Lehrstuhl Marketing und Konsum Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Hansen
Lehr- und Forschungsbericht
Silja Halbes
Ursula Hansen
Ulf Schrader
Konsumentenorientierte Kommunikation über Corporate Social
Responsibility (CSR)
Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von verbraucherpolitischen
Akteuren und Unternehmen in Deutschland
Nr. 55 Hannover, Juni 2006 Universität Hannover Königsworther Platz 1 30167 Hannover Tel. ++49-511-762-5613 Fax. ++49-511-762-5630 Email: [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung...............................................................................................................................6
2 Konzeption der schriftlichen Befragungen ............................................................................7
2.1 Ziel der Befragungen ......................................................................................................7
2.2 Auswahl der Grundgesamtheiten....................................................................................8
2.3 Methodische Aspekte....................................................................................................12
2.4 Fragebogenentwicklung................................................................................................13
3 Stichprobenstruktur..............................................................................................................15
3.1 Struktur der Unternehmensstichprobe ..........................................................................15
3.2 Struktur der Stichprobe der verbraucherpolitischen Akteure .......................................17
4 Ergebnisse der Befragungen ................................................................................................19
4.1 Begriffsverständnis „konsumentenorientierte CSR-Kommunikation".........................19
4.2 Gegenwärtige Relevanz und Kommunikationsangebot................................................20 4.2.1 Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation in den Auffassungen der Akteure .... 20 4.2.2 Gegenwärtiges Kommunikationsangebot und Einsatz von Medien............................................. 21 4.2.3 Unterschiede innerhalb der Akteursgruppen................................................................................ 25
4.3 Gegenwärtige Übernahme von Aufgabenbereichen und Ziele der Akteure.................28 4.3.1 Aufgaben und Ziele der Unternehmen ......................................................................................... 28 4.3.2 Aufgaben und Ziele von verbraucherpolitischen Akteuren.......................................................... 32 4.3.3 Probleme aus Sicht der Unternehmen und verbraucherpolitischen Akteure ................................ 35 4.3.4 Bewertung der Probleme von Konsumenten................................................................................ 38
4.4 Zukünftige Entwicklung ...............................................................................................39 4.4.1 Kommunikationsgestaltung und Instrumente............................................................................... 39 4.4.2 Zukünftige Relevanz und Aufgaben der Unternehmen................................................................ 43 4.4.3 Zukünftige Relevanz und Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure ................................... 46 4.4.4 Maßnahmen des BMELV ............................................................................................................ 49
5 Zusammenfassung und Perspektiven...................................................................................52
Literaturverzeichnis ..................................................................................................................57
Anhang: Fragebögen ................................................................................................................60
3
Abkürzungsverzeichnis
AVE Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels e.V.
BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz
BMVEL Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-schaft
BVE Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.
CSR Corporate Social Responsibility
EU Europäische Union
EVU Elektrizitätsversorgungsunternehmen
FO Fremdorganisation
GO Regierungsorganisation (governmental organization)
GU Großunternehmen
ISO International Organzation for Standardization
KMU Klein- und mittelgroßes Unternehmen
LEH Lebensmitteleinzelhandel
LMU Lebensmittelunternehmen
NGO Nichtregierungsorganisation (non-governmental organization)
n.s. nicht signifikant
SO Selbstorganisation
VDEW Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V.
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
4
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Leitfragen des Forschungsprojekts.......................................................................7
Abbildung 2: Struktur der Unternehmensstichprobe: Abteilungen der Befragten und Größe der Unternehmen ..............................................................................................16
Abbildung 3: Struktur der Unternehmensstichprobe: Übersicht ..............................................17
Abbildung 4: Struktur der Stichprobe der verbraucherpolitischen Akteure.............................18
Abbildung 5: Begriffsverständnis „Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation“ .............20
Abbildung 6: Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation.................................21
Abbildung 7: Einschätzung des CSR-Informationsangebots ...................................................22
Abbildung 8: Konsumentenorientierte CSR-Kommunikationsaktivitäten...............................23
Abbildung 9: Medienwahl bei konsumentenorientierter CSR-Kommunikation......................24
Abbildung 10: Derzeitige Aufgaben der Unternehmen im Selbst- und Fremdbild..................29
Abbildung 11: Ziele und Hauptgründe der Unternehmen ........................................................30
Abbildung 12: Derzeitige Aufgaben verbraucherpolitischer Akteure aus Selbst- und Fremdsicht ........................................................................................................32
Abbildung 13: Ziele und Hauptgründe verbraucherpolitischer Akteure ..................................33
Abbildung 14: Probleme der Akteursgruppen..........................................................................36
Abbildung 15: Probleme von Konsumenten mit CSR-Informationen .....................................39
Abbildung 16: Zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten und Potenziale neuer Kommunikationsmedien...................................................................................40
Abbildung 17: Bewertung der ISO-Norm mit Leitliniencharakter zu CSR .............................41
Abbildung 18: Bewertung des CSR-Tests der Stiftung Warentest ..........................................43
Abbildung 19: Zukünftige Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation ............43
Abbildung 20: Zukünftige Aufgaben der Unternehmen...........................................................44
Abbildung 21: Kooperationsbereitschaft der Unternehmen und verbraucherpolitischen Akteure .............................................................................................................45
Abbildung 22: Zukünftige Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure..............................48
Abbildung 23: Zukünftige Maßnahmen des BMELV..............................................................49
5
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Systematisierungskriterien für verbraucherpolitische Akteure ...............................10
Tabelle 2: Erhebungs-Grundgesamtheit der verbraucherpolitischen Organisationen..............12
Tabelle 3: Durchführungsmerkmale der beiden Befragungen .................................................13
Tabelle 4: Verbraucherpolitische Untergruppen in der Erhebungs-Grundgesamtheit und realisierten Stichprobe ............................................................................................17
Tabelle 5: Bewertung der gegenwärtigen Relevanz und Kommunikationsaktivitäten in Abhängigkeit von Unternehmens-Untergruppen....................................................26
Tabelle 6: Bewertung der gegenwärtigen Relevanz und Kommunikationsaktivitäten in Abhängigkeit von Verbraucherpolitik-Organisationstypen ...................................27
Tabelle 7: Aufgaben- bzw. Zielbewertung in Abhängigkeit von Unternehmens- Untergruppen..........................................................................................................31
Tabelle 8: Aufgaben- bzw. Zielbewertung in Abhängigkeit der Verbraucherpolitik-Organisationstypen .................................................................................................34
Tabelle 9: Problembewertung in Abhängigkeit der Unternehmens- und Verbraucherpolitik-Untergruppen..........................................................................................................38
Tabelle 10: Bewertung zukünftiger Aufgaben in Abhängigkeit von Unternehmens-Untergruppen..........................................................................................................46
Tabelle 11: Bewertung zukünftiger Aufgaben in Abhängigkeit der Verbraucherpolitik-Organisationstypen .................................................................................................48
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1 Einleitung Die Vision einer nachhaltigen Entwicklung hat sich in den letzten Jahren als globales gesell-
schaftliches Leitbild zunehmend verbreitet. Für die nachhaltige Gestaltung der Wirtschafts-
prozesse sind sowohl Unternehmen als auch Konsumenten aufgefordert, Verantwortung zu
übernehmen. Diese wird auf Unternehmensseite konkretisiert in dem Konzept der Corporate
Social Responsibility (CSR), das die freiwillige Übernahme sozialer und ökologischer Ver-
antwortung durch Unternehmen umfasst und einer weltweit zunehmenden Anzahl von Unter-
nehmen als Rahmen ihres Beitrags zu einer nachhaltigen Entwicklung dient. Den Konsumen-
ten, auf der anderen Seite, bietet das Leitbild des nachhaltigen Konsums Orientierung für ein
sozial und ökologisch verantwortliches Konsumverhalten (vgl. z.B. Hansen/Schrader 1997).
Seit einigen Jahren wird das Leitbild auch von deutschen verbraucherpolitischen Organisatio-
nen unterstützt (z.B. BMVEL 2003; IFAV 2000; vzbv 2005a). Als relativ neues Element die-
ser Entwicklung erhält dabei auch die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen als
Element des nachhaltigen Konsums Aufmerksamkeit von den verbraucherpolitischen Akteu-
ren. So sollen Informationen über das CSR-Engagement dazu beitragen, dass Konsumenten
verantwortlich handelnde Unternehmen identifizieren und im Rahmen ihrer nachhaltigen
Konsumentscheidungen berücksichtigen können. Trotz der Forderungen nach einem nachhal-
tigeren Konsumverhalten ist das tatsächliche Angebot an entsprechenden Informationen aller-
dings noch sehr begrenzt (vgl. Müller/Stuhr 2005, S. 5; imug 2002, S. 103). Die in diese Rich-
tung weisenden, weit verbreiteten CSR- bzw. Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen spre-
chen eher andere Stakeholdergruppen an und erfüllen kaum die Informationsbedürfnisse der
Konsumenten (vgl. Pleon 2005, S. 56).
Daher ist es relevant, den derzeitigen Stand konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
durch die beiden Hauptakteursgruppen Unternehmen und verbraucherpolitische Organisatio-
nen zu untersuchen, um anschließend Potenziale einer Verbesserung der konsumentenorien-
tierten CSR-Kommunikation identifizieren zu können. Dieses Ziel steht im Mittelpunkt des
vom BMELV geförderten Forschungsprojekts „Förderung des nachhaltigen Konsums durch
Informationen über Corporate Social Responsibility (CSR) – Die Bedeutung verbraucherpoli-
tischer Organisationen“. Die Analyse erfolgt auf allgemeiner Ebene sowie spezifisch für die
Bedarfsfelder Ernährung und Energieversorgung. Zwei empirische Untersuchungen stehen
dabei im Zentrum des Projekts: Experteninterviews (Ergebnisse vgl. Schrader/Halbes/Hansen
2005) und schriftliche Befragungen von Unternehmen und verbraucherpolitischen Akteuren.
7
Der vorliegende Forschungsbericht widmet sich den zwei schriftlichen Befragungen, die im
Frühjahr 2005 durchgeführt wurden. Befragungsobjekte sind verbraucherpolitische Akteure
und Unternehmen, speziell aus den Bedarfsfeldern Ernährung und Energieversorgung. Die
beiden Befragungen wurden getrennt voneinander durchgeführt, jedoch inhaltlich weitgehend
identisch aufgebaut, um größtmögliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Im folgenden Ka-
pitel wird zunächst die Untersuchungskonzeption präsentiert, bevor die Ergebnisse in den
Kapiteln 3 und 4 ausführlich vorgestellt und analysiert werden.
2 Konzeption der schriftlichen Befragungen
2.1 Ziel der Befragungen
Die Themen der Befragungen lehnen sich eng an die allgemeinen Leitfragen des Projekts an,
nämlich den Fragen, warum Unternehmen und verbraucherpolitische Akteure im eigenen In-
teresse konsumentenorientierte Transparenz über CSR schaffen sollten und wie sie dies tun
können (vgl. Abbildung 1). Dabei werden jeweils auch die Probleme und Grenzen des Han-
delns der beteiligten Akteure thematisiert. Die fokussierten Bedarfsfelder Ernährung und
Energieversorgung bestimmen jeweils die Auswahl der Befragten.
Abbildung 1: Leitfragen des Forschungsprojekts
Ziel der schriftlichen Befragungen ist es, Erkenntnisse zu den zentralen inhaltlichen Aspekten
für die Beantwortung der Projekt-Leitfragen zu generieren. Die Themenbereiche der Befra-
gung können in vier Punkte untergliedert werden. Konkret soll herausgefunden werden,
- inwiefern derzeit konsumentenorientiert über CSR kommuniziert wird,
Unternehmen VerbraucherpolitischeOrganisationen
Wie können die relevantenInformationen ermitteltund vermittelt werden?
Warum sollte im eigenenInteresse Transparenzgeschaffen werden?
ErnährungEnergie
Wie können die relevantenInformationen ermitteltund vermittelt werden?
Warum sollte im eigenenInteresse Transparenzgeschaffen werden?
8
- warum die Akteure konsumentenorientierte CSR-Kommunikation betreiben bzw.
betreiben sollten,
- welche Umsetzungsprobleme dabei bestehen, und schließlich,
- welche zukünftigen Maßnahmen von den Akteuren in Abstimmung zueinander ergrif-
fen werden können, um die Defizite zu beheben.
Im Fokus stehen dabei die Akteursgruppen Lebensmittel- und Energieversorgungsunterneh-
men sowie verbraucherpolitische Akteure aus den beiden Bedarfsfeldern.
2.2 Auswahl der Grundgesamtheiten
Für die Unternehmensbefragung wurde die Erfassung einer repräsentativen Stichprobe für alle
deutschen Lebensmittelhersteller und -händler bzw. Energieversorgungsunternehmen ange-
strebt. Aufgrund der hohen Anzahl Befragter kam dazu eine Online-Befragung zum Einsatz.
Ziel der Verbraucherpolitik-Befragung hingegen war, wegen der geringen Anzahl der Organi-
sationen, eine Vollerhebung mit postalisch versandtem Fragebogen durchzuführen.
Akteursgruppe der Unternehmen
Die Grundgesamtheit der Akteursgruppe Unternehmen wurde entsprechend der beiden Be-
dürfnisfelder in die Untergruppen Lebensmittelunternehmen (LMUs) und Energieversor-
gungsunternehmen (EVUs) aufgeteilt.1
1. Bedürfnisfeld Ernährung
Grundgesamtheit sind in Deutschland ansässige Lebensmittelhersteller und LEH-Unter-
nehmen, sofern diese gleichzeitig als Hersteller (z.B. von Handelsmarken) fungieren. Die
Zusammenstellung der Stichprobe der zu befragenden Unternehmen erfolgte durch das
Presse-Taschenbuch Ernährung (vgl. Kroll/Kroll 2004). Zusätzlich in diese Auswahl in-
tegriert wurden Unternehmen der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau e.V.
(AGÖL), um sicherzustellen, dass die Stichprobe einen Anteil sozial und ökologisch täti-
ger Unternehmen aufweist. So konnten insgesamt 812 Unternehmen mit Ansprechpartner
und Emailadresse zusammengestellt werden.
1 Die Auswahl der Unternehmensstichproben erfolgte durch das Projektteam in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut imug GmbH, Hannover, welchem auch die technische Durchführung der Unterneh-mensbefragung oblag.
9
2. Bedürfnisfeld Energieversorgung
Die Grundgesamtheit der in Deutschland ansässigen EVUs beträgt ca. 1100 Unternehmen.
Von diesen dominieren vier große Energieversorger (Eon, RWE, EnBW und Vattenfall)
den Endkunden-Markt für Strom (mit einem Marktanteil von insgesamt ca. 70%, vgl.
Feist 2004). Zusammen mit den jeweiligen (Mehrheits- und Minderheits-)Beteiligungen
der großen Versorger an kommunalen Stadtwerken dürfte der Marktanteil insgesamt noch
höher liegen (vgl. Monopolkommission 2005, S. 450). So besteht der Markt der Energie-
versorger im Jahr 2003 aus 4 Verbundunternehmen, 60 regionalen Versorgern, 25 größe-
ren Stadtwerken, 700 mittleren und kleineren Versorgern, 100 kleineren privaten Versor-
gern sowie ca. 150 neuen (v.a. ausländischen) Marktteilnehmern (VDEW 2004).
Die Zusammensetzung der Stichprobe orientiert sich an der Marktbedeutung der Versor-
ger (gemessen an Marktanteilen und Größe) und folgt somit einer Kombination aus ge-
schichteter und Vollerhebung bzw. Zufallserhebung. Im ersten Schritt wurden die Ener-
gieversorger in Schichten gemäß ihrer Größe unterteilt. Aufgrund der dominanten Stel-
lung bei den Marktanteilen wurden die vier Verbundunternehmen mit ihren jeweiligen
Vertriebsgesellschaften und Töchterunternehmen sowie die großen regionalen Versorger
vollständig mit in die Stichprobe einbezogen. Aus der Gruppe der großen und mittleren
Stadtwerke erfolgte eine zufällige Stichprobenziehung. Aufgrund der geringen Bedeutung
im Markt wurden die Kleinstversorger aus der Stichprobe ausgeschlossen, ebenso wie die
ausländischen Unternehmen. Die Stichprobe umfasste schließlich 165 Unternehmen mit
Ansprechpartner und Email-Adresse.
Akteursgruppe der verbraucherpolitischen Akteure
Die Gruppe der verbraucherpolitischen Akteure, d.h. Organisationen, die Verbraucherbelange
vertreten, ist aufgrund ihrer Heterogenität schwerer abzugrenzen. Prinzipiell können zur Cha-
rakterisierung verschiedene Kriterien herangezogen werden (vgl. eine Zusammenstellung bei
Stauss 1980, S. 117-124), von denen hier die Organisationsform, Partizipationsmöglichkeit
individueller Verbraucher, Ausrichtung der Aktivitäten an Verbraucherinteressen und der
Spezialisierungsgrad ausgewählt werden (vgl. Tabelle 1). Spontane bzw. kurzfristig hervorge-
rufene Mobilisierungen der Öffentlichkeit werden dabei nicht berücksichtigt (wie z.B. bei
Brune 1975, S. 107).
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Kriterium Ausprägungen Organisationsform 1. Regierungsorganisationen (GOs)
2. Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) Partizipationsmöglichkeit der Verbraucher
1. Selbstorganisationen 2. Fremdorganisationen
Ausrichtung der Aktivitäten an Verbraucherinteressen
1. Ausschließliche / Überwiegende Ausrichtung: Primärorganisationen 2. Ausrichtung innerhalb umfangreicher sonstiger Ziele (soweit nicht konfli-
gierend): Sekundärorganisationen
Spezialisierungsgrad 1. Allgemeine Interessen 2. Spezielle Interessen
Tabelle 1: Systematisierungskriterien für verbraucherpolitische Akteure
Das erste Systematisierungskriterium ist die Organisationsform mit den Ausprägungen Regie-
rungsorgane (governmental organizations = GOs) und Nicht-Regierungsorganisationen (klas-
sisch in der deutschen Verbraucherpolitik als Verbraucherorganisationen bezeichnet; non-
governmental organizations = NGOs).2 Als Regierungsorganisationen werden die jeweiligen
für die Verbraucherpolitik zuständigen Landesministerien sowie einzelne Bundesämter bzw.
-behörden einbezogen. All diese sind mit dem zweiten Systematisierungskriterium (Partizipa-
tionsmöglichkeit) als Fremdorganisationen zu charakterisieren, während die Nicht-Regie-
rungsorganisationen Fremd- oder Selbstorganisationen sind.3 Indirekte Interessenvertretungen
(Fremdorganisationen = FOs) stellen zwar Dienstleistungen für Verbraucher bereit (z.B. In-
formationen, Beratung, Lobbyarbeit), bieten jedoch keine direkte Partizipationsmöglichkeit.
Im korporatistischen System Deutschlands sind die meisten verbraucherpolitischen Akteure
Fremdorganisationen – vom Staat zur Vertretung der Verbraucherinteressen im Markt einge-
richtet. Unter den NGOs sind dies vor allem die Verbraucherzentralen der 16 Bundesländer
und die Stiftung Warentest. Bei Selbstorganisationen (= SOs) hingegen haben die Verbrau-
cher direkt (z.B. durch Mitgliedschaft) die Möglichkeit, an der eigenen Interessenvertretung
zu partizipieren. Derartige reine Verbraucher-Vereine gibt es in Deutschland selten (Beispiel:
Verbraucher Initiative e.V.), vielmehr nehmen auch Umwelt- und andere spezialisierte Orga-
nisationen Verbraucherinteressen wahr.
Das dritte Systematisierungskriterium behandelt die Ausrichtung der Aktivitäten an Verbrau-
cherinteressen. Nimmt eine Organisation in ihrer Arbeit ausschließlich bzw. überwiegend
Verbraucherinteressen wahr, wird sie als Primärorganisation bezeichnet; beschäftigt sie sich
hingegen innerhalb umfangreicherer sonstiger Zielsysteme auch mit Verbraucherbelangen
2 In der Literatur werden in dieser Systematisierung z.T. zusätzlich Wirtschaftsakteure genannt. Da die trei-bende Motivation hinter den Aktivitäten der Anbieter jedoch weniger das Verbraucherinteresse ist, sondern eher die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen bei Auslassen der Maßnahmen (vgl. auch Stauss 1980, S. 108), werden sie hier nicht mit in die Untersuchung einbezogen.
3 Die Unterscheidung wurde erstmals eingeführt von Brune 1975, S. 107.
11
und nur soweit sie nicht mit ihren eigentlichen Hauptzielen konfligieren, wird sie Sekundär-
organisation genannt (z.B. Raffée/Petri 1976, Sp. 4130 oder Hansen 1992, Sp. 4469). Unter
den Primärorganisationen sind die Verbraucherzentralen die größte Gruppe, zusammen mit
einigen Selbstorganisationen, die speziell Verbraucherbelange vertreten. Die Landesministe-
rien wurden zu den Sekundärorganisationen gezählt, zum einen, da keines der Ministerien ein
reines Verbraucherministerium ist, und zum anderen, um dem primären „Staatsinteresse“
Rechnung zu tragen.
