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Elastodynamik 2 4 Plattenschwingungen
4 Plattenschwingungen
4.1 Bewegungsgleichung
Die Bewegungsgleichung für die homogene Kirchhoff-Platte lautet
∂4w
∂ x 42
∂4w
∂ x 2∂ y 2∂4w
∂ y4hB∂2w
∂ t2=pB
.
Dabei ist w x , y , t die Verschiebung in z-Richtung, p x , y , t der auf die Platte wir-kende Druck und
B=E h3
12 1−2
die Plattensteifigkeit.
4.2 Freie Biegeschwingungen
Die freien Biegeschwingungen sind Lösungen der homogenen Bewegungsgleichung
∂4w
∂ x 42
∂4w
∂ x 2∂ y2∂4w
∂ y 4hB∂2w
∂ t 2=0 .
Die Lösungen hängen von der Geometrie der Platte sowie den an den Rändern der Platte vorgeschriebenen Randbedingungen ab. Im Folgenden wird nur die an den Rändern ge-lenkig gelagerte Platte betrachtet.
4.2.1 Eigenfunktionen
Der Lösungsansatz
w x , y , t =W x , y sin t cos t
führt auf
∂4W∂ x 4
2∂4W
∂ x 2∂ y 2∂4W∂ y4
−2 hBW sin t cos t =0 .
Mit
4=
2 hB
folgt daraus die Schwingungsgleichung für die homogene Platte:
∂4W
∂ x 42
∂4W
∂ x 2∂ y2∂4W
∂ y 4−
4W =0
Für eine an den Rändern gelenkig eingespannte rechteckige Platte müssen an allen vier Rändern die Verschiebungen und das Biegemoment verschwinden. Die Randbedingungen lauten also:
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x
yz
h
p(x, y, t)
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Rand x=0 :
W 0, y =0 ∂2W
∂ y20, y=0
M x 0, y=0 ∂2W
∂ x 20, y=0
Rand x=a :
W a , y =0 ∂2W
∂ y 2a , y=0
M x a , y =0 ∂2W
∂ x 2a , y=0
Rand y=0 :
W x ,0=0 ∂2W
∂ x2x ,0=0 , M y x ,0=0
∂2W
∂ y2x ,0=0
Rand y=b :
W x , b=0 ∂2W
∂ x 2x ,b=0 , M y x ,b=0
∂2W
∂ y2x , b=0
Der Lösungsansatz
W x , y =sin k x x sin k y y
hat die Ableitungen
∂2W
∂ x 2=−k x
2 W,∂2W
∂ y2=−k y
2 W
, ∂4W
∂ x 4=k x
4 W,∂4W
∂ y4=k y
4 W
∂4W
∂ x 2∂ x 2=k x
2 k y 2 W
.
Die Randbedingungen an den Rändern x=0 und y=0 sind für beliebige Werte vonk x und k y erfüllt. Die Randbedingungen an den Rändern x=a und y=b
verlangen
sin k x a =0 k x =
a
und
sin k y b =0 k y=
b.
Damit lauten die Eigenfunktionen:
Wx , y =sin x
a sin yb
Es lässt sich leicht zeigen, dass die Eigenfunktionen die Orthogonalitätseigenschaft
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x
yz
a
b
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∫0
b
∫0
a
W W mndx dy={0 für ≠m ,≠nab4
für =m ,=n
besitzen.
W 11x , y=sin xa sin
yb : W 12x , y =sin x
a sin 2yb :
W 21x , y =sin 2 xa sin
yb : W 22x , y =sin 2 x
a sin 2yb :
4.2.2 Wellenlänge und Frequenz
Einsetzen der Eigenfunktionen in die Schwingungsgleichung führt auf
[a 4
2a 2
b 2
b 4
−4 ]W =0 .
Damit die Eigenfunktionen Lösungen der Schwingungsgleichung sind, muss also
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4=[a
2
b 2
]2
gelten. Daraus folgt für die Eigenkreisfrequenzen
=Bh2=
Bh [
a 2
b 2
] .
Schließlich berechnen sich die Eigenfrequenzen zu
f =
2=
2 Bh
2
a22
b2 .
