Aufsichtspflicht für Jugendleiter und Ferienbetreuer
22. Oktober 2005Memmingen
Der Begriff Aufsichtspflicht
Kinder sind Gefahren ausgesetzt und können gelegentlich auch für andere eine Gefahr darstellen. Die §§ 1628, 1631 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verpflichten die Eltern, sich um ihre minderjährigen Kinder zu kümmern und sie und auch Dritte (§ 832 BGB) nach besten Kräften vor Schaden zu schützen.
andere nicht gefährden anderen keinen Schaden zufügen selbst keinen Schaden erleiden
Zivilrechtlich§ 823 BGB Allgemeine Haftungsnorm des BGB, einschlägig, wenn Teilnehmer der Massnahme zu Schaden kommt§ 832 BGB Haftung für Schädigung eines Dritten durch einen Teilnehmer der Massnahme
Strafrechtlich§§ 222, 230 StGB: Fahrlässige Tötung, Fahrlässige Körperverletzung
Diese Aufsichtspflicht haben auch (ehrenamtliche) Jugendleiter/innen (Jugendgruppenleiter, Ferienbetreuer etc.)
Wichtig: Dafür ist kein Vertrag notwendig!Bei einer Anmeldung zu einer Freizeit / Teilnahme an der Gruppenstunde wird stillschweigend von einer Übertragung der Aufsichtspflicht gesprochen!
Was genau ist AUFSICHTSPFLICHT?
dafür sorgen, dass die anvertrauten Minderjährigen nicht zu Schaden kommen / andere schädigen
Überblick haben, wo sich die Kinder befinden & was sie gerade tun
vorhersehbare Gefahren erkennen und zumutbare Anstrengungen unternehmen , um Schäden abzuwenden
Fünf Pflichten des Jugendleiters/ Betreuers:
1) Pflicht zur umfassenden Information
2) Pflicht zur Vermeidung/ Beseitigung von Gefahrenquellen
3) Pflicht zu Hinweisen und Warnungen im Umgang mit Gefahren
4) Pflicht zur tatsächlichen Aufsichtsführung
5) Pflicht zum Eingreifen in gefährlichen Situationen
1 Pflicht zur Information
Persönliche Umstände Behinderungen, Krankheiten, AllergienSchwimmer, NichtschwimmerSportliche Fähigkeiten, Belastbarkeit
Besonderheiten der örtlichen UmgebungSicherheit von Gebäude, des GeländesSicherheit von Spielgeräten, WerkzeugenNotrufmöglichkeiten/ Infrastruktur
2 Pflicht zur Vermeidung von Gefahren
vorhandene Gefahrenquellen bereits im Vorfeld ausschalten!
3 Hinweis- und Warnpflicht
Regelungen zu Umgang mit Gefahrenquellen
4 Tatsächliche Aufsichtspflichtführung
Das Maß der Aufsichtsführung ist abhängig von:•Alter der Aufsichtsbedürftigen•Größe der Gruppe•Örtliche Verhältnisse•Anzahl, Beherrschbarkeit der
Gefahrenquellen•objektive Gefährlichkeit der Aktivität•Anzahl der Mitbetreuer
Maßstab des BGH:
“Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was Jugendleitern in der jeweiligen Situation zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was ein verständiger Jugendleiter nach vernünftigen Anforderungen unternehmen muß, um zu verhindern, daß das Kind selbst zu Schaden kommt oder Dritte schädigt.”
BGH in NJW 1984, S. 2574
3 KontrollfragenJeder Jugendleiter sollte stets folgende Fragen mit JA beantworten können:
•Bin ich darüber informiert, wo sich die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen befinden und was sie tun ?
•Habe ich ganz generell alle Vorkehrungen zum Schutze der mir Anvertrauten und Dritter getroffen ?
•Habe ich auch in der jetzigen Situation alles Zumutbare getan, was vernünftigerweise unternommen werden muß, um Schäden zu verhindern ?
5 Pflicht zum Eingreifen in gefährlichen Situationen
Zulässige und sinnvolle Sanktionen:• Ermahnungen• Wegnahme gefährlicher Gegenstände• Ausschluß eines Teilnehmers/ Heimschicken• Abbruch eins Spiels/ der Veranstaltung• Information der Eltern
Nicht sinnvoll/ zulässig:• Kollektive Strafen• Gemeinschaftsdienste als Strafe• Körperliche Züchtigung, Freiheitsentzug, Demütigungen
Stichwort: Verkehrssicherungspflicht
Kurz gesagt:
Die Umgebung und Gegenstände, mit denen die anvertrauten Minderjährigen zu tun haben, müssen intakt sein.
Beispiele für Verletzung der Verkehrssicherungspflicht:
- defektes Spielgerät auf Spielplatz
- lockerer Hammer beim Werken
- im Gruppenraum gibt es Stolperfallen
- .......
Pädagogische Gesichtspunkte
Nicht unbedingt das Fernhalten von jedem Gegenstand, der bei unsachgemäßem Umgang gefährlich werden kann, sondern gerade die Erziehung des Kindes zu verantwortungsbewußtem Hantieren mit einem solchen Gegenstand wird oft der bessere Weg sein, das Kind und Dritte vor Schäden zu bewahren. Hinzu kommt die Notwendigkeit frühzeitiger praktischer Schulung des Kindes, das seinen Erfahrungsbereich möglichst ausschöpfen soll.
BGH, NJW 1976, S. 1684
Folgen einer Aufsichtpflichtverletzung
• Zivilrechtliche Folgen: – Schadensersatzansprüche– Schmerzensgeld– Anspruch auf Haftungsfreistellung bei leichter Fahrlässigkeit
• Strafrechtliche Folgen• Arbeitsrechtliche Folgen
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