Unter dem Gesichtspunkt des Spezialisierungsgrads des vertretenen Verbraucherinteresses
werden Verbraucherorgane danach unterteilt, ob sie viele oder nur wenige Bedarfsfelder be-
handeln (vgl. ähnlich Stauss 1980, S. 119). Da viele verbraucherpolitische Akteure keine Spe-
zialisierung hinsichtlich berücksichtigter Bedarfsfelder vornehmen, wurden für die Befragung
neben den spezialisierten Akteuren der Bedarfsfelder Ernährung und Energieversorgung vor-
nehmlich allgemein orientierte Organisationen berücksichtigt.
Insgesamt umfassen verbraucherpolitische Akteure somit Regierungsorganisationen und
Nichtregierungsorganisationen, darunter Verbraucherselbstorganisationen und staatlich initi-
ierte Fremdorganisationen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten primär oder sekundär Verbrau-
cherinteressen vertreten und zu deren Durchsetzung beitragen. Gemäß dieser Abgrenzung
wurde für die Befragung eine Vollerhebung angestrebt.4 Tabelle 2 listet die Erhebungs-
Grundgesamtheit (insgesamt 69 Organisationen), von denen jeweils ein Ansprechpartner kon-
taktiert wurde, vollständig auf.
4 Die Abgrenzung gestaltete sich in der praktischen Anwendung besonders bei den Sekundärorganisationen schwierig. Das Gewicht der Umweltorganisationen, die vielfach Verbraucherinteressen als Nebenziel berück-sichtigen, sollte in der Stichprobe nicht zu groß werden, sodass lediglich die größten Umweltorganisationen mit eindeutigem Verbraucherschwerpunkt ausgewählt wurden. Letztlich besteht zudem die Möglichkeit, dass nicht alle relevanten Akteure im Zuge der Recherche identifiziert werden konnten bzw. dass nicht alle Akteu-re eindeutig den Gruppen zugeordnet wurden. Aus diesen Gründen repräsentiert die hier zusammengestellte Grundgesamtheit eine subjektive Auswahl des Forscherteams.
12
Regierungsorganisationen Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)
Fremdorganisationen Fremdorganisationen Selbstorganisationen A
llgem
ein
BMU LM Baden-Württemberg LM Bayern LM Berlin LM Brandenburg LM Bremen LM Hamburg LM Hessen LM Niedersachsen LM NRW LM Mecklenburg-Vorpommern LM Rheinland-Pfalz LM Saarland LM Sachsen
VZ Bundesverband VZ Baden-Württemberg VZ Bayern VZ Berlin VZ Brandenburg VZ Bremen VZ Hamburg VZ Hessen VZ Mecklenburg-Vorpommern VZ Niedersachsen VZ NRW VZ Rheinland-Pfalz VZ Saarland VZ Sachsen
Ärger e.V. BUND Bundesverband Deutscher Hausfrauen-Bund Earthlink e.V. Greenpeace e.V. NABU Bundesverband Öko-Institut e.V. TransFair WWF Deutschland Verbraucher Initiative Verbraucher-News Verbraucherschutz-Forum VerbraucherService im Katho-
lischen Dt. Frauenbund e.V.
LM Sachsen-Anhalt LM Schleswig-Holstein LM Thüringen Umweltbundesamt Rat für nachhaltige Entwicklung (LM= Landesministerium)
VZ Sachsen-Anhalt VZ Schleswig-Holstein VZ Thüringen Europäisches Verbraucherzentrum
Düsseldorf Europäisches Verbraucherzentrum Kiel Stiftung Warentest Deutsche Umweltstiftung (VZ= Verbraucherzentrale)
Spez
iell
Le
bens
mitt
el Bundesanstalt für Landwirtschaft und
Ernährung (BLE) Zentralstelle für Agrardokumentation
und -information (ZADI)
Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid)
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Infoformations- und Dokumentations-stelle Gießen
Foodwatch Eurotoques-Stiftung Slow Food Deutschland Verband für unabhängige
Gesundheitsberatung
Spez
iell
Ener
gie Deutsche Energieagentur (dena)
Energieagentur NRW Hessen Energie
Bund der Energieverbraucher Deutscher Siedlerbund Deutscher Mieterbund Grüner Strom Label
(Schriftfarbe: schwarz: Primärorganisation, grau: Sekundärorganisation)
Tabelle 2: Erhebungs-Grundgesamtheit der verbraucherpolitischen Organisationen
2.3 Methodische Aspekte
Bei der Unternehmensbefragung wurden die Ansprechpartner der Ernährungs- und Energie-
branche zusammen (insgesamt 977) mit einer personalisierten Email angeschrieben, die den
Link zur Befragung enthielt. Darunter waren größtenteils Verantwortliche aus den Kommuni-
kationsabteilungen (Unternehmenskommunikation, -sprecher, Public Relations, Presse, Öf-
fentlichkeitsarbeit) sowie Mitglieder der Geschäftsführung. Von diesen Adressaten wurde
angenommen, dass sie am ehesten über aktuelle oder geplante CSR-Kommunikations-
aktivitäten der Unternehmen informiert wären. Nach ein bzw. zwei Wochen erfolgte je eine
Nachfassaktion, sodass schließlich insgesamt 137 Fragebögen ausgewertet werden konnten.
Die Rücklaufquote von 14 % liegt bei der Unternehmensbefragung etwas unterhalb der z.B.
von Hennig-Thurau und Dallwitz-Wegner (2002, S. 310) genannten Quoten von 20-55% für
Online-Befragungen. Bei Trennung der Einzelstichproben ergibt sich für die EVUs eine we-
13
sentlich höhere Rücklaufquote (26%) als für LMUs (12%), die auf ein höheres Interesse der
EVUs an der Thematik zurückgeführt werden kann.
Unter den verbraucherpolitischen Akteuren wurden überwiegend Geschäftsführer und Abtei-
lungsleiter ausgewählt und nur in wenigen Fällen speziell verantwortliche Personen für den
Themenbereich CSR. Es wurde angenommen, dass Geschäftsführer mit dem in der Verbrau-
cherpolitik noch neuen Thema CSR vertraut sind und dessen strategische und praktische Be-
deutung für die Organisation am besten einschätzen können. Die 69 standardisierten Fragebö-
gen wurden mit einem personalisierten Anschreiben und frankierten Rückumschlag ver-
schickt. Nach sechs Wochen konnten schließlich 42 Fragebögen aufgenommen werden. Die
Rücklaufquote von 61% liegt somit deutlich über den normalen Quoten bei schriftlichen Be-
fragungen (vgl. die Spannweite von 15-30% bei Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 118).
Tabelle 3 fasst die Daten der beiden Befragungen zusammen.
Unternehmen Verbraucherpolitik
Grundgesamtheit 1. Lebensmittel-Hersteller / -Händler (wenn Eigenmarken-Hersteller) 2. Energieversorgungsunternehmen
Verbraucherpolitische Akteure gemäß Abgrenzung (vgl. Abschnitt 2.3)
Stichprobengröße 1. N=812; n=94; Rücklaufquote: 12% 2. N=165; n=43; Rücklaufquote: 26% N=69; n=42; Rücklaufquote: 61%
Erhebungsmethode Standardisierter Online-Fragebogen Standardisierter Fragebogen
Anschreiben Anschreiben per Email an PR- bzw. CSR-Verantwortliche
Versand per Post an Geschäftsführer bzw. Abteilungsleiter
Befragungszeitraum 06. – 22. April 2005 14. März – 11. April 2005
Tabelle 3: Durchführungsmerkmale der beiden Befragungen
2.4 Fragebogenentwicklung
Die Struktur der Fragebögen leitet sich aus den in Abschnitt 2.1 genannten Zielen der Befra-
gung ab. Die Fragebögen wurden für beide Akteursgruppen gleich strukturiert und inhaltlich
weitgehend einheitlich gestaltet, um eine möglichst große Vergleichbarkeit sicherzustellen.
Lediglich bei einzelnen Items (v.a. dem Zielen, Aufgaben und Problemen) wurden akteurs-
spezifische Inhalte angepasst.
A. Begriffsverständnis „konsumentenorientierte CSR-Kommunikation“
B. Gegenwärtige Umsetzung
o Relevanz und gegenwärtiges Informationsangebot
o Gegenwärtige Kommunikationsaktivitäten und Einsatz von Medien
o Wahrnehmung von Aufgabenbereichen durch die Akteure
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C. Ziele
D. Problembereiche
E. Zukünftige Entwicklung
o Kommunikationsgestaltung und Instrumente
o Zukünftige Relevanz und Aufgaben der Akteure
o Aufgaben und Maßnahmen des BMELV
F. Angaben zur Organisation und zur/m Befragten
Zusätzlich zu den inhaltlichen Fragen in den Teilen A.-E. enthielt der Fragebogen im letzten
Teil F. statistische Angaben zur Organisation und Person. Beide Akteursgruppen hatten dabei
Fragen nach der Position und Abteilung, dem prozentualen Anteil der Beschäftigung mit kon-
sumentenorientierter CSR-Kommunikation sowie der Organisationsform und -kennzahlen zu
beantworten, die Unternehmen zusätzlich die Anzahl der Standorte in Deutschland und Ent-
wicklungs- und Schwellenländern. Die Unternehmensbefragung beinhaltete zudem eine Frage
zur Marktorientierung des Unternehmens, gemessen anhand einer auf sieben Items reduzier-
ten MARKOR Skala5.
Die Operationalisierung der Themenbereiche erfolgte über multi-item Skalen. Da konsumen-
tenorientierte CSR-Kommunikation bisher noch nicht empirisch untersucht wurde, konnte
dabei lediglich für die Messung der Marktorientierung auf eine bereits bestehende Skala zu-
rückgegriffen werden. Die Zusammenstellung der übrigen Skalen basierte auf Auswertung der
relevanten Literatur und der Experteninterviews. Wegen der wenigen spezifischen Vorarbei-
ten erfolgte auch die Auswertung der Konstrukte überwiegend explorativ mit strukturent-
deckenden Auswertungsmethoden.
Zur Identifikation von Unterschieden im Antwortverhalten zwischen Untergruppen dienten
bei der Auswertung der Unternehmensbefragung die statistischen Angaben zur Branchenzu-
gehörigkeit und Größe. Zusätzlich wurde mithilfe der MARKOR-Skala untersucht, ob der
Grad der Marktorientierung die konsumentenorientierten CSR-Kommunikationsaktivitäten
beeinflusst. Die Aufgabenübernahme wurde darüber hinaus auf Unterschiede zwischen Un-
ternehmen geprüft, die in Schwellen- und Entwicklungsländern aktiv sind, und solchen, die
5 Die hier verwendete Skala MARKOR von Kohli, Jaworski und Kumar (1993) dient der Messung der Markt-orientierung eines Unternehmens anhand der Perzeption der Kundenwünsche und des Marktgeschehens und der internen Informationsverarbeitung. Die Operationalisierung erfolgt im Original über insgesamt 20 Items, die auf einer 5-stufigen Zustimmungsskala bewertet werden (vgl. Bearden/Netemeyer 1999, p. 387; Koh-li/Jaworski/Kumar 1993). Vgl. zur Zusammensetzung der verwendeten Skala die Items 2-8 von Frage 21 im Unternehmensfragebogen (im Anhang).
15
dort nicht aktiv sind. Bei der Verbraucherpolitik-Befragung erfolgte die Identifikation von
Unterschieden im Antwortverhalten durch Varianzanalysen zwischen GOs und NGOs sowie
FOs und SOs. Die konsumentenorientierten CSR-Kommunikationsaktivitäten wurden außer-
dem auf ihre Abhängigkeit von der Organisationsgröße untersucht.6
Die Items waren von den Befragten überwiegend auf einer fünfstufigen Ratingskala einzu-
schätzen.7 Dabei wurde in den meisten Fällen der Grad des Zutreffens erfragt („Trifft voll zu“
bis „Trifft gar nicht zu“).8 Offene „Sonstiges“-Items am Ende jeder Itembatterie dienten der
Ergänzung eigener Ideen. Insgesamt umfasst der Fragebogen 22 (Verbraucherpolitik) bzw. 24
(Unternehmen) Frageabschnitte mit 155 (Verbraucherpolitik) bzw. 176 (Unternehmen) ein-
zelnen Items. Der endgültigen Formulierung und dem Versand der Fragebögen ging eine Pre-
test-Phase voraus, um den Fragebogen auf Verständlichkeit, Umfang und Zeitaufwand zu
testen. Es wurden daraufhin kleinere Änderungen in Formulierungen, Zusammensetzung der
Items und Struktur vorgenommen.
3 Stichprobenstruktur
3.1 Struktur der Unternehmensstichprobe
Die Struktur der Unternehmensstichprobe mit n=137 Respondenten lässt sich anhand der sta-
tistischen Angaben im letzten Fragebogenteil charakterisieren. Einige Kriterien sind, wie in
Abbildung 3 erkennbar, wegen fehlender Angaben lediglich für gut die Hälfte der Gesamt-
stichprobe bestimmbar. Dies und die niedrigen Rücklaufquoten deuten auf eine Selbstselekti-
on der Stichprobe hin. Die spezielle Thematik führte möglicherweise dazu, dass mehrheitlich
CSR-involvierte und -interessierte Unternehmen an der Befragung teilgenommen und sie ab-
geschlossen haben. Die Vertrautheit der Akteure mit dem Thema sorgt dabei für qualifizierte
Antworten – ist allerdings auch bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen.
6 Als Zusammenhangsmaße werden dabei die Koeffizienten „r“ von Bravais-Pearson (durch Korrelationsbe-rechnung bei intervallskalierten unabhängigen Variablen) bzw. „η“ (durch eine MCA – Multiple Classificati-on Analysis – innerhalb der Varianzanalyse bei nominalskalierten unabhängige Variablen) berechnet (vgl. z.B. Kähler 2004, S. 88; Andrews et al. 1973).
7 Die Skalenpunkte der Ordinalskala wurden für die Auswertung als Intervallskalen mit identischen Abständen entsprechend einer Schulnotenskala von 1 (= voll zutreffend) bis 5 (= gar nicht zutreffend) interpretiert (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 76).
8 Die Ergebnisse werden in der Auswertung entweder durch die Mittelwertangaben charakterisiert (dabei deu-ten geringere Mittelwerte auf höhere Zustimmung hin) oder durch die Prozentangabe der Zustimmung zu den ersten beiden Antwortkategorien der Ratingskalen (z.B. „trifft voll zu“ und „trifft zu“).
16
Die Gesamtheit der teilnehmenden Unternehmen setzt sich zu 69% aus Lebensmittelunter-
nehmen (LMUs) und zu 31% aus Energieversorgungsunternehmen (EVUs) zusammen. Die
Unternehmensgröße weist die Gruppe einen leicht höheren Anteil an großen Unternehmen auf
als an kleinen und mittleren. Von der Gesamtstichprobe fallen ein Anteil von 23% auf kleine
bzw. mittlere Unternehmen und ein Anteil von 32% auf große Unternehmen.9 Das Verhältnis
der Unternehmensgrößen ist bei Lebensmittelunternehmen in etwa ausgewogen, bei Energie-
unternehmen ist hingegen der Anteil großer Unternehmen höher.10
Die Befragten geben als Abteilung zu 73% Public Relations (PR) bzw. Unternehmenskom-
munikation an, ein geringerer Anteil von 12% Geschäftsführung, weitere 11% Marketing /
Vertrieb und 4% CSR- bzw. Umweltabteilungen. Die Respondenten, die die Geschäftsfüh-
rung als Abteilung anführten, stammen dabei überwiegend aus kleineren oder mittleren Un-
ternehmen. Bei größeren Unternehmen ist hingegen CSR-Kommunikation offenbar eher zent-
ral in der Kommunikationsabteilung gebündelt. Abbildung 2 veranschaulicht die Verhältnisse.
0 20 40 60 80 100
Unternehmens-kommunikation
CSR-/ Umweltabteilung
Marketing / Vertrieb
Geschäftsführung
Prozent
Abteilungen der Befragten und Größe der Unternehmen
n= 129
kleine und mittlere Unternehmengroße UnternehmenKeine Angaben
0 20 40 60 80 100
Unternehmens-kommunikation
CSR-/ Umweltabteilung
Marketing / Vertrieb
Geschäftsführung
Prozent
Abteilungen der Befragten und Größe der Unternehmen
n= 129
kleine und mittlere Unternehmengroße UnternehmenKeine Angaben
Abbildung 2: Struktur der Unternehmensstichprobe: Abteilungen der Befragten und Größe der Unternehmen
Der Anteil der Unternehmen, die mit ihrer Produktion und/oder Beschaffung in Entwicklungs-
und/oder Schwellenländern aktiv sind, ist mit 15% der Gesamtstichprobe gering. Bei Kreuz-
tabellierung mit der Unternehmensgröße zeigt sich, dass zwar ein ausgeglichenes Verhältnis
zwischen großen und kleineren Unternehmen der in Entwicklungs- und/oder Schwellenlän-
dern Beschaffenden besteht, jedoch eigene Produktionsaktivitäten in diesen Ländern bis auf
eine Ausnahme ausschließlich von wenigen großen Unternehmen angegeben werden.
9 Die Unterscheidung erfolgt gemäß der Definition der Europäischen Kommission für KMU, nach der Unter-nehmen bis zu einem Umsatz von 50 Mio. Euro bzw. bis zu einer internationalen Mitarbeiteranzahl von 250 als klein bzw. mittelgroß gelten (EU Kommission 2003). In vier sich widersprechenden Fällen zwischen Um-satzhöhe und Mitarbeiterzahl erfolgte die Zuordnung gemäß der Umsatzhöhe.
10 Dies ist auch auf die Stichprobenauswahl bei den Energieversorgern zurückzuführen, bei der die großen Unternehmen aufgrund ihrer dominierenden Stellung im Energiemarkt mit höherem Anteil in der Stichprobe berücksichtigt wurden (vgl. Abschnitt 2.2).
17
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Branche
Unternehmensgröße
Produktion / Beschaffung in Entwicklungs- / Schwellenländern
Lebensmittel
groß KMU
Energie
aktivnicht aktiv
Abteilung der Befragten M/V
PR, Unternehmenskommunikation CSRGF
n= 137 AG: AktiengesellschaftenPG: PersonengesellschaftenSonstige
keine Angaben
GF: GeschäftsführungM/V: Marketing / VertriebCSR: Umwelt- / CSR-Abteilung
Struktur der Unternehmensstichprobe
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Branche
Unternehmensgröße
Produktion / Beschaffung in Entwicklungs- / Schwellenländern
Lebensmittel
groß KMU
Energie
aktivnicht aktiv
Abteilung der Befragten M/V
PR, Unternehmenskommunikation CSRGF
n= 137 AG: AktiengesellschaftenPG: PersonengesellschaftenSonstige
keine Angaben
GF: GeschäftsführungM/V: Marketing / VertriebCSR: Umwelt- / CSR-Abteilung
n= 137 AG: AktiengesellschaftenPG: PersonengesellschaftenSonstige
keine Angaben
GF: GeschäftsführungM/V: Marketing / VertriebCSR: Umwelt- / CSR-Abteilung
Struktur der Unternehmensstichprobe
Abbildung 3: Struktur der Unternehmensstichprobe: Übersicht
3.2 Struktur der Stichprobe der verbraucherpolitischen Akteure
Die Stichprobe der verbraucherpolitischen Befragten umfasst 42 Respondenten, die den Fra-
gebogen nahezu vollständig ausgefüllt haben. Aufgrund der hohen Rücklaufquote von 61%
und der ähnlichen quotalen Verteilung der Untergruppen wie in der Erhebungs-Grund-
gesamtheit (vgl. Tabelle 2) können die Ergebnisse als repräsentativ interpretiert werden. Die
Struktur der Stichprobe lässt sich, wie auch die Grundgesamtheit der verbraucherpolitischen
Akteure (vgl. Abschnitt 2.3 bzw. Tabelle 1), gemäß der beiden Hauptabgrenzungskriterien
Organisationsform (Regierungs- bzw. Nichtregierungsorganisation) und Partizipations-
möglichkeit der Verbraucher (Fremd- bzw. Selbstorganisation) in drei Untergruppen einteilen.
Tabelle 4 zeigt die prozentuale Aufteilung der Untergruppen an der Erhebungs-Grundgesamt-
heit bzw. der realisierten Stichprobe:
Regierungs-organisationen Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)
Fremdorganisationen Fremdorganisationen SelbstorganisationenErhebungs-Grund-
gesamtheit (69) Prozent (Anzahl) 30% (21) 39% (27) 30% (21)
Realisierte Stichprobe (42)
Prozent (Anzahl) 26% (11) 45% (19) 29% (12)
Tabelle 4: Verbraucherpolitische Untergruppen in der Erhebungs-Grundgesamtheit und realisierten Stichprobe
Der Vergleich der Anteile verdeutlicht, dass die jeweiligen Untergruppen der Befragten ähn-
lich verteilt sind wie in der Erhebungs-Grundgesamtheit. Auch die Verteilung zwischen Pri-
mär- und Sekundärorganisationen ist ungefähr gleich.11
11 In der Erhebungs-Grundgesamtheit ist das Verhältnis Primär- zu Sekundärorganisationen 46% zu 54%, in der realisierten Stichprobe je 50%.