Die Eigenfunktionen
W x , y =sin xa sin
yb
sind sowohl in x- als auch in y-Richtung periodisch. Die Periodizität wird durch die Wellen-längen x und y beschrieben. Aus
W xx , y y=sin xx
a sin y y
b folgt
x
a=2 und
y
b=2
und daraus:
x=2a
, y=2b
Zu jeder Eigenfrequenz f gehören also zwei Wellenlängen.
Zur Abschätzung der kleinsten zu einer vorgegebenen Frequenz f gehörenden Wellen-länge wird zunächst der Fall ab betrachtet. Die Wellenlänge x ist am kleinsten, wenn den größten Wert hat, für den
f =
2 Bh
2
a22
b2 gilt. Zum größtmöglichen Wert von gehört daher der kleinstmögliche Wert von , d.h. =1 .
Aus
2
f Bh=2
a21
b2≈2
a2
folgt
=a 2 f 4
hB
.
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Dazu gehört die Wellenlänge
x=2a =
2f
4
Bh
.
Ein entsprechendes Ergebnis ergibt sich auch für den Fall ba . Damit ist gezeigt:
min=2f
4
Bh
4.2.3 Modendichte
Es soll nun untersucht werden, wie viele Eigenfrequenzen unterhalb einer vorgegebenen Frequenz liegen.
Als Beispiel werden zunächst die Eigenfrequenzen unterhalb von 5kHz für eine Stahlplatte ermittelt.
Daten der Stahlplatte:
Abmessungen: Materialkennwerte:
Länge a = 0,700m Elastizitätsmodul E = 2,11∙1011N/m2
Breite b = 0,450m Dichte ρ = 7850kg/m3
Dicke h = 0,005m Querkontraktionszahl ν = 0,3
Mit diesen Zahlenwerten ist
B=E h3
12 1−2 =2415 Nm ,
Bh=7,845m2
/s .
Das folgende Diagramm zeigt die Eigenfrequenzen als Funktion ihrer Nummer.
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Das Diagramm zeigt einen im Mittel linearen Zusammenhang zwischen zwischen der Frequenz und der Anzahl der Frequenzen, die unterhalb dieser Frequenz liegen. Dazwi-schen treten immer wieder Frequenzen auf, die sehr dicht beieinander liegen.
Für die Eigenfrequenzen, die unterhalb einer vorgegebenen Frequenz f liegen, gilt:
a 2
b 2
≤2
hB
f .
Die Lösungen , dieser Ungleichung sind die Gitterpunkte im positiven Quadranten der Ellipse
a2 f
4
hB
2
b2 f
4
hB
2
=1.
Diese Ellipse hat die Halbachsen
=a 2 f
4
hB
und =b 2 f
4
hB
.
Für hohe Frequenzen ist die Anzahl der Gitterpunkte im Quadranten der Ellipse ungefähr gleich dem Flä-cheninhalt des Quadranten. Die Anzahl N f der Eigenfrequenzen unterhalb von f kann daher durch
N f ≈14=
14 ab
2 f
hB=12ab
hB
f
abgeschätzt werden. Mit der Plattensteifigkeit
B=E h3
12 1−2
folgt daraus:
N f ≈abh 3 1−
2
Ef
Die mit dieser Abschätzung gewonnenen Werte sind im der obigen Abbildung als blaue Linie eingetragen.
Die Anzahl der Eigenfrequenzen pro Frequenzintervall wird als Modendichte bezeichnet. Sie berechnet sich zu
n f =dNdf f .
Für die gelenkig gelagerte rechteckige Platte gilt für die Modendichte:
n f ≈abh 3 1−
2
E
Die Modendichte ist in diesem Fall konstant. Bei Strukturen, die aus einer Vielzahl von einfachen Bauteilen zusammengesetzt sind, entspricht die Modendichte in etwa der Sum-me der Modendichten der einzelnen Bauteile. Die Modendichte komplexer Strukturen nimmt daher in der Regel mit zunehmender Frequenz zu.
