlosmutationen ste-
hen heute zwei direkte Gentests für den Nachweis der
beiden charakterisierten polled Mutationen zur Diffe-
renzierung von misch- oder reinerbig hornlosen Rindern
bei allen Rinderrassen zur Verfügung. Dies ist von
wesentlicher Bedeutung für die praktische Zuchtarbeit,
da reinerbig (homozygot) hornlose P/P Stiere notwendig
sind, um zu gewährleisten, dass alle direkten Nachkom-
men hornlos sind. Interessanterweise wurde die kelti-
sche polled Mutation nicht nur bei hornlosen Tieren rei-
ner Fleisch- beziehungsweise Zweinutzungsrinderrassen
(Simmentaler, Angus, Galloway, Blonde d’Aquitaine,
Braunvieh, Charolais, Hereford, Limousin und Pinzgauer),
sondern auch bei einzelnen hornlosen Holsteinrindern
Mutation keltischen Ursprungs
Wackelhörner hornlos
Rassemännlich weiblich Total männlich weiblich Total
Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP
Angus 1 – 1 – 2 – – – 4 – 4 –
Braunvieh 1 – – – 1 – 3 1 – – 3 1
Blonde d’Aquitaine 1 – – – 1 – – – – – – –
Charolais 4 – – – 4 – 2 1 – – 2 1
Galloway – – – – – – 1 8 1 – 2 8
Holstein 5 – – – 5 – 1 – – – 1 –
Limousin 13 – 16 – 29 – 42 11 110 29 152 40
Pinzgauer – – – – – – 6 – – – 6 –
Simmental 38 – 92 – 130 – 23 51 119 68 142 119
Total 63 – 109 – 172 – 78 72 234 97 312 169
Tab. 1 | Verhältnis zwischen dem Hornlos-Genotyp und der Ausprägung von Wackelhörnern bei Rindern mit der Mutation keltischen Ursprungs (Quelle: Wiedemar et al. 2014)
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 72–75, 2015
PP= reinerbig hornlos; Pp=mischerbig hornlos
Genetik der Hornlosigkeit beim Rind | Kurzbericht
75
bei jeder Rasse immer der simultane Nachweis beider
bekannter Hornlosmutationen bei der Bestimmung des
polled Genotyps hornloser Zuchtrinder erfolgen. Die
Genotypisierung könnte z.B. im Zuge der DNA-chip
basierten Genotypisierung für die genomische Selektion
erfolgen und damit unkompliziert in die heutige Zucht-
routine integriert werden. n
nachgewiesen. Andererseits tritt die friesische polled
Mutation neben den Holsteins auch bei einigen horn-
losen Tieren der Rassen Limousin, Charolais und Pinz-
gauer auf. Diese neuen Erkenntnisse bestätigen frühere
Annahmen, das insbesondere die Einkreuzung einzelner
hornloser Tiere in andere Rasse zum Auftreten und zur
Verbreitung hornloser Tiere in bisher als behörnt be-
kannte Rassen verantwortlich ist. Daher sollte zukünftig
Mutation friesischen Ursprungs
Wackelhörner hornlos
Rassemännlich weiblich Total männlich weiblich Total
Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP Pp PP
Charolais – – – – – – – 1 – – – 1
Holstein 30 – 3 – 33 – – – – – – –
Limousin 1 – 1 – 2 – 2 – 8 – 10 –
Pinzgauer – – – – – – 12 3 75 18 87 21
Total 31 – 4 – 35 – 14 4 83 18 97 22
Tab. 2 | Verhältnis zwischen dem Hornlos-Genotyp und der Ausprägung von Wackelhörnern bei Rindern mit der Mutation friesischen Ursprungs (Quelle: Wiedemar et al. 2014)
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 72–75, 2015
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▪ Drögemüller C., Wöhlke A., Momke S. & Distl O., 2005. Fine mapping of the polled locus to a 1-MB region on bovine chromosome 1q12. Mamma-lian Genome 16, 613–620.