18
Entsprechend des mehrheitlichen Anteils an Fremdorganisationen unter den Befragten sind
die meisten Akteure überwiegend staatlich finanziert (12 Organisationen zu 100%, 17 mit
zwischen 50-99% überwiegend staatlich). Überwiegend durch Mitgliedsbeiträge finanzieren
sich 7 Organisationen, überwiegend durch Umsatz lediglich 3. Die durch Mitgliedsbeiträge
finanzierten Akteure sind mehrheitlich sekundäre Verbraucherorganisationen (z.B. die großen
Umweltorganisationen), Primärorganisationen stellen in dieser Gruppe den geringeren Anteil
und sind zudem kleiner (z.B. Verbraucher Initiative e.V.). Dies bestätigt die Literaturmei-
nung, dass allgemeine Konsumenteninteressen schlechter zu organisieren sind als spezielle
(vgl. z.B. Janning 2004, S. 164-165).
Betreffend die Größe der befragten Organisationen (gemessen am Jahrsbudget bzw. der An-
zahl der Mitarbeiter) ergibt sich ein heterogenes Bild, denn es sind Organisationen aller Grö-
ßengruppen in der Befragung integriert. Den größten Anteil machen mittelgroße Organisatio-
nen aus, kleine und große Organisationen sind ähnlich verteilt. Die Stichprobe lässt sich
schließlich durch die Positionen der Befragten charakterisieren. Geschäftsführungs- oder
Vorstandspositionen sind mehrheitlich vertreten (58%), Abteilungs-, Referatsleiter bzw. Vor-
standsassistent machen 38% und Referenten lediglich 12% aus.
Die Charakterisierung der Stichprobe ist in Abbildung 4 veranschaulicht.
Selbst-/ Fremdorganisationen
Finanzierungsstruktur
Jahresbudget in €
Position der Befragten
GO + FO NGO + SONGO + FO
Mitglieds-beiträge
50-99% staatlich, Rest Umsatz/Sonstiges100% staatlich
0-100T 1,1 – 10 Mio 11-50 Mio
Geschäftsführung / Leitung / Vorstand
Abteilungs- / Referatslei-tung /Vorstandsassistenz
Um-satz
101 T-1 Mio
Referent
Primärorganisationen Sekundärorganisationen
Sonstigekeine Angaben
Regierungs-organisationen (GO) Nichtregierungsorganisationen (NGO)
Selbstorganisationen (SO)Fremdorganisationen (FO)
Regierungs-/ Nicht-regierungsorganisationen
GO / NGO bzw. SO/ FO
Primär-/ Sekundär-organisationen
Anzahl Mitarbeiterab 32121-80 81-3201-20
0 10 20 30 40 42
Struktur der Verbraucherpolitik-Stichprobe
Selbst-/ Fremdorganisationen
Finanzierungsstruktur
Jahresbudget in €
Position der Befragten
GO + FO NGO + SONGO + FO
Mitglieds-beiträge
50-99% staatlich, Rest Umsatz/Sonstiges100% staatlich
0-100T 1,1 – 10 Mio 11-50 Mio
Geschäftsführung / Leitung / Vorstand
Abteilungs- / Referatslei-tung /Vorstandsassistenz
Um-satz
101 T-1 Mio
Referent
Primärorganisationen Sekundärorganisationen
Sonstigekeine Angaben Sonstigekeine Angaben
Regierungs-organisationen (GO) Nichtregierungsorganisationen (NGO)
Selbstorganisationen (SO)Fremdorganisationen (FO)
Regierungs-/ Nicht-regierungsorganisationen
GO / NGO bzw. SO/ FO
Primär-/ Sekundär-organisationen
Anzahl Mitarbeiterab 32121-80 81-3201-20
0 10 20 30 40 42
Struktur der Verbraucherpolitik-Stichprobe
Abbildung 4: Struktur der Stichprobe der verbraucherpolitischen Akteure
19
4 Ergebnisse der Befragungen
4.1 Begriffsverständnis „konsumentenorientierte CSR-Kommunikation"
Über den inhaltlichen Bezug des CSR Begriffs in der konsumentenorientierten Kommunikati-
on besteht eine große Breite an Auffassungen, sodass einleitend eine Frage zum Begriffsver-
ständnis wichtig erschien. Das Forscherteam hat den Begriff im Vorfeld der Befragung bzw.
durch die Experteninterviews zunächst intern wie folgt festgelegt (vgl. Schrader/Halbes/Han-
sen 2005, S. 17):
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation umfasst jegliche Kommunikation mit
Konsumenten, in der soziale und / oder ökologische Aspekte der Verantwortungs-
übernahme von Unternehmen explizit thematisiert werden. Die CSR-Kommunika-
tion kann sich sowohl auf ein gesamtes Unternehmen beziehen, als auch auf dessen
Leistungen und die dahinter stehenden Wertschöpfungsketten.
Damit wird eine eher breite Begriffsauffassung gewählt, indem auch Elemente der Verant-
wortungsübernahme von Unternehmen einbezogen werden, die produktbezogen sind und bei
denen nicht das Gesamtunternehmen im Mittelpunkt steht. Dieser Aspekt wurde in den Ex-
perteninterviews durchaus kritisch diskutiert. Aus Konsumentensicht jedoch ist eine „künstli-
che“ Unterscheidung in soziale und ökologische Produktinformationen (etwa Bio- oder Trans-
Fair-Informationen) und soziale und ökologische Unternehmensinformationen (CSR im enge-
ren Sinne) nach Auffassung der meisten Experten und des Forscherteams wenig hilfreich,
abgesehen davon, dass die Abgrenzung schwierig erscheint (z.B.: Sind Informationen über
Mitarbeiter einer Produktionslinie produktbezogen oder unternehmensbezogen?).
Die hier gewählte weite Abgrenzung des Begriffs „konsumentenorientierte CSR-Kommuni-
kation“ hat sich in der Befragung mit hoher Zustimmung bestätigt (vgl. Abbildung 5). Sowohl
die verbraucherpolitischen Akteure (93%) als auch die Unternehmen (88%) sehen den Begriff
nicht nur in Bezug zum gesamten Unternehmen, sondern auch zu den Produkt- bzw. Wert-
schöpfungsketten. Der Sichtweise, dass sich CSR-Kommunikationsaspekte ausschließlich auf
das gesamte Unternehmen beziehen sollten, schließen sich lediglich 10% der Unternehmen
an, verbraucherpolitische Akteure überhaupt nicht. Im Gegenteil – hier vertreten 7% die Mei-
nung, dass konsumentenorientierte CSR-Kommunikation ausschließlich an den Produkten
und Wertschöpfungsketten anknüpfen solle (gegenüber nur 2% der Unternehmen).
20
ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichberechtigt behandeln
ausschließlich auf das gesamte Unternehmen beziehen
sowohl auf das gesamte Unternehmenals auch auf die einzelnen Produktebzw. Wertschöpfungsketten beziehen
ausschließlich auf die Produkte und Wertschöpfungs-ketten beziehen
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sollte Aspekte umfassen, die sich ...
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sollte ...
Innerer Kreis: Verbraucherpolitik,
n=41
Äußerer Kreis: Unternehmen, n=135
soziale und ökologischeAspekte im Vergleich zu
ökonomischen stär-ker betonen
33%
66%
82%
18%
93%
7%
10%
88%
2%
ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichberechtigt behandeln
ausschließlich auf das gesamte Unternehmen beziehen
sowohl auf das gesamte Unternehmenals auch auf die einzelnen Produktebzw. Wertschöpfungsketten beziehen
ausschließlich auf die Produkte und Wertschöpfungs-ketten beziehen
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sollte Aspekte umfassen, die sich ...
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sollte ...
Innerer Kreis: Verbraucherpolitik,
n=41
Äußerer Kreis: Unternehmen, n=135
soziale und ökologischeAspekte im Vergleich zu
ökonomischen stär-ker betonen
33%
66%
82%
18%
93%
7%
10%
88%
2%
Abbildung 5: Begriffsverständnis „Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation“
Hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung vertritt die große Mehrheit der Unternehmen (82%)
und verbraucherpolitischen Akteure (66%) die Auffassung, dass alle drei Bereiche Ökonomie,
Soziales und Ökologie gleichberechtigt unter konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
berücksichtigt werden sollten. Nur ein Drittel der Verbraucherpolitik und knapp ein Fünftel
der Unternehmen befürworten eine stärkere Betonung der sozialen und ökologischen Aspekte
im Begriff. Die Befragten favorisieren somit eine gleichrangige Behandlung der drei Dimen-
sionen.
Das Verständnis des Forscherteams von konsumentenorientierter CSR-Kommunikation wur-
de im Fragebogen explizit gemacht, um unterschiedliche Interpretationen im weiteren Verlauf
der Befragung auszuschließen.
4.2 Gegenwärtige Relevanz und Kommunikationsangebot
4.2.1 Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation in den Auffassungen der
Akteure
Alle Akteure sprechen konsumentenorientierter CSR-Kommunikation mehrheitlich eine hohe
Relevanz für sich selbst und – etwas geringer – für alle Organisationen / Unternehmen der
Branche zu. Ähnliche Auffassungen der Akteursgruppen gibt es tendenziell auch über die
Bedeutung konsumentenorientierter CSR-Kommunikation bei allen Unternehmen: eine „hohe
Relevanz“ sehen hier lediglich 12% der verbraucherpolitischen Akteure und 35% der Unter-
nehmen (vgl. Abbildung 6).
21
allgemein bei verbraucherpolitischen Akteuren derzeit hohe Relevanz
bei Unternehmen der Branche hohe Relevanz
in unserer/m Organisation/ Unternehmenderzeit hohe Relevanz
bei allen Unternehmen derzeit hohe Relevanz
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation hat ...
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
nicht gefragt
nicht gefragt
Verbraucherpolitik, n=40-42LMU, n=88-91 EVU, n=39-43
75
41
81
52
32
61
12
76
85
0 20 40 60 80 100In Prozent
allgemein bei verbraucherpolitischen Akteuren derzeit hohe Relevanz
bei Unternehmen der Branche hohe Relevanz
in unserer/m Organisation/ Unternehmenderzeit hohe Relevanz
bei allen Unternehmen derzeit hohe Relevanz
Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation hat ...
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
nicht gefragt
nicht gefragt
Verbraucherpolitik, n=40-42LMU, n=88-91 EVU, n=39-43Verbraucherpolitik, n=40-42LMU, n=88-91 EVU, n=39-43
75
41
81
52
32
61
12
76
85
0 20 40 60 80 100In Prozent
Abbildung 6: Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
Der Eindruck einer hohen Relevanz des Themas spiegelt sich bei Betrachtung der darauf ver-
wendeten Arbeitszeit der befragten Personen in ähnlichem Maße wider. Die auf den ersten
Blick geringe durchschnittliche Beschäftigung mit speziell konsumentenorientierter CSR-
Kommunikation von 12% (Verbraucherpolitik) bzw. 16% (Unternehmen) kann bei beiden
Akteuren auf die (hohen) Positionen der Befragten zurückgeführt werden. Mehrheitlich wur-
den Geschäftsführer oder andere leitende Angestellte befragt, die die Thematik eher strate-
gisch als operativ begleiten. Bei den verbraucherpolitischen Organisationen verwalten sie die
gesamte Breite an Themen und sind daher nicht auf ein Themengebiet spezialisiert. Ein
Durchschnittswert von 12% kann vor diesem Hintergrund bereits als Bestätigung einer hohen
Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation in der Verbraucherpolitik interpre-
tiert werden. Die gute Rücklaufquote spricht ebenso dafür. Bei den Unternehmen bestätigt
sich angesichts der hohen Relevanzwerte die oben gefällte Diagnose einer verzerrten Selbstse-
lektion der Unternehmensstichprobe hin zu eher CSR-aktiven Unternehmen.
4.2.2 Gegenwärtiges Kommunikationsangebot und Einsatz von Medien
Das gegenwärtige Kommunikationsangebot lässt sich quantitativ und qualitativ anhand der
Einschätzung des CSR-Informationsangebots durch die Akteure, des prozentualen Anteils der
CSR-Themen an allen Kommunikationsaktivitäten der Befragten, der Struktur der CSR-
Kommunikationsaktivitäten sowie der Art der Mediennutzung beurteilen.
Gegenwärtiges konsumentenorientiertes CSR-Kommunikationsangebot
Einen ersten Hinweis auf die quantitative Bewertung der Kommunikationsaktivitäten geben
die Durchschnittswerte der Berücksichtigung des Themas CSR prozentual im Verhältnis zu
allen Kommunikationsaktivitäten von 24% (Verbraucherpolitik) und 28% (Unternehmen).
Beide Akteure liegen somit etwa auf gleichem Niveau. Trotz der großen individuellen Be-
22
deutsamkeit und Anwendung bei den Befragten gibt es jedoch zum gesamten quantitativen
CSR-Informationsangebot differenzierte Meinungen: „Groß genug“ schätzen dieses nur 10%
der verbraucherpolitischen Akteure, aber mit 61% die Mehrzahl der Unternehmen ein (vgl.
Abbildung 7). Auch die Qualität des CSR-Informationsangebots wird von den Akteuren un-
terschiedlich bewertet: „qualitativ gut genug“ bewerten es nur 7% der Verbraucherpolitik ge-
genüber immerhin 41% der Unternehmen. Das derzeitige Angebot vernachlässigt demnach
vor allem die sozialen Aspekte, die Ausrichtung am Konsumenteninteresse und – etwas ge-
ringer bewertet – auch die ökologischen Aspekte. Entsprechend der allgemeinen Einstellung
hinsichtlich der Qualität und Quantität des Angebots empfinden die verbraucherpolitischen
Vertreter diese Elemente mehrheitlich (50-80%) als defizitär während nur ca. ein Drittel der
Unternehmen den Aspekten zustimmen (28-41%).
2 8
3 6
4 1
4 1
6 1
5 0
6 8
8 0
7
10
0 20 40 60 80 100
Wie schätzen Sie das CSR-Informationsangebot für Konsumenten insgesamt ein?
Verbraucherpolitik, n=40-42Unternehmen, n=106-109
soziale Aspekte
die Ausrichtung am Konsumenteninteresse
ökologische Aspekte
groß genug
qualitativ gut genug
Das Angebot ist ...
Das Angebot vernachlässigt ...
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
2 8
3 6
4 1
4 1
6 1
5 0
6 8
8 0
7
10
0 20 40 60 80 100
Wie schätzen Sie das CSR-Informationsangebot für Konsumenten insgesamt ein?
Verbraucherpolitik, n=40-42Unternehmen, n=106-109
soziale Aspekte
die Ausrichtung am Konsumenteninteresse
ökologische Aspekte
groß genug
qualitativ gut genug
Das Angebot ist ...
Das Angebot vernachlässigt ...
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Abbildung 7: Einschätzung des CSR-Informationsangebots
Die qualitative Bewertung des gesamten CSR-Informationsangebots deckt sich mit dem Ein-
druck aus den themenbezogenen Schwerpunkten der gegenwärtigen Kommunikationsaktivitä-
ten der Akteure. Es werden vornehmlich – sowohl von Verbraucherpolitik als auch Unter-
nehmen – produktbezogene und ökologische Aspekte im Rahmen der CSR-Kommunikation
berücksichtigt (vgl. auch Abbildung 8):
Von den einzelnen Aspekten werden von der Mehrheit der verbraucherpolitischen Akteure am
ehesten standardisierte ökologische Produktinformationen kommuniziert (80%), d.h. einheit-
liche, direkt vergleichbare Informationen wie z.B. Bio-Labels, gefolgt von nicht-standardisier-
ten ökologischen Produktinformationen (55%), d.h. individuell zusammengestellte Angaben
über die ökologische Qualität eines Produktes. Alle unternehmensbezogenen Aspekte erhalten
nur Zustimmungswerte zwischen 8 und 16%. Bei den Unternehmen zeigt sich ein leicht ande-
res Bild: Bei den Produktangaben am meisten berücksichtigt werden die Angaben Hersteller
23
und Herstellungsort (als Voraussetzung einer CSR-Transparenz in der gesamten Wertschöp-
fungskette), die ökologischen Angaben lediglich von einem Drittel der Unternehmen. Von
den unternehmensbezogenen Aspekten kommunizieren Unternehmen vor allem über ihr ge-
sellschaftliches Engagement, das betriebliche Umweltengagement sowie die Übernahme öko-
logischer Verantwortung durch Zulieferer. Über die Mitarbeitersituation bei Zulieferern und
an Auslandsstandorten wird von weniger als 10% der Unternehmen informiert.
ProduktinformationenMittelwerte
In Prozent
„sehr viel“ und „viel“
3
3
9 1
2 3
6 9
2 0
3 9
3
9
3 3
3 2
10
4
3 7
2 8
2 2
17
6 8
8
13
3 7
3 5
8
11
11
13
13
16
3 8
2 1
4 4
5 5
8 0
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=37-39LMU, n=82-89EVU, n=33-37
Sozial, standardisiert
Hersteller & Herstellungsort
Sozial, nicht-standardisiert
Ökologisch, standardisiert
Ökologisch, nicht-standardisiert
Gesellschaftliches Engagement
Situation der Mitarbeiter bei Zulieferern
Situation von Mitarbeitern am Heimatstandort
Betriebliches Umweltengagement
Übernahme ökologischer Verantwortung durch Zulieferer
Situation v. Mitarbeitern an Standorten i. Entwicklungs- u.
Schwellenländern
Derzeit kommunizieren wir aktiv mit Konsumenten über folgende Aspekte ...
Themenbereiche der CSR-Kommunikationsaktivitäten
3,23
3,61
3,57
2,98
3,66
3,26
3,65
3,17
3,8
2,64
3,51
2,85
1 2 3 4 5sehr viel
gar nicht
viel mittel-mäßig
wenig
ÖkologischeKriterien
SozialeKriterien
Produkt-bezogene
Kriterien
Unternehmens-bezogene
Kriterien
Unternehmensbezogene Informationen
ProduktinformationenMittelwerte
In Prozent
„sehr viel“ und „viel“
3
3
9 1
2 3
6 9
2 0
3 9
3
9
3 3
3 2
10
4
3 7
2 8
2 2
17
6 8
8
13
3 7
3 5
8
11
11
13
13
16
3 8
2 1
4 4
5 5
8 0
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=37-39LMU, n=82-89EVU, n=33-37
Verbraucherpolitik, n=37-39LMU, n=82-89EVU, n=33-37
Sozial, standardisiert
Hersteller & Herstellungsort
Sozial, nicht-standardisiert
Ökologisch, standardisiert
Ökologisch, nicht-standardisiert
Gesellschaftliches Engagement
Situation der Mitarbeiter bei Zulieferern
Situation von Mitarbeitern am Heimatstandort
Betriebliches Umweltengagement
Übernahme ökologischer Verantwortung durch Zulieferer
Situation v. Mitarbeitern an Standorten i. Entwicklungs- u.
Schwellenländern
Derzeit kommunizieren wir aktiv mit Konsumenten über folgende Aspekte ...
Themenbereiche der CSR-Kommunikationsaktivitäten
3,23
3,61
3,57
2,98
3,66
3,26
3,65
3,17
3,8
2,64
3,51
2,85
1 2 3 4 5sehr viel
gar nicht
viel mittel-mäßig
wenigsehr viel
gar nicht
viel mittel-mäßig
wenig
ÖkologischeKriterien
SozialeKriterien
Produkt-bezogene
Kriterien
Unternehmens-bezogene
Kriterien
Unternehmensbezogene Informationen
Abbildung 8: Konsumentenorientierte CSR-Kommunikationsaktivitäten
Die Zustimmungswerte zeigen insgesamt, dass konsumentenorientierte CSR-Kommunikation
zumindest bei den Akteuren, die an dieser Befragung teilgenommen haben, tatsächlich eine
wichtige Rolle spielt – wenn auch mit unterschiedlichen qualitativen Schwerpunkten. Dass
die Akteure, die die derzeitige Relevanz für sich hoch einschätzen, auch tatsächlich tenden-
ziell mehr kommunizieren, zeigt die Korrelation von r=0,33 (Verbraucherpolitik, p<0,05)
bzw. r=0,59 (Unternehmen, p<0,001) zwischen der Relevanzeinschätzung und dem Index der
Kommunikationsaktivitäten.12 Von den einzelnen Themenbereichen der Kommunikationsak-
12 Der Index über alle Kommunikationsaktivitäten wird durch Mittelwertberechnung über alle Einzelbewertun-gen der 11 Items gebildet. Ebenso wird mit den Teilindices der ökologischen (4 Items), sozialen (7 Items), produktbezogenen (5 Items) und unternehmensbezogenen Aspekte (6 Items) verfahren.
24
tivitäten ist die Relevanz am höchsten mit den unternehmensbezogenen Aspekten korreliert:
r=0,45 (Verbraucherpolitik, p<0,01) bzw. r=0,64 (Unternehmen, p<0,001). Die Korrelationen
zwischen der Relevanz und den Produktangaben sind hingegen schwächer und nur bei den
Unternehmen signifikant (r=0,41; p<0,001). Die Akteure, für die konsumentenorientierte
CSR-Kommunikation schon heute hohe Relevanz besitzt, kommunizieren demnach signifi-
kant mehr über unternehmensbezogene CSR-Aspekte mit Konsumenten (Unternehmen auch
signifikant mehr über produktbezogene).
Medieneinsatz
Was die Medienwahl bei konsumentenorientierter CSR-Kommunikation betrifft, legen beide
Akteursgruppen jeweils leicht unterschiedliche Schwerpunkte (vgl. Abbildung 9). Der Mehr-
heit der verbraucherpolitischen Akteure sind für ihre Kommunikation das Internet, redaktio-
nelle Beiträge in Zeitschriften, Broschüren und Email-Newsletter sehr wichtig bzw. wichtig.
Der Beratungsaspekt nimmt in dieser Liste mit 45% Zustimmung erst den fünften Platz ein,
noch weniger genutzt werden der Briefversand und Werbung in Zeitschriften.
Bei den Unternehmen erfolgt derzeitige konsumentenorientierte CSR-Kommunikation am
meisten mittels Broschüren, redaktioneller Beiträge in Zeitungen oder Zeitschriften sowie im
Internet. Einen geringeren Stellenwert haben Briefversand, Email-Newsletter sowie TV-Wer-
bung. Eine Erklärung dafür bietet der Charakter der CSR-Informationen: Die vielschichtigen,
komplexen Zusammenhänge der CSR-Elemente lassen sich in ihrer Gesamtheit nur schwer
ohne Erläuterung in der Fernsehwerbung oder in Anzeigen verwenden. Es sind vielmehr In-
strumente einzusetzen, die Erklärungen in schriftlicher oder mündlicher Art zulassen. Einzig
Teilaspekte des Konzepts lassen sich kompakt kommunizieren, wie z.B. ein TransFair-Logo
auf Produktverpackungen.
3
23
45
75
63
14
84
31
41
58
15
21
37
0 20 40 60 80 100Verbraucherpolitik, n=38-40LMU, n=80-83EVU, n=31-33
„sehr wichtig“ und „wichtig“
In Prozent
Briefversand
Persönl. / telefon. Beratung TV-Werbung
Email-Newsletter
Internet
redaktionelle Beiträge in Zeitschriften
Werbung in Zeitschriften
Point-of-Sale Informationen
Verpackung
Broschüren, Handouts, Flyer
76
31
94
88
84
51
25
64
66
65
45
59
75
78
90
0 20 40 60 80 100
Wie wichtig sind für Ihre konsumentenorientierte CSR-Kommunikation folgende Medien?
nicht gefragt
nicht gefragt
3
23
45
75
63
14
84
31
41
58
15
21
37
0 20 40 60 80 100Verbraucherpolitik, n=38-40LMU, n=80-83EVU, n=31-33
„sehr wichtig“ und „wichtig“
In Prozent
Briefversand
Persönl. / telefon. Beratung TV-Werbung
Email-Newsletter
Internet
redaktionelle Beiträge in Zeitschriften
Werbung in Zeitschriften
Point-of-Sale Informationen
Verpackung
Broschüren, Handouts, Flyer
76
31
94
88
84
51
25
64
66
65
45
59
75
78
90
0 20 40 60 80 100
Wie wichtig sind für Ihre konsumentenorientierte CSR-Kommunikation folgende Medien?
nicht gefragt
nicht gefragt
Abbildung 9: Medienwahl bei konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
25
4.2.3 Unterschiede innerhalb der Akteursgruppen
Die Ergebnisse der globalen Relevanzeinschätzung und der tatsächlichen Kommunikationsak-
tivitäten werden im Folgenden für Untergruppen der Unternehmen und Verbraucherpolitik
explorativ auf signifikante Unterschiede mittels Varianzanalysen und Korrelationsberechnun-
gen überprüft.
Unternehmen
Bei Betrachtung der Branchenunterschiede manifestiert sich der Eindruck, der bereits durch
die höhere Rücklaufquote gewonnen wurde: Energieversorger nehmen derzeit im Hinblick
auf konsumentenorientierte CSR-Kommunikation eine aktivere Rolle ein als Lebensmittelun-
ternehmen. Davon zeugt der Unterschied in der globalen Einschätzung der derzeitigen Rele-
vanz (Mittelwert von 1,98 bei EVUs gegenüber 2,41 bei LMUs). Von den verschiedenen the-
matischen CSR-Aspekten werden unternehmensbezogene Themen eher von EVUs kommuni-
ziert, produktbezogene hingegen eher von LMUs. Von allen Aspekten berichten EVUs am
meisten über ihr gesellschaftliches Engagement (91% Zustimmung) und über das betriebliche
Umweltengagement (69%). LMUs hingegen kommunizieren am meisten Herstellerangaben
und ökologische Produktinformationen auf Produktverpackungen, in redaktionellen Beiträ-
gen, Broschüren und dem Internet – EVUs hingegen nutzen neben den drei letztgenannten vor
allem auch Werbung in Zeitschriften und die persönliche Beratung. Die Energieversorger
thematisieren demnach eher als LMUs CSR-Aktivitäten in ihrer Kommunikation gegenüber
Konsumenten.
Unterschiede in der Relevanz und den Kommunikationsaktivitäten bestehen auch zwischen
verschiedenen Unternehmensgrößen. Die Relevanzbewertung für das eigene Unternehmen ist
signifikant höher von großen Unternehmen (Mittelwert 1,98) als von den KMUs (2,39). Die
Unterschiede in den Kommunikationsaktivitäten sind zwar nicht signifikant, jedoch struktu-
rell interessant: Den Ergebnissen zufolge kommunizieren die KMUs insgesamt auf geringe-
rem Niveau und eher produktbezogene und ökologische Kriterien als die großen, die ihrerseits
wiederum eher soziale Kriterien und unternehmensbezogene Aspekte in ihrer CSR-Kommuni-
kation berücksichtigen. Die Kommunikationsinstrumente sind dabei von beiden Gruppen ähn-
lich, lediglich in der Nutzung der Produktverpackung besteht ein signifikanter Unterschied
(mehr von KMUs genutzt).
Die Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation korreliert darüber hinaus mit
r=0,52 (p<0,001) signifikant mit der Marktorientierung der Unternehmen. Gleichermaßen
besteht ein starker Zusammenhang zwischen der Marktorientierung und dem Index der Kom-
26
munikationsaktivitäten (r=0,49; p<0,001). Von den verschiedenen thematischen Bereichen
der CSR-Kommunikationsaktivitäten steigt besonders die Kommunikation sozialer und unter-
nehmensbezogener Aspekte mit zunehmender Marktorientierung der Unternehmen. Als
Kommunikationsmedien verwenden marktorientierte Unternehmen verstärkt Broschüren,
Email-Newsletter und Briefversand, also eher Instrumente der individuellen Ansprache. Die
Ergebnisse zeigen, dass marktorientierte Unternehmen, d.h. Unternehmen, die den Markt be-
obachten, regelmäßig Kundenbefragungen durchführen und die Ergebnisse intern diskutieren,
die Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation für das eigene Unternehmen
höher einschätzen. Weniger marktorientierte Unternehmen hingegen sind dementsprechend
weniger sensibel für die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen hinsichtlich einer Forde-
rung nach Transparenz über CSR-Engagement der Unternehmen und schätzen die Relevanz
geringer ein. Tabelle 5 fasst die Zusammenhänge bei den Unternehmensakteuren in Abhän-
gigkeit von der Branchenzugehörigkeit, Größe und Marktorientierung zusammen.
Branche: EVU / LMU
Größe: KMU / GU
Markt- orientierung
Relevanz für das eigene Unternehmen η=0,19 * η=0,20 * r=0,52 ***
Kommunikations-medien
Broschüren Produktverpackung Werbung in Zeitschrift Redaktionelle Beiträge Internet Email-Newsletter Beratung Briefversand
η=0,21 * η=0,55 *** η=0,30 *** η=0,25 ** η=0,19 * η=0,22 *
η=0,25 *
r=0,32 ** r=0,24 * r=0,35 ** r=0,25 * r=0,34 **
Aspekte konsumen-tenorientierter CSR-Kommunikations-aktivitäten
Alle Aktivitäten Ökologische Aspekte Soziale Aspekte Produktbezug Unternehmensbezug
η=0,21 * η=0,22 *
n.s. r=0,49 *** r=0,29 * r=0,55 *** r=0,39 ** r=0,48 ***
Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant
Tabelle 5: Bewertung der gegenwärtigen Relevanz und Kommunikationsaktivitäten in Abhängigkeit von Unter-
nehmens-Untergruppen
Verbraucherpolitische Akteure
Die Unterscheidung zwischen GOs und NGOs ergibt in der Analyse der Kommunikationsak-
tivitäten kaum Differenzen, lediglich die Relevanz insgesamt für die eigene Organisation wird
unterschiedlich bewertet: für GOs ist sie geringer als für NGOs. Die globale Relevanzunter-
schiede bestätigen sich jedoch nicht signifikant bei Betrachtung der tatsächlichen Kommuni-
kationsaktivitäten.
Der Unterschied zwischen Selbst- und Fremdorganisationen fällt in der prozentualen Berück-
sichtigung des Themas hingegen deutlicher aus: Die Relevanz wird von SOs höher bewertet
27
als von FOs (v.a. Ministerien und Verbraucherzentralen). Auch die einzelnen Kommunikati-
onsaspekte erhalten von den FOs durchgängig weniger Zustimmung, insbesondere die unter-
nehmensbezogenen. Von den Kommunikationsmedien werden die meisten ähnlich bewertet,
lediglich Point-of-Sale-Informationen und Werbung in Zeitschriften werden von den SOs
mehr eingesetzt als von FOs. CSR ist somit nicht maßgeblich ein Thema, welches durch die
Zielsetzung der Regierung (Nachhaltiger Konsum) mehr vorangetrieben wird als von den Or-
ganisationen, die sich um Befriedigung der Interessen ihrer Mitglieder oder Kunden bemühen
müssen. Im Gegenteil – am meisten bemühen sich spezialisierte Selbstorganisationen, ihren
Mitgliedern und Kunden CSR-Themen zu vermitteln.
Eine signifikante Abhängigkeit der Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
von der Organisationsgröße lässt sich für die Mitarbeiterzahl (r=0,51; p<0,01) nachweisen. Je
höher die Mitarbeiterzahl ist, desto geringer wird die Relevanz bewertet. In den Kommunika-
tionsaspekten ergeben sich allerdings keine Zusammenhänge, bei den Instrumenten nur im
Aspekt der Point-of-Sale Informationen. Aufgrund der Heterogenität der großen und kleinen
Organisationen ist die Aussagekraft allerdings insgesamt gering: große Organisationen bedie-
nen überwiegend neben CSR oder neben der Verbraucherinformation viele unterschiedliche
Konsumenteninteressen, folglich kann für sie die Relevanz im Einzelnen groß sein, aber in
Relation zu ihren anderen Aufgaben geringer.
Die folgende Tabelle fasst die Ergebnisse für die verbraucherpolitischen Akteure zusammen.
GO / NGO FO / SO Größe Relevanz für das eigene Unternehmen η=0,17 η=0,30 r=0,51 **
Kommunikationsmedien Point-of-Sale-Info Werbung in Zeitschriften
n.s.
η=0,34 * η=0,51 **
r=0,39 *
Aspekte konsumenten-orientierter CSR-Kom-munikationsaktivitäten
Alle Aktivitäten Unternehmensbezug
n.s. η=0,36 *
n.s.
Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant
Tabelle 6: Bewertung der gegenwärtigen Relevanz und Kommunikationsaktivitäten in Abhängigkeit von
Verbraucherpolitik-Organisationstypen
In der Gesamtschau der Ergebnisse über die Umsetzung konsumentenorientierter CSR-Kom-
munikation kann konstatiert werden, dass die globale Einschätzung der Qualität und Quantität
der gegenwärtigen Kommunikation und Relevanz des Themas höher liegt als die tatsächlich
dokumentierten Aktivitäten, vor allem hinsichtlich der CSR-Informationen mit Unterneh-
mensbezug. Geht man bei den Unternehmen davon aus, dass, wie oben beschrieben, tenden-
ziell eher die CSR-Aktiven an der Befragung teilgenommen haben, kann angenommen wer-
28
den, dass die Kommunikationsaktivitäten aller LMUs bzw. EVUs in Deutschland deutlich
geringer ausfallen. Bei den verbraucherpolitischen Vertretern können hingegen valide Aussa-
gen für Deutschland aus dieser Befragung abgeleitet werden: Die Akteure kommunizieren
derzeit selbst überwiegend über ökologische Produktqualitäten und bewerten das konsumen-
tenorientierte CSR-Informationsangebot insgesamt, d.h. auch von Unternehmensseite, als
defizitär insbesondere hinsichtlich sozialer und unternehmensbezogener Aspekte.
4.3 Gegenwärtige Übernahme von Aufgabenbereichen und Ziele der Akteure
4.3.1 Aufgaben und Ziele der Unternehmen
Die derzeitige Übernahme von Aufgaben der Unternehmen im Zusammenhang mit konsu-
mentenorientierter CSR-Kommunikation kann analysiert werden mittels Einschätzung durch
die Unternehmen selbst (Selbstbild) sowie durch verbraucherpolitische Akteure (Fremdbild).
Eine Übersicht über die Aufgabenübernahme gibt Abbildung 10.
Unternehmen erfüllen laut Selbsteinschätzung mit ihrer derzeitigen konsumentenorientierten
CSR-Kommunikation vor allem die Aufgabe, ihren Kunden die gewünschten Informationen
bereit zu stellen und sich selbst mit CSR am Markt zu positionieren. Alle übrigen Aufgaben
erhalten jeweils nur Zustimmungswerte zwischen 18 und 32%. Das Selbstbild unterscheidet
sich allerdings in einigen Aspekten deutlich von der Fremdwahrnehmung durch die verbrau-
cherpolitischen Akteure. Diese bescheinigen den Unternehmen generell eine defizitäre Auf-
gabenwahrnehmung bei der konsumentenorientierten CSR-Kommunikation: Die Aufgaben
werden jeweils nur mit 0 bis 30% Zustimmung bewertet. Dabei wird die unternehmerische
Bereitschaft zur Durchführung von Dialogveranstaltungen mit Konsumenten von den ver-
braucherpolitischen Akteuren am höchsten eingeschätzt – mit mehr Zustimmung als von den
Unternehmen selbst. Die von den Unternehmen meistgenannte Aufgabe (Bereitstellung von
CSR-Informationen für die Kunden) schätzen die verbraucherpolitischen Akteure nur mit
15% Zustimmung ein. Weitere Unterschiede zeigen sich z.B. in der Bewertung der Kommu-
nikation negativer Aspekte des Unternehmenshandelns: Unternehmen bescheinigen sich
selbst insgesamt 29% Zustimmung gegenüber 0% von den verbraucherpolitischen Akteuren.
29
Unternehmen ...
In Prozent
Verbraucherpolitik, n=36-39
stellen CSR-Info für verbraucher-politische Akteure zur Verfügung
nutzen und verbreiten bestehende Standards
machen Dialogveranstaltungen mit Konsumenten(vertretern)
stellen die CSR-Info bereit, die ihre Kunden wünschen
positionieren sich mit CSR-Info aktiv im Markt
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der
Förderung von CSRkommunizieren auch über nega-
tive Aspekte ihres Handelns
beteiligen sind an der Entwick-lung branchenweiter Standards
für CSR-Kommunikation
Welche Aufgaben nehmen Unternehmen mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation derzeit wahr?
41
38
80
40
31
84
28
28
24
27
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23
14
0 20 40 60 80 100„trifft voll zu“ und „trifft zu“
0
11
15
18
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26
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30
020406080100
SelbstbildFremdbild
LMU, n=71-74EVU, n=32
Unternehmen ...
In Prozent
Verbraucherpolitik, n=36-39Verbraucherpolitik, n=36-39
stellen CSR-Info für verbraucher-politische Akteure zur Verfügung
nutzen und verbreiten bestehende Standards
machen Dialogveranstaltungen mit Konsumenten(vertretern)
stellen die CSR-Info bereit, die ihre Kunden wünschen
positionieren sich mit CSR-Info aktiv im Markt
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der
Förderung von CSRkommunizieren auch über nega-
tive Aspekte ihres Handelns
beteiligen sind an der Entwick-lung branchenweiter Standards
für CSR-Kommunikation
Welche Aufgaben nehmen Unternehmen mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation derzeit wahr?
41
38
80
40
31
84
28
28
24
27
78
29
27
37
23
14
0 20 40 60 80 100„trifft voll zu“ und „trifft zu“
0
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26
27
30
020406080100
SelbstbildFremdbild
LMU, n=71-74EVU, n=32LMU, n=71-74EVU, n=32
Abbildung 10: Derzeitige Aufgaben der Unternehmen im Selbst- und Fremdbild
Unternehmen verfolgen mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation hauptsäch-
lich die Ziele einer Verbesserung der Reputation und Steigerung der Attraktivität bei den
Konsumenten (Zustimmungswerte 84 bzw. 85%; vgl. Abbildung 11). Weitere Ziele sind die
Steigerung der Attraktivität bei den Mitarbeitern und Sicherung der Reputation in Krisenzei-
ten (72-73%). Etwas geringer werten die Unternehmen die gemeinwohlorientierten Ziele
„Dienen dem Gemeinwohl“ und „etwas moralisch Richtiges tun – unabhängig vom ökonomi-
schen Erfolg“ bzw. „Konsumenten zum nachhaltigen Konsum bewegen“ (61-69%). Die Stei-
gerung der Attraktivität bei den Geldgebern, d.h. Shareholdern, durch konsumentenorientierte
CSR-Kommunikation stellt das unbedeutendste Motiv dar.
Insgesamt stimmen den gemeinwohlorientierten Zielen durchgängig ca. zwei Drittel der Un-
ternehmen zu – ein Ergebnis, das für die prinzipielle Relevanz des Gemeinwohls für unter-
nehmerisches Handeln spricht. Diese Interpretation wird bestätigt durch die Nennung des
Hauptgrundes für unternehmerische konsumentenorientierte CSR-Kommunikation. Hier liegt
zwar die Verbesserung der Reputation deutlich vorne (mit 41%), der Grund, der mit 32% am
zweithäufigsten genannt wurde, ist allerdings das Gemeinwohl bzw. die Förderung des nach-
haltigen Konsums, gefolgt von der Steigerung der Attraktivität bei Konsumenten (14%) und
dem Aspekt nachhaltig Wirtschaften zu wollen (14%).
Eine explorative Faktorenanalyse über die acht Items ergibt einen Faktor, der 54% der Ge-
samtvarianz erklärt, d.h. die Bewertung der gemeinwohlorientierten Ziele korreliert hoch mit
30
der Bewertung der eigennützigen Ziele.13 Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden,
dass CSR-aktive Unternehmen nicht ausschließlich von Business-Case-Erwägungen getrieben
sind. Nur acht Unternehmen gaben an, dass das Gemeinwohl keine Motivation für konsumen-
tenorientierte CSR-Kommunikation darstelle. Hintergrund für die Aktivitäten ist also bei vie-
len die Verbindung von gemeinwohlorientierten Zielen und eigennütziger Reputationsverbes-
serung bzw. die Auffassung, dass nur eine gemeinnützig intendierte Transparenzschaffung als
glaubwürdig wahrgenommen wird.
36
61
74
77
77
71
90
90
32
61
63
65
71
72
81
83
0 20 40 60 80 100
die Attraktivität bei Geldgebern zu steigern
etwas moralisch richtiges tun - unabhängig vom ökonomischen Erfolg
unsere Reputation in Krisenzeiten zu sichern
Konsumenten zum nachhal-tigen Konsum zu bewegen
dem Gemeinwohl zu dienen
die Reputation zu verbessern
die Attraktivität bei Mitarbeitern zu steigern
die Attraktivität bei Konsumenten zu steigern
Für konsumentenorientierte CSR-Kommunikation durch unser Unternehmen spricht die Möglichkeit ...
32%
14% 14%
41%
LMU, n=64-65EVU, n=31
nachhaltig zu wirtschaften
n=22
Steigerung der Attraktivität bei Konsumenten
Verbesserung der Reputation
Der Hauptgrund ist:
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Freie Angaben
Förderung eines nachhaltigen Konsums / des Gemeinwohls
36
61
74
77
77
71
90
90
32
61
63
65
71
72
81
83
0 20 40 60 80 100
die Attraktivität bei Geldgebern zu steigern
etwas moralisch richtiges tun - unabhängig vom ökonomischen Erfolg
unsere Reputation in Krisenzeiten zu sichern
Konsumenten zum nachhal-tigen Konsum zu bewegen
dem Gemeinwohl zu dienen
die Reputation zu verbessern
die Attraktivität bei Mitarbeitern zu steigern
die Attraktivität bei Konsumenten zu steigern
Für konsumentenorientierte CSR-Kommunikation durch unser Unternehmen spricht die Möglichkeit ...