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μ
ν
α
β
1
1
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4.3 Erzwungene Biegeschwingungen
Untersucht wird die stationäre Antwort der Platte auf eine harmonische Belastung. Als Be-lastung können Drucklasten oder Einzelkräfte auftreten.
Betrachtet wird nur die Lösung mit modaler Reduktion für eine gelenkig gelagerte Recht-eckplatte. Da zur Herleitung der schwachen Formulierung der Integralsatz von Gauss be-nötigt wird, werden die Gleichungen für die modalen Koeffizienten direkt aus der Bewe-gungsgleichung hergeleitet.
Biegeschwingungen von rechteckigen Platten sind ein einfaches Beispiel dafür, dass für höhere Erregerfrequenzen die Antwort sehr empfindlich auf kleine Änderungen der Daten reagiert. Dieses Verhalten kann auch bei realen komplexen Strukturen beobachtet werden.
4.3.1 Schwingungsgleichung
Die Platte wird durch eine harmonische Last
p x , y , t = p0x , ycos tx , y= ps x , ysin t pcx , y cos t
angeregt. Gesucht wird die Verschiebung an ausgewählten Punkten der Platte als Funkti-on der Erregerkreisfrequenz Ω für den eingeschwungenen Zustand.
Zur Vereinfachung der Berechnung werden zunächst komplexe Größen eingeführt. Wegen
sin t =12 i
exp i t −exp−i t und cos t =12expit exp −i t
gilt:
p x , y , t =ps x , y
2 iexpi t −exp −i t
pcx , y
2expit exp −i t
=pc x , y −i p s x , y
2expi t
pc x , yi ps x , y
2exp−i t
Mit der komplexen Amplitude
p x , y = pc x , y−i p s x , y , p x , y= pc x , yi ps x , y
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p0(x,y) cos(Ωt + φ(x,y))
F0 cos(Ωt + φ)
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folgt:
p x , y , t =12 p x , y expi t p x , y exp −i t
Für die Lösung im eingeschwungenen Zustand wird der Lösungsansatz
w x , y , t =12 w x , y exp i t w x , yexp −i t
gemacht. Dabei ist w x , y die komplexe Verschiebungsamplitude. Dieser Ansatz ent-spricht dem reellen Ansatz
w x , y , t =w s x , y sin t wc x , y cos t
mit ws=i2 w−w =−ℑ w und wc=
12 ww =ℜ w .
Einsetzen des Lösungsansatzes in die Bewegungsgleichung führt auf
12 ∂4w
∂ x 42
∂4w
∂2 x ∂2 y
∂4w
∂ y 4−
2 hBw−
pB exp i t
12 ∂4 w
∂ x 32
∂4 w
∂2 x ∂2 y
∂4 w
∂ y4−
2 hBw−
pB exp−it =0
.
Da diese Gleichung für beliebige Zeiten t gelten muss, folgen daraus die beiden Glei-chungen
∂4w
∂ x 42
∂4w
∂2 x ∂2 y
∂4w
∂ y 4−
2 hBw=
pB
und
∂4 w
∂ x 32
∂4 w
∂2 x ∂2 y
∂4 w
∂ y 4−
2 hBw=
pB
.
Die zweite Gleichung ist die konjugiert komplexe erste Gleichung. Es genügt daher, nur eine der beiden Gleichungen zu lösen. Sie werden als Schwingungsgleichung der er-zwungenen Plattenschwingung bezeichnet. Im Folgenden wird die erste Gleichung verwendet.
4.3.2 Modale Superposition
Jede Funktion, die die wesentlichen Randbedingungen erfüllt, lässt sich als Überlagerung der Eigenfunktionen darstellen. Die Lösung der Schwingungsgleichung lässt sich also in der Form
w x , y =∑=1
∞
∑=1
∞
qW
x , y
darstellen. Einsetzen führt auf
∑=1
∞
∑=1
∞
q∂4W
∂ x 42
∂4W
∂ x 2∂ y2∂4W
∂ y 4−
2 hBW
= pB .
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Mit
∂4W
∂ x 42
∂4W
∂ x 2∂ x 2∂4W
∂ y 4=
4 W
folgt
∑=1
∞
∑=1
∞
q4 −2 hB W =
pB
.
