Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft – ein früher Versuch einer militärischen
Integration Westeuropas.
Seminararbeit
08.01.2010
Historisches Institut Philippe Kevin Lionnet
Universität Bern Schermenweg 157
Abteilung für neueste Geschichte 3072 Ostermundigen
Prof. Dr. Christian Gerlach 06-108-914
+41 79 202 88 89
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1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ____________________________________________________________ 2
2. Forschungsstand ______________________________________________________ 6
3. Fragestellung _________________________________________________________ 8
4. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) ____________________ 10
4.1 Der Erfolg der EGKS _____________________________________________ 12
5. Transatlantische militärische Integration – die NATO. _________________________ 14
5.1 Neue Doktrinen _________________________________________________ 14
5.2 Der Nordatlantikvertrag ___________________________________________ 15
5.3 Die strategische Ausrichtung der NATO 1950 __________________________ 18
6. Europa und der Koreakrieg – Die Umstände ändern sich _______________________ 22
6.1 Präzedenzfall in Asien ____________________________________________ 22
6.2 Die Notwendigkeit der deutschen Wiederbewaffnung ____________________ 24
7. Der „Plevenplan“ und der „Deutschlandvertrag“ ______________________________ 25
7.1 Die Rolle der BRD in der EVG ______________________________________ 28
8. Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft EVG ____________________________ 31
8.1 Struktur und Grundsätze des Vertrages _______________________________ 31
8.2 Nationale Truppen in der EVG ______________________________________ 34
8.3 Die Verbindung der EVG mit der NATO _______________________________ 36
9. Das Scheitern der EPG und der EVG. _____________________________________ 38
9.1 Interessenkonflikte verschärfen sich _________________________________ 38
9.2 Die letzte parlamentarische Debatte über die EVG im August 1954 _________ 41
10. Fazit ______________________________________________________________ 45
11. Bibliographie ________________________________________________________ 49
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2
1. Einleitung
Im Juni 1999 schufen die im europäischen Rat vertretenen Staats- und
Regierungschefs die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP).
Damit gab sich die Europäische Union (EU) selbst die Mittel in die Hand, die
sogenannten Petersberg-Aufgaben1 fassen und durchführen zu können. Diese
umfassen gemäss den Beschlüssen des WEU-Ministerrates von 1992 folgende
Punkte:
Humanitäre Aktionen oder Evakuierungsmassnahmen.
Friedenserhaltende Maßnahmen.
Kampfgruppeneinsätze für das Krisenmanagement.2
Diese konnten bislang lediglich im Rahmen der Westeuropäischen Union
(WEU) wahrgenommen werden. Somit verfügte die EU fortan über autonome
sicherheits- und verteidigungspolitische, sprich militärische Fähigkeiten. In den
Jahren danach führte die EU mittels dieser neu geschaffenen Instrumente zivile
und militärische Operationen durch, was wiederum zu einem Anstieg der
Nachfrage von Seiten des UNO-Sicherheitsrates nach einem EU-Engagement
in Krisengebieten führen sollte. Bis zum heutigen Tag fanden folgende
Militäreinsätze unter dem Banner der EU statt:
1„Petersberger Aufgaben“ im Europa-Glossar, http://europa.eu/scadplus/glossary/petersberg_tasks_de.htm
(Letzter Zugriff: 06.01.2010). 2 Ebenda: „einschliesslich Massnahmen zur Wiederherstellung des Friedens“
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3
Die „Operation Concordia“, welche dem militärischen Schutz von
Mitarbeitern der OSZE und der EU in der ehemals jugoslawischen
Republik Mazedonien vom 31. März bis zum 15. Dezember 2003
diente.
Die „Operation Artemis“ auf dem Gebiet der demokratischen
Republik Kongo in der Provinz Bunia. Eine militärische Intervention
mit dem Ziel der Sicherung des Flughafens und „Beiträgen zur
Sicherheit der Zivilbevölkerung“3, welche zwischen dem 12. Juni und
dem 1. September 2003 stattfand.4
Die „EUFOR RD KONGO“, welche an die „Operation Artemis“
anschloss. Ein viermonatiger militärischer Einsatz zur Sicherung der
Parlaments- und Präsidentenwahlen in Kinshasa, der Hauptstadt der
Demokratischen Republik Kongo.5
Ich beschäftige mich im Rahmen einer Arbeit mit einem dieser Engagements
vertieft, der „Operation Artemis“ auf dem Gebiet der sogenannten
„Demokratischen Republik Kongo“ im Sommer 2003. Dies führte mich dazu, die
Ursprünge einer militärischen Integration in Europa nach dem Zweiten
Weltkrieg zu betrachten, und meinen Fokus auf die Entstehungsgeschichte
dieser Integration zu richten. Mein Erkenntnisinteresse in dieser Arbeit gilt dem
Versuch der Gründung einer „Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“ (EVG),
dessen Grundlagenvertrag am 27. Mai 1952 von den sechs Mitgliedstaaten der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) unterzeichnet, jedoch
3 UNO-Resolution 1484 (2003), S.2. 4 Bundesministerium der Verteidigung, Missionen der EU, http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/kcxml/ (Letzter Zugriff 06.01.2010). 5 Rat der Europäischen Union, EUFOR RD CONGO, http://www.consilium.europa.eu/showPage.aspx?id=1091&lang=en (Letzter Zugriff 06.01.2010).
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niemals abschliessend ratifiziert wurde. Damit verknüpft wurde die Europäische
politische Gemeinschaft (EPG), welche ebenfalls scheiterte.
Der Begriff der „Europaarmee“, der in Zusammenhang mit der EVG erstmalig
genannt wurde, taucht zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder im politischen
Diskurs auf. Dies führte neben den ersten Militäroperationen im Rahmen der
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zu
aussenpolitischen Spannungen zwischen den Staaten der EU und dem
während der Zeit des Kalten Krieges prägenden Militärbündnis, der NATO –
insbesondere mit deren wichtigstem Mitgliedsstaat, den USA.6
Über die Aufstellung einer rein europäischen Verteidigungsarmee im Sinne
Churchills hinaus lässt sich eine Tendenz in der Entwicklung der ESVP
feststellen, welche eher an das Vorbild der Hegemonialmacht der USA erinnert.
In Operationen im Balkangebiet, im Kongo oder jüngst an der Küste Somalias
tritt die „Europaarmee“ als global agierender und intervenierender Akteur auf.7
So erklärt die „Europäische Sicherheitsstrategie“ welche am 12. Dezember
2003 kurz nach Abschluss der „Operation Artemis“ verabschiedet wurde, die
„globale“ Rolle der EU:
„Als Zusammenschluss von 25 Staaten mit über 450 Millionen
Einwohnern, die ein Viertel des Bruttosozialprodukts (BSP) weltweit
erwirtschaften, ist die Europäische Union zwangsläufig ein globaler
Akteur ... Sie sollte daher bereit sein,
6 Grasnick, Georg, USA und Europa im Clinch, Aktionsgemeinschaft für Friedensforschung der Universität Kassel, http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Europa/europa-usa.html (Letzter Zugriff 04.01.2010). 7 Hirth, Matthias, Steidle, Myriam, Die zukunft der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, http://www.km.bayern.de/blz/web/europa/essays/zukunft-der-esvp.asp (Letzter Zugriff 06.01.2010).
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Verantwortung für die globale Sicherheit und für eine bessere Welt
mit zu tragen.“8
In Bezug auf das Sicherheitskonzept der EU wird die Erklärung konkret und
liefert bereits eine Legitimationsgrundlage für Interventionen.
„Unser herkömmliches Konzept der Selbstverteidigung, das bis zum
Ende des Kalten Krieges galt, ging von der Gefahr einer Invasion
aus. Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie
oftmals im Ausland liegen. Die neuen Bedrohungen sind
dynamischer Art. Die Proliferationsrisiken nehmen immer mehr zu;
ohne Gegenmaßnahmen werden terroristische Netze immer
gefährlicher. Staatlicher Zusammenbruch und organisierte
Kriminalität breiten sich aus, wenn ihnen nicht entgegengewirkt wird -
wie in Westafrika zu sehen war. Daher müssen wir bereit sein, vor
Ausbruch einer Krise zu handeln. Konflikten und Bedrohungen kann
nicht früh genug vorgebeugt werden.”9
Die Intervention mit dem Zweck der Vorbeugung von verschiedenen
Bedrohungen steht hier als Kern der neuen Sicherheitskonzeption, wie sie sich
meiner Meinung nach an der „Operation Artemis“ von 2003 exemplarisch
aufzeigen lässt. Im Zentrum dieser Arbeit steht nun das ebenfalls in der
„Europäischen Sicherheitsstrategie“ erwähnte „herkömmliche Konzept der
Verteidigung“, welches zu organisieren in der EVG auf der Grundlage einer
Gemeinschaft Westeuropäischer Staaten versucht wurde.
8 Ein sicheres Europa in einer besseren Welt, Europäische Sicherheitsstrategie vom 12. Dezember 2003, S.1. http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/031208ESSIIDE.pdf (Letzter Zugriff 06.01.2010). 9 Ebenda, S.7.
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2. Forschungsstand
Neben Quellen wie Sitzungsprotokollen, Vertragstexten und Zeitungsberichten
erwiesen sich bei meiner Arbeit die Werke zahlreicher Autoren als hilfreich.
Gerade während der vergangenen Dekade erschien eine Reihe von
Publikationen zum Themenkreis der „europäischen Integration“, da dieser durch
die Debatten um den Vertrag von Lissabon und dem Versuch der Ratifikation
einer einheitlichen europäischen Verfassung für einen breiten, aktuellen Diskurs
relevant ist. Von diesen „neuen“ Werken half mir die Zusammenfassung von
theoretischen Ansätzen von Holzinger/Knill/Peters/Rittberger sehr dabei, eine
theoretische Einordnung der EVG in den europäischen Integrationsprozess
vornehmen zu können. An Übersichtsdarstellungen war insbesondere die sehr
Kompakte Version von Herz/Jetzlsberger und die etwas ausführlichere von
Brunn nützlich, um einen Überblick zu gewinnen. „The government and politics
of the European Union“ von Nugent/Paterson erscheint zirka alle drei Jahre in
einer überarbeiteten Auflage und bietet einen vertieften Einblick in die
Entwicklung Europas und zeigt insbesondere die verschiedenen Sichtweisen
und Forschungsschwerpunkte auf.
Zudem existieren zahlreiche ältere Publikationen zum Themenbereich der
europäischen Integration. Anders als etwa die Europäische Politische
Gemeinschaft ist die EVG weitgehend erforscht. Die Sammlung von Andreas
Wilkens zu den Deutsch-Französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960
bietet einen vertieften Einblick in die ökonomische Dimension der EVG mit
Beiträgen von verschiedenen Autoren. Sehr empfehlenswert ist das detaillierte
Werk von Thomas Moser zum Wirkungszusammenhang zwischen europäischer
Integration, Dekolonisation und Eurafrika10, das eine Analyse zu einer meiner
Meinung nach vernachlässigten Perspektive bietet – der Auswirkung von
kolonialen Interessen im europäischen Integrationsprozess und dessen
Rückwirkung auf die Kolonialpolitik – und von mir entsprechend oft zitiert wird. 10 Darunter versteht Moser eine Serie von Assoziationsabkommen zwischen der EWG und afrikanischen Staaten.
