SBV Wanderleiter Modul Medizin 2010
Kälteschäden Hypothermie
Lokale Erfrierungen
Kälteschäden: Faktoren Umwelt
• Temperatur• Wind• Feuchtigkeit
Kälteschäden: Faktoren Mensch
• Kleidung (zu wenig, zu eng) / Schmuckstücke
• Verletzungen• mangelnde Bewegungsmöglichkeit• Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel• Erschöpfung / Trainingsmangel• Alkohol / Nikotin / Medikamente• vorangegangene Erfrierungen• vorbestehende Krankheiten (DM, AVK)
Temperaturregulation
• Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe („Thermostat“)– Stoffwechselprozesse / Muskelarbeit– Verdunstung / Abstrahlung / Konvektion
• Körperkerntemperatur (KKT) um 37°, gemessen in der Speiseröhre oder im äusseren Gehörgang
Kälteschäden: Mechanismen
• Die Abkühlung des Organismus bewirkt eine Verlangsamung der Stoffwechselvorgänge und dadurch einen Schutz der lebenswichtigen Organe vor Sauerstoffmangel– Verminderung von Bewusstsein, Herz- und
Atemfrequenz
• Hirnschaden ohne Sauerstoff:– bei KKT 37° nach 3 min.– bei KKT 20° nach ca. 30 min.– bei KKT 15° nach ca. 60 min.
Kern-Schale-Prinzip
• Erhaltung der Wärme im Zentrum („Kern“) des Körpers („Zentralisation“)
• Abkühlung der oberflächlichen Rumpfschichten und der Extremitäten („Schale“)
• Mechanismus: Gefässengstellung
Bergungstod
• Vermischung von kaltem Schalen- und warmem Kernblut durch forcierte Bewegungen der Extremitäten
• Gefahr des Herzkreislaufstillstandes
• cave: schonende Bergung!!
Allgemeine Unterkühlung (Hypothermie)
• Definition:– Absinken der Körperkerntemperatur unter 35° C– 4 Schweregrade
• Verlauf:– rasch: im kalten Wasser– mittelfristig: im Schnee
(Lawinenverschüttung)– langsam: durch Erschöpfung
Hypothermiegrad I
• KKT 35-32° C• Kältezittern• Bewusstsein klar• Atmung vertieft und
beschleunigt• Puls beschleunigt• Blutdruck erhöht
Hypothermiegrad II
• KKT 32-28° C• kein Kältezittern• Bewusstsein getrübt• Atmung verlangsamt und
oberflächlich• Puls verlangsamt• Blutdruck erniedrigt
Hypothermiegrad III
• KKT 28-24° C• Bewusstlosigkeit• Atmung unregelmässig und
oberflächlich („Schnappatmung“)• Puls stark verlangsamt• Blutdruck kaum messbar
Hypothermiegrad IV und „V“
• KKT < 24° resp. < 15/9° C• Bewusstlosigkeit• Atem- und
Herzkreislaufstillstand („scheintot“ resp. „tot“)
Hypothermie: Warnzeichen
• Die einzelnen Stadien sind klinisch (ohne Temperaturmessung) nicht klar voneinander abgrenzbar!
• Gefahr des Herzkreislaufstillstandes bei:– Bewusstseinsstörung– fehlendem Kältezittern– oberflächlicher und unregelmässiger
Atmung– raschem und schwachem Puls
Hypothermie: Therapie
• vor weiterer Auskühlung schützen• im Stadium I(-II) trinken (warme, gesüsste
Getränke) und vorsichtig bewegen lassen• Wärmebeutel am Rumpf (nicht direkt auf die Haut)• Rettungsdecke (Alufolie)• im Stadium IV reanimieren• nasse Kleider nur in geschützter Umgebung
wechseln• Überwachung• rascher, schonender Abtransport
Algorithmus UnterkühlungKältezittern Stadium I Heisse Getränke
Aktives Bewegen erlaubt
ansprechbar Stadium II Heisse Getränke solange Schlucken möglichSchonende BergungÜberwachung
AtmungPuls vorh.
Stadium III ÜberwachungEv. Seitenlagerung
nicht vorh. Stadium IV CPR
In allen Stadien: Schutz vor weiterer Auskühlung (Windschutz, mehr- schichtige Isolation)
Rumpfwärmebeutel, warme feuchte Luft ev. Wechsel von nasser Kleidung Versorgung von Begleitverletzungen
Erfrierungen
• Definition:– lokale Gewebeschädigung durch
Kälteeinwirkung– 3 Schweregrade (im Feld nicht differenzierbar)
• Faktoren:– auch bei Temperaturen > 0° möglich– Potenzierung durch Wind und Feuchtigkeit
Erfrierungsgrad I
• Haut blass, weisslich bis gräulich• Gefühlslosigkeit, nach dem
Aufwärmen innert 10 min. reversibel
Erfrierungsgrad II
• Blasen, Rötung, Schwellung nach 1-3 Tagen
• Veränderungen reversibel (oberflächlich) oder auch nicht (tief)!
• oberflächlich: nach demAufwärmen rötlich-bläulich, warm, geschwollen, schmerzhaft
• tief: nach demAufwärmen wachsfarben,kalt, derb, gefühllos, randständiger Schmerz
Erfrierungsgrad III
• Schwarzverfärbung nach 1-2 Wochen• kein Gefühl nach der Aufwärmung• Demarkationslinie des abgestorbenen
Gewebes nach 3-6 Monaten
Erfrierungen: Therapie• Refugium (Kälte-, Wind- und Nässeschutz)• trockene Kleidung (Ersatzwäsche)• warme, gesüsste Getränke• Schuhe ausziehen (erneutes Anziehen nach
Normalisierung der Sensibilität)• Entfernung von Ringen, Armbändern etc.• Erwärmung (erneutes Abkühlen vermeiden!!)
– Wärmebeutel in Achselhöhle / auf Leiste– „handwarmes“ Wasserbad (30-60 min.)– Verbote: trockene Hitze, Frottieren, Eröffnen von Blasen
• ASS 500mg (Schmerzen / Zirkulation) / Sauerstoff
Frostbeule• Ursache:
– wiederholte Kälteexposition (trocken oder feucht)
• Lokalisation:– Gesicht, Hand-/Fussrücken, Unterschenkel
• Manifestation:– Juckreiz und Schmerz– rot-bläulich bis violett, glänzend– leichte Schwellung bis Knotenbildung
• Therapie:– Vermeiden erneuter Kälteexposition
Hypothermie und Erfrierungen: Prophylaxe
• Kleidung nach dem „Zwiebelschalen-Prinzip“– viele dünne Schichten besser als eine dicke– Gore-Tex-Produkte, Funktionsunterwäsche– kein Einschnüren (Kleidung, Schuhe)
• Wechsel nasser Kleidung nach Bewegungsende
• aktive Bewegung• Massage der Akren (Hände, Füsse, Ohren,
Nase, Wangen)
Verschüttung (Lawine)
- Todesursache in 70% Ersticken Luftabschluss
Verlegung Atemwege
Kompression Thorax
- Todesrisiko bei Ganzverschüttung: 57% Verletzungen ca. 25% Unterkühlung ca. 5%
Überlebenswahrscheinlichkeit in Lawine
Nach 15 Minuten 92% der Ganzverschütteten leben noch
Nach 15-35 Minuten Tödlicher Knick, 30% leben noch(Tod durch Ersticken)
Nach 35 Minuten Geringe Sterblichkeit (Atemhöhle)
Nach 90 Minuten Erneutes Absinken des Überlebens (O2-Mangel, Unterkühlung)
Nach 130 Minuten Nur 3% überleben
Kameradenhilfe in den ersten 15 MinutenOrganisierte Rettung in den ersten 90 Minuten
Verschüttung (Lawine)
Beim Ausgraben:- Konnte der Verschüttete atmen (Atemhöhle
vorhanden?)- Bewusstsein, Kreislauf/Atmung- Verletzungen- Unterkühlung, Stadien (wichtig für Bergung!); keine
schwere Unterkühlung bei Verschüttungsdauer unter 45 Minuten!
Hitze
• Verbrennungen: Sonneneinstrahlung, direkte Wirkung von Hitze
• Hitzestau• Hitzschlag
Verbrennungen1. Grad Rötung,
schmerzhaftSonnenbrand
Spontanheilung
2. Gradoberflächlich
schmerzhaft Spontane Narbenbildung
2. Grad tief
Blasenbildung,schmerzhaft
Chirurgie
3. Grad Nicht schmerzhaft
Chirurgie
Hitzestau
Körpertemperatur über 40°Gefahr: SchockZeichen: Haut heiss, gerötet, trocken
Bewusstseinstrübung, Schockzeichen
Therapie: Schatten, Kleider öffnen, kühlen
Hitzschlag
Hirnhautentzündung durch Sonnenstrahlung
Gefahr: BewusstseinsverlustZeichen: heisser, roter Kopf,
Nackensteife, Bewusstseinstrübung/-Verlust
Therapie: Schatten, Kühlung
Schneeblindheit
Abschilferung der Hornhaut infolge UV-Strahlung
Zeichen: sehr Schmerzhaft, Tränen, Lidkrampf
Therapie: Antibiotika-Salbe, Verband Abheilung meist innerhalb 24h
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