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Weiterbildungskurse 2011
www.brunnenmeister.ch
Projektierung von Quellfassungen
Von:
Jürg Burren
Leitender Ingenieur
WA-TEC AG
Ingenieurbüro für Wassertechnik
C.F.L. Lohnerstr. 29
3645 Thun-Gwatt
WA-TEC AG THUN
Wasserversorgung Kanalisation Wasserbaul l
www.watec.ch
Veranstaltungsort:
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Projektierung von Quellfassungen Autor / Referent: Jürg Burren, WA-TEC AG, Thun
1. Einleitung Quellfassungen waren für lange Zeit die einzige technisch machbare Möglichkeit, unterirdisches
Wasser für die Wasserversorgung erschliessen zu können. Erst mit der Entwicklung von
entsprechenden Pumpen und den erforderlichen bautechnischen Verfahren kann seit dem 20.
Jahrhundert in grösserem Mass auf Grundwasservorkommen für die Nutzung durch die kommunale
Wasserversorgung zugegriffen werden.
Mancherorts werden bis heute teils über 100-jährige Quellfassungen noch für die Wasserversorgung
genutzt, die mittelfristig zu erneuern sein werden. Die wesentlichen für die Projektierung von
Quellfassungen zu berücksichtigenden Merkpunkte- ob Erneuerung oder kompletter Neubau - sollen
nachfolgend beschrieben werden.
2. Hydrogeologische Grundlagen Der Mechanismus für die
Grundwasserbildung als Basis
der Trinkwasserversorgung auf
der Erde ist der globale
Wasserkreislauf. Das über die
Flüsse den Ozeanen zufliessende
Wasser verdunstet, wird durch
den Wind in Form von Wolken
über Land und gegen die
Alpenkämme geführt, wo die
Feuchtigkeit der Atmosphäre als
Niederschlag auf die Erde fällt.
Der in den Boden einsickernde
Teil des Niederschlags führt zur
Neubildung von Grundwasser.
Das Grundwasser tritt in Form
von Quellen oder Exfiltration in
Flüssen wieder zu Tage.
Bild 1: Globaler Wasserkreislauf
Sämtliches im Porenraum des
Untergrunds vorhandene Wasser
wird als Grundwasser bezeichnet.
Es kommt in den oberen
Erdschichten in der sog.
"ungesättigten" Grundwasserzone
vor (d.h. der unterirdische
Porenraum ist nur teilweise mit
Grundwasser gefüllt). Echtes
Grundwasser besteht in den
tieferen Erdschichten, der sog.
"gesättigten" Grundwasserzone wo
der unterirdische Porenraum
vollständig mit Grundwasser gefüllt
ist. Quellwasser ist Grundwasser,
das freifliessend zu Tage tritt bzw.
gefasst werden kann. Bild 2: Ungesättigtes Grundwasser (Quellwasser)
und gesättigtes Grundwasser, Ausschnitt aus
globalem Wasserkreislauf
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Die für die Verwendung von Wasser als
Trinkwasser notwendige natürliche Reinigung
erfolgt im Wasserkreislauf an mehreren Stellen :
1. Verdunstung des Wassers unter Zurücklassung
von Schadstoffen (-> Destillation)
2. Infiltration von Niederschlag durch biologisch
aktive Erdschichten (Humus -> Biofilter)
3. Längere Fliessdauer im biologisch aktiven
Untergrund (Filterstrecken -> Langsamfiltration)
Bild 3: Detailansicht der für die Wasserqualität
und Grundwasserbildung massgebenden
Erdschichten
Von grosser Bedeutung für jedes
Quellwasservorkommen ist das
Einzugsgebiet. Dieses besteht aus der
Gesamtheit des unterirdischen, sich mit
Gefälle gegen den Austrittspunkt des
Wasservorkommen entwässernden
Wasserleiters, d.h. der wasser-
undurchlässigen Schicht. Die
unterirdische Abgrenzung der
Einzugsgebiete fällt dabei nicht
notwendigerweise mit den
topographischen Einzugsgebieten
zusammen.
Bild 4: Abgrenzung Einzugsgebiete schematisch
Entsprechend dem Verlauf des Untergrunds im Einzugsgebiet und der unterirdischen Fliesswege
ergeben sich eine Vielzahl von möglichen Erscheinungsformen von Quellwasseraustritten :
Bild 5: Beispiele Erscheinungsformen von Quellwasseraustritten
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Qualität und Quantität des Quellwasservorkommens werden im Wesentlichen durch die folgenden
Parameter bzw. Eigenschaften des Einzugsgebiets und des Untergrunds bestimmt :
Höhenlage Einzugsgebiet Jahreszeitliche Schwankungen Wassermenge infolge
Niederschlagsform (Schnee oder Regen) sowie Tauwetter
Fläche Einzugsgebiet Fläche gross -> Wassermenge gross
Fläche klein -> Wassermenge klein
Neigung Einzugsgebiet Neigung gross -> grosse Schwankungen Wassermenge
Neigung klein -> kleine Schwankungen Wassermenge
Externe Einflüsse im
Einzugsgebiet
Gefährdung Wasserqualität durch naturfremde (Strassen,
Kanalisationen etc.) oder auch durch natürliche Einflüsse (z.B.
Hochwasser Gewässer etc.)
Ueberdeckung Wasserleiter
Grosse Ueberdeckung -> gute Filterwirkung -> gute Wasserqualität
Geringe Ueberdeckung -> schlechte Filterwirkung -> schlechte
Wasserqualität
Gefüge/Aufbau Untergrund Feinkörnig -> gute Filterwirkung -> gute Wasserqualität
Grobkörnig -> schlechte Filterwirkung -> schlechte Wasserqualität
Tabelle 1: Uebersicht massgebende Einflussfaktoren auf Quellwasservorkommen
Durch die infolge des Niederschlags ständig ändernden, im Untergrund fliessenden Wassermengen
erfolgt bei genügend grosser Fliessgeschwindigkeit ein unterirdischer Erosionseffekt, der zu Transport
von Teilen des sich entlang den Fliesswegen befindlichen unterirdischen Materials führt. Dieser Effekt
kann sich einerseits als Trübungserscheinung in der Quellfassung äussern, anderseits kann dadurch
über die Zeit auch eine Abtiefung und/oder Verlagerung der unterirdischen Fliesswege des Wassers
stattfinden.
3. Rechtliche Grundlagen Wasserrechte :
Siehe Ausführungen im Vortrag Quellrecht.
Gewässerschutz :
Um die Grundwasservorkommen vor natürlichen und naturfremden Einflüssen bestmöglich zu
schützen, wurden mit der Gewässerschutzgesetzgebung seit den 1970er Jahren die sog.