32%
14% 14%
41%
LMU, n=64-65EVU, n=31LMU, n=64-65EVU, n=31
nachhaltig zu wirtschaften
n=22
Steigerung der Attraktivität bei Konsumenten
Verbesserung der Reputation
Der Hauptgrund ist:
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Freie Angaben
Förderung eines nachhaltigen Konsums / des Gemeinwohls
Abbildung 11: Ziele und Hauptgründe der Unternehmen
Unterschiede innerhalb der Akteursgruppen
Die Unterschiede in der Aufgaben- und Zielbewertung in Abhängigkeit von der Unterneh-
mensgröße und Branche sind jeweils nur für einige Items signifikant (vgl. Tabelle 7). Zwi-
schen den Branchen bestehen lediglich geringe Unterschiede: Die Aufgabe der Positionierung
mit CSR am Markt sowie das damit u.a. verfolgte Ziel der Reputationsverbesserung werden
jeweils durch EVUs signifikant höher bewertet als von LMUs (das Reputationsziel sogar mit
84% Zustimmung der EVUs gegenüber 37% Zustimmung der LMUs). Die Beurteilung der
übrigen Aufgaben und Ziele erfolgt ansonsten zwar durchgängig leicht höher von EVUs als
13 Als Extraktionsmethode wurde für alle Faktorenanalysen die Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation angewendet. Faktorladungen wurden ab 0,5 akzeptiert (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 331). Im Vor-feld der Faktorenanalysen erfolgte jeweils die Prüfung der Stichprobeneignung durch das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 276-277). Cronbachs Alpha Werte wurden zu Einschätzung der Skalenhomogenität hinzugezogen (vgl. z.B. Homburg/Giering 1996, S. 8). Alpha beträgt hier 0,867.
31
von LMUs, die Reihenfolge der Items ist dabei aber nahezu identisch.
Bei Betrachtung der Unternehmensgröße fällt auf, dass Zustimmungswerte der kleinen Unter-
nehmen sowohl bei allen Aufgaben- als auch Ziel-Items geringer sind als die der großen Un-
ternehmen.14 Signifikant höher bewertet von den großen Unternehmen werden v.a. die Auf-
gabe der Positionierung mit CSR am Markt, die Ziele einer Attraktivitäts- bzw. Reputations-
steigerung sowie „etwas moralisch Richtiges zu tun“. Relativ betrachtet, d.h. in der jeweiligen
Rangfolge der Zustimmung, heben sich die Unterschiede bei den Aufgaben und Zielen aller-
dings auf. Beide – KMUs und GUs – nehmen somit derzeit am ehesten die Bereitstellung von
CSR-Informationen für Kunden sowie die Positionierung mit CSR am Markt wahr – und bei-
de verfolgen damit am meisten ihr eigenes Wohl, nämlich die Verbesserung der Reputation
und Steigerung der Attraktivität bei Konsumenten. Den dritten Platz belegen jeweils gemein-
wohlorientierte Ziele, bei den GUs „etwas moralisch Richtiges tun“ und bei den KMUs „dem
Gemeinwohl dienen“.
Weitere aufschlussreiche Unterschiede offenbaren sich in der Übernahme derzeitiger Aufga-
benbereiche zwischen Unternehmen, die in Entwicklungs- und/oder Schwellenländern produ-
zieren oder Rohstoffe/Zulieferprodukte aus diesen Ländern beschaffen: Die dort aktiven Un-
ternehmen sehen es derzeit signifikant eher als ihre Aufgabe an, internationale (branchenwei-
te) Standards zu nutzen und weiterzuentwickeln als die dort nicht-aktiven.
Branche: EVU – LMU
Größe: KMU - GU
E./S.-Aktivität
Aufgaben
Positionierung mit CSR-Info Dialogveranstaltungen durchführen Entwicklung branchenweiter Standards Standards nutzen und verbreiten Kommunikation negativer Aspekte Sensibilisierung der Konsumenten
η=0,37 *** η=0,20 * η=0,20 *
η=0,30 * η=0,30 * η=0,24 *
η=0,24 * η=0,31 **
Ziele
Reputationsverbesserung Attraktivität bei Konsumenten steigern Attraktivität bei Mitarbeitern steigern Sicherung der Reputation in Krisenzeiten Etwas moralisch richtiges tun
η=0,27 **
η=0,36 ** η=0,31 ** η=0,42 *** η=0,28 * η=0,38 **
n.s.
Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant E.+S.-Aktivität: Unternehmen, die in Entwicklungs- oder Schwellenländern aktiv bzw. nicht aktiv sind
Tabelle 7: Aufgaben- bzw. Zielbewertung in Abhängigkeit von Unternehmens-Untergruppen
14 So deckt z.B. das Ergebnis der Varianzanalyse des Faktors Unternehmensziele zwischen den beiden Gruppen (signifikanter Unterschied mit dem Zusammenhang η=0,31) eben lediglich die systematisch geringere Zu-stimmung von KMU auf, nicht jedoch die relativen Unterschiede.
32
4.3.2 Aufgaben und Ziele von verbraucherpolitischen Akteuren
Die derzeitigen Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure können systematisiert werden
mithilfe einer explorativen Faktorenanalyse.15 Die Berechnung ergibt zwei Faktoren (vgl.
Abbildung 12): Hinter vier Items steht der Aufgaben-Faktor „Unterstützung“, hinter drei
Items der Faktor „Aufklärung & Kontrolle“.16 Verbraucherpolitische Akteure nehmen nach
eigener Einschätzung mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation derzeit vor
allem die Aufgabe wahr, Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung von CSR zu
sensibilisieren (78%). Von den übrigen Aufgaben erhalten die Items der „Unterstützung“ et-
was mehr Zustimmung als die der „Aufklärung & Kontrolle“: ca. ein Drittel nehmen derzeit
die Aufgabe einer Aufstellung als Partner der Wirtschaftpolitik, einer Schaffung von Markt-
transparenz über CSR sowie einer Unterstützung von Best-Practice-Beispielen ein – nur
knapp ein Fünftel setzen CSR-Standards ein. In der Rolle eines Kritikers, der Boykotts initi-
iert und Unternehmen als „watchdog“ kontrolliert, sehen sich jeweils nur 13% der verbrau-
cherpolitischen Akteure – allerdings immerhin 43% bzw. 31% der Unternehmen. Überwie-
gend nehmen die verbraucherpolitischen Akteure für die Unternehmen jedoch auch die Rolle
ein, die Konsumenten zu sensibilisieren.
Verbraucherpolitische Akteure ...
Welche Aufgaben nehmen verbraucherpolitische Akteure mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation derzeit wahr?
32
19
29
16
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48
0 20 40 60 80 100
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020406080100
rufen zur Belohnung von Best Practices im CSR-Bereich auf
setzen Standards für CSR
schaffen Markttransparenz durch vergleichende CSR-Info
initiieren Kampagnen / Boykotts bei unzureichender CSR
stellen sich als Partner der Wirtschaftspolitik auf
kontrollieren als eine Art „watchdog“CSR-Unternehmensmaßnahmen
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung von CSR
Selbstbild Fremdbild
In Prozent„trifft voll zu“ und „trifft zu“
„Auf
klär
ung
& Ko
ntro
lle“
„Unt
erst
ützu
ng“
Verbraucher-politik, n=38-41
Unternehmen,n=94-97
Verbraucherpolitische Akteure ...
Welche Aufgaben nehmen verbraucherpolitische Akteure mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation derzeit wahr?
32
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0 20 40 60 80 100
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020406080100
rufen zur Belohnung von Best Practices im CSR-Bereich auf
setzen Standards für CSR
schaffen Markttransparenz durch vergleichende CSR-Info
initiieren Kampagnen / Boykotts bei unzureichender CSR
stellen sich als Partner der Wirtschaftspolitik auf
kontrollieren als eine Art „watchdog“CSR-Unternehmensmaßnahmen
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung von CSR
Selbstbild Fremdbild
In Prozent„trifft voll zu“ und „trifft zu“
„Auf
klär
ung
& Ko
ntro
lle“
„Unt
erst
ützu
ng“
Verbraucher-politik, n=38-41Verbraucher-politik, n=38-41
Unternehmen,n=94-97Unternehmen,n=94-97
Abbildung 12: Derzeitige Aufgaben verbraucherpolitischer Akteure aus Selbst- und Fremdsicht
15 Anders als bei der Unternehmensergebnissen, in der keine Faktoren bei den Aufgaben extrahiert werden konnten, ergibt die Faktorenanalyse für die Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure gute Werte.
16 Cronbachs Alpha beträgt 0,761 bzw. 0,625.
33
Ziele einer Übernahme konsumentenorientierter CSR-Kommunikation durch verbraucherpoli-
tische Akteure liegen vor allem in der Förderung des Gemeinwohls und eines nachhaltigen
Konsums (jeweils 93% Zustimmung). Etwas weniger Zustimmung finden die Ziele der Be-
friedigung des Konsumenten- (62%) oder Mitgliederinteresses (43%). Die Gewichtigkeit der
gemeinwohlorientierten Ziele wird auch bei Betrachtung der Hauptgründe für eine konsu-
mentenorientierte CSR-Kommunikation deutlich (vgl. Abbildung 13): Die Förderung des
Gemeinwohls bzw. nachhaltigen Konsums sind in 68% der Nennungen Hauptgrund, gefolgt
von der Transparenzschaffung im Konsumenteninteresse (16%) und sonstigen Gründen
(16%). Anders als bei den Unternehmensergebnissen ergibt eine explorative Faktorenanalyse
über die Ziele für verbraucherpolitische Akteure eine zweifaktorielle Lösung: die drei ge-
meinwohlorientierten Items werden durch den Faktor „Gemeinwohlorientierung“ erklärt, die
Items der Befriedigung finanzieller Interessen durch den Faktor „Ressourcenorientierung“.17
13
43
62
53
93
93
0 20 40 60 80 100
Für konsumentenorientierte CSR-Kommunikation durch unsere Organisation spricht die Möglichkeit ...
68%16%
16%
n=37-40
Transparenz im Konsu-mentenin-teresseschaffen
n=19
Der Hauptgrund ist:
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Förderung eines nachhaltigen Konsums/
des Gemeinwohls
das Interesse von Konsu-menten zu befriedigen
staatliche Finanzierung zu sichern
das Interesse der Mitglieder zu befriedigen
Konsumenten zum nachhaltigen Konsum
zu bewegendem Gemeinwohl
zu dienenzu einer Stärkung des
Wirtschaftsstandorts Deutschland beizutragen
Sonstiges
Freie Angaben
„Gem
einw
ohl-
orie
ntie
rung
“„R
esso
urce
n-or
ient
ieru
ng“
13
43
62
53
93
93
0 20 40 60 80 100
Für konsumentenorientierte CSR-Kommunikation durch unsere Organisation spricht die Möglichkeit ...
68%16%
16%
n=37-40
Transparenz im Konsu-mentenin-teresseschaffen
n=19
Der Hauptgrund ist:
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Förderung eines nachhaltigen Konsums/
des Gemeinwohls
das Interesse von Konsu-menten zu befriedigen
staatliche Finanzierung zu sichern
das Interesse der Mitglieder zu befriedigen
Konsumenten zum nachhaltigen Konsum
zu bewegendem Gemeinwohl
zu dienenzu einer Stärkung des
Wirtschaftsstandorts Deutschland beizutragen
Sonstiges
Freie Angaben
„Gem
einw
ohl-
orie
ntie
rung
“„R
esso
urce
n-or
ient
ieru
ng“
Abbildung 13: Ziele und Hauptgründe verbraucherpolitischer Akteure
Unterschiede innerhalb der Akteursgruppen
Eine nähere Charakterisierung der Aufgaben und Ziele der verbraucherpolitischen Akteure ist
durch Betrachtung der Untergruppen möglich (vgl. Tabelle 8). Die Unterscheidung in Fremd-
und Selbstorganisationen ergibt signifikante Unterschiede in mehreren Aspekten, insbesonde-
re den Aufgaben Kampagnen bzw. Boykotts zu initiieren und als „watchdog“ Unterneh-
mensmaßnahmen zu kontrollieren: diese werden signifikant eher von den SOs als Aufgabe
17 Cronbachs Alpha beträgt 0,645 bzw. 0,467.
34
übernommen als von den FOs. Dafür bewerten die FOs die Aufstellung als Partner der Wirt-
schaftspolitik als zweithöchste Aufgabe nach der Sensibilisierung der Konsumenten. Ein wei-
terer hoch signifikanter Unterschied zeigt sich bei der Schaffung von Markttransparenz durch
vergleichende CSR-Informationen. Dieser Aspekt wird von SOs wesentlich höher bewertet
(Mittelwert 2,42) als von FOs (3,46).
Trotz offenbar großer Unterschiede in der derzeitigen Aufgaben-Übernahme zwischen den
Akteuren sind die Ziele, die mit einer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation verfolgt
werden, für die Selbst- und Fremdorganisationen ähnlich.18 Allerdings unterscheidet sich das
Antwortverhalten der FOs von dem der SOs systematisch in allen Ziel-Items, ebenso wie auch
in der Bewertung der derzeitigen und zukünftigen Aufgaben: FOs stimmen durchgehend ge-
ringer zu. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Ministerien ihre Aufgaben im Bereich
CSR-Kommunikation entweder in anderen, hier nicht erwähnten Bereichen sehen oder dieses
Thema generell weniger als ihren Aufgabenbereich betrachten. Dafür spricht auch die gerin-
gere derzeitige wahrgenommene Relevanz von CSR-Kommunikation für FOs (vgl. Abschnitt
4.2.3). Die Systematik wird lediglich im Ziel-Item „Stärkung des Wirtschaftsstandorts
Deutschland“ unterbrochen: Dieser Aspekt wird von den FOs als dritthöchstes Ziel bewertet
(Mittelwert 2,46), von den SOs lediglich an fünfter Stelle (3,08).
Unterschiede zwischen NGOs und GOs ergibt die Varianzanalyse für den Ziel-Faktor „Res-
sourcenorientierung“: NGOs bewerten den Faktor höher als GOs, ohne dabei jedoch den Fak-
tor „Gemeinwohlorientierung“ geringer zu beurteilen. Das Ergebnis ist insofern plausibel, als
die NGOs stärker von projektbezogener Förderung und Umsatz durch Konsumenten abhän-
gen als die dauerhaft finanzierten Regierungsorganisationen. Aber auch der Umsatz der
NGOs fließt letztlich größtenteils gemeinwohlorientierten Zielen zu, wie z.B. der Transpa-
renzschaffung über CSR.
GO – NGO FO - SO
Aufgaben
Sensibilisierung von Konsumenten Markttransparenz über CSR schaffen Standards für CSR setzen Kampagnen und Boykotts initiieren Als „watchdog“ Unternehmen kontrollieren
η=0,57 *** η=0,35 *
η=0,36 *
η=0,36 * η=0,44 ** η=0,39 * η=0,55 *** η=0,51 **
Ziele Interesse der Mitglieder befriedigen η=0,48 ** η=0,47 ** Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant
Tabelle 8: Aufgaben- bzw. Zielbewertung in Abhängigkeit der Verbraucherpolitik-Organisationstypen
18 Lediglich beim Mitgliederinteresse gibt es signifikante Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdorganisati-onen, da letztere in der Regel keine Mitgliedsorganisationen sind.
35
4.3.3 Probleme aus Sicht der Unternehmen und verbraucherpolitischen Akteure
Die verschiedenen Probleme, die die Akteursgruppen bei ihrer konsumentenorientierten CSR-
Kommunikation hindern, entstammen den Bereichen (1) der Kosten und Erhältlichkeit der
CSR-Informationen, (2) der Relevanz von CSR, (3) mitarbeiterbezogener Probleme sowie (4)
konsumentenbezogener Schwierigkeiten mit CSR.
(1) Kosten und Erhältlichkeit der CSR-Informationen
Die Kosten der Kommunikationsaktivitäten gehören zu den wichtigsten Hindernissen der bei-
den Akteursgruppen. In der verbraucherpolitischen Befragung steht das Problem an zweiter
Stelle, bei den Unternehmen insgesamt an erster. Die Mehrheit der verbraucherpolitischen
Akteure bewertet dazu die Schwierigkeit der Informationsbeschaffung (Erhältlichkeit und
verursachende Kosten) hoch – Aspekte, die von den Unternehmen wesentlich weniger Zu-
stimmung erhalten. Dies ist plausibel, da Unternehmen einen Großteil der Informationen in-
tern beschaffen können – wenngleich auch hier Abstimmungsprobleme zwischen den Abtei-
lungen oder Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Zulieferern auftreten können (vgl.
Schrader/Halbes/Hansen 2005, S. 37).
(2) Relevanz von CSR
Für alle Unternehmen am Zweitwichtigsten ist der Aspekt, dass andere Aufgaben wichtiger
sind. Demgegenüber scheint bei den verbraucherpolitischen Akteuren die Priorität anderer
Aufgaben vor CSR-Aufgaben kaum ein Hindernis darzustellen: der Aspekt erhält die drittge-
ringste Zustimmung. Das Problem, dass der CSR-Begriff für die Akteure zu unbestimmt sei,
wird überwiegend als weniger relevant eingeschätzt.
(3) Mitarbeiterbezogene Probleme
Ebenfalls geringe Zustimmung erlangt in beiden Befragungen der Aspekt der mangelnden
Mitarbeiterkompetenz. Bei verbraucherpolitischen Akteuren ist dabei die Bewertung mit 23%
etwas höher als bei den Unternehmen (13%). Der Aspekt der mangelnden Zeit der Mitarbeiter
wird hingegen von allen Akteuren als äußerst hinderlich für die eigene Organisation/ Unter-
nehmung eingeschätzt - insbesondere jedoch von den verbraucherpolitischen Akteuren, für
die der Aspekt von allen am problematischsten ist. Für diese wirkt sich hier die vergleichs-
weise knappe Ausstattung an Humanressourcen aus.
36
(4) Konsumentenbezogene Probleme
Neben den internen Problemen können für die Akteure weitere Hindernisse durch geringes
Interesse der Konsumenten an CSR-Informationen oder eine fehlende Kaufrelevanz auftreten.
Beide Aspekte werden von den verbraucherpolitischen Akteuren insgesamt als eher mittel-
schwere Probleme bewertet (40-46% Zustimmung), die Unternehmen bestätigen dies noch
etwas weniger (24-33% Zustimmung).
Unter den (freien) Nennungen des Hauptproblems werden das mangelnde Konsumenteninte-
resse und die fehlende Kaufrelevanz bei den verbraucherpolitischen Akteuren allerdings mit
38% noch vor Kosten & Erhältlichkeit der Informationen (25%) und der fehlenden Priorität
bzw. mangelnden Zeit der Mitarbeiter (19%) aufgeführt. Auch bei den Unternehmensnennun-
gen zum Hauptproblem werden diese Aspekte höher bewertet als in der Einzelbeurteilung: Sie
belegen den zweiten Platz (mit 24%) hinter den Kosten bzw. der Erhältlichkeit der Informati-
onen (29%) und vor der fehlenden Priorität bzw. wenigen Zeit der Mitarbeiter (18%). Abbil-
dung 14 illustriert die Bewertungen der Akteursgruppen.
5
15
22
13
33
46
30
24
36
18
55
38
23
37
39
40
46
51
54
56
66
0 20 40 60 80 100
Das Hauptproblem ist:„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Wie bewerten Sie folgende Probleme der CSR-Kommunikation aus Sicht Ihrer Organisation / Ihres Unternehmens?
Hohe Kosten der Info-Beschaffung
Mitarbeiter haben dafür nicht genügend Zeit
Notwendige Infos sind nur schwer erhältlich
Andere Aufgaben sind wichtiger
Hohe Kosten der Kommunikationsmaßnahmen
Der CSR-Begriff ist uns zu unbestimmt
Mitarbeiter haben dafür nicht die nötige Kompetenz
Konsumenten haben ein gerin-ges Interesse an CSR-Info
CSR-Info sind für Konsu-menten nicht kaufrelevant
Negative Reaktion von Geldgebern
Fehlende CSR-Maßnahmen
Abstimmungsproblemein Abteilungen Verbraucherpolitik, n=39-41
Unternehmen, n=92-94
Wichtigere Aufgaben intern und wenig
Zeit der MA
Mangelnde/s Interesse & Kaufrelevanz der Konsumenten
Kosten & Erhältlichkeit
der Informationen
29%
18%
24%
29%
19%19%
25%
38%
Innen: Unternehmen, n=17Außen: Verbraucherpolitik, n=16
Sonstiges
Freie Angaben
nicht gefragt
nicht gefragt
nicht gefragt
5
15
22
13
33
46
30
24
36
18
55
38
23
37
39
40
46
51
54
56
66
0 20 40 60 80 100
Das Hauptproblem ist:„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
Wie bewerten Sie folgende Probleme der CSR-Kommunikation aus Sicht Ihrer Organisation / Ihres Unternehmens?
