Kompetenzorientiertes Lernen und Prüfen im Fach GWK
Dr. Maria [email protected]
Traditioneller Unterricht
Inputsteuerung über detaillierte inhaltliche Vorgaben in sämtlichen Fächern und Schulformen
Kontinuierliche Abfolge von Inhalten wird durch Lehrende bestimmt.
Additive Hierarchie: Inhalte müssen nicht unbedingt auf bereits erworbenes Wissen aufbauen.
Form der alten Wissensvermittlung: überwiegend fragend-entwickelnde Unterrichtsgespräche; Inhalt wird gelehrt.
Traditioneller Unterricht
„Eine Form des Lernens, die wir‚Kulissenlernen‘ nennen, scheint für die Schulsituation typisch zu sein. Schüler/innen und Studenten/Studentinnen haben effektive Strategien erworben, die es ihnen ermöglichen, die äußeren Anforderungssituationen der Schule zu bewältigen, ohne ein gründliches Verständnis der zu lernenden Inhalte erreicht zu haben.“
Lehtinen, Erno: Institutionelle und motivationale Rahmenbedingungen
und Prozesse des Verstehens im Unterricht. In: Reusser, K./Reusser-
Weyeneth, M.: Verstehen. Psychologischer Prozess und didaktische
Aufgabe. Hans Huber. Bern. 1997
Dobler, Karin (2011): PPT zur Veranstaltung „Fachdidaktik innovativ“ am 23.11.2011. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien
Traditionelle Leistungsbeurteilung
Betonung des kognitiven Wissens Fachspezifische bzw. überfachliche
Fähigkeiten und Fertigkeiten sind erwünscht, aber nicht unbedingt erforderlich.
Reproduktion ist wichtiger als Transfer und Anwendung.
Komplexität ist quantitativ und nicht qualitativ definiert.
Altes versus neues Unterrichten
(vgl. Lersch, 2010, S. 33)
Kompetenzorientierter Unterricht
Übernahme von Verantwortung für das eigene Lernen Schüler/innen stehen im Zentrum des Lernprozesses
Konkrete Ziele/Zielvorgaben Gliederung des Lernpro-
zesses in verschiedene Leistungsstufen
Ermöglicht Bestands-aufnahme: „Wo stehe ich?“
Hohe Transparenz
Dobler, Karin (2011): PPT zur Veranstaltung „Fachdidaktik innovativ“ am 23.11.2011. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien
Kompetenzorientiertes Unterrichten Ia
Grundlage ist ein fachliches (domänenbezogenes) Problem
Auf dieser Grundlage müssen problemlösende, entdeckende und produzierende Verfahren angeboten werden.
Ergebnis: - ein weitgehend eigenständiger Erwerb von Wissen und Können - Schaffung und Wahrnehmung von Handlungs- und Gestaltungs- möglichkeiten
Bewältigung darf sich nicht in einer angemessenen Analyse erschöpfen;Handlungsmöglichkeiten müssen erprobt und reflektiert werden!
Kompetenzorientiertes Unterrichten Ib
Beispiele für fachspezifische Probleme in GWK: Ursachen und Folgen der globalen, europäischen
bzw. nationalen demographischen Dynamik Nutzungskonflikte bei Ressourcen Strukturwandel von Regionen, Entstehung von
regionalen Disparitäten Interessengegensätze bei der Wirtschafts- und
Sozialpolitik Prozesse der Verstädterung und Folgen ...
Kompetenzorientiertes Unterrichten II Erwerb fachlicher Kompetenzen
(vgl. Lersch, 2010, S. 46)
Kompetenzorientiertes Unterrichten II Systematischer (= vertikaler) Lerntransfer
ZIEL
LERNFORM
UNTERRICHTSFORM
Erwerb intelligenten und vernetzten fachlichen Wissens
Sachlogisches, inhaltsbezogenes Lernen
Wiederholen Herstellen von Zusammen-
hängen zum Vorwissen (= Anschlussfähigkeit „nach hinten und nach vorne“)
NEU: Hinweis/Erkenntnis, was man mit dem Wissen „anfangen“ kann
Vgl. Lersch 2010, S. 39
Kompetenzorientiertes Unterrichten II Welches Wissen soll gefördert werden?
Wissensdimensionen Faktenwissen Prozedurales Wissen Konzeptionelles Wissen Metakognitives Wissen
nach: Kühberger, Chr. (2011): Aufgabenarchitektur für den kompetenzorientierten Geschichtsunterricht, S. 8, Abb. 4
Kompetenzorientiertes Unterrichten IIFaktenwissen – höheres Anspruchsniveau gefragt
Beurteilen : Das zu bewertende Ereignis oder den Sachverhalt sichten, nach Beurteilungskriterien suchen und diese mit dem Ereignis oder Sachverhalt in Beziehung setzen
Synthesen bilden : Ereignisse oder Sachverhalte miteinander verknüpfen
Analysieren : Strukturen durchschauen, die Elemente identifizieren und die Beziehungen zwischen den Elementen erkennen
Anwenden : Kenntnisse oder Einsichten auf andere Sachverhalte übertragen
Verstehen : Ereignisse oder Sachverhalte durchschauen, Erklärungen nachvollziehen (ohne Verbindungen zu anderen Materialien herzustellen)
Wissen : Sich an Ereignisse/ Sachverhalte erinnern, diese erkennen
Kühberger, Chr.: 2011, Abb. 6
Reflexionsvieleck zur Aufgabenerstellung
Kompetenzorientiertes Unterrichten IISystematischer Wissensaufbau
Kompetenzvermittlung (= instruktivistisch) erfolgt in bestimmten Abläufen und Stufen:
I Wahrnehmen, Verstehen, WissenII Erklären/Bewerten/BeurteilenIII Sachgerecht Entscheiden/planvoll HandelnIV Analysieren/SynthetisierenV Situationen gestaltenVI Reflektieren
Struktur ist aber nicht additiv und statisch, sondern entwickelt sich dynamisch und bedingt sich gegenseitig!
Vgl. Jung, 2010, S. 100ff
Kompetenzorientiertes Unterrichten IIWelches „neue“ Wissen benötigt ein kompetenzorientierter
GW-Unterricht?
konzeptionelles Wissen
- Konzepte - Modelle- Theorien
Beispiele:Zentrum-Peripherie-Modell, Demographischer Übergang, Raumkonzepte, Stadtmodelle, Syndromkonzept des Globalen Wandels,Entwicklungstheorien …Konzept des „Homo oeconomicus“, Neoliberalismus, Keynesianismus …
prozedurales Wissen
- Fachspezifische Fähigkeiten und Techniken
- Methoden
Beispiele:Interpretation von Diagrammen und Statistiken, Anwendung von GIS, Analyse und kritische Beurteilung von Karten, Luftbildern und Satellitenaufnahmen …Rollenspiel, Pro- und Kontra-Debatte, Gruppen-Puzzle, Thesengespräch …Mind Map, Mystery, Netzwerkanalyse, Szenariotechnik …
Kompetenzorientiertes Unterrichten III Erwerb überfachlicher Kompetenzen
Ihr Erwerb erfolgt im Kontext des Fachunterrichts und ist auf allenStufen im Zusammenwirken mit dem kognitiven, handelnden undreflektiven Bereich in das Lernangebot einzubeziehenDazu gehören: Selbstständigkeit Kooperationsfähigkeit Empathie Eigenverantwortlichkeit erfordert Abstimmung im Team! Kooperationsfähigkeit Lernkompetenz Kritikfähigkeit
Outputorientierung in GWK I
GW- Lehrplan der AHS schreibt sechs Kompetenzen vor, die anhand von Themen und Lernzielen erworbenwerden können.
Die Konkretisierung (Fallbeispiele, Fragestellungen)muss immer einer Legitimation unterzogen werden.