Grundwasserschutzzonen eingeführt, die sich von einem Quellfassungs-Standort in Richtung des
Einzugsgebiets erstrecken und die den erlaubten Rahmen der Landnutzung im Einzugsgebiet
einschränken.
Nach den ersten ca. 20 Jahren Erfahrung mit diesem Grundwasserschutz wurde per Ende 1998 ein
neues und verschärftes Gewässerschutzgesetz in Kraft gesetzt, mit dem die
Nutzungseinschränkungen in den Gewässerschutzzonen gegenüber der ersten Gesetzesversion
empfindlich verschärft worden sind. Aufgrund der fortschreitenden Ueberbauung sowie der teils
intensiven landwirtschaftlichen Nutzung in noch nicht überbauten Flächen ergeben sich daraus
zunehmend Schutz- und Nutzungskonflikte. Gem. dem zuständigen Bundesamt für Umwelt (BAFU)
sollen sämtliche altrechtlichen Schutzzonen, die noch nicht dem neuen Standard gem. GSchG 1998
entsprechen bis spätestens 2015 überarbeitet werden.
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Nach dem geltenden
Gewässerschutzgesetz wird
neben dem hydrogeologisch
bedingten Einzugsgebiet EG
und dem Zuströmbereich Z
unterschieden in eine
Schutzzone S1 (Fassungs-
bereich), eine Schutzzone S2
(Engere Schutzzone) sowie
eine Schutzzone S3 (Weitere
Schutzzone).
Die Zone S1 soll die
Fassungsbauwerke schützen
und verhindern, dass
Schadstoffe direkt in die
Fassung gelangen können.
Mit der Zone S2 soll bewirkt
werden, dass sich
Verunreinigungen und Keime
im Boden durch Einhaltung
einer minimalen Fliesszeit von
10 Tagen vor Eintritt in die
Fassung abbauen können, dass Bild 6: Aufbau System Schutzzone gem. GSchG 1998
der Grundwasserzufluss durch
unterirdische Anlagen behindert wird und dass das Grundwasser durch Grabungen oder durch
unterirdische Arbeiten verunreinigt wird.
Die Zone S3 dient als Pufferzone zur Zone S2 und soll vor Anlagen und Tätigkeiten schützen, die ein
besonderes Risiko für das Grundwasser darstellen wie z.B. Kiesgruben etc. Sie soll zudem den
Zeitraum für das Ergreifen von Massnahmen sicherstellen bevor in den Untergrund eingebrachte
Schadstoffe die Fassung erreichen können.
Bild 7: Massgebende Dimensionierungen Schutzzonen gem. GSchG 1998
Währenddem die Nutzungseinschränkungen der Zone S3 in der Praxis kaum je grössere Probleme
bieten, ergeben sich für die Zone S2 in der Praxis aufgrund des kategorischen Verbots des
Ausbringens von flüssigem Hofdünger (Jauche) oft empfindliche Einschränkungen für die
landwirtschaftliche Nutzung. Da in der Zone S2 gem. den Vorgaben auch keine Strassen und Wege
sowie insbesondere auch keine Kanalisationsleitungen inkl. Drainage- oder Flurleitungen befinden
dürfen, ist die Umsetzung der neuen Gewässerschutzzonen in der Praxis öfters höchst schwierig
wenn nicht gar unmöglich.
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Gem. den Vorgaben ist innerhalb der Zone S1 ausser Futterbau (Grasschnitte) keinerlei
landwirtschaftliche oder anderweitige Nutzung mehr erlaubt. Es wird daher auch empfohlen, die Zone
S1 zu umzäunen.
Gemäss Gewässerschutzgesetz müssen die im öffentlichen Interesse liegenden Grundwasser- (auch
Quellwasser-) Vorkommen mittels solcher Grundwasserschutzzonen geschützt werden.
Werden aus dem (ständigen) Ueberlauf von Quellwasserfassungen Fliessgewässer in grösserem
Umfang gespeist bzw. besteht am Anfang eines Fliessgewässer eine Quellfassung deren Ueberlauf
das Fliessgewässer speist, besteht für das nachfolgende Fliessgewässer ein Anspruch auf
Restwasser gem. Gewässerschutzgesetz unabhängig von den Grundrechten, auf denen das
Quellenrecht besteht. Die Nutzbarkeit einer Quellwasserfassung kann dadurch empfindlich
eingeschränkt werden.
Mit den hier beschriebenen Zusammenhängen wird deutlich, dass das System "Fassung" aus
wesentlich mehr als nur dem baulichen Teil einer Quell- oder Grundwasserfassung besteht.
Lebensmittelgesetz :
Analog der für den gesamten Bereich der Wasserversorgung geltenden Bestimmungen der
Lebensmittelgesetzgebung sind diese auch auf Quellfassungen anwendbar. Währenddem sich das
Lebensmittelgesetz vornehmlich auf die Beschreibung der Eigenschaften und Anforderungen an das
aus den Wasserfassungen entnommene Wasser konzentriert, sind weitere Bestimmungen in Bezug
auf die technischen Anforderungen an Quellwasserfassungen sowie auch Brunnstuben in der
Richtlinie W 10 des SVGW zu finden. Mangels anderen rechtlichen Grundlagen werden diesen
Richtlinien des Fachverbands in der schweizerischen Rechtspraxis bei rechtlichen Streitigkeiten
faktisch als gesetzliche Grundlage betrachtet.
Insbesondere dürfen im Bereich von Fassungen keine Materialien verbaut werden, die nicht den
Anforderungen des Lebensmittelgesetzes entsprechen oder die sich nachteilig auf die Wasserqualität
auswirken können. Im Fassungsbereich sollten insbesondere nur naturnahe oder hygienisch
unbedenkliche Materialien verbaut werden. Insbesondere organische Stoffe wie Holz aus Schalungen
oder Spriessungen sowie auch Bauplastik oder rezyklierte Kunststoffe haben in einer Fassung nichts
zu suchen.
Unfallverhütung :
Da für die Erstellung von Quellfassungen zwangsläufig Bauarbeiten in Gruben und Gräben notwendig
sind, ergeben sich insbesondere aus der Kombination von Materialaushub und wasserführenden
Schichten Risiken bezüglich Gelände- und Böschungsstabilität im Baubereich von Fassungen.
Hierbei sind die Bestimmungen der eidgenössischen Bauarbeitenverordnung, insbesondere die
Bestimmungen über Grabenbau und Baugruben zu berücksichtigen, die entsprechende Schutz- und
Sicherungsmassnahmen gegen diese Risiken vorschreiben.
4. Bauformen von Quellfassungen Entsprechend der Vielfalt der möglichen Formen von Quellwasseraustritten und der im Einzugsgebiet
existierenden geologischen Verhältnisse existieren in der Praxis auch eine Vielzahl von Bauformen für
Quellfassungen.