Mit
4=hB2
wird daraus
∑=1
∞
∑=1
∞
qh 2−
2 W = p .
Die modalen Koeffizienten q lassen sich leicht mit Hilfe der Orthogonalität der Eigen-funktionen ermitteln. Dazu wird die Gleichung mit einer Eigenfunktion W mn multipliziert und das Produkt über die Fläche integriert. Das Ergebnis ist
qh
2−
2∫0
b
∫0
a
W
2 dx dy=∫0
b
∫0
a
pWdx dy .
Mit den modalen Lasten
R=∫
0
b
∫0
a
pWdx dy
und den Erregerfrequenzverhältnissen
=
folgt:
q=R
2
1
h∫0
b
∫0
a
W
2 dx dy
1
1−2
Zusammenfassung:
w x =∑=1
∞
∑=1
∞
qW x
q=V 1qs , V 1=1
1−2, =
q s=R
2
1
h∫0
b
∫0
a
W
2 dx dy
R=∫
0
b
∫0
a
pWdx dy
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Die unendliche Reihe stellt die exakte Lösung dar. Eine endliche Anzahl von Reihenglie-dern führt auf eine Näherungslösung, deren Genauigkeit sich ähnlich wie beim Balken durch eine Fehleranalyse abschätzen lässt.
Für die an allen vier Rändern gelenkig gelagerte rechteckige Platte gilt speziell:
W x , y=sin xa sin
yb
h∫0
b
∫0
a
W
2 dx dy=14hab=
14m
q s=4 R
2 m
Dabei ist m=hab die Masse der Platte.
Modale Dämpfung kann leicht berücksichtigt werden, indem statt der reellen Vergröße-rungsfunktion V 1 die komplexe Vergrößerungsfunktion
H , D =1
1−22 i D=1−2−2 i D
1−224 D2
2
verwendet wird. Dabei ist D das Lehrsche Dämpfungsmaß. Für die modalen Koeffizi-enten gilt dann
q=qs H , D .
Jede Eigenfunktion kann ihr eigenes Lehrsches Dämpfungsmaß D haben.
Die Vergrößerungsfunktionen hängen vom Verhältnis der Erregerfrequenz zur Resonanz-frequenz ab, während die modalen Lasten von der komplexen Lastamplitude und der Eigenfunktion abhängen.
Bei gedämpften Systemen sind die modalen Koeffizienten komplex. Die komplexen Beiträ-ge der einzelnen Eigenfunktionen addieren sich zur komplexen Verschiebungsamplitudew x , y , aus der sich die reellen Funktionen w s x , y und wcx , y und damit auch
die reelle Amplitude W x , y und der Phasenwinkel x , y ermitteln lassen.
Beispiel: Durch eine Einzelkraft angeregte Platte
Eine Einzelkraft ist eine Idealisierung für eine verteilte Last, die außerhalb einer kleinen Umgebung des Angriffspunktes verschwindet. Eigenfunktionen, deren Wellenlänge groß im Vergleich zu den Abmessungen des belasteten Gebiets sind, können in dieser Umge-bung als konstant angesehen werden. Für diese Eigenfunktionen gilt:
R=∫0
b
∫0
a
pW dx dy≈ p xF , yF W xF , yF AF=FW x F , yF
Dabei sind AF die Fläche des belasteten Gebietes, x F , yF die Koordinaten des Last-angriffspunkts und F die komplexe Amplitude der Kraft.
Als Beispiel wird eine rechteckige Stahlplatte mit den Abmessungen a=0,70m , b=0,50m und der Dicke h=0,005m betrachtet, die an allen Kanten gelenkig gelagert
ist. Die Materialkennwerte sind E=2,11⋅1011N /m2 , =7850 kg /m3 und =0,3 . Es
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wird eine modale Dämpfung mit einem Lehrschen Dämpfungsmaß von 2% für alle Eigen-schwingungen angenommen.
Zwei Lastfälle werden untersucht:
• Im Lastfall 1 greift die Kraft F 1 im PunktP1 an.
