25ZGF Gorilla 3/05 Sept. 2005
Genetische Wiederentdeckung auf Galápagos | Wölfe fressen Schafe | Der Goldpreis und die Entwaldung
ZGF GORILLAMit te i lungen der Zoo log ischen Gesel lschaf t Frankfur t von 1858 e. V.
Ausgabe 2/2012 ISSN 1863-1789
KAMPF UMS HORNDie Wilderei von Nashörnern erreicht einen
beängstigenden Höchststand.
1 EDITORIAL
2 PROJEKTHÄPPCHEN
5 NOTIZEN AUS AFRIKA
6 SCHWERPUNKT | NASHORN
6 Wilde Nashörner müssen überleben
9 KOMMENTAR | Eine fatale Kombination aus hoher Nachfrage und einfachere Handelswegen
10 Die Nashornkrise – eine Marktanalyse
12 ZGF WELTWEIT – AUS DEN PROJEKTEN
16 Galápagos | Genetische Wiederentdeckung
18 Wölfe | Keine leichte Beute
20 Peru | Illegaler Goldabbau nimmt weiter zu
21 ZGF INTERN
21 Leserbriefe
22 Ein Dankeschön an unsere Spender
23 Buchtipps Natur & Tiere
24 AUS DEM ZOO FRANKFURT
24 Nachwuch bei den Goldstirn-Klammeraffen
24 Die flotte Lotte – Nachwuchs bei den Erdferkeln
25 Veränderungen im Tierbestand
25 Das Grzimek-Camp soll in neuem Glanz erstrahlen
INHALT 2/2012
6 10 16
ZGF VORSTAND
& STIFTUNGSRATVorstand der Zoologischen Gesellschaft
Frankfurt (ZGF) und des Stiftungsrates
der Stiftung Hilfe für die bedrohte
Tierwelt (HbT):
Gerhard Kittscher (Präsident ZGF; HbT)
Prof. Dr. Manfred Niekisch (Vizepräs. ZGF, HbT)
Klaus Becker (Hbt)
Herrmann Clemm (HbT)
Gerold Dieke (ZGF)
Prinzessin Alexandra von Hannover (ZGF, HbT)
Dr. Thomas Kantenwein (ZGF, HbT)
Dr. Rudolf Kriszeleit (HbT)
Johann-Peter Krommer (HbT)
Altfried Lütkenhaus (Hbt)
Renate von Metzler (ZGF)
Prof. Dr. Volker Mosbrugger (ZGF)
Herbert Pfennig (HbT)
Hans Joachim Suchan (ZGF)
IMPRESSUM
Herausgeber
Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V.
Bernhard-Grzimek-Allee 1, 60316 Frankfurt
Tel. (069) 94 34 46 0 Fax (069) 43 93 48
E-Mail: [email protected]
www.zgf.de
Redaktion
Dipl.-Biol. Dagmar Andres-Brümmer,
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Tel.: (069) 94 34 46 11
Fax: (069) 43 93 48
E-Mail: [email protected]
Mit Beiträgen von
Dr. Christof Schenck, Dagmar Andres-Brümmer,
Katharina Hensen, Dr. Stefan Stadler, Claudia Carda-
Döring, Melanie Wenzel, Michael Brombacher,
Lena Schmidt, Christine Kurrle sowie namentlich
gekenn zeichneten Autorinnen und Autoren.
Layout:
Markus Bernatzky, www.himmelbraun.de
Lektorat:
Maria Ullmann
ZGF GORILLA ist die Mitgliederzeitschrift der
Zoologischen Gesellschaft Frankfurt von 1858 e. V.
Der Bezugspreis ist im Mitglieds beitrag enthalten.
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Aufl age: 5.500 Exemplare
Druck: Hassmüller Graphische Betriebe, Frankfurt,
gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
Fotos: alle Bilder ZGF, sofern nicht anders
angegeben.
Titelfoto: Sven Zacek/OSF/OKAPIA
ISSN: 1863-1789
©ZGF 2012
Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet
DANKEWir danken unseren Freunden, Spendern und
Sponsoren, ohne die wir unsere Naturschutzarbeit
nicht in dem Maße um setzen könnten, wie wir es
heute tun.
Alle sind sich einig, dass etwas getan werden muss und
zwar schnell. Nur beim „was“ scheiden sich die Geister.
Während besserer Schutz der freilebenden Tiere und eine
viel bessere Überwachung der Handelswege noch eine
breite Zustimmung finden, führt die Frage „Handelsfrei-
gabe oder striktes Verbot?“ zu einer deutlichen Lager-
bildung. Argumente gibt es für beides, wichtige Daten
zu Aufträgen, Transportrouten und den Märkten fehlen.
Inter pretationen und Schlussfolgerungen fallen zwangs-
läufig sehr unterschiedlich aus.
Weil es sich um so ein wichtiges
Thema handelt und weil wir uns als
ZGF ganz besonders dem Überleben
der Nashörner in echten Wildnisge-
bieten verpflichtet fühlen, haben wir
diesen Heftschwerpunkt den Nashör-
nern und ihrem Schutz gewidmet.
Und Sie werden sehen: Das Thema ist
überaus komplex und einen Königs-
weg zur Rettung gibt es nicht. Wir
haben es auch gewagt, einen Artikel
eines „Marktanalysten“ abzudrucken,
auch wenn sich dessen Auffassung
nicht immer mit der unsrigen deckt.
Wir denken, dass die Situation so
prekär ist, dass man in allen Richtungen denken muss,
um letztendlich den besten Weg oder die besten Wege zu
finden. Unter keinen Umständen, dürfen wir als die Ge-
neration in die Geschichte eingehen, die zugelassen hat,
dass die Nashörner nach 50 Millionen Jahren auf dieser
Erde endgültig durch Menschenhand ausgerottet wurden.
Herzlichst, Ihr
Entsetzen und Verzweiflung stellen sich ein sobald man
sich heute mit dem Thema Nashörner beschäftigt. Die
Hiobs botschaften werden häufiger, die Bilder immer
drastischer. Nashörner in Vietnam: ausgerottet! Gewil-
derte Tiere in Südafrika in den ersten vier Monaten die-
ses Jahres: 159. Mehr als ein Tier pro Tag!
Im Internet finden sich herzzerreißende Fotos von Nas-
hornkälbern, die sich an ihre tote, blutüberströmte Mut-
ter schmiegen, oder Videos, in denen schwer verletzte
Tiere zusammenbrechen. Jeder, der
heute Verantwortung für Nashörner
trägt, ist in Alarmbereitschaft – Park-
chefs, Ranger, Farmer, selbst Zoodi-
rektoren. Naturschutzorganisationen
und Behörden fürchten die Ausrot-
tung eines der größten und charisma-
tischsten Tiere dieser Erde in wenigen
Jahren. Die Nashörner trifft bereits die
dritte große Wildereiwelle. Und dies-
mal könnte es tatsächlich die letzte
sein. Vor mehr als hundert Jahren ha-
ben westliche Großwildjäger zehn-
tausende von Nashörnern erlegt, die
zu den „Big Five“ – den großen Fünf
der Trophäenjagd zählen. Vor dreißig
Jahren führte der Ölreichtum im Nahen Osten zu aus-
reichend Kaufkraft für Dolchschäfte aus Nasenhorn und
aktuell sind es die Boomstaaten Asiens und die Verwen-
dung der Hörner in der traditionellen chinesische Medi-
zin, die die Nachfrage explodieren ließen. Inzwischen ist
Nasenhorn nicht mal mehr mit Gold aufzuwiegen.
Naturschutzorganisationen
und Behörden fürchten
die Ausrottung eines der
charismatischsten Tiere
dieser Erde in wenigen
Jahren.
LIEBE LESERINNEN UND
LESER, LIEBE MITGLIEDER
UND FREUNDE,
1ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
EDITORIAL
Neues aus unseren Pro jekten, von unseren Par tnern und rund um die ZGF-Pro jektgebiete
ZGF PROJEKTHÄPPCHEN | WELTWEIT
ALBANIEN
Deutsche Botschafterin besucht
Prespa Nationalpark
UKRAINE
ZGF plant bei
Nationalparks mit
Das Wetter hatte es nicht gut ge-
meint mit der Deutschen Bot-
schafterin in Albanien. Als Carola
Müller-Holtkemper Anfang April den
Prespa Nationalpark besuchte, zeigte
der sich von seiner trüben Seite. Die
Botschafterin ließ sich jedoch nicht
entmutigen und stieg zu einer verreg-
neten Rundfahrt auf dem Prespasee
in das neue Patrouillenboot des
Natio nalparks. Das kleine Kajütboot
war neben weiterer Ausrüstung des
Nationalparks, wie Autos und Motor-
räder, mit deutschen Entwicklungs-
geldern angeschafft worden, da die
Verbesserung des Prespa National-
parks ein gemeinsames Projekt der
D ie Ukraine setzt eines der ambiti-
oniertesten Nationalparkpro-
gramme Europas um. Bereits 2008
hatte der damalige ukrainische Präsi-
dent Viktor Juschtschenko verfügt,
dass in der Ukraine spätestens bis
zum Jahr 2013 insgesamt 55 Schutz-
gebiete (vor allem Nationalparks) mit
einer Gesamtfläche von fast einer
Million Hektar ausgewiesen werden
sollen. Die Auswahl der infrage kom-
menden Gebiete wurde teilweise von
der ZGF und teilweise von unseren
ukrainischen Partnern begleitet. Die
Einrichtung von drei neuen National-
parks in der Region Polesie im Nor-
den des Landes war in der Vergan-
genheit von der ZGF finanziell unter-
stützt worden.
Das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (BMZ) fördert durch die
Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW
nun das ehrgeizige Nationalparkpro-
gramm der Ukraine und hat Mittel für
eine Machbarkeitsstudie bereitge-
stellt, die dazu dienen soll, die künf-
tige Entwicklung und Ausstattung
dieser Schutzgebiete zu planen. Die
ZGF und ihre Partner wurden im
Rahmen einer öffentlichen Ausschrei-
bung ausgewählt, diese Studie durch-
zuführen.
E s ist noch nicht lange her, da hat-
ten wir von der Jugendgruppe
„Wanderratten“ des von der ZGF un-
terstützten Vereins Naturpark & Bios-
phärenreservat bayerische Rhön e. V.
berichtet. Mitte November hatten die
Jugendlichen am Gangolfsberg bei
Oberelsbach in der bayerischen Rhön
Versteckmöglichkeiten für die Wild-
katze errichtet. Fünfzehn große Hau-
fen aus Reisig und Ästen waren an
einem Wochenende entstanden, je-
weils gut mit Herbstlaub getarnt – in
der Hoffnung, dass eine Wildkatze
dort einziehen würde.
Bereits an Silvester kam die erste
Katze zur „Wohnungsbesichtigung“.
Eine Kamera mit Bewegungsaus-
löser fotografierte eine vermeit-
liche Wildkatze vor einem der Rei-
sighaufen. Letzte Sicherheit, dass es
sich dabei tatsächlich um eine Wild-
und nicht um eine Hauskatze han-
delte, brachte nun eine DNA-Analyse
von Katzenhaaren, die an mehreren
„Lockstöcken“ in der Nähe der Rei-
sighaufen haften geblieben waren.
Wissenschaftler der Abteilung Wild-
tiergenetik des Forschungsinstituts
Senckenberg Gelnhausen bestätigen
jetzt: Am Gangolfsberg sind tatsäch-
lich mehrere Wildkatzen zuhause!
Das neue Patrouillenboot des Prespa
Nationalparks.
Regierungen Albaniens und Deutsch-
lands ist. Der Park erhält über die
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
erhebliche finanzielle Unterstützung
des Bundesministeriums für Wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (BMZ).
Im Rahmen des Projektes wird der
Nationalpark jedoch nicht nur mit
Ausrüstung und Infrastruktur unter-
stützt, auch das Personal des Parks
erhält eine umfangreiche Aus- und
Weiterbildung. Die Verwaltung des
Nationalparks wird von einem Zu-
sammenschluss nationaler und in-
ternationaler Experten unterstützt,
der unter der Führung der Österrei-
chische Bundesforste AG sowie der
ZGF steht. Die Botschafterin jeden-
falls zeigte sich beeindruckt vom
Fortgang des Projektes, das seit
Herbst 2010 läuft. Und hoffentlich
konnte sie sich nach Ende der nas-
sen Bootstour an der neuen Heizung
des gerade frisch renovierten Park-
Hauptquartiers aufwärmen. Denn
diese Heizung wird ausschließlich
mit nachwachsenden Rohstoffen aus
der Region betrieben und ist somit
klimaneutral.
DEUTSCHLAND
Wildkatzen im „Wanderratten“- Versteck
Foto
: W.
Frem
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2 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AKTUELLES | WELTWEIT
FRANKFURT
Mehr Kostentransparenz
FRANKFURT
Naturschutz-Ranger im Einsatz
D ie ZGF ist im letzten Jahrzehnt ge-
waltig gewachsen und aus klei-
nen Naturschutzprojekten sind in ei-
nigen Regionen der Welt recht um-
fangreiche und komplexe Programme
geworden. Große Geldgeber wie bei-
spielsweise die Weltbank oder die EU
fördern mittlerweile unsere Arbeit.
Für den Naturschutz ist das fantas-
tisch, da wir vor Ort wesentlich mehr
erreichen können. Um auch organisa-
torisch den gestiegenen Ansprüchen
gerecht zu werden, hat die ZGF in
diesem Jahr weltweit in den Projekten
ein neues System zum Finanzmanage-
ment und -controlling eingeführt. Ge-
meinsam mit den Software-Experten
von ABACUS Business Solutions
wurde das Programm ABACUS allpro-
jects an unsere speziellen Bedürfnisse
angepasst und im ersten Halbjahr
2012 in den ersten Projektbüros in
Afrika eingeführt, Südamerika und
Asien werden folgen.
Dank des Cloud-basierten Systems
herrscht nun eine hohe Kostentrans-
parenz, da die finanzielle Situation in
den einzelnen Projekten jederzeit auf
Knopfdruck ersichtlich ist. Eine Kon-
solidierung der gesamten Daten fin-
det nach wie vor im Frankfurter
Hauptbüro statt, um den deutschen
Jahresabschluss nach HGB (Handels-
gesetzbuch) vorzulegen. Der Unter-
schied zur früher: „Wir haben nun ein
viel genaueres Bild von unseren Ko-
sten in den Projekten und sehen je-
derzeit, wo wir finanziell stehen – das
hilft uns, unseren Haushaltsplan
einzuhalten. Im Rahmen der Neuein-
führung sind wir dabei unsere welt-
weiten Finanzprozesse zu harmoni-
sieren und standardisieren“, erläutert
Florian Becker-Gitschel, der Leiter
des Finanzreferats der ZGF.