Im Wesentlichen besteht eine typische Quellfassung jedoch fast immer aus einem Sickerrohr mit
Schlitzen oder Löchern, das in einer Sicker- bzw. Filterpackung aus sauberem Kies auf der
wasserführenden Schicht verlegt wird.
Die Kiespackung hat primär die Aufgabe, zwischen dem anstehenden Material des Untergrunds und
den Sickerschlitzen des Fassungsrohr einen Uebergangsfilter aufzubauen, mit dem einerseits das
Einschleppen von feinen Sedimenten aus dem Untergrund in das Fassungsrohr vermieden werden
kann und anderseits die Sickerschlitze zwecks einem guten Wassereintrittsvermögen möglichst nicht
verstopft werden. Idealerweise nimmt dabei die Körnung des Filters von aussen gegen das
Fassungsrohr zu.
Mit einem (Beton-)Querriegel am Ausgang des Fassungsgrabens wird das Abströmen des
Quellwassers längs des Sickerrohres verhindert. Je nach Anströmung und Geologie müssen oft auch
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längs einer talseitigen Grabenwand Längsriegel erstellt werden, um das talseitige Abströmen des
Wassers aus der Fassung zu verhindern.
Entsprechende Deckschichten aus Beton oder anderen, wasserundurchlässigen Materialien dichten
den Fassungsgraben gegen von oben eindringendes Oberflächenwasser und entsprechende
Verunreinigungen ab. Damit sich auf diesen Deckschichten kein Wasseraufstau bilden kann, wird über
den Deckschichten eine zweite Sickerleitung als sog. Oberflächenwasser-Drainage verlegt, dessen
Sickerwasser dem Vorfluter zugeleitet wird.
Insbesondere ältere Quellfassungen bestehen häufig nur aus Sickerrohren, die in einer Kies-
Sickerpackung verlegt wurden und weisen oft weder einen Beton-Querriegel am Fassungs-Ausgang
noch irgendwelche Deckschichten und Drainagen gegen das Eindringen von Oberflächenwasser auf.
Bild 9: Typischer Fassungsaufbau
gem. SVGW W 10
5. Typische Schäden an bestehenden Quellfassungen Erosion im Fassungsbereich :
Die während Jahrzehnten wirkende erosive Kraft des Wassers auf der wasserundurchlässigen Schicht
des Wasserstauers bewirkt je nach geologischer Beschaffenheit dieser dichten Schicht ein
allmähliches Erodieren der wasserberührten Zone und somit ein allmähliches Abtiefen der
Fassungssohle; somit kann ab einem gewissen Zeitpunkt das Fassungsrohr unterströmt werden, so
dass nicht mehr alles Wasser in das Fassungsrohr gelangt sondern ein Teil darunter wegfliesst. Wird
auch noch der Querriegel der Fassung unterströmt oder seitlich umströmt, kann ein Teil des Wassers
allmählich den Weg in den Bereich unterhalb der Fassung finden. Häufig ist dies an Vernässungen
oder Wasseraustritten unterhalb von Fassungen bei nasser Witterung zu beobachten.
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Werden ältere Messungen der Quellschüttungen mit aktuellen Messungen verglichen, lässt sich im
Allgemeinen feststellen, dass die mittlere Quellschüttung zurückgegangen ist und die Abflussspitzen
bei Niederschlägen gegenüber der übrigen Zeit deutlich stärker ausfallen.
Rückstau-Erscheinungen :
Entsteht dauernd oder bei grösseren Abfluss-Ereignissen ein Rückstau in die Quellfassung bzw. in
den zuströmenden Wasserleiter, wird sich das Wasser im Untergrund andere Fliesswege suchen um
dem Hindernis auszuweichen. Dabei kann das unterirdische Quellwasser seitlich um die Fassung
herum abfliessen, so dass dieser nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Wassermenge zufliesst.
Typische Ursachen für solche Erscheinungen sind
− zu kleine Auslegung von Fassungsrohren oder der Schlitzöffnungen
− Verstopfen der Schlitzöffnungen durch feinkörniges Material (z.B. zu feines Sickerkies)
− Wurzeleinwachsungen von Bäumen oder anderen Pflanzen
− Rückstau aus weiterführenden Quellableitungen z.B. wegen zu kleiner Dimensionierung bzw.
zu wenig Gefälle, wegen der Bildung von Lufteinschlüssen bei Gefällsänderungen etc.
− Verstopfen der wasserführenden Schicht ausserhalb der Fassung mit feinem Material aus
dem Untergrund durch extreme Abflussereignisse
Schäden oder Veränderungen im Einzugsgebiet :
Da sich, wie aus den Abschnitten 2 und 3 ersichtlich, das System Fassung deutlich über den
baulichen Teil der Fassung hinaus erstreckt, sind zahlreiche Möglichkeiten für die Schädigung einer
Quellfassung teilweise weit ausserhalb der eigentlichen Fassung denkbar :
− Grabarbeiten bis in den Bereich der wasserführenden Schichten im Einzugsbereich mit
Veränderungen der Fliesswege bis zum Abdrainieren
− Versickern von Oberflächenwasser von Plätzen, Strassen und Wegen im Einzugsbereich von
Fassungen
− Naturereignisse, die entweder die Bodenbedeckung verändern (Wegschwemmen von
Humus, Umkippen von Wurzelstöcken im Wald) oder unterirdische Fliesswege
beeinträchtigen (z.B. Aufreissen von natürlichen Filterschichten im Bereich von Gewässern)
− Etc.
Auch wenn Gewässerschutzzonen existieren, ist deren Schutz nur wirksam, wenn einerseits die
Schutzzonen im Gelände markiert sind (Signale) und die Einhaltung der Schutzzonen-Vorschriften
sowie die allgemeine Integrität des Einzugsgebiets durch häufige und regelmässige Kontrollen
überwacht werden.
6. Zustandserfassung von bestehenden Quellfassungen Da bestehende Quellfassungen in der Regel bis zum Beginn einer Erneuerung für die
Wasserversorgung genutzt werden, entziehen sich bestehende Fassungen in der Regel invasiven
Untersuchungsmethoden wie z.B. Sondiergrabungen oder Sondierbohrungen im näheren
Fassungsbereich. Insbesondere bei alten Fassungen muss man bei Sondagen damit rechnen,
unmittelbar auf den Fassungskörper zu stossen, so dass eine weitere Nutzung nicht mehr möglich ist.
Vorgängig von Erneuerungsplanungen sollten daher alle möglichen, nicht-invasiven
Untersuchungsmethoden genutzt werden, um sich für eine Erneuerungsplanung ein Bild über
bestehende Quellfassungen machen zu können :
− Beschaffung und Interpretation von alten Plänen (sofern vorhanden)
− Beschaffung von Quellschüttungs-Messprotokollen soweit zurück wie möglich, Vergleich
mit aktuellen Quellschüttungen.
