Ist die Substitution wirklich ein Sonderfall?
Dr. med. Andreas Rhode Chefarzt der Fachklinik Release
Fachklinik Release
•30 Behandlungsplätze am Standort Entwöhnung in Ascheberg, 12 Plätze in Adaption
Hamm
•Eröffnet 1996
•Bundesweit erste Rehabilitationsklinik zur Entwöhnung Drogenabhängiger mit
Substitution
•Mittlerweile über 70% der aufgenommen Patienten unter Substitution
Dr. Andreas Rhode
•Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des St.
Marien-Hospitals Hamm, Universitätsklinik der Universität Witten/ Herdecke von 2010
bis 2012, verantwortlich für den Suchtbereich
•Seit Februar 2011 ärztliche und therapeutische Leitung der Fachklinik Release, bis Juni
2012 Teilzeit, dann in Vollzeit
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Gliederung
1.Substitution
• Geschichte der Substitution
• Wissenswertes zur Substitution
2.Substanzmittelkonsum bei Substitution
• Was ist ein Rückfall?
• Auswirkungen eines Rückfalls
3.Herausforderungen in der stationären Behandlung
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Geschichte der Substitution
•„Erfinder“ der Substitution: Dole und Neyswander
• Stationär durchgeführtes Programm
•Frühe Versuche in München mit Polamidon • Zeigten Suchtpotential der Ersatzstoffe
• Daher Versuch nicht weiter durchgeführt
•Massenhafte Verbreitung von Heroin in amerikanischen Slums -> dadurch erneutes
Aufleben der Idee einer Substitution • Zunächst stationäre Umstellung
• Schon damals: weniger Abstinenzgedanke als Stabilisierung
•Anfang der 70er Jahre Übernahme der Substitution durch niedergelassene Ärzte • Stationäre Angebote gab es in Deutschland nicht.
• Galt als „Kunstfehler“
•01.10.1991: Substitutionsrichtlinie durch den Bundesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen
•1992 rechtlicher Rahmen durch BtmG, in dem die Substitution geregelt wird
•1994 erst jetzt Zulassung von Methadon als Substitutionsmittel
•Präzise rechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers darüber, wie er sich das
Substitutionsgeschehen eigentlich vorstellt gibt es aber erst seit dem Jahr 2000. Durch
ein Gesetz wurden in der BtMVV die wesentlichen Bedingungen für die Praxis der
Substitution Gesetzestexten festgelegt.
•19.02.2010: Richtlinien der Bundesärztekammer zur Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Gliederung
1.Substitution
• Geschichte der Substitution
• Wissenswertes zur Substitution
2.Substanzmittelkonsum bei Substitution
• Was ist ein Rückfall?
• Auswirkungen eines Rückfalls
3.Herausforderungen in der stationären Behandlung
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Wissenswertes zur Substitution – I -
•Die Anzahl Heroin-/Opiatabhängiger kann auf ca. 200.-250.000 Patienten geschätzt
werden
•Nur wenig mehr als 2.500 Ärzte (von 8.000 möglichen) haben in 2003 zumindest eine
Substitutionsbehandlung durchgeführt
•Die Gesamtzahl der substituierten Patienten in 2003 ist – nach wie vor trotz
Melderegister – nicht verlässlich bestimmbar (56-59.000 Patienten?)!
•D.h. die Substitutionsrate liegt im EU-Vergleich bei recht niedrigen 22-27 % (Rehm
2005)
•Buprenorphin hatte 2003 einen stetig steigenden Anteil von 13 % (2005: 18 %) an allen
Substitutionstherapien
•Im folgenden habe ich Folien aus dem Vortrag über die bekannte PREMOS-Studie
entnommen
Dr. Andreas Rhode
Substitution
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Langfristige Substitution Opiatabhängiger:
Prädiktoren, Moderatoren und Outcome
Hans-Ulrich Wittchen, Gerhard Bühringer &
Jürgen Rehm
BMBF Suchtforschungsverbunds ASAT
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie Technische
Universität Dresden
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Sisi-Depressionstag 8
Was ist eine Substitutionstherapie in
Deutschland?
Eine hochkomplexe streng reglementierte medizinische und
psychosoziale Behandlung
Substitutionsmittel:
Methadon, Levomethadon
Buprenorphin
Suboxone
Früher Codein
In Diskussion Heroin Substitution
Psychosoziale Komponenten entweder direkt in oder in
Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Sisi-Depressionstag 9
Wann ist eine Substitutionstherapie
angezeigt und was ist zu beachten?
Bei Vorliegen einer schwergradigen Abhängigkeit von Heroin,
Opiaten, die nicht mit nicht-medikamentösen Strategien
gebessert werden kann
Und bei Bestehen manifester Risiken (intravenöser Gebrauch,
Begleit- und Folgeerkrankungen etc)
Vielfache Meldepflichtigkeit
Therapie nur bei speziell ausgebildeten Ärzten
(Ausnahmeregel)
Massiver administrativer Aufwand (BTMG, BtMVV, BUB)
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Zusammenfassung: Epidemiologie der
Substitution
nur wenig mehr als 2.500 – 2900 Ärzte (von 8.000 möglichen) haben
in 2003 zumindest eine Substitutionsbehandlung durchgeführt
2005 weitere Reduktion um 8%
Die Gesamtzahl substituierter Patienten in 2003: mind. 56-59.000
Patienten (aber über 95.000 Behandlungesepisoden wurden gemeldet)!
2005 Anstieg 12%
Anzahl Opiatabhängiger liegt je nach Definition bei ca 168-280.000
Patienten; d.h. die Substitutionsrate liegt bei ca 30%
Sachsen liegt mit 14/100.000 Substituierten am Ende – Bremen und
HH führen mit 210-220/100.000 EW
Hinweise auf regionale Unterversorgung! Warum substituieren so
wenige Ärzte?
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
• Haltequoten sind mit 70% besser als in kontrollierten Studien
• 14% der Patienten erreichen Abstinenz/Wechsel in Abstinenztherapie
• Kleine Settings sind zumindest gleich gut als große Zentren was
Haltequote und Abstinenz angeht (auch nach Kontrolle von konfundierenden
Faktoren)
• Niedrige 1-Jahres Mortalität
• Mortalität gravierend (2-3-fach) erhöht bei Patienten, die einen
disziplinarischen Abbruch wegen Beigebrauch hatten
• Kaum bedeutsame Unterschiede nach Substitutionsmittel, aber
Buprenorphin-behandelte Patienten scheinen (Kontrolle konfundierender
Faktoren) ein besseres Abbruchprofil zu haben:
• Mehr sind clean
• Mehr sind „standorttreu“
• Weniger sind in Haft
• Weniger disziplinarische Abbrüche (Beigebrauch)
Zwischenbilanz
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
• Substitutionspatienten sind extrem krank – fast alle sind multimorbid
und schwerst beeinträchtigt
• Bei baseline keine signifikanten Unterschiede (setting und Mittel)
• Bei follow-up eine deutliche Besserung der somatischen Erkrankungen
in allen Gruppen
• Keine gleichermaßen deutliche Besserung der psychischen Morbidität
(Zunahme von Stress- und Schlafstörungen)
• Buprenorphin-Patienten haben bei Follow-up tendenziell eine geringere
somatische und psychische Belastung
• BSI – 8 signifikante Verbesserungen bei BU vs 2 bei Methadon
• Problematische Aspekte:
• Zunahme Schlaf- und Stressstörungen (PTSD) bei beiden Gruppen
• Erhöhung der HIV- und HCV-HIV-Infektionen bei beiden Gruppen
Zusammenfassung
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
• Unterschiedliche Entwicklungen nach Einrichtungstyp
• Die großen Zentren sind auch nach Kontrolle von Einflussfaktoren (Dauer
der Substitution, Schweregrad) weniger effektiv in der Reduktion
• Buprenorphin-Patienten weisen sowohl zur Baseline als auch zum Follow-
up einen geringeren Beigebrauch (signifikant für Cannabis, Benzodiazepine und
Opiate) auf
• Problematische Aspekte: Das Ausmaß des konkomittanten Gebrauchs
bleibt beeindruckend hoch
• Beigebrauch von Cannabis und Benzodiazepinen
• Cannabis Konsum nimmt bei großen Einrichtungen sogar zu, ebenso der BZD
Konsum
• Alkoholdaten noch nicht ausgewertet
Zusammenfassung
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
• Problematische Aspekte:
• Ungeschützter Geschlechtsverkehr insgesamt sehr häufig,
besonders bei der Risikogruppe der HCV-HIV-koinfizierten
Gruppe
• Bei Buprenorphin-Patienten keine Reduktion des ungeschützten
Geschlechtsverkehrs
• Bei Buprenorphin-Patienten sogar Erhöhung des Nadeltausches
und des iv-Drogenkonsums bei den Doppelinfizierten
Wird das Risikoverhalten ausreichend in der Therapie beachtet?
Zusammenfassung
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Zusammenfassung I
• Substitutionsbehandlung mit Methadon ist in der Routineversorgung
ebenso effektiv wie in kontrollierten klinischen Studien
• Niedrige Mortalität
• 11% werden abstinent oder schaffen den Wechsel in Abstinenztherapien
• Über 60% Patienten werden in der Therapie gehalten
• Deutliche Besserung des körperlichen Gesundheitszustand
• Deutliche Reduktion des Drogenkonsums
• Bei vergleichsweise geringen Kosten pro Patient/Jahr
• Probleme:
• Unterversorgung der Hepatitis C Patienten
• Mangelnde Beachtung des Risikoverhaltens (Infektionsübertragung)
• Mangelnde Effektivität der Therapie bezüglich psychischer Störungen
• global (ungeachtet mancher deutlich gebesserter Patienten) nur
marginale Verbesserung der Lebensqualität
BMBF Suchtforschungsverbund ASAT
Zusammenfassung II
• Warum machen so wenige Ärzte Substitutionsbehandlungen?
• gesetzliche, rechtlich-administrative Barrieren und Gängelei
• extrem bürokratische Durchführungsbedingungen
• schlechtes Image (Spiegel, 9/2006)
• wenig attraktive Patientengruppe
• extrem hoher Aufwand bei schlechter Honorierung
• Lösungen?
• Vereinfachung der Durchführungsbestimmungen (Deregulation)
• Ausbau und Öffnung für Allgemeinärzte, Verbesserung Vernetzung
• Verbesserung der sog. Psychosozialen Begleittherapie, psychiatrisch/
psychotherapeutischer Interventionen
Gliederung
1.Substitution
• Geschichte der Substitution
• Wissenswertes zur Substitution
2.Substanzmittelkonsum bei Substitution
• Was ist ein Rückfall?
• Auswirkungen eines Rückfalls
3.Herausforderungen in der stationären Behandlung
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Quelle: Deutsch-türkische Nachrichten
O-Ton
•Ärztin: „Wenn der Patient Drogen konsumiert. Oder Alkohol. Beziehungsweise in
Problemsituationen die falschen Verhaltensweisen zeigt.“
•MFA: „Wenn jemand konsumiert, egal was, Alkohol oder Drogen.“
•Therapeut: „Drogenkonsum.“
•Patientin in Rehabilitation:
„Alte Verhaltensweisen.“
•Patient in Rehabilitation:
„Einmaliger Konsum.“
•Patientin in Rehabilitation: „Wieder
zu konsumieren.“
•A. Marlatt 1985: Ausrutscher
(slip), schwerer Rückfall
(releapse)
•Fachärztin in Neurologie:
„Drogenrückfall.“
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Was ist ein Rückfall?
Rein technisch:
•Konsum jeglicher Substanz, außer dem Substitutionsmittel in verschriebener Höhe
Daraus folgt dann rein praktisch:
•Bei Alkohol über 0,5 Promille -> keine Substitution nach Leitlinie
•Bei Alkohol zwischen 0,01 und 0,5 Promille -> halbe Substitutionsdosis
•Allgemein: bei geringen Werten abwarten
•bei Intoxikationsanzeichen: keine Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Ausrutscher
•Einmaliger Suchtmittelkonsum eines Stoffes, für den im Vorfeld eine Abstinenzabsicht
bestand. Es handelt sich in der Regel nicht um eine strategisch geplante und gezielte
Handlung.
•Auslöser sind meistens Verführungssituationen.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Schwerer Rückfall
•Erneuter dauerhafter Suchtmittelkonsum
•Häufige Hintergründe: • Der Abstinenzverletzungseffekt (Marlatt): Hoffnungslosigkeit
• Das schrittweise Überhandnehmen von externen Auslösern.
• Die Suchtdynamik als solche prägt dann zusätzlich das Rückfallgeschehen.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Rückfallmodell nach
Marlatt und Gordon
Überlegungen eines Suchtmediziners
•Ist der Konsum ein Rückfall oder beginnt ein Rückfall früher?
•Studien zeigen, dass dem Konsum häufig alte Verhaltensmuster wie kriminelles
Verhalten vorausgeht
•Ist ein Rückfall also schon ein Rückfall in alte Verhaltensmuster?
•Beginnt ein Rückfall noch früher?
•Um in alte Verhaltensmuster zu kommen, werden Frühwarnsymptome nicht
wahgenommen?
•Ist ein Rückfall bereits das Nichtwahrnehmen von Frühwarnsymptomen?
•Rein technisch ist die Frage leicht zu beantworten.
•Auch die ersten Assoziationen sind eher auf den eigentlichen Konsum ausgerichtet.
•Rückfälle beginnen aber schon viel früher.
•Rückfälle bedeuten auch eine fehlende Achtsamkeit
•„Wenn es dem Esel zu gut geht, begibt er sich aufs Glatteis.“
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Zum Nachdenken
Dr. Andreas Rhode
Substitution
DROGEN
Methadonhandel finanziert Heroinsucht
Opioide wie Methadon oder Subutex, eigentlich gedacht als Hilfe für Heroinsüchtige,
werden immer häufiger auf dem Schwarzmarkt gehandelt - und befördern so indirekt die
Abhängigkeit von harten Rauschgiften. Mehr als zwei Drittel der Junkies haben solche
Substitutionsmittel bereits illegal erworben; dies ergab eine Untersuchung des Zentrums für
Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg. Bei einer Befragung von 806
Süchtigen in 13 Städten stellte sich heraus, dass der Handel mit den Ersatzstoffen "gängige
Praxis" in der Szene sei, weil diese besonders leicht zu beschaffen seien. Verkäufer sind
demnach vor allem Süchtige, die die Stoffe verschrieben bekommen, diese aber nicht
einnehmen. Rezeptfälschungen oder Einbrüche in Apotheken seien hingegen selten. Mit
dem Handel finanzieren viele Süchtige offenbar ihren illegalen Heroinkonsum. Jedenfalls
gaben fast 46 Prozent der Substituierenden an, innerhalb der vergangenen 24 Stunden
Heroin genommen zu haben, obwohl sie in regulärer Behandlung sind.
DER SPIEGEL 27/2009
Interessante Studien zur
Substitution
Rich JD et al. (2015), Methadone continuation versus forced withdrawal on
incarceration in a combined US prison and jail: a randomised, open-label trial.
Lancet 386(9991):350-9
• Untersuchung an 283 Gefangenen in einem US-Gefängnis
• Ein Arm blieb im Methadon-Ersatzprogramm, ein Arm wurde forciert abdosiert
• Doppelt so viele ehemalige Inhaftierte aus dem Methadon-Arm gingen hinterher
wieder in Substitutionsprogramm
• Nach Autoren dadurch geringe Wahrscheinlichkeit einer Überdosis oder gefährlichem
Verhalten
• Keine Unterschiede in beiden Armen bezüglich Todesfällen, nicht-dramatischen
Überdosierungen, Krankenhauseinweisungen oder Aufenthalten in
Notfallambulanzen
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Interessante Studie zur
Substitution
Rich JD et al. (2015), Methadone continuation versus forced withdrawal on
incarceration in a combined US prison and jail: a randomised, open-label trial.
Lancet 386(9991):350-9
• Untersuchung an 283 Gefangenen in einem US-Gefängnis
• Ein Arm blieb im Methadon-Ersatzprogramm, ein Arm wurde forciert abdosiert
• Doppelt so viele ehemalige Inhaftierte aus dem Methadon-Arm gingen hinterher
wieder in Substitutionsprogramm
• Nach Autoren dadurch geringe Wahrscheinlichkeit einer Überdosis oder gefährlichem
Verhalten
• Keine Unterschiede in beiden Armen bezüglich Todesfällen, nicht-dramatischen
Überdosierungen, Krankenhauseinweisungen oder Aufenthalten in
Notfallambulanzen
• Bedeutung für Rehabilitationsprozess:
Bei Patienten, bei denen aufgrund Lebensalters, psychischen oder physischen
Komorbiditäten eine Abdosierung nicht sinnvoll ist, sollte auf diese auch verzichtet
werden. Eine Auseinandersetzung mit einem gesunden Leben und einer vernünftigen
Substitution (take-home) sowie szenefernen Leben ist deutlich sinnvoller.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Gliederung
1.Substitution
• Geschichte der Substitution
• Wissenswertes zur Substitution
2.Substanzmittelkonsum bei Substitution
• Was ist ein Rückfall?
• Auswirkungen eines Rückfalls
3.Herausforderungen in der stationären Behandlung
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Stadien des Opiatentzuges modifiziert nach Blachly 1966
Stadium Symptomatik Heroin Morphin Methadon
0 Angst und Craving 4h 6h 12h
I Zusätzlich Gähnen, Schwitzen, Tränenfluss, Rhinorrhoe, unruhiger
Schlaf
8h 14h 32-48h
II Zusätzlich: Mydriasis, Piloerektion, Tremor, Muskelzucken, Hitze- und
Kältegefühl, Muskelschmerzen, Anorexie
12h 16h 2-3 Tage
III Zusätzlich: Schlaflosigkeit, Blutdruck- und Temperaturanstieg, Tachykardie,
Hyperventilation, Übelkeit, psychosomatische Unruhe
18-24h 24-36h >2 Tage
IV Zusätzlich: Fieber, Erbrechen, Durchfall, Spontanejakulationen,
Muskelkrämpfe, Leukozytose, Blutzucker- und Laktatanstieg
24-36h 36-48h >2 Tage
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Medizinische/ pharmakologische
Auswirkungen des Beikonsums
•Beikonsum von Alkohol/ Benzodiazepinen/ Barbituraten
• Verstärkung unerwünschter Nebenwirkungen, inbesondere der Atemdepression, bis hin zur vitalen
Bedrohung
• Sedierung
• Opiate erhöhen Krampfbereitschaft -> nach Konsum von Alkohol und Benzodiazepinen im Entzug dieser
Substanzen bei gleichzeitiger Substitution deutlich erhöhte epileptische Krampfbereitschaft
•Beikonsum von Opiaten • Erhöhte Gefahr der Atemdepression, bis hin zur vitalen Bedrohung
• Erhöhte Gefahr der kardialen Nebenwirkungen
•Beikonsum von Amphetaminen und Kokain • Erhöhte Gefahr von kardialen Nebenwirkungen
• Durch Elektrolytverschiebung ebenfalls kardiale Nebenwirkungen möglich
•Beikonsum von Cannabis • Sedierung
•Wechselwirkungen durch Interaktion über das Cytochrom P450
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Rechtliche
Auswirkungen des Beikonsums – I -
§5 Absatz 1 BtmVV:
(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines ärztlich
verschriebenen Betäubungsmittels bei einem opiatabhängigen Patienten
(Substitutionsmittel) zur
1. Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung
der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des
Gesundheitszustandes
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Rechtliche
Auswirkungen des Beikonsums – II -
§5 Absatz 2 BtmVV:
(2) Für einen Patienten darf der Arzt ein Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 des
Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn und solange
1.der Substitution keine medizinisch allgemein anerkannten Ausschlussgründe entgegenstehen,
2.die Behandlung erforderliche psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosoziale Behandlungs- und
Betreuungsmaßnahmen einbezieht,
3.der Arzt die Meldeverpflichtungen nach § 5a Abs. 2 erfüllt hat,
4.die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes keine Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient
a)von einem anderen Arzt verschriebene Substitutionsmittel erhält,
b)nach Nummer 2 erforderliche Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen dauerhaft nicht in Anspruch nimmt,
c)Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den Zweck der Substitution gefährdet oder
d)das ihm verschriebene Substitutionsmittel nicht bestimmungsgemäß verwendet,
5.der Patient im erforderlichen Umfang, in der Regel wöchentlich, den behandelnden Arzt konsultiert und
6.der Arzt Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach
dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Richtlinie der Bundesärztekammer
19. Februar 2010 – I - Auszüge zum Beikonsum
Hat der Patient akut andere psychotrope Stoffe konsumiert, die in Kombination mit dem
Substitut zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen können, ist das Substitut in
angepasster Dosierung zu verabreichen oder ggf. von einer Verabreichung vollständig
abzusehen. Insbesondere ist der Patient darauf hinzuweisen, dass eine Einnahme des
Substituts in Kombination mit Alkohol und/oder Sedativa zu Atemdepressionen mit
tödlichem Ausgang führen kann.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Richtlinie der Bundesärztekammer
19. Februar 2010 – II - Auszüge zum Beikonsum
Bei vorliegendem Konsum weiterer psychotroper Substanzen sollte zunächst die
Ursache eruiert und nach Möglichkeiten ihrer Beseitigung gesucht werden. Dabei ist
insbesondere an folgende Gründe zu denken:
• eine erfolgte Destabilisierung der individuellen Lebenssituation,
• eine inadäquate Dosierung oder Wahl des Substitutionsmittels,
• eine komorbide psychische oder somatische Erkrankung.
Die Ergebnisse der sich daraus ergebenden Überlegungen sind in das Therapiekonzept
einzubeziehen.
Hierbei ist die Zusammenarbeit mit der psychosozialen Betreuungsstelle angeraten.
Liegt ein die Substitution gefährdender Konsum weiterer psychotroper Substanzen vor,
ist deren Entzug (ggf. unter stationären Bedingungen) einzuleiten.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Richtlinie der Bundesärztekammer
19. Februar 2010 – III - Auszüge zum Beikonsum
Eine Substitutionstherapie ist zu beenden, wenn
• sie sich als nicht geeignet erweist,
• sie mit einem fortgesetzten, problematischen Konsum anderer gefährdender
Substanzen einhergeht.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Gliederung
1.Substitution
• Geschichte der Substitution
• Wissenswertes zur Substitution
2.Substanzmittelkonsum bei Substitution
• Was ist ein Rückfall?
• Auswirkungen eines Rückfalls
3.Herausforderungen in der stationären Behandlung
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Herausforderungen in der stationären
Behandlung – I -
•Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen:
• Therapeutischen
• Medizinischen
• Organisatorischen
•Unterschiede, ob Entzugs- oder Entwöhnungsbehandlung
•Häufig Arbeit mit Rückfällen nur in Entwöhnungsbehandlung möglich
•Die entscheidende Frage ist häufig:
Wie offen geht Patient mit dem Rückfall um ???
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Herausforderungen in der stationären
Behandlung – II - Therapeutisch
•Gefühl von Scham, Versagen und Angst
•Wann hat der Rückfall begonnen? -> Verhaltensrückfall vorausgegangen
•Was hat zum Rückfall geführt? -> Belastende Themen, Entzugssymptome bei
Abdosierung, …
•Warum konnte der Patient nicht seine Skills nutzen?
•Warum konnte der Patient nicht vorher mit Team oder Mitpatienten reden?
•Was kann der Patient aus dem Rückfall lernen?
•Dafür Reflektion in der Gruppe häufig sinnvoll
•Verhaltenstherapeutische Arbeit anhand des ABC-Schemas zur Reflektion häufig
sinnvoll, um Verständnis für den Rückfall und Prävention für nächste belastende
Situationen zu finden.
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Herausforderungen in der stationären
Behandlung – II - Medizinisch
•Welche Substanz?
•Intoxikationszeichen? -> vitale Gefährdung des Patienten, insbesondere bei
Substituierten durch Kumulation der Substanzen, Mischintoxikation!
•Entzugssymptome? -> Wie lange hat der Patient konsumiert? Sind Entzugssymptome
zu erwarten? Bei Alkohol und Benzodiazepinen: Besteht Krampf- oder Delirgefahr?
•Welche Vorerkrankungen hat Patient, die unter Konsum erneut „aufflammen“ können?
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Herausforderungen in der stationären
Behandlung – II - Organisatorisch
•Sind andere Patienten in den Rückfall durch Mitwisserschaft oder Konsum involviert?
•Ist die Stabilität der Patientschaft durch den Rückfall/ durch die Rückfalle gefährdet?
•Wurden Frühwarnsymptome durch die Mitpatienten/ durch das Team nicht
wahrgenommen? Und wenn ja, warum nicht?
•Welche Auswirkungen hat eine Weiterbehandlung auf die Patientenschaft?
•Kann der Patient überhaupt wieder in die Gemeinschaft kommen?
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Welche besonderen Herausforderungen
gibt es bei substituierten Patienten?
•Eigentlich sind es die selben Herausforderungen, wie im ambulanten Setting:
•Nachweisbarkeit eines Rückfalls häufig schwierig • Werden Substitutionsmittel konsumiert, spricht Drogentest nicht an
• Nachweisbarkeit nicht möglich, obwohl häufig bereits durch Erfahrung Rückfall schon vorher klar
• Reicht Verdacht für Entlassung oder Konsequenz aus?
• Häufig wird dann noch Rückfall wegen befürchteter Konsequenz geleugnet
• Nachweisbarkeit häufig nur durch Abdosieren möglich -> Patient dazu häufig nicht bereit.
• Abdosierung gegen den Willen des Patienten? Gibt es dann überhaupt noch therapeutische Beziehung?
•Erhöhte Rückfallgefahr durch Entzugssymptome in der Abdosierung • Während „normaler“ Rehabilitationsbehandlung ein Gipfel der Abbrüche zu Beginn der Behandlung
• Bei substituierten Patienten zweiter Gipfel der Abbrüche nach Abdosierung, dann auch Gipfel der Rückfälle
• Wird derzeit im Rahmen einer Studie untersucht
•Mischintoxikationen möglich • Bei Rückfall neben dem konsumierten Mittel auch noch Substitutionsmittel im Körper des Patienten
• Mischintoxikation mit zum Teil erhöhter Gefahr der Atemdepression
•Umgang mit dem Wunsch der Durchsubstitution? • Manchmal Gefühl, dass dadurch die „Tür“ zum Konsum von Substitutionsmitteln offen gehalten werden soll
• Auf der anderen Seite Abdosierung bei einigen Patienten wegen Lebensalter, psychischen und/ oder
physischen Problemen nicht sinnvoll
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Welche besonderen Herausforderungen
gibt es bei substituierten Patienten? Auswirkungen auf die therapeutische Beziehung
•Eigentlich sind es die selben Herausforderungen, wie bei anderen
Rehabilitationsbehandlungen ohne Substitution
aber:
• Misstrauen steigt mit fehlender Nachweisbarkeit von Rückfällen -> Vertrauen ist aber
Grundlage für Therapie, daher immer wieder Beziehungsarbeit und Offenheit auch
von Therapeut gegenüber Patient notwendig
• Misstrauen steigt mit fehlender Nachweisbarkeit von Rückfällen -> Patient spürt
jedoch fehlendes Vertrauen, bemängelt Misstrauen
• Misstrauen steigt mit fehlender Nachweisbarkeit von Rückfällen -> nach Rückfall
Misstrauen noch höher
• Angst des Patienten vor weiterer Abdosierung nach Rückfall -> dauerhafte Arbeit an
Skills und Thematisierung der Ängste notwendig
• Wunsch vor Wiedereinstellung nach Rückfall, da Möglichkeit ja besteht ->
Motivationsarbeit, das Positive des Geleisteten zu sehen
Dr. Andreas Rhode
Substitution
Fachklinik Release Entwöhnung und Adaption
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