Block 5
Toxikologie für Chemiker und andere Naturwissenschaftler
PD Dr. Gunter P. Eckert Pharmakologisches Institut für Naturwissenschaftler Universität Frankfurt [email protected] Stand: 11.02.10
Die Vorlesungsunterlagen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt, erheben aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Keine Gewähr für eventuelle Fehler!
TOX_N260
Organtoxikologie
Wichtige Organtoxizitäten nephrotoxisch (Niere) hepatotoxisch (Leber) neurotoxisch (Nervenzellen) hämatotoxisch (blutbildendes System) immunotoxisch (Immunsystem) kardiotoxisch (Herz) myelotoxisch (Knochenmark) ototoxisch (Ohr)
Leber:
Zentrales Organ des Intermediärstoffwechsels Speicher und Syntheseort Entgiftung, Aktivierung, Inaktivierung und
Ausscheidung
Organtoxikologie Leber
Makroskopische Anatomie der Leber:
Leberblutdurchfluß: ca. 1,5 l/min Blutversorgung: Leberaterie ca. 25% & Pfortader ca. 75 % (venös, Magen,
Darm, Bauchspeicheldrüse, Milz) 4 Leberlappen Extrahepatische Gallenwege Leberpforte
Organtoxikologie Leber
Leberpforte
Zwei Konzepte bei der Betrachtungsweise: Läppchenkonzept Acinuskonzept
Organtoxikologie Leber
Z Zentralvene P portaler Tiras aus Pfortaderast, Ast der Leberaterie und Gallengang
Mikroskopische Anatomie der Leber: Morphologisch sind Blut- und Gallegefäße und die Leberparenchymzellen
(Hepatozyten) in den Leberläppchen angeordnet Radiär verlaufende einschichtige Zellstränge
> 3D Netzwerk
Organtoxikologie Leber
Periportales Feld
Organtoxikologie Leber
Läppchenkonzept orientiert am lichtmikroskopischen Bild hexagonales Leberläppchen (Gruppierung um zentrale Lebervene -
umgekehrt wie bei Acinus) Rolle bei toxikologischer Betrachtung:
zonale Leberschäden: periportal (um die Pfortader) zentrilobulär (um Zentralvene - entspricht ungefähr Zone 3 des Acinus)
zentrilobuläre Nekrose: häufigste zonale Schädigung: Bioaktivierung zu hepatotoxischen Substanzen durch CYP450-Metabolisierung
Leber-Acinus:
Organtoxikologie Leber
1. Cytochromoxidase, SuccinatDH (viel O2, Zellatmung)
3. LactatDH, CYP450
1. 2. 3.
Z Zentralvene P portale Tiras aus Pfortaderast, Ast der Leberaterie und Gallengang
Leber-Acinus: Hepatozyten beerenförmig um die portale Trias (Pfortaderast, Ast
der Leberarterie und Gallengang) angeordnet Einteilung des Parenchyms in 3 Zonen mit unterschiedlicher
Sauerstoffversorgung und Enzymausstattung: Zone 1: viel O2, Cytochromoxidase → Zellatmung Zone 3: O2-arm, LDH - Endstrecke der glykolytischen
Energiegewinnung und CYP 450-Metabolismus
Organtoxikologie Leber
Mikroskopische Anatomie der Leber: Lebersinusoide, Leberkapillaren. Gut durchlässige Wand aus: Endothelzellen
und von-Kupffer-Sternzellen (Marophagen). Disse-Raum Leberzellen: Mirkovilli Ito-Zellen (Fettspeicherung)
Organtoxikologie Leber
Organtoxikologie Leber
Toxische Effekte von chemischen Noxen auf die Leber: Zelltod (Nekrose) Ansammlung von Lipiden (Fettleber, Steatose) verminderte Galleproduktion (intrahepatische Cholestase) bindegewebige Einlagerungen (Leberzirrhose) Neoplasie (Tumorentstehung)
Cholestase Östrogene, anabole Steroide Chlorpromazin (Neuroleptikum) α-Naphtylisocyanat Arsen
wegen der gestörten biliären Ausscheidung von Häm-Abbauprodukten kommt es zur Gelbsucht (intrazelluläre Galleausfällung - Gelbfärbung der Hepatozyten)