Hohe Kosten der Info-Beschaffung
Mitarbeiter haben dafür nicht genügend Zeit
Notwendige Infos sind nur schwer erhältlich
Andere Aufgaben sind wichtiger
Hohe Kosten der Kommunikationsmaßnahmen
Der CSR-Begriff ist uns zu unbestimmt
Mitarbeiter haben dafür nicht die nötige Kompetenz
Konsumenten haben ein gerin-ges Interesse an CSR-Info
CSR-Info sind für Konsu-menten nicht kaufrelevant
Negative Reaktion von Geldgebern
Fehlende CSR-Maßnahmen
Abstimmungsproblemein Abteilungen Verbraucherpolitik, n=39-41
Unternehmen, n=92-94
Wichtigere Aufgaben intern und wenig
Zeit der MA
Mangelnde/s Interesse & Kaufrelevanz der Konsumenten
Kosten & Erhältlichkeit
der Informationen
29%
18%
24%
29%
19%19%
25%
38%
Innen: Unternehmen, n=17Außen: Verbraucherpolitik, n=16
Sonstiges
Freie Angaben
nicht gefragt
nicht gefragt
nicht gefragt
Abbildung 14: Probleme der Akteursgruppen
37
Unterschiede bei Unternehmen
Die Bewertung der Probleme erfolgt in einigen Aspekten sowohl zwischen den Branchen als
auch den Unternehmensgrößen unterschiedlich. LMUs bewerten fast alle Probleme höher als
EVUs, besonders aber die Kosten der Kommunikationsmaßnahmen, die Informationsbeschaf-
fung (Erhältlichkeit und verursachende Kosten) sowie die Unbestimmtheit des CSR-Begriffs.
Eine Erklärung für Unterschiede im letzten Aspekt kann die intensivere Auseinandersetzung
der EVUs mit dem Thema sein, zu der auch die Begriffsbestimmung und Definition der CSR-
Elemente in der jeweiligen Branche gehören. Werden, durch geringe Auseinandersetzung mit
CSR, die für die Kommunikationsmaßnahmen relevanten CSR-Informationen intern nicht
fortwährend und durch festgelegte Abläufe gesammelt, müssen die Daten extra beschaffen
werden und verursachen in der Folge zusätzlichen Aufwand für die Mitarbeiter und Kosten
für das Unternehmen.
Unterschiede zwischen großen und kleineren Unternehmen bestehen insbesondere in den mit-
arbeiterbezogenen Items, aber auch bei der schlechten Erhältlichkeit der Informationen sowie
der Befürchtung von negativen Reaktionen der Geldgeber. Zwar bewerten große Unterneh-
men alle Probleme geringer, signifikante Unterschiede bestehen jedoch nur in diesen Aspek-
ten. So ist das Problem der Mitarbeiterkompetenz für die KMUs zwar relevanter als für große
Unternehmen, jedoch insgesamt auf einem niedrigen Zustimmungsniveau. Im Aspekt der
mangelnden Zeit der Mitarbeiter wirkt sich für KMUs – ähnlich wie bei den verbraucherpoli-
tischen Akteuren – die vergleichsweise knappe Ausstattung an Humanressourcen gegenüber
großen Unternehmen aus.
Unterschiede bei verbraucherpolitischen Akteuren
Bei den verbraucherpolitischen Akteuren können keine signifikanten Unterschiede in der Pro-
blembewertung identifiziert werden. Fremdorganisationen bewerten zwar generell alle Prob-
lemaspekte geringfügig höher als Selbstorganisationen, sie haben in der Tendenz jedoch ähn-
liche Schwerpunkte und unterscheiden sich nicht maßgeblich. Alle Akteure bewerten somit
als relevantestes Problem die mangelnde Zeit der Mitarbeiter und als geringstes Problem de-
ren Kompetenz. Tabelle 9 fasst die Gruppenunterschiede zusammen.
38
Unternehmen Verbraucherpolitik Probleme Branche:
EVU / LMU Größe:
KMU / GU GO / NGO
FO / SO
Negative Reaktion von Geldgebern Kosten der Kommunikationsmaßnahmen Kosten der Informationsbeschaffung Schlechte Erhältlichkeit der Informationen Mangelnde Zeit der Mitarbeiter Mangelnde Mitarbeiterkompetenz Unbestimmtheit des CSR-Begriffs
η=0,22 * η=0,21 * η=0,25 * η=0,30 **
η=0,28 * η=0,28 * η=0,25 * η=0,37 **
n.s. n.s.
Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant
Tabelle 9: Problembewertung in Abhängigkeit der Unternehmens- und Verbraucherpolitik-Untergruppen
4.3.4 Bewertung der Probleme von Konsumenten
Nachdem in obigem Abschnitt die problematischen Auswirkungen fehlender Relevanz von
CSR-Aspekten bei Konsumenten auf die Wahrnehmung von CSR-Kommunikation durch Un-
ternehmen bzw. verbraucherpolitische Akteure untersucht wurden, sollen in diesem Abschnitt
Probleme der Konsumenten selbst mit konsumentenorientierter CSR-Kommunikation be-
leuchtet werden. Dazu bewerten die Akteure verschiedene Aspekte, die für Konsumenten als
Rezipienten von CSR-Kommunikation hinderlich sein können.
Von den sieben Items werden besonders die Komplexität des Themas, die herrschende Infor-
mationsüberlastung sowie Kosten und Zeitaufwand der Informationsbeschaffung als hinder-
lich für Konsumenten eingeschätzt – Unternehmen betonen dabei vor allem den Überlas-
tungsaspekt. Die Problematik mangelnden Vertrauens gegenüber bestehenden Informationen
wird demgegenüber als weniger relevant eingeschätzt – weder gegenüber Informationen von
Unternehmen noch (mit noch weniger Zustimmung) gegenüber denen der verbraucherpoliti-
schen Akteure. Beide Akteursgruppen sehen Hindernisse der Konsumenten im Umgang mit
CSR-Informationen somit vor allem im Bereich der Informationsverarbeitung, die durch die
Komplexität des Begriffs und die generelle Flut an potenziellen Informationen für Konsumen-
ten erschwert wird. Interessant ist, dass sogar auf verbraucherpolitischer Seite kaum Vertrau-
ensprobleme bei Unternehmensinformationen über CSR gesehen werden. Dies divergiert mit
Ergebnissen von Verbraucherbefragungen, die eine ausgeprägte Skepsis gegenüber von Un-
ternehmen selbst kommunizierter CSR-Inhalte zeigen (z.B. MORI 2005, S. 17).
39
19
45
40
17
37
50
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=40-41 Unternehmen, n=93-95
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
53
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66
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0 20 40 60 80 100
verursacht die Info-Be-schaffung zu hohe Kosten
haben kaum indi-viduellen Nutzen
von CSR-Info
fehlt die Zeit für Info-Suche
ist das Thema zu komplex
sind ohnehin mit Info überlastet
vertrauen verbrau-cherpolitischenCSR-Info nicht
vertrauen CSR-Info d. Unternehmen nicht
Konsumenten ...
Wie bewerten Sie Probleme von Konsumenten mit CSR-Informationen?
19
45
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0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=40-41 Unternehmen, n=93-95
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
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verursacht die Info-Be-schaffung zu hohe Kosten
haben kaum indi-viduellen Nutzen
von CSR-Info
fehlt die Zeit für Info-Suche
ist das Thema zu komplex
sind ohnehin mit Info überlastet
vertrauen verbrau-cherpolitischenCSR-Info nicht
vertrauen CSR-Info d. Unternehmen nicht
Konsumenten ...
Wie bewerten Sie Probleme von Konsumenten mit CSR-Informationen?
Abbildung 15: Probleme von Konsumenten mit CSR-Informationen
Die wahrgenommenen konsumentenseitigen Probleme hindern die Akteure gleichwohl kaum
bei ihrer eigenen CSR-Kommunikation. Vielmehr behindert der Ressourcenmangel bzw. die
derzeitige Ressourcenzuweisung zu anderen, relevanteren Themen die CSR-Kommunikation.
Folglich muss hier angesetzt werden, um letztlich konsumentenorientierte CSR-Kommunika-
tion so zu gestalten, dass auch den Barrieren auf Konsumentenseite entgegengewirkt wird.
4.4 Zukünftige Entwicklung
Eine zukünftige konsumentenorientierte CSR-Kommunikation hängt von der geplanten Über-
nahme von Aufgaben sowie der Ausgestaltung der Kommunikationsmaßnahmen ab. Letztge-
nannter Aspekt umfasst mögliche Emotionalisierungsstrategien, die die im Konsumgütermar-
keting angewandten Strategien der Kommunikationsgestaltung auf die CSR-Thematik über-
tragen, sowie den Einsatz neuer Kommunikationsmedien und -instrumente. Bei letzteren liegt
ein Schwerpunkt auf der geplanten CSR-Norm mit Leitliniencharakter der ISO (vgl. ISO
2005) sowie den CSR-Tests der Stiftung Warentest (vgl. Schoenheit/Hansen 2004 sowie Stif-
tung Warentest 2004).19 Von den zukünftigen Maßnahmen der Akteure wird die Rolle des
BMELV gesondert hervorgehoben, da diesem als oberste exekutive Instanz der staatlichen
Verbraucherpolitik besondere Bedeutung als verbraucherpolitischer Akteur zukommt.
4.4.1 Kommunikationsgestaltung und Instrumente
Hinsichtlich der Gestaltung zukünftiger konsumentenorientierter CSR-Kommunikation stim-
men die meisten befragten Akteure einer zielgruppenspezifischen, vereinfachten und emotio-
19 Die ISO-Leitlinie betrifft insbesondere die Unternehmen und nimmt daher in der Befragung mit 5 Items eine größere Rolle ein als in der verbraucherpolitischen Befragung (ein Item). Der CSR-Test der Stiftung Waren-test wurde in beiden Befragungen mit einer Filterfrage (Kenntnis) und zwei weiteren Fragen bedacht.
40
nalisiert aufbereiteten Ansprache mit großer Mehrheit zu (vgl. Abbildung 16). Jedoch wird
auch die Gefahr gesehen, dass durch Emotionalisierung die komplexen Zusammenhänge zu
sehr vereinfacht werden. In zukünftigen Kommunikationsstrategien wird somit eine angemes-
sene Mischung aus Simplifizierung, Emotionalisierung und inhaltlicher Komplexität favori-
siert.
Das Internet wird von beiden Akteursgruppen als gut geeignete Kommunikationstechnologie
zur Erfüllung zielgruppenspezifischer CSR-Informationsbedürfnisse betrachtet, aus dem in
Zukunft weitere ungenutzte Potenziale geschöpft werden können. Als weiteres, neues Kom-
munikationsmedium wird der elektronische Info-Terminal als gute Möglichkeit eingeschätzt,
Konsumenten am Point-of-Sale über CSR zu informieren. Weitaus skeptischer beurteilen bei-
de Akteursgruppen mobile Technologien und ihre Hilfe bei situationsspezifischer CSR-Kom-
munikation (geringe Zustimmung von 42% bei Verbraucherpolitik und 25% bei Unterneh-
men; vgl. Abbildung 16).
Verbraucherpolitik, n=42Unternehmen, n=86-88
In Prozent
66
62
71
86
52
62
76
88
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=41-42Unternehmen, n=86-87
Eine Emotionalisierung birgt die Gefahr, kom-
plexe Zusammenhänge zu sehr zu vereinfachen
Mit Emotionalisierung ist die Chance verbunden,
eine breite Masse an Konsumenten zu erreichen
Kommunikation muss nach Konsumentenzielgruppen
differenziert werden
In der Kommunikation muss die Komplexität von CSR extrem reduziert werden
Wie bewerten Sie folgende Gestaltungs-möglichkeiten für eine konsumenten-orientierte CSR-Kommunikation?
Bitte bewerten Sie Aussagen zum Potenzial neuer Kommunikationsmedien für konsu-mentenorientierte CSR-Kommunikation.
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
Elektronische Info-Terminals bieten eine gute Möglichkeit,
Konsumenten am Point-of-Sale über CSR zu informieren
Neue mobile Technologien bieten gute Möglichkeiten
für situationsspezifische CSR-Kommunikation
Das Internet hat die größten ungenutzten Potenziale
Das Internet eignet sich gut zur Erfüllung
zielgruppenspezifischer CSR-Info-Bedürfnisse
25
48
48
77
42
62
66
81
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=42Unternehmen, n=86-88
In Prozent
66
62
71
86
52
62
76
88
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=41-42Unternehmen, n=86-87
Eine Emotionalisierung birgt die Gefahr, kom-
plexe Zusammenhänge zu sehr zu vereinfachen
Mit Emotionalisierung ist die Chance verbunden,
eine breite Masse an Konsumenten zu erreichen
Kommunikation muss nach Konsumentenzielgruppen
differenziert werden
In der Kommunikation muss die Komplexität von CSR extrem reduziert werden
Wie bewerten Sie folgende Gestaltungs-möglichkeiten für eine konsumenten-orientierte CSR-Kommunikation?
Bitte bewerten Sie Aussagen zum Potenzial neuer Kommunikationsmedien für konsu-mentenorientierte CSR-Kommunikation.
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
Elektronische Info-Terminals bieten eine gute Möglichkeit,
Konsumenten am Point-of-Sale über CSR zu informieren
Neue mobile Technologien bieten gute Möglichkeiten
für situationsspezifische CSR-Kommunikation
Das Internet hat die größten ungenutzten Potenziale
Das Internet eignet sich gut zur Erfüllung
zielgruppenspezifischer CSR-Info-Bedürfnisse
25
48
48
77
42
62
66
81
0 20 40 60 80 100
Abbildung 16: Zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten und Potenziale neuer Kommunikationsmedien
Die konkreten Instrumente für CSR-Kommunikation werden von den Akteursgruppen unter-
schiedlich bewertet. Die Initiative der ISO zur Erarbeitung einer CSR-Norm mit Leitliniencha-
rakter begrüßen sowohl verbraucherpolitische Akteure als auch Unternehmen. Nach Ein-
schätzung der Unternehmen kann die Norm hauptsächlich den internationalen Handel fördern,
nicht aber zwingend die sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen verbessern. Die-
se Einschätzung wird hauptsächlich von den EVUs geteilt, die auch die Priorität für das The-
ma, den Harmonisierungsbedarf und die Machbarkeit, bis 2007 einen Konsens zu erzielen,
41
jeweils höher einschätzen als die LMUs. Insgesamt wird die Norm von großen Unternehmen
besser bewertet als von KMUs. Dabei profitieren beide Gruppen gleichermaßen von einer
globalen Norm: Große Unternehmen, weil sie einheitliche Maßstäbe an alle ihre internationa-
len Aktivitäten anlegen können, und KMUs, weil für sie in Relation zu GUs der Aufbau eige-
ner CSR-Leitlinien kostenintensiver ist.
Die hohe Zustimmung zu den ISO-Normen von den Unternehmensvertretern ist überraschend,
da von Unternehmensseite einige ablehnende Haltungen gegen die Leitlinie geäußert wurden
(vgl. z.B. Metze 2003, S. 15). Entgegen anderer Normen der ISO (z.B. die 14000er Serie zu
Umweltstandards) ist der geplante „guidance standard“ zu CSR, publiziert als ISO 26000,
jedoch lediglich als Richtlinie ohne Zertifizierungsnotwendigkeit anzuwenden. Er erfüllt so-
mit eine der Voraussetzungen von Unternehmensseite und kann die hohen Zustimmungswerte
in der Befragung erklären. Auch die oben erläuterte Verzerrung der Stichprobe zu eher CSR-
aktiven Unternehmen begründet hier sicherlich die positive Einstellung.
Für die verbraucherpolitischen Akteure, auf der anderen Seite, bietet ein globaler Standard
über soziale und ökologische Verantwortungsübernahme von Unternehmen die Möglichkeit
einer verbesserten Transparenzschaffung gegenüber Konsumenten. Sie unterstützen daher den
Prozess der ISO, in dem die Leitlinie unter Einbezug aller beteiligten Stakeholder-Gruppen
entwickelt werden soll (vgl. vzbv 2005b; CI 2004).
LMU, n=58-59 EVU, n=22-23 Verbraucherpolitik, n=42
2,74
2,43
2,23
3,8
1,9
2,88
2,81
2,76
2,9
2
1 2 3 4 5
Mittelwert
Wie ist der Beitrag, den eine solche Norm für die Unterstützung ökonomischer Effizienz, Gesundheit,
Sicherheit und Umwelt leisten kann?Wie groß ist der Bedarf, nationale Standardisierung-
sansätze in diesem Bereich zu harmonisieren, die internationale Handelsbarrieren darstellen können?
Wie ist der Beitrag, den eine solche Norm für die Unterstützung von internationalem
Handel und Produktion leisten kann?
Welche Priorität sollte die Entwicklung einer internationalen Norm zum Thema CSR haben?
Wie wird die Machbarkeit eingeschätzt, bis 2007 Konsens über eine internationale
CSR-Norm zu erzielen?
„Eine internationale Standardisierung, z.B. eine ISO-Norm, wäre für die
konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sinnvoll.“
VerbraucherpolitikUnternehmen
Bewertung der ISO-Norm (mit Leitliniencharakter) zu CSR
hoch niedrig
2,4
1 2 3 4 5hoch niedrig
LMU, n=58-59 EVU, n=22-23 Verbraucherpolitik, n=42
2,74
2,43
2,23
3,8
1,9
2,88
2,81
2,76
2,9
2
1 2 3 4 5
Mittelwert
Wie ist der Beitrag, den eine solche Norm für die Unterstützung ökonomischer Effizienz, Gesundheit,
Sicherheit und Umwelt leisten kann?Wie groß ist der Bedarf, nationale Standardisierung-
sansätze in diesem Bereich zu harmonisieren, die internationale Handelsbarrieren darstellen können?
Wie ist der Beitrag, den eine solche Norm für die Unterstützung von internationalem
Handel und Produktion leisten kann?
Welche Priorität sollte die Entwicklung einer internationalen Norm zum Thema CSR haben?
Wie wird die Machbarkeit eingeschätzt, bis 2007 Konsens über eine internationale
CSR-Norm zu erzielen?
„Eine internationale Standardisierung, z.B. eine ISO-Norm, wäre für die
konsumentenorientierte CSR-Kommunikation sinnvoll.“
VerbraucherpolitikUnternehmen
Bewertung der ISO-Norm (mit Leitliniencharakter) zu CSR
hoch niedrig
2,4
1 2 3 4 5hoch niedrig
Abbildung 17: Bewertung der ISO-Norm mit Leitliniencharakter zu CSR
Eher geteilte Ansichten haben die Akteure über die CSR-Tests der Stiftung Warentest (vgl.
Abbildung 18). Große Unterschiede gibt es bereits bei der Kenntnis der Tests: 81% der
42
verbraucherpolitischen Akteure sind die Tests bekannt – auf Unternehmensseite lediglich
25%. Unter den Test-Kennern bewerten die Unternehmen den generellen Sinn und eine re-
gelmäßige Fortführung der Tests wesentlich kritischer als die verbraucherpolitischen Vertre-
ter, die den beiden Aspekten sogar zu 100% zustimmen. Dabei vertreten die Unternehmen
untereinander stark divergierende Meinungen: immerhin 88% der EVUs stimmen einer re-
gelmäßigen Fortführung der Tests zu, jedoch lediglich 36% der LMUs. „Sinnvoll“ finden
75% der EVUs die CSR-Tests, jedoch wiederum nur 39% der LMUs. Ein ähnliches Bild er-
geben die anschließenden Fragen danach, ob die Stiftung Warentest mit dem Test ihre Kom-
petenzen überschreite bzw. ob die angewandte Standardisierung und Bewertung von CSR
nicht akzeptabel sei: 0% Zustimmung bei der Verbraucherpolitik bei beiden Fragen stehen
50% bzw. 25% Zustimmung der LMUs und jeweils 13% der EVUs gegenüber. LMUs kriti-
sieren somit anscheinend weniger die Art und Weise, wie sich die Stiftung Warentest dem
Thema nähert, sondern vielmehr, dass sie sich überhaupt damit beschäftigt. Sie sehen die Stif-
tung Warentest offensichtlich eher auf ihren traditionellen Kernbereich der Produkt- und
Dienstleistungstests beschränkt.
Von den Tests werden – unabhängig von der generellen Akzeptanz – zahlreiche Effekte der
Förderung des nachhaltigen Konsums erwartet. Die Akteure vermuten mehrheitlich eine indi-
rekte Wirkung über die angestoßenen Auseinandersetzungen bei den betroffenen und nicht
betroffenen Unternehmen. Geteilte Meinungen gibt es über die Wirkung eines nachhaltigeren
Kaufverhaltens durch die CSR-Tests: diesem stimmen gut drei Viertel der Verbraucherpolitik
zu, jedoch nur 57% (LMUs) bzw. 38% (EVUs) der Unternehmen. Sie erwarten eher eine Wir-
kung über generelle Sensibilisierung der Massen (79% bzw. 100% Zustimmung), z.B. über
Berichterstattung über die Testergebnisse, – ein Aspekt der bei den verbraucherpolitischen
Akteuren am wenigsten erwartet wird (58%). Die Unternehmen begreifen die CSR-Tests so-
mit eher als Möglichkeit, ihre Reputation zu verbessern, als direkt Kaufanreize zu setzen. Im
Umkehrschluss müssen sie durch negative Schlagzeilen den Verlust langfristig aufgebauter
Reputation fürchten.