• Im Lastfall 2 greift die Kraft F 2 im PunktP2 an.
In beiden Fällen sollen die Übertragungsfunktionen für die Verschiebungen an den Punkten P1 undP2 für Erregerfrequenzen zwischen 0Hz und
1000Hz bestimmt werden.
Die Koordinaten der Punkte sind x1=0,35m , y1=0,25m und x2=0,2m , y 2=0,1m .
Die Übertragungsfunktionen sind definiert durch
T w x , y ,=w x , y ,
F.
Sie entsprechen also den Verschiebungen, die sich für eine Anregung mit einer Einheits-last einstellen. Die Übertragungsfunktionen werden auch als Transferfunktionen bezeich-net.
Die modalen Lasten für Einheitslasten berechnen sich zu
R1=W x 1, y1=sin
x 1a sin
y1b
für Lastfall 1 und
R2=W x 2, y2=sin
x 2a sin
y2b
für Lastfall 2.
Daraus folgt für die modalen Koeffizienten der statischen Lösung
q s1=4 R1
2 m
=4
2 m
sin x 1a sin
y 1a
bzw.
q s2=4 R2
2 m
=4
2 m
sin x 2a sin
y2a .
Infolge einer am Punkt P1 angreifenden Einzelkraft stellt sich am Punkt P1 die Ver-schiebung
w1 x1 , y 1 ,=∑=1
∞
∑=1
∞
q s1H W x1, y1
=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2
sin2x 1a sin
2y1b
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x
y
F1
F2
a
bP1
P2
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und am Punkt P2 die Verschiebung
w1 x2 , y2 ,=∑=1
∞
∑=1
∞
qs1H W x 2, y 2
=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2
sin x1a sin
y1b sin
x 2a sin
y2b
ein. Die Übertragungsfunktionen für die am Punkt P1 angreifende Kraft lauten also
T w11= w1 x1 , y1 ,=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2
sin2x 1a sin
2y1b
und
T w12= w1x 2 , y 2 ,
=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2sin
x 1a sin
y1b sin
x 2a sin
y2b
.
Entsprechend folgt für die Übertragungsfunktionen für die am Punkt P2 angreifende Kraft
T w22= w2x 2 , y 2 ,=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2
sin2x2a sin
2y2b
und
T w21= w2x 1 , y1 ,
=4m∑=1
∞
∑=1
∞ H
2sin
x 2a sin
y2b sin
x1a sin
y1b
.
Dabei wurde die Abkürzung
H =H
,D eingeführt.
Die Übertragungsfunktionen T w12 und T w21 stimmen überein. Eine am PunktP1 angreifende Kraft F erzeugt also am Punkt P2 die gleiche Verschiebung wie die
am Punkt P2 angreifende Kraft am Punkt P1 . Diese allgemein gültige Eigenschaft wird als Reziprozität bezeichnet. Sie kann z.B. verwendet werden, um die Zuverlässigkeit von gemessenen Übertragungsfunktionen zu überprüfen.
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F
w
F
wP
1
P1
P2
P2
Elastodynamik 2 4 Plattenschwingungen
Das folgende Diagramm zeigt die Amplituden der Übertragungsfunktionen. Die zwischen den Resonanzen auftretenden Minima werden als Antiresonanzen bezeichnet. Es ist deut-lich erkennbar, dass bei außermittigem Lastangriff wesentlich mehr Eigenschwingungen angeregt werden.
4.3.3 Empfindlichkeit der Antwort
Bei realen Bauteilen streuen Abmessungen, Materialkennwerte und Dämpfungswerte. Der Einfluss dieser Streuungen auf die Antwort soll nun zunächst anhand eines Beispiels un-tersucht werden. Dazu werden für eine gelenkig gelagerte rechteckige Platte die Über-tragungsfunktionen zwischen einer Last am Punkt P1 und den Geschwindigkeiten an den Punkten P1 und P2 berechnet.