Organtoxikologie Leber
Steanose Methotrexat (Zytostatikum) makrovesikulär Tetracycline (Antibiotikum) Valporat (Antikonvulsivum) mirkovesikulär Ethanol
Leberzellverfettung: makrovesikuläre Form > großer Fetttropfen in fast ganzer Hepatozyte (Störung der Sekretion durch Hemmung der Apolipoproteinsynthese) mikrovesikuläre Form > viele kleine Fetttröpfchen in Hepatozyte (Störung der β-Oxidation)
Organtoxikologie Leber
Leberzellverfettung: > 5 Gewichts-% Fett = Fettleber (Steatose)
Ansammlung von Triglyceriden in den Hepatozyten EtOH: abnormal gesteigerte Triglyceridsynthese
1. Stadium Fettleber: zunächst reversibel
Organtoxikologie EtOH und Leber
Organtoxikologie EtOH und Leber
Chronisch toxische Leberschäden: Fettleberhepatitits und Leberzirrhose EtOH wichtigste Ursache Häufigkeit der Fettleber und -zirrhose korreliert mit tägl. Alkoholkonsum Steatose und Lebervergrößerung beschwerdefrei bei Alkoholabstinenz bildet sich Fettleber nach 2-6 Wochen zurück bei weiterem Trinken: Alkoholhepatitis mit Leberzellnekrosen -
zunehmende Bindegewebswucherung → Fibrose → Zirrhose (Blutgefäßveränderungen)
Anstieg der γ-Glutamyl-Transpeptidase (γ-GT) gemessen im Blutserum ist ein sehr empfindlicher Marker f. Leberschäden
Lebertumore Hepatozyten (Leberadenom 1, primäres hepatozelluläres Karzinom 2) Gefäßen (Hämangiosarkom 3) Selten Gallengänge (Cholangiokarzinom 4) Leberkanzerogene hormonale Kontrazeptiva 1 Arsen 2 Aflatoxin B1 2 Vinylchlorid 3 Kupfersulfat 3 Thoriumdioxid 2+3
Organtoxikologie Leber
Lebernekrose CCl4, Brombenzol, Aflatoxin B1, Dimethylnitrosamin
Fettleber CCl4 (Ausfall der für die Ausschleusung von Triglyceriden wichtigen Lipoproteine (VLDL) Nikotin (Anhäufung von Fettsäuren durch
Mobilisierung der Depotlipide) Tetrazykline (Antibiotikum)
Leberkrebs Aflatoxin B1, Dialkylnitrosamine, Vinylchlorid, CCl3, CCl4,
DDT (Organochlor-Pestizid)
Organtoxikologie Weitere Hepatotoxische Stoffe
Organtoxikologie Atemwege
Lungenfibrose verstärkte Kollagenablagerung (vermutlich ausgelöst durch
absterbende Makrophagen) Einschränkung von Gasaustausch und Blutfluß
Typische Stoffe: - Quarzstaub („Silikose“) - Asbestfaser („Asbestose“) - andere Stäube (Kohle, Carbide, Aluminium)
Organtoxikologie Atemwege
Lungenkrebs beim Menschen hauptsächlich bedingt durch Zigarettenrauchen beruflich bedingte Lungenkanzerogene:
Arsenik Asbest (v.a. in Verbindung mit Rauchen, überadditiv) Chrom-VI-Salze Mono- und Bischlormethylether
Organtoxikologie Atemwege
Tabakrauch
Haupt- (HSR) und Nebenstromrauch (NSR) flüchtige Verbindungen (Gasphase) - Partikelphase („Teer“) Partikelphase - kanzerogene Nitrosamine (20 Z./Tag →
20000mal mehr Nitrosamine wie Passivraucher im NSR) Tabak: 0.2-0.5% Nicotin rasche Resorption über Bronchien, schnelle Verteilung, HWZ
2h (Metabolisierung in Leber - Cotinin) CYP1A1-Induktion
Nicotin
Aktivierung des Parasympathikus → Magensaftproduktion steigt → Darmtätigkeit
Aktivierung des Sympathikus und Nebennierenmarks → Zunahme der Herzfrequenz, Blutdruckanstieg und Abbau von Fett und Glykogen → Glucose
Schäden durch Tabakrauch Tumore der Lunge, der Luftröhre, des Kehlkopfs, der Mundhöhle, der
Speiseröhre, des Pankreas, der Niere und der Harnblase Gefäßerkrankungen (erhöhte Aggregation der Thrombozyten) →