43
Verbraucherpolitik, n=30-33 LMU, n=12-14 EVU, n=8
In Prozent
13
13
88
75
25
50
36
39
0
0
100
100
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
100
38
63
63
100
79
57
43
71
71
58
76
79
88
94
0 20 40 60 80 100
Wie ist Ihre Meinung zu den CSR-Tests? Wie schätzen Sie die Wirkungen der CSR-Tests ein?
Die angewandte Standardisierung und Bewertung von CSR ist nicht akzeptabel
Mit den Tests überschrei-tet die Stiftung Waren-test ihre Kompetenzen
Die Form der Kommu-nikation ist sinnvoll
Eine regelmäßige Fortführung der Tests
ist anzustreben
zwingen auch nicht betroffe-ne Unternehmen zur inter-
nen Auseinandersetzung
zwingen die betroffenen Unter-nehmen zur internen Ausein-
andersetzung mit dem Thema
sensibilisieren eine breite Masse für die Problematik
beeinflussen Konsumenten, beim Einkauf Nachhaltigkeits-
kriterien zu berücksichtigen
finden breite Zustimmung un-ter den verbraucherpoliti-
schen Akteuren/Unternehmen unserer Branche
Die Tests ...
81% 19%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
25% 75%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Haben Sie von den CSR-Tests der Stiftung Warentest gehört oder gelesen?
UnternehmenVerbraucherpolitikJANEIN
n= 41 n=88
Verbraucherpolitik, n=30-33 LMU, n=12-14 EVU, n=8Verbraucherpolitik, n=30-33 LMU, n=12-14 EVU, n=8
In Prozent
13
13
88
75
25
50
36
39
0
0
100
100
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
100
38
63
63
100
79
57
43
71
71
58
76
79
88
94
0 20 40 60 80 100
Wie ist Ihre Meinung zu den CSR-Tests? Wie schätzen Sie die Wirkungen der CSR-Tests ein?
Die angewandte Standardisierung und Bewertung von CSR ist nicht akzeptabel
Mit den Tests überschrei-tet die Stiftung Waren-test ihre Kompetenzen
Die Form der Kommu-nikation ist sinnvoll
Eine regelmäßige Fortführung der Tests
ist anzustreben
zwingen auch nicht betroffe-ne Unternehmen zur inter-
nen Auseinandersetzung
zwingen die betroffenen Unter-nehmen zur internen Ausein-
andersetzung mit dem Thema
sensibilisieren eine breite Masse für die Problematik
beeinflussen Konsumenten, beim Einkauf Nachhaltigkeits-
kriterien zu berücksichtigen
finden breite Zustimmung un-ter den verbraucherpoliti-
schen Akteuren/Unternehmen unserer Branche
Die Tests ...
81% 19%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
25% 75%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Haben Sie von den CSR-Tests der Stiftung Warentest gehört oder gelesen?
UnternehmenVerbraucherpolitikJANEINJANEIN
n= 41 n=88
Abbildung 18: Bewertung des CSR-Tests der Stiftung Warentest
4.4.2 Zukünftige Relevanz und Aufgaben der Unternehmen
Für die nächsten zehn Jahre erwarten alle Unternehmen eine Steigerung in der Relevanz kon-
sumentenorientierter CSR-Kommunikation allgemein sowie speziell für die eigene Akteurs-
gruppe. Die Zustimmung zu einer hohen Relevanz für das eigene Unternehmen ist etwas ge-
ringer, jedoch noch deutlich über 50% (vgl. Abbildung 19).
Die Relevanz wird in den nächsten 10 Jahren ...
Verbraucherpolitik, n=38-40LMU, n=61-63EVU, n=26-28
In Prozent
78
75
85
85
73
56
73
79
75
79
83
85
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
speziell für unser Unternehmen / unsere Organisation steigen
speziell für verbraucher-politische Akteure steigen
generell steigen
speziell für Unternehmen steigen
Die Relevanz wird in den nächsten 10 Jahren ...
Verbraucherpolitik, n=38-40LMU, n=61-63EVU, n=26-28
Verbraucherpolitik, n=38-40LMU, n=61-63EVU, n=26-28
In Prozent
78
75
85
85
73
56
73
79
75
79
83
85
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
speziell für unser Unternehmen / unsere Organisation steigen
speziell für verbraucher-politische Akteure steigen
generell steigen
speziell für Unternehmen steigen
Abbildung 19: Zukünftige Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation
44
Ihre zukünftigen Aktivitäten wollen Unternehmen prinzipiell in allen Bereichen ausweiten,
wobei die angegebenen Zustimmungswerte (von 35-89%) jeweils hinter dem von verbrau-
cherpolitischen Akteuren geforderten Maß zurück bleiben (vgl. Abbildung 20). Für beide Ak-
teursgruppen am wichtigsten sind demnach die Aufgaben der konkreten Kommunikationsak-
tivitäten, d.h. künftig von den Kunden gewünschte CSR-Informationen bereitzustellen und
sich aktiv am Markt mit CSR-Informationen zu positionieren – beispielsweise über entspre-
chende Pressearbeit, den Einsatz von Labeln, Werbemaßnahmen oder über die Initiierung von
Dialogen mit Konsumenten(vertretern). Etwas weniger, aber dennoch zu mehr als 40% finden
die Kommunikationsvoraussetzungen Zustimmung, darunter die Sensibilisierung der Konsu-
menten sowie die Bereitstellung von Informationen für verbraucherpolitische Akteure.
Unternehmen ...
In ProzentVerbraucherpolitik, n=39-40LMU, n=58-59 EVU, n=23-25
stellen CSR-Info für verbraucher-politische Akteure zur Verfügung
nutzen und verbreiten bestehende Standards
machen Dialogveranstaltungen mit Konsumenten(vertretern)
stellen die CSR-Info bereit, die ihre Kunden wünschen
positionieren sich mit CSR-Info aktiv im Markt
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung
von CSRkommunizieren auch über negative
Aspekte ihres Handelns
beteiligen sind an Entwicklung branchen-weiter Standards für CSR-Kommunikation
Welche Aufgaben sollten Unternehmen mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation zukünftig wahrnehmen?
83
96
67
43
57
96
64
63
92
43
63
36
66
44
32
40
86
49
42
56
45
52
0 20 40 60 80 100„trifft voll zu“ und „trifft zu“
83
83
85
95
95
80
87
95
88
83
020406080100
SelbstbildFremdbild
Einsatz CSR-Labels
Pressearbeit über CSR-Engagement
Thema CSR in Werbung berücksichtigen
Unternehmen ...
In ProzentVerbraucherpolitik, n=39-40LMU, n=58-59 EVU, n=23-25Verbraucherpolitik, n=39-40LMU, n=58-59 EVU, n=23-25
stellen CSR-Info für verbraucher-politische Akteure zur Verfügung
nutzen und verbreiten bestehende Standards
machen Dialogveranstaltungen mit Konsumenten(vertretern)
stellen die CSR-Info bereit, die ihre Kunden wünschen
positionieren sich mit CSR-Info aktiv im Markt
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung
von CSRkommunizieren auch über negative
Aspekte ihres Handelns
beteiligen sind an Entwicklung branchen-weiter Standards für CSR-Kommunikation
Welche Aufgaben sollten Unternehmen mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation zukünftig wahrnehmen?
83
96
67
43
57
96
64
63
92
43
63
36
66
44
32
40
86
49
42
56
45
52
0 20 40 60 80 100„trifft voll zu“ und „trifft zu“
83
83
85
95
95
80
87
95
88
83
020406080100
SelbstbildFremdbild
Einsatz CSR-Labels
Pressearbeit über CSR-Engagement
Thema CSR in Werbung berücksichtigen
Abbildung 20: Zukünftige Aufgaben der Unternehmen
Bei Betrachtung von Unterschieden zwischen den Unternehmensgruppen zeigt sich erneut,
dass EVUs ihre zukünftige Rolle bei konsumentenorientierter CSR-Kommunikation offensi-
ver und aktiver gestalten wollen als LMUs. Die Zustimmung von den EVUs ist zu nahezu
allen Aufgaben höher, insbesondere aber bei der aktiven Positionierung mit CSR-Informatio-
nen am Markt, der Berücksichtigung des Themas CSR in der Werbung sowie dem Einsatz
verstärkter Pressearbeit über das CSR-Engagement. Selbst eine Kommunikation negativer
Aspekte ihres Handelns können sich EVUs (43%) eher für die Zukunft vorstellen als LMUs
45
(32%).
Bezüglich der Unternehmensgröße kann festgestellt werden, dass große Unternehmen alle
Aufgaben höher bewerten als KMUs. Signifikant eher wollen sie Dialogveranstaltungen mit
Konsumenten(vertretern) durchführen und Pressearbeit mit CSR leisten. An der Verbreitung
und Entwicklung internationaler Standards wollen sich insbesondere große Unternehmen und
solche beteiligen, die mit ihrer Produktion oder Beschaffung in Entwicklungs- oder Schwel-
lenländern aktiv sind. Von letzteren wird dieser Aspekt schon derzeit als ihre Aufgabe gese-
hen, die sie auch in Zukunft verfolgen wollen.
Unternehmen zeigen sich gegenüber Kooperationen mit verbraucherpolitischen Akteuren
prinzipiell aufgeschlossen (vgl. Abbildung 21): Eine Mehrheit stimmt jeweils den Aussagen
zu, Kooperationen seien „sinnvoll“ und führten „zu Gewinnen für beide Seiten“ (Die Zu-
stimmung ist dabei von LMUs bzw. KMUs signifikant geringer als von EVUs bzw. GUs).
Die Bereitschaft hingegen, selbst aktiv Kooperationen durchzuführen ist ungleich geringer mit
35% (LMUs) bzw. 43% (EVUs) – dabei allerdings auf ähnlichem Niveau wie die Bereitschaft
der verbraucherpolitischen Akteure (34%). Als gefährlich für die Verbraucherpolitik aufgrund
eines möglichen Verlusts von Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit werden die Kooperatio-
nen nur von ca. einem Viertel der befragten Unternehmen gesehen. Tabelle 10 fasst die Er-
gebnisse zusammen.
Verbraucherpolitik, n=41LMU, n=54-55EVU, n=23-24
In Prozent
31
43
75
83
20
35
50
57
20
34
81
85
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
Wie schätzen Sie die Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation von verbraucherpolitischen Akteuren und Unternehmen auf dem Gebiet der
konsumentenorientierten CSR-Kommunikation ein?
möchten wir selbst durchführen
Kooperationen gefährden die Unabhängigkeit und damit Glaub-würdigkeit der Verbraucherpolitik
sind sinnvoll
führen zu Gewinnen für beide Seiten
Derartige Kooperationen ...
Verbraucherpolitik, n=41LMU, n=54-55EVU, n=23-24
Verbraucherpolitik, n=41LMU, n=54-55EVU, n=23-24
In Prozent
31
43
75
83
20
35
50
57
20
34
81
85
0 20 40 60 80 100
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
Wie schätzen Sie die Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation von verbraucherpolitischen Akteuren und Unternehmen auf dem Gebiet der
konsumentenorientierten CSR-Kommunikation ein?
möchten wir selbst durchführen
Kooperationen gefährden die Unabhängigkeit und damit Glaub-würdigkeit der Verbraucherpolitik
sind sinnvoll
führen zu Gewinnen für beide Seiten
Derartige Kooperationen ...
Abbildung 21: Kooperationsbereitschaft der Unternehmen und verbraucherpolitischen Akteure
46
Branche: EVU / LMU
Größe: KMU / GU
E./S.-Aktivität
Aufgaben
Positionierung mit CSR-Info Pressearbeit leisten Thema in Werbung berücksichtigen Dialogveranstaltungen durchführen Entwicklung branchenweiter Standards Standards nutzen und verbreiten Kommunikation negativer Aspekte Sensibilisierung von Konsumenten
η=0,28 * η=0,24 * η=0,35 **
η=0,29 * η=0,31 ** η=0,25 *
η=0,25 * η=0,28 * η=0,27 * η=0,27 *
Kooperationen führen für beide Seiten zu Gewinnen η=0,24 * η=0,23 * n.s. Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant E.+S.-Aktivität: Unternehmen, die in Entwicklungs- oder Schwellenländern aktiv bzw. nicht aktiv sind
Tabelle 10: Bewertung zukünftiger Aufgaben in Abhängigkeit von Unternehmens-Untergruppen
Die Ergebnisse lassen insgesamt darauf schließen, dass die befragten Unternehmen von einer
zukünftig steigenden Relevanz des Themas konsumentenorientierte CSR-Kommunikation
ausgehen und sich durch vermehrte eigene Transparenzschaffung diesen Anforderungen stel-
len werden. Vor allem die Unternehmen der Energiebranche wollen dabei proaktiv ihr CSR-
Engagement gegenüber Konsumenten kommunizieren. Die Lebensmittelunternehmen in der
Befragung stehen der Thematik etwas zurückhaltender gegenüber, bei ihnen ist eine eher re-
aktive Strategie zu erkennen: Sie möchten auch in Zukunft die Informationen auf Anfrage
bereitstellen, sehen sich dabei aber vor allem durch die für sie hohen Kosten der Informati-
onssammlung und -verbreitung behindert.
4.4.3 Zukünftige Relevanz und Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure
Ähnlich wie bei den Unternehmen geht auch eine große Mehrheit der verbraucherpolitischen
Akteure davon aus, dass die Relevanz konsumentenorientierter CSR-Kommunikation zukünf-
tig für sie selbst und andere, d.h. andere verbraucherpolitische Akteure und Unternehmen,
steigen wird (vgl. Abbildung 19).
Der Vergleich zwischen Selbst- und Fremdbild der zukünftigen Aufgaben verbraucherpoliti-
scher Akteure weist prinzipiell keine großen Differenzen auf. Die Erwartungen auf Unter-
nehmensseite sind nur in einigen Aspekten höher als in der Selbsteinschätzung der Verbrau-
cherpolitik. Die explorative Systematisierung der zukünftigen Aufgaben folgt der gleichen
Unterteilung wie die der derzeitigen Aufgaben (vgl. Abschnitt 4.3.2): einerseits die Aufgabe
einer „Unterstützung“ und auf der anderen Seite die einer „Aufklärung & Kontrolle“ (vgl.
47
Abbildung 22).20
Die Aufgaben eines „Unterstützers“, d.h. die Aufstellung als Partner der Wirtschaftpolitik,
die Mitarbeit an CSR-Standards sowie die Belohnung von Best Practices, favorisiert die
Mehrheit der Unternehmen. Von den verbraucherpolitischen Akteuren selbst erhalten diese
Aspekte mit 41-53% insgesamt etwas weniger Zustimmung.
Die Elemente des Faktors „Aufklärung & Kontrolle“ hingegen werden unterschiedlich be-
wertet: Die Mehrheit der Akteure bevorzugt die zukünftige Wahrnehmung der Aufgaben einer
Sensibilisierung und Transparenzschaffung durch die Verbraucherpolitik. Den anderen beiden
Items wird dagegen deutlich weniger zugestimmt: jeweils ca. ein Fünftel bis ein Drittel der
Akteure betrachten die Initiierung von Kampagnen / Boykotts bzw. die Kontrolle als „watch-
dog“ als zukünftige Aufgabe der Verbraucherpolitik – wobei die „watchdog“-Funktion von
den Unternehmen sogar höher (35%) bewertet wird als von der Verbraucherpolitik selbst
(25%). Überraschend ist dabei nicht nur die geringe Bewertung der Verbraucherpolitik, son-
dern auch das Votum gut eines Drittels der Unternehmen, die die Verbraucherpolitik explizit
als Kontrollinstanz unternehmerischen Handels betrachten. Diese Unternehmen sehen vermut-
lich die Vorteile, die durch unabhängige Kontrollen und Kampagnen (bestenfalls gegen Wett-
bewerber) für verantwortlich handelnde Unternehmen möglich sind. Schließlich können die
Unternehmen dadurch selbstbewusst als verantwortliche, transparente und lernfähige Akteure
auftreten und ihre Wettbewerbsposition stärken.
Von einem mehrheitlich partnerschaftlichen Verständnis des Umgangs mit Unternehmen
zeugt auch die positive Einstellung der verbraucherpolitischen Akteure gegenüber Kooperati-
onen. Sie werden überwiegend für generell sinnvoll (85%) und für beide Seiten vorteilhaft
(81%) gehalten (vgl. Abbildung 21). Allerdings ist die eigene Bereitschaft dazu wiederum –
wie auch bei den Unternehmen – mit 34% Zustimmung deutlich geringer.
20 Cronbachs Alpha beträgt 0,698 bzw. 0,811. Die Aufteilung der Items zu den beiden Faktoren unterscheidet sich allerdings beim Item „Markttransparenz schaffen durch vergleichende CSR-Informationen“, welches hier auf den Faktor „Aufklärung & Kontrolle“ statt auf den Faktor „Unterstützer“ lädt.
48
Verbraucherpolitische Akteure sollten in Zukunft ...
Verbraucher-politik, n=39-40
Welche Aufgaben sollten verbraucherpolitische Akteure mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation zukünftig wahrnehmen?
56
66
65
20
35
69
64
0 20 40 60 80 100
41
41
53
20
25
70
78
020406080100
rufen zur Belohnung von Best Practices im CSR-Bereich auf
setzen Standards für CSR
schaffen Markttransparenz durch vergleichende CSR-Info
initiieren Kampagnen / Boykotts bei unzureichender CSR
stellen sich als Partner der Wirtschaftspolitik auf
kontrollieren als eine Art „watchdog“CSR-Unternehmensmaßnahmen
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung von CSR
Selbstbild Fremdbild
In Prozent„trifft voll zu“ und „trifft zu“
„Auf
klär
ung
&
Kon
trolle
“„U
nter
stüt
zung
“
Unternehmen,n=80
Verbraucherpolitische Akteure sollten in Zukunft ...
Verbraucher-politik, n=39-40Verbraucher-politik, n=39-40
Welche Aufgaben sollten verbraucherpolitische Akteure mit ihrer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation zukünftig wahrnehmen?
56
66
65
20
35
69
64
0 20 40 60 80 100
41
41
53
20
25
70
78
020406080100
rufen zur Belohnung von Best Practices im CSR-Bereich auf
setzen Standards für CSR
schaffen Markttransparenz durch vergleichende CSR-Info
initiieren Kampagnen / Boykotts bei unzureichender CSR
stellen sich als Partner der Wirtschaftspolitik auf
kontrollieren als eine Art „watchdog“CSR-Unternehmensmaßnahmen
sensibilisieren Konsumenten für eine aktive Rolle bei der Förderung von CSR
Selbstbild Fremdbild
In Prozent„trifft voll zu“ und „trifft zu“
„Auf
klär
ung
&
Kon
trolle
“„U
nter
stüt
zung
“
Unternehmen,n=80Unternehmen,n=80
Abbildung 22: Zukünftige Aufgaben der verbraucherpolitischen Akteure
Was Unterschiede zwischen den Akteuren angeht, so sind unter den 20 bzw. 25% der verbrau-
cherpolitischen Akteure, die die kritischen Aufgaben für die Zukunft favorisieren, mehrheit-
lich Selbstorganisationen, die ihre Rolle tendenziell eher als Kontrolleur der Unternehmenstä-
tigkeiten definieren. Am wenigsten Zustimmung erhalten beide Kritik-Items von den Regie-
rungsorganisationen, d.h. überwiegend Ministerien, die gegenüber den NGOs signifikante
Unterschiede im Antwortverhalten aufweisen. Signifikante Unterschiede zwischen Selbst-
und Fremdorganisationen gibt es darüber hinaus bei der Kooperationsbereitschaft: Selbstor-
ganisationen möchten Kooperationen eher durchführen als Fremdorganisationen. Dies kann
erklärt werden durch die Finanzierungsstruktur der Akteure. Selbstorganisationen können
Kooperationen als Finanzierungshilfe für einzelne Projekte oder Aktionen nutzen, was für
staatlich unterstützte Fremdorganisationen, v.a. Ministerien, kaum möglich oder notwendig
ist. Als Kooperationspartner für Unternehmen bieten sich somit vor allem Selbstorganisatio-
nen an, sofern sie keine zu kritische Haltung gegenüber den Unternehmen generell einneh-
men. Tabelle 11 fasst die Zusammenhänge zwischen Organisationstypen und zukünftigen
Aufgaben der Verbraucherpolitik zusammen.