− Beschaffung von chemischen und mikrobiologischen Wasseranalysen des Quellwassers;
Vergleiche zwischen früheren und aktuellen Daten zur Feststellung von Trends.
− Vergleiche zwischen Niederschlags-Ereignissen und resultierender Quellschüttung.
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− Neigung des Quellwassers zu Trübungen, Notwendigkeit zur Aufbereitung des
Quellwassers.
− Orten und Vermessen der bestehenden Fasssungsrohr bzw. -stränge in Lage und
insbesondere Tiefe soweit ab Brunnstube möglich. Dabei sollte beachtet werden, dass
einerseits die in die Fassungsrohre eingeführten Sonden oder Ruten desinfiziert werden
sollten und anderseits die Sonden - falls sie Batterien enthalten - nicht über unzugängliche
Ecken hinaus eingeführt werden sollten, so dass sie in jedem Fall wieder zurückgezogen
werden können.
− Erstellen und Auswerten von Video-Aufnahmen der Fassungsrohre und -stränge zur
Feststellung bzw. Ueberprüfung der ausgeführten Sickerabschnitte in der Fassung sowie
allfälligen Schadensursachen. Hier gilt zu beachten, dass die eingeführten Kameras einerseits
wasserdicht sein müssen da sie ja dem ständig zufliessenden Quellwasser ausgesetzt sind.
Ebenso sollten aus hygienischen Gründen spezielle Kameras eingesetzt werden, die nicht
auch noch für die Inspektion von Abwasserkanälen eingesetzt werden.
Neben den, die eigentliche Quellfassung betreffenden Untersuchungen sollten auch die Eigentums-
und Wasserrechte der untersuchten Fassung geklärt werden :
− Wer ist Besitzer der Wasserrechte ? Wie sind die Wasserrechte gesichert (Vertrag,
Grundbuch) ? Bestehen weitere Nutzniesser am Quellwasser ?
− Bestehen allenfalls Nachgrabungsrechte auf umliegenden Parzellen ?
− Bestehen im Umfeld / im Einzugsbereich der Quellwasserfassung weitere Quellenrechte
anderer Eigentümer ? Sind gegenseitige Beeinflussungen denkbar ?
− Bestehen übergeordnete Rechtsansprüche an das Quellwasser z.B. aufgrund der
Restwasserproblematik von Gewässern oder aufgrund kantonaler Wassernutzungs-Gesetze ?
Besteht für die fragliche Quellfassung noch eine altrechtliche Schutzzone (vor 1998 ausgeschieden)
oder gar keine, sollten im Rahmen einer Zustandserfassung vorgängig von Bauausführungen auch die
folgenden Fragestellungen bezüglich Schutzzone geklärt werden :
− Kann voraussichtlich auf Basis der bekannten Eigenschaften des Wasservorkommens eine
Schutzzone gem. GSchG 1998 nach der Baurealisierung einer Fassung ausgeschieden
werden ? Können die minimalen Abmessungen der Schutzzonen im Gelände überhaupt
umgesetzt werden ?
− Sind im Bereich von Schutzzonen S1 und S2 Bauwerke vorhanden, die die Ausscheidung
einer Schutzzone nicht zulassen bzw. erhebliche Anpassungen an Bauten verursachen ?
− Welche Rechte Dritter (insbesondere Landwirtschaft) werden durch eine Schutzzone
eingeschränkt ? Kann Realersatz geboten werden oder sind die Nutzungseinschränkungen
finanziell abgeltbar ?
− Werden voraussichtlich landwirtschaftliche Nutzflächen hinsichtlich des Ausbringens von
flüssigem Hofdünger in ihrer Nutzung eingeschränkt ? Kann die Stickstoffbilanz des
betroffenen Landwirts anderweitig ausgeglichen werden ?
Zwecks Abklärung der vorstehenden hydrogeologischen Fragestellungen sollte bereits für die
Zustandserfassung von bestehenden Fassungsanlagen frühzeitig ein entsprechend qualifizierter
Hydrogeologe beigezogen werden. Allenfalls muss ein Teil der Planung der zukünftigen Schutzzone
bereits vorgängig der Ausführung einer Sanierung oder Neuerstellung einer Quellfassung ausgeführt
werden, um die Machbarkeit und die Umsetzbarkeit der Schutzzone sicherstellen zu können.
7. Wasserprospektion Im Rahmen der Projektierung von Wasserfassungen - ob bestehend oder neu - stellt sich häufig die
Frage, wo am besten in Anbetracht sämtlicher Randbedingungen wie Einzugsgebiet, Schutzzone,
Ableitung etc. eine Quellwasserfassung erstellt werden soll. Dazu ist die Kenntnis der Fliesswege des
unterirdischen Wassers von herausragender Bedeutung. Um die unterirdischen Fliesswege des
Quellwassers abzuschätzen, sind in der Praxis die nachfolgenden Methoden gebräuchlich :
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Geophysikalische Verfahren :
Bild 10 Prinzip und Resultat von geoelektrischen Messungen
Bei den geoelektrischen Verfahren wie z.B. VLF
handelt es sich um indirekte Messverfahren, mit
denen im Wesentlichen nur der scheinbare
elektrische Widerstand der Bodenschichten erfasst
wird. Da wo der elektrische Widerstand hoch ist,
werden wasserführende Kiesschichten vermutet. Es
ist meist nur in bindigen, elektrisch leitfähigen Böden
anwendbar.
Das Verfahren der Gravimetrie besteht in der
Messung des Schwerefelds und somit indirekt der
Dichte der Erdmaterialien im Untergrund bzw. in
deren Kartierung. Damit lassen sich z.B.
wasserhaltige von nicht-wasserhaltigen Zonen
unterscheiden. Bild 11 Resultat einer Schwerefeld-Messung
Eine weitere Möglichkeit ist die Durchführung von seismischen Messungen, bei denen mittels
Hammer oder Sprengladung Druckwellen im Untergrund verursacht und mittels Geo-Mikrophonen
aufgefangen und ausgewertet werden. Da sich die Druckwellen in unterschiedlichen Bodenschichten
unterschiedlich schnell bewegen bzw. reflektiert werden, lassen sich daraus indirekt Erkenntnisse über
den Bodenaufbau und die Wahrscheinlichkeit unterirdischer Wasservorkommen gewinnen. Je nach
Topographie sind auch für kleinräumige Untersuchungen teils ausgedehnte Messverfahren nötig.
Bild 12 : Prinzip und Resultat von seismischen Erkundungen des Untergrunds
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Die Praxis zeigt immer wieder, dass sich geophysikalische Untersuchungen zwar gut dafür eignen,
über grössere Flächen grundsätzliche Erkenntnisse über Aufbau und Struktur des Untergrunds zu
erhalten. Sie sind aber nur wenig aussagekräftig, wenn örtlich eng begrenzte geologische Verhältnisse
wie z.B. für den Baubereich einer Fassung erkundet werden sollen. Die Resultate solcher
geophysikalischen Untersuchungen müssen in der Regel durch Sondiergrabungen oder -bohrungen
wie auch allenfalls durch Färbversuche verifiziert werden.