koronare Herzerkrankung, Raucherbein, Schlaganfall Teer → Raucherhusten
Organtoxikologie Auge
Organtoxikologie Auge
Hornhaut (Cornea): Trübung Stoffe Säuren und Basen org. Lösungsmittel Kampfstoffe vom Lost-Typ (Alkylierung von Proteinen und
DNA durch Sulfonium-Zwischenstufen
Tränenreizstoffe Bestandteile des photochemischen Smogs
(Peroxyacylnitrate)
Organtoxikologie Auge
Augenlinse: Kataraktbildung (grauer Star) Stoffe 2,4-Dinitrophenol Glucocorticoide Thallium(II)-salze Naphthalin (ultimaler Metabolit: 1,2-Naphthochinon, reagiert
mit GSH und Proteinen, Folge: GSH-Spiegel sinkt in Linse)
Organtoxikologie Auge
Retina und Sehnerv: Schädigung von Neuronen (!Sehkraft) Stoffe:
Methanol (metabolisch wirksam: Ameisensäure, beim Menschen langsame Weiteroxidation zu CO2, deshalb Anreicherung)
Schwefelkohlenstoff Thallium(I)-salze bestimmte Pharmaka
Nervensystem
Nervensystem Zentralnervensystem (ZNS)
peripheres Nervensystem (PNS)
Nervensystem: Hochkomplexes System, das die große Vielfalt funktioneller Abläufe im Organismus steuert.
Neben dem relativ trägen Hormonsystem werden die meisten willkürlichen und unwillkürlichen Funktionsabläufe des Organismus vom ZNS und PNS kontrolliert.
Aufbau Neuron
• Zellkörper (Perikaryon) mit Kern (Nucleus) > Orte der Protein- und Transmitterbiosynthese • Zellforsätze: Dentriden & Axone > Informationsaufnahme und Weiterleitung • Synapsen > chemische Informationsweitergabe
CAVE Axone leiten Impulse zur nächsten Nervenzelle oder dem Erfolgsgewebe weiter. Dentriden nehmen Impulse von Axonen und sensorischen Rezeptoren auf.
Besonderheiten der Nervenzellen,die ihre besondere Anfälligkeit gegenüber Noxen bedingen:
Starke Abhängigkeit vom Glukosestoffwechsel
Sehr große Räumliche Ausdehnung
Sehr geringer Durchmesser von Axonen und Dendriten
Chemische Neurotransmission, viele synaptische Mechanismen
Myelinierte Axone1 > Abhängigkeit von lipidreichen Geweben
Nervenzellen des ZNS durch die Blut-Hirnschranke2 geschützt 1 Bildung der Myelinschicht durch: ZNS = Oligodendrozyten (Gliazelle) PNS = Schwan‘sche Zellen
2 Bluthirn-Schranke: Kappilarsystem des ZNS ist von einem Lipidmantel umgeben, der von Astrozyten (Gliazellen) gebildet wird
Neurotoxizität
Neuronopathien
Entsprechend dem Angriffpunkt der Noxen kann man folgende neuro- toxische Schädigungen unterscheiden:
Axonopathien
Myelinopathien
Chemische Beeinträchtigung der Neurotransmission
CAVE Noxe = schädigendes Agens „Pathos“ = Leiden
Neurotoxizität Neuronopathien – führen zum Absterben des Neurons.
Neuropathologische Substanzen stören Funktion des Neurons so nach- haltig, dass es über seinen gesamten Bereich degeneriert.
Freigewordener Raum wird meist durch vermehrtes Wachstum von Glia- zellen ausgefüllt > Gliose
Klassisches Beispiel: Unterbrechung der Zellatmung Bestimmte Areale sehr empfindlich > spezifische neurologische Ausfälle
Neurotoxizität Neuronopathien – führen zum Absterben des Neurons. MPTP – induzierte Neurotoxizität
MPTP (1-Methyl-4-phenyl-1,2,3,6-tetrahydropyridin): Chemische Verunreinigung von synthetischen Heroinersatz (70er Jahre). Bei Abhängigen, traten nach einigen Wochen Symptome auf, die identisch mit einer Parkinson-Erkrankung waren. Wie bei Parkinson, selektive Schädigung dopaminerger Neurone in der Substantia nigra Heute: Tiermodell für Parkinson.