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Die Ähnlichkeit vieler Entwicklungsthesen in Bezug auf die europäischen
Gemeinschaften wurde bei meiner Literaturrecherche vor allem von den Thesen
Walter Lipgens unterbrochen, dessen origineller Untersuchungsansatz über die
Problematik des intergouvernementalen/supranationalen Charakters der EVG
einen äusserst wichtigen Beitrag zur Forschung darstellt – sein Fokus
konzentriert sich weit ausführlicher auf die politische Komponente der EVG als
Bestandteil des europäischen politischen Integrationsprozesses als auf
militärische Aspekte.
Englischsprachige Literatur zum Thema zeichnet sich in vielen Fällen durch
einen Fokus auf die Beziehung Europas zum transatlantischen Bündnissystem
aus. Für meine Analyse der Beziehung von NATO und EVG waren die
Monographien von Holland, Stirk und Lundestad wichtig. Zusätzlich die Studie
von Kane zum globalen Einsatz von US-Truppen seit 1950.
Ausgiebig benutzt habe ich die Online-Bibliothek ENA (European Navigator)11,
welche vom „Centre virtuel de la connaissance sur l’Europe (CVCE) betrieben
und betreut wird. Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Institution,
welche durch die luxemburgische Regierung und die EU selbst betrieben wird
und die nach eigener Aussage über 16000 Quellen in einem Onlinearchiv
unentgeltlich im Originaltext und in Transkriptionen und Übersetzungen zur
Verfügung stellt.12 Ebenso oft konnte ich für mich relevante Quellen durch die
Online-Plattform SSRN (Social Science Research Network) und in den Archiven
des französischen Parlamentes und des Deutschen Bundestages finden. Hinzu
kamen die „Dokumente zur Deutschlandpolitik“ in Buchform. Vertragstexte und
Strategiepapiere entnahm ich jeweils auch den offiziellen Webauftritten der
jeweiligen Institutionen (NATO, EU, WEU usw.).
11 http://www.ena.lu/ (Letzter Zugriff 06.01.2010) 12 http://www.cvce.lu/ (Letzter Zugriff 08.01.2010).
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8
3. Fragestellung
Mein Erkenntnisinteresse in dieser Arbeit gilt dem Ursprung, der Entwicklung
und der Bedeutung der EVG als Projekt der europäischen militärischen
Integration. Dies in Hinblick auf eine nach dem Ende des Kalten Krieges
entstehende neue Qualität der militärischen Integration der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und ab 1994 der Europäischen Union (EU) –
wie konnte im Nachkriegseuropa mit einer auf nationalstaatlichen Interessen
beruhenden politischen und militärischen Struktur ein supranationaler Ansatz
auf einer derart delikaten Ebene wie der Verteidigungspolitik entstehen?
Welchen Interessen diente das Projekt? Und schliesslich: Welche Sicherheits-
und Verteidigungskonzeption sah die EVG in „Europa“ vor und woran scheiterte
sie letztlich?
Ausgangspunkt für meine Arbeit ist der Wortlaut des EVG-Vertrages und des
Atlantikpaktes, welche vollständig im Anhang zu finden sind. Ich stütze mich auf
Ausschnitte aus diesen Vertragswerken, die für meine Argumentation
ausschlaggebend sind. Mir ist bewusst, dass formaljuristisch und historisch
gesehen auch andere Argumentationslinien für die Feststellung der Streitpunkte
und Verknüpfungen möglich wären, allerdings musste ich auch wegen des
beschränkten Umfanges eine rigide Selektion vornehmen.
Auch eine Folge der Selektion ist ein Verzicht auf eine Erörterung des Projektes
„Europäische Politische Gemeinschaft“, welches mit der EVG eng verbunden
ist. Da mein Fokus auf der Verteidigungspolitik liegt, muss ich diesen
spannenden Teil der europäischen Integrationsentwicklung ausklammern.
Meine Arbeit begann mit einem ereignishistorischen Überblick, aufgrund dessen
ich eine Phasierung vornahm die auch Grundlage der Struktur dieser Arbeit ist.
Aufgrund meiner Fragestellung begann ich anschliessend eine umfassende
Recherche nach Quellenmaterial zu den einzelnen Teilgebieten, um den
Verlauf der Ereignisse gemäss meinem Erkenntnisinteresse erklären zu können
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– dabei ging ich jeweils vom Wortlaut der relevanten Vertragswerke aus, welche
im Anhang dieser Arbeit abgedruckt sind.
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10
4. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)
Die Lösung der „deutschen Frage“ durch die französische Regierung - also der
Gefahr einer erneuten militärischen Bedrohung durch ein wiederaufgebautes
und wiederbewaffnetes Deutschland und dessen politische und wirtschaftliche
Einbindung in die Nachkriegsstrukturen – sollte durch verschiedene
Massnahmen erreicht werden: neben der Entwaffnung, der Beschränkung der
Souveränität, der Aufsicht durch die Siegermächte, der Abtrennung des
industriell wichtigen Ruhrgebietes und zahlreichen Produktionsverboten und –
Beschränkungen insbesondere durch eine wirtschaftliche Integration des
restlichen Europa.13 Dieses Vorhaben von französischer Seite, Deutschland
politisch und wirtschaftlich zu marginalisieren, scheiterte am Unwillen der
britischen Labour-Regierung, Integrationsplänen mit dem europäischen
Festland zuzustimmen.14
Eine unkontrollierte Verselbstständigung eines mit US-amerikanischer Hilfe neu
aufgebauten deutschen Staates sollte also mit dessen Einbindung in eine
festgefügte europäische Struktur verhindert werden. Politische Widerstände
gegen einen europäischen Zusammenschluss mit Deutschland erzeugte
allerdings die begründete Furcht vor der wirtschaftlichen Übermacht
Deutschlands – beruhend primär auf der Tatsache, dass deutscher Stahl zu
einem Preis produziert werden konnte, mit dem die französische Industrie nicht
mitzuhalten vermochte.15
Der Leiter des französischen Planungsamtes, Jean Monnet, entwickelte Ende
der vierziger Jahre die Grundidee: Den Schlüsselproduktionen des Kohle- und
Stahlbereichs sollte die nationale Kontrolle und autonome Entwicklung
13 Vgl. dazu auch: Bossuat, Gérard, Les conceptions françaises des relations économiques avec l’allemagne (1943-1960), in: Wilkens, Andreas (Hrsg.), Die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960), Sigmaringen 1997, S. 25 ff. 14 Rosengarten, Monika, Grossbritannien und der Schuman-Plan, Frankfurt 1997, S.11 f. 15 Brunn, Robert, Die Europäische Einigung, Stuttgart 2002, S.75.
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11
entzogen werden, Handelshemmnisse abgebaut, Kartelle bekämpft und ein
gemeinsamer Markt für Kohle, Eisen, Schrott und Stahl eingerichtet werden.
Dies, um durch eine „Solidarität der Produktion“, wie der französische
Aussenminister Robert Schuman es ausdrückte, eine dauerhafte Befriedung
der Beziehungen Frankreichs zu Deutschland sicherzustellen.16
Ebenfalls konnte so Deutschland über seine Schlüsselindustrien in ein
europäisches Konzept eingebunden werden, während Frankreich seinerseits
seine Industrien über die festgelegten Marktbedingungen schützen konnte. Die
vom französischen Aussenminister Robert Schuman an die deutsche
Regierung gerichtete Initiative diente letztlich der Wahrung und Sicherung
französischer Interessen – eine „Fortsetzung der nationalen Politik mit
europäischen Mitteln.“17 Die Regierung der jungen BRD konnte durch eine
Beteiligung die aussenpolitische Isolation durchbrechen und die
Mengenbegrenzungen für die Stahlproduktion durch die Siegermächte
abbauen.18
Auch für die BENELUX-Staaten und Italien überwog ein Interesse an einer
politischen Beteiligung die wirtschaftlichen Bedenken, weshalb sowohl das
belgische wie auch das luxemburgische, das italienische und das
niederländische Parlament zustimmten.19 Die EGKS wurde am 18.April 1952
unter Einbezug der BENELUX-Staaten und Italiens gegründet, kurz danach
erklärten die Westmächte den Kriegszustand mit Deutschland für beendet.20
Weiterhin in Kraft blieb jedoch das Besatzungsstatut vom 10. Mai 1949,
welches die völkerrechtliche Grundlage für eine eventuelle Entmachtung der
Regierung der BRD darstellte:
16 Herz, Jetzlsberger, S.23 ff. 17 Ebenda, S. 77. 18 "Der Schuman-Plan", in Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. 20.12.1951, Nr. 23: S. 177. 19 Bornschier, Volker, EU-Mitgliedschaft und wirtschaftliche Konvergenz in: Bach, Maurizio (Hrsg.), die Europäisierung nationaler Gesellschaften, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 40/2000, S. 177 ff. 20 Lappenküper, S. 8.
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12
„Die Regierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des
Vereinigten Königreichs hoffen und erwarten, dass die
Besatzungsbehörden keinen Anlass haben werden, auf anderen
Gebieten als auf den ihnen oben ausdrücklich vorbehaltenen
einzugreifen. Die Besatzungsbehörden behalten sich indessen das
Recht vor, auf Weisung ihrer Regierungen die Ausübung der vollen
Gewalt ganz oder teilweise wieder zu übernehmen, wenn sie dies als
wesentlich ansehen für die Sicherheit oder die Aufrechterhaltung der
demokratischen Regierung in Deutschland oder als Folge der
internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen.“21
Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland war gemäss diesem Statut
also kein Staat im völkerrechtlichen Sinn, da der Regierung das Element der
Staatsgewalt jederzeit entzogen werden konnte.22
4.1 Der Erfolg der EGKS
Der Erfolg der EGKS muss im Licht der günstigen Umstände gesehen werden.
Sowohl die britische wie auch die US-amerikanische Regierung drängten auf
eine Aufhebung der Begrenzung der westdeutschen Stahlproduktion sowie auf
eine schnelle Wiederbewaffnung Deutschlands zur Sicherung der geopolitisch
wichtigen Grenzen23 – das Zeitfenster, in welchem sich auch die französische
Legislative zu einer solchen Notwehrreaktion veranlasst sah, war also klein.
Aber es genügte, der Grundlagenvertrag der EGKS trat am 25. Juli 1952 mit
einer Laufzeit von 50 Jahren in Kraft.24 Damit waren die für die
21 Artikel 3 des Besatzungsstatuts vom 10. Mai 1949, Vgl. dazu auch: http://www.hdg.de/lemo/html/dokumente/Nachkriegsjahre_verordnungBesatzungsstatut/index.html (Letzter Zugriff 06.01.2009).
23 Stirk, S.121. 24 Kipping, Matthias, Welches Europa soll es sein, Der Schuman-Plan und die deutsch-französischen Industriebeziehungen, in: Wilkens, Andreas (Hrsg.), die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960, Sigmaringen 1997, S. 249 ff.
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13
Rüstungsindustrie grundlegenden Wirtschaftsbereiche der Kohle- und
Stahlproduktion der Antagonisten Frankreich und Deutschland in einer
Wirtschaftsgemeinschaft mit einer mit supranationalen Kompetenzen
ausgestatteten „hohen Behörde“ als Leitinstitution verbunden25.
25 Diese supranationale Komponente stellte den Hauptgrund für die Abwesenheit der britischen Regierung im Verhandlungsprozess dar. Der britische Aussenminister Ernest Bevin fasste die Position seiner Regierung zusammen, als er sagte: „On no account must H.M. Government come into an arrangement providing for an authority independent of Governments.“. Vgl auch dazu: Rosengarten, Monika, Grossbritannien und der Schuman-Plan, Frankfurt am Main 1997, S.47 ff.
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5. Transatlantische militärische Integration – die NATO.
5.1 Neue Doktrinen
Die aussenpolitische Ausrichtung der USA hatte sich angesichts sich
abzeichnender geopolitischer Interessen der Sowjetunion in der Türkei und in
Griechenland im Rahmen der sogenannten „Truman-Doktrin“ 1947 geändert –
die Unterstützung „freier Völker“ als Legitimationsgrundlage für eine
Eindämmungsstrategie gegen sowjetische Interessen in peripheren Gebieten
auch mit militärischen Mitteln.26
Der Ankündigung dieser neuen Strategie am 12. März 1947 vor dem US-
Kongress – eine Abkehr von der früheren Ansicht, US-amerikanische
Interessen auf die „westliche Hemisphäre“ gemäss der Monroe-Doktrin zu
beschränken27 – folgte im Juni desselben Jahres eine Erklärung, welche
finanzielle Unterstützung für westeuropäische Staaten zu deren Stärkung
bereitstellen sollte. Dieses Vorhaben wurde unter der Bezeichnung
„Marschallplan“ in den darauf folgenden Jahren in die Tat umgesetzt. Die 16
westeuropäischen Staaten, die sich in der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung zusammengeschlossen hatten und die BRD
erhielten Wirtschaftshilfe von mehr als 13 Milliarden US-Dollar.28
Dieser Erklärung setzte die sowjetische Regierung die sogenannte „Zwei-Lager-
Theorie“ entgegen, welche die Welt in „imperialistische“ und
„antiimperialistische“ Staaten unterteilte und als Grundlage für finanzielle
Hilfeleistungen der UdSSR an Staaten in Ihrem Einflussgebiet diente. Als
26 Varwick, Johannes, Die NATO, Vom Verteidigungsbündnis zur Weltpolizei, S. 18 ff. 27 President Harry S. Truman’s Address before a joint session of congress, march 12, 1947, http://avalon.law.yale.edu/20th_century/trudoc.asp (Letzter Zugriff 06.01.2009). 28 Ebenda, S. 19.
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Gegenstück zum Marshallplan und der dazugehörigen „Organisation für
europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit“ (OEEC) entstand 1949 auf
sowjetische Initiative der „Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (RGW, auch
COMECON). Die Kriegsallianz war damit endgültig auseinandergebrochen29
Am 17. März 1948 hatten sich Frankreich, Grossbritannien und die BENELUX-
Staaten durch die Ratifikation des „Brüsseler Vertrags“30 zu einem
Militärbündnis zusammengeschlossen – der sogenannten „Westunion“.
Gemäss der Präambel geschah dies aus einem historisch verständlichen
Grund: gegen eine erneute Aggression eines eventuell wiedererstarkenden
deutschen Staates.31 Tatsächlich allerdings reagierten die Westeuropäischen
Staaten so auf den Umsturz in der Tschechoslowakei und erwartete
sowjetische Interventionen in Mittel- und Osteuropa.32 Die militärischen Kräfte in
Westeuropa sollen so gebündelt werden, der Brüsseler Vertrag enthielt denn
auch in Artikel IV eine explizite militärische Beistandspflicht der Vertragsstaaten
im Falle eines Angriffes.33
5.2 Der Nordatlantikvertrag
Aus dieser Vorstufe konnte sich auf der Grundlage einer einseitigen
Sicherheitsgarantie der USA ein multilaterales transatlantisches Abkommen, die
North Atlantic Treaty Organisation (NATO) entwickeln – die Verhandlungen
29 Altrichter, Helmut, Kleine Geschichte der Sowjetunion 1917-1991, München 2007, S.128 ff. 30 « Traité de collaboration en matière économique, sociale et culturelle et de légitime défense collective » 31 The origins of WEU, http://www.weu.int/index.html (Letzter Zugriff 08.01.2010). 32 "West-Union - eine Dritte Kraft?", in: Frankfurter Rundschau. 31.01.1948, Nr. 13; 4. Jg, S. 1. 33 Artikel IV, Traité de Bruxelles: « Au cas où l’une des Hautes Parties Contractantes serait l’objet d’une agression armée en Europe, les autres lui porteront, conformément aux dispositions de l’article 51 de la Charte des Nations Unies, aide et assistance par tous les moyens en leur pouvoir, militaires et autres. Siehe dazu auch : Varwick, S.25.
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16
über ein Militärbündnis Grossbritanniens mit Kanada und den USA begannen
bereits parallel zur Ratifikation des Brüsseler Paktes.34 Der am 4. April 1949
unterzeichnete35 sogenannte Nordatlantikvertrag stellte nicht nur ein klares
Bekenntnis zu der UNO-Charta dar, sondern lieferte auch eine Definition der
Bündnisfälle:
Artikel 5 NATO-Vertrag vom 4. April 1949
„Die vertragschließenden Staaten sind darüber einig, dass ein
bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere von ihnen in Europa
oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle betrachtet werden
wird, und infolgedessen kommen sie überein, dass im Falle eines
solchen bewaffneten Angriffs jeder von ihnen in Ausübung des in
Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen anerkannten Rechts zur
persönlichen oder gemeinsamen Selbstverteidigung den
Vertragsstaat oder die Vertragsstaaten, die angegriffen werden,
unterstützen wird, indem jeder von ihnen für sich und im
Zusammenwirken mit den anderen Vertragsstaaten diejenigen
Maßnahmen unter Einschluss der Verwendung bewaffneter Kräfte
ergreift, die er für notwendig erachtet, um die Sicherheit des
nordatlantischen Gebietes wiederherzustellen und
aufrechtzuerhalten. Jeder derartige bewaffnete Angriff und alle als
dessen Ergebnis ergriffenen Maßnahmen sollen dem Sicherheitsrat
unverzüglich gemeldet werden. Diese Maßnahmen sind zu beenden,
sobald der Sicherheitsrat die zur Wiederherstellung und
Aufrechterhaltung des Völkerfriedens und der internationalen
Sicherheit notwendigen Maßnahmen getroffen hat.“
34 Altrichter, S.21. 35 Von Belgien, Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Grossbritannien, Kanada und den USA. Siehe dazu auch: http://www.staatsvertraege.de/natov49.htm (Letzter Zugriff 04.01.2010).
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17
Dieser Artikel 5 des NATO-Vertrages gilt als dessen Kernstück und enthält das
Prinzip der „kollektiven Verteidigung“.36 Artikel 51 der UNO-Charta – das Recht
souveräner Staaten auf militärische Selbstverteidigung - gilt als
Legitimationsgrundlage für NATO-Operationen zur Verteidigung des im NATO-
Vertrag bezeichneten Gebietes. Der räumliche Geltungsbereich beschränkt sich
also auf das „nordatlantische Gebiet“, welches im Anschluss genauer definiert
wird. Die Initiative zu „Massnahmen“ kann dabei von der NATO selbst
ausgehen, das Ende derselben soll allerdings nach Massgabe des UNO-
Sicherheitsrates festgelegt werden. Allerdings räumt der NATO-Vertrag den
Mitgliedsstaaten ein Ermessen ein, wie ihr Engagement im Bündnisfall
ausgestaltet sein soll. Es gibt aus Artikel 5 also keinen direkt ableitbaren
Anspruch auf militärischen Beistand.
Artikel 5, Abs. I NATO-Vertrag vom 4. April 1949
„Als ein bewaffneter Angriff auf einen oder mehrere der
vertragschließenden Staaten im Sinne des Artikels 5 gilt ein
bewaffneter Angriff auf das Gebiet irgendeines dieser Staaten in
Europa oder Nordamerika, auf die algerischen Departements
Frankreichs, auf die Besatzungen, die irgendein Vertragsstaat in
Europa unterhält, auf die der Gebietshoheit eines Vertragsstaates
unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des
Wendekreises des Krebses oder auf die Schiffe und Flugzeuge
irgendeines Vertragsstaates innerhalb dieses Gebietes.“
Der Vertrag definiert also neben dem eigentlichen Staatsgebeit der
Mitgliedsstaaten auch den gesamten Atlantik nördlich des nördlichen
Wendekreises auf 23.5 Grad nördlicher Breite37 zu militärischem Hoheitsgebiet
der NATO. Besonders erwähnenswert sind die einzigen explizit erwähnten
36 Varwick, S.24 f. 37 http://de.encarta.msn.com (Letzter Zugriff 04.01.2010).
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Kolonien, die französischen Departemente in Algerien.38 Die ideelle Grundlage
wurde in der Präambel mit der Verteidigung der „Lebensform“ der
Mitgliedsstaaten auf „politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet“ und
dem Entschluss „die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer
Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit und des Rechts
beruhen, zu gewährleisten.“ festgehalten. Eine Bemerkung hierzu: Im Falle des
autoritär durch das Salazar-Regime regierten Portugal überwog dennoch das
Interesse an der Integration der wichtigen Atlantikhäfen gegenüber diesen
Grundsätzen – weshalb der Staat als Mitglied zugelassen wurde.39 Dasselbe
Phänomen liess sich auch im Falle des griechischen EWG-Beitritts 1981
beobachten. Zurzeit wird über diese Wertefrage in Hinblick auf einen
eventuellen Beitritt der Türkei in der Öffentlichkeit wie innerhalb der EU
debattiert.40
5.3 Die strategische Ausrichtung der NATO 1950
Das “Strategic Concept for the Defense of the North Atlantic area (DC 6/1)”41
definierte am 6. Januar 1950 die strategischen Grundlagen und zeigte die klare
Ausrichtung der NATO als Verteidigungsbündnis gegen Militäroperationen der
UdSSR vornehmlich in Westeuropa. Grundannahmen waren die numerische
Unterlegenheit in Bezug auf konventionelle Truppen im Vergleich zu den
Kapazitäten der UdSSR und das Vertrauen auf die abschreckende Wirkung des
38Am 16. Januar 1963 stellte der Rat fest, daß die Bestimmungen des Nordatlantikvertrags betreffend die ehemaligen algerischen Departements Frankreichs mit Wirkung vom 3. Juli 1962 gegenstandslos geworden sind. Siehe dazu auch: http://www.nato.int/docu/other/de/treaty-de.htm#fn2 (Letzter Zugriff 05.01.2009). 39 Varwick, S.22. 40 Vgl. hierzu Eurotopics: Europa und die Türkei, http://www.eurotopics.net/de/archiv/magazin/politik-verteilerseite/europa_und_die_tuerkei_2007_06/ (Letzter Zugriff 05.01.2010). 41 http://www.nato.int/docu/stratdoc/eng/a491201a.pdf (Letzter Zugriff 04.01.2010).
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US-amerikanischen Nuklearpotentials.42 Die Allianz sollte ermöglichen, dass
Bombardements – also Luftschläge - „schnell und mit allen nötigen Mitteln und
Waffen“ durchgeführt werden können43, war also primär auf die Bereitstellung
und Sicherung von Luftwaffenstützpunkten auf europäischem Gebiet unter dem
Schirm der UNO und der US-Truppen ausgerichtet.
(a) Insure the ability to carry out strategic bombing promptly by
all means possible with all types of weapons, without
exception. This is primarily a U.S. responsibility assisted
as practicable by other nations.
(b) Arrest and counter as soon as practicable the enemy
offensives against North Atlantic Treaty powers by all means
available, including air, naval, land and psychological
operations. Initially, the hard core of ground forces will
come from the European nations. Other nations will give aid
with the least possible delay and in accordance with over-all
plans.
Die Formulierung “as soon as practicable” hätte im Falle eines Angriffes der
UdSSR bedeutet, dass möglichst weit östlich reagiert werden sollte. Die
Hauptlast der Operationen mit konventionellen (Boden-)Truppen sollte dabei
von europäischen Staaten getragen werden.