Die Kosten für die Durchführung geophysikalischer Messungen inkl. Auswertung liegt meist im Bereich
von ca. Fr. 5'000.- bis zu mehreren Fr. 10'000.- je nach Art des Verfahrens, des Untergrunds und der
zu untersuchenden Flächen.
Rutengänger, Pendelmutungen :
Gemäss den Gesetzen der Magnetohydrodynamik bewirkt ein elektrisch leitendes Fluid (Wasser) in
einem Magnetfeld (der Erde) infolge von Gegeninduktion eine Abschwächung bzw. eine Verzerrung
des Magnetfeldes. Dieses Prinzip wird im magnetisch-induktiven Wassermesser in der Messtechnik
seit Jahren angewendet. Allerdings wird das in diesen Geräten wirkende Magnetfeld künstlich erzeugt,
so dass die Magnetfeldänderung des turbulent fliessenden Wassers mit den verfügbaren Sensoren
technisch gemessen und angezeigt werden kann.
Das im Untergrund turbulent fliessende Grundwasser verursacht im Erdmagnetfeld genauso eine
Aenderung des Magnetfeldes, das resultierende Signal ist jedoch infolge der sehr geringen Feldstärke
des Erdmagnetfeldes um einige 10er-Potenzen kleiner als die Empfindlichkeit jedes technischen
Messgeräts.
Wie zahlreiche Beispiele von Rutengängern seit Alters zeigen, verfügen entsprechend veranlagte
Menschen mit dem auf Basis von elektrischen Impulsen und Strömen funktionierenden Nervensystem
offenbar über eine sehr empfindliche Antenne, mit der die sehr kleinen Magnetfeldänderungen infolge
fliessendem Wasser (oder auch anderen Magnetfeld-Störungen) wahrgenommen werden können.
Währenddem Pendelmutungen ausgehend von bekannten Fliesswegen unterirdischen Wassers wie
z.B. einem bestehenden Fassungsrohr relativ zuverlässig in Lage und Tiefe über kürzere Distanzen
weiterverfolgt werden können, werden Pendelmutungen auf der "freien Wiese" ohne Bezug auf
bekannte Ausgangspunkte rasch zur Lotterie. Dies deshalb weil Verzerrungen im Erdmagnetfeld nicht
nur aufgrund von fliessendem Wasser sondern auch wegen anderen Einflüssen hervorgerufen werden
und der Mensch über keine Sensorik verfügt, mit der die unterschiedlichen Störeinflüsse voneinander
unterschieden werden können. Pendelmutungen geraten auch schnell an ihre Grenzen, wenn
mehrere unterirdische Fliesswege in Schichten übereinander liegen, was eine Interpretation kaum
mehr ermöglicht.
Pendelmutungen durch erfahrene Rutengänger sind im allgemeinen günstiger und im Nahbereich mit
Bezug auf bekannte Fassungen (mit den obigen Vorbehalten) aussagekräftiger als geophysikalische
Messungen. Sie unterliegen jedoch den erwähnten Störeinflüssen mit einer relativ hohen Fehlerrate.
Auch die Ergebnisse von Pendelmutungen müssen allenfalls mit Sondiergrabungen oder -bohrungen
verifiziert werden.
8. Konzeption und Projektierung des Fassungsbauwerks Wenn die Resultate sämtlicher der vorstehend erwähnten Untersuchungen und Abklärungen
vorliegen, kann die Konzeption und die Projektierung des Fassungsbauwerks erfolgen. Dabei müssen
die folgenden Fragen geklärt bzw. die folgenden Aspekte berücksichtigt werden :
Kombination von Fassungen :
− Sind ein oder mehrere unterirdische Wasserzüge zu fassen ?
− Sollen oder können die Wasserzüge in einem einzigen Fassungsgraben gefasst werden
oder sind mehrere Einzelfassungen zu erstellen ?
− In welcher Reihenfolge sollen die Fassungen erstellt werden, so dass sich die Arbeiten an
den Fassungen nicht gegenseitig beeinflussen ?
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Topographie, Situation und Höhenlage der Fassung(en) :
− Topographische Aufnahmen und Darstellung des Geländes in Form von Längs- und
Querprofilen oder - falls erforderlich - digitalen Geländemodellen.
− Tiefen von Fassungsgräben in Bezug auf das Gelände. Die Fassungssohle muss mit den im
Gelände einsetzbaren Baggern noch erreichbar sein.
− Höhenverhältnisse in Bezug auf den Standort der Brunnstube. Zwischen Fassung und
Brunnstube muss genügend Gefälle vorhanden sein, um das Quellwasser auch bei sehr
hoher Quellschüttung rückstaufrei abzuleiten.
− Entfernung bis zur Brunnstube. Die Fassungsbauwerke sollten später von der Brunnstube
aus mit Ortungsruten oder auch Videokameras erreichbar sein. Daher Distanz Brunnstube -
Fassung möglichst nicht grösser als ca. 50 m, max. 100 m. Allenfalls Zwischenschächte oder
separate Brunnstuben einplanen.
− Anschlusshöhen an die weiterführenden Quellableitungen. In wenig geneigtem Gelände
bestehen evtl. diesbezügliche Randbedingungen.
Dimensionierung Bauteile :
− Schluckvermögen der Fassungsrohre muss den grösstmöglichen Wasserandrang
aufnehmen können.
− Die Rohrstatik der Fassungsrohre unter der resultierenden Erdüberdeckung muss
nachgewiesen werden. Sind die Rohre zu schwach müssen entsprechende
Stützkonstruktionen (z.B. Betonabdeckungen) und/oder Umhüllungen mit Sickerbeton
vorgesehen werden.
− Minimale Körnung des Kiesfilters in Abhängigkeit der Schlitzöffnungen der Fassungsrohre
festlegen (Kies darf Schlitzöffnungen nicht verstopfen bzw. Wassereintritt nicht behindern).
Evtl. mehrschichtiger Kiesfilter als Uebergang zu feinkörnigem Boden vorsehen.
− Rohrdimensionen Fassungsrohre bis Brunnstube sowie weiterführende Quellableitungen
aufgrund der voraussichtlichen Gefällsverhältnisse abschätzen.
Wasserhaltung während Bauarbeiten :
− Kann auf das Quellwasser aus den zu erneuernden Fassungen für die Dauer der Arbeiten
verzichtet werden ? Ist für die Aufrechterhaltung der Wasserversorgung alternative
Wasserbeschaffung nötig ? Müssen die Fassungen gar unter Betrieb erneuert werden ?