Parkinson: Ungeklärter Untergang domamin- erger Neurone besonders in der Substantia nigra beeinträchtigt das Motorische System > Gangstörungen, Zittern.
Neurotoxizität Neuronopathien – führen zum Absterben des Neurons. MPTP – induzierte Neurotoxizität
Neurotoxizität Neuronopathien – führen zum Absterben des Neurons.
Substanz Mechanismus Symptome Cyanit Hemmung der Zellatmung Zentrale Ausfälle Kohlenmonoxid Hemmung der Zellatmung Zentrale Ausfälle Sauerstoffmangel Hemmung der Zellatmung Zentrale Ausfälle Methanol Ameisensäure zerstört Sehnerv Erblindung Methylquecksilber Zelluntergang; besonders fötal Minamata-Erkrankung MPTP Zerstörung dopaminerger Neurone Parkinson Hydroxydopamin Zerstörung dopaminerger Neurone Parkinson Blei Interagiert mit NMDA-R. Entwicklungsdefizite IQ Weitere: Mangan, Trimethylzinn und Triethylblei
Hemmung der Zellatumung durch unterschiedliche Mechanismen: Cyanit = Hemmung der mitochondrialen Atmungskette Kohlenmonoxid = Besetzt Sauerstoffbindungsstelle im Hämoglobin Minamata-Erkrankung: Sehstörungen und schwere Störungen der Bewegungskoordination; MPTP = Methylphenyltetrahydropyridin
Neurotoxizität
Einige Stoffe schädigen spezifisch die Axone von Nervenzellen.
Bei Axonopatien sind hauptsächlich die langen Axone des sensorischen & motorischen peripheren Nervensystems betroffen.
Diese können sich nicht regenerieren (<> vegetativen Axone).
Vergiftungssymptome: sensorische und motorische Störungen > für unterschiedliche Noxen relativ ähnlich.
Axonopathien schädigen das Axon
Neurotoxizität
Organische Lösungsmittel (Alkohole, aliphatische Kohlenwasserstoffe) können neben einer akut narkotischen Wirkung bei chronischer Exposition auch zu peripheren und zentralen Axonopathien führen:
Chronischer Alkoholmissbrauch > periphere Polyneuropathie1
Andere organische Lösungsmittel > Encephalopathie2
Axonopathien schädigen das Axon
1Polyneuropathie = unspezifische Schädigung von Nervenzellen 2Encephalopathie = hirnorganische Schädigung: diffuse zentrale Ausfälle, v.a. im Bereich der Kognition.
Neurotoxizität Axonopathien schädigen das Axon
Substanz Mechanismus Symptome n-Hexan Zerstörung der Neurofilamente1 sensor- & motorische Ausfälle Methyl-n-butyl-keton Zerstörung der Neurofilamente1 dito Schwefelkohlenstoff Crosslinking von Proteinen dito + Psyche und Kognition Alkylphosphate Alkylierungen an periph. Axonen ausgeprägte motor. Ausfälle Organophosphate Hemmung neuronale Serinesterase irreversible Polyneuropathien CCKWs2 GABAA – R. Antagonist Krämpfe, Erregung, Tremor Vinca-Alkaloide, Störung der Neurofilamente Enzophalopathien Colchicin, Taxol, Cisplatin Weitere: Acrylamid, Arsen, Ethanol, Iminodipropionitril, Thalium, Zinkpyridinthion
1Neurofilamente: Hauptbestandteil des Zytoskeletts von Axonen und Detriden. 2CCKWs = chlorierte cyclische Kohlenwasserstoffe: DDT, Aldrin, Lindan ....
Neurotoxizität
Substanzen, die das Myelin schädigen, führen entweder zu einer Trennung der Myelinlamellen, oder sie können zur kompletten Demyelinisierung führen. Myelinopathien auslösende Substanzen sind selten.
Substanz Mechanismus Symptome Hexachlorophen Myelinschwellung u. Splittung Hirnödem, intrakranieller Druck (dermales Anitbiotikum, Fungizid; AknefugR)
AETT1 Myelinschwellung nur am Tier (Parfümindustrie)
Cuprizon (exper.) Chelatbindung mit Kupfer Untergang d. Oligodendendrozyten
Weitere: Anorganisches Blei, Tellur, Triethylzinn
Myelinopathien – Schädigung der Isolierung von Axonen und Dendriten
1AETT: Acetylethyltetramethyltetralin
Neurotoxizität
Neurotoxische Substanzen, die die Neurotransmission chemisch be-einträchtigen, führen nicht zur Degeneration des Neurons oder seiner Fortsätze (Ausnahme: EAA1).
