Von der Teilung zur Wiedervereinigung
Zwei deutsche Staaten 1949 bis 1989
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Gliederung
1. Westbindung und Wirtschaftswunder - die Bundesrepublik
2. Deutscher Sozialismus unter sowjetischem Zepter - Experiment DDR
3. Wiedervereinigung oder Anschluss?
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1. Westbindung und Wirtschaftswunder - die Bundesrepublik
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Wirtschaftswunder
Das Wirtschaftswunder beruhte wesentlich auf der Einbindung in die Weltwirtschaft über die europäische und überseeische Integration: GATT und Römische Verträge.
Erst das Wirtschaftswunder hat die Mehrheit der Westdeutschen zu guten Demokraten gemacht, denn der Erfolg war ein wirksames Argument.
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Vollbeschäftigung und Konsumgesellschaft Das Wirtschaftswachstum beruhte fast ganz auf
wachsender Arbeitsproduktivität (Innovationen). Es führte zur raschen Ausschöpfung der Arbeitskraftreserven, also zur Vollbeschäftigung.
Unter den Bedingungen der Vollbeschäftigung schlug sich die Produktivitätssteigerung voll in der Steigerung der Reallöhne nieder.
Fresswelle, Einrichtungswelle, Reisewelle folgten in den fünfziger und sechziger Jahren aufeinander und sind mit der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhardts verbunden.
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Wohlstand für alle
Aigner: Wohlstand für alle - Ludwig Erhard - CDU, Wahlplakat der CDU zur Bundestagswahl 1957 Quelle: Deutsches Historisches Museum
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Besser leben – besser essen(Bundesrepublik Deutschland - Buchheim 1997, 126)
0100
200300
400500600
700800
9001000
1950 1970 1990
Kg. pro
Jahr
und K
opf
Kartoffeln Brot und Backwaren Fleisch und Wurst Käse
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Automobilisierung Pkw pro 1.000 Einwohner (Fischer, Handbuch, Bd. 6, 143)
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
1929 1939 1949 1959 1969 1979 1983
Deutschland /BRDFrankreich
Schweden
Italien
Großbrit.
Tschechosl.
Polen
UdSSR
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Westbindung Die politische und militärische Westbindung war
mit dem Beitritt der Bundesrepublik zur NATO 1955 besiegelt.
Sie ist mit der Politik Konrad Adenauers verbunden. Er war nicht bereit, diese Westbindung zugunsten eines neutralen Gesamtdeutschland zu opfern, wie es die Stalin-Note von 1952 nahe legte.
Das stimmte mit der Politik der Westmächte und immer mehr mit der Meinung der meisten Westdeutschen überein.
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1968 Seit den späten sechziger Jahren erhob sich eine
außerparlamentarische Jugendopposition gegen den konservativen Geist der Wirtschaftswundergesellschaft.
Vernetzt mit der Jugendrevolte in allen Zentren der westlichen Welt rezipierte sie marxistische und linksradikale Ideen und forderte: eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Erbe des
Nationalsozialismus in Universität, Familie und Gesellschaft, Liberalisierung der Lebensformen (sexuelle Revolution,
Drogenkonsum, antiautoritäre Erziehung), Beendigung des Vietnamkriegs und Solidarität mit der Dritten Welt.
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Außerparlamentarische Opposition
Plakat zur Anti-Springer Kampagne, 1968. (DHM)
Oben: Der bei einer Demonstration niedergeschossene Benno Ohnesorg.
Unten links: Berliner Bär Springer-Zeitungen fressend, mit Polizeiknüppel und Mauer vor dem Kopf.
Unten rechts: Springer-Hochhaus.
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Liberalisierung und Modernisierung Ergebnis war nicht die angestrebte Überwindung
der bürgerlichen Konsumgesellschaft, sondern ein Wertewandel zu Liberalismus und Individualismus.
Politisch brachte die Studentenbewegung von 1968 den Durchbruch der Frauen- und Ökologiebewegung.
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Die Grünen
Plakat zur Europaparlamentswahl 1979. (DHM)
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2. Deutscher Sozialismus unter sowjetischem Zepter - Experiment DDR
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Oktroyierter Sozialismus
Der Sozialismus in der DDR ruhte letztlich auf sowjetischen Bajonetten, war aber keine Fremdherrschaft.
Die herrschenden Kommunisten konnten an sozialistische, kommunistische, genossenschaftliche und idealistische Traditionen deutscher Geschichte anknüpfen.
Nach einem vollständigen Elitentausch in den späten vierziger Jahren gewannen sie Verbündete unter Sozialdemokraten, Antifaschisten, Intellektuellen, jugendlichen Aufsteigern, Bauern und Umsiedlern.
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Das sowjetische Modell
Der DDR-Sozialismus war mit der Hypothek des sowjetischen Modells belastet: Politisch: die unumschränkte Parteiherrschaft. Ökonomisch: Zentralplanwirtschaft auf der Basis des
Staatseigentums. Sozial: eine homogene Gesellschaft ohne
Interessenkonflikte, die „arbeiterliche Gesellschaft“. Die Weichen wurden auf einer Parteikonferenz
1952 endgültig gestellt.