Was kann man tun, um Wildtiere
zu schützen? Besonders wichtig
sind dabei die Ranger in den Pro-
jekten vor Ort.
Die Natur- und Kulturbotschafter von
Zoo und ZGF zeigen spielerisch, wie
das Leben der Ranger aussieht, was
sie leisten und vor welche Herausfor-
derungen sie ihr Einsatz für die Natur
stellt.
KASACHSTAN
Erste Wolfsbesenderung
A rlan heißt im Kasachischen „Der
Anführer eines Rudels“, der stär-
kste und intelligenteste Wolf des Ru-
dels. Arlan trägt nun einen Satelliten-
sender und führt nicht nur sein Rudel
sondern auch die Wissenschaftler, die
seinen Wegen folgen wollen, durch
die Turgai-Steppe in der kasachi-
schen Altyn Dala Region.
Anfang März war es den Mitarbeitern
unseres kasachischen Projektpartners
ACBK (Association for Conservation
of Biodiversity of Kazakhstan) gelun-
gen, einen männlichen Wolf zu fangen
und mit einem Sender auszustatten.
Das Team taufte den etwa zwei- bis
dreijährigen Wolf „Arlan“. Er ist der
erste Wolf in Kasachstan, der einen
solchen Sender trägt und somit Auf-
schluss geben wird darüber, wo und
wie sich die Wölfe in der Steppe Zen-
tralkasachstans bewegen. „Wir waren
sechs Tage lang in der verschneiten
Turgai Region unterwegs, haben rund
tausend Kilometer auf dem Motor-
schlitten zurückgelegt, bevor wir ei-
nen Wolf entdecken und schließlich
besendern konnten“, berichtet ZGF-
Projektleiterin Eva Klebelsberg, die
mit dem Team unterwegs war. Bevor
der frisch besenderte Wolf sich wieder
auf den Weg machen konnte, wurden
ihm noch Haar-, Kot-, und Blutproben
für genetische Untersuchungen ent-
nommen.
Der Wolf wird in Kasachstan zwar
stark bejagt, Informationen über
seine Ökologie sind jedoch rar. Man
weiß wenig über sein Wander- und
Jagdverhalten, besonders im Hinblick
auf die Saigas. Mithilfe der Besende-
rung erhofft sich das ACBK-Team
nun Erkenntnisse über Reviergrößen,
Wanderbewegungen und Räuber-
Beute-Beziehungen. In diesem Jahr
sollen weitere vier Wölfe im Gebiet
Altyn Dala besendert werden. Auch
das kasachische Komitee für Forst-
wirtschaft und Jagd begrüßt das Vor-
haben und appellierte bereits an die
Jagdorganisationen, die Wolfsjagd in
diesem Jahr zu reduzieren und auf
besenderte Wölfe besondere Rück-
sicht zu nehmen.
Arlan ist er erste Wolf, der in Kasachstan
besendert wurde.
Samstag 19. Mai und Sonntag 20. Mai
Jeweils von 10 bis 17 Uhr im Grzimek-
Camp des Zoos Frankfurt
Infos: www.naturschutz-botschafter.de
Foto
: E. K
lebe
lsbe
rg
3ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AKTUELLES | WELTWEIT
Kurzmeldungen aus ZGF-Projekten und Projektgebieten
Im Herzen der Bale-Berge im Hoch-
land Äthiopiens liegt eines der wich-
tigsten Schutzgebiete des Landes: der
Bale Mountains Nationalpark.
Ende 2011 hat die Ethiopian Wild-
life and Natural History Society eine
Sonderausgabe ihres wissenschaftli-
chen Magazins Walia herausgebracht,
in dem sich alles um die Bale-Berge
dreht. Äthiopische und internationale
Wissenschaftler und Naturschützer
stellen hier auf über 300 Seiten ihre
aktuellen Forschungsergebnisse vor.
Die Themen sind vielfältig, es geht
um Untersuchungen zu bestimmten
Tierarten, aber auch um die Ökologie
der afroalpinen Hochebenen. Auch
mit der Frage, wie eine Ressourcen-
nutzung, Artenvielfalt und das Ma-
nagement des Schutzgebiets besser
einhergehen können, befassen sich
die Autoren.
Walia – Special Edition
on the Bale Mountains
Journal of the Ethiopian Wildlife
and Natural History Society, 2011.
Herausgegeben von Deborah
Randall, Simon Thirgood und
Anouska Kinahan.
Online verfügbar unter
Ú www.zgf.de
PUBLIKATIONEN
Alles zu den
Bale-Bergen Jedes Jahr fahren mehr als 150.000
Besucher durch die Tore des
Serengeti Nationalparks. Viele Tou-
risten wollen nicht nur die legendäre
Schönheit und Tierwelt der Serengeti
genießen, sondern auch mehr über
diese Gegend erfahren, eine Gegend,
reich an kulturellen und natürlichen
Schätzen. Seit kurzem gibt es dafür
ein neues Informationszentrum.
Das Besucherzentrum liegt in der
Ikoma Wildlife Management Area
(WMA), gleich außerhalb des Park-
eingangs Ikoma, im Westen der
Serengeti. Es soll den Gästen die
Kulturgeschichte der benachbar-
ten Gemeinden nahebringen und
sie gleichzeitig über das Serengeti-
Ökosystem informieren. Jede Menge
interaktiver und informativer Ausstel-
lungselemente lassen die Geschichte
des Volks der Ikoma und der Natta
für die Besucher lebendig werden.
Passenderweise sieht das Besucher-
zentrum aus wie die traditionellen
Rundhütten der Ikoma und wurde
nur aus Materialien gebaut, die es in
den fünf beteiligten Dörfern gibt. Im
Besucherzentrum werden außerdem
handgefertigte Körbe oder Speere ge-
zeigt sowie einiges mehr, das von der
einheimischen Bevölkerung in Hand-
arbeit hergestellt wurde.
ZGF-Projektleiter Dennis Rentsch
ist der technische Berater des Besu-
cherzentrums und hebt dessen stra-
tegische Bedeutung hervor: „Es ist
das Herzstück der gemeinschaft-
lichen Anstrengungen zum Natur-
schutz. Das Besucherzentrum lenkt
die Aufmerksamkeit der Gäste auf
das Konzept der Wildlife Manage-
ment Areas und zeigt, welchen Nut-
zen sowohl die Gemeinden, als auch
die Wildtiere davon haben.“ Das Be-
sucherzentrum wird von besonders
geschulten Dorfbewohnern selbst
geführt. Über sie sollen die Touristen
die Möglichkeit haben, den direkten
Kontakt zur einheimischen Bevöl-
kerung zu bekommen. Die Dorfbe-
wohner wiederum haben durch das
Besucherzentrum ein sicheres Ein-
kommen. Das Zentrum wurde vom
US-Innenministerium, der ZGF und
dem WWF finanziert, ein Experten-
team der tansanischen Baubehörde
hat den Bau beaufsichtigt.
Laura Hartstone
SERENGETI
Über den Park hinaus
Neues Besucherzentrum am Ikoma-Eingang der Serengeti.
NOTIZEN AUS AFRIKA
Foto
: L. H
arts
tone
4 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AKTUELLES | WELTWEIT
Noch lebt er im afroalpinen Hoch-
land in Äthiopien – der Äthio-
pische Wolf (Canis simensis) oder Ky
Kebero, wie er in der Landes sprache
heißt. Weniger als 450 Tiere gibt es
von dieser Art. Damit ist er der am
stärksten bedrohte Fleischfresser Afri-
kas und die seltenste Hundart der
Welt. Auf der Roten Liste stuft die
IUCN ihn als stark gefährdet ein.
Der wunderschöne, schlanke, rote
Wolf ist gewissermaßen Opfer seiner
eigenen Spezialisierung, denn er frisst
fast ausschließlich die Nagetiere der
Hochebenen Äthiopiens. Die weni-
gen Hundert Wölfe verteilen sich auf
sechs voneinander isolierte Gebiete –
und diese schrumpfen immer mehr,
da zunehmend mehr Menschen in das
einstmals unbeachtete Territorium
von Ky Kebero eindringen und dort
siedeln. Und je kleiner der Lebens-
raum wird, umso weniger Beute tiere
gibt es und folglich umso weniger
Äthiopische Wölfe. Darüber hinaus
gefährden ihn auch die mit den Men-
schen kommenden Haushunde, da
diese Krankheiten wie Staupe und
Tollwut übertragen.
ÄTHIOPIEN
Aktionsplan für den roten Wolf
Um Ky Kebero in Äthiopien vor dem
Aussterben zu bewahren, haben die
Weltnaturschutzorganisation IUCN
sowie eine Reihe von Naturschutz-
und Nichtregierungsorganisationen,
darunter auch die ZGF, einen neuen
Aktionsplan erarbeitet. Ziel dieses
Plans ist nicht nur die Rettung von Ky
Kebero, sondern der Schutz des ge-
samten afroalpinen Ökosystems, zum
Nutzen aller dort lebenden Pflanzen,
Tiere und Menschen. Der Plan gibt
mit zahlreichen Karten und Grafiken
einen sehr guten Überblick über al-
les, was man über den Äthiopischen
Wolf weiß und ist somit ein abso-
lut lesenswertes Werk für jeden, den
diese besonderen Tiere interessieren.
Die Äthiopischen Wölfe haben übri-
gens bereits aktiv zum Erreichen des
Ziels in dem für sie bestimmten Ak-
tionsplan beigetragen: mit 40 quick-
lebendigen Wolfswelpen, die derzeit
in den Bale-Berge herumtollen.
Strategic Planning for Ethiopian Wolf
Conservation
Canid Specialist Group
IUCN / Species Survival Commision
Ú www.ethiopianwolf.org/SPEWC.pdf
Äthiopischer Wolf mit Beute.
DR KONGO
Bluthunde für Virunga
E s gibt Hunde, denen entgeht nichts.
Die begabtesten Schnüffler kön-
nen eine einzelne Fährte aus bis zu
fünf Millionen Gerüchen herausfiltern
und gehören der belgischen Rasse
Chiens de St. Hubert, zu Deutsch Blut-
hunde, an.
Im Virunga Nationalpark in der De-
mokratischen Republik Kongo macht
man sich nun im Kampf gegen die
Wilderei diese einzigartigen Fähigkei-
ten der Hunde zunutze. Die Schwei-
zer Tierärztin Dr. Marlene Zähner und
drei deutsche Polizisten bilden seit
etwa einem Jahr fünf Bluthunde im
sogenannten Man-trailing aus. Die
Hunde lernen menschliche Fährten
zu verfolgen, während ihre kongole-
sischen Hundeführer wiederum den
Umgang mit den temperamentvollen
Tieren lernen.
Künftig sollen fünf Man-trailing
Teams, jeweils bestehend aus einem
Ranger und einem Bluthund, vor
allem Wilderer verfolgen, aber auch
dabei helfen, verletzte Ranger schnel-
ler aufzuspüren. Es gab bereits erste
Erfolge: Wilderer die einen Elefanten
getötet und seinen Kopf abgeschnit-
ten hatten, wurden sogar mehrere
Tage nach ihrer Tat von den Bluthun-
den aufgespürt. Es gelang den Wilde-
rern zwar zu fliehen, doch ihre Waffen
mussten sie zurücklassen.
Ú http://congohounds.gorillacd.org/
Bluthunde sind erstklassige Schnüffler.
Foto
: Syl
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: J-L
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OKA
PIA
5ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AKTUELLES | WELTWEIT
P rinzipiell ist unser Ansatz im Naturschutz nicht der
Schutz einzelner Arten, etwa der Gorillas oder der
Nashörner, vielmehr geht es uns bei der ZGF immer um
die Erhaltung des Ökosystems, des Nationalparks, des
Wildnisgebietes in dem wir arbeiten. Das heißt selbst-
verständlich nicht, dass wir uns nicht um diese einzelnen
stark bedrohten Arten sorgen oder kümmern würden.
Ganz im Gegenteil. Wir alle sind Biologen bzw. Natur-
schützer aus Überzeugung und mit ganzem Herzen –
Nashörner oder Gorillas sind uns eine Herzenssache.
Aber nur wenn es diesen Arten in ihrer natürlichen Um-
gebung gut geht, wissen wir, dass wir das Richtige tun
und mit unserer Arbeit erfolgreich sind.
2011 wurden in Südafrika 448 Nashörner gewildert. Und
wenn es so weitergeht, dann wird diese Anzahl im Jahr
Nicht immeerr isist im Natururschuhutz klar, wwelchches der rrichtiggee Weg g ist, um eieine AArt zu rettenenn.
Während SSüüddafrika sichch dafafür starkk macchht, den HHandelel mit HHorn zu erlrlauubben, um diee
Nashornn-WWilderei einnzudädämmen, isist eiinn Großteeiil der NNaturrsschützer sstrikktt dagegen.
Hugo vvanan der Wesththuizezen erläutteert, wwo die ZGZGF in ddieieser r FFrage steheht.
2012 wahrscheinlich sogar noch übertroffen. Weltweit
wird unter den Experten heftigst darüber diskutiert, wie
man dieser Wilderei Herr werden kann. Die Vorschläge
reichen von der Enthornung der Tiere über die Legali-
sierung des Handels mit Nasenhorn bis hin zur massiven
Einzäunung und Bewachung der Parks mit militärischen
Gerätschaften. Sogar die Möglichkeit, die Nasenhörner
lebender Tiere zu vergiften, wird diskutiert.
Es gibt aber leider kein Patentrezept für die Beendigung
der Nashornkrise, denn das Problem ist sehr vielschich-
tig und komplex. Die Armut in den afrikanischen Län-
dern und die Aussicht auf das schnelle Geld treiben die
Wilderei genauso an wie die tief verwurzelte traditionelle
Überzeugung über den Nutzen des Horns auf der Abneh-
merseite in Asien. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung
Wie soll die Zukunft der Nashörner aussehen? Streg bewacht in eingezäunten Arealen oder frei, in großen unzugänglichen Wildnisge-
bieten? Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die wilden Nashornpopulationen, die es noch gibt, sehr viel besser geschützt werden und dass ihre
Lebensräume erhalten bleiben. Das heißt, wir müssen den Schutz der entsprechenden großen Wildnisgebiete in Afrika noch weiter verbessern.
6 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
in den Abnehmerländern schnell wächst und wenig in-
formiert ist. Dort wird der illegale Handel mit dem Horn
von Kriminellen professionell organisiert und betrieben.