Hohe Dosen praktisch aller Arzneimittel, die über eine Interferenz mit der chemischen Neurotransmission wirken, sind neurotoxisch.
Neurotoxine, Substanzen aus Pflanzen und Tieren, die hochselektiv bestimmte Mechanismen der Neurotransmission effektive beeinflussen.
Chemische Beeinträchtigung der Neurotransmission
1EAA = excitatory aminio acids: L-Glutamat, Kainat, Aspartat ...
CAVE: Neurotoxine sind wichtige Hilfsmittel bei der experimentellen Erforschung bestimmter neuronaler Mechanismen! Biologisch dienen sie dem Wirtstier oder –pflanze meist als Fraßgift.
Neurotoxizität
Substanz Mechanismus Symptome Alkylphosphate Hemmung Acetylcholinesterase cholinerge Wirkungen Atropin (Tollkirsche) M-Acetylcholinrezeptor-Antagonist anticholinerge Wirkung Nicotin (Tabak) N-Acetylcholinrezeptor-Agonist Krämpfe, Atemlähmung ... Cytisin (Goldregen) dito dito Muskarin (Fliegenpilz) M-Acetylcholinrezeptor-Agonist cholinerge Wirkungen Strychnin (Brechnuß) Glycin-Rezeptor-Agonist (spinal) Krämpfe Domoinsäure (Algen) exzitatorische Aminosäure glutamaterge Wirkung Glutamat exzitatorische Aminosäure glutamaterge Wirkung
CAVE cholinerge Wirkungen: Schwitzen, Speichelfluss (Hypersalvation), Pupillenverengung (Miosis), langsame Herzfrequenz (Bradykardie), Atembeschwerden... anticholinerge Wirkungen: Trockene Haut, Pupillenerweiterung (Mydriasis), schnelle Herzfrequenz (Tachykardie) ...
Chemische Beeinträchtigung der Neurotransmission
Neurotoxizität
Substanz Wirkung Herkunft Tabun, Sarin, VX AChE-Hemmung Kampfgas Muscimol GABAA-Agonist Amanita-Pilze Psilocybin Halluzinogen Spitzkegliger Kahlkopf Tetanus-Toxin Interneuronale Blockade von inhibitorischen Clostridium tetani Neurotransmittern Botulinus-Toxine Hemmung der Freisetzung von Ach an Clostridium botulinum neuromuskulärer Endplatte
Weitere neurotoxische Substanzen
Chemische Kanzerogenese
Krebs = bösartiger Tumor (Geschwulst) autonomes und überschießendes Wachstum pathologische Charakteristika:
• Zellatypien • invasives Wachstum - Destruktion der Umgebung • Metastasierung (Tochtergeschwülste)
Histopathologische Einteilung von Tumoren
Gutartig (Bening) Epithel (Haut, GIT, Drüse)
Adenom Mesothel (Muskel, Knochen,
Bindegewebe) Myom, Osteom, Fibrom
Nervengewebe (z.B. Gliazellen) Gliom
Bösartig (maling) Epithel (80%)
Karzinom (karkinos = Krebs)
Mesothel (15%) Sarkome (2%)
Osteosarkom, Myosarkom Leukämie (4%, Knochenmark) Lymphoma (9%, Milz, Lymphknoten)
Nervengewebe Blastome, z.B. Glioblastom
Chemische Kanzerogenese
Normalerweise sind Vermehrung, Wachstum und Differenzierung genetisch geregelt
Tumorzellen entziehen sich den zellulären Regelmechanismen, differenzieren unvollständig, Verhältnis Zellteilung/Apoptose verschoben
langandauernder Vorgang (Latenzzeit) verschiedene Ursachen
genetische Prädisposition Umwelteinflüsse Lebensgewohnheiten Strahlung Chemikalien
Chemische Kanzerogenese
Exogene Noxen - hauptsächliche Risikofaktoren: Rauchen, auch passiv (1.5faches Risiko) Alkoholkonsum Ernährung: Fleischanteil, Aflatoxine, ballaststoffarme Kost
Kanzerogene: genotoxische K., Inteagieren mit DNA → wirken mutagen epigenetische K., nicht-genotoxisch (negativer Mutagenese-Assay)
Protoonkogene Onko = groß an Umfang, Onkogene = Krebsgen Protoonkogene (zelluläre c-Onkogene, Signaltransduktion)