Nennwerte der Daten:
● Abmessungen der Platte: a = 0,6m, b = 1,67m
● Plattendicke: h = 0,001m
● Koordinaten der Punkte: P1 = (0,1 , 0,5)m, P2 = (0,5 , 1,5)m
● Materialkennwerte: E = 2,10∙1011N/m2, ν = 0,3, ρ = 7850kg/m3
● Dämpfung: Modale Dämpfung mit dem Lehrschen Dämpfungsmaß D = 0,03
Berechnet werden die Ergebnisse für 20 verschiedene Proben, deren Daten innerhalb der folgenden Grenzen streuen:
● Die Eigenfrequenzen streuen um 2%.
● Die Dämpfung streut um 20%.
● Die Koordinaten der beiden Punkte sind auf ±2mm genau.
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Die folgenden beiden Diagramme zeigen die Übertragungsfunktionen für die Geschwindig-keiten an den Punkten P1 und P2 im Frequenzbereich von 1Hz bis 5kHz.
Übertragungsfunktion für Punkt P1: Übertragungsfunktion für Punkt P2:
Die Geschwindigkeit am Erregerpunkt P1 verläuft für hohe Frequenzen zunehmend glatter, wobei sich die Streuung in Grenzen hält. Für die Geschwindigkeit am Punkt P2 hingegen nimmt die Streuung mit zunehmender Frequenz stark zu.
Um dieses Verhalten zu verstehen, wird zunächst die Anzahl der Eigenschwingungen abgeschätzt, für die die Erregerfrequenz im Resonanzbereich liegt. Der Resonanzbereich kann mit der Halbwertsbreite gleichgesetzt werden. Für kleine Werte der Dämpfung ent-spricht der Resonanzbereich dem Frequenzintervall
1−D f ≤ f ≤1D f .
Für eine feste Erregerfrequenz f ist der Überlappungsbereich das Frequenzintervall umf , das die Resonanzfrequenzen enthält, innerhalb deren Halbwertsbreite die Er-
regerfrequenz liegt. Für die untere Frequenz f u des Überlappungsbereichs gilt also
1D f u= f .
Entsprechend gilt für die obere Frequenz f o des Überlappungsbereichs
1−D f o= f .
Daraus folgt
f u=f
1Dund f o=
f1−D
.
Die Überlappungsbreite f ovl berechnet sich damit zu
f ovl= f o− f u= f 11−D
−1
1D =2 f D
1−D2≈2 f D .
Die Anzahl der Resonanzfrequenzen, die innerhalb des Überlappungsbereichs liegen, wird als modaler Überlappungsfaktor M oF (engl. Modal Overlap Factor) bezeichnet. Er be-rechnet sich zu
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M oF= f ovl n f =2D f n f .
Dabei ist n f die Modendichte.
Für das betrachtete Beispiel berechnet sich die Modendichte zu
n f ≈abh 3 1−
2
E=0,6m⋅1,67m0,001m 3 1−0,32
7850kg /m3
2,1⋅1011N /m2=0,321Hz
Damit folgt für den modalen Überlappungsfaktor:
M oF=2⋅0,03⋅0,321Hz⋅ f =0,0192
1Hz⋅ f
Damit ergeben sich folgende Werte für die Anzahl der Eigenschwingungen, für die die Er-regerfrequenz im Resonanzbereich liegt:
Erregerfrequenz 1000 2000 3000 4000 5000 Hz
Anzahl 19 38 57 76 96
Die Übertragungsfunktion zwischen einer Kraft am Punkt P1 und der Geschwindigkeit am Punkt P1 berechnet sich zu
T v11 f =4 im∑=1
∞
∑=1
∞ H f
2
W
2 x1 , y 1 .
Für eine endliche Anzahl von Eigenschwingungen ist die Resonanzfrequenz f kleiner als die Erregerfrequenz f . Für diese Eigenschwingungen ist das Frequenzverhältnis= f / f 1 . Für die Eigenschwingungen, deren Resonanzfrequenz nicht im Überlap-
pungsbereich liegen, kann die komplexe Vergrößerungsfunktion
H f =H ,D
durch die reelle Vergrößerungsfunktion V 1 der ungedämpften erzwungenen Schwingung ersetzt werden. Diese Eigenschwingungen liefern alle einen Beitrag mit nega-tivem Vorzeichen zum Imaginärteil der Geschwindigkeit.