− Wie kann die Wasserableitung aus dem Fassungsgraben während den Bauarbeiten
ständig ohne Rückstau gewährleistet werden ? Ableitung im freien Gefälle möglich
(vorteilhaft) ? Pumpen notwendig (24 h pro Tag) ?
− Wo können Absetzbecken in die Ableitung integriert werden falls das Quellwasser einem
Fischgewässer zugeleitet wird (Trübungen während Aushubarbeiten sind unvermeidbar) ?
− Sind für die Neutralisierung von Betonabwässern während Arbeiten an Betonriegeln und -
abdeckungen spezielle Einrichtungen notwendig ?
− Kann durch Hochwasser aus benachbarten Bächen allenfalls Rückstau oder Ueberflutung
in die Quellfassung erfolgen ?
Grundbau-Konzept :
Da jede wasserundurchlässige Schicht (Wasserstauer) mit
dem darüber fliessenden Quellwasser als Gleitschicht
funktioniert, stellt sich bei der Planung und Konzeption
auch die Frage, wie die Stabilität der Böschungen von
Gruben und Gräben während dem Bauprozess gesichert
werden kann. Es handelt sich dabei um ein typisches
Problem im Grundbau. Anders als in normalen Baugruben
können die Grabenwände oder -böschungen jedoch nicht
einfach mittels Spundwänden oder anderen Verfahren
ohne Rücksicht auf das zu fassende Wasser gesichert Bild 13: Instabilität Böschung
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werden. Im Fassungsbau gibt es daher in der Regel nur die folgenden Möglichkeiten um eine
Böschung oder eine Grabenwand zu sichern :
− Ausführung des Fassungsaushubs innerhalb einer Spriessung :
Der seitliche Erddruck wird dabei durch die Spriesselemente aufgefangen und über die
Spriesswinden auf die gegenüberliegende Grabenseite abgestützt und umgekehrt. Diese
Methode erlaubt insbesondere, den natürlichen gewachsenen Boden mit seinen
Filterstrecken im Umfeld der Fassung weitgehend unbeeinflusst zu belassen und auch
Setzungen infolge Erddruck-Umlagerungen zu vermeiden. Ebenso wird mit dieser Methode am
wenigsten Aushubvolumen generiert.
Nachteilig ist die Einschränkung der Flexibilität des Grabenaushubs durch die Spriessung
selber; einerseits wird der Aushub innerhalb der Spriessung behindert, anderseits sind z.B.
Richtungsänderungen oder Abzweige von Fassungsgräben mit der Spriessung erschwert.
Für die Spriessung sollten Kanaldielen-Spriessungen verwendet werden, da diese
Spriessungen durch Ziehen oder Nachdrücken einzelner Kanaldielen eine optimale Anpassung
an den Verlauf der wasserführenden Schichten ermöglicht. Falls erforderlich kann ein Voraushub
bis ca. 4 - 5 m über den Fassungshorizont vorgenommen werden, um die Arbeitstiefe innerhalb
Spriessungen zu verringen.
Die im Werkleitungsbau gebräuchlichen Plattenspriessungen wie Krings etc. eignen sich
aufgrund der grossflächigen und dichten Platten nur sehr bedingt für den Einsatz im
Fassungsgraben. Bei unachtsamem Nachdrücken einer Plattenspriessung besteht insbesondere
die Gefahr, die wasserführenden Schichten vom Graben abzutrennen oder zu zerdrücken.
Spriessungen müssen mit dem fortschreitenden Aushub innerhalb der Spriessung abgesenkt
werden (kein Vortreiben) und sie müssen dauernd stabil und zuverlässig mit Spriesswinden und
Longarinen gesichert werden. Die Handhabung einer Spriessausrüstung sollte nur durch
erfahrenes und ausgewiesenes Personal erfolgen.
− Abflachen der Böschungen unterhalb kritische Böschungswinkel
Falls der Einbau einer Spriessung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Frage kommt und
das Gelände dies zulässt, kann eine Fassung theoretisch auch in der offenen Baugrube erstellt
werden. Aufgrund der durch das zufliessende Quellwasser auf der meistens lehmigen
Wasserstauschicht im Bereich des Böschungsfusses bestehenden idealen Gleitschicht können
sich ohne Weiteres unkontrollierbare Böschungs-Instabilitäten und Erdrutsche ergeben. Gem.
Bauarbeitenverordnung ist für solche Fälle ein Sicherheitsnachweis für die Standfestigkeit der
Böschung unter allen denkbaren Randbedingungen (z.B. Auflast durch Bagger etc.) erforderlich
(Geologe od. Fachingenieur). Je nach Bodenbeschaffenheit werden in der Praxis für eine sichere
Abflachung rasch einmal Böschungswinkel von 60° bis 45° erreicht, damit die Böschung auch
bei Niederschlägen standfest bleibt. Das Aushubvolumen auch für einen Fassungsgraben
erreicht dann ein Vielfaches eines gespriessten Grabens, meist mit der Notwendigkeit für
grössere Material-Zwischentransporte. Durch die massiven Erdbewegungen sowie die
grossflächige Ausdehnung des Aushubbereichs werden der natürlich gewachsene Boden
sowie allenfalls auch die natürlichen Filterstrecken im Bereich der Fassungen gestört. Auf
diese Art erstellte Fassungen können bei unsorgfältiger Ausführung der Erdarbeiten zu
häufigeren Trübungserscheinungen neigen. Allenfalls ist der Ersatz des natürlichen
Aushubmaterials durch grössere Mengen an sickerfähigem Kies nötig.
Die Erstellung von Fassungen in einer offenen ungespriessten Baugrube ist in der Regel nur in
felsigem oder mit Blöcken durchsetztem Untergrund sinnvoll falls sich die erforderlichen
Böschungs-Stabilitäten erreichen lassen.
− Rückverankerung von Böschungen mittels Erdankern und Spritzbeton
Die Böschungen offener Baugruben können auch für Quellfassungen durch Rückverankerung mit
Spritzbeton und Einbohren von Erdankern gesichert werden wodurch steilere Böschungen (bis
80°) erzielt werden können. Durch das Einbohren und Injizieren von Erdankern mit Fliessmörtel
besteht allerdings die Gefahr, dass die wasserführenden Fliesswege mit Injektionsmörtel
verstopft werden. Die Anker sollten daher in Richtungen verbohrt werden, die möglichst nicht auf
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Fliesswege treffen z.B. leicht aufwärts statt wie üblich abwärts. Während dem Einbohren muss
das Quellwasser zudem auf Trübungen durch die Suspensionen sowie auch auf eine allfällig
nachlassende Quellwassermengen überprüft werden. Diese Methode ist in der Regel
kostspielig, ist jedoch insbesondere bei felsigem und blockhaltigem Untergrund häufig eine
valable Alternative zur einem gespriessten Fassungsgraben.