Lässt sich daran eine angestrebte Kompetenz erwerben?
Outputorientierung in GWK II
Leitende Kompetenzen für alle vier Jahre:
a) Fachliche Kompetenzen:
Umwelt-, Gesellschafts- und Wirtschafts-kompetenz
b) Methodische Kompetenzen:
Methoden-, Orientierungs- und Synthese-kompetenz
Die neue Aufgabenkultur I
Aufgaben steuern die Unterrichtsprozesse und nicht der Vortrag der Lehrenden oder das L-S-Gespräch
Aufgaben ermöglichen Selbstverantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen
Aufgaben individualisieren den Prozess der Informations-verarbeitung
Aufgaben ermöglichen den Transfer und die Beurteilung von fachlichen, methodischen und überfachlichen Kompetenzen
Aufgaben fördern eine problemorientierte Lösekompetenz
Aufgaben machen Kompetenzen erfahrbar
Verändert nach: Hieber u. a., 2011, S. 2
Die neue Aufgabenkultur IILernpsychologische Kriterien
Aufgabenstellungen sollten klare, konkrete Erwartungen für die Bewältigung (Umfang, Art der Bearbeitung,
Zeit usw.) vorgeben, mit ausreichender Arbeitszeit verknüpft und lösbar sein; sorgfältig ausgewählte Verben (Operatoren) aufweisen, die die Aufgaben
spezifizieren (benennen, begründen etc.); die Bedeutung der Operatoren muss den Lernenden klar sein (!);
an Bekanntes anknüpfen und nur solche methodischen Fähigkeiten abfordern, die zuvor (im Sinn des Methodenlernens) eingeübt worden sind und damit dem Denken und Handeln der Lernenden eine Brücke bauen (gleichzeitig aber auch den Transfer berücksichtigen);
bei komplexeren Aufgaben überschaubar in Teilaufgaben gegliedert sein; durch Variation des Schwierigkeitsgrades eine Leistungsdifferenzierung und
Individualisierung ermöglichen; auch bei Prüfungen das Interesse und die Neugierde der Lernenden wecken;
verändert nach Kühberger, Chr. 2011
Aufgaben ermöglichen Kompetenzerwerb auf verschiedenen Anforderungsbereichen I
Reproduktionsleistung Transferleistung Reflexion und Problemlösung
Operatoren zeigen den Anforderungsbereich an. Der Komplexitätsgrad sollte von der 5. zur 8.
Klasse ansteigen.
Kompetenzen auf verschiedenen Anforderungsbereichen II
Reproduktionsleistung: Fachspezifische Sachverhalte wiedergeben
und darstellen Art des Materials bestimmen Informationen aus Material entnehmen Fachtermini verwenden Geübte Arbeitstechniken anwenden
Praxis Politik 3/2007, S. 35-39
Kompetenzen auf verschiedenen Anforderungsbereichen III
Transferleistung: Zusammenhänge erklären Sachverhalte verknüpfen und einordnen Materialien analysieren Sach- und Werturteile unterscheiden
Praxis Politik 3/2007, S. 35-39
Kompetenzen auf verschiedenen Anforderungsbereichen IV
Reflexion und Problemlösung: Sachverhalte und Probleme selbstständig
und mit geeigneten Methoden und Medien erörtern
Hypothesen entwickeln Eigene Urteilsbildung reflektieren Handlungsoptionen entwickeln
verändert nach: Praxis Politik 3/2007, S. 35-39
Leistungsbeurteilung im kompetenzorientierten Unterricht I
Trennung von Lern- und Leistungsphasen (beim Lernen: man darf Fehler machen –keine Bewertung!)
Passend zum Unterrichtsgeschehen „breite“ Aufgabenkultur: Aufgaben für alle Kompetenzebenen
Ausschöpfen vieler Möglichkeiten der Leistungsbewertung – muss lernförderlich sein!