in gesunden Zellen: z.B.c-myc, c-fos: DNA-bindende Transkriptionsfaktoren, c-sis, Wachstumsfaktor PDGF, c-erbB, Rezeptor für den
Wachstumsfaktor EGF deren Proteine wichtige Funktionen im Wachstum/
Differenzierung Protoonkogene werden durch genetische Schäden zu
Onkogenen aktiviert (höhere Aktivität, vermehrte Bildung)
Antionkogene
Antionkogene = Tumorsupressor-Gene deren Protein-Produkte verhindern, dass gestörte
Wachstumsprozesse ablaufen wird nach Mutation des Tumorsupressor-Gens ein
inaktives Genprodukt gebildet oder die Genexpression vermindert, wird unkontrolliertes Zellwachstum begünstigt (z.B. p53)
Mehrstufenmodell der chemischen Kanzerogenese
1. Initiation 2. Promotion 3. Progression
1. Initiation Führt zu persistierenden Veränderungen der Zelle (irreversible
Transformation in eine initiierte maligne Zelle, irreversible Veränderung des genetischen Materials - Weitergabe an Tochterzellen)
Bildung von DNA-Addukten, Reaktivität: G>A>C>T (meist G-Addukte) → nicht-komplementäre Basenpaarung
Interkalation großer planarer Moleküle in DNA Direkte (primäre) Kanzerogene (Alkylantien, z.B. Stickstoff-Lost) Indirekte (sekundäre) Kanzerogene (Präkanzerogene, Mehrheit der
Stoffe): aktiv nach metabolischer Bioaktivierung (reaktiver Metabolit = ultimales Kanzerogen)
2. Promotion
Klonale Expansion initiierter Zellen durch Stimulierung des Zellwachstums (Zellpopulation mit identischen Mutationen, Mitogenese)
Schwellendosis?, reversibel? Langandauernder Vorgang im Vergleich zur Phase 1 Expansion durch erhöhte Mitoserate und erniedrigte
Apoptoserate
Tumorpromotoren
sind selbst nicht kanzerogen, keine metabolische Aktivierung
erhöhen jedoch die Krebsinzidenz nach Exposition gegenüber kanzerogenen (initiiernenden) Substanzen
erhöhen entweder die Anzahl der Tumore und/oder verkürzen die Latenzzeit
Interaktion mit mitogenese relevanten zellulären Signaltransduktionswirkungen (Ah-Rezeptor, PKC), Apoptose
3. Progression
Progression zum Tumor: Zunahme der Wachstumsautonomie und Malignität des
Mikrotumors durch weitere Mutationen und andere Prozesse über einen Zeitraum von Monaten und Jahren
genotoxische Schäden weitere Mutationen Chromosomenschäden
Komplette Kanzerogene
= Solitärkanzerogene mit initiierenden und promovierenden Effekten (kein
zusätzlicher Tumorpromotor notwendig bei genügend hoher Dosierung
irreversible Wirkung
Nicht-gentoxische Kanzerogene
= Epigenetische Kanzerogene
Mechanismen der krebserzeugenden Wirkung meist nicht hinreichend aufgeklärt
reagieren nicht direkt mit DNA-Basen sind nicht mutagen
können - auch ohne Genmutationen - als komplette Kanzerogene wirken
Krebserzeugende Stoffe
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) aromatische Amine N-Nitrosoverbindungen Alkylantien einige Metalle bestimmte Naturstoffe Mineralfasern
Krebserzeugende Naturstoffe
Aromatische Amine
Arylamine, Azofarbstoffe nicht lokal wirksam Tumore erst nach systemischer Zufuhr Substanz-spezifische Zielgewebe Nagern: Leber-, Harnblase-, Brustkrebs Anilin-Arbeiter - Blasenkrebs ultimale Kanzerogene - Nitreniumionen
Nitrosamine
Lebensmittel und Tabakrauch stark wirksame Kanzerogene in allen Spezies,