Konzept Abdichtungen, Oberflächen-Entwässerung und Drainagen :
Die durch das Aufgraben des gewachsenen Bodens entstehenden Fliess- und Sickerwege für
Oberflächenwasser in Richtung der Quellfassung müssen, wie aus Bild 9 ersichtlich, durch adäquate
Mittel gegen die Fassung abgedichtet und der aufgelockerte Boden über der Fassung entsprechend
entwässert bzw. drainiert werden.
Währenddem bei einer kleineren Fassung in einem gespriessten Graben die in Bild 9 dargestellte
Abdichtung durch Aufbringen einer Betonabdeckung durchaus noch wirtschaftlich ist, entstehen bei
Fassungen in offenen Baugruben derart grosse abzudichtende Flächen, dass das Erstellen einer
Betonabdeckung viel zu teuer wird. Abdichtungen gegen Oberflächenwasser können alternativ mit den
seit einigen Jahren verfügbaren Bentonit-getränkten Dichtungsmatten ausgeführt werden. Hierbei
ist jedoch insbesondere der Dichtheit der Ueberlappungen sowie Auf- und Abbordungen der
Matten spezielles Augenmerk zu schenken.
Ebenso können Abdichtungen aus gut verarbeitbarem, sauberem Lehm in Fassungen angebracht
und für die Abdichtung von Flächen sowie Fugen und Ecken verwendet werden. Währenddem früher
dafür ungebrannte Lehm-Ziegelpatschen aus Ziegeleien verwendet werden konnten, hat der Umstand,
dass dem Ziegellehm heute Sand beigemischt wird, dazu geführt, dass dieser Ziegellehm sich unter
Wasserkontakt auflöst und sich für den Einsatz in Fassungen nicht mehr eignet. Alternativ kann -
sofern vorhanden - auch natürlicher blauer oder grauer Lehm aus aktuellen Baugruben-Aushüben
verwendet werden.
Das bis zu den Abdichtungen über der Fassung vordringende Oberflächenwasser muss möglichst
rückstaufrei abgeleitet werden, da sonst die Gefahr besteht, dass ungenügend gefiltertes und
kontaminiertes Wasser durch Aufbau eines Ueberdrucks in die zur Fassung führenden Fliesswege
gelangen kann. Dafür sollten Sicker- bzw. Drainagerohre über und allenfalls vor dem Fassungskörper
vorgesehen werden, die eindringendes Sickerwasser rückstaufrei in den Vorfluter ableiten. Diese
Sicker- und Drainageleitungen sollten kontrollierbar und auch spülbar über Kontrollschächte geführt
werden, damit insbesondere die Sickerwassermengen überprüfbar sind. Eine stetig zunehmende
Sickerwassermenge kann auf Undichtheiten im Fassungskörper hinweisen.
Diese Entwässerungen und die Sicherstellung ihrer dauernden Funktion und Kontrollierbarkeit sind in
der Projektierung von Fassungen ebenfalls zu berücksichtigen.
Konzept Baustellen-Organisation :
− Wie erfolgt der Zugang zur Baustelle Fassung (möglichst nicht über Einzugsgebiet /
Zuströmbereich) ?
− Wo wird der Installationsplatz für die Bauausführung angelegt ? Wo werden Treibstoff- und
Oeldepots angelegt ? (Nicht im Einzugsbereich der Fassung !) Nur biologisch abbaubares
Oel in Maschinen und Aggregaten !
− Mit welchem Typ Aushubgerät (Raupenbagger, Schreitbagger etc.) ist die Baustelle
zugänglich ? Müssen für die Aushubarbeiten zum Erreichen der Arbeitstiefe spezielle
Arbeitsebenen vorgesehen und eingeplant werden ?
Das gewählte bauliche Konzept sollte als Grundlage für die weitere Bearbeitung in Schemas des
Fassungsaufbaus sowie der erforderlichen Längs- und Querprofile des Fassungsgrabens inkl.
Ableitung bis zur Brunnstube und ggf. darüber hinaus planerisch definiert und festgehalten werden.
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9. Kostenermittlung für Quellfassungen Ausgehend von der gewählten Konzeption und den Längs- und Querprofilen von Fassungsgräben,
Baugruben und Leitungen kann eine erste Abschätzung der Baukosten auf Basis der theoretischen
Vorausmasse erfolgen.
Da die Planung von Quellfassungen häufig in genereller Unsicherheit bezüglich der tatsächlichen
Verhältnisse im Bereich der wasserführenden Schichten erfolgt, sollten genügend Reserven für
Sondagen, Regiearbeiten sowie Unvorhergesehenes eingeplant werden. Zusätzlich zu einem
generellen Zuschlag von ca. 10% für Unvorhergesehenes empfiehlt sich das Einplanen von min. ca.
20 - 30% der theoretischen planbaren Kosten für Sondagen und Regiearbeiten während den
Bauarbeiten. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Massnahmen für die Wasserhaltung
und -ableitung, das Freilegen der wasserführenden Schichten sowie das Erstellen von
Fassungssohlen im Wasserbereich etc. einiges an Hand- und Detailarbeiten erfordert, die in Art und
Umfang häufig nicht zum Voraus planbar sind.
Kostenangaben in der Planungsphase für die Arbeiten im Fassungsbereich sollten als
Kostenschätzungen mit einer Toleranz von +/- 20 % verstanden und definiert werden, da die
tatsächlichen Verhältnisse im Bereich der wasserführenden Schichten erst mit der Realisierung des
Fassungsgrabens konkret sichtbar werden.
10. Ausschreibung und Unternehmerwahl Gegenüber früheren Zeiten gibt es heute kaum noch auf Wasserfassungen spezialisierte
Bauunternehmungen, die über das einschlägige Wissen im Zusammenhang mit Fassungsbauten für
Quellwasser verfügen. Bei der Wahl eines Bauunternehmers sollte insbesondere darauf geachtet
werden, dass der Unternehmer über die erforderlichen Aushubgeräte, die Einrichtungen für die
Wasserhaltung wie Pumpen, Aggregate etc sowie insbesondere auch über das erforderliche
Spriessmaterial für die Sicherung der Fassungsgräben verfügt. Bei Ausschreibungen sollte neben dem
Nachweis der Verfügbarkeit dieser Ausrüstungen insbesondere durch den Unternehmer auch
nachgewiesen werden, dass der Unternehmer bzw. das eingesetzte Personal mit der Handhabung
dieser Ausrüstungen, insbesondere des Spriessmaterials und dessen Einsatz im wasserführenden
Grundbau, auch vertraut und geübt ist.