Verändert nach: Dobler, Karin (2011): PPT zur Veranstaltung „Fachdidaktik innovativ“ am 23.11.2011. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien
Leistungsbeurteilung im kompetenzorientierten Unterricht II
Quelle: LEITFADEN ZUR LEISTUNGSBEURTEILUNG UND RÜCKMELDEKULTUR in der Vorarlberger Mittelschule.
Zitiert nach Dobler, K. PPT vom 23.11.2011
Leistungsbeurteilung im kompetenzorientierten Unterricht III
Alternative Leistungsbeurteilung erforderlich
Protokolle Dossiers Lernplakate Concept Maps Präsentationen Portfolioarbeit …Dobler, Karin (2011): PPT zur Veranstaltung „Fachdidaktik innovativ“ am 23.11.2011. Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien
Aufgabenformate für die mündliche GWK-Reifeprüfung I
Haben die sechs Kompetenzen des Lehrplans und die im Team festgelegten lernzielorientierten Themen zur Grundlage
Berücksichtigen alle drei Anforderungs-bereiche
Ermöglichen durch Teilaufgaben eine materialgebundene Auseinandersetzung mit der Fragestellung
Aufgabenformate für die mündliche GWK-Reifeprüfung II
Formale Kriterien: Die Formulierung auf verschiedenen AFN erfolgt mithilfe von
Operatoren; der Schwerpunkt soll auf dem AFN 2 und 3 liegen. Die Teilaufgaben sind klar gegeneinander abgegrenzt. Die Verwendung des Materials muss unumgänglich sein. Das Material muss innerhalb der vorgesehenen Vorbereitungszeit
bearbeitbar sein; einwandfreie technische Qualität, Quellenangabe und Aktualität wird vorausgesetzt.
Das Material kann unterschiedliche Textsorten, Karten, Statistik, Diagramme, Bilder, Plakate, kurze Filmausschnitte, Hörtexte umfassen; es kann auch online verfügbar sein.
Strittige gesellschaftspolitische, ökonomische und ökologische Fragestellungen müssen sich auch in den Materialien widerspiegeln.
Literatur
Fahse, C.(2004): Wie unterrichtet man Kompetenzen? Anregungen für die Unterrichtspraxis. MNU 57/8 Faulstich-Christ,K./Lersch,R./Moegling,Kl.(2010): Kompetenzorientierung in Theorie, Forschung und
Praxis. Prolog Verlag, Immenhausen bei Kassel Heymann, H. W.(2004):Besserer Unterricht durch Sicherung von „Standards“? In: Pädagogik, Heft 6,
Juni, Beltz Verlag, Weinheim Hieber, U. u.a. (2011): (Sich) geographische Aufgaben stellen. In: Aufgaben stellen – Kompetenzen
fördern. Themenheft „geographie heute“ 291/292, Friedrich Verlag, S.2-9 Jung, E. (2010). Kompetenzerwerb.Oldenbourg Verlag, München Klieme, E. (2004): Was sind Kompetenzen und wie lassen sie sich „messen“? In: Pädagogik, Heft 6, Juni,
Beltz Verlag, Weinheim Kühberger, Chr. (2011): Aufgabenarchitektur für den kompetenzorientierten Geschichtsunterricht. In:
Historische Sozialkunde 1, S. 3-13, hrsg. vom Verein für Geschichte und Sozialkunde, Wien Checkliste zur Abiturprüfung Sozialkunde/Politik. In: Praxis Politik 3/2007. S. 35-39, Westermann Verlag,
Braunschweig Prüfungskultur (2008). Leistung und Bewertung (in der) Schule. Klagenfurt, Institut für Unterrichts- und
Schulentwicklung. Rhode-Jüchtern, T.(2009): Eckpunkte einer modernen Geographiedidaktik. Klett/Kallmeyer , Seelze Stern, Th. (2010): Förderliche Leistungsbewertung. Özeps. Weinert, F. E. (2001): Leistungsmessung in Schulen, Beltz Verlag, Weinheim
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