▪ Dyce K.M., Sack W.C. & Wensing C.J.G., 2002. Textbook of veterinary Anatomy. 3rd edition Elsevier, 359 S.
▪ Georges M., Drinkwater R., King T., Mishra A., Moore S.S., Nielsen D., Sargeant L.S., Sorensen A., Steele M.R., Zhao X., Womack J.E. & Hetzel.,1993. Microsatellite mapping of a gene affecting horn development in bos tau-rus. Nature Genetics 4, 206–210.
▪ Graf B. & Senn M., 1999. Behavioural and physiological responses of calves to dehorning by heat cauterization with or without local anaesthe-sia. Applied Animal Behaviour Science 62, 153–171.
▪ Glatzer S., Merten N., Dierks C., Wöhlke A., Philipp U. & Distl O., 2013. A single nucleotide polymorphism within the interferon gamma receptor 2 gene perfectly coincides with polledness in Holstein cattle. PLOS ONE 8, e67992.
▪ Harlizius B., Tammen I., Eichler K., Eggen A. & Hetzel D.J., 1997. New markers on bovine chromosome 1 are closely linked to the polled gene in Simmental and Pinzgauer cattle. Mammalian Genome 8, 255–257.
▪ Long C.R., & Gregory K.E., 1978. Inheritance of the horned, scurred and polled condition in cattle. Journal of Heredity 69, 395–400.
▪ Medugorac I., Seichter D., Graf A., Russ I., Blum H., Göpel K.H., Rotham-mer S., Förster M. & Krebs S., 2012. Bovine polledness – an autosomal dominant trait with allelic heterogeneity. PLOS ONE 7, e39477.
▪ Rothammer S., Capitan A., Mullaart E., Seichter D., Russ I. & Medugorac I., 2014. The 80-kb DNA duplication on BTA1 is the only remaining candi-date mutation for the polled phenotype of Friesian origin. Genetic Selec-tion Evolution, 46, 1–5.
▪ Schmutz S.M., Marquess F.L., Berryere T.G., Moker J.S., 1995. DNA mar-ker-assisted selection of the polled condition in Charolais cattle. Mam-malian Genome 6, 710–713.
▪ Seichter D., Russ I., Rothammer S., Eder J., Förster M. & Medugorac I., 2012. SNP-based association mapping of the polled gene in divergent cattle breeds. Animal Genetics 43, 595–598.
▪ Strouhal E., 1997. Life of the Ancient Egyptians. University of Oklahoma Press, 279 S.
▪ White W.T. & Ibsen H.L., 1936. Horn inheritance in Galloway-Holstein cattle crosses. Journal of Genetics 32, 33-49.
▪ Wiedemar N., Tetens J., Jagannathan V., Menoud A., Neuenschwander S., Bruggman R., Thaller G. & Drögemüller C., 2014. Independent Polled Mutations Leading to Complex Gene Expression Differences in Cattle. PLOS ONE 9, e93435.
PP= reinerbig hornlos; Pp=mischerbig hornlos
76
Bruno Studer, Assistenzprofessor für Futterpflanzengenetik an der ETH Zürich
Herr Studer, Sie wurden zum Professor für Futterpflan-
zengenetik ernannt. Womit beschäftigt sich Ihre For-
schung? Was fasziniert Sie an diesem Forschungs gebiet?
In der Futter- und Nahrungsmittelproduktion werden in
Zukunft einige Herausforderungen auf uns zukommen.
Ich denke da vor allem an die Verbesserung der Ressour-
ceneffizienz und an die praktische Umsetzung der nach-
haltigen Intensivierung. Die Pflanzenzüchtung kann
wesentlich dazu beitragen, solche Herausforderungen
zu meistern. Die klassische Züchtung alleine wird dies
jedoch kaum schaffen. Und genau hier setzt unsere For-
schung an: wir erforschen genetische Werkzeuge und
entwickeln neue Konzepte, um die klassische Züchtung
effizienter zu machen. Mit diesen molekularen Züch-
tungsmethoden verändern wir das Erbgut nicht direkt,
sondern helfen lediglich, auf Grund von Erbgutprofilen
die geeignetsten Pflanzen für die Weiterzucht auszu-
wählen.
Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausfor-
derungen in diesem Forschungsbereich und welche
Möglichkeiten gibt es, um diese Herausforderungen
anzu gehen?
Die grösste Herausforderung in diesem Bereich ist das
effiziente Zusammenspiel zwischen Grundlagenfor-
schung, Züchtungsforschung und der praktischen Züch-
tung. Nur so können Innovationen geschaffen und neue
Erkenntnisse effizient in die Züchtung eingebracht wer-
den. Während man im Ausland das Potenzial dieser
molekularen Züchtungsmethoden und inter- und trans-
disziplinären Züchtungszentren erkannt und im grossen
Stil vorangetrieben hat, ist dieses Forschungsgebiet in
der Schweiz über Jahre vernachlässigt worden. Die Inte-
gration der oben genannten Akteure in solchen Züch-
tungszentren könnte die Schweizer Pflanzenzüchtung
voranbringen.
Dazu kommt in der Schweiz ein völlig falsches Ver-
ständnis von der Rolle der modernen Pflanzenzüchtung:
während die Bedeutung von alten Landsorten und der
Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen in der Bevöl-
kerung gut verankert ist, ist die Bedeutung der kontinu-
ierlichen züchterischen Verbesserung von Kulturpflan-
zen zur Nahrungssicherung wenig bekannt. Vielmehr
hat die moderne Züchtung ein negatives Image und
wird mit Saatgutgrosskonzernen, Patenten, GVO, Biopi-
raterie und Verarmung der genetischen Diversität in Ver-
I n t e r v i e w
Im Oktober 2012 wurde Herr Bruno Studer zum
Assistenzprofessor für Futterpflanzengenetik an der
ETH Zürich im Rahmen einer zeitlich befristeten SNF-
Förderungsprofessur ernannt. Vorher forschte er an der
Aarhus Universität in Dänemark. Seine Forschung befasst
sich mit der Entwicklung von molekularen Methoden,
welche die Pflanzenzüchtung effizienter machen. Mit
diesem im Studiengang Agrarwissenschaft neuen
Forschungsgebiet werden die Studierenden vermehrt in
molekularen Methoden unterrichtet.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 76–77, 2015
77
Bruno Studer, Assistenzprofessor für Futterpflanzengenetik an der ETH Zürich | Interview
bindung gebracht. Diese Assoziationen greifen zu kurz
und es wird dabei völlig vergessen, dass ein Grossteil der
Ertragssteigerungen der letzten Jahrzehnte sowie die
kontinuierliche Anpassung von Sorten an sich ändernde
Klimabedingungen und umweltschonende Produktions-
systeme auf die moderne Züchtung zurückzuführen sind.
Sie haben einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Hat
Ihre Herkunft Ihre Studienwahl beeinflusst? Was hat Sie
für das Studium zum Ingenieur Agronom bewogen?
Obwohl ich es schon spannend finde, Zusammenhänge
in der Landwirtschaft zu verstehen, hat meine Herkunft
bei der Studienwahl nur eine untergeordnete Rolle
gespielt. Viel wichtiger war für mich die auf eine solide
naturwissenschaftliche Basis aufbauende Interdisziplina-
rität, welche die Ausbildung zum Agrarwissenschaftler
mit sich bringt. Die Mischung zwischen Molekularbiolo-
gie, Genetik und Agronomie ist anspruchsvoll, aber äus-
serst spannend!
Ihre Doktorarbeit haben Sie bei Agroscope in der
Gruppe Molekulare Ökologie durchgeführt. Womit
befasste sich diese Arbeit?