(c) Neutralize as soon as practicable enemy air operations
against North Atlantic Treaty powers. In this undertaking
the European nations should initially provide the bulk of the
42 Varwick, S.32 ff. 43 “insure the ability to carry out strategic bombing promptly by all means possible with all types of weapons, without exception”, Vgl dazu auch: North Atlantic Treaty Organisation, strategic concept, http://www.nato.int/cps/en/natolive/topics_56626.htm#31 (Letzter Zugriff 06.01.2010).
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tactical air support and air defense; other nations aiding
with the least possible delay in accordance with over-all
plans.
(d) Secure and control sea and air lines of communication, and
ports and harbors, essential to the implementation of common
defense plans. The defense and control of sea and air LOC’s
will be performed through common cooperation in accordance
with each nation’s capabilities and agreed responsibilities.
In this regard it is recognized that the United States and
United Kingdom will be primarily responsible for the
organization and control of ocean lines of communication.
Other nations will secure and maintain their own harbor
defenses and coastal LOC’s and participate in the
organization and control of vital LOC’s to their territories
as may be indicated in over-all plans.
Die Hauptverantwortung der USA und Grossbritanniens wird in der
Kommunikation über den atlantischen Ozean festgehalten – dies erschien
strategisch sinnvoll, da die militärische Koordination durch die Erfahrungswerte
der beiden Weltkriege am effektivsten möglich war. Die Pflicht der anderen
Nationen innerhalb der NATO sollte entsprechend im Unterhalt der
notwendigen Infrastruktureinrichtungen (See- und Flughäfen) und deren
Verteidigungsanlagen (LOCs) bestehen:
(e) Secure, maintain and defend such main support areas, air
bases, naval bases and other facilities as are essential to
the successful accomplishment of the basic undertaking.
These undertakings will be a responsibility of the nations
having sovereignty over these essential bases, areas and
facilities, aided as necessary and to the extent set forth in
collective defense plans.
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Anschliessend an die Sicherung der wichtigen Transport- und
Kommunikationsinfrastruktur sollte die Mobilisierung der nationalen Truppen im
Rahmen eines im Verteidigungsplan festgelegten Beitrages erfolgen, womit
dem NATO-Oberbefehlshaber militärische Mittel für Offensiven zur Verfügung
stünden.
(f) Mobilize and expand the over-all power of the Treaty nations
in accordance with their planned contribution to later
offensive operations designed to maintain security of the
North Atlantic Treaty area.
Die strukturellen Probleme in der Umsetzung von DC (6/1) wurden mit dem
Ausbruch des Koreakrieges und einer plötzlich unmittelbar scheinenden
Bedrohungslage augenscheinlich.
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6. Europa und der Koreakrieg – Die Umstände ändern sich
6.1 Präzedenzfall in Asien
Während den Verhandlungen über die Gründung der EGKS griff die US-Armee
mit der Unterstützung von Truppen verschiedener Staaten44 auf der Grundlage
der UNO-Resolutionen 82, 83 und 85 in Korea ein. Dieses Mandat wurde
wenige Tage nach dem Beginn des Überfalls der nordkoreanischen Armee auf
Südkorea mit dem Überschreiten des 38. Breitengrades am 25. Juni 1950
verabschiedet.45 Der Beginn des Konfliktes führte zu einer Verschärfung der
Spannungen zwischen der UdSSR und den USA sowie die Furcht vor einer
sowjetischen Invasion der BRD – man sah im Überfall der kommunistischen
nordkoreanischen Armee auf Südkorea Parallelen zu einem möglichen
Szenario in Westdeutschland.46
Der Krieg in Korea stellt für die US-amerikanische Aussenpolitik eine Zäsur dar.
Präsident Harry S. Truman betonte rückwirkend in seiner Autobiographie:
"Communism was acting in Korea, just as Hitler, Mussolini and the
Japanese had ten, fifteen, and twenty years earlier. I felt certain that
if South Korea was allowed to fall Communist leaders would be
emboldened to override nations closer to our own shores. If the
Communists were permitted to force their way into the Republic of
Korea without opposition from the free world, no small nation would
44 Bemerkung: Etwa 90% der eingreifenden Truppen waren US-Amerikaner, die restlichen 10% wurden von 16 Nationen gestellt und bestanden zu einem grossen Teil aus Sanitätspersonal. Vgl auch dazu Kane, Tim, Global U.S. Troop Deployment, 1950-2005, A report of the Heritage Center for Data Analysis, CDA06-02, Washinton 2006.
Quelle: http://ssrn.com/abstract=1146649 (Letzter Zugriff 04.01.2010). 45 UNO-Resolution 85 vom 31. July 1950, http://www.unhcr.org/refworld/publisher,UNSC,,KOR,3b00f28224,0.html (Letzter Zugriff 06.01.2010). 46 Stöver, Bernd, Der Kalte Krieg, 2. Auflage, München 2006, S.32 ff.
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have the courage to resist threat and aggression by stronger
Communist neighbors."
Diese später als “Dominotheorie” bezeichnete Annahme, dass der Übergang
eines Staates in kommunistisches Herrschaftsgebiet eine Kettenreaktion in
anderen Staaten („Small Nations“) nach sich ziehen würde, liess die US-
amerikanische Regierung schnell und unter hohem Ressourceneinsatz
reagieren – besonders nachdem die ersten Interventionstruppen verlustreich
durch die nordkoreanische Armee zurückgeschlagen wurde und im September
1950 buchstäblich mit dem Rücken zum Meer standen. Dies hatte eine massive
Erhöhung der militärischen Kapazitäten durch die USA zur Folge.47
Lageanalysen ergaben, dass die militärischen Möglichkeiten der USA zur
Erfüllung der Bündnispflicht gegenüber der NATO im Falle eines militärischen
Konflikts mit der UdSSR nicht ausreichen würden.48 An der
Aussenministerkonferenz von New York am 12. September 1950 stellte die
schnelle Wiederbewaffnung der BRD entsprechend einen zentralen Punkt auf
der Tagesordnung dar – auch aufgrund des erkennbaren Aufbaus
paramilitärischer Streitkräfte in der DDR49. Auf die Gründung einer bewaffneten
„Volkspolizei“ in der DDR wollte die Regierung Adenauer mit der Einrichtung
einer deutschen Staatspolizei mit der vorläufigen Grösse von 150000 Mann
reagieren.50 Die Einführung integrierter Streitkräfte in Westeuropa und die
sogenannte „Vorwärtsstrategie“ – jedem Angriff der UdSSR sollte (wie bereits
am Wortlaut der DC (6/1) aufgezeigt) so weit östlich wie möglich
entgegengetreten werden – erforderte eine Integration der BRD als militärisch
47 Kane, Tim J, Global U.S. Troop Deployment, 1950-2005 (May 24, 2006). Quelle: http://ssrn.com/abstract=1146649 (Letzter Zugriff 04.01.2010). 48 Brunn, S.88 ff. 49 Lappenküper, Ulrich, Die Aussenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1990, München 2008, S.7 f. 50 Stirk, Peter M. R., A history of European Integration since 1914, London1996, S. 126.
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handlungsfähigen Akteur in die Verteidigungsstrategie.51 Gemäss
amerikanischen Angaben wären rund 60 Divisionen für die Verteidigung
Europas gegen die etwa 170 theoretisch verfügbaren sowjetischen Divisionen
nötig gewesen. Im April 1951 standen insgesamt 20 aktive Verbände bereit,
deren Ausrüstung als veraltet eingestuft wurde. Die einzig effiziente
Rüstungsindustrie stellte die britische dar. Es existierten folgerichtig
Notstandspläne, die einen Rückzug hinter die Pyrenäen mit dem Ziel einer
anschliessenden Wiedereroberung europäischer Gebiete vorsahen.52 Für eine
sinnvolle Verteidigungsstrategie gemäss D/C 6/1 war eine Möglichkeit zur
Mobilisierung militärischer Kapazitäten der BRD im Grunde unverzichtbar.
6.2 Die Notwendigkeit der deutschen Wiederbewaffnung
Diese Vorstellung lief französischen Interessen diametral entgegen. Seit 1945
war die Doktrin gegenüber der BRD eine Politik der langfristigen Eindämmung
sämtlichen militärischen und wirtschaftlichen Potentials.53 Die Situation der
Bedrohung durch die UdSSR und das Drängen der US-Regierung auf schnelle
Wiederbewaffnung der BRD forderten nun schnelle Reaktionen von den
EGKS-Staaten.54 Es ging darum, Deutschland in die Westeuropäische und
atlantische Militärstruktur einzubinden und gleichzeitig ein Wiedererwachen
eines „deutschen Militarismus“ zu verhindern, also Deutschland als Risikofaktor
auszuschalten.
Am 11. August 1950 schlug der britische Premierminister Winston Churchill in
einer Rede im britischen Unterhaus, gerichtet an den Ministerrat der EGKS in
Strasbourg die Gründung einer „europäischen Armee“ unter der Verantwortung
51 Varwick, S.33 ff. 52 Vgl. dazu Moser, Thomas, Europäische Integration, Dekolonisation, Eurafrika, Baden-Baden, 2000, S.189. 53 Holland, S. 22 ff. 54 Guyomarch, Alain et al., France in the European Union, New York 1998, S. 20 f.
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eines europäischen Verteidigungsministers vor.55 Jean Monnet nahm diese
Idee auf. Die durch den strategischen Wert der deutschen Wirtschaft für den
Koreakrieg eröffneten Möglichkeiten zum selbstständigen Aufstieg sah die
französische Regierung als Gefährdung für dessen Integration in Europa. Eine
direkte Integration deutscher Truppen in die NATO wiederum hätte die BRD
den USA angenähert und der französischen Kontrolle entzogen. Hinzu kam die
längerfristige Hoffnung der französischen Regierung, mit einem
kontinentaleuropäischen Militärübereinkommen unter französischer Führung
vermehrt eigene Kräfte zur Bewältigung des Kolonialkrieges in Indochina
freisetzen zu können.56 Eine innereuropäische Lösung schien für die
französische Regierung also die erste Option der Wahl. Die Initiative zur
Schaffung einer „Armee des geeinten Europas“ auf Grundlage eines
Strategiepapiers des französischen Ministerpräsidenten Pleven entstand also
wie die EGKS aus einer Notlage der französischen Aussenpolitik heraus.
Dieses Strategiepapier wird im Folgenden als „Plevenplan“ in Analogie zum
„Schuman-Plan“ zur Gründung der EGKS bezeichnet.
7. Der „Plevenplan“ und der „Deutschlandvertrag“
Im Rahmen der EGKS-Verhandlungen legte der französische Premierminister
René Pleven im Oktober 1950, rund einen Monat nach der
Aussenministerkonferenz von New York der französischen National-
versammlung den Plan für eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)
vor. Damit sollte das Dilemma zwischen der Furcht vor einer erneuten
Militarisierung eines deutschen Staates und der Notwendigkeit eines wirksamen
Einbezugs der BRD in das transatlantische Bündnissystem über eine
militärische Erweiterung der europäischen Integrationsbestrebungen gelöst
55 Council of Europe - Consultative Assembly. Reports. Second session. 7th-28th August 1950. Part I. Sittings 1 to 12. 1950, S. 121-124. 56 Vgl. dazu auch Moser, S.190 f.
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26
werden.57 In seiner Rede vor der französischen Nationalversammlung betonte
René Pleven die Logik der militärischen Integration der EVG durch eine
Kontinuität der institutionellen Integration ausgehend von der EGKS, welche
nun durch „globale Ereignisse“ derart früh einen delikaten Bereich wie die
gemeinsame Verteidigung erfassen soll:
„La création de l’Europe résultera dans la pensée du gouvernement
français, d’une part, de l’adhésion ou de l’association de nouveaux
États à ces institutions, d’autre part, de la création progressive et
rapide d’institutions analogues dans des secteurs de plus en plus
nombreux de l’activité européenne, par exemple les transports, la
production agricole, la surveillance des prix, la répartition des
matières premières et de l’énergie, la compensation des charges
sociales, tous domaines dans lesquels des processus d’unification
présenteraient un intérêt économique et social évident.
Le gouvernement français pensait que la réalisation du plan charbon-
acier permettrait aux esprits de s'habituer à l'idée d'une communauté
européenne avant que ne fût abordée la question si délicate d'une
défense commune. Les événements mondiaux ne lui laissent pas de
répit. Aussi, confiant dans les destinées pacifiques de l'Europe et
pénétré de la nécessité de donner à tous les peuples européens le
sentiment d'une sécurité collective, le gouvernement français
propose de régler cette question par les mêmes méthodes et dans le
même esprit.“58
57 Herz, Dietmar, Jetzlsberger, Christian, Die Europäische Union, München 2002, S. 23 ff. 58 Déclaration du Gouverneur français René Pleven le 24 octobre 1950, dans Journal officiel de la République française. 10.1950, p. 7118-7119.
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Auf der Grundlage der EGKS im „Geist“ der „Europäischen Gemeinschaft“ im
Sinne Plevens sollte eine europäische Armee unter einheitlichem Oberbefehl
begründet werden. Die BRD sollte also eigene Truppen ausheben und
ausrüsten können, diese würden aber unter das Oberkommando der –
zumindest gegenüber der BRD - supranationalen EVG gestellt werden.59 Aus
französischer Sicht war die Idee einer autonomen Armee der BRD und deren
direkter NATO-Beitritt inakzeptabel.60 Die Angst, durch eine eventuelle Intention
der BRD zur Rückeroberung von Territorien in Osteuropa in einen Krieg
gezogen zu werden und ein möglicher Statusverlust innerhalb der NATO durch
eine stärkere BRD prägten diese Einstellung, wie König und Schulz meiner
Meinung nach schlüssig begründen.61
Das Interesse an einer möglichst schnellen und umfassenden europäischen
Integration in Form einer föderalen Struktur manifestierte sich im „Top Down“-
Ansatz – bedeutende Institutionelle Veränderungen sollten zu einer
beschleunigten Konsolidierung der „Vereinigten Staaten von Europa“, wie
Churchill sie in einer Rede an der Universität Zürich im September 1947 und in
zahlreichen Memoranden62 benannt hatte, führen. Diesen Ansatz verfolgte auch
der Plan René Plevens.63 Dieser Ansatz sollte die Einbindung der BRD in ein
europäisches System ermöglichen, ohne die militärische Kontrolle an die NATO
zu verlieren. Die Eile wurde durch das Pochen der USA auf eine schnelle
Sicherung der geopolitisch entscheidenden BRD geboten. Im sogenannten
„One-package-proposal“ schlug der US-Aussenminister Dean Acheson auf
Drängen des US-Verteidigungsministeriums im September 1950 in New York
vor, als Gegenleistung für eine schnelle deutsche Wiederbewaffnung eine
59 Stirk, S.127. 60 Vgl. dazu auch: Mémorandum au président du conseil (18. Septembre 1950), Archives Jean Monnet. Fonds AMG. 6/6/2. 61 König, Mareike, Schulz, Matthias, Die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Einigung 1949-2000, Stuttgart 2004, S. 404 ff. 62 Lenard, Lévénte, Sir Winston Spencer Churchill and the movement of the unification of Europe, European Integration Studies (European Integration Studies), Ausgabe 2/2003, S. 1728. 63 Guyomarch, Alain, Machin, Howard, Ritchie, Ella, France in the European Union, New York, 1998, S.23 ff.
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mittelfristige Erhöhung der US-Truppenstärke in Europa vorzunehmen.64 Die
US-Regierung setzte sich denn auch auf der Tagung des NATO-Rats im
Dezember 1950 mit ihrer Position durch, parallel zu den EVG-Verhandlungen
mit der BRD über eine unverzügliche Aufstellung deutscher Kampftruppen unter
dem Oberkommando der NATO zu debattieren.65 Sowohl die britische wie auch
die US-amerikanische Regierung sah in der EVG wenig mehr als einen
französischen Versuch, die deutsche Wiederbewaffnung zu verhindern oder
zumindest zu verzögern.66 Dies führte zu der merkwürdigen Situation, dass im
„Hotel Petersberg“ Vertreter der BRD mit NATO-Kommissaren über eine
deutsche Wiederbewaffnung verhandelten, während zeitgleich in Paris eine
Aussenministerkonferenz – mit Vertretern der BRD - über die EVG stattfand.
7.1 Die Rolle der BRD in der EVG
Die Verhandlungen über den Pleven-Plan in Paris brachten tatsächlich einen
konsolidierten Vertragstext hervor. Beteiligt waren neben Frankreich die BRD,
Italien, Belgien und Luxemburg. Die restlichen europäischen NATO-Staaten
sowie die USA und Kanada hatten auf französische Einladung Beobachter
entsandt.67 Die Grundlage bestand in national organisierten Grundeinheiten und
supranational organisierten hierarchisch höheren Einheiten,
Kommandobehörden und Logistik.68 Aus deutscher Sicht besass der Vertrag
einen entscheidenden Makel: im Gegensatz zur EGKS hatte die geplante EVG
eindeutig diskriminierende Züge. Anders als den restlichen Mitgliedern würde
der BRD die Aushebung eigener Truppen für nationale Belange ebenso wenig
64 Stirk, S.126. 65 Brunn, S.93. 66 Stirk, S.127. 67 Meier-Dörnberg, Wilhelm, Die Planung des Verteidigungsbeitrages der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der EVG, in: Anfänge Westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, Band 2, München 1990, S. 649 ff. 68 Gaedtke, Jens-Christian, Europäische Aussenpolitik, Paderborn 2009, S.27.
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gestattet wie eine eigenständige Mitgliedschaft in der NATO.69 Jean Monnet
hatte das Prinzip dieser Ungleichbehandlung in einem Schreiben am 3.
September, also rund einen Monat vor der Vorlage des Pleven-Plans
geschildert:
„Certains pays ont des charges hors d’Europe et doivent pour les
assurer conserver à leur disposition des forces intégrées dans
l’armée européenne. D’autres pays n’ont pas d’armée nationale. Ces
circonstances découlent d’une différence de situation et non d’une
inégalité de traitement.“70
Mit der „unterschiedlichen Situation“ der Staaten sollte folglich sowohl die
Hinderung der BRD bezüglich der Aushebung eigener Truppen als auch der
Vorbehalt Frankreichs auf den Erhalt von Truppenverbänden zum Einsatz in
den Kolonien legitimiert werden. Auf die entsprechenden Sonderregelungen
gehe ich im nächsten Kapitel ein.
Die deutsche Regierung forderte von den EGKS-Staaten eine Aufhebung des
Besatzungsstatuts und die Möglichkeit der Einrichtung eines eigenen
Verteidigungsministeriums. Diese beiden Faktoren hätten innen- und
aussenpolitische Souveränität bedeutet. Dennoch liess sich die deutsche
Regierung Adenauer auf die Linie der EVG ein, da die Interessen an einer
politischen Integration in ein westliches Bündnissystem überwogen und die
Sowjetunion durch die sogenannte „Stalin-Note“ eine neue Komponente in die
Debatte um die Zukunft des geteilten Deutschlands einbrachte: am 10. März
1952 schlug Stalin den Westmächten vor, ein wiedervereintes, neutrales
Deutschland zu etablieren.71
69 Ebenda, S. 24. 70 Moser, S.195. 71 Lappenküper, S.9.
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Die Reaktion der Westmächte bestand in einer beschleunigten Beendigung der
Verhandlungen bezüglich der Weiterführung des Besatzungsstatuts und der
Wiederbewaffnung. Der resultierende „Deutschlandvertrag“ oder
„Generalvertrag“ (GV) vom 26. Mai 1952 etablierte die Souveränität der BRD in
inneren und äusseren Angelegenheiten.72 Allerdings wurden die
Vorbehaltsrechte der Westmächte beibehalten, das Besatzungsstatut wurde
nicht formell ausser Kraft gesetzt. Artikel 4 Absatz 1 GV hält so auch fest:
Bis zum Inkrafttreten der Abmachungen über den deutschen
Verteidigungsbeitrag behalten die Drei Mächte weiterhin ihre bisher
ausgeübten oder innegehabten Rechte in bezug auf die
Stationierung von Streitkräften in der Bundesrepublik. Die Aufgabe
dieser Streitkräfte wird die Verteidigung der freien Welt sein, zu der
die Bundesrepublik und Berlin gehören.
Am 27. Mai unterzeichneten die sechs EGKS-Staaten den EVG-Vertrag in
Paris. Grossbritannien und die Niederlande enthielten sich der Ratifikation, da
sie in den diskriminierenden Elementen die Absicht Frankreichs sahen, die
Wiederbewaffnung der BRD zu verzögern. Dies entsprach keineswegs ihren
eigenen sicherheitspolitischen Interessen.73
Im Folgenden werde ich auf die Ausgestaltung und die grundlegenden
Elemente des Vertrages eingehen.
72 Ebenda. 73 Vgl. dazu Moser, S. 193 und Küsters, Hanns-Jürgen. Konrad Adenauer und die Idee einer wirtschaftlichen Verflechtung mit Frankreich, in: Wilkens, Andreas (Hrsg.), die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960, Sigmaringen 1997, S. 249 ff.
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8. Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft EVG
8.1 Struktur und Grundsätze des Vertrages
Der französische Abgeordnete Bonnefous bezeichnete das Ergebnis der
Pariser Verhandlungen, den EVGV in der Nationalversammlung als:
„…ein juristisches Ungeheuer, weder Fisch noch Fleisch, weder
föderal noch konföderal, das die erschreckte Bewunderung
kommender Juristen erregen wird.“74
Wie dies auch im Falle des Schuman-Planes zur Gründung der EGKS
geschehen war, hatten die Verhandlungen zwischen den Aussenministern
durch Kompromisse und Zugeständnisse eine Diskrepanz zwischen dem
ursprünglichen Plan und dem ausgearbeiteten Vertrag geschaffen. Der EVGV
war das Ergebnis monatelanger Debatten und versuchte, möglichst alle
Nationalinteressen zu vereinen.75 Er gliederte sich in folgende Teile76:
Präambel
Erster Titel: Grundsätzliche Bestimmungen
Kapitel I: Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (Artikel 1-8)
Kapitel II: Die europäischen Verteidigungsstreitkräfte (Artikel 9-18)
Zweiter Titel: Die Organe der Gemeinschaft
Kapitel I: Das Kommissariat (Artikel 19-32)
Kapitel II: Die Versammlung (Artikel 33-38)
Kapitel III: Der Rat (Artikel 39-50) 74 Brunn, S.95. 75 Stirk, S.128. 76 Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, http://www.politische-union.de/evgv/ (Letzter Zugriff 02.01.2010).
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Kapitel IV: Der Gerichtshof (Artikel 51-67)
Für meine Untersuchung der Verteidigungskonzeption ist der erste Titel von
Interesse, da er die Verhältnisse der Mitgliedstaaten untereinander und die
Integration der Streitkräfte sowie die Grundsätze der militärischen
Vorgehensweise regelt.
Der Sinn und Zweck des Vertrags wird in der Präambel definiert und mit
verschiedenen Werten verknüpft, zu deren Verwirklichung er beitragen soll:
Präambel:
[Die Regierungen der Vertragsschliessenden Staaten] haben sich
entschlossen, zusammen mit den übrigen freien Völkern im Geist der
Satzung der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens
beizutragen und insbesondere in enger Verbindung mit den
Organisationen gleichen Zieles die Verteidigung Westeuropas gegen
jeden Angriff zu sichern.
Sie haben erwogen, dass das beste Mittel, dieses Ziel rasch und
wirksam zu erreichen, darin besteht, Menschen und Hilfsquellen,
soweit das mit den militärischen Erfordernissen verträglich ist, in
gemeinsamen Verteidigungsstreitkräften im Rahmen einer
überstaatlichen europäischen Organisation völlig zu verschmelzen.
Sie sind überzeugt, dass diese Verschmelzung, insbesondere ein
gemeinsamer Haushalt und gemeinsame Rüstungsprogramme, zur
zweckmäßigsten und wirtschaftlichsten Verwendung der Hilfsquellen
ihrer Länder führen wird.
Sie sind entschlossen, auf diese Weise die Entwicklung ihrer
Wehrkraft zu sichern, ohne den sozialen Fortschritt zu
beeinträchtigen.
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Sie werden es sich dabei angelegen sein lassen, die geistigen und
sittlichen Werte zu wahren, die das gemeinsame Erbe ihrer Völker
sind und sie sind überzeugt, dass in der gemeinsamen Streitmacht,
die ohne unterschiedliche Behandlung der beteiligten Staaten
gebildet wird, die Vaterlandsliebe der Völker nicht an Kraft verlieren,
sondern sich vielmehr festigen und in erweitertem Rahmen neue
Gestalt finden wird.
Sie tun diesen Schritt in dem Bewusstsein, hiermit einen weiteren
und bedeutsamen Abschnitt auf dem Wege zur Schaffung eines
geeinten Europas zurückzulegen.
Die Präambel des EVG-Vertrages zeigt in der Begrifflichkeit die Nähe zum
Nordatlantikvertrag. Die „freien Völker“ sind ebenso zu finden wie der „Geist der
Satzung der vereinten Nationen“. Unter „Organisationen gleichen Zieles“ lässt
sich direkt die NATO wie auch die Westunion subsumieren. Der Begriff des
„gemeinsamen Erbes ihrer Völker“ entspricht ebenso der NATO-Präambel – die
Präambel des EGKS-Vertrages sprach hingegen von „Völkern (…), die lange
Zeit durch blutige Auseinandersetzungen entzweit waren.“77 Der supranationale
Charakter der EVG wird explizit erwähnt. Die Absicht einer weiterführenden,
politischen Integration zeigt sich im letzten Satz, der die EVG als weiteren
Entwicklungsschritt nach der EGKS in Richtung einer weiterführenden
europäischen Integration darstellt. Ob diese auf wirtschaftlicher, politischer oder
militärischer Ebene stattfinden soll, wird offen gelassen. Gleichzeitig betont der
vorhergehende Satz „…die Vaterlandsliebe der Völker“ die nationalstaatliche
Struktur und den Stellenwert des Patriotismus in Europa. Dies entsprach einer
grundlegenden Einschätzung des US-amerikanischen Verteidigungs-
77 Anmerkung: Im EGKS-Vertrag lautete die entsprechende Formulierung: „…durch die Errichtung einer wirtschaftlichen Gemeinschaft den ersten Grundstein für eine weitere und vertiefte Gemeinschaft unter Völkern zu legen, die lange Zeit durch blutige Auseinandersetzungen entzweit waren,“ Quelle: Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, in Bundesgesetzblatt 1952 II. S. 448-475.
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34
ministeriums – die Europäer und insbesondere die Deutschen würden zwar für
die Verteidigung Deutschlands kämpfen, keinesfalls aber für Europa.78
Streitbar hingegen ist der Begriff der „völligen Verschmelzung“ der
Verteidigungsstreitkräfte. Diese hätte lediglich höhere Einheiten betroffen, für
sämtliche Mitgliedsstaaten mit Ausnahme der BRD wäre eine nationale Armee
weiterhin möglich gewesen. So implizierte dieser Teil des Vertrages primär,
dass sämtliche künftigen deutschen Truppen der EVG unterstehen würden.79
8.2 Nationale Truppen in der EVG
Artikel 9 EVGV hält denn auch fest:
Kein Mitgliedstaat darf nationale Streitkräfte, außer den in Artikel 10
genannten, rekrutieren oder unterhalten.
Der Geltungsbereich des EVG in Bezug auf Truppenverbände wird im Ausnahmekatalog in
Artikel 10 präzisiert.
Artikel 10. § 1 Die Mitgliedstaaten können nationale Streitkräfte zur
Verwendung in außereuropäischen Gebieten, für die sie die
Verteidigungspflicht übernommen haben, rekrutieren und
unterhalten; das gleiche gilt für die Einheiten, die im Mutterland zur
Ergänzung und Ablösung dieser Streitkräfte erforderlich sind.
§ 2 Die Mitgliedstaaten dürfen ferner zur Durchführung
zwischenstaatlicher Aufgaben, die sie in Berlin, in Österreich oder
gemäß den Entscheidungen der Vereinten Nationen übernommen
78 Schwartz, T.A., America’s Germany, John McCloy and the Federal Republic of Germany, Cambridge (Massachusetts) 1991, S. 129 ff. 79 Vgl. dazu auch Holland, S. 24 ff.
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haben, nationale Streitkräfte rekrutieren und unterhalten. Nach
Beendigung dieser Aufgaben werden diese Truppen aufgelöst oder
der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Mit Zustimmung des
zuständigen Oberbefehlshabers der Nordatlantikpakt-Organisation
können die Truppen mit Einheiten der Europäischen
Verteidigungsstreitkräfte, die aus Kontingenten der betreffenden
Mitgliedstaaten bestehen, ausgetauscht werden.
§ 3 Die in den einzelnen Mitgliedstaaten für den persönlichen Schutz
des Staatsoberhauptes bestimmten Einheiten bleiben national.
§ 4 Die Mitgliedstaaten können nationale Seestreitkräfte unterhalten,
und zwar einerseits zum Schutz der nichteuropäischen Gebiete, für
die sie die in § 1 genannte Verteidigungspflicht übernommen haben,
sowie zum Schutz der Verbindungen mit und zwischen diesen
Gebieten, andererseits zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den in
§ 2 genannten zwischenstaatlichen Aufgaben und aus Abkommen,
die vor Inkrafttreten dieses Vertrages im Rahmen des
Nordatlantikpaktes getroffen worden sind.
§ 5 Die Gesamtstärke der genannten nationalen Streitkräfte darf
einschließlich der Ersatzeinheiten keinen solchen Umfang
annehmen, dass der durch Regierungsabkommen der
Mitgliedstaaten festgelegte Beitrag der Mitgliedstaaten zu den
Europäischen Verteidigungsstreitkräften beeinträchtigt wird.
Die Mitgliedstaaten können Einzelpersonen zwischen den, den [SIC!]
Europäischen Verteidigungsstreitkräften zur Verfügung gestellten
Kontingenten und den Streitkräften, die diesen nicht angehören,
austauschen; doch darf sich daraus keine Verringerung der
Europäischen Verteidigungsstreitkräfte ergeben.
Pleven selbst hatte vor der französischen Nationalversammlung betont, dass
nationale Truppenkontingente auf der Ebene der kleinstmöglichen Einheit in die
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EVG integriert werden sollten – also auf der Ebene des einzelnen Soldaten.80
Dies hätte eine tatsächliche, umfassende Verschmelzung der Streitkräfte
bedeutet. Das war gemäss dem Vertragstext nur beschränkt der Fall.
Ausgenommen wurden die in Artikel 10, § 1 genannte „Verwendung in
aussereuropäischen Gebieten, für die sie die Verteidigungspflicht übernommen
haben“. Diese sollte so ausgelegt werden, dass Mitgliedsstaaten, die zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses über nationale Streitkräfte im sachlichen
Geltungsbereich von Artikel 10 verfügten, weiterhin die Kontrolle über die nicht
in die EVG integrierten Truppenteile behalten könnten – beispielsweise in den
Kolonien eingesetzte Soldaten und die Nationalgarden im Sinne von Artikel 10
§ 3.
Der Ausnahmekatalog entstand im Bewusstsein, dass die BRD als einziger
Mitgliedsstaat durch die Bestimmungen des Besatzungsstatuts über keine
eigenen Truppen geschweige denn „Verteidigungspflichten“ zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses verfügte – und dadurch sämtliche Truppen der EVG
unterstellen müsste.81 Von einer „völligen Verschmelzung“ der Streitkräfte aller
Mitgliedsstaaten kann keinesfalls die Rede sein.
8.3 Die Verbindung der EVG mit der NATO
Die Verknüpfung der EVG mit der NATO wird im Artikel 18 EVGV ausgeführt:
Artikel 18. § 1 Der zuständige Oberbefehlshaber der
Nordatlantikpakt-Organisation kann sich, vorbehaltlich des in § 3
genannten Falles, vergewissern, dass die Europäischen
Verteidigungsstreitkräfte zufriedenstellend aufgebaut, ausgerüstet,
ausgebildet und einsatzbereit gemacht werden.
80 R.S., "Plevens zeitraubender Plan", in: Die Zeit. 02.11.1950, Nr. 44; 5. Jg, S. 1. Quelle: http://www.ena.lu/ 81 Stirk. S.127.
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Sobald die Europäischen Verteidigungsstreitkräfte einsatzbereit sind,
stehen sie, vorbehaltlich des genannten Sonderfalles, dem
Oberbefehlshaber der Nordatlantikpakt-Organisation zur Verfügung;
dieser hat ihnen gegenüber die Befugnisse und Pflichten, die sich
aus seiner Stellung ergeben. Er teilt insbesondere der Gemeinschaft
seine Bedürfnisse hinsichtlich der Gliederung und Aufteilung der
Streitkräfte mit; die entsprechenden Pläne werden gemäß Artikel 77
durchgeführt.
Die Europäischen Verteidigungsstreitkräfte erhalten von den
zuständigen Stellen der Nordatlantikpakt-Organisation im Rahmen
der militärischen Zuständigkeit dieser Stellen technische
Anweisungen.
§ 2 Im Krieg hat der zuständige Oberbefehlshaber der
Nordatlantikpakt-Organisation gegenüber den bezeichneten
Streitkräften die volle Gewalt und Verantwortung, die sich aus seiner
Stellung als Oberbefehlshaber ergibt.
§ 3 Für die in der Heimatverteidigung und küstennahen Seever-
teidigung der Mitgliedstaaten eingesetzten Europäischen Verteidig-
ungsstreitkräfte werden die für Führung und Einsatz verantwortlichen
Stellen entweder durch Abkommen im Rahmen der Nordatlantikpakt-
Organisation oder durch Vereinbarung zwischen der Nord-
atlantikpakt-Organisation und der Gemeinschaft bestimmt.
Faktisch bedeutete Artikel 18, dass der Oberbefehlshaber der NATO nicht nur
Kontroll- und Gestaltungsrechte gegenüber der EVG zugestanden bekam (§ 1),
sondern dass auch die Verfügungsgewalt über die ausführenden Organe im
Kriegsfall an ihn fallen würde. Der für Europa zuständige NATO-Kommandant
(SACEUR) wird bis heute von der US-Armee gestellt.82 Die „Europaarmee“
hätte der Weisungsbefugnis eines US-amerikanischen Viersternegenerals
unterstanden
82http://www.nato.int/docu/handbook/2001/hb120701.htm (Letzter Zugriff 13.11.2009).