Organotropie ultimale Kanzerogene durch Bioaktivierung:
alkylierende Zwischenprodukte
> 100oC , v.a. > 200oC, aus Zucker- und Eiweißbausteinen gebildet
beim Bräunungsprozess: Frittieren, Backen, Braten, Rösten, Grillen von Kartoffel- und Getreideprodukten
Baustein von Polyacrylamid (Farben, Faser-, Kunststoffe) Wissenschaftler und Behörden vermuten, dass Acrylamid
Krebs erregend und Erbgut schädigend ist WHO: 1µg/Tag/kg KG IARC (1994): wahrscheinlich krebserregend
Acrylamid
Tierversuch: kanzerogen in sehr hohen oralen Dosen in Langzeitversuchen, erbutschädigend, nervenschädigend (Axonopathie)
Schwedische Studie 2002: verhältnismäßig hohe Konz. im Blut- Eßgewohnheiten - Krebsrisiko
Studie in 90er Jahren: keine Hinweise (Essverhalten von Krebspatienten: kein erhöhtes Risiko von Darm-, Nieren- oder Blasenkrebs (v.a. Patienten > 50 J., Kekse, Bratkartoffeln)
Fazit: abwarten auf neue Forschungsergebnisse
Acrylamid
Vorbesprechung Klausur
• 20 Multiple Choice Fragen und freie Fragen. (Muster anbei!)
• Zeitvorgabe: 2 Minuten MC-Frage, 3 Minuten freie Frage.
• Bestanden bei 50%.
• Fragen aus allen Blöcken (nicht nur „Folienwissen!“).
• 20 Fragen
• 2 Typen Freie Frage MC
• Freie Frage alles hinschreiben was im Kopf ist
• MC immer 5 Antwortmöglichkeiten nur eine ist richtig! drei Fragetypen
• Nur eine Markierung kann richtig sein! Bei falscher Kreuzung deutlich kennzeichnen was gilt!
Klausur
1.Einfachauswahl: Auf eine Frage oder unvollständige Aussage folgen fünf Antworten oder Ergänzungen, gekennzeichnet mit (A) bis (E). Es soll eine einzige Antwort oder Aussage ausgewählt werden, und zwar entweder die einzig richtige oder auch im Sinne der Fragestellung die einzig falsche oder die am ehesten bzw. am wenigsten zutreffende.
Beispiel:
Welche Aussagen über Wasser ist falsch? (A) Wasser ist nass (B) Wasser ist unter normalen Bedingungen flüssig (C) Eis ist die feste Form von Wasser (D) Wasser ist ein wichtiges Lebensmittel (E) Wasser brennt bei 120°C
Richtige Antwort: E
Klausur - Fragetypen
2. Zuordnungsaufgaben (Aufgabengruppe mit gemeinsamem Antwortangebot):
Beispiel: z.B. Fragen Nr. 1. und 2. Ordnen Sie den in Liste 1 aufgeführten Substanzen einen in Liste 2 genannten charakteristischen Begriff zu.
Liste 1 1. Aflatoxin B1 2. Phenobarbital
3. Liste 2 (A) Solitärkanzerogen (B) Ultimales Kanzerogen (C) Promotor (D) Neurotoxin (E) Direktes Kanzerogen Antworten: 1.A und
2.C
Klausur - Fragetypen
3. Aussagenkombination: Bei diesem Aufgabentyp werden mehrere durch eingeklammerte Zahlen gekennzeichnete Aussagen gemacht. Auszuwählen ist die zutreffende Lösung unter den 5 vorgegebenen Aussagenkombinationen (A) bis (E).
Beispiel:
Welche Aussagen über Pflanzenöle treffen zu?
(1) Pflanzenöle sind mit Wasser mischbar (2) Pflanzenöle haben einen hohen Fettgehalt (3) Pflanzenöle können fest oder flüssig sein (4) Der Wassergehalt von Pflanzenölen liegt bei über 20% (5) Pflanzenöle enthalten essentielle Fettsäuren
(A) Alle (1-5) sind richtig (B) 1 und 3 sind richtig (C) 2, 3 und 4 sind richtig (D) 1,2 und 5 sind richtig (E) 2,3 und 5 sind richtig
Richtige Antwort E
Klausur - Fragetypen
Viel Erfolg !!
Am Dienstag 13. April 2010 08:00 s.t. Hörsaal NU H1
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