Entsprechend liefern alle Eigenschwingungen, deren Resonanzfrequenzen f oberhalb des Überlappungsbereichs liegen, einen positiven Beitrag zum Imaginärteil der Geschwin-digkeit, da für diese Eigenschwingungen = f / f 1 gilt. Die Antwort dieser Eigen-schwingungen ist quasistatisch.
Für Eigenschwingungen, deren Resonanzfrequenzen im Überlappungsbereich liegen, gilt
f u≤ f≤ f 0 , d.h.
f1D
≤ f ≤f
1−D.
Daraus folgt
11D
≤f f=≤
11−D
.
Das Frequenzverhältnis liegt also im Intervall
1−D≤≤1D .
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Für kleine Werte von D folgt daraus
−2D≤1−2≤2D .
Damit gilt für den Realteil
ℜ H =1−
2
1−2
24 D2
2
der komplexen Vergrößerungsfunktion:
−14D≤ℜ H ≤
14D
Das Vorzeichen hängt davon ab, ob das Frequenzverhältnis größer oder kleiner als Eins ist, und wird daher stark von Störungen der Resonanzfrequenzen beeinflusst.
Mit
pH ,=4Dℜ H
und
pW11 ,=W
2x 1 , y1
und ≈ ist der Beitrag zur Übertragungsfunktion
T v11=4 im∑∑
1
4D2pH , pW11 ,=
im D
∑∑
pH , pW11 , .
Die Summe erstreckt sich über alle Eigenschwingungen und liefert einen Beitrag zum Ima-ginärteil.
Die Werte für pH , liegen im Intervall [−1,1 ] , während die Werte von pW11 ,im Intervall [0,1] liegen. Wird über eine große Anzahl von Eigenschwingungen summiert, so liegen etwa gleich viele etwa gleich große negative wie positive Beiträge vor, so dass der gesamte Beitrag sehr klein wird und stark von der statistischen Streuung der Eigen-frequenzen abhängt.
Für den Imaginärteil
ℑ H =−2D
1−2
24D2
2
gilt wegen ≈1 :
ℑ H ≈−12D
.
Der Beitrag zur Übertragungsfunktion ist
T v11=−4 im∑∑
i
2D2pW11 ,=
2mD
∑∑
pW11 , .
Mit
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pW11 ,=sin2
x 1a sin
2y1b
folgt
∑∑
pW11 ,=∑
sin2 x1a ∑ sin
2y1b .
Wenn sich die Summen über viele Eigenschwingungen erstrecken, so sind ihre Werte gleich dem Mittelwert multipliziert mit der Anzahl der Werte. Der Mittelwert von sin2 x ist 0,5. Daher gilt:
∑∑
pW ,=14M oF=
12D f n f .
Damit folgt:
T v11=2
mD12D
2n f =
n f
2m.
Für das betrachtete Beispiel berechnet sich dieser Beitrag zu
T v11=0,32 s
2⋅7,8657 kg=0,0065m / sN .
Dieser Wert stimmt für Erregerfrequenzen ab 1000Hz recht gut mit dem mittleren Wert des Frequenzgangs überein.
Die Übertragungsfunktion zwischen einer Kraft am Punkt P1 und der Geschwindigkeit am Punkt P2 berechnet sich zu
T v12 f =4 im∑=1
∞
∑=1
∞ H f
2
W x 1 , y1W x 2 , y 2 .
Im Gegensatz für Übertragungsfunktion T v11 kann das Produkt
pW12 ,=W x 1 , y1W x 2 , y2
Werte im Intervall [−1 ,1 ] annehmen. Daher streuen jetzt nicht nur die Beiträge aus dem Überlappungsbereich, sondern alle Beiträge um den Mittelwert Null. Daher streut sowohl der Real- als auch der Imaginärteil der Übertragungsfunktion um den Mittelwert Null, wobei die Streuung wieder maßgeblich durch die Streuung der Resonanzfrequenzen be-einflusst wird.
FH Landshut 4-17 Prof. Dr. Wandinger