HANDEL LEGALISIEREN - JA ODER NEIN?
Nashorn ist nicht gleich Nashorn. Weltweit gibt es fünf
Nashornarten, drei davon leben in Asien (Java-, Sumatra-
und Indisches Nashorn) und zwei in Afrika (Breit- und
Spitzmaulnashorn). Wir müssen uns bewusst sein, dass
unser Eingreifen zum Erhalt einer bestimmten Art in ei-
ner Region durchaus Auswirkungen für die anderen Arten
in anderen Regionen haben kann. Sprich, lokale Maßnah-
men können globale Auswirkungen haben.
Die momentan am heftigsten umstrittene Frage ist, ob
der Handel mit Rhinozeroshorn zu einem gewissen Grad
legalisiert werden sollte oder nicht. Für eine Legalisie-
rung spricht, dass man prinzipiell den lebenden Tieren
die Hörner absägen kann. Die Nasenhörner mancher
Arten wachsen etwa fünf Zentimeter im Jahr und man
könnte Nasenhorn als eine Art nachwachsenden Rohstoff
verstehen und nutzen. Einnahmen aus dem Verkauf die-
ser Hörner könnten dann in die Erhaltung der ganzen Art
reinvestiert werden. Die Befürworter argumentieren, dass
ein geregelter Markt zudem dazu führen würde, dass die
Preise sinken. Auf diese Weise würde sich der Anreiz ver-
ringern, Nashörner wegen ihres Horns zu wildern.
Wenn man die Südlichen Breitmaulnashörner im Blick
hat, dann macht diese Überlegung eventuell Sinn. Es
überrascht also nicht, dass vor allem die privaten Wild-
tierfarmen in Südafrika, die ein massives wirtschaftliches
Interesse an den Nashörnern haben, diesen Vorschlag be-
fürworten.
FÜR DIE EINE ART GUT, FÜR DIE ANDERE EINE KATASTROPHE
Ende des letzten Jahrhunderts gab es nicht mal mehr 100
wildlebende Südliche Breitmaulnashörner und beinahe
wären sie ausgestorben. Dank intensiven Schutzes kam
diese Art aber wieder auf die Beine und ist heutzutage mit
ca. 18.000 Tieren die zahlenmäßig stärkste Nashornunter-
art. Das Besondere an dieser Geschichte ist die Tatsache,
dass die südafrikanische Privatwirtschaft eine entschei-
dende Rolle bei der Vergrößerung der Population gespielt
hat. Der Bestand der Breitmaulnashörner wuchs in dem
Maße, wie privates Land in Wildtierfarmen umgewandelt
wurde, weil auf diese Weise letztendlich insgesamt mehr
Land für Wildtiere zur Verfügung stand.
Was in der Vergangenheit bei den Breitmaulnashörnern
in Südafrika gut funktioniert hat, muss nicht automatisch
auch bei anderen Arten in anderen Regionen der Welt
funktionieren. Die Besitzverhältnisse und die Eigentums-
rechte sind in den einzelnen Ländern sehr unterschied-
lich. Es kann also gut sein, dass ein legaler Handel von
Nasenhorn für weiteres Wachstum der Breitmaulnas-
hornbestände in Südafrika sorgt, weil es ein starkes wirt-
schaftliches Interesse der privaten Nashornbesitzer gibt.
Für die Spitzmaulnashörner in Sambia oder die Sumatra-
nashörner in Indonesien hingegen kann ein legaler Han-
del genau den gegenteiligen Effekt haben. Denn von ihnen
gibt es jeweils sehr wenige, sie sind im Besitz des Staates
und privaten Landbesitz in dem Maße gibt es dort nicht.
Foto
: Oka
pia/
imag
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ker/
Pet
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alen
tin
7ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
Für uns als ZGF steht die Erhaltung
großer Wildnisgebiete mit wild-
lebenden Populationen im Vorder-
grund. Legaler Nasenhornhandel
wird hierzu nicht beitragen, weil er
der Haltung von Nashörnern in ein-
gezäunten Gebieten und unter zoo-
ähnlichen Bedingungen Vorschub
leisten würde. Denn in kleinen, gut
überwachten Gebieten ist es ein-
facher, die Sicherheit der Tiere zu
gewährleisten und das Horn zu „ern-
ten“. Diese Art der Haltung, ein re-
gelrechtes „Farming“, würde die
Anzahl an Tieren wahrscheinlich
deutlich erhöhen, es würde aber we-
der dafür sorgen, dass der natürliche
Lebensraum besser geschützt wäre
noch dass die wirklich wilden Populationen eine höhere
Überlebens chance hätten. Darüber hinaus hat man sich
bislang keine Gedanken gemacht, wie das in einem pri-
vaten Nasenhornhandel erwirtschaftete Geld überhaupt
zurück in den Naturschutz fließen könnte, vor allem in
die kostspielige Erhaltung großer Schutzgebiete.
Ein zentraler Punkt in einem potenziellen Nasenhorn-
handel wäre, dass man sehr zuverlässige Kontrollsysteme
bräuchte, um zu verhindern, dass illegal gewonnenes
Nasen horn auf den legalen Markt kommt. Weder die Län-
der, aus denen Nasenhorn kommt, noch die Länder, in de-
nen es konsumiert wird, dürften bislang in der Lage sein,
entsprechende Kontrollsysteme schnell einzuführen und
verlässlich zu überwachen.
Über all das hinaus stellt sich die
Frage, welche Signalwirkung ein le-
galer Handel für den asiatischen
Markt hätte. Würde es die Nachfrage
vergrößern, weil nun auch dieje-
nige zu Horn greifen würden, die es
sich bislang nicht illegal beschaffen
wollten? Würde eine Legalisierung
quasi per Definition eine Wirksam-
keit des Horns als Medikament be-
stätigen?
Wir stehen ganz klar für die Erhal-
tung der fünf Nashornarten in frei-
lebenden Populationen und zwar
in ihren natürlichen Lebensräumen.
Das Management einer der fünf Ar-
ten darf keine negativen Effekte für eine der anderen
Nashornarten haben. Unter Abwägung aller momentan
vorhandenen Informationen ist für uns als ZGF klar: ein
legaler Nasenhornhandel ist keine Option zur Rettung der
Nashörner.
Für uns hat der Schutz der noch vorhandenen und wildle-
benden Populationen höchste Priorität, und hier konzen-
trieren wir uns auf Tansania, Sambia und Simbabwe. Die
Unterstützung der für die Sicherheit der Nashörner dort
zuständigen nationalen Stellen (z. B. Parkbehörden) ist
der Schwerpunkt unserer Arbeit seit vielen Jahrzehnten.
Rangertraining, Ausbildung, technische Unterstützung,
Bereitstellung von Ausrüstung, Unterstützung beim Ma-
nagement eines Gebiets oder bestimmter Populationen –
das ist die Kernkompetenz der ZGF. Direkt vor Ort und
als Partner des Parks.
Daher werden wir uns noch stärker darauf konzentrieren,
die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Parkbehör-
den in den entsprechenden Ländern zu verbessern, damit
sie die Nashörner sowie andere Tiere in ihren Schutzge-
bieten noch effektiver beschützen können.
Damit diese Schutzbemühungen auch vom anderen Ende
her langfristig erfolgreich sind, muss es Aufklärungskam-
pagnen in den asiatischen Verbraucherländern geben, die
dabei helfen, den potenziellen Nasenhornkäufern die Zu-
sammenhänge zwischen ihrem Konsum und den abneh-
menden Nashornbeständen klarzumachen. Das ist ein
immenses Unterfangen, das wir als eine Organisation, die
sich auf die unmittelbare Arbeit vor Ort im Feld konzen-
triert, nicht leisten können. Dieser Aufgabe werden sich
die großen, kampagnenorientierten Naturschutzorganisa-
tionen stellen müssen. Aber auch die Regierungen der
Nashorn- wie der Abnehmerländer müssen schnell und
entschlossen Maßnahmen ergreifen.
--------------
Hugo van der Westhuizen leitet das Gonarezhou Conser-
vation Project der ZGF in Simbabwe. Er ist Mitglied der
Steuerungsgruppe für die ZGF und koordiniert die Arbeit
der ZGF-internen Arbeitsgruppe „Nashörner“.
0
100
200
300
400
500
2008 2009 2010 2011 2012 (15. April)
13
83
122
333
448
2007
171
Quelle: South African National Parks, rhinoconservation.org
ANZAHL DER GEWILDERTEN NASHÖRNER IN SÜDAFRIKA VON 2007 BIS APRIL 2012
„Wir als ZGF stehen ganz
klar für die Erhaltung der
Nashörner in freilebenden
Populationen in ihren
natürlichen Lebensräumen.
Ein Nasenhornhandel ist
keine Option zur Rettung der
Nashörner.“
8 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
„ Eine fatale
Kombination aus
hoher Nachfrage
und einfacheren
Handelswegen“
Güteraustausch erleichtern den Handel. Das heißt: Der
Aufwand, das Nasenhorn auf illegalen Kanälen zu ver-
markten, ist gesunken, die Rendite gestiegen.
Hinzu kommt, dass es offensichtlich auch Marktverhal-
ten gibt, das nicht immer den einfachen Regeln folgt. Sas-
Rolfes gibt an, dass bei steigendem Preis die Nachfrage
abnimmt. Nur, genau das ist beim Nasenhorn nicht der
Fall gewesen. Im Gegenteil: Der Kilopreis stieg um das
Zwanzigtausendfache und die Zahl der gewilderten Tiere
verdoppelte sich innerhalb eines Jahres. Dass es eine Ver-
knappung des Angebots ist und nicht eine Steigerung der
Nachfrage, die zur enormen Preissteigerung führte, ist
eher unwahrscheinlich.
Handelsverbote haben in vielen Fällen den Rückgang von
Arten nicht aufhalten können. Aber: Wer weiß, ob der
Niedergang bei freiem Handel nicht viel schneller erfolgt
wäre? Eine Handelsfreigabe würde, wenn auch unge-
wollt, ein zusätzliches Signal aussenden: Sie würde Wirk-
samkeit suggerieren. Da die bisherigen Studien keine
klare Wirksamkeit belegen, wäre dies extrem unfair all
den kranken Menschen gegenüber, die Nasenhorn mit
der Hoffnung auf Heilung konsumieren. Glauben zu be-
einflussen kann schwieriger sein als Wissen zu verän-
dern, und doch muss unbedingt die Nachfrage verringert
werden, wenn die Nashörner eine Chance haben sollen.
Und den Behörden in den Abnehmerländern muss be-
wusst werden, dass sie eine globale Verantwortung für
Fortbestand oder Untergang eines der größten Landsäu-
getiere dieser Erde haben.
Mit unserem Schwerpunkt der praktischen Naturschutz-
arbeit in Afrika können wir als ZGF nicht die notwendige
Herkulesaufgabe eines Bewusstseinswandels in China
oder anderen asiatischen Staaten übernehmen. Oder dazu
beizutragen, dass national und international Handels-
wege mit strengen Kontrollen und Strafen trockengelegt
werden. Aber wir stellen uns unserer Verantwortung beim
Schutz freilebender Nashörner in Tansania und Sambia
und werden unser Möglichstes tun, diese unglaublich ein-
drucksvollen Tiere und ihre Lebensräume zu erhalten.
W er hätte gedacht, dass die wirtschaftliche Entwick-
lung in Asien den Nashörnern in Afrika zum Verhäng-
nis wird? Die Kaufkraft im Fernen Osten kombiniert mit
Jahrhunderte altem Glauben an die medizinische Wirkung
des Nasenhorns, haben, wie es der Marktanalyst Michael
`t Sas-Rolfes nachfolgend beschreibt, zu einem Markt mit
einem schwachen Angebot und einer sehr starken Nach-
frage geführt, bei dem der Preis fast zwangsläufig uferlos
nach oben schießt. Eigentlich ein Traum für jeden Unter-
nehmer. In diesem Fall aber ein Albtraum für den Liefe-
ranten, das Nashorn. Mit einer gezielten Zucht der Tiere
– so wird von Ökonomenseite argumentiert – einer scho-
nenden Enthornung, der Verwendung der Hörner natürlich
verendeter Tiere und einem kontrollierten legalen Handel,
steige das Angebot, der Preis sinke und die Erträge für Wil-
derer somit ebenfalls. Die Nashörner würden sicherer.
Südafrikas Umweltministerin Edna Molewa hat Anfang
April verlauten lassen, dass Südafrika einen Antrag für
eine bedingte Handelsfreigabe an die nächste CITES-Kon-
ferenz im März 2013 in Thailand vorbereite. Im Moment
würden alle Für- und Wider-Argumente sowie die Rah-
menbedingungen geprüft, so die Ministerin.
Was aber, wenn auch ein größeres Angebot mit der Nach-
frage nicht mithalten kann? Wenn Kunden hinzukommen,
die sich bisher von einem illegalen Produkt ferngehalten
haben? Wenn Werbung für das (legale) Produkt gemacht
wird? Wenn neue Märkte entstehen, z.B. bei der wachsen-
den chinesischen Bevölkerung in Afrika selbst? Was, wenn
es billiger ist, ein freilebendes Nashorn zu töten, als die
Tiere auf Farmen zu züchten? Und wie soll überhaupt der
illegale vom legalen Handel getrennt werden, wenn das
schon bei Tropenholz oder Elfenbein nicht gelingt?
Neben der Nachfrage gibt es einen zweiten Faktor, der
zur geradezu explosionsartigen Entwicklung der Situa-
tion in den letzten vier Jahren beigetragen hat: Wilderei
und Handel scheinen einfacher zu werden, denn bessere
Handynetze und Internetverbindung selbst in den entle-
gensten Gebieten erlauben koordinierte Aktionen. Mehr
und bessere Flugverbindungen sowie mehr Personal- und
Dr. Christof Schenck
9ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der gewilderten Nashörner vor allem in Südafrika,
wo weltweit die meisten Nashörner leben, dramatisch gestiegen. Selbst sicher geglaubte
Bestände sind das Ziel immer aggressiverer Wilderei. Befeuert wird diese von einem offen-
bar attraktiven und wachsenden Markt für Nasenhorn. Naturschutzorganisationen wie die
ZGF lehnen eine Legalisierung des Handels ab. Doch die Zusammenhänge sind komplex
und querdenken muss erlaubt sein, um eine Lösung zu fi nden.
Michael ‘t Sas-Rolfes beleuchtet die Entwicklungen des Marktes für das Nasenhorn
aus Sicht eines Ökonomen.
