4. JAHRGANGAUSGABE #29
PROUD PHOTO BOOTHBY OLIVER RATH
JÜRGEN LAARMANNFRIEDE, FREUDE, FRONTPAGE
GEMAINTERVIEW
+NICHOLAS KASHIANREUBEN WUKLARTRAUMRAUMKOMETSTRASSE ZWÖLF
BER
LINAUSGABE #29 • PROUD PH
OTO BOOTH BY OLIVER RATH
• GEMA INTERVIEW
• JÜRGEN LAARMANN
29. AUSGABE 2012
OPENER2
Katze mit zwei Ohren
Katze mit Hut
Katze im Kornfeld
tut Seele der Katze
aber Mäusen nicht gut.
Katze mit Fratze
Katze mit Schnabel
wie Busshard am Himmel
mit Hunger so groß
wie Heuhaufenstapel.
Mit ohne flauschig
mit ohne Waschung
Katze trägt Krone
in Häuplingszone
Katze trägt Maske
und Trauer mit Fassung.
Justus Sauerbier
ART DIRECTION
Moritz Stellmacher
GRAFIK & IllusTRATION
Felix Bork
Ida Westheuser
Moritz Stellmacher
Tim Boller
Vinzent Britz
FAMIlY
Ariane & Karl Kirschstein
Eva, Lale, Lukas & Nuri Sezer Mahrt
Gesa Hollender & Yara Dib
Klaus Mabel Aschenneller
Oliver Keresztes & Sünje von Ahn
PARTYs
Cim Topal
Fetzo Müller
Janek Eisner
PRAKTIKA
Gergana Petrova (Fucsia Werk)
COVER
Oliver Rath
HERAusGEbEREmin Henri Mahrt
Richard Kirschstein
CHEFREDAKTION
Emin Mahrt
Moritz Stellmacher
REDAKTION
Daniel Penk
Ida Westheuser
Janek Eisner
Jascha Herr
Lukas Kampfmann
MusIC EDITOR
Daniel Penk
MARTERIA GIRl
Tsellot Melesse
sCRIPT GIRl
Sophie Senoner
DJs
Alexander Lorz, Zirkuszofen, Marcel
Freigeist, Meggy, Used, Daniel Bang,
Soulkrates, Red&Ron, Ornis, I Love
Sunday, Spune, Sven & Lenny, Pringle,
Louis, Flott & Geil, Pedro & Eike
FREIE MITARbEITER
Anna-Zoe Schmidt
Anne Eger
Bruno Jubin
Christian Rinke-Lazo
Daniel Zimmert
Esra Rotthoff
Janina Schönn
Komet Bernhard
Katharina Fabian
Leonor von Salisch
Livia Matthes
Louis McGuire
Maximilian Duwe
Sarai Schubert
sPECIAl THANKs
Anna Lena
Ayfer Kaya
Benjamin Gruber
Carlos Falla Garzon
Hannes Greve
Hugo Korinth
Jakob Scheer
Karianne Etternavn
Luciano Santorro
Mario Martin
Ricardo Kramer
Valentin Schöndienst
Visa Vie
Hola, ¿qué tal? Verkehrte Welt an der
Heimatfront. Der Spaßbomber aus
Mallorca ist in Berlin gelandet. Parker
Lewis und Curley Sue haben ihren Sohn
auf die Transferliste gesetzt und proud
hat zugeschlagen. Als Multitalent mit
the most Scheiße Hair bekannt hat
sich Bam Bam Bruno vor, hinter, unter
und über der Kamera sofort in unsere
Herzen gespielt. Wir sagen danke the
German Way: der Music Editor Deines
Vertrauens geht mit Dir ins Puff. Much-
as Gracias BAM BAM and keep up the
good work!
bRuNOEMPlOYEE OF
THE MONTH
PROuD wORKs GMbHSonnenallee 106
12045 Berlin Neukölln+49 (0) 30 521 36 881
hq@ .de
3START
B eim Aufrufen unseres www.
soundcloud.com/proud Ac-
counts sticht mir ein Track auf
der letzten Seite ins Auge. "Redak-
tionskonferenz" - dazu das unüber-
sehbare Datum des Uploads "over 3
years ago". Es beginnt mitten in einer
hitzigen Diskussion darüber, wie viele
Seiten der Streetart Künstler JUST in
zwei aufeinanderfolgenden Ausga-
ben zugeschrieben bekommen soll.
In einem unermüdlichen Ping-Pong
zwischen Redakteuren, Grafikern und
Herausgebern wandeln sich trockene
Meinungen in emotionale Grundsätze.
Schlussendlich möchte die Mehrheit
eine Skala der Prioritäten festlegen.
Es soll festgelegt werden, wann ein
Freundschaftsdeal oder echte Artikel
Vorzug erhalten. Eine Chefredaktion
muss her. Wir arbeiten alle umsonst
- doch Geld für den Posten muss es
geben. Gibt es aber nicht. Es ist eine
schöne Konferenz. Zahlreiche, inzwi-
schen beste Freunde, sagen ungehal-
ten ihre Meinung. Sie kotzen sich über
Werbung aus oder beschweren sich
darüber, dass das Belegexemplar an
freie Mitarbeiter nicht zugestellt wur-
de. Aber es gibt auch Eigenlob, es wird
viel gelacht und es prasselt Vorschlä-
ge für die kommende Ausgabe. Nach
1:38:48 stoppt die Aufnahme.
Es ist ein schöner Blick in die Vergan-
genheit, der Probleme aufzeigt, die
man vielleicht hätte lösen können.
Gleichzeitig strömt pure Energie und
Lust am Schreiben und dem Projekt
proud aus jedem aufgenommenen
Satz. Jetzt drei Jahre später gilt es im-
mer noch Prioritäten zu setzen. Unser
festes Team ist kleiner. Viele früher
engagierte, gute Redakteure sitzen
inzwischen in einem festen Job und
finden kaum noch Zeit eine Rezension
zu schreiben. Nichtsdestotrotz gibt es
Inhalt - und den liefert uns Berlin.
Blaukraut bleibt Blaukraut und proud
crowd bleibt proud crowd. Auch wenn
wir nicht von Morgens bis Abends an
Texten schreiben, so pflegen wir doch
den Berliner Lebensstil bis in die letzte
Haarspitze. Ob Grillen bei Regen unter
der Elsenbrücke oder der Besuch der
heimischen Eckkneipe.