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Aufbaujahre
Blick auf das Eisenhüttenkombinat, 1954. "Weit ins Land grüßen die Hochöfen unsere polnischen Nachbarn„ (DHM).
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Versagte Gefolgschaft
Der gesellschaftliche Konsens blieb labil, partiell und temporär:
Der Aufstand vom 17. Juni 1953 musste militärisch niedergeschlagen werden.
Gegen die Massenflucht wurde 1961 die Mauer errichtet, und die Ausreisewelle schwoll in den Achtzigern zum Dammbruch an.
Das öffentliche Ritual der Kundgebungen wurde immer hohler. Die Staatsmacht hatte ihren Hauptfeind schließlich in der eigenen Bevölkerung.
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Aufstand
Der 17. Juni 1953 in Ost-Berlin [Propyläen-Weltgeschichte: Hugh Seton-Watson: Rußland und Osteuropa, S. 139.].
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Wirtschaftliche Misere
Ausschlaggebend war, dass dem Staat der wirtschaftliche Erfolg versagt blieb.
Die forcierte Industrialisierung ging auf Kosten des Konsums der Bevölkerung.
Die Abschottung vom Welthandel führte in Innovationsschwäche und Rückständigkeit.
Die Schere zwischen der westdeutschen Konsumgesellschaft und der ostdeutschen Mangelwirtschaft öffnete sich unaufhaltsam.
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Abstimmung mit den Füßen
Überfülltes Flüchtlingslager in Berlin-Neukölln, 1953. [Propyläen-Weltgeschichte: XIV. Die Welt nach 1945, S. 11.]
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Mauerbau
Im August 1961 an der Bernauer Straße in Berlin
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Hinter der Mauer
Kurt Poltiniak: Die Mauer ist stärker. Entwurf für die Zeitschrift "Frischer Wind" Nr.149; 1951. (DHM).
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Politische Isolation und Abschottung
Die Hallstein-Doktrin der Bundesrepublik bedrohte jene Staaten mit Sanktionen, die die DDR diplomatisch anerkannten.
Der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag zu Beginn der siebziger Jahre normalisierte die äußeren Beziehungen, hob aber die Gegnerschaft der beiden Staaten als Eckpfeiler der Systemkonfrontation im Kalten Krieg nicht auf.
Die Abschottung hinter der Mauer wurde umso schärfer. Im Zeitalter des aufblühenden Massentourismus stand den Bürgern der DDR nicht einmal die östliche Welt ganz offen.
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3. Wiedervereinigung oder Anschluss?
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Die unverhoffte Wiedervereinigung Die Wiedergewinnung des deutschen
Einheitsstaates war das Geschenk eines historischen Fensters, wie seinerzeit schon Bismarcks Reichsgründung.
Im vollen Gegensatz zu 1871 war die nationale Einheit 1990 aber nicht mehr das Ziel deutscher Politik gewesen.
Das gilt sowohl für die Bundesregierung und die großen westdeutschen Parteien, als auch für die Opposition in der DDR.
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Kurze Freudentage
November 1989: DDR-Bürger werden im Westen begrüßt. (DHM).
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Sieger der Geschichte Die Wiedervereinigung traf zwei nach Geschichte,
Werten und Potential sehr verschiedene Gesellschaften.
Die Wiedervereinigung der Deutschen war Teil des Zusammenbruchs des ganzen sowjetischen Blocks und seiner Wirtschaftsordnung. Der Kalte Krieg endete mit dem totalen Sieg der westlichen marktwirtschaftlichen Demokratien.
Das produzierte Sieger und Besiegte, Retter und Notleidende mit allen emotionalen Lasten solcher Schieflagen.
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Neue Länder – alter Föderalismus
Die Länder, die durch die ganze deutsche Geschichte Verschiedenheit und Zusammenhalt der Deutschen bewahrt hatten, überlebten auch ihre Auslöschung in der DDR.
Die Vereinigung hat auch im Osten Deutschlands einen lebendigen Länderpatriotismus geweckt.
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Deutschland in Europa
Die deutsche Vereinigung wurde oft als Ende der Nachkriegszeit gesehen, als eine Rückkehr zur Normalität.
Die Nachbarn (Frankreich, Großbritannien, Polen) sahen den deutschen Einheitsstaat in der Mitte Europas eher nicht als wünschenswerte Normalität.
Die Störung des europäischen Gleichgewichts durch dieses Schwergewicht im Zentrum ist offenkundig nur durch die europäische Integration zu balancieren.
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Zusammenfassung
Die Rolle als Ecksteine der feindlichen Blöcke im Kalten Krieg ermöglichte den Deutschen die Wiedergewinnung eigener Staatlichkeit, den wirtschaftlichen Wiederaufstieg und die Rückkehr in die internationalen Bündnissysteme.
Westbindung und Wirtschaftswunder festigten in der Bundesrepublik die Demokratie, während das diktatorische sowjetische Sozialismusmodell im Osten zum wirtschaftlichen Niedergang und zur Erosion der Gesellschaft führte.
Die Chance zur inneren Wiedervereinigung nach der neu gewonnenen gemeinsamen Staatlichkeit liegt in der historischen Bindungskraft der deutschen Länder und in der europäischen Einbindung.
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