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9. Das Scheitern der EPG und der EVG
9.1 Interessenkonflikte verschärfen sich
Eine Tatsache während der Verhandlungen über die EVG ist besonders wichtig:
Im Juni 1951 gelang es Jean Monnet, mit der Unterstützung des NATO-
Kommandanten Dwight D. Eisenhower die Regierung des US-Präsidenten
Truman von den Vorzügen der EVG zu überzeugen. Die US-amerikanische
Unterstützung für den Pleven-Plan war damit gesichert und die BRD musste
sich aufgrund dieses Paradigmenwechsels in ihren Wiederbewaffnungs-
bemühungen auf die EVG konzentrieren.83 Die Regierung Adenauer in der BRD
kämpfte allerdings mit einer erstarkenden Opposition gegen die deutsche
Wiederbewaffnung besonders von Seiten der SPD.84 Die Verbindung der
Wiederbewaffnung mit dem Ziel einer Integration der BRD in ein vereinigtes
Europa schien eine probate Argumentation gegen innen zu sein.85 Als Gründe
können der wirtschaftliche Aufschwung in Verbindung mit der Attraktivität der
europäischen Idee und die zunehmende Einsicht in die Notwendigkeit einer
selbstbewusst auftretenden BRD genannt werden – auch als Reaktion auf den
„Torpedostoss“ der Stalin-Note von 1952.86 Dennoch muss festgehalten
werden, dass die Regierung Adenauer die EVG primär als Notwendigkeit zur
politischen Integration in Europa zu akzeptieren bereit war und vielmehr die
NATO als Sicherheitsgaranten sah.87
83 Lundestad, Geir, The United States and Western Europe since 1945, Oxford 2003, S.80 f. 84 Stirk, S.129. Vgl. dazu auch die Debatten im Bundestag: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv (Letzter Zugriff 04.01.2010). 85 Stirk, S.129. 86 Damit schlug Stalin vor, das ehemalige Deutschland unter der Voraussetzung eines umfassenden Abzuges der „Siegermächte wiederzuvereinigen und als unbewaffneten, neutralen Staat zu konstituieren. Vgl. dazu auch: Lappenküper, S. 72. 87 Vgl. dazu 201- Kabinettssitzung am 12. Februar 1952 TOP C und Pressekonferenz Hallsteins am 29. Jan. 1952, Quelle: http://www.bundesarchiv.de/ (Letzter Zugriff 04.01.2010) sowie Moser, S.192.
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Ein weit entscheidenderes politisches Problem wurde in Frankreich deutlich.
Durch geschickte Verhandlungen von Seiten der BRD war der EVG-Vertrag von
1952 nicht mehr deckungsgleich mit dem 1950 von der französischen
Nationalversammlung verabschiedeten Plevenplan. Die diskriminierenden
Komponenten wurden in den Verhandlungen teilweise so entschärft, dass der
Vertrag den französischen Parteien – insbesondere den konservativen – nicht
mehr streng genug war.
Eines der Eingeständnisse war das Akzeptieren eines Verteidigungs-
ministeriums der BRD. Die Regierung Adenauer hatte mit der Einrichtung des
„Büro Schwerin“ bereits 1950 mit Billigung der „Hohen Kommissare“ eine
militärische Planungsstelle eingerichtet, der im Oktober desselben Jahres die
„Dienststelle Blank“ folgt. Diese wuchs während der EVG-Verhandlungen zu
einem regelrechten Verteidigungsministerium, ohne Einflussmöglichkeit des
Bundestages.88 Ein weiteres stellte die Erweiterung der Grösse der
Truppenverbände im Rahmen der EVG dar, was letztendlich deutsche
Divisionen ermöglicht hätte. Der letzte Streitpunkt betraf die Gestaltung des
Exekutivorganes. Frankreich bestand auf einem einzelnen Kommissar – mit der
Absicht, einen Franzosen einzusetzen. Letztendlich sah der EVGV ein
Kollegialorgan vor.89 Diese Änderung kam einer eigentlichen Transformation
des supranationalen Charakters der EVG auf eine intergouvernemental-
kooperative Ebene gleich.90 Jean Monnet kommentierte, dass das einzig
übriggebliebene supranationale Element in der gemeinsamen Uniform
bestünde. Die Debatte versteifte sich letztlich auf die Frage, wem die EVG letzt-
endlich „gehören“ sollte.91 Guyomarch et al. führen hingegen die erweiterte
Delegation der Souveränität in Bezug auf weltpolitische Belange von den
Nationalstaaten an die EVG und die Furcht vor einer weiterführenden, föderalen 88 Schmidtke, Evelyn, Der Bundeskanzler im Spannungsfeld zwischen Kanzlerdemokratie und Parteiendemokratie, Marburg 2001, S.87 ff. 89 Stirk, S.129. 90 Moser, S.196. 91 Vgl. dazu auch Moser, S.188 ff.
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Integration Europas als Hauptgrund der Ablehnung der französischen
Nationalversammlung an.92 Hinzu kamen konkrete Erweiterungspläne von
Seiten der italienischen Regierung in Richtung eines gemeinsamen Marktes
und einer politischen Union, welche die EVG als Verhandlungsbasis für
weiterführende Projekte nutzen sollten.93
Parallel entstand also das Projekt der Europäischen politischen Gemeinschaft
(EPG), auf welches ich an dieser Stelle nur kurz eingehe: Die französische
Nationalversammlung forderte – unterstützt durch das an einer politischen
Integration interessierte Italien – eine Klärung der supranationalen Zukunft aus
dem EVGV heraus. Die beratende Versammlung der EGKS erhielt deshalb den
Auftrag, eine Satzung für eine Europäische Politische Gemeinschaft (EPG)
auszuarbeiten. Im März 1953 legte die einen Entwurf für eine Institution
zwischen Staatenbund und Bundesstaat, eine Klammer über der EGKS und der
EVG vor. Diese sollte bereits über supranationale Organe wie ein Parlament
und einen Exekutivrat verfügen.
Die wirtschaftspolitische Situation entwickelte sich allerdings anders: Nachdem
Preissteigerungen auf Grund des allgemeinen Rüstungsbooms zu einer
dramatischen Verschlechterung der französischen Handelsbilanz geführt
hatten, begann Frankreich bereits im Februar 1952 mit dem Verhängen von
Importrestriktionen.94 Eine erweiterte Integration des europäischen Marktes lag
so weniger denn je im französischen Interesse. Der französische
Industriellendachverband Conseil National du Patronat Français (CNPF) stand
zwar nicht geschlossen gegen die EVG, dennoch machten Spitzenvertreter
gegenüber ihren deutschen Kollegen deutlich, dass sie eine gemeinsame
Armee nicht für umsetzbar hielten und unterstützten Kampagnen in
92 Vgl. dazu auch: Guyomarch et al., S. 22 ff. 93 Stirk, S. 130 ff. 94 Loth, Wilfried, Deutsche und französische Interessen auf dem Weg zu EWG und EURATOM, in: Wilkens, Andreas (Hrsg.), Die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960, Sigmaringen 1997, S. 172ff.
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Vereinsbulletins.95 Politisch gesehen kam spätestens durch die Weigerung der
US-Regierung, die französische Kolonialarmee in Indochina militärisch zu
unterstützen und durch die gedankliche Verbindung eines geplanten US-
Truppenabzuges aus Europa mit der EVG als Instrument US-amerikanischer
militärischer Kontrolle eine Änderung der Sichtweise auf die EVG in Frankreich
hinzu: Anstelle eines Systems zur Einbindung des militärischen Potentials der
BRD unter französischer Kontrolle erschien die EVG nun als Mittel der US-
Aussenpolitik, um militärische Verantwortung an eine Gemeinschaft abzugeben,
in welcher Frankreich keine übergeordnete Rolle mehr gespielt hätte.96
Dennoch scheint für das Scheitern auch die mangelnde Supranationalität des
Vertrages ausschlaggebend gewesen zu sein, wie Lipgens nachgewiesen hat.
Die Gaullisten und jungen Sozialisten, welche dem Vertrag ihre Unterstützung
verweigerten und letztlich die entscheidenden Stimmen besassen, waren von
Beginn an gegen die EVG – wegen deren mangelnder Eigenständigkeit.
Gemäss Lipgens gingen Sie davon aus, dass eine stark intergouvernemental
geprägte EVG schwerfällig, bürokratisch und dadurch kaum handlungsfähig
ausfallen würde. Militärische Interessen „Europas“ und insbesondere
Frankreichs seien effektiver, schneller und flexibler durch eine nationale Armee
zu verfolgen.97
9.2 Die letzte parlamentarische Debatte über die EVG im August 1954
Eine letzte Konferenz zu der EVG in Brüssel im August 1954 – nota bene über
zwei Jahre nach der Unterzeichnung des EVGV – verlief ohne Resultate. Am
28. August 1954 eröffnete der Präsident der französischen
95 Wilkens, Andreas, Verständigung von Wirtschaft zu Wirtschaft, in: Wilkens, Andreas (Hrsg.), Die deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen 1945-1960, Sigmaringen 1997, S. 216ff. 96 Vgl. dazu auch Moser, S.191 f., Sowie Küsters, Hanns Jürgen, Die Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Baden-Baden 1982, S.33 ff. 97 Lipgens, Walter, Bedeutung des EVG-Projektes, in: Volkmann/Schwengler, Europäische Verteidigungsgemeinschaft, S.29 ff.
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Nationalversammlung die letzte EVG-Debatte. In einer vierstündigen Rede
erläuterte der französische Ministerpräsident Mendès-France die
Schwierigkeiten in den Verhandlungen über den Vertragstext und legte ihn zur
Abstimmung vor. Nach der Debatte wurde der „Antrag Aumeran“, welcher einen
Nichteintretensentscheid auf den EVGV darstellte mit 319 gegen 264 Stimmen
angenommen.98 Die Ratifikation des EVGV war damit ebenso wie der EPG-
Vertrag hinfällig. Als exemplarisch sehe ich einen Ausschnitt einer Rede des
gaullistischen Abgeordneten Aumeran während der Verhandlungen am 29.
August 195499:
Les moyens multiples et énormes de pression mis en action font
surtout apparaître la place que tient la France dans le monde.
Prenez-en bien conscience. Nous sommes encore une nation
pleinement souveraine et indépendante, égale en droits à l’Amérique
et à la Grande-Bretagne. La ratification que l’on nous propose nous
mettrait au rang de deux peuples vaincus et de trois nations
minuscules.
Je ne reviendrai pas sur les mobiles poussant nos cinq partenaires à
une intégration européenne économique et militaire. Je les ai
longuement dénoncés dans mes interventions antérieures. Leur
intérêt personnel est si évident qu’il devrait mettre en garde tout
Français désireux de ne pas se laisser dépecer.
L’intérêt de ceux qui étant ou se tenant en dehors de l’Europe nous
somment de le faire est-il moindre? Que veut l’Amérique? Une
troisième force, un Etat européen unique groupé autour d’une
98 Dokumente zur Deutschlandpolitik II/4, Die Aussenminister-Konferenzen von Brüssel, London und Paris 8. August bis 25. Oktober 1954, München 2003, S. 56 ff. 99http://www.assemblee-nationale.fr/histoire/ced/29aout1954-2eme-seance.asp (Letzter Zugriff 04.01.2010).