Diese Doktorarbeit befasste sich bereits mit molekula-
rer Pflanzenzüchtung. Wir erforschten die genetischen
Grundlagen von Krankheitsresistenzen bei Futtergrä-
sern. Das war sozusagen der Ausgangspunkt meines
beruflichen Werdegangs. Umso schöner ist, dass wir mit
der oben genannten Gruppe immer noch guten Kon-
takt und gemeinsame Forschungsprojekte haben. Dies
ist ein schönes Beispiel erfolgreicher Kooperation zwi-
schen der ETH Zürich und Agroscope.
Welche Themen im Bereich Ihrer jetzigen Forschung sind
für die Schweizer Landwirtschaft besonders relevant?
Zurzeit wird in der Schweiz sehr viel über die Pflanzen-
züchtung gesprochen. Beispielsweise erarbeitet das
Bundesamt für Landwirtschaft unter Einbezug aller
wichtigen Akteure eine Strategie für die Schweizer
Pflanzenzüchtung. Im Rahmen dieser Arbeiten wird
unter anderem die Wichtigkeit von Innovation und
technologischer Entwicklung in der Pflanzenzüchtung
deutlich. Wir treffen also mit unserer Forschung sozusa-
gen den Nerv der Zeit.
Wie wird Ihre Forschung die Schweizer Landwirtschaft
erreichen?
Unsere Forschung hat einen sehr angewandten Aspekt.
Diesen spüren wir unter anderem in den vielen Zusam-
menarbeiten mit Züchtungsfirmen aus dem In- und Aus-
land. Die Schweizer Landwirtschaft profitiert indirekt
über den Zugang zu neuen Sorten, welche mit unseren
Methoden noch effizienter den zukünftigen Bedürfnis-
sen der Schweizer Landwirtschaft angepasst werden
können.
Im Moment findet im Studiengang Agrarwissenschaft
eine Studiengangreform statt. Welche neuen Lehrge-
fässe werden Sie den Studierenden unterrichten und
was wird deren Inhalt genau sein?
Da ist zum einen ein Kurs in Molekularer Pflanzenzüch-
tung, welcher die Möglichkeit bietet, die erlernten theo-
retischen Grundlagen über die verschiedensten Kon-
zepte der Molekularen Pflanzenzüchtung aktiv und
unter Anleitung von Experten im jeweiligen Forschungs-
feld anzuwenden. Dieser Kurs ist nicht grundsätzlich
neu, wurde aber im Rahmen der Studiengangreform
inhaltlich überarbeitet.
Zum anderen entwickelt sich ein Kurs über Metho-
denkompetenz in Agrarwissenschaften, welcher die Stu-
dierenden mit den nötigen Laborfähigkeiten ausstatten
soll. Methoden- und Laborkompetenz spielen nämlich in
allen Bereichen der agrarwissenschaftlichen Forschung
eine zunehmende Rolle. Die Studierenden sollen diese
Methoden und Technologien in Hands-on Kursen erler-
nen, um nicht nur optimal für die anstehenden Bachelor-
und Master-Arbeiten vorbereitet zu sein, sondern auch
um im späteren Berufsleben ein technologisches Grund-
verständnis mitzubringen. Solche «angewandten» Lehr-
veranstaltungen im Labor sind sehr zeitintensiv und
müssen sehr genau durchgeplant sein. Trotzdem freue
ich mich auf die Herausforderung, diesen Kurs mit zu
entwickeln. n
Brigitte Dorn, ETH Zürich
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 76–77, 2015
Erratum:
Im Interview («Susanne Ulbrich, Professorin für
Tierphysiologie an der ETH Zürich»), welches in der
Januarausgabe 2015 erschienen ist, hat sich irrtümli-
cherweise ein Fehler eingeschlichen. Auf Seite 40,
am Schluss der zweiten Frage, hätte es heissen sollen:
«Das ist keine einfache regulatorische Aufgabe» und
nicht «Das ist eine einfache regulatorische Aufgabe».
Entschuldigen Sie bitte diesen Irrtum.
Die Redaktion
78
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
Aktuell
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 78–79, 2015
A k t u e l l e s
Pflanzenzüchtung: Wissenschaft und Technologie für
die Sorten der Zukunft
Die 23. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft
für Pflanzenbau (SGPW) am 20. März 2015 in Zollikofen
befasst sich mit der Thematik der Pflanzenzüchtung, ins-
besondere mit der Wissenschaft und Technologie für die
Sorten der Zukunft.
Fachleute der ETH Zürich, der Uni Zürich, von Agro-
scope, vom FiBL und des Bundesamtes für Landwirt-
schaft werden dabei ihre Ergebnisse und Erfahrungen
zu den neuen Technologien für die Pflanzenzüchtung
zur Diskussion stellen. Informationen zum Programm,
Postereinreichung, Anmeldung sind zu finden unter
http://www.naturwissenschaften.ch/organisations/
sgpw/events.
Die SGPW fördert den wissenschaftlichen Austausch
zwischen den verschiedenen pflanzenbaulichen Fach-
richtungen und Institutionen auf nationaler und inter-
nationaler Ebene. Die Gesellschaft möchte Personen auf
allen Stufen der Forschung, Bildung und Beratung
ansprechen.
Weitere Informationen zur SGPW: www.naturwissen-
schaften.ch/organisations/sgpw.
Der Vorstand der SGPW
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Agroscope Science
Nr. 10/2014
Zum Einsatz von Antibio-
tika in der Milchproduk-
tion sind in der Schweiz
bisher nur wenige Daten vorhanden. Die mit Abstand
häufigsten Gründe für einen Antibiotikaeinsatz sind die
Anwendungen als Euterschutz (30–40 % der Kühe) und
die Behandlungen von Euterinfektionen während der
Laktation (bei über 20 % der Kühe). Bei der Art und
Anzahl von Behandlungen gibt es allerdings sehr grosse
Unterschiede von Betrieb zu Betrieb. Die Auswahl der
eingesetzten Wirkstoffe scheint vor allem auch tierarz-
tabhängig zu sein. Der Einsatz von Antibiotika in der
Milchproduktion ist in den letzten 10 bis 15 Jahren nur
leicht zurückgegangen. Eine weitere Abnahme der ein-
gesetzten Mengen an Antibiotika bei der Milchproduk-
Mögliche Ansatzpunkte undMassnahmen, die zu einerReduktion des Einsatzes vonAntibiotika in der Milch-produktion beitragen könnten
Autor:Walter Schaeren
LebensmittelAgroscope Science | Nr. 10 / 2014
Mögliche Ansatz-punkte und Mass-nahmen, die zu einer Reduktion des Einsat-zes von Antibiotika in der Milchproduktion beitragen könnten
tion ist am ehesten bei der Anwendung als Euterschutz
möglich. Bereits laufende und geplante Erhebungen
zum Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin und der
Resistenzsituation bei ausgewählten Keimgruppen wer-
den in Zukunft genauere und zuverlässigere Daten lie-
fern, um effiziente und effektive Massnahmen (z.B. ver-
warnende/vorschreibende Beratung) daraus ableiten zu
können. Die Einflussmöglichkeiten von Agroscope, Insti-
tut für Lebensmittelwissenschaften ILM, auf den Einsatz
von Antibiotika in der Milchproduktion sind sehr
beschränkt. Unterstützende Hinweise sind aus den
Ergebnissen der Forschungstätigkeiten zu den Themen
Staphylococcus aureus und REDYMO zu erwarten.
Kenntnislücken und zusätzlicher Forschungsbedarf, die
in den Bereich des ILM fallen, sind im Moment nur
wenige auszumachen, dürften aber im Verlauf der
Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis auftauchen.
Die Publikation liegt nur auf Deutsch vor.