Auch komplett neue Projekte sprießen
aus dem Boden. Mit Straße 12 erobert
ein Vereinsheim der Neuköllner Sport-
freunde unsere Herzen. Mehr noch als
der alljährliche Wunsch auf die Fusi-
on zu fahren. Und doch bestimmt die
Arbeit unser Leben. Und dort, wo sich
Arbeit mit Freizeit verbinden lässt,
lassen wir keine Chance aus dies auch
zu tun. Wir chartern einen Reisebus,
um mit unseren besten Freunden auf
einen Roadtrip nach Hamburg zu der
von uns veranstalteten Carlsberg Sup-
port Your Local DJs Party zu fahren.
EDITORIAL
4 EDITORIAL
Über 40 Leute finden sich zusammen
- auf dem Weg nach Hamburg er-
weitert sich unsere Truppe durch ein
paar 18-jährige, amerikanische Tram-
per. Es ist seit langer Zeit mal wieder
eine gemeinsame proud Reise. Wenn
auch ein paar wichtige Freunde feh-
len. Doch auch unsere neuen Freunde
sind bereits unwegdenkbar. Mit Micki
haben wir eine strahlend, gut gelaun-
te Fotografin gefunden, die auch vor 24
Stunden Party nicht zurückschreckt
und Bruno, unser 20 jähriger Mallorca-
nero kann Filmen (+Regie+Schneiden
+Farbkorrektur) wie kaum ein zweiter.
Hamburg empfängt uns wie immer:
Ein zweites zu Hause. Unfassbar viele,
freundlichen Menschen. Das Uebel &
Gefährlich, aber vor allem eine unver-
gessliche Afterhour im Sands befrie-
digen alle Teilnehmer des Trips, der
nach Wiederholung schreit.
Zurück in Berlin widmen wir uns dem
proud Magazin Freiverteiler (kosten-
freies Abo unter www.abo.proud.de)
und der Brache an der Cuvry Straße,
die unsere Freunde "Die Räuber" mit
Einsatz verteidigen und in einem fried-
lichen Protest gegen die Räumung das
"Räuberlab" auf dem Gelände ins Le-
ben rufen. Eine interne "wer hat einen
Büroschlüssel" Situation plus zahlrei-
che, frustrierende Momente vor dem
Büro gänzlich ohne Schlüssel, führten
dazu, dass wir uns ein Zahlenschloss
haben einbauen lassen.
Und Neukölln blüht. Im 10 Minuten-
takt saust eine Polizeistreife an unse-
rem Fenster vorbei um eines der an
den zahlreichen Spitzenverdienern
verübten Verbrechen aufzuklären.
Das Internetcafé gegenüber wird zum
Schauplatz und Showdown für den
Killer-Kannibalen aus Kanada - der
mutige Ladenbesitzer erkannte ihn
beim Bild-Zeitung lesen. Nur ein paar
Häuser weiter eröffnet ein neues In-
ternetcafé - der schrecken aller Ver-
brecher.
Car2gos und Drivenows machen die
Parkplätze streitig, so dass unser Nach-
bar seinen Ferrari inzwischen im Park-
verbot parken muss. Wir überfordern
unsere Praktikanten beim Eintüten
tausender Mags für Abo-Empfänger.
Sowohl Lieferauto als auch Postange-
stellte stöhnen unter den Massen von
Magazinen. Doch es lohnt sich. Und
wir laden ein zu 4 Jahren proud Party:
Entgegen aller ungläubig kopfschüt-
telnden Prognosen von Sparkasse,
Bulgarischer Wettmafia und Steuerbe-
ratung sowie im Herzen gutgemeinter
Sabotage-Versuchen von Print-Bran-
che, Silvester-Raketen und Finanzamt
gibt es uns immer noch: Seit 4 Jahren
sind wir proud und denken nicht ans
aufhören.
Wir fahren Porsche, kriegen Kinder,
gründen Firmen. Und hauen die ge-
samten Jahreseinnahmen an einem
Abend auf den Kopf: proud wird 4.
5EDITORIAL
Sag Deinen Eltern, die Spreefahrt
am Sonntag wird nichts. Sag Deinem
Freund, dieses Wochenende machst
du ‘n Ruhigen. Sag Deinen Kumpels,
sie sollen den Ersatzschlüssel raus-
suchen. proud hat die lautesten DJs,
die hübschesten Girls, die skurrilsten
Trips. Alle wissen Bescheid, aber kei-
ner hat was gesehen. Niemand geht
hin, aber alle sind da. What happens
at a proud party, stays at a proud party.
Wir freuen uns. Auf einen abgedreh-
ten Abend. Auf einen durchgerock-
ten Morgen. Auf die nächsten 4 Jahre
proud. Featuring: MUSCHI Kreuzberg
Fatwalk, EASY DOES IT Surprise Box,
RADIO Skateboards Horny House,
EX!T Floor, OLIVER Rath Photo Booth
(styling by Der Haarflüsterer® Berlin),
HIPHOP und LAZER Moritz.
Danke! 4 Jahre proud Party wird die
Party der Partys für uns. Gäste, Freun-
de, Frauen. Wir freuen uns schon jetzt
auf den fünften Geburtstag.
Und wir etablieren an jedem ver-
dammten Dienstag Fussball - bis hin
zum Profisport beim Irie Daily Cup
2012 (proud vs. team x, 0:4, 0:4, 1:4,
1:1).
Die Chefs machen sich auf den Weg,
drei volle Tage im "Korfu-Workshop"
ein paar Prioritäten für proud festzu-
legen und haben Erfolg. Mit Enthusi-
asmus und Aufbruchstimmung wird
kurzzeitig nach einem noch geileren
Büro Ausschau gehalten, doch relativ
schnell steht fest, unser zu Hause ist
Neukölln. Nach zwei Jahren Vorberei-
tungszeit schaffen wir es endlich un-
sere proud-Crew-College-Jacken an
den Start zu bekommen und gelten
spätestens seit unserer gemeinsamen
proud Reise nach Köln als irgendet-
was zwischen schwul, Junggesellenab-
schied und Hooligans.
Bald ist Winter und zu allem Überfluss
verschwindet unser Maskottchen Tse-
llot, dessen Abschiedsparty kläglich
an Ausweiskontrolle gescheitert ist,
ein ganzes Jahr nach Amerika. Ge-
fühlsduseliger Abschied bei proud und
Kiss FM. Unser gemeinsamer Redakti-
onsliebling Tsellot geht in die USA und
stürzt Deutschrap damit in die größte
Sinnkrise seit Tic Tac Toe.
Komm bald wieder, Marteria Girl! Sag
es Eko... (Eko rappt für Tsellot - http://
bit.ly/tsellot).
Tselott - We ♥ you a lot DAS SCHÖNSTE VOR JEDEM MENÜ: DER GRUSS AUS DER QUELLE.DER GRUSS AUS DER QUELLE.
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Das Wasser zum Essen.
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6 EDITORIAL6
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tag. In der Nacht zum 7. Mai 1985 von
Mainz nach Vire. Ich weiß es wie heute,
was für Gedanken mir auf der 10stün-
digen Reise durch den Kopf gingen. Ich
verließ meine Stadt in Richtung Paris
über die auch sogenannte Pariser Stra-
ße, um nach anderthalbstündiger Fahrt
die Grenze zu Frankreich bei Saarbrü-
cken zu passieren. Der Gedanke an
ein Wiedersehen mit meinem kleinen
zuvor in meinem Handwerk als Bil-
derrahmer an einem wichtigen Kun-
denauftrag festhielt. Zufrieden war ich
nicht mit mir an diesem Tag, da ich es
wiedermal nicht geschafft hatte, mich
rechtzeitig von der Arbeit loszureißen
und somit eine anstrengende Nacht-
fahrt von 850km bewältigen musste.
Ich wollte mich mit meinem Auto auf
den Weg machen zu seinem 6. Geburts-
E s war der 37te Frühling in meinem
Leben, und auch im Leben meiner
Partnerin Nicole, obwohl sie 1949
und ich 1948 geboren bin. Der 16te im
Leben meiner Tochter Segolené, die
Nicole in die Verbindung mitgebracht
hatte und die ich mit 4 Jahren ken-
nenlernte. Und es war der 6. Frühling
im Leben meines Sohnes Marceau. Es
war ein Bilderbuchmaientag, der mich
zEhn SEkundEn TodESangST
dIE aBEnTEuR dES koMETEn
8 REPORT
flott durch, zog vorbei und ließ mich
zurück. Nach kurzer Fahrt wurde mir
bewusst, dass ich meinen Wasserkanis-
ter, um mein Gesicht frisch zu machen,
aufs Autodach gestellt hatte, bevor das
fremde Fahrzeug auf dem Parkstreifen
auftauchte. Ich hielt deshalb auf einem
vorhandenen Seitenstreifen an, stieg
aus, reckte mich, froh von der vielleicht
vorhanden gewesenen Gefahr befreit
zu sein und schaute zum Sternenhim-
mel, fühlte mich in einem intelligenten
Universum aufgehoben. Jetzt wollte ich
die Fahrt fortsetzen, nicht geruht, doch
wieder etwas wach, den Kanister vom
Dach eingepackt stieg ich ins Fahrzeug.
Es waren eine dröhnende LKW-Hupe
und ein Christbaum von Scheinwer-
ferlichtern, die mich aus meinem Se-
kundenschlaf rissen. In der Umklam-
merung des Lenkrades versuchte ich
heftig, dem sich nähernden Ungetüm
auszuweichen. Mein rechter Fuß such-
te das Bremspedal und mein Blick die
Straße, doch da war nur Dunkelheit.
Der lang anhaltende Ton des Hupsig-
nals, das eben noch seinen Ton durch
Annäherung verstärkte zog an mir vor-
bei und verstummte. Nur das sich ent-
fernende Rauschen der Räder verriet,
dass es kein Spuk sondern Wirklichkeit
war. Ich war å dem Lenkrad eingeschla-
fen. Die langsam in der Ferne åges lie-
ßen mich nun völlig aufwachen. Ich
war nicht am Fahren, ich stand. Der
vermeintliche Sekundenschlaf war kei-
ner, er war ein mindestens 10minütiger
richtiger Schlaf am Straßenrand, aus
dem ich gerissen wurde, mit dem fal-
schen Bewusstsein, erschaffen aus be-
drohlichsten Bildern und Eindrücken,
die ich so nicht anders interpretieren
konnte. Nun war ich wirklich wach und
gelangte nach nächtlicher Fahrt und
herrlichem Sonnenaufgang ans Ziel
an dem drei liebe Menschen auf mich
warteten.
Text: Komet
Illustration: Felix Bork
die Rue National verlassen, langsam
ebbte die Flut entgegenkommender
Lichter ab. Paris hatte ich schon lange
hinter mir gelassen, ich befand mich
im Ausnahmezustand. Ein Sekunden-
schlaf konnte mich meine Gesundheit
oder mein Leben kosten. Ich bog in
einer verlassenen Gegend auf einen
schmalen lang gezogenen Ausweich-
platz am Straßenrand ab, der durch
Bäume und einen Graben von der
Straße getrennt war, um doch etwas
zu ruhen. Nach wenigen Minuten, ich
war schon etwas abwesend, befuhr ein
Fahrzeug den gleichen Platz. Es stand
mit einigem Abstand hinter mir und
hatte sein Standlicht an. Ich drehte das
Fenster einen Spalt auf, und vernahm
Stimmen junger Männer, die mich be-
unruhigten, da ich nichts verstand
und mir keinen Reim auf ihren Inhalt
machen konnte. Gerade war ich bereit,
meinen Zündschlüssel umzudrehen,
da bewegte sich das Fahrzeug in lang-
samer Fahrt an mir vorbei, zu langsam.
Es hielt nach wenigen Metern an, so
das ich es hätte nach meinem Start
rechts überholen müssen, was man
nicht macht. Einen Moment war ich
unschlüssig, dann zeigte ich durch ein-
maliges kurzes Aufblenden, dass dieses
Fahrzeug nicht unbesetzt war, in der
Hoffnung, die Freunde zur Weiterfahrt
zu bewegen, was nicht geschah. Nun
war ich mir klar, dass die Möglichkeit
unguter Absichten seitens der nächtli-
chen Besucher bestand. Dem wollte ich
ausweichen, und bewegte mein Fahr-
zeug in langsamster Fahrt rechts vor-
bei. Das fremde Fahrzeug startete auch
und wir bewegten uns vielleicht drei,
vier Meter nebeneinander, der Einmün-
dung auf die Landstraße zu. Mein Herz-
schlag erhöhte sich und signalisierte
Bereitschaft zur Aktion, gleichzeitig
kam Angst auf, beflügelnde Angst. Ich
spürte Aggression in mir. Wollte man
mich abdrängen und nicht in die Stra-
ße einbiegen lassen, war es Zufall oder
wollten sie auch nur wieder auf die
Piste? Der fremde Wagen startete jetzt
Sohn, den ich ein halbes Jahr nicht ge-
sehen hatte trieb mich an und gab der
Anstrengung einen Sinn. Konnte es
sein, dass ein 5 jähriges Kind versteht,
dass sein Vater, der sich die Zeit ein-
teilen kann, nicht zu seinem Geburts-
tagskaffe eintrifft? Papa muss in die
Werkstatt! Papa bekommt Kundschaft!
Papas Arbeit nimmt mehr Zeit als die
Arbeit anderer Papas. Für das Kind war
das wohl auch der Hauptgrund für die
Trennung der Familie, und gleich auf
so riesige Entfernung. Es war natürlich
nicht die ganze Wahrheit. Ich lebte und
liebte meine Freiheit und übertrieb es
auch manchmal. Ich war leider nicht
der Vater, der einen Kuchen gebacken
hat. Kaufen ja; das konnte ich besser
noch in Frankreich. Kleingeld für die
Autobahngebühr in Frankreich, Grenz-
kontrolle, vereinigtes Europa, Fehlan-
zeige!! Unsere Väter hatten sich noch
im 2. Weltkrieg gegenseitig versucht
umzubringen. Mein und Nicoles Vater
blieben verschont. Sonst gäbe es Mar-
ceau nicht. Die später in der Norman-
die auftauchenden weißen Kreuze der
Soldatenfriedhöfe gaben tausendfa-
ches Zeugnis der Kämpfe. Ich hatte in
dieser Nacht meinen eigenen Kampf,
und einen unsichtbaren Gegner, die
Müdigkeit. Er lauerte in der Monotonie
eines gut laufenden Motors, wie auch
der Anstrengung, die man den Lich-
tern entgegenkommender Scheinwer-
fer entgegensetzten muss. Auch meine
Musik, damals auf Kassette, das Wort
CD war noch nicht geboren, schaffte es
nicht ausreichend, meine Konzentrati-
on aufrecht zu erhalten. Ein Kind, dass
keinen Vater mehr hatte, nein, zwei
Kinder, Segolené war seit 12 Jahren
meine Tochter, auch wenn ich nicht ihr
Erzeuger war. Jetzt war sie 16.
Viele ähnliche und hauptsächlich trau-
rige Gedanken gingen mir mit der Tren-
nung unserer kleinen Familie durch
den Kopf. Meine Müdigkeit nahm zu.
Das Ziel war einfach noch zu weit. Ich
befuhr eine kleine Nebenstraße, hatte
9REPORT
10 ANZEIGE
Schon in der 3b an der Rupingrund-
schule war klar, die 3a ist nicht auf
unserem Level. Wahre Liebe gab
es nur im Verband der 3b. Das hielt
auch an. 4b, 5b, 6b - EINELIEBE.
Man kann zwar nicht sagen aus uns ist
etwas geworden - doch die Verbindung
ist nach wie vor intakt. Es folgten Jahre
auf der Oberschule, der ehemalige 3b
Zusammenhalt wurde durch die Aus-
grenzung als Siemies ersetzt. Wir wa-
ren die neuen auf der Schule, die Kid-
dies, Erstklässler sozusagen. Was seine
schlechten Seiten hatte, hatte auch
seine guten. Wir hingen zusammen
ab. Vor der Schule, auf dem Schulhof,
nach der Schule. Es bildete sich eine
große - und später viele kleine Cli-
quen. Nach der Schule ging das Spiel
weiter - Unreal Tournament, Starcraft
oder Counter Strike Clans, Fussball-
verein, Schülerladen. Egal wo man
sich regelmäßig traf, egal wo man ein
gemeinsames Topic hatte, schnell war
eine Crew am Start. Je besser das The-
ma, je engagierter der Anführer, desto
größer wurde die Crew, desto länger
hielten wir zusammen.
Inzwischen haben die meisten in
meinem Umfeld mindestens ein vier-
tel Jahrhundert gelebt und nach wie
vor feiern wir uns selbst. proud, Ra-
dioskateboards, Keinemusik, Muschi-
kreuzberg, Stil vor Talent, Bolzjugend,
Techno Taverna, Mal2, Easy Does It,
FMNLML, Keller, Feingefühl, Blabla,
Räuber, Omstudios, Depot2, Hühner-
haus, Scheers Schnitzel, Locke Mül-
ler, Mentor, Marteria, Berlin Burrito
Company, Mymo Monsters und viele
Andere. Manche existieren nur aus
Spaß - andere haben ihre Crew zur
Arbeit gemacht. Berliner Crews sind
Treiber des Lebensstil. Wir machen
uns Freunde und Feinde. Es entstehen
Sachen, die bleiben.
Nicht nur wir sind aktiv - und auch
adidas Originals hat das erkannt und
widmet sich voll und ganz Crews. In-
ternationale und lokale Crews, sowie
das Berliner Design-Kollektiv KLUB7
dienen als Botschafter der Aktion.
Es gilt jetzt für adidas über
adidas.com/represent kreative Inhal-
te (Foto, Text, Video egal was hauptsa-
che geil) hochzuladen. Die kreativste
Crew gewinnt ein Preisgeld zur Rea-
lisierung eines Traumprojekts. Vom
07.09. bis 11.10. läuft die Bewerbung
- anschließend (vom 12.10. bis 01.11.)
kann man voten und sich den Output
der Crews anschauen.
Blaukraut bleibt Blaukraut und proud
Crowd bleibt proud Crowd.
#represent.
adidas.com/represent
#REPRESENTBLAUKRAUT BLEIBT BLAUKRAUT UND
PROUD CROWD BLEIBT PROUD CROWD
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PUNCHLINES
12 FLASH
24 DJS • 24 STUNDEN12. OKTOBER • TRESOR6€ • FACEBOOK.COM/CARLSBERG
GEMA
14 CHAT
sikbereich schon lange eine indirekte,
autonome Vergütung der Musiker aus
den Eintrittsgeldern der Clubs.
Eine ähnliche Entwicklung kann man
auch generell im Musikbereich sehen.
Da die Plattenverkäufe so stark zurück-
gegangen sind, sind Konzerte für viele
Musiker immer wichtiger und inzwi-
schen zu einer ihrer Haupteinnahme-
quellen geworden.
Die Methoden, Strukturen und Ent-
scheidungsträger der Verwertungsge-
sellschaft scheinen gerade der betrof-
fenen, jungen Szene antiquiert. Aber es
lohnt sich immer beide Seiten zuhören,
deshalb haben wir ein Interview mit
der Pressestelle der GEMA geführt.
Warum werden die Veranstaltung-
starife jetzt verändert?
Ein Teil der Veranstaltungstarife ist
schon sehr alt und stammt teilweise
noch aus den 1950er Jahren. Der Be-
reich Veranstaltungen hat sich über
die Jahre entwickelt. In den 1950er
Jahren gab es natürlich auch schon
Tanzveranstaltungen. Diese wur-
den schon damals mit dem Tarif für
Einzelveranstaltungen lizensiert. In
den 1960er Jahren kamen die ersten
Diskotheken dazu und so kam es, dass
wir im Tanzveranstaltungbereich der-
zeit elf verschiedene Tarife für zum
Teil relativ ähnliche Nutzungen haben.
Wenn z.B. ein Kneipenwirt einen Raum
hat und da Samstagabend eine Party
veranstaltet, zahlt er im Augenblick
ein Vielfaches von dem, was ein Club-
betreiber nebenan bezahlen würde.
Der Kneipenwirt zahlt vielleicht 250
Euro, der Clubveranstalter nur 20
Euro, obwohl er die gleiche Größe, den
gleichen Dj und den gleichen Eintritt
hat. Das ist eine Entwicklung die nicht
passt, dass Einzelveranstaltungen
derzeit höher veranschlagt werden als
Clubs und Diskotheken.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die In-
transparenz sowohl bei den Kosten der
Verwaltung, die ungewöhnlich hoch
ausfallen, als auch bei der Verteilungs-
politik, bei der 62% der Ausschüttungen
an nur 5% der Mitglieder gehen.
Die GEMA versucht mit einem neuen
Monitoringsystem für mehr Gerech-
tigkeit zu sorgen, doch scheinen die
Kosten für dieses System absurd hoch
und dessen Funktionalität vielen frag-
würdig. Die “kleineren Mitglieder” der
GEMA fordern ein titelgenaues Verfah-
ren mit Direktvergütung wie es in eini-
gen anderen Ländern wie z.B. den Nie-
derlanden bereits benutzt wird.
Mit der anstehenden Reform sollen
pauschal zehn Prozent der Eintrittsein-
nahmen abgegeben werden, was laut
GEMA angemessen sei, vielen aber will-
kürlich erscheint, da dieser Preis nicht
vom Markt, sondern von der GEMA be-
stimmt wird.
Bisher waren die zu zahlenden Abga-
ben für die Clubs verschmerzbar und
nicht Wert sich auf eine Konfrontrati-
on mit der GEMA einzulassen. Von der
neuen Tarifreform fühlen sich aller-
dings vorallem kleinere Clubs in ihrer
Existenz bedroht und hinterfragen die
Vergütungs- und Verteilungspolitk an
sich.
Jetzt ist die Techno-Szene ein relativ
homogenes System in dem sich ei-
genständige, alternative Vergütungs-
methoden entwickelt haben: Denn die
meisten Produzenten elektronischer
Musik verdienen ihr Geld durch Auf-
tritte. Tracks, die viel in Clubs gespielt
und geremixed werden, sich dann auch
online auf Sets verbreiten, sorgen für
Aufmerksamkeit und fungieren als
Werbung für den Künstler. Bekannte
Produzenten bekommen bei “Live”-Auf-
tritten schonmal Gagen im vierstelligen
Bereich. Das Booking von bekannten
Künstlern spiegelt sich gerade bei we-
niger bekannteren Clubs auch deutlich
in den Besucherzahlen und Eintritts-
geldern wieder. Es gibt in diesem Mu-
B erlin ist richtig cool. Wo man
auch raus fährt in die Welt, man
sagt, man kommt aus Berlin -
“Oh, thats like the coolest city!”, egal
ob der Gesprächspartner da war oder
nicht. Wir haben den Ruf die junge, bil-
lige Kreativmetropole zu sein. Mit Kul-
tur, coolen Galerien, Grafikdesignern,
Djs und so. Prägend für den Vibe und
die kreative Energie einer Stadt ist im-
mer auch die Musikszene - Hippies San
Franciso, Punk London, HipHop New
York und Techno Berlin.
Techno ist groß geworden, die Szene ist
keine kleine Subkultur mehr. Ein Wirt-
schaftszweig, der jährlich Millionen in
die Stadt und ihre Clubs treibt. Was
zwei-, dreihundert Leute in ihren Kel-
lern machen interessiert niemanden,
aber was Millionen umsätzt, zieht Auf-
merksamkeit auf sich.
Die GEMA will die Veranstaltungstarife
reformieren, insbesondere die für Clubs
und Diskotheken. Natürlich ist da die
Kritik groß: Menschen, die die Berliner
Clubkultur aufgebaut haben, die in und
von ihr Leben, fühlen sich von Außen-
stehenden, die plötzlich hohe Gebüh-
ren verlangen, angegriffen.
Der Protest ist überall und wer nichts
davon mitgekriegt hat, wohnt wahr-
scheinlich in Charlottenburg bei seiner
Mama.
Dabei ist die Idee einer Verwertungs-
gesellschaft, bei welcher Komponisten
für die Vervielfältigung und Nutzung
ihrer Werke gerecht entlohnt werden,
an sich natürlich gut. Die Kritik rich-
tet sich auch nicht gegen die Existenz
der GEMA per se, sondern gegen deren
Strukturen und Methoden.
Eines der Probleme ist die Mächtever-
teilung der Gesellschaft. Die finanz-
stärksten 5% der Mitglieder, haben
die Entscheidungsgewalt, wodurch
Nischenkulturen natürlich stark be-
nachteiligt werden und neu entwickel-
te Reformen die Existenz von Subkul-
turen nicht berücksichtigen oder sogar
bedrohen.
15CHAT
sikbereich schon lange eine indirekte,
autonome Vergütung der Musiker aus
den Eintrittsgeldern der Clubs.
Eine ähnliche Entwicklung kann man
auch generell im Musikbereich sehen.
Da die Plattenverkäufe so stark zurück-
gegangen sind, sind Konzerte für viele
Musiker immer wichtiger und inzwi-
schen zu einer ihrer Haupteinnahme-
quellen geworden.
Die Methoden, Strukturen und Ent-
scheidungsträger der Verwertungsge-
sellschaft scheinen gerade der betrof-
fenen, jungen Szene antiquiert. Aber es
lohnt sich immer beide Seiten zuhören,
deshalb haben wir ein Interview mit
der Pressestelle der GEMA geführt.
Warum werden die Veranstaltung-
starife jetzt verändert?
Ein Teil der Veranstaltungstarife ist
schon sehr alt und stammt teilweise
noch aus den 1950er Jahren. Der Be-
reich Veranstaltungen hat sich über
die Jahre entwickelt. In den 1950er
Jahren gab es natürlich auch schon
Tanzveranstaltungen. Diese wur-
den schon damals mit dem Tarif für
Einzelveranstaltungen lizensiert. In
den 1960er Jahren kamen die ersten
Diskotheken dazu und so kam es, dass
wir im Tanzveranstaltungbereich der-
zeit elf verschiedene Tarife für zum
Teil relativ ähnliche Nutzungen haben.
Wenn z.B. ein Kneipenwirt einen Raum
hat und da Samstagabend eine Party
veranstaltet, zahlt er im Augenblick
ein Vielfaches von dem, was ein Club-
betreiber nebenan bezahlen würde.
Der Kneipenwirt zahlt vielleicht 250
Euro, der Clubveranstalter nur 20
Euro, obwohl er die gleiche Größe, den
gleichen Dj und den gleichen Eintritt
hat. Das ist eine Entwicklung die nicht
passt, dass Einzelveranstaltungen
derzeit höher veranschlagt werden als
Clubs und Diskotheken.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die In-
transparenz sowohl bei den Kosten der
Verwaltung, die ungewöhnlich hoch
ausfallen, als auch bei der Verteilungs-
politik, bei der 62% der Ausschüttungen
an nur 5% der Mitglieder gehen.
Die GEMA versucht mit einem neuen
Monitoringsystem für mehr Gerech-
tigkeit zu sorgen, doch scheinen die
Kosten für dieses System absurd hoch
und dessen Funktionalität vielen frag-
würdig. Die “kleineren Mitglieder” der
GEMA fordern ein titelgenaues Verfah-
ren mit Direktvergütung wie es in eini-
gen anderen Ländern wie z.B. den Nie-
derlanden bereits benutzt wird.
Mit der anstehenden Reform sollen
pauschal zehn Prozent der Eintrittsein-
nahmen abgegeben werden, was laut
GEMA angemessen sei, vielen aber will-
kürlich erscheint, da dieser Preis nicht
vom Markt, sondern von der GEMA be-
stimmt wird.
Bisher waren die zu zahlenden Abga-
ben für die Clubs verschmerzbar und
nicht Wert sich auf eine Konfrontrati-
on mit der GEMA einzulassen. Von der
neuen Tarifreform fühlen sich aller-
dings vorallem kleinere Clubs in ihrer
Existenz bedroht und hinterfragen die
Vergütungs- und Verteilungspolitk an
sich.
Jetzt ist die Techno-Szene ein relativ
homogenes System in dem sich ei-
genständige, alternative Vergütungs-
methoden entwickelt haben: Denn die
meisten Produzenten elektronischer
Musik verdienen ihr Geld durch Auf-
tritte. Tracks, die viel in Clubs gespielt
und geremixed werden, sich dann auch
online auf Sets verbreiten, sorgen für
Aufmerksamkeit und fungieren als
Werbung für den Künstler. Bekannte
Produzenten bekommen bei “Live”-Auf-
tritten schonmal Gagen im vierstelligen
Bereich. Das Booking von bekannten
Künstlern spiegelt sich gerade bei we-
niger bekannteren Clubs auch deutlich
in den Besucherzahlen und Eintritts-
geldern wieder. Es gibt in diesem Mu-
B erlin ist richtig cool. Wo man
auch raus fährt in die Welt, man
sagt, man kommt aus Berlin -
“Oh, thats like the coolest city!”, egal
ob der Gesprächspartner da war oder
nicht. Wir haben den Ruf die junge, bil-
lige Kreativmetropole zu sein. Mit Kul-
tur, coolen Galerien, Grafikdesignern,
Djs und so. Prägend für den Vibe und
die kreative Energie einer Stadt ist im-
mer auch die Musikszene - Hippies San
Franciso, Punk London, HipHop New
York und Techno Berlin.
Techno ist groß geworden, die Szene ist
keine kleine Subkultur mehr. Ein Wirt-
schaftszweig, der jährlich Millionen in
die Stadt und ihre Clubs treibt. Was
zwei-, dreihundert Leute in ihren Kel-
lern machen interessiert niemanden,
aber was Millionen umsätzt, zieht Auf-
merksamkeit auf sich.
Die GEMA will die Veranstaltungstarife
reformieren, insbesondere die für Clubs
und Diskotheken. Natürlich ist da die
Kritik groß: Menschen, die die Berliner
Clubkultur aufgebaut haben, die in und
von ihr Leben, fühlen sich von Außen-
stehenden, die plötzlich hohe Gebüh-
ren verlangen, angegriffen.
Der Protest ist überall und wer nichts
davon mitgekriegt hat, wohnt wahr-
scheinlich in Charlottenburg bei seiner
Mama.
Dabei ist die Idee einer Verwertungs-
gesellschaft, bei welcher Komponisten
für die Vervielfältigung und Nutzung
ihrer Werke gerecht entlohnt werden,
an sich natürlich gut. Die Kritik rich-
tet sich auch nicht gegen die Existenz
der GEMA per se, sondern gegen deren
Strukturen und Methoden.
Eines der Probleme ist die Mächtever-
teilung der Gesellschaft. Die finanz-
stärksten 5% der Mitglieder, haben
die Entscheidungsgewalt, wodurch
Nischenkulturen natürlich stark be-
nachteiligt werden und neu entwickel-
te Reformen die Existenz von Subkul-
turen nicht berücksichtigen oder sogar
bedrohen.
15CHAT
Von allen Veranstaltungen bei denen
Musik öffentlich genutzt wird (hierzu
zählt nicht die Hintergrundmusik in
Kneipen oder Restaurants) werden
zukünftig zehn Prozent vom Eintritt-
sgeld berechnet. Das sorgt für eine
größtmögliche Gerechtigkeit, Ausge-
wogenheit und Ausgeglichenheit des
Tarifs. In Zukunft zahlen prozentual
alle Lizenznehmer das gleiche, d.h.
in der Konsequenz, dass kleine Ve-
ranstaltungen in Zukunft entlastet
werden. In den letzten Jahren gab es
viel Kritik an der GEMA, es bestünde
ein Tarifdschungel, es wäre unüber-
sichtlich, intransparent, ungerecht
und unausgewogen. Genau diese Kri-
tikpunkte haben wir bei der Reform
angepackt. In Zukunft gibt es statt elf
nur noch zwei Tarife.
Die relevanten Kriterien für die
Berechnung der neuen GEMA-Ge-
bühren sind die Größe des Clubs und
die Höhe des Eintritts, wovon dann
10% an die GEMA gehen. Wie kann
man von der Größe eines Clubs auf
die Besucherzahlen schließen? Wenn
man z.B. einen sehr weitläufigen
Club betreiben will, wird das ja sehr
schwierig.
Es wird von hundert Besuchern pro
hundert Quadratmeter ausgegangen,
was durchschnittlich aufgrund der
Fluktuation etwa eine 2/3-Auslastung
ausmacht. Wenn diese Besucher-
zahlen nicht erreicht werden, muss
der Veranstalter einfach nach den
tatsächlichen Einnahmen abrechnen.
Sollte der Club aus irgendeinem Grund
leer sein, kann der Veranstalter die
Kasse aufmachen und sagen, ich hab
heute nur hundert Euro eingenom-
men. Nur zehn Prozent davon gehen
an die GEMA. Aber die meisten, also
90 %, fahren mit der pauschalisierten
Abrechnung am besten, weil sie mehr
Besucher als hundert auf hundert
Quadratmeter durchschleusen. Dieser
Punkt wird, obwohl wir ihn schon seit
Wochen predigen, negiert.
Es heißt immer, die GEMA geht von
einer maximalen Auslastung und vom
vollen Eintrittsgeld aus. Das stimmt
faktisch nicht. Durch die Angemes-
senheitsregelung sagen wir, dass wir
maximal, inklusive aller Zuschläge,
zehn Prozent von dem bekommen,
was tatsächlich an der Tür verdient
wurde.
Ich habe gelesen, dass bei einer Ve-
ranstaltung, die länger als fünf Stun-
den dauert, 50% auf den geltenden
Tarif drauf geschlagen wird, stimmt
das?
Nein. Wenn eine Veranstaltung über
acht Stunden geht, werden jede weit-
ere zwei Stunden 25 % aufgeschlagen.
Wenn eine Party um acht losgeht und
um eins aufhört, ist die Musiknutzung
deutlich geringer, als wenn von zwölf
Uhr nachts bis zwölf Uhr mittags
gefeiert wird. In der doppelten Zeit
zahlen natürlich auch sehr viel mehr
Menschen Eintritt.
Viele Clubs haben Angst vor der
neuen Reform und sprechen sogar
von Schließungen, was sagen sie
dazu?
Das ist 90% Polemik. Wenn Sie sich
überlegen, Sie nehmen am Abend z.B.
1.000 Euro Eintrittsgelder ein, und in-
sgesamt machen Eintrittsgelder in
der Regel um die 20% des Gesamtum-
satzes aus. Dann heißt das, sie ha-
ben in der Nacht ungefähr 5.000 Euro
umgesetzt. Von den 1.000 Euro gehen
10% an die GEMA, 100 Euro. Kein Club
muss schließen, wenn bei 5.000 Euro
Umsatz 100 Euro an die GEMA bzw.
an die Musikurheber gehen. Ist es
angemessen, dass die Leute, die die
Musik für die Nacht erschaffen haben,
mit 10 Euro abgespeist werden? Wenn
gesagt wird, dass ein Club 100.000
Euro an die GEMA im Jahr zahlen
muss, dann könnte man erst mal den-
ken: 100.000 Euro bei so einem kleinen
Club, wie soll er das machen? Aber
das ist falsch. Wenn ein Clubbesitzer
100.000 Euro an die GEMA zahlt, hat
er mindestens eine Million an der Tür
gemacht und das sind durchschnit-
tlich nur 20 % des Gesamtumsatzes.
Wenn fünf Millionen Euro Umsatz
u.a. auch durch die Musik entstehen,
haben die Urheber ein Recht darauf,
vernünftig bezahlt zu werden.
Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber
macht Millionen Umsätze mit ihren
Artikeln und sie sollen mit einer Tüte
Chips nach Hause gehen.
Ich als Journalist in diesem Verglei-
ch würde mich natürlich dagegen
wehren. Aber der Unterschied hier
ist, finde ich, dass die Produzenten
von der Musik, und ich spreche hier
natürlich insbesondere von der elek-
tronischen Musikszene, nicht diejen-
igen waren die auf die Barrikaden ge-
gangen sind und gesagt haben: Wir
verdienen zu wenig Geld, wir müssen
die Tarife ändern.
Weil das Geld in diesem Bereich an-
ders eingenommen wird. Die GEMA-
Einnahmen sind eher gering in dem
Bereich, weil hier wenig im Diskothek-
en-Topf landet. Die Musikveranstal-
16 CHAT
tungsbranche besteht eben nicht nur
aus Clubs.
Aber gerade die, die von den Club-
tarifen profitieren sollen, das sind ja
vorallem die Produzenten von elek-
tronischer Musik. Das ist ja nicht die
breite Masse der Musikbranche die
davon profitieren sollte sondern die
Produzenten der Lieder die in diesem
Bereich gespielt werden.
Diese Branche ist speziell aufgestellt.
Da gibt es viele Urheber, die die
Stücke, die sie produzieren, auch sel-
ber auflegen. Für die sind die Auftritte
natürlich viel interessanter.
Die haben jetzt aber Angst, dass die
Clublandschaft unter den höheren
Abgaben leidet und somit auch ihre
Haupteinnahmequelle. Vorallem
auch davor, dass die Leute, die von
den neuenClubtarifen profitieren,
nicht sie selber sind sondern es alles
in dem großen GEMA ausgeschüttet
wird und sie letztendlich nicht viel
davon sehen.
Das ist auch eines der großen GEMA-
Irrtümer, die immer wieder gerne be-
dient werden: Es kommt alles in einen
großen Topf und dann kriegen Dieter
Bohlen und Ralf Siegel das Geld.
Das ist absoluter Unsinn. Im Dis-
kotheken- und Clubbereich setzen
wir das Diskothekenmonitoring ein.
Ein Blackboxsystem mit dessen Hil-
fe Statistiker eine zuverlässige Ho-
chrechnung erstellen, was gespielt
wird. Und nur die Urheber, deren
Werke auf dieser Statistik auftauchen,
bekommen Tantiemen.
Wie funktioniert das mit den Black-
boxen genau?
Es sind 120 Boxen in ganz Deutsch-
land, in unterschiedlichen Clubs und
Diskotheken aufgestellt. Diese schnei-
den per Zufallsgenerator eine Stunde
pro Nacht mit. Diese Daten werden
von Media Control ausgewertet und
hochgerechnet.
Wie werden denn dann die Titel, die
mit der Blackbox aufgenommen wur-
den, ausgelesen? Da sind ja zum Teil
auch sehr wenig bekannte Tracks da-
bei.
Sie werden erstaunt sein, bei Media
Control sitzen Menschen, Profis aus
der Szene und werten das aus. Diese
Mitarbeiter hören sich mit Kopfhörern
die Aufnahmen an und erstellen Lis-
ten. Wenn es Mainstream wäre, dann
bräuchten wir ja nur irgendein Erken-
nungsprogramm drüber laufen zu las-
sen. Wenn einzelne Stücke nicht zu-
geordnet werden können, werden die
Dateien an Profis vor Ort geschickt. So
haben wir eine Auswertung von fast
hundert Prozent, also 98 bis 99 %. Das
ist hochgradig aufwendig und auch
sehr teuer, aber es ist wichtig, weil das
Vorurteil, dass alles an die Großen und
nichts an die Kleinen geht, mit dieser
Methode ausgeräumt wird.
Sven Väth hat gesagt, er spiele in
seinen Sets 5% GEMA-gelisteter Lie-
der. Aber wenn er am Abend nur ein-
en Track spielt, der GEMA-gelistet ist,
dann ist der gesamte Abend GEMA-
pflichtig und er hat dann in die Runde
gefragt, an wen denn die Tantiemen
gehen.
Wir haben vor kurzem von der Club-
commission Berlin eine Auswertung
von einem Wochenende in fünf Clubs
erhalten. Diese Liste sollten wir prüfen.
Auf dem ersten groben elektronischen
Weg der Auswertung konnten wir 53
Prozent der Stücke GEMA-Mitgliedern
respektive Mitgliedern von anderen
Verwertungsgesellschaften zuordnen.
Weitere 25 % konnten wir ebenfalls
zuordnen – allerdings nicht hundert-
prozentig eindeutig. Also selbst bei
dieser sicherlich nicht in unsere Rich-
tung geschönten Liste konnten wir ca.
70 % zum GEMA-Repertoire zuordnen.
Wenn ich Musik jenseits eines Hobbies
betreibe, ist es absolut sinnvoll, Mit-
glied einer Verwertungsgesellschaft
zu werden, weil ich bspw. sonst nicht
überprüfen kann, wo meine Lieder
gespielt werden.
17CHAT
18 SHOOT
19SHOOT
20 SHOOT
21SHOOT
Ankommen in der Flucht
Warum wollen wir, wenn wir ein-
mal geflohen sind, nicht mehr nach
Hause?
Warum brauchen wir dieses Mär-
chenland, wovor fliehen wir und
wer sind wir wirklich?
Von der schwierigen Rückkehr von
einem Festival zurück in den Alltag,
von Anna-Zoë Schmidt
Sobald die Zivilisation uns verlässt,
beginnen wir zu träumen. Und ver-
suchen, so lange mit weit offenen
Augen träumend zu bleiben, wie wir
können.
Anfangsrealität.
Auf dieser Wiese haben vor ein paar
Tagen noch die Kühe gegrast. Jetzt
haben wir sie übernommen. Ich
stelle mich auf den höchsten Punkt
und sehe mich um, bin ganz bei
mir, bei uns, beobachte die Anderen,
bald werde ich eine von denen sein,
werden wir eine bunte, laute Masse
sein. Von außen betrachtet.
Unvoreingenommen angekom-
men. Wir sind woanders, in einer
Ausnahmesituation. Und nehmen
uns aus, holen alles aus uns raus,
was sich sonst hinter irgendwel-
chen Mauern versteckt.
Schürfwunden an den Händen de-
rer, die Nester und Spielwiesen für
uns gebaut haben. So viel Mühe,
nur um eine wahre Flucht zu er-
möglichen. Wovor wir fliehen, das
vergessen wir in unserem gemein-
samen, wenn auch konstruierten
Abenteuer.
Kommt hinter dem Schmerz die Ek-
stase?
Und wir beginnen unsere Norma-
lität zu leugnen, erfinden uns neu,
geben uns neue Namen. Ich bin
Anna Blume, wer willst du sein? Sei
es! Wir teilen uns einen Schlafsack
und tanzen uns die Angst weg.
22 SHOOT
23SHOOT
Ich finde mich in Dir wieder und ma-
che eine Ausnahme, weil wir in einer
Ausnahmesituation sind.
Die Welt da draußen existiert schon
gar nicht mehr. Heimweh oder Sehn-
sucht an Etwas wurde mit Freiheit ge-
tauscht.
Wer braucht schon Spiegel, wenn
wir uns auch so sehen können, wer
braucht schon Spülmittel, Waschmit-
tel, Bahnfahrkarten, Emails, Facebook,
Öffnungszeiten oder Currywurst,
wenn wir einfach Alles haben können?
Oder lieber noch: Nichts.
Wir verwöhnten Stadtkinder, denken,
wir wären in der Natur. Eine Natur mit
Lichteffekten, Dixie Klos und Bass der
uns aufweckt.
Aber immerhin berühren die nack-
ten Füße den Boden. Uns kann nichts
mehr stoppen, außer die Realität.
All die Liebe und Freundlichkeit- zu
Hause wartet das Alleine sein. Das
Ankommen, runterkommen, wieder
klarkommen. Können wir es schaf-
fen, dieses Gefühl, irgendwie mit nach
Haue zu nehmen. Wo sind dann die
Anderen?
Warum kann nicht alles so bleiben wie
es ist?
Das Gehirn neu programmiert. Die
Zellen sind leergeschüttelt vom La-
chen–
Insiderwitze, die niemand anderes
versteht, vielleicht sogar nicht mal
mehr wir selbst, wenn wir wieder dort
angekommen sind, wo im Briefkasten
mit unserem echten Namen drauf,
Rechnungen warten.
Nur eines werden wir wirklich besser
können wenn wir zurück sind: Schla-
fen.
Träumen macht müde.
Text: Anna-Zoe Schmidt
Es ist egal, wann wir das letzte Mal
geduscht haben, denn die bunte Farbe
auf unseren Körpern riecht so schön
nach Erdbeersekt. Der Glitzer ist noch
von vorgestern oder war es vorvorges-
tern? Wir leben in einer Welt in der
Zeit keine Rolle mehr spielt und wir
nur die Rollen, die wir uns in diesem
Moment ausgedacht haben.
Lieber die Feder auf dem Kopf als Fe-
derkern im Rücken. Die Hängematte
schaukelt uns den Weg in die Nacht,
oder in den Morgen. Dann, wann
wir wollen, und nicht dann, wenn es
Schlafenszeit ist.
Alltag kann man überall finden. Dafür
braucht man kein Wasser, das sauber
und gefiltert aus Wänden fließt. Viel
lieber möchten wir den Wert des Was-
sers spüren, in dem es sich rar macht.
Erfrischt, wenn es zu heiß wird, tröpf-
chenweise, sparsam.
Wenn in den eigenen vier Wänden al-
les im Überfluss fließt, im Kühlschrank
die Reste auf die Rückkehr warten, die
Heizