Qualität der Versorgung bei Herz-Kreislauf-Medizintechnologien
Jürgen Malzahn Leiter der Abteilung Stationäre Versorgung, Rehabilitation des AOK-Bundesverbands
Jürgen Malzahn, Abteilungsleiter Stationäre Versorgung, Rehabilitation, AOK Bundesverband Vortrag im Rahmen der Veranstaltung des BVMed „Fortschritt erLeben mit innovativen Medizintechnologien“, 24.09.2014, Berlin 2
1. Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Agenda
2. „Innovationsasymptote“, fragwürdiger Einsatz und Fehlinnovationen bei Medizinprodukten
3. Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten
4. Ausblick und Diskussion
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1. Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Agenda
2. „Innovationsasymptote“, fragwürdiger Einsatz und Fehlinnovationen bei Medizinprodukten
3. Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten
4. Ausblick und Diskussion
Jürgen Malzahn, Abteilungsleiter Stationäre Versorgung, Rehabilitation, AOK Bundesverband Vortrag im Rahmen der Veranstaltung des BVMed „Fortschritt erLeben mit innovativen Medizintechnologien“, 24.09.2014, Berlin 4
Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Herzschrittmacher
Defibrillatoren
Stents
Katheter
TAVI
…
… und deren Weiterentwicklung haben zu einer höheren Lebensqualität und verlängerten
Lebenszeit beigetragen
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Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Aber:
Der Nutzen mancher Innovation muss hinterfragt werden
Einige Medizinprodukte zeigen Mängel, die nicht zu einem Patientenschaden führen dürfen
Bei anderen Produkten sind Anwendungsfehler in der Versorgung verbreitet
Daher gilt es die Folgen von Irrtümern so gering wie möglich zu halten Qualitativ hochwertige Produkte/Methoden müssen so schnell wie möglich
verfügbar sein
Qualitativ minderwertige Produkte/Methoden müssen bei so wenig wie möglich Patienten angewendet werden
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1. Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Agenda
2. „Innovationsasymptote“, fragwürdiger Einsatz und Fehlinnovationen bei Medizinprodukten
3. Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten
4. Ausblick und Diskussion
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„Innovationsasymptote“ „Innovationsasymptote“ am Beispiel Herzschrittmacher Keine für den Patienten
relevante Verbesserung in den letzten 10 Jahren!
Quellen: Siemens, Biotronik
1958
1963
2000 2014
50 cm3 starrfrequent
12 cm3 programmierbar
ratenadaptiv 14 cm3
programmierbar ratenadaptiv
38 cm3
20 cm3
1980
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„Innovationsasymptote“ Entwicklung der Herzschrittmacher- und ICD-Eingriffe
Quellen: Herzbericht 2013
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„Fragwürdiger“ Einsatz von Medizinprodukten Beispiel: Linkskatheter-Untersuchungen
Quellen: E. Bruckenberger
Häufigkeit der Untersuchungen
doppelt so hoch wie in der Schweiz…
…aber die Sterberate nach Myokardinfarkt doppelt so hoch…
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Risiko-Nutzenabwägung am Beispiel der intrakraniellen Stents 3500 Einsätze von Stents ohne vorgelagerte Studie
SAMMPRIS-Studie in 2011 zeigte dann: Infarktrisiko sinkt nicht, sondern hat sich sogar fast verdoppelt (nach einem Jahr). Studie wurde aus diesem Grund vorzeitig abgebrochen! (78 vermeidbare Schlaganfälle auf 1000 Patienten)
In Europa keine Konsequenzen nach der SAMMPRIS-Studie (FDA schränkte die Zulassung stark ein)
Forderung: Sinnvollen Einsatz von Stents generell durch Studien belegen und Konsequenzen aus den Studien ziehen
Daten: SAMMPRIS (Stenting and Aggressive Medical Management for Preventing Recurrent stroke in Intracranial Stenosis ) 2011
„Fragwürdiger“ Einsatz von Medizinprodukten
Jürgen Malzahn, Abteilungsleiter Stationäre Versorgung, Rehabilitation, AOK Bundesverband Vortrag im Rahmen der Veranstaltung des BVMed „Fortschritt erLeben mit innovativen Medizintechnologien“, 24.09.2014, Berlin 11 Datenquelle: AQUA 2011/12; Französisches TAVI Register 2011/12
Risiko-Nutzenabwägung am Beispiel TAVI Der Anteil der TAVI nimmt stärker zu, als nach dem Anteil der
inoperablen Patienten zu vermuten ist (Indikation korrekt?) Risiko eines schweren Schlaganfalls bei TAVI hoch
(TAVI: 8,2%; offene OP: 2,6%) Vergütung für TAVI ca. doppelt so hoch wie für offene OP Es besteht ein Risiko von 1%, dass von der laufenden TAVI auf
offene OP gewechselt werden muss, somit ist TAVI in reinen Katheterlaboren ohne OP-Backup nicht zu verantworten
Studienergebnisse bleiben ohne Konsequenzen Beispiel CoreValve vs. Edwards-Sapien: 25% zu 5% Risiko der Notwendigkeit eines Herzschrittmachers nach TAVI, jedoch hatte CoreValve 70% Marktanteil und blieb Marktführer
Forderung: Sinnvollen Einsatz von TAVI gemäß spezifizierter Indikation und Konsequenzen aus Studienergebnissen ziehen
„Fragwürdiger“ Einsatz von Medizinprodukten
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Beispiel: Renale Denervation Studie SYMPLICITY HTN-3 bei therapieresistenter arterieller
Hypertonie hat ihren primären Wirksamkeitsendpunkt verfehlt. Weder gab es vorher randomisierte Studien noch Studien mit harten
klinischen Endpunkten. Viele Experten und Entscheider hatten ein anderes Ergebnis erwartet
und im Vorfeld schon die Weichen für Planungen gestellt, die ein positives Ergebnis voraussetzten (nun herrscht „Abwarte-Mentalität“)
„Fragwürdiger“ Einsatz von Medizinprodukten
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„Fehlinnovationen“
Rückrufe von Riata® von St. Jude Medical,
Sprint Fidelis ® von Medtronic
2000
2007 2011
medikamentfreisetzende Elektroden
(Steroidkollar)
Standardelektroden (passiv/aktiv fixierbar, koronar sinus)
Weitere Reduzierung des Durchmessers und Erhöhung der Leitungszahl
in den letzten 10 Jahren führte zu schlecht beherrschtem Design
Beispiel: Herzschrittmacher-/ICD-Elektroden
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Was muss verbessert werden?