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Allemagne démocrate-chrétienne sur laquelle elle a misé
politiquement et financièrement…
M. Jean Binot. Très bien! [Anmerkung : Abgeordneter der
Sozialistischen Partei, ebenfalls Gegner der Ratifikation100]
M. Adolphe Aumeran. … et qui, intégré dans le système de défense
atlantique, serait totalement sous sa dépendance.
Cette intégration, tombeau de l’individualité et de l’indépendance des
autres nations européennes, renforce la position de la Grande-
Bretagne qui demeure ainsi seule aux côtés de l’Amérique comme
puissance souveraine.
Quant à la Communauté européenne de défense, c’est le moyen
pour elle, en imposant des charges financières à l’Allemagne de
freiner l’économie de celle-ci devenue dangereusement concurrente.
Die Regierung, welche den Plevenplan vorlegte, war nicht mehr dieselbe wie
zum Zeitpunkt der Vorlage des Planes durch René Pleven. Die Niederlage in
Vietnam hatte einen geschlossenen Rücktritt der französischen Regierung zur
Folge, stellte aber auch zusätzliche militärische Kapazitäten zur Verfügung. Die
neue Regierung Mendès-France hing von einer breiten und instabilen Koalition
zwischen rechten Gaullisten und der sozialistischen Opposition ab, welche von
ihrer Abneigung gegen eine Wiederbewaffnung der BRD zusammengehalten
wurde.101 Eine Mehrheit für die EVG war so nicht zu finden – auch wenn die
100http://www.assemblee-nationale.fr/histoire/biographies/IVRepublique/binot-jean-02081911.asp (Letzter Zugriff 04.01.2010). 101 Holland, S.28.
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öffentliche Meinung gemäss Umfragen nach der Parlamentsabstimmung die
EVG unterstützte.102
102 Rioux, Jean-Pierre, Französische öffentliche Meinung und EVG: Parteienstreit oder Schlacht der Erinnerungen, in: Volkmann/Schwengler (Hrsg.), Europäische Verteidigungsgemeinschaft, S. 168-170.
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10. Fazit
An dieser Stelle komme ich auf meine Fragestellung zurück, um die
Erkenntnisse Zusammenzufassen: Welche Sicherheits- und
Verteidigungskonzeption sah die EVG in „Europa“ vor und woran scheiterte sie
letztlich?
Das Misslingen der EVG hatte gezeigt, dass eine Integration in den
Kernbereichen staatlicher Souveränität, insbesondere in Kernbereichen der
Aussenpolitik – die Integrationsbereitschaft der Mitgliedsstaaten der EGKS
überforderte.103 Funktionalistisch betrachtet bestanden in Bezug auf die
Verteidigungspolitik weder genügend tatsächlich vorzufindende Ansatzpunkte
zwischenstaatlicher Kooperation noch ein genügendes Integrationsinteresse.104
Der Nordatlantikvertrag bot hingegen genügend Ermessensspielraum für die
Mitgliedsstaaten, das Ausmass ihres Engagements selber zu wählen.105 Moser
spricht gar von einer „offensichtlichen Inkompatibilität von europäischer und
atlantischer Integration“106, ich sehe eher einen Zielkonflikt in Bezug auf die
Sicherung europäischen Staatsgebietes wider die Errichtung eines effektiven
Verteidigungsdispositivs gegen die militärischen Kapazitäten der UdSSR bei
möglichst geringem Ressourceneinsatz. Wie auch bei der ersten
wirtschaftlichen Integration Westeuropas bezieht sich der Begriff der Integration
primär auf die Integration der BRD in ein westeuropäisches System mit dem
Ziel einer dauerhaften Befriedung des europäischen Kontinents.
Der zweite Interessenkomplex ist in den geopolitischen Interessen der USA an
einer militärisch gesicherten Grenze zum Einflussgebiet der UdSSR auch im
103 Vgl. dazu auch: Gaedtke, S. 29 ff. 104 Vgl. dazu auch Schieder, Siegfried, Spindler, Manuela, Theorien der Internationalen Beziehungen, 2. Auflage, Opladen & Farmington Hills, 2006. 105 Vgl. dazu auch S.13 dieser Arbeit bzgl. Art 4 und Art 5 NATO-Vertrag. 106 Moser, S. 191.
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Rahmen konkreter Verteidigungspläne durch die „Vorwärtsstrategie“ zu sehen
und damit in einer neuen Dimension der bipolaren Weltordnung. Die
Verteidigungskonzepte der NATO sahen in einer ersten Phase so auch eher
eine subsidiäre Funktion der US-Armee im Bündnissystem vor – die
europäischen Staaten sollten die konventionellen Streitkräfte für
Militäroperationen stellen und die für eine transatlantische militärische
Kooperation notwendige Infrastruktur wie Flug- und Seehäfen bereitstellen. Der
Koreakrieg schien das Risiko einer sowjetischen Invasion greifbar zu machen,
die fehlenden militärischen Kapazitäten der NATO-Mitglieder auf dem
europäischen Kontinent machten eine Integration des Potentials der BRD rein
rechnerisch zur Notwendigkeit.
Der anfängliche Dualismus der zweien Systeme der europäischen militärischen
Integration – also die parallelen Verhandlungen Deutschlands sowohl über
einen NATO- als auch einen EVG-Beitritt wich mit der Unterstützung der EVG
durch die US-amerikanische Regierung einer Konzentration auf dieses
innereuropäische Projekt. Der für Europa zuständige US-General Dwight D.
Eisenhower konnte überzeugt werden, dass eine europäische Lösung das
Dilemma zwischen französischen Sicherheitsinteressen und deutscher
Wiederbewaffnung und Souveränitätsbestrebungen am besten beheben
könnte.
Dass die französische Nationalversammlung – durch die Annahme des Pleven-
Planes die politische Initiantin der EVG – die Gemeinschaft im
Ratifikationsprozess schliesslich ablehnte, erscheint sonderbar. Ein Blick auf
den Vertragstext zeigt jedoch, dass der Inhalt des EVGV vom Plevenplan
entscheidend abwich was zweierlei Auswirkungen hatte: Französische
politische Parteien fürchteten durch die Erweiterung des supranationalen
Charakters der EVG einen Machtverlust des französischen Staates oder sahen
den EVGV umgekehrt als zu wenig eigenständig an. Eine durch die Erweiterung
der zulässigen Truppenstärke im Vertrag ermöglichte Stärkung der Armee der
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BRD über dem im Plevenplan vorgesehenen Mass weckte Befürchtungen.
Gerade im Licht der Niederlage der französischen Kolonialarmee im
vietnamesischen Dien-Bien-Phu im Juni 1954 – also zwei Monate vor der
finalen Beratung der Nationalversammlung - musste die Schwächung der
militärischen Macht der IV. Republik offensichtlich erscheinen.107 Dazu kam,
dass die Hoffnungen auf eine US-Intervention zur Unterstützung der
französischen Armee in Ostasien enttäuscht wurden – diese wurde besonders
von den Mitteparteien in der Nationalversammlung als mögliche Gegenleistung
zur Unterstützung der EVG durch Frankreich gesehen.108 Politisch gesehen
schaffte es die französische Regierung zwar, die Kolonialinteressen
Frankreichs weitestgehend aus den EVG-Verhandlungen herauszuhalten.
Allerdings wurde die Problematik der „strategischen Überdehnung“ des
französischen Machtbereiches dadurch verschärft, dass der Anteil der
aufzubringenden Mittel für die EVG höher sein sollte als erwartet.109
Im politischen Integrationsprozess Westeuropas stellt die EVG einen frühen
Versuch dar, Loyalitäten, Erwartungen und politische Aktivitäten von einem
nationalen auf ein supranationales Wirkungszentrum zu verschieben.110 Dieses
gemeinsame Zentrum sollte in der letztendlichen Fassung des EVGV eine
intergouvernemental-kooperative Kollegialbehörde sein. Der Unwille der
französischen Nationalversammlung, einer solchen Lösung zuzustimmen, zeigt
sich an den Ansprachen im Rahmen der Ratifikationsdebatten. Dies könnte
durchaus die These von Lipgens stützen, dass die EVG letztlich an einem zu
geringen Mass an supranationalen Kompetenzen scheiterte – so erschien sie
als ein Werkzeug zur Erfüllung US-amerikanischer aussenpolitischer
Interessen.
107 Moser, S.191. 108 Lundestad, S.82 f. 109 Moser, S. 197. 110 Gemäss Definition Haas, Coenzelmann, Thomas, Neofunktionalismus, in: Schieder, Siegfried, Spindler, Manuela (Hrsg.), Theorien der internationalen Beziehungen, Opladen & Farmington Hills, 2006, S. 145 ff.
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Ein Zusammenschluss auf tatsächlicher, supranational organisierter Ebene mit
einem handlungsfähigen europäischen Militärapparat hätte unter Umständen
die aussenpolitischen Möglichkeiten der europäischen Gemeinschaften
potenziert. Oder wie es der ehemalige deutsche Bundesminister für
wirtschaftliche Zusammenarbeit Egon Bahr 2006 in einem Interview ausdrückte:
„Der Kern der europäischen Handlungsfähigkeit liegt in der
Bereitschaft, Souveränität zu übertragen auf Europa. Und der Kern
der Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, in sicherheits- und
militärpolitischen Fragen einheitlich zu handeln. Wenn wir eine
europäische Armee gehabt hätten oder bekommen hätten, dann
wäre Europa heute ein „global player.““111
111 Interview d'Egon Bahr / EGON BAHR, François Klein, Aufnahme : François Fabert.- Metz: CVCE [Prod.], 10.06.2006. CVCE, Sanem. - (05:02, Farbe, Originalton).
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49
11. Bibliographie
Primärquellen:
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August 1950. Part I. Sitzungen 1 bis 12. 1950, S. 121-124.
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http://www.ena.lu/europaische_sicherheitsstrategie_sicheres_europa_besseren
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Volle, Hermann, Die Agonie der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft,
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UNO-Resolution 1484 (2003).
Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung.
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http://www.hdg.de/lemo/html/dokumente/Nachkriegsjahre_verordnungBesatzun
gsstatut/index.html (Quelle:06.01.2010).
"West-Union - eine Dritte Kraft?", in: Frankfurter Rundschau. 31.01.1948, Nr.
Historisches Institut Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft Universität Bern Seminararbeit Abteilung für Neueste Geschichte Philippe Lionnet Prof. Dr. Christian Gerlach 08.01.2010
50
13, 4. Jg, S. 1.
Traité de Collaboration Economique, Sociale et Culturelle et de Légitime
Défense Collective (Traité de Bruxelles),
http://www.nato.int/docu/fonda/b480317a.htm (Letzter Zugriff 04.01.2010).
Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949.
Déclaration du Gouverneur français René Pleven le 24 octobre 1950, in : Journal
officiel de la République française. 10.1950, p. 7118-7119.
Mémorandum au président du conseil (18. Septembre 1950), Archives Jean Monnet.
Fonds AMG. 6/6/2.
"Plevens zeitraubender Plan", in: Die Zeit. 02.11.1950, Nr. 44, 5. Jg, S. 1.
Historisches Institut Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft Universität Bern Seminararbeit Abteilung für Neueste Geschichte Philippe Lionnet Prof. Dr. Christian Gerlach 08.01.2010
51
Sekundärquellen:
Aimaq, Jasmine, For Europe or Empire? French colonial ambitions and the
European army plan, Lund studies in international history, Ausgabe 33, 1996,
S.311 ff.
Altrichter, Helmut, Kleine Geschichte der Sowjetunion. 1917 - 1991. , 3.
Auflage, München, 2007.
Bornschier, Volker, EU-Mitgliedschaft und wirtschaftliche Konvergenz in: Bach,
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Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 40/2000, S.178 ff.
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