Agroscope Science erscheint nur in elektronischer Form. Download im
PDF-Format: www.agroscope.ch > Publikationen
Walter Schaeren, Agroscope
79
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Aktuell
V e r a n s t a l t u n g e n
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
I n t e r n e t l i n k s
Februar 2015
20.02.2015Schweizer Obstkulturtag 2015Agroscope, Agridea, NWW, Obstverbände SG und TG, SKOF, SOV, SwisscofelSt. Gallenim Rahmen der Messe Tier & Technik
März 2015
14.03.2015Infotag HAFLHochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittel-wissenschaftenZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch
18. – 19.03.20155. Tänikoner MelktechniktagungAgroscopeTänikon, 8356 Ettenhausen
April 2015
16.04.201510. Netzwerktagung Pferdeforschung SchweizSchweizerisches Nationalgestüt SNGAvenches
Juni 2015
25.06.2015Agroscope: 125 Jahre Forschung in WädenswilJubiläumsveranstaltung von Agroscope Wädenswil
V o r s c h a u
März 2015 / Heft 3
In der Schweiz werden zwei Methoden verwendet, um die Stickstoffdüngung im Acker-bau zu optimieren: die Metho-de der korrigierten Normen und die Nmin-Methode. Agroscope hat diese beiden Methoden für eine breite Auswahl von Ackerbaukultu-ren evaluiert und Versuche unter pedoklimatischen Bedingungen durchgeführt. (Foto: Carole Parodi, Agroscope)
V o r s c h a u
•• Evaluation der Methode der korrigierten Normen
und der Nmin-Methode für eine optimale Stickstoff-
düngung im Ackerbau, Sokrat Sinaj et al., Agroscope
•• Wirkung von Sorte und Umwelt auf die Viskosität
beim Weizen, Lilia Levy et al., Agroscope
•• Instrumente zur On-Farm-Erhebung und Bewertung
von Tierwohl in der Rindermast, Bernadette Oehen
et al., FiBL
•• Wie sind Landwirte und Landwirtschaftsexperten zur
neuen Agrarpolitik eingestellt?, Rebecca Knoth et al.,
Universität Zürich, Vision Landwirtschaft und WSL
•• AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert das Studium
der Agrarwissenschaften, Achim Walter et al., ETH
Zürich
•• Wissensaustausch mit Japan: Frauen- und Geschlech-
terforschung in der Landwirtschaft, Ruth Rossier,
Agroscope
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 78–79, 2015
Informationen zu Feinstaub
www.feinstaub.ch
Die Infoplattform www.feinstaub.ch zeigt auf ihren
Webseiten die aktuelle Feinstaubbelastung in der
Schweiz mit stündlich aktualisierten Werten. Sie ist eine
gemeinsame Aktion des Cercl'Air und der kantonalen
Luftreinhalte-Fachstellen. Diese Aktion wird vom Bun-
desamt für Umwelt BAFU unterstützt.
‣
Infotag 14. März 2015
Bachelorstudium in:
Masterstudium Life Sciences in:
– Agronomie – Waldwissenschaften – Food Science & Management
– Agrar- und Waldwissenschaften – Food, Nutrition and Health
wahlStudien
Informationen und Anmeldung: hafl.bfh.ch
©iStock.com
/themacx
harasnational.ch
Journée anniversaire
10 ans du Réseau de recherche équine en Suisse16 avril 2015, 9 h - 22 hAu Théâtre du Château, Avenches suivi d’une « science party » au Haras national suisse
- Journée ouverte à tout public avec exposés, posters et remise des prix aux meilleur-e-s chercheuses et chercheurs- Recherche appliquée sur les sports et les loisirs équestres de même que sur la détention et l’élevage de chevaux- Gala équestre et surprises - Inscription obligatoire- Pour en savoir plus : www.reseaurechercheequine.ch
Jubiläumstagung
10 Jahre NetzwerkPferdeforschung Schweiz16. April 2015, 9 - 22 UhrIm Théâtre du Château, Avenches gefolgt von einer „Science Party“ im Schweizerischen Nationalgestüt
- Öffentliche Tagung mit Vorträgen, Poster-Ausstellung und Prämierung der besten Arbeiten- Praxisnahe Forschung zu Sport und Freizeit, Pferdehaltung und Zucht- Pferdegala und Überraschungen (gratis)- Anmeldung obligatorisch- Mehr dazu unter: www.netzwerkpferdeforschung.ch