„Innovationsasymptote“
„Fragwürdiger“ Einsatz
Fehlinnovationen
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1. Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Agenda
2. „Innovationsasymptote“, fragwürdiger Einsatz und Fehlinnovationen bei Medizinprodukten
3. Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten
4. Ausblick und Diskussion
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Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten Zulassung: Istzustand:
– Hersteller beauftragt die Benannte Stelle und bestimmt den Prüfungsumfang am Produkt, es ist eine Geschäftsbeziehung
– Benannte Stelle prüft das Produkt nur nach „Dokumentenlage“ und das QS-System des Herstellers
– Kaum Studien oder Prüfung bezüglich möglicher Schäden, aber auch nicht die Prüfung eines Nutzens für den Patienten
– Verweis auf ein Referenzprodukt erübrigt Studien Beispiele: Großkopfendoprothesen, Rissfestigkeit von Hüllen bei Brustimplantaten, Bruchanfälligkeit bei ICD-Elektroden
– Fehlende Transparenz der Zulassungsunterlagen
– Keine Abstimmung der Benannten Stellen untereinander. Technisch identische Produkte zu vormals zurückgerufenen Produkten erhalten abermals die Zulassung (Beispiel: Hüftprothese Falcon Medical und Intraplant)
– CE-Zeichen ist eine Herstellererklärung, kein Prüfkennzeichen
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Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten Zulassung: Forderungen:
– Vergleichende Studien ggü. dem Behandlungsstandard
– Auch Prüfung, ob das neue Produkt einen signifikanten Nutzen für den Patienten hat
– Öffentliche Studienprotokolle
– Keine Benannte Stelle als Auftragnehmer mit „Befangenheit“ sondern eine herstellerunabhängige zentrale Zulassungsstelle
– Öffentliche Zulassungsdokumente
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Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten Vigilanz: Istzustand:
– Kontrollen beim Hersteller durch die Benannte Stelle werden angekündigt
– Meldungen an Behörden erfolgen selten, sind nicht öffentlich zugänglich und unterlassene Meldungen bleiben ohne Folgen
– Keine Transparenz, welche Produkte am Markt sind
– Analyse fehlerhafter Produkte durch den Hersteller
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Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten Vigilanz: Forderungen:
– Meldungen und Veröffentlichung aller beobachteten Ereignisse und Fehlfunktionen an Behörden und Register
– Unangemeldete Kontrollen beim Hersteller durch unabhängige Prüfer
– Rückverfolgbarkeit des Produktes durch Krankenkasse und Patient rechtssicher und vollständig ermöglichen
– Analyse des aufgefallenen Produktes durch unabhängige Stellen
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1. Qualität und Nutzen von Medizinprodukten
Agenda
2. „Innovationsasymptote“, fragwürdiger Einsatz und Fehlinnovationen bei Medizinprodukten
3. Notwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Hochrisiko-Medizinprodukten
4. Ausblick und Diskussion
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Zur Diskussion…
Innovation in der Medizintechnik ist notwendig und sinnvoll: sie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Gesundheitssystems und
trägt besonders bei älteren Menschen dazu bei, dass sie
– überhaupt zu älteren Menschen werden
– und dabei eine hohe gesundheitliche Lebensqualität erhalten können
Innovationen müssen schnell und hochwertig bewertet werden damit positive Innovationen schnell allen Patienten zur Verfügung
stehen
und Fehlinnovationen schnell erkannt werden
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Jürgen Malzahn AOK Bundesverband Abteilungsleiter Stationäre Versorgung/ Rehabilitation Rosenthaler Str. 31 10178 Berlin [email protected] Sekretariat 030-34646-2666
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