GO – NGO FO - SO
Aufgaben Sensibilisierung von Konsumenten Kampagnen und Boykotts initiieren Als „watchdog“ Unternehmen kontrollieren
η=0,67 *** η=0,44 ** η=0,34 *
η=0,38 *
Kooperationen möchten wir selber durchführen n.s. η=0,47 ** Nur signifikante Zusammenhänge der Koeffizienten η (aus Varianzanalyse)/ r (Korrelation) werden angezeigt. Signifikanzniveaus *: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; n.s. = nicht signifikant
Tabelle 11: Bewertung zukünftiger Aufgaben in Abhängigkeit der Verbraucherpolitik-Organisationstypen
49
Insgesamt lassen die Ergebnisse erkennen, dass die verbraucherpolitischen Akteure sich zu-
künftig im Bereich CSR-Kommunikation auf ihre Funktion als Mittler für glaubwürdige
CSR-Informationen für Konsumenten konzentrieren und als Vertreter der Konsumentenan-
sprüche auftreten wollen. Eine Kontrolle der Unternehmen und mögliche negative Verurtei-
lungen mittels Boykotts sieht nur ein Teil der Akteure als ihre Aufgabe an, ansonsten ist ein
partnerschaftlicher Kontakt mit den Unternehmen in Form der Belohnung von Best Practices
oder auch einzelner Kooperationen vorstellbar.
4.4.4 Maßnahmen des BMELV
Die Meinung der beiden Akteursgruppen zu den zukünftigen Maßnahmen des BMELV im
Bereich konsumentenorientierter CSR-Kommunikation unterscheidet sich lediglich in weni-
gen Punkten (vgl. Abbildung 23).
19
61
6
10
76
58
10
34
48
63
68
71
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=38-41 Unternehmen, n=76-80
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
63
64
52
71
64
68
71
75
76
78
82
88
0 20 40 60 80 100
freiwilliges Engage-ment fördern
in mehreren Branchen Siegel schaffen
als Initiator / Moderator branchenbezogener Dia-logprozesse tätig werden
Selbstverpflichtungen fördern
CSR-Kommunikation anderer verbr.-pol. Akteure
projektbezogen fördern
projektbezogene Forschung fördern
Konsumenten CSR-Info zur Verfügung
stellen
Info-Herausgabe per Gesetz regulieren
rechtliche Regulie-rung als Druckmittel
einsetzen
internationale Prozesse anstoßen und begleiten
sich in allen Bedarfs-feldern des Konsums strategisch aufstellen
die Verantwortung für Landwirtschaft / Lebens-
mittelproduktion abgeben
Das BMELV sollte ...Zukünftige Maßnahmen des BMELV
19
61
6
10
76
58
10
34
48
63
68
71
0 20 40 60 80 100
Verbraucherpolitik, n=38-41 Unternehmen, n=76-80
„trifft voll zu“ und „trifft zu“
In Prozent
63
64
52
71
64
68
71
75
76
78
82
88
0 20 40 60 80 100
freiwilliges Engage-ment fördern
in mehreren Branchen Siegel schaffen
als Initiator / Moderator branchenbezogener Dia-logprozesse tätig werden
Selbstverpflichtungen fördern
CSR-Kommunikation anderer verbr.-pol. Akteure
projektbezogen fördern
projektbezogene Forschung fördern
Konsumenten CSR-Info zur Verfügung
stellen
Info-Herausgabe per Gesetz regulieren
rechtliche Regulie-rung als Druckmittel
einsetzen
internationale Prozesse anstoßen und begleiten
sich in allen Bedarfs-feldern des Konsums strategisch aufstellen
die Verantwortung für Landwirtschaft / Lebens-
mittelproduktion abgeben
Das BMELV sollte ...Zukünftige Maßnahmen des BMELV
Abbildung 23: Zukünftige Maßnahmen des BMELV
Gesetzliche Regulierung oder „soft laws“?
Die von beiden Akteuren am wichtigsten eingestuften zukünftigen Maßnahmen sind dem Be-
reich der „soft laws“ zuzuordnen, also dem Einsatz nicht verbindlicher Standards oder Verhal-
tensregeln (vgl. dazu z.B. Kuhlmann 1990, S. 90-92). Größte Zustimmung von beiden Grup-
pen erhält dabei das Anstoßen und Begleiten internationaler Prozesse (auf EU- oder WTO-
Ebene) sowie die Förderung branchenbezogener Selbstverpflichtungen. Unternehmen un-
terstreichen daneben mit einer Mehrheit von 60-80% zusätzlich die Förderung des freiwilli-
gen Engagements durch das BMELV (z.B. durch das Ausschreiben von Preisen) sowie die
50
Tätigkeit des BMELV als Initiator bzw. Moderator branchenbezogener Dialogprozesse (bei
den verbraucherpolitischen Akteuren mit 78% an dritter Stelle).
Abweichende Bewertungen zwischen den Akteuren offenbaren sich in den Aspekten des Ein-
satzes gesetzlicher Regulierung und der Informationsherausgabe durch das BMELV. Gesetz-
liche Pflichten, mit denen eine Informationsherausgabe einheitlich reguliert werden kann,
lehnen überwiegend die Unternehmen ab: Nur 10% stimmen dem zu, gegenüber einer Mehr-
heit von 63% der Verbraucherpolitik. Regulierungspläne zukünftig als Druckmittel zur Steige-
rung der Informationsoffenheit der Unternehmen einzusetzen, wird ähnlich unterschiedlich
bewertet: Unternehmen befürworten dies lediglich zu 6%, die Verbraucherpolitik hingegen zu
48%. Unter den verbraucherpolitischen Akteuren gibt es dabei signifikante Unterschiede zwi-
schen den Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Aspekte, die ein stärkeres Eingrei-
fen in den Markt implizit voraussetzen, werden von den Ministerien eher abgelehnt – viel-
leicht, weil sie um die schwierige Durchsetzbarkeit gesetzlicher Regulierung wissen.
Der Aspekt der Bereitstellung von CSR-Informationen für Konsumenten hingegen erhält mit
83% lediglich große Zustimmung von den Unternehmen der Energiebranche – von den LMUs
stimmen dem 51% zu, von den verbraucherpolitischen Akteuren gar nur ein Drittel. Eine ähn-
lich positive Einstellung von den Unternehmen zu allgemein verbraucherpolitischer Transpa-
renzschaffung über CSR zeigte sich bereits bei Bewertung ihrer zukünftigen Aufgaben: 55%
der Unternehmen planen, in Zukunft CSR-Informationen für verbraucherpolitische Akteure
zur Verfügung zu stellen. Auch die projektbezogene Förderung der Forschung im Gebiet
CSR-Kommunikation sowie die finanzielle Unterstützung konkreter Kommunikationsmaß-
nahmen durch andere verbraucherpolitische Akteure werden von beiden Akteursgruppen
mehrheitlich als Aufgaben des BMELV betrachtet. Die Zustimmung der z.T. selbst betroffe-
nen verbraucherpolitischen Akteure ist dabei mit jeweils drei Vierteln etwas höher als die der
Unternehmen mit 52% bzw. 64%.
Inhaltliche Ausrichtung des BMELV
Nur vereinzelt wird von beiden Akteuren eine Ausgliederung des Agrarbereichs aus dem
Bundesverbraucherministerium verlangt. Diese Forderung von verbraucherpolitischer Seite
(vgl. z.B. Bode im Experteninterview bei Schrader/Halbes/Hansen 2005, S. 84) wird hier nur
von 10% geäußert, von Unternehmen mit 19% etwas mehr. Die Forderung nach Umbenen-
nung des Ministeriums ist ähnlich gering – insgesamt wurden lediglich sieben konkrete Vor-
schläge für eine Umbenennung gemacht (mit drei bzw. zwei Nennungen am meisten Stimmen
gab es für Bundesministerium für Verbraucherschutz bzw. für Verbraucher).
51
Die Forderung, die derzeit starke Fokussierung der verbraucherpolitischen Aktivitäten auf
Ernährungsfragen auszuweiten auf andere Branchen, in denen ähnlich starke Kompetenzen
entwickelt werden können (z.B. Energie; vgl. Janning 2005, S. 36; Schrader/Halbes/Hansen
2005, S. 46), erhält hohe Zustimmung von den Befragten, v.a. von EVUs. Sowohl die gene-
relle strategische Aufstellung in allen Bedarfsfeldern als auch die konkrete Schaffung einheit-
licher Siegel in weiteren Branchen nach dem Vorbild des Bio-Siegels in der Lebensmittel-
branche wird von jeweils 71% der verbraucherpolitischen Akteure und 58% bzw. 63% der
Unternehmen (von EVUs jeweils mehr als LMUs) befürwortet. Eine stärkere Berücksichti-
gung von Energie-Themen im BMELV ist somit durchaus erwünscht.
52
5 Zusammenfassung und Perspektiven Die vorangegangene Analyse hat verschiedene Facetten einer konsumentenorientierten CSR-
Kommunikation durch Unternehmen und verbraucherpolitische Akteure untersucht. Ziel war
es dabei insbesondere, die derzeitigen Aufgabenübernahme, Ziele und Probleme der Akteure
abzubilden und die jeweiligen zukünftigen Rollen zu identifizieren. Im Folgenden werden die
zentralen Ergebnisse zusammengefasst.
Allgemeine Ergebnisse
Die Mehrheit der Befragten bestätigt ein weites Begriffsverständnis von konsumentenorien-
tierter CSR-Kommunikation, das sowohl den Unternehmens- als auch den Produktbezug be-
inhaltet. Konsumentenorientierte CSR-Kommunikation ist somit als übergeordneter Begriff
zu verstehen für Kommunikation über jegliche Aspekte der gesellschaftlichen Verantwor-
tungsübernahme von Unternehmen. Die Kommunikation kann dabei von Unternehmen selbst,
aber auch von Dritten wie z.B. verbraucherpolitischen Akteuren initiiert und durchgeführt
werden.
Die Thematik erlangt bei allen Befragten nach eigener Auskunft schon derzeit hohe Bedeu-
tung. Dabei bewerten die Unternehmen die Relevanz nicht nur für sich selbst hoch (was durch
eine Selbstselektion CSR-aktiver Unternehmen bei der Befragung erklärt werden könnte)
sondern auch jeweils für die gesamte Branche. Dementsprechend wird von ihnen auch das
derzeitige CSR-Informationsangebot für Konsumenten überwiegend als quantitativ und quali-
tativ hinreichend bewertet, während die verbraucherpolitischen Akteure hier große Defizite
diagnostizieren.
Von allen Akteuren werden derzeit am meisten ökologische und produktbezogene CSR-As-
pekte gegenüber Konsumenten kommuniziert (mit Ausnahme der EVUs, die deutlich mehr
unternehmensbezogen kommunizieren). Bevorzugte Medien sind allgemein das Internet, re-
daktionelle Beiträge in Zeitschriften und Broschüren.
Für die Mehrheit der Unternehmen stehen eigennützige Ziele, d.h. eine Business Case-
Orientierung, insgesamt vor den gemeinwohlorientierten Zielen. Einige Unternehmen geben
jedoch auch die Förderung des Gemeinwohls bzw. nachhaltigen Konsums als Hauptmotiv für
die Offenlegung ihrer CSR-Aktivitäten an. Diese Ziele werden primär von den verbraucher-
politischen Akteuren angestrebt. Einzig NGOs verfolgen dabei auch die finanziellen Interes-
sen ihrer Organisation, nämlich die Sicherung der Umsätze, Mitgliedsbeiträge oder staatlichen
53
Beihilfen – um dadurch wiederum dem gemeinnützigen Zweck ihrer Organisation dienen zu
können.
Die wichtigsten Probleme bzw. Hindernisse, konsumentenorientiert über CSR zu kommuni-
zieren, sind ressourcenbasiert. Am relevantesten sind die hohen Kosten der Kommunikati-
onsmaßnahmen und Informationsbeschaffung sowie die fehlende Zeit der Mitarbeiter. Unter-
nehmen geben als Hindernis zudem die Wichtigkeit anderer Aufgaben vor der Kommunikati-
on von CSR-Aspekten an, verbraucherpolitische Akteure dagegen die schwere Erhältlichkeit
der wesentlichen Informationen. Weniger hemmend wird ein geringes Interesse bzw. fehlende
Kaufrelevanz auf Konsumentenseite eingeschätzt. Um konsumentenorientierte CSR-Kommu-
nikation auszuweiten, muss folglich zunächst am Ressourcenmangel der Akteure sowie der
geringen Priorität des Themas angesetzt werden.
Unternehmen
Unternehmen gehen überwiegend von einer steigenden Relevanz des Themas CSR-Kommu-
nikation aus und wollen sich den Anforderungen durch eine vermehrte eigene Transparenz-
schaffung stellen. Reputationsaspekte stellen dabei die primäre Motivation der Unternehmen
für konsumentenorientierte CSR-Kommunikation dar. Dementsprechend nehmen sie auch
derzeit und zukünftig überwiegend die Aufgaben der Aufrechterhaltung der individuellen
Kundenbeziehung durch Kommunikation gewünschter CSR-Elemente wahr. Von mehreren
befragten Unternehmen ist allerdings neben der Relevanz des Business Case auch die Förde-
rung des Gemeinwohls Ziel einer konsumentenorientierten CSR-Kommunikation.
Unter den beiden betrachteten Unternehmensbranchen hat konsumentenorientierte CSR-
Kommunikation vor allem für EVUs derzeit hohe Relevanz. Bei den Energieversorgern ist
zudem das Ziel, sich mit CSR aktiv im Markt zu positionieren wesentlich ausgeprägter. So
stehen sie z.B. auch den CSR-Tests der Stiftung Warentest deutlich positiver gegenüber als
die LMUs. In Zukunft wollen EVUs eine Positionierung über CSR durch Informationsheraus-
gabe über Pressemitteilungen, Labels und Dialoge mit Konsumenten(vertretern) erreichen und
dafür CSR verstärkt in ihrer Werbung aufgreifen. LMUs hingegen bewerten alle zukünftigen
Maßnahmen zurückhaltender, auch wenn sie ebenso mehrheitlich ihre Kunden über die CSR-
Aktivitäten informieren wollen.
54
Verbraucherpolitische Akteure
Eine getrennte Betrachtung der verbraucherpolitischen Selbst- und Fremdorganisationen er-
gibt aufschlussreiche Ergebnisse über ihre jeweiligen derzeitigen und zukünftigen Rollen. Für
Fremdorganisationen ist demnach die derzeitige Relevanz der CSR-Kommunikation deutlich
geringer als für Selbstorganisationen. Dies äußert sich nicht nur in der globalen Relevanzein-
schätzung, sondern auch in einer durchgängig geringeren Zustimmung zu den Items der ein-
zelnen Kommunikationsaktivitäten, Aufgaben und Ziele. Fremdorganisationen bewerten le-
diglich die Probleme höher. All dies deutet auf eine derzeit insgesamt aktivere Rolle der
Selbstorganisationen im Bereich der CSR-Kommunikation hin. Zwar verfolgen alle verbrau-
cherpolitischen Akteure mit ihrer CSR-Kommunikation primär gemeinwohlorientierte Ziele,
insbesondere für Selbstorganisationen stellt aber auch die Sicherung ihrer Finanzierung durch
Umsätze, Mitgliedsbeiträge bzw. staatliche Beihilfen ein essentielles Ziel neben der direkten
Förderung des Gemeinwohls dar.
Auch hinsichtlich der zukünftigen Rollen der verbraucherpolitischen Akteure kristallisieren
sich zwei unterschiedliche Positionen heraus: Während alle Vertreter die Sensibilisierung der
Konsumenten und Schaffung von Markttransparenz über CSR für die Zukunft anstreben, ver-
folgen vor allem Selbstorganisationen dabei auch den Weg als Kritiker und Kontrolleur der
Unternehmensaktivitäten. Fremdorganisationen hingegen streben mehrheitlich eine Stärkung
des Wirtschaftsstandorts Deutschland an und sehen sich dementsprechend eher in einem part-
nerschaftlichen Verhältnis zu den Unternehmen.
Spezielle Rolle des BMELV
Die befragten Akteure favorisieren eindeutig marktunterstützende Aufgaben des BMELV.
Dazu gehören in erster Linie das Anstoßen und Begleiten internationaler Prozesse und in
zweiter Linie die Unterstützung freiwilligen CSR-Engagements von Unternehmen (z.B. durch
Selbstverpflichtungen oder das Ausschreiben von Wettbewerben). Eine dritte wichtige Funk-
tion soll das BMELV als Moderator zwischen zivilgesellschaftlichen und Unternehmensak-
teuren übernehmen. Kontroverser werden hingegen eigene Kommunikationsaktivitäten beur-
teilt, die zusätzlich zu denen der Unternehmen und anderen verbraucherpolitischen Akteure
über CSR informieren. Auch gesetzliche Pflichten zur Informationsbereitstellung werden von
Unternehmen eher als kontraproduktiv eingeschätzt, von verbraucherpolitischen Akteuren
aber auch als potenzielles Drohmittel und wirksames Instrument für eine stärkere Informati-
onsherausgabe von Unternehmen bewertet. Eine inhaltliche Ausweitung der thematischen
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Bandbreite auf alle Verbraucherbelange (z.B. auch Energieversorgung) wiederum wird mehr-
heitlich befürwortet.
Insgesamt sollte das Bundesministerium im Handlungsfeld konsumentenorientierte CSR-
Kommunikation den Ergebnissen zufolge eher koordinierende und initiierende Aufgaben
übernehmen, anstatt selbst direkt als Kommunikator tätig zu werden.
Akteursübergreifende Maßnahmen
Verbraucherpolitische Akteure können allgemein ihre Unabhängigkeit nutzen, um den Unter-
nehmens-Informationen entweder durch Kooperationsprojekte Glaubwürdigkeit zu verleihen
oder durch eigene Validierung, Systematisierung und vergleichende Darstellung Informatio-
nen zu ergänzen. Allgemeine CSR-Standards, die die zu prüfenden Aspekte systematisieren,
können dabei sowohl den Unternehmen für die interne Organisation der Informationserhe-
bung als auch den verbraucherpolitischen Akteuren für die Vergleichbarkeit der Daten dienen.
Als zukunftsweisendes CSR-Kommunikationsinstrument wird der verbraucherpolitische CSR-
Test der Stiftung Warentest, der auf die Zusammenarbeit mit der Unternehmensseite angewie-
sen ist, von fast allen Akteuren als sinnvoll eingeschätzt. Potenziale des Tests werden vor
allem über die dadurch angestoßene Auseinandersetzung der Unternehmen mit der Thematik
CSR erwartet.
Zukünftige Kooperationen zwischen verbraucherpolitischen Akteuren und Unternehmen wer-
den von beiden Gruppen – trotz prinzipieller Befürwortung der Vorteile – jeweils für sich
selbst eher skeptisch beurteilt. Um diese Potenziale trotzdem auszuschöpfen, können die Ak-
teure durch Best Practice Beispiele oder konkrete Angebote, z.B. durch das BMELV als Mo-
derator, aktiviert werden. Kooperationen sind jedoch nicht nur zwischen den Akteuren, son-
dern auch innerhalb der Akteursgruppen denkbar. So können sich beispielsweise NGOs mehr
Gehör verschaffen, indem sie mit anderen verbraucherpolitischen Akteuren projektweise ko-
operieren. Auf Unternehmensseite ist die Gemeinschaftsinitiative „Sozialstandards sichern“
des AVE ein Beispiel für eine Kooperation unter großen Handelsunternehmen, um die Ar-
beitsbedingungen in den Lieferländern zu verbessern (vgl. AVE 2004).
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Grenzen & Ausblick
Die Unternehmensergebnisse gelten, wie weiter oben erläutert, lediglich für die hier befragte
Gruppe, für allgemeingültige Aussagen wäre eine repräsentative Überprüfung notwendig.
Auch eine Erweiterung der Branchen sowie eine Ausweitung des Untersuchungsrahmens auf
andere Länder wäre für ein vollständiges Bild über konsumentenorientierte CSR-Kommuni-
kation erforderlich. Letztlich bleibt zudem anzumerken, dass eine konsumentenorientierte
CSR-Kommunikation, so umfangreich und maßgeschneidert sie auch sein mag, nur ein
Schritt auf dem Weg zu einer Belohnung oder Bestrafung (un)verantwortlichen Verhaltens
der Unternehmen darstellt. Zum einen spiegelt die Rhetorik des CSR-Engagements der Un-
ternehmen nicht immer die Realität wider (vgl. z.B. Saha/Darnton 2005), zum anderen ist
Transparenz über CSR lediglich notwendige und keine hinreichende Bedingung für einen
nachhaltigen Konsum. Hierzu bedarf es flankierender Maßnahmen z.B. in der Verbraucher-
bildung, die Konsumenten zu einem angemessenen Umgang mit ihren Rechten und Pflichten
in der Konsumgesellschaft befähigen.
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60
Anhang: Fragebögen
Fragebogen Unternehmen......................................................................................................61
Fragebogen Verbraucherpolitik.............................................................................................68
61
Fragebogen Unternehmen
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63
64
65
66
67
68
Fragebogen Verbraucherpolitik
69
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73
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