DIE NASHORNKRISE
–
EINE MARKTANALYSE
Foto
: Mar
tin H
arve
y
10 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
Durch ein internationales Handelsverbot im Rahmen des
Artenschutzabkommens CITES (Convention on Internati-
onal Trade of Endangered Species) wird bereits seit 1977
versucht, den Markt für Nasenhorn auszutrocknen. Lei-
der ist es damit nicht gelungen, den Handel zu unterbin-
den, vielmehr ist er in den Untergrund getrieben worden,
mit der Konsequenz, dass es fast unmöglich ist, an zuver-
lässige Daten für eine Marktanalyse zu kommen. Nichts-
destotrotz glaube ich, dass wir genug wissen, um zu
erklären, was im Moment abläuft und warum.
WAS TREIBT DIE NASHORNWILDEREI UND DEN ILLEGALEN HANDEL AN?
Wilderer agieren mit der Aussicht auf Profit. Je größer
der zu erwartende Profit, desto größer ist der Anreiz zu
wildern. Dasselbe gilt auch für die Händler. Das heißt,
das Ausmaß in dem Wilderei und illegaler Handel statt-
finden, hängt zum einen vom Preis ab, den der Endver-
braucher bereit ist zu bezahlen und zum anderen von
den „Betriebskosten“, die für das Wildern und den Han-
del anfallen.
Für Wilderer und Schmuggler zählt in der Regel das, was
sie direkt und unmittelbar verdienen können. Die Mög-
lichkeit, dass sie eventuell auch erwischt und potenziell
bestraft werden könnten, wird meist ausgeblendet. Das
heißt, je wahrscheinlicher es wird, dass sie geschnappt
werden bevor sie ein Nashorn erreichen und töten kön-
nen, desto mehr wird ihre Aussicht auf guten Profit ge-
mindert, das Risiko ihrer „Investition“ in die Wilderei
steigt folglich.
Wenn die Wahrscheinlichkeit geschnappt zu werden je-
doch gering ist, dann halten selbst schwerwiegende Stra-
fen (inklusive Todesstrafe) die Wilderer nicht davon ab,
Nashörner zu töten. Ähnliches gilt für alle anderen Betei-
ligten in der illegalen Handelskette.
Die Preise sind der wichtigste Indikator dafür, was in
einem Markt geschieht. Sie spiegeln die Verfügbarkeit be-
stimmter Produkte wider. Preise, die im Vergleich zu an-
deren Produkten (oder zu früheren Preisen) hoch sind,
zeigen an, dass ein Produkt relativ rar ist.
Nasenhorn – schon immer begehrt
Um die Attraktivität von Nasenhorn zu verstehen, müs-
sen wir in die Geschichte zurückblicken. Aus archäolo-
gischen Funden und historischen Aufzeichnungen wissen
wir, dass Nashörner in vielen Teilen der Welt gejagt wur-
den. Nashornfleisch war ein begehrtes Nahrungsmittel
– von den frühen Jägern der Eiszeit, die in Europa das
Wollnashorn gejagt haben, bis hin zu den englischen und
niederländischen Siedlern in Südafrika im 19. Jahrhun-
dert. Obwohl die Nashörner wegen ihres Fleisches er-
legt wurden, fanden die Jäger natürlich für alle Teile des
Tieres Verwendung, beispielsweise zu dekorativen oder
medizinischen Zwecken. In den Jäger- und Sammler-
Gesellschaften brachte es einem Jäger hohes Ansehen,
ein derart großes und gefährliches Tier zu erlegen. Man
kann sich also vorstellen, warum das Horn sowie Pro-
dukte aus Nasenhorn zu Statussymbolen wurden, stets
umgeben mit der Aura des Mystischen.
Die besondere Ästhetik des Nasenhorns machte es für den
Gebrauch im Kunsthandwerk schon immer sehr attraktiv.
Beispiele hierfür reichen von jemenitischen Dolchgriffen
bis hin zu handgeschnitzten Schalen aus Asien (beson-
ders China) und Europa. Früher besaßen nur Mitglieder
der Oberschicht derartige Objekte.
Da das Horn darüber hinaus Bestandteile enthält, die mit
Alkaloiden reagieren, haben adelige Europäer und Asiaten
gerne Behälter aus Nasenhorn verwendet, um vermeint-
liche Gifte aufzuspüren. Und wahrscheinlich ist es diese Ei-
genschaft, die dazu führte, dass dem Nasenhorn heilende
Kräfte nachgesagt werden. Diese mutmaßlichen Heilkräfte
waren der Grund für die große Nachfrage nach Nasenhorn
– und zwar nicht allein in Asien, sondern auch in Europa,
wo es auch als „Horn des Einhorns“ gehandelt wurde.
Traditionelle Medizin seit 2000 Jahren
Nasenhörner werden in der traditionellen chinesischen
Medizin (TCM) bereits seit mehr als 2000 Jahren verwen-
det. Typischerweise wurde Nasenhorn, in Kombination
mit bestimmten Kräutern, als sogenannte „kalte Medi-
zin“ verschrieben, um Entzündungen, Fieber und andere
Beschwerden zu heilen, die mit Gift und erhöhter Kör-
pertemperatur in Verbindung gebracht wurden. Wie bei
anderen TCM-Praktiken auch, hat sich diese Anwendung
des Horns, wahrscheinlich über Jahrtausende hinweg
entwickelt. TCM ist heute in Asien ein anerkannter Teil-
bereich der Medizin, mit strenger Ausbildung und Zulas-
sung, und hat auch in den westlichen Gesellschaften, wo
Anwendungen wie Akupunktur und Kräuterpräparate im-
mer beliebter werden, immer mehr Anhänger.
11ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
MARKTGRÖSSE UND PREISE
In einem Markt gibt es zwei Variablen. Die eine ist die An-
zahl der Menschen, die daran interessiert sind, ein Pro-
dukt in der gewünschten Menge zu kaufen. Hier geht es
um die Quantität. Die andere ist der Preis, den diese Men-
schen dafür bereit sind zu bezahlen. Diese zwei Größen
bedingen sich gegenseitig: Je niedriger der Preis, desto
höher die Nachfrage; wenn die Preise steigen, nimmt die
Nachfrage ab.
Es gibt zwei Aspekte des Nasenhornmarktes, die dem Na-
turschutz zu denken geben sollten, über die man aber
wenig weiß: Das eine ist die Marktgröße (gemessen am
Gesamtmarktwert), das andere die stabile Nachfrage trotz
steigender Preise (gemessen an der sog. Preiselastizität).
Statt von der Nachfrage nach Nasenhorn zu sprechen,
ist es sinnvoller, die Marktgröße, respektive ihren Wert
(durchschnittlicher Preis mal gehandelter Menge) zu
betrachten. Ein hypothetischer Markt, auf dem jährlich
zehn Tonnen Nasenhorn zu einem durchschnittlichen
Preis von 1.000 US-Dollar pro Tonne gehandelt werden,
ist de facto genauso groß, wie ein Markt, auf dem jähr-
lich 100 Tonnen für nur 100 US-Dollar pro Tonne ge-
handelt werden. Der Gesamtwert beider Märkte beträgt
10.000 US-Dollar. Würde nun der Durchschnittspreis
des ersten Marktes auf 1.200 US-Dollar pro Tonne und
Jahr ansteigen, hätte der erste Markt einen höheren Wert
(12.000 US-Dollar) als der zweite, obwohl nur ein Zehn-
tel der Gesamtproduktmenge gehandelt wird. Da es die
Rentabilität ist, die die Wilderei und den illegalen Han-
del anheizt, stehen wir hier vor einem interessanten As-
pekt: Ein Markt von hohem Wert, der kleinere Mengen
bewegt, kann tatsächlich eine größere Bedrohung dar-
stellen als ein Markt mit niedrigerem Wert, der größere
Mengen handelt.
DIE ENTWICKLUNG DES MARKTES FÜR NASENHORN
Da der weltweite Markt für Nasenhorn schon seit über
drei Jahrzehnten illegal ist, bekommt man leider keine
verlässlichen und statistisch relevanten Daten. Doch die
Forschungsarbeit von Esmond Martin und anderen, die
für Organisationen wie TRAFFIC arbeiten, liefert uns ei-
niges an Hinweisen.
Vor dem CITES-Verbot von 1977 wurden Nashörner in
Afrika stark gejagt, ihr Horn wurde vorwiegend nach
Asien und in den Mittleren Osten exportiert. In den
1960er- und 70er-Jahren war vor allem der jemenitische
Markt für zeremonielle Dolche für die große Nachfrage
nach Nasenhorn aus Ostafrika verantwortlich. Der Jemen
profitierte vom Boom der saudischen Ölwirtschaft, die
Einkommen stiegen und immer mehr jemenitische Män-
ner konnten sich Nasenhorn-Dolche als Statussymbole
leisten. Dies wiederum führte zu einem akuten Anstieg
der Nashornwilderei in den ostafrikanischen Ländern
Äthiopien, Somalia, Sudan und Kenia.
Jetzt ist es nicht so, dass man in China überall Nasen-
horn kaufen könnte – trotz des verbreiteten Glaubens an
seine Heilkraft. China hat klare Gesetze, die die Nutzung
von Nasenhorn verbieten und die werden auch strikt um-
gesetzt. Daher wird es nur heimlich verwendet und ge-
handelt. Im benachbarten Vietnam werden die Gesetze
jedoch lockerer gehandhabt. Neuere Untersuchungen in
Vietnam haben gezeigt, dass der Glaube an die Wirksam-
keit von Nasenhorn sowie die anderer tierischer Produkte
dort weitverbreitet ist und dass vor allem hochrangige
Mitglieder der Gesellschaft diese Produkte kaufen.
Doch beim Nasenhorn geht es in diesen Ländern nicht
nur um „Medizin“. Es ist eine komplexe Mischung aus
Ästhetik, Statussymbolik, tief verwurzelten Heilungstra-
ditionen sowie kulturellen Aspekten, die zur Wertschät-
zung des Horns beiträgt. Erst wenn es uns gelingt, diese
tiefsitzende kulturelle Affinität zu verstehen – und wir
wegkommen von unseren populistischen westlichen An-
sichten, dass das Nasenhorn in Asien nur aufgrund seiner
aphrodisierenden Wirkung oder als Wundermittel gegen
Krebs konsumiert würde, gibt es eine Chance auf einen
echten Dialog und eine vernünftige und dauerhafte Lö-
sung für das Wildereiproblem.
Spitzmaulnashorn Südl. Breitmaulnashorn
17-75 477-764$
1.200-3.075$
65.000$
Kilopreis für Nasenhorn (in $ US)$
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010
ENTWICKLUNG DER AFRIKANISCHEN NASHORN-BESTÄNDE 1970 BIS HEUTE SOWIE DES SCHWARZ-MARKTPREISES FÜR HORN
Anzahl Tiere
60.000
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
0
ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
12
Einige Länder mit vielen Abnehmern für Nasenhorn sind
CITES nicht sofort beigetreten, weshalb es von dort Da-
ten über die Preisentwicklung nach dem Verbot von 1977
gibt. Offizielle Importdaten von Japan, Taiwan und Süd-
korea zeigen eine signifikante Preissteigerung in den Jah-
ren nach 1977. Die Daten aus dem Jemen zeigen, dass die
Preisspanne für Nasenhorn vor dem Verbot bei ca. 17 bis
75 US-Dollar pro Kilo lag. Bis 1980 ist der Kilopreis auf
ca. 477 bis 764 US-Dollar angestiegen.
Das Verbot von 1977 schaffte es nicht, die Wilderei merk-
lich zu verringern. Die Spitzmaulnashornpopulation Afri-
kas wurde weiter dezimiert; die geschätzte Anzahl nahm
von ca. 12.750 Tieren im Jahr 1981 auf 2.550 im Jahr 1993
ab. In dieser Zeit schrumpfte die Population in Tansania,
Simbabwe und Sambia drastisch – in Sambia wurden die
Spitzmaulnashörner sogar vollständig ausgerottet. 1991
zeigte eine verdeckte Untersuchung in Taiwan, dass der
durchschnittliche Schwarzmarktpreis für afrikanisches
Nasenhorn dort bei ca. 3.075 US-Dollar pro Kilo lag, der
Kilopreis für asiatisches Nasenhorn sogar bei ca. 60.025
US-Dollar. Im Jemen bewegte sich der Kilopreis für afri-
kanisches Horn in den frühen 1990er-Jahren bei rund ca.
1.200 US-Dollar.
Wendepunkt Mitte der 90er Jahre
Mitte der 1990er-Jahre kam ein Wendepunkt für die
Nashörner. 1994 brach im Jemen der Bürgerkrieg aus, der
die Wirtschaft stark beeinträchtigte. Mehrere ost asiatische
Staaten gaben dem politischen Druck der USA nach und
verboten die Verwendung von Nasenhorn in Medika-
menten. In Südkorea stieg der Verkaufspreis aufgrund
strenger Verbotsüberwachung auf das Doppelte und der
Verkauf von Nasenhornprodukten ging langsam zurück.
Es wurden in der Folge weniger Nashörner gewildert
und der Niedergang der afrikanischen Spitzmaulnashorn-
population verlangsamte sich.
90 Prozent der afrikanischen Nashörner, die nach der
verheerenden Wildereiwelle noch übrig waren, konzen-
trierten sich auf drei Ländern: Südafrika, Namibia und
Simbabwe. Diese Populationen waren besser geschützt
worden. Aufgrund von besseren Organisationsstrukturen
und mehr Geld waren die Naturschutzbehörden sowie
die privaten Landbesitzer in Südafrika hier in einer we-
sentlich besseren Ausgangssituation als ihre nördlichen
Nachbarn. Als die Wilderei in den frühen 1990er-Jahren
in Südafrika anzusteigen begann, konnte das durch ent-
schiedene Gegenmaßnahmen erfolgreich eingedämmt
werden.
Zwischen 1995 und 2007 war die Wilderei auf einem ver-
nachlässigbaren Niveau, aber was auf dem Verbraucher-
markt für Horn in der Zeit los war, darüber habe ich nur
sehr wenig Informationen.
WAS HAT DIE DERZEITIGE WILDEREIKRISE VERURSACHT?
2003 besuchten erstmals vietnamesische Staatsange hörige
Südafrika, um dort auf Trophäenjagd zu gehen und Breit-
Im 19. Jahrhundert waren beide Nashornarten in Afrika – Spitzmaul- und Breitmaulnashorn – weit verbreitet und häufig. Auch wenn es keine
exakten Bestandsdaten gibt, lassen die Berichte der frühen Naturforscher sowie der Großwildjäger darauf schließen, dass es Zehntausende waren.