Die Ausschreibung der Arbeiten kann wie für andere Bauleistungen üblich mittels Baukostenplan BKP
sowie den Normpositionenkatalogen NPK erfolgen. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten :
− Ausschreibung der Bauleistungen nach theoretischem Vorausmass mit Einheitspreisen, ergänzt
mit einem genügend grossen Anteil an Regieleistungen als Puffer für die Unsicherheit der
Planung. Diese Möglichkeit empfiehlt sich dann, wenn aufgrund der Planungsgrundlagen eine
genügend grosse Sicherheit besteht, dass das geplant Konzept einigermassen wie vorgesehen
umgesetzt werden kann.
− Ausschreibung sämtlicher Bauarbeiten in Regie, d.h. nach Regieansätzen für Personal,
Ausrüstung, Geräte, Maschinen sowie Installation. Allerdings muss auch hier auf Basis einer
Planung ein Vorausmass für die zu erwartenden Arbeitsstunden für Personal, Geräte und
Maschinen sowie Flächen oder andere Einheiten für den Einsatz der Ausrüstung abgeschätzt
werden. Der Angebots-Wettbewerb erfolgt dann über die Regieansätze bzw. Preis-Rabatte
darauf. Diese Variante der Ausschreibung empfiehlt sich vor Allem dann, wenn trotz Planung eine
sehr grosse Unsicherheit bezüglich der effektiv vorgefundenen Verhältnisse im Untergrund sowie
bezüglich Art und Aufbau der Fassung besteht, so dass keine einigermassen zuverlässigen
Konzepte und Vorausmasse erarbeitet werden können. Bei dieser Variante sollten allenfalls auch
Bausummen-abhängige Staffelrabatte verlangt werden, d.h. sobald die Baukosten eine gewisse
Bausumme überschreiten sollten vom Unternehmer zusätzliche Rabatte gewährt werden.
11. Bauausführung von Fassungen Die Bauausführung von Quellfassungen sollte grundsätzlich nicht in einer absehbar trockenen
Jahreszeit erfolgen, da dann die Ausdehnung der Fassung im Boden infolge Trockenfalls gewisser
Wasserleiter im Randbereich der Fassung nicht richtig eingeschätzt werden kann. Besser ist die
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Ausführung während einer Jahreszeit, in der mit mittleren bis überdurchschnittlichen Quellschüttungen
gerechnet werden kann; nur so lassen sich die wasserführenden Schichten im Untergrund richtig
einschätzen so dass der notwendige Umfang der Fassung und allfällig nötige Zusatzmassnahmen
während der Baurealisierung im Detail festgelegt und ausgeführt werden können.
Grundsätzlich muss während der Ausführung von Fassungen das aus der Fassung austretende
Wasser jederzeit vollständig frei und ohne jeden Rückstau abfliessen können. Erfolgt ein
Rückstau in die Fassung z.B. wegen dem Ausfall von Pumpen kann dies sehr rasch zu einer
Veränderung der Fliesswege im Untergrund und zur Beschädigung einer Fassung führen bzw. zur
Notwendigkeit, den Fassungsgraben neu ansetzen zu müssen. Allenfalls muss eine zu hoch
angesetzte Fassungssohle nachträglich noch abgetieft werden, was häufig zu hohem Aufwand führt.
Ebenso muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, dass der Fassungsgraben bzw. die
Böschungen von Gräben und Gruben auch unter grossem Wasserandrang inkl. allfälligem
Niederschlag standfest gesichert sind; sei dies nun mittels Grabenspriessungen, abgeflachten
Böschungen, Bermen oder anderen Verfahren. Ein unkontrolliertes Abgleiten einer Böschung oder das
Einstürzen einer Grabenwand stellt nicht nur ein unakzeptables Risiko für die Arbeitssicherheit dar
sondern beschädigt durch die Lockerung und Verschiebung des gewachsenen Bodens im Bereich
eines Fassungsgrabens auch die Fassung als solche. Solche Erscheinungen können bis zum
Durchtrennen der wasserführenden Fliesswege führen, so dass die Fassung insgesamt zerstört wird.
Ein vorgesehenes Grundbau-Konzept muss immer wieder auf seine Umsetzbarkeit geprüft und ggf.
angepasst werden.
Der Abbau von Fels, Blöcken und grossen Findlingen darf im Bereich eines Fassungsgrabens
keinesfalls mit Explosiv-Sprengstoffen erfolgen, da die aus einer Sprengung resultierenden
Erschütterungen die teils nur Zentimeter oder gar nur Millimeter dicken wasserführenden Schichten
beschädigen und zu einer Veränderung der Fliesswege führen kann. Es existieren heute
erschütterungsarme Abbaumethoden mit hydraulischen Spreizdornen oder Expansivmörtel etc. mit
denen sich Fels oder Blöcke nach Bohren eines Lochs zerkleinern lassen.
Da insbesondere in vielschichtigen Böden wie z.B. Moränen die wasserführenden Schichten nur durch
dünne lehmige Wasserstau-Schichten vom nächstunteren sickerfähigen Stockwerk getrennt sind, ist
von Beginn der Bauarbeiten schon bei Sondagen darauf zu achten, dass solche
Wasserstauschichten nicht beschädigt und unkontrolliert durchstossen werden. Im Schadenfall
kann das Quellwasser sonst in die nächstuntere sickerfähige Erdschicht versickern.
Die Ausführung und die Detailgestaltung der realen Fassung angesichts der häufig anders als erwartet
zu Tage tretenden Fliesswege des Wassers erfordern während dem ganzen Bauprozess immer
wieder das Ueberdenken und Anpassen der Planungskonzepte. Eine enge Beaufsichtigung der
Baustelle und Führung des Bauunternehmers durch erfahrene Fachleute ist daher die Bedingung
für den Erfolg.
12. Dokumentation des ausgeführten Bauwerks Wie schon aus Abschnitt 6 hervorgeht, bestehen trotz umfangreichen Aufwendungen für eine
nachträgliche Zustandserfassung und Beurteilung bestehender Fassungsanlagen häufig dennoch
grosse Unsicherheiten bezüglich deren Funktion und der im Untergrund vorherrschenden
Verhältnisse. Für das Monitoring von in Betrieb stehenden Fassungen im Rahmen der
Qualitätssicherung sowie insbesondere für allfällige zukünftige Erneuerungsplanungen ist es daher
von enormer Bedeutung, dass die im Rahmen der Erstellung einer Fassung gewonnen Erkenntnisse
sowohl in Form von Plänen zur Darstellung der Geometrie von unterirdischen Leitungen und
Bauwerken wie auch den vorgefundenen geologischen Beschaffenheiten des Untergrunds beim Bau
der Anlage erhoben und für die Nachwelt erhalten werden.
Merke : "Ein Quellgebiet kennt man meistens erst dann, wenn man es saniert bzw. erstellt hat."
Der Verfasser
WA-TEC AG, Thun / Jürg Burren
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