W.C. Harris beschreibt 1838 von einer Jagdreise durchs südliche Afrika dass er 60 Spitzmaulnashörner an einem Tag gesehen habe. In nur wenigen
Jahrzehnten wurden die Bestände fast vollständig abgeschossen. Die letzten beiden Breitmaulnashörner im nördlichen Simbabwe wurden 1893
erlegt – um Material für die englischen Museen sicherzustellen.
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PIA
ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012 13
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
maulnashörner zu schießen (dies ist der einzige legale
Weg, um unter den CITES-Bestimmungen Nasenhorn zu
exportieren). In den darauf folgenden Jahren kamen im-
mer mehr vietnamesische „Jäger“. Als es offensichtlich
wurde, dass sie ausschließlich daran interessiert waren,
Nasenhorn zu beschaffen, griff die südafrikanische Re-
gierung ein. Unter anderem verschärfte man die Auflagen
zum Umgang mit Nashörnern und Nasenhorn, begrenzte
die Anzahl von Trophäen, die pro Person exportiert wer-
den dürfen und setzte den Binnenhandel mit Nasenhorn
aus. Letzterer war bis zu diesem Zeitpunkt legal gewesen.
Unmittelbar nach diesen Verschärfungen stieg die Wilde-
rei rapide an.
Wie sich zeigte, ist der Marktpreis von Nasenhorn in Viet-
nam seither auf ein außergewöhnliches Niveau gestiegen:
Er soll 2011 im Durchschnitt bei ca. 65.000-US Dollar pro
Kilo gelegen haben. Kein Wunder, dass derartige Preise
das organisierte Verbrechen auf den Plan gerufen haben.
Daraufhin sind gut organisierte Kriminelle in den Nasen-
hornmarkt eingestiegen, was sich an der Professionalität
und den Methoden zeigt, die im illegalen Handel inzwi-
schen an den Tag gelegt werden.
Der Markt hat sich neu sortiert undder Preis steigt
Was geschah also zwischen Mitte der 90er-Jahre und
2007? Woher kam die plötzliche gesteigerte Nachfrage?
Tom Milliken von TRAFFIC geht davon aus, dass das Han-
delsverbot ab Mitte der 90er-Jahre funktioniert hat, dass
es aber unterminiert wurde, als in Vietnam das Gerücht
aufkam, Nasenhorn könne ein Heilmittel gegen Krebs
sein. Auf diese Weise entstand ein völlig neuer Markt. In
Vietnam wird Nasenhorn für diverse Krankheiten ein-
gesetzt und teilweise sogar bei so trivialen Dingen wie
einem Kater verabreicht. Zudem gelten die Hörner als
wertvolle Geschenke. Eine Lieferung von Nasenhorn, die
letztes Jahr in Hongkong abgefangen wurde, war auf dem
Weg nach China. Milliken mutmaßt, dass sie für die Kunst-
handwerks-Industrie bestimmt war.
Ich persönlich finde die derzeitigen Marktaktivitäten
nicht ungewöhnlich. Der Markt hat sich anhand von An-
gebot und Nachfrage neu sortiert. Nasenhorn ist und
bleibt in Südostasien ein äußerst begehrtes Produkt – und
zwar aufgrund derselben komplexen Mischung kulturel-
ler Gründe, die es schon immer gab. Dass Vietnam ein
derart wichtiger Markt geworden ist, ist ebenfalls nicht
überraschend. Seit den frühen 90ern wächst die vietna-
mesische Wirtschaft stark und es liegt nahe, dass mehr
Menschen nun das Geld haben, sich solche Statussymbole
zu kaufen. Aufgrund der laxeren Gesetze sowie der lan-
gen gemeinsamen Grenze mit China war das Land wohl
aber ursprünglich eine Art Zwischenlager für Horn, das
eigentlich für China bestimmt war.
Wenn wir uns also den Nasenhornmarkt anschauen, se-
hen wir einen eindeutigen Trend: einen dramatischen
Anstieg des Marktpreises. Die Botschaft ist eindeutig: Na-
senhorn ist ein Rohstoff mit steigendem Seltenheitswert.
Die Nachfrage steigt schneller als das potenzielle Angebot
und unter einem Handelsverbot wird das so bleiben, was
dazu führen wird, dass die Marktpreise weiterhin anstei-
gen werden. Diese Tatsache macht den Nasenhornmarkt
zunehmend attraktiv für spekulative Investoren.
Die Vorräte an Nasenhorn gingen zur Neige, neue Vertriebswege mussten her
1995 stellte die Environmental Investigation Agency (EIA)
fest, Chinas Markt sei „stillgelegt“. Das ist allerdings un-
wahrscheinlich, angesichts des Wiederaufflammens der
Nachfrage auch ein Jahrzehnt später – und das trotz deut-
lich höherer Preise. Wahrscheinlicher ist, dass der Markt
Zeit brauchte, sich anzupassen, Vorräte aufzubrauchen
und neue Vertriebswege aufzubauen, da die meisten Ge-
biete mit „leichter Beute“ (schlecht geschützte Nashorn-
populationen) ja bereits leer gejagt waren. Vorräte, die
von traditionellen Medizinern angelegt worden waren,
könnten ebenfalls eine Rolle bei der verzögerten Wieder-
aufnahme der Wilderei gespielt haben. Da Nasenhorn oft
nur in sehr geringen Mengen verwendet wird, kann der
Hornvorrat eines einzelnen Arztes zehn Jahre lang rei-
chen. Wenn also TCM-Mediziner vor Inkrafttreten des Ver-
bots ihre Vorräte aufgestockt hatten, dann brauchten sie
erst seit Beginn des neuen Jahrtausends Nachschub.
Selbst Kriminelle nutzen die Gelegenheit, ihre Ziele mit
legalen Mitteln zu erreichen, wenn es möglich und ri-
sikoärmer ist. So gesehen ist es verständlich, dass sich
asiatische Geschäftsleute zunächst als Jagdtouristen an
die privaten südafrikanischen Wildtierfarmen hielten. In-
sider nehmen an, dass sich bereits in den 90er-Jahren
ortsansässige Käufer in Südafrika darangemacht haben,
private Hornbestände, beispielsweise von Tierärzten, auf-
zukaufen. Ab 2003 begannen die ersten vietnamesischen
„Jagdtouristen“, langfristige Geschäftsbeziehungen mit
einheimischen Jägern und Wildtierhaltern aufzubauen.
Bei derartigen Geschäftsaussichten ist es nicht verwun-
derlich, dass einige südafrikanische Wildtierfarmer die il-
legale Handelskette gerne beliefert haben. Trotzdem ist
es unwahrscheinlich, dass diese Südafrikaner damit einen
„neuen Markt“ geschaffen haben. Die Behauptung, dass
Anbieter oder Händler die Nachfrage schüren würden, ist
meiner Meinung nach eher fragwürdig. Vielleicht ist das
bei süchtig machenden Substanzen der Fall, in den mei-
sten „normalen“ Märkten wird die Nachfrage jedoch von
Bedürfnissen, Wünschen und der Kaufkraft der Verbrau-
cher gesteuert.
GIBT ES WEGE AUS DEM DILEMMA?
Strafverfolgung und ein Handelsverbot, wie es durch CI-
TES besteht, und das in den letzten 35 Jahren nach und
nach von den meisten Staaten umgesetzt wurde, konnte
die Nashörner nicht vor der Wilderei schützen. Dieser An-
satz hat seine Grenzen, nämlich in Märkten mit einer hart-
näckigen und dauerhaften Nachfrage. Die Erfahrung aus
Märkten mit ähnlichen Nachfrage-Charakteristiken, z. B.
14 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
Alkohol und Drogen, zeigt, dass hier Verbote nicht nur
ineffektiv sein können, sondern sogar kontraproduktiv.
Bei Wildtieren, wo es ja darum geht, die Arten in ihrem
Lebensraum zu erhalten, ist es vernünftig und zielfüh-
rend, die Bestände direkt vor Ort zu schützen, anstatt nur
die Produkte abzufangen, die nach ihrer „Ernte“ (also
nachdem ein Nashorn bereits tot ist) auf den Markt kom-
men. Im Drogenhandel macht es theoretisch Sinn, kon-
fiszierte Ware zu vernichten, weil es hier um den Schutz
der Konsumenten geht. In illegalen Wildtiermärkten, bei
denen die Verbrauchernachfrage unverändert bestehen
bleibt, führt die Zerstörung konfiszierter Ware schlicht
zu einer weiteren Erhöhung des Seltenheitswerts. Der
Preis steigt, was letztlich einen erneuten Anreiz für wei-
tere illegale Beschaffung erzeugt. Der akute Anstieg der
Nashornwilderei in Südafrika, der nach dem Inkrafttre-
ten von strengeren Bestimmungen anfing, scheint dies
zu belegen.
Ist eine bessere Bewachung und Strafverfolgung mög-
lich? Dafür bedarf es größeren politischen Willen,auf gut
Deutsch: mehr Geld. Wobei größere Budgets auch keine
Garantie für einen Erfolg sind. Und, können sich die Re-
gierungen der Nashornländer die notwendigen Ausgaben
für den Krieg gegen die Nashornwilderei durch mehr
Strafverfolgung überhaupt leisten?
Wenn also die Budgets an ihre Grenzen stoßen, müs-
sen wir andere Möglichkeiten im Kampf gegen die Nas-
hornwilderei in Betracht ziehen. Die einzig möglichen
Optionen sind entweder irgendwie die Nachfrage zu re-
duzieren oder dieser Nachfrage mit einem legalen Ange-
bot zu begegnen. Obwohl ich persönlich meine Zweifel
an der Wirksamkeit von nachfragesenkenden Maßnah-
men habe, bedarf es genauerer Prüfung und Abwägung
beider Optionen.
Das Problem Nashornwilderei kann nur gelöst werden,
wenn alle, die an der Rettung der Nashörner arbeiten, ei-
nen offenen und ehrlichen Dialog miteinander führen.
Die Verantwortlichen für die Bestände in Afrika wie in
Asien, Nashornbesitzer, internationale Naturschutzorgani-
sationen, aber auch die asiatischen Verbraucher von Na-
senhornprodukten sollten letztendlich alle das gleiche
Ziel haben: Das Aussterben der wilden Nashornpopulati-
onen zu verhindern.
-------------
Die Leidenschaft von Michael ‘t Sas-Rolfes gilt seit mehr als
30 Jahren der Natur und den Tieren. Dennoch studierte
er Wirtschaftswissenschaften und will heute sein ökono-
misches Wissen in den Naturschutz einbringt. Bereits
seit 1989 beschäftigt er sich mit den Marktdynamik des
Nasenhorns.
Den ausführlichen Originalartikel von Michael ‘t Sas-Rolfes
(The Rhino Poaching Crisis: A Market Analysis) finden Sie auf
Ú www.rhino-economics.com
NASHORN-GIPFEL 2012
Im Jahr 2025 könnte Schluss sein. Schluss mit wildlebenden
Nashornpopulationen in Afrika. Das zumindest ist die Prognose der
Experten, sofern die Wilderei auf dem aktuellen Niveau bleibt oder
gar noch weiter steigt. Daher trafen sich Anfang April zahlreiche
Vertreter von 25 verschiedenen im Nashornschutz in Afrika aktiven
Organisationen und Institutionen zu einem Krisengipfel in Nairobi.
Eingeladen hatten hierzu die African Wildlife Foundation (AWF) und
der Kenya Wildlife Service (KWS). „Es wird bereits viel getan, um die
Wilderei zu bekämpfen“, begründet Julius Kipng’etich, der Direktor
des KWS, die Notwendigkeit des Krisentreffens. „Ziel des Nashorn-
Gipfels war es, alle Beteiligten zusammenzubringen und Erfahrungen
auszutauschen, um daraus zu lernen und die bisherigen Maßnah-
men zu verbessern.“
Wissenschaftler, Nashornbesitzer, Naturschutzexperten, National-
parkbehören, sie alle versuchten sich auf einen sehr konkreten
Plan und die wichtigsten Eckpunkte zu verständigen, die nun schnell
umgesetzt werden müssen. Im Kern einigte man sich darauf, die
folgenden fünf Ziele binnen der nächsten sechs bis neun Monate
mit Nachdruck erreichen zu wollen:
1. Bessere Unterstützung der Überwachungs- und
Anti-Wilderer-Einheiten vor Ort
mit neuen Strategien und Technologien, beispielsweise moder-
neren Kommunikationsmitteln, mehr Fahrzeugen und nach Mög-
lichkeit Hubschraubern.
2. Stärkung der Strafverfolgung und bessere Koordination
national wie international.
Das beinhaltet z.B. höhere Strafen, bessere Fahndungsmethoden
(Spürhunde an den Flughäfen), härtere Strafverfolgung.
3. Drosselung des Bedarfs und des Handels von Horn
durch mehr Aufklärungskampagnen in den Verbraucherländern
aber auch den Herkunftsstaaten.
4. Lobbyarbeit und Einfl ussnahme
bei politischen Entscheidungsträgern, Financiers und Regierungs-
beamten auf dem höchst möglichen Niveau.
Den vollständigen Aktionsplan finden Sie online
Ú http://awf.org/rhinoactionplan
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15ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
SCHWERPUNKTTHEMA | NASHORN
Von den berühmten Galápagos-Riesen-
schildkröten gibt es 15 Arten. Vier
davon gelten als ausgestorben, da-
runter die Floreana-Riesenschild-
kröte (Chelonoidis elephantopus).
Von einer weiteren Art, der Pinta-
Schildkröte (Chelonoidis nigra
abingdoni) gibt es nur noch einen
letzten lebenden Vertreter, den trau-
rig-berühmten „Lonesome George“.
Im Zuge der Suche nach hybriden
Nachkommen dieser Pinta-Schild-
kröte, wird den Riesenschildkröten
auf der Galápagosinsel Isabela syste-
matisch Blut zur Untersuchung ab-
genommen. Ein Team, bestehend aus
Wissenschaftlern der Yale Universi-
tät in den USA und aus Mitarbeitern
des Galápagos Nationalparks sowie
der Charles Darwin Foundation, stu-
diert und überwacht seit einigen Jah-
ren die Riesenschildkröten rund um
den Vulkan Wolf auf der Insel Isa-
bela, die Vulkan-Wolf-Riesenschild-
kröten (Chelonoidis becki).
Die Galápagos-Riesenschildkröten der Insel Floreana gelten seit mehr als 150 Jahren als ausgestorben.
Neue genetische Untersuchungen zeigen jedoch, dass es auf der Insel Isabela etliche hybride Nachkom-
men mit dem Erbgut der Floreana-Schildkröte gibt. Sie lassen sogar darauf hoffen, dass noch einige
reinrassige Individuen dieser bislang für ausgestorben gehaltenen Art leben.
Von Dr. Antje Müllner
Im Rahmen dieser Untersuchungen
hatten die Forscher bereits 2008 Erb-
gut der Floreana-Art im Genom von
elf Vulkan-Wolf-Riesenschildkrö-
ten gefunden. Bestärkt durch diese
Entdeckung kehrten die Wissen-
schaftler nach Isabela zurück und
weiteten ihre Untersuchungen auf
fast 1.700 Tiere aus (die Population
der Vulkan-Wolf-Riesenschildkröten
wird auf ca. 7.000 Tiere geschätzt).
Inzwischen sind die Proben aus-
gewertet und die Wissenschaftler
konnten ihre überraschenden Ergeb-
nisse in der Fachzeitschrift Current
Biology vorstellen: 84 Tiere zeigten
einen derart hohen Anteil an Erb-
gut der Floreana-Riesenschildkröte
Chelonoidis elephantopus, dass die
Autoren den Schluss ziehen, diese
Schildkröten müssten einen reinras-
sigen Elephantopus-Elternteil ha-
ben. Da 30 der 84 Tiere jünger als
15 Jahre sind und Riesenschildkrö-
ten gut 100 Jahre alt werden kön-
nen, folgern die Forscher, dass noch
einige reinrassige Elterntiere der
Floreana-Riesenschildkröte inmit-
ten der Population am Vulkan Wolf
existieren könnten. Für Washington
Tapia, den Leiter der wissenschaft-
lichen Abteilung des Nationalparks,
wäre das eine aufregende Perspek-
tive: „Wenn diese Individuen ge-
funden werden könnten, wäre es
möglich, ein Zuchtprogramm für die
Floreana-Schildkröte zu starten und
die Nachkommen später auf Flore-
ana wieder anzusiedeln.“
WIE KOMMT DIE FLOREANA-SCHILDKRÖTE NACH ISABELA?
Warum die Floreana-Schildkröten,
die auf der Insel Floreana heimisch
waren, überhaupt nach Isabela ge-
kommen sein könnten, zeigt ein
Blick zurück ins 19. Jahrhundert, in
die Zeit der Piraten und Walfänger.
Die Besatzungen der Walfangschiffe
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16 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEN PROJEKTEN | GALÁPAGOS
fingen immer wieder Schildkröten
auf den einzelnen Galápagosinseln
und setzten die Tiere anschließend
an versteckten Ankerplätzen oder in
ihren Schlupfwinkeln aus, um dort
einen Nahrungsvorrat anzulegen.
Das war auch auf der Insel Isabela
der Fall. Einige der Tiere entkamen
oder wurden zurückgelassen, wenn
die Schiffe nicht noch mehr Provi-
ant zuladen konnten – und mischten
sich mit der Zeit unter die Vulkan-
Wolf-Riesenschildkröten. Durch das
Einschleppen fremder Arten wie
Ziegen, Ratten und Katzen sowie
die Jagd auf die zahmen einheimi-
schen Arten richteten die Walfänger
und Piraten damals immensen Scha-
den im Ökosystem an. Die Schild-
krötentransporte von anno dazumal
könnten jetzt aber eventuell zur Wie-
derentdeckung von Floreana-Schild-
kröten am Vulkan Wolf auf Isabela
führen.
Während Charles Darwins histo-
rischer Reise zu den Galápagosin-
seln im Jahr 1835 existierten noch
alle 15 Arten der Galápagos-Riesen-
schildkröte. Vier davon sind bisher
ausgestorben – die Unterarten der
Inseln Santiago, Santa Fé, Fernan-
dina und Floreana – wobei Letztere
mit viel Glück nun vielleicht doch
noch von der Liste der ausgestor-
benen auf die Liste der sehr seltenen
Arten zurückkehren könnte. Die
restlichen elf Arten verteilen sich auf
die Inseln des gesamten Archipels.
Sie sind dank Nachzuchtprogram-
men und Schutzmaßnahmen auf
dem Weg der Erholung. Alle bis auf
die Pinta-Schildkröte mit „Lonesome
George“ als letztem Überlebenden.
--------------
Originalpublikation:
Genetic rediscovery of an ‘extinct’ Galápa-
gos giant tortoise species
Ryan C. Garrick et al. (2012)
Current Biology, Volume 22, Issue 1,
R10-R11, 10 January 2012,
doi:10.1016/j.cub.2011.12.004
DIE RIESENSCHILDKRÖTEN VON GALÁPAGOS
Rote Liste Status: gefährdet
Santa-Cruz-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigrita), lebt auf Santa Cruz
Alcedo-Riesenschildkröte (Chelonoidis vandenburghi), lebt auf Isabela
Vulkan-Wolf-Riesenschildkröte (Chelonoidis becki), lebt auf Isabela
San-Cristóbal-Riesenschildkröte (Chelonoidis chatamensis), lebt auf San Cristóbal
Rote Liste Status: stark gefährdet
Santiago-Riesenschildkröte (Chelonoidis darwini), lebt auf Santiago
Española-Riesenschildkröte (Chelonoidis hoodensis), lebt auf Española
Darwin-Riesenschildkröte (Chelonoidis microphyes), lebt auf Isabela
Cerro-Azul-Riesenschildkröte (Chelonoidis vicina), lebt auf Isabela
Rote Liste Status: Vom Aussterben bedroht
Pinzón-Riesenschildkröte (Chelonoidis ephippium), lebt auf Pinzón
Sierra-Negra-Riesenschildkröte (Chelonoidis guntheri), lebt auf Isabela
Rote Liste Status: In der Natur ausgestorben
Pinta-Riesenschildkröte (Chelonoidis abingdoni), lebt auf Pinta
Rote Liste Status: Ausgestorben
Floreana-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra oder Geochelone elephantopus), lebte auf Floreana, Isabela, Pinzón, Santa Cruz, Santa Fé
Fernandina-Riesenschildkröte (Chelonoidis phantastica), lebte auf Fernandina
Rábida-Riesenschildkröte (Chelonoidis wallacei), lebte auf Santiago
Santa-Fé-Riesenschildkröte (Chelonoidis sp.1), lebte auf Santa Fé
Isabela
FernandinaSeymour
Pinta
Marchena
Genovesa
Santa Cruz
SantiagoBartolome
Pinzon
Rabida
San CristóbalSanta Fe
Baltra
Plaza
Floreana Espanola
Vulkan Darwin
Vulkan Wolf
Pazifischer Ozean
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DIE GALÁPAGOSINSELN
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17ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEN PROJEKTEN | GALÁPAGOS
Was Wölfe fressen, weiß jedes Kind.
Huftiere sind ihr täglich Brot. Ob es
wilde Rehe und Hirsche sind oder
zahme Schafe, das ist ihnen egal.
Wildforscher wollen es aber genauer
wissen und deshalb wird in der Lau-
sitz, wo seit zwölf Jahren wieder
Wölfe vorkommen, emsig Wolfskot
gesammelt und untersucht. Hermann
Ansorge von der Senckenberg Ge-
sellschaft für Naturforschung in Gö-
rlitz hat nun die neuesten Ergebnisse
veröffentlicht. Die Nahrung der Lau-
sitzer Wölfe besteht im Wesentlichen
aus Rehen (55,3 %), Rotwild (20,8%)
und Wildschwein (17,7 %). Ein biss-
chen Hase (3 %) ist auch dabei. Und
Schafe? Gerade mal ein Prozent. Das
ist nicht überraschend, denn die
Haustiere werden inzwischen sorg-
fältig geschützt und die Wölfe haben
das Nachsehen. Werden trotzdem
Schafe gerissen, dann fehlt es fast im-
mer an den notwendigen Schutzvor-
richtungen.
Ich staunte deshalb nicht schlecht, als
mir im März reihenweise Schlagzei-
len unter die Augen kamen, die eine
ganz andere Botschaft vermittelten:
Wölfe mögen keine Schafe. Das ist
offenkundiger Unfug. Dass nicht
nur eine, sondern gleich ein Dut-
zend Zeitungen diesen Unfug wie-
derholen, macht es nicht besser, im
Gegenteil. Anscheinend wird gerne
voneinander abgeschrieben, anstatt
Meldungen richtig zu lesen und mit
Verstand zu redigieren.
Die Sache erinnert mich an ein ki-
loschweres Gutachten in Bayern,
das in der Nahrung des Kormorans
nur einen verschwindend geringen
Anteil von Äschen gefunden hatte.
Kormoran und Äsche, das ist eine
Beziehung wie Wölfe und Schafe.
Botschaft des Gutachtens: Der Kor-
moran frisst gar keine Äschen! Wie
sollte er auch – in den untersuchten
Flüssen gab es gar keine mehr, weil
sie längst gefressen waren und die
Fischer aufgehört hatten, Jungäschen
einzusetzen. Das war dem Gutachter
offenbar nicht aufgefallen.
Die richtige Botschaft in der Wolfsge-
schichte wäre gewesen, dass es dank
umsichtigen Managements gelungen
ist, die durchaus schafsverliebten
Wölfe in der Lausitz auf Abstand zu
halten. Seit 2009 hat Sachsen einen
Managementplan für Wölfe und der
trägt unübersehbar Früchte. Ein er-
mutigendes Signal, das eine posi-
tive Meldung verdient gehabt hätte.
Wölfe fräßen überhaupt gar keine Schafe, vermeldeten Mitte März zahlreiche deutsche
Zeitungen mit Bezug auf eine Untersuchung von Wissenschaftern der Senckenberg
Gesellschaft für Naturforschung. Eine Vereinfachung, die für das Verständnis zwischen
Mensch und Wolf nicht wirklich hilfreich ist.
Von Ulrich Wotschikowsky
WÖLFE MÖGEN DOCH KEINE SCHAFE
Potsdamer Neueste Nachrichten, 12. März 2012
damer Neueste Nac
WÖLFE REISSEN KEINE SCHAFE
Berliner Zeitung, 12. März 2012Berliner Zeitung, 12. März 2012
VERKANNTER WOLF. WÖLFE FRESSEN GAR KEINE SCHAFErbb, Brandenburg aktuell, Nachrichten, 12. März 2012
b, Brandenburg aktuell, Nachrichten, 12. März 2012
UNBEGRÜNDETE ANGST VORM BÖSEN WOLF
Focus online, 12. März 2012
KEINE LEICHTE Foto
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18 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEN PROJEKTEN | DEUTSCHLAND
Ein unkundiges Publikum jedoch,
das oft auch nur die Schlagzeilen
liest, lässt sich von solchem Unsinn
durchaus irritieren. Und Schafhal-
ter, die sich im Wolfsgebiet abmü-
hen, ihre Tiere gegen die raffinierten
Wölfe zu schützen, fühlen sich – Ver-
zeihung – verarscht. So war es auch
bei den Fischern. Deshalb sind der-
artig leichtfertig verfasste Zeilen Gift
für alle Bemühungen, Toleranz für
Wölfe oder Kormorane zu erzeugen.
Denn unweigerlich werden sie als
Verharmlosung aufgefasst und denen
zugeschrieben, die sich gegen große
Widerstände für die Erhaltung pro-
blematischer Tierarten einsetzen.
Es geht mir hier nicht darum, Me-
dienleuten Lese- und Schreibfaulheit
vorzuhalten. Aber ich ärgere mich
darüber, dass nicht die Medien und
deren Schreiber, sondern wir uns zur
Wehr setzen müssen gegen Vorhal-
tungen, die solcher Unsinn unwei-
gerlich verursacht.
Die Wahrheit ist, dass Wölfe Schafe
fressen, wo immer sie können und
dass Kormorane Äschen fangen, so-
gar mit Vorliebe, weil diese Fische
leicht zu fangen sind. Der liebe Gott
hat die Tiere so gemacht. Wie wir mit
Wölfen oder Kormoranen umgehen –
das ist eine ganz andere Sache.
--------------
Der Wildbiologe Ulrich Wotschi-
kowsky ist Mitglied der Arbeits-
gruppe „große Beutegreifer“ im
Bayerischen Umweltministerium
und Mitglied im Team zur Erarbei-
tung des Wolfsmanagementplans
in Sachsen und in Brandenburg.
--------------
Originalpublikation:
Wolf (Canis lupus) feeding habits during the
first eight years of its occurrence
in Germany.
Wagner, C., Holzapfel, M., Kluth, G.,
Reinhard, I., Ansorge, H.
Mammal. Biol. (2012), doi:
10.1016/j.mambio.2011.12.004
Die Wölfe kehren zurück. Was
kommt da auf uns zu? Alle nei-
gen wir dazu, Isegrim aus einem
persönlichen Blickwinkel zu be-
trachten – dem des Jägers, des Nutz-
tierhalters, des Menschen auf dem
Lande oder aus der Stadt. Selbst Wis-
senschaftler tun sich oft schwer, ob-
jektive Distanz zu wahren.
Wölfe sind eine Metapher für Wild-
nis. Aber wo sie nun ihre verlorenen
Lebensräume zurückerobern, ist
nichts mehr wild, wie es einmal war.
Die Wildnis haben wir beseitigt.
Wölfe finden mehr natürliche Beute
als je zuvor; denn Rehe, Hirsche
oder Wildschweine sind zahlreich,
weil sie von unserer Art der Land-
nutzung profitieren oder von Jägern
gehegt werden. Trotzdem geraten
Wölfe immer wieder in Konflikt mit
den Ansprüchen der Menschen. Und
immer noch, allen gegenteiligen Er-
kenntnissen zum Trotz, haben Men-
schen Angst vor dem Raubtier Wolf.
Wölfe sind gut erforscht, allerdings
nicht bei uns. In den wenigen Rest-
arealen, wo wir es noch mit ur-
sprünglichen Bedingungen zu tun
haben, etwa in Sibirien, wird kaum
wissenschaftlich gearbeitet, weil die
Leute dort andere Sorgen haben.
Der kanadische Yukon, fast einein-
halbmal so groß wie Deutschland,
ist eine bemerkenswerte, eine kost-
bare Ausnahme. Bob Hayes ist ihr
Kronzeuge. Unter den vielen Bü-
chern über Wölfe ist seins eine he-
rausragende Referenz für alle, die
Wölfe und ihre Umwelt wirklich ver-
stehen wollen.
Wölfe im Yukon handelt von der
Wildnis des kanadischen Yukon, wo
Wölfe bis zum heutigen Tag in einer
natürlichen Balance mit ihren Beu-
tetieren leben. Im Wechsel zwischen
fiktiven Ereignissen und sachkun-
digen Essays erzählt Bob Hayes die
Naturgeschichte des Yukon, be-
Wölfe verstehen
Bob Hayes
WÖLFE IM YUKON
288 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen
ISBN 978-3-00-037130-1
Preis: 19,90 €
Das Buch ist nicht im Buchhandel erhältlich.
Der einfachste Weg ist die Bestellung per E-
Mail bei [email protected] (für
22,38 € inkl. Porto und Verpackung). Bitte
geben Sie an, ob Sie die deutsche oder die
englische Fassung (Wolves of the Yukon) ha-
ben möchten.
schreibt die Entwicklung der Wölfe
seit dem Ende der letzten Eiszeit
und erklärt das Verhältnis der Einge-
borenen zu den Wölfen. Und er geht
ausführlich auf Jack Londons Erzäh-
lungen ein, die unsere Vorstellung
vom Wolf als einem Symbol für
Wildnis wesentlich geprägt haben.
Bob Hayes beschreibt seine For-
schungsarbeit an dem Beziehungs-
geflecht der Wölfe mit Elchen,
Karibus, Dallschafen, Grizzlybären
und sogar Kolkraben. Und in einem
Epilog, der nur in der deutschen
Fassung enthalten ist, kommentiert
er den brandneuen Management-
plan für Wölfe im Yukon.
Ulrich Wotschikowsky
19ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEN PROJEKTEN | DEUTSCHLAND
pro Feinunze gestiegen. Analog dazu
haben auch Quecksilber-Importe in
Peru stark zugenommen, nämlich um
42 Prozent auf 130 Tonnen pro Jahr.
95 Prozent hiervon werden zur illega-
len Goldgewinnung verwendet.
ZGF-BÜRO VORÜBERGEHEN GESCHLOSSEN
Bislang ist es der peruanischen Re-
gierung nicht gelungen, dem illega-
len Abbau Einhalt zu gebieten. Der
letzte Versuch fand Mitte März statt
und führte zu wütenden Protestakti-
onen mit drei Toten und zahlreichen
Verletzten. 12.500 illegale Minienar-
beiter stürmten öffentliche Gebäude
in Puerto Maldonado, der Hauptstadt
von Madre de Dios. Das Büro der
ZGF in Puerto Maldonado musste aus
Sicherheitsgründen vorübergehend
geschlossen werden. Wie sich die Si-
tuation weiterentwickeln wird, kann
auch ZGF-Projektleiter Rob Williams
nicht mit Sicherheit sagen: „Auch
wenn sich die Lage nun beruhigt hat
und die Arbeiter mit der Regierung
Was hat der Goldpreis mit dem
Amazonas zu tun? Leider eine
ganze Menge. Im Südosten Perus, im
Grenzgebiet zu Bolivien und Brasilien
liegt Madre de Dios. Dieses Gebiet ist
Teil des Amazonasbeckens und be-
herbergt rund 85.000 Quadratkilo-
meter primären Tieflandregenwaldes.
Hier leben mehrere indigene Völker
und die Artenvielfalt ist phäno menal.
Zugleich ist die Region Madre de
Dios aber auch das drittgrößte Gold-
produktionsgebiet Perus.
70 Prozent dieses Goldes werden il-
legal im Tagebau gewonnen, ab-
gebaut vor allem von den ärmsten
Einwohnern Perus. Täglich kommen
tausende weiterer illegaler Goldsu-
cher hinzu. Sie amalgamieren das ab-
gebaute Gold erz mit hochgiftigem
Quecksilber, dann erhitzen sie die
so gewonnene Goldverbindung. Das
Quecksilber verdampft und übrig
bleibt das Gold. Die giftigen Queck-
silberdämpfe werden von den Men-
schen, die mit dem Schwermetall
hantieren, eingeatmet, darüber hinaus
gelangt es in die Atmosphäre und in
die Flüsse – mit schweren Folgen für
Mensch und Umwelt.
Nun hat eine Studie der Amerikane-
rin Jennifer Swenson gezeigt, dass
die Lage sich immer weiter verschlim-
mert. Satellitenaufnahmen von Ma-
dre de Dios zeigen, dass zunehmend
mehr Gebiete für den Tagebau entwal-
det werden. Waren es zwischen 2003
und 2006 jährlich noch 300 Hektar,
die gerodet wurden, fielen von 2006
bis 2009 bereits 1.900 Hektar pro Jahr
dem illegalen Abbau zum Opfer. Die
Wissenschaftler konnten zeigen, dass
die Zunahme des illegalen Goldab-
baus eine direkte Folge des weltweit
steigenden Goldpreises ist. Dieser ist
in den letzten zehn Jahren um 360
Prozent von rund 300 Dollar pro
Feinunze auf mehr als 1.500 Dollar
verhandeln, sagt das Gesetz ganz ein-
deutig, dass das was sie tun illegal ist.
Es ist schrecklich, dass drei Leute bei
den Protesten umgekommen sind.
In den nächsten Jahren und Jahr-
zehnten werden aber noch unzählige
weitere Bergleute an Quecksilberver-
giftungen sterben, wenn so weiterge-
macht wird.“
Striktere Einfuhrregelungen für
Quecksilber könnten helfen, aber
langfristig können nur ein fairer
Goldhandel, neue Technologien und
eine Ausbildung der Goldsucher das
Problem lösen.
--------------
Gold Mining in the Peruvian Amazon:
Global Prices, Deforestation, and Mercury
Imports.
Swenson JJ, Carter CE, Domec J-C,
Delgado CI (2011)
PLoS ONE 6(4): e18875. doi:10.1371/
journal.pone.0018875
Online verfügbar unter
Ú http://www.springerlink.com/
content/el51764477433573/
8.000
6.000
4.000
2.000
0
200 400 600 800 1.000
Entwaldung für Goldabbau
in Hektar
GOLDPREIS UND ENTWALDUNG – EIN FATALER ZUSAMMENHANG
2006
2003
2009
Je stärker der Goldpreis gestiegen ist, desto mehr Wald wurde insgesamt in der Region Madre
de Dios für den illegalen Goldabbau gerodet.
Goldpreis in Dollar pro Feinunze
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20 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEN PROJEKTEN | PERU
EINSATZ FÜR DIE NATUR – JETZT BEWERBEN!
Mit Spannung erwarten wir die schritt-
weise Umgestaltung des Frankfur-
ter Zoos in Richtung Nachhaltigkeit,
Ressourcenschonung und Verwirkli-
chung ökologischer Konzepte. Hier
sei einmal das Thema „Zoo-Gas-
tronomie“ herausgegriffen, da dem
nachdenklichen Betrachter bei Zoo-
besuchen immer die krasse Diskre-
panz zwischen den Anstrengungen
des Zoos zur möglichst artgerechten
Zootierhaltung, zum Schutz bedrohter
Arten (nicht zuletzt durch Nachzucht-
programme) und Vermittlung von
Wissen über ökologische Zusammen-
hänge (z. B. durch Naturschutz-Bot-
schafter) auf der einen Seite, und dem
in den Zoo-Lokalen und Imbissbuden
angebotenen Speisen auf der ande-
ren Seite, auffällt. Letztere haben –
was leicht übersehen wird – ebenfalls
einen starken Bezug zu Tieren; ihre
Hauptbestandteile sind nämlich meist
tierischer Natur. Diese Feststellung er-
laubt dann die Frage, ob es sich bei
dem für die Speisen verwendeten
Tierfleisch um Fleisch von artgerecht
gehaltenen Tieren (Bio-Fleisch) han-
delt, oder ob etwa Fleisch von Tieren
aus tierquälerischer Massentierhal-
tung dem Zoopublikum angebo-
ten wird – dem Publikum also, dem
Möchten Sie Kritik, Lob oder
Anregungen zum ZGF-Gorilla
loswerden? Scheiben Sie uns:
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Bernhard-Grzimek-Allee 1
60316 Frankfurt am Main
E-Mail: [email protected]
Bitte geben Sie Ihren Namen und Ihre Adresse
mit an, denn anonyme Zuschriften werden von
uns nicht veröffentlicht. Auch behalten wir uns
vor, lange Zuschriften sinngemäß zu kürzen.
M
A
lo
NATURSCHUTZ AUCH BEI DER
ZOO-GASTRONOMIE
GORILLA 1/2012 – Ein Greenteam für den Zoo
Draußen arbeiten und praktisch tätig
sein in einer einzigartigen Landschaft
– diese Gelegenheit bieten zwei Frei-
willigendienste bei der Stiftung Na-
turlandschaften Brandenburg. Wer
ein Jahr lang bei der Erfassung sel-
tener Tier- und Pflanzenarten (z.B.
Wolfs- und Fledermausmonitoring)
helfen möchte, sich in Moorschutz-
projekten und bei der Anlage von
Wanderwegen engagieren will oder
Einblicke in die Öffentlichkeitsarbeit
der Stiftung gewinnen möchte, der ist
hier richtig.
Die Stiftung besetzt zum 1. Septem-
ber Plätze im Rahmen des Freiwilli-
gen Ökologischen Jahres (für junge
Menschen bis 26 Jahre) und des Bun-
desfreiwilligendienstes (ohne Alters-
begrenzung). Zum ersten Mal schreibt
die Stiftung Naturlandschaften Bran-
denburg diese Freiwilligendienste
aus. Als Einsatzorte stehen die ehema-
ligen Truppenübungsplätze Jüterbog
und Lieberose zur Auswahl. Für beide
Einsatzorte sind ein Führerschein und
eigenes Auto von Vorteil. Beim Ein-
satzort Lieberose kann eine einfache
Unterkunft gestellt werden.
Mit Freude habe ich festgestellt, dass
Sie mit den Adressaufklebern, die
rückstandslos ablösbar sind, einen
Weg gefunden haben, dass die Titel-
seite des ZGF-GORILLA nicht länger
verunziert wird und zugleich ver-
mieden wird, dass eine ökologisch
nachteilige Plastikverpackung erfol-
gen muss.
Harald Piekert, Dresden
Es heißt Grzimek und nicht Grizmek,
wie auf Ihren Adressaufklebern auf
dem ZGF-GORILLA.
Dr. Alfred Regeniter, Adenau
ADRESSAUFKLEBER:
ABZIEHBAR ABER FALSCH
GORILLA 1/2012
Anmerkung der Redaktion:
Da haben wir wohl vor lauter Wald die Bäume
nicht mehr gesehen und der Buchstaben-
dreher in unserer eigenen Adresse ist beim
Korrekturlesen mehrfach durchgerutscht.
Selbstverständlich heißt es Grzimek.
LESERBRIEFE
man an anderer Stelle im Zoo eine
artgerechte Tierhaltung vorführen
und ökologische Konzepte vermitteln
möchte. Unseren Beobachtungen zu-
folge gibt es im Frankfurter Zoo nur
„Billig-Fleisch“ und kein Bio-Fleisch
für die Besucher. Auch im Bereich
der Gastronomie sollte man daher
Aufklärungsarbeit leisten und den
Zoo-Besuchern entsprechende Spei-
senangebote machen. So bringt man
Zoo-Besucher zum Nachdenken und
vielleicht zu vielen Beiträgen zum
Tierschutz auch außerhalb des Zoos,
z.B. beim täglichen Einkaufen.
Dr. Oliver Löwrick, Frankfurt
Interessenten (ab 18 Jahren) können
sich ab sofort per E-Mail bei Petra Riemann
([email protected]) von der Stiftung
Naturlandschaften Brandenburg bewerben.
Nähere Infos zu Einsatzort und Tätigkeit gibt
es bei der Stiftung Naturlandschaften Bran-
denburg unter Tel. 0331-7409324 oder
Ú www.stiftung-nlb.de
Zu den Rahmenbedingungen des Freiwilligen
Ökologischen Jahres informiert der Landes-
jugendring Brandenburg unter
Ú www.ljr-brandenburg.de
Infos zum Bundesfreiwilligendienst sind unter
Ú www.bundesfreiwilligendienst.de
abrufbar.
21ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
LESERMEINUNG
VIELE MITGLIEDER UND FREUNDE DER ZGF TRAGEN MIT IHREN GANZ PERSÖNLICHEN SPENDENAKTIONEN ZU UNSERER NATURSCHUTZARBEIT BEI. AN DIESER STELLE MÖCHTEN WIR IHNEN DAFÜR GANZ HERZLICH DANKEN.Danke
Haben Sie auch eine individuelle Idee, wie Sie die ZGF unterstützen könnten? Möchten Sie Ihren Geburtstag oder eine Gelegen-
heit zum Anlass nehmen, Gutes zu tun und für ein ZGF-Projekt zu spenden? Sprechen Sie uns an: Frau Monika Lennig, Telefon:
069/943446-0, [email protected]. Anregungen und Infos zu obigen Beispielen finden Sie auf www.zgf.de unter „Helfen und fördern“.
Naturschutz zum 40sten
Jens Hausmann unterstützt die ZGF
seit 2005 als Mitglied und hat sich zu
seinem 40. Geburtstag Spenden für
die internationale Naturschutzarbeit
der ZGF gewünscht. „Ich wollte bei
meinem Fest das Angenehme mit dem
Nützlichen verbinden, nachdem die
Spendenidee für die ZGF bereits bei
der Tauffeier unserer Tochter großen
Anklang bei den Gästen gefunden
hatte. Tier- und Naturschutz sind mir
sehr wichtig“, sagt der 40-Jährige. Mit
Freunden und Familie feierte Haus-
mann am Rursee mit Blick auf den
Nationalpark Eifel. Von dort geht jetzt
das Spendengeschenk in die ZGF-Pro-
jekte, und zwar dorthin, wo es am nö-
tigsten gebraucht wird.
Die Werbeagentur Brand Health, ein
Spezialist für Gesundheitskommuni-
kation, engagiert sich auch für den
Naturschutz und unterstützt seit ei-
nigen Jahren Projekte der ZGF. Als
Frankfurter Agentur und in unmit-
telbarer Nachbarschaft zum Zoo ge-
legen, fühlt sich das Team ohnehin
mit der ZGF verbunden. „Zum 5-jäh-
rigen Jubiläum waren wir auf dem
Kilimanjaro in Afrika und haben da-
nach im Ngorongoro-Krater noch ein
Spitzmaulnashorn gesehen. Das hat
uns so beeindruckt, dass wir seit-
dem die Arbeit der ZGF für einma-
lige Wildnisgebiete unterstützen“,
betonen die Geschäftsführer Alfred
Ernst und Dr. Giuseppe Gianni. Die
Highlights der Jubiläumstour hat das
Team sogar in einem Buch zusam-
mengestellt: Der kalte Trail zum hei-
ßesten Gipfel Afrikas.
Gesundheitsprofi s für Naturschutz Geschenk für die Serengeti
Eine beeindruckende Reise in die Se-
rengeti im Jahr 2010 ist Hans-Dieter
Eisert und seiner Frau in allerbe-
ster Erinnerung. „Es war das tollste
Erlebnis und ich mache heute noch
Werbung für eine Reise dorthin“,
schwärmt Hans-Dieter Eisert aus
Hofheim. Besonders fasziniert hat
das Ehepaar auf seiner Rundreise die
Tierwelt Afrikas und vor allem die
riesigen Herden der Gnus und Ze-
bras, die durch die Savanne ziehen.
Um sich für dieses Naturjuwel einzu-
setzen, bat Eisert die Gäste zu seinem
75. Geburtstag um Spenden für den
Schutz der Serengeti. Wichtig ist ihm
die ZGF-Unterstützung für die Wild-
hüter, durch die die Naturschutzmaß-
nahmen erst umgesetzt werden.
Jens Hausmann.
Das Brand Health Team auf dem Kilimanjaro-Gipfel.
Ehepaar Eisert auf Safari in der Serengeti.
22 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DER GESELLSCHAFT | ZGF INTERN
Schon der Titel macht deutlich, hier
handelt es sich nicht um einen Fo-
tobildband über die Tierwelt Afrikas.
Und die Überschrift auf dem Buchrü-
cken „Inspiration zum Aquarellieren“
ist durchaus wörtlich zu nehmen.
Wir begleiten den Künstler und Biolo-
gen Bodo Meier auf seiner Reise
durch die nördlichen Nationalparks
Tansanias, ins Rift Valley und in den
Ngorongoro-Krater. Bevor er uns aber
auf Safari mitnimmt, führt er seine Le-
ser ein in das Sujet der Tieraquarelle
bzw. der „Wildlife Art“, zeigt, wie er
Skizzen und Aquarelle anlegt, sich
seinem Objekt nähert, die Stimmung
einzufangen versucht. Papier, Pinsel,
Farbe, seine eigene Farbpalette –
Meier gibt konkrete Hinweise, die
dem malenden Laien Anleitung für
das eigene Arbeiten geben können.
Eingestimmt auf die Besonderheiten
des Aquarells und mit mehr Verständ-
nis für die Bewegung und Anatomie
der Tiere, was für diese schnelle,
spontane Maltechnik erforderlich ist,
begeben wir uns auf die Reise. Auf
insgesamt 23 Doppelseiten geben
Eine Mal-Reise in die Serengeti
Bodo Meier
MAL-REISE IN DIE SERENGETI –
SKIZZEN, STUDIEN, AQUARELLE
Gebundene Ausgabe, 128 Seiten, 37 × 28 cm,
zahlreiche s/w- und Farbabbildungen
Christophorus Verlag GmbH & Co.KG Freiburg,
ISBN 978-3-86230-092-1
Preis: 34,99 Euro
großformatige Abbildungen afrika-
nischen Landschaften in verschie-
densten Stimmungen wieder. Dazu
unterstreichen Skizzen und hand-
schriftliche Tagebucheinträge die Au-
thentizität der Bilder. Für jedes Gebiet
gibt es mehrere Malbeispiele, in de-
nen Bodo Meier ausführlich seine
Vorgehensweise am jeweiligen Bild
erläutert.
Das Buch ist sehr ansprechend gestal-
tet, das Vorsatzpapier - eine über-
malte kolorierte Landkarte - besonders
originell. Schade, dass das gestri-
chene Papier mit seinem reflektie-
renden Glanz dem wunderbar matten
Charakter von Aquarellpapier so gar
nicht gerecht wird.
Meiers Aquarelle zeugen von großer
Könnerschaft, leben aber auch von
der Spontaneität des Augenblicks. In
Zeiten der scheinbar grenzenlos und
schnell verfügbaren Digitalbilder
muss manchmal der Sinn eines ge-
malten Bildes erläutert werden. „Es
gibt keinen Vorsatz, ein Künstler muss
von seinem Sujet gefangen sein, es
muss so viel an Faszination in ihm er-
wecken, dass er bereit ist, die künst-
lerisch zu gestalten“, schreibt Bodo
Meier. Dies gelingt ihm in seinen Bil-
dern ganz zweifellos.
Sabina Potthoff
Zum ersten April hat Lena Sch-
midt die Projektleitung der Na-
turschutzbotschafter übernommen.
Nachdem sich ihre Vorgängerin Si-
grid Keiser schweren Herzens, aber
auch voller Vorfreude in den Mutter-
schutz verabschiedet hat, freut sich
die Diplombiologin Schmidt auf ih-
ren neue Aufgabe: „Das Projekt ist
einzigartig und sehr vielseitig, be-
sonders reizt mich die Zusammen-
arbeit mit Menschen aller Alters-
stufen. Mit großem Engagement be-
geistern die Ehrenamtlichen die
Zoobesucher für den Wert der bio-
logischen Vielfalt und informieren
sie über die Naturschutzprojekte
der ZGF. Außerdem zeigen sie Mög-
Neue Projektleiterin Naturschutzbotschafter
lichkeiten auf, wie jeder Einzelne in
seinem Alltag zum Naturschutz bei-
tragen kann.“ Nach ihrem Studium
hat die 31-jährige zwei Jahre lang in
der Museumspädagogik des Senken-
bergmuseums Erfahrung in Sachen
Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit
gesammelt. Anschließend arbeitete
sie an einer Promotion über die Ver-
mittlung von Biodiversitätsthemen
an außerschulischen Lernorten. „Ich
bin froh, die Naturschutzbotschafter
bei ihrer Arbeit unterstützen zu kön-
nen und werde mich dafür einsetzen,
dass dieses überzeugende Projekt
möglichst lange weiterbestehen
kann“, kündigte die neue Projektlei-
terin an.
Lena Schmidt leitet seit April die Gruppe der ehrenamtlichen Naturschutzbotschafter.
ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012 23
BUCHTIPPS TIERE & NATUR
AUS DER GESELLSCHAFT | ZGF INTERN
24
DIE FLOTTE LOTTE – NACHWUCHS BEI DEN ERDFERKELN Am 30. März kam im Zoo Frankfurt
ein Erdferkel zur Welt – zunächst
ganz versteckt in der Wurfhöhle.
Doch mittlerweile streckt das vor-
witzige Tier mit den großen Tüten-
ohren seine lange Nase regelmäßig
in die Schauanlage. „Das Jungtier ist
fit, neugierig und lebhaft“, berichtet
Zoodirektor Prof. Dr. Manfred Nie-
kisch. Das Geschlecht des kleinen
Erdferkels konnte bislang noch nicht
eindeutig bestimmt werden. Das sei,
so Niekisch, bei dieser Tierart in den
ersten Wochen nicht ohne weiteres
möglich. Höchst wahrscheinlich han-
delt es sich aber um ein weibliches
Tier. Von seinen Pflegern hat es den
Namen LOTTE bekommen. Das Ge-
burtsgewicht von 1.500 Gramm
hat die Kleine bereits auf fast vier
Kilo gesteigert. Die Eltern ERMINE
und ERNST sind beide vier Jahre
alt. LOTTE ist ihr erstes Kind. ER-
MINE erweist sich als sehr entspan-
nte und fürsorgliche Mutter. Der Zoo
Bereits im November 2011 kam Klam-
meraffenbaby GABY zur Welt. GABY
wurde von ihrer Mutter nicht ange-
nommen und wird von Hand aufge-
zogen. Auch Baby EMMANUEL muss
mit der Flasche groß gezogen wer-
den. Die Pfleger fanden GABY, das
erste Kind der fünfjährigen OCANA,
Frankfurt kann auf eine lange Erd-
ferkel-Haltung zurückblicken. Die
Welterstzucht gelang hier 1962. Mit
kleinen Unterbrechungen werden die
NACHWUCHS BEI DEN GOLDSTIRN-KLAMMERAFFENauf dem Boden, die Nabelschnur war
nicht abgebissen – im Freiland ein
Todesurteil für einen kleinen Affen.
„Leider kommt es in der Natur häufig
vor, dass Mütter ihr Erstgeborenes
nicht akzeptieren“, erklärt Zoodirek-
tor Prof. Dr. Manfred Niekisch. „Sie
wissen oft einfach noch nicht, was
sie tun müssen und sind von der
Situation überfordert.“ GABY hatte
Glück: Sie wurde aus dem Gehege
genommen und wird von Hand auf-
gezogen. Seit Ende Januar lebt GABY
in den Affenanlagen direkt neben ih-
ren Artgenossen. Sie sollen sich lang-
sam aneinander gewöhnen, damit
GABY bald in die Gruppe integriert
werden kann.
Im Februar konnte sich der Zoo
über eine weitere Klammeraffen-Ge-
burt freuen. Zunächst sah alles gut
aus: Mutter SHAKIRA kümmerte sich
vorbildlich um ihr zweites Kind EM-
MANUEL. Doch in der dritten März-
woche saß der Kleine plötzlich auf
dem Arm seines Vaters ZAC und we-
nig später bei seiner Tante OCANA.
Ohne einen Zugang zu der lebens-
wichtigen Muttermilch wurde das
Jungtier aber immer schwächer und
musste schließlich aus dem Gehege
genommen werden. EMMANUEL
wird nun zusammen mit GABY groß
gezogen.
Mutterersatz: Tierpfleger Albert Hess gibt GABY die Flasche.
Afrikanischen Savannenbewohner in
Frankfurt seit 1925 gezeigt und ge-
züchtet. Die letzte Nachzucht liegt al-
lerdings bereits fünf Jahre zurück.
Erster Ausfl ug: Die kleine LOTTE erkundet das Gehege an der Seite von Mutter ERMINE.
Foto
: Win
frie
d Fa
ust
Foto
: Win
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d Fa
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24 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012
AUS DEM ZOO FRANKFURT
ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012 25
DAS GRZIMEK-CAMP SOLL IN NEUEM GLANZ ERSTRAHLENDen 25. Todestag von Bernhard Grzi-
mek nahm der Zoo Frankfurt zum
Anlass, das in die Jahre gekommene
Grzimek-Camp zu renovieren und um
eine kleine Attraktion zu erweitern.
„Die Renovierungsarbeiten am Grzi-
mek-Camp, an dem der Zahn der
Zeit genagt hat, sollen die interak-
tive Ausstellung wieder zu einer At-
traktion machen, die zum Verweilen,
Entdecken und Informieren einlädt“,
sagt Zoodirektor Prof. Dr. Manfred
Niekisch, der auch Vizepräsident der
ZGF ist. Das 2004 eröffanete Grzi-
mek-Camp ist einer Ranger-Station in
der Serengeti nachempfunden; es bie-
tet Einblicke in das Lebenswerk des
berühmten Naturschützers Bernhard
Grzimek.
Neben der Renovierung der Außen-
beschilderung soll das Camp um
eine Tierskulptur erweitert werden.
Geplant ist die annähernd lebens-
große Holzfigur einer Löwin mit
zwei Jungtieren, die im Gras vor der
Camp-Hütte liegen. Die Figur, eine
Kettensägenschnitzerei, soll zum ei-
Schon etwas in die Jahre gekommen: Das Grzimek-Camp soll bis zum Sommer renoviert werden
GEBOREN1,0 Streifenkiwi MARANGA; 0,1 Sonnenralle; 0,0,4 Blaukrönchen; 0,0,3
Blauohrhonigfresser; 0,0,1 Rotohrbülbül; 0,0,1 Azurkopftangare; 0,0,1
Blaukopf-Schmetterlingsfi nk; 0,0,2 Kowari; 0,0,1 Kurzohrrüsselspringer;
0,0,1 Brillenblattnase; 0,0,1 Kaiserschnurrbarttamarin; 0,0,1 Schwarzer
Brüllaffe; 1,0 Goldstirn-Klammeraffe EMMANUEL; 1,0 Bonobo SAMBO;
0,0,1 Springhase; 0,0,2 Goldstachelmaus; 1,0 Mara, 0,1 Mhorr-Gazelle
ZUGÄNGE0,1 Socorrotaube (Zoo Pilsen/PL); 1,1 Visaya-Tariktik-Hornvogel
(Chester/UK; Alphen/NL); 1,1 Grauer Schlanklori (Zoo Prag/CZ);
1,0 Fossa (Zoo Duisburg); 1,1 Riesenborkenratte (Newquay Zoo/UK;
Ostrava/PL); 1,1 Zwergaguti (Zoo Leipzig)
ABGÄNGE0,1 Helmkasuar (Birdland Park & Gardens Bourton/UK); 0,1 Satyrtragopan
(Alphen/NL); 0,1 Furchenschnabel-Bartvogel (Zoo Heidelberg); 1,1 Blaukopf-
Schmetterlingsfi nk (Zoo Magdeburg); 1,0 Goodfellow’s-Baumkänguru
GIZMO (Zoo Duisburg); ; 2,0 Zwergaguti (Zoo Leipzig); 2,0 Alpaka VOLKER,
JEFFERSON (privat); 2,0 Afrikanische Zwergziege (privat)
GESTORBEN1,0 Kahnschnabel; 1,0 Schellente; 1,0 Mandarinente; 0,1 Kragentaube;
1,0 Blaukrönchen; 0,1 Kikuyu-Brillenvogel; 0,0,2 Blauohrhonigfresser;
0,0,1 Rotohrbülbül; 1,0 Gouldamadine; 1,0 Gemalter Astrild;
1,0 Spitzschwanz-Bronzemännchen; 0,0,1 Siedelweber; 1,0,2 Kowari;
1,0 Zwerggleitbeutler; 13,10,6 Brillenblattnase; 0,0,1 Schwarzer Brüllaffe;
1,0 Mantelpavian FABIAN; 0,0,1 Zwergotter; 0,2 Wüstenschläfer;
1,0 Votsotsa; 0,0,1 Springhase; 0,2 Mara; 0,1 Gundi; 0,1 Kleinkantschil;
1,1 Mhorr-Gazelle; 0,2 Afrikanische Zwergziege
ERLÄUTERUNGMit den Zahlen vor den Artnamen bezeichnen Tiergärtner die Anzahl
männlicher (vor dem Komma) und weiblicher (nach dem Komma) Individuen.
Die dritte Zahl gibt die Anzahl von Tieren unbekannten Geschlechts an.
ZOO FRANKFURT | VERÄNDERUNGEN IM TIERBESTAND (1.12.2011 BIS 29.02.2012)
Bei den Frankfurter Mhorr-Gazellen gibt es regelmäßig Nachwuchs
nen auf die Serengeti verweisen, zum
anderen den Besucherinnen und Be-
suchern als Fotomotiv und den Kin-
dern als Spielgelegenheit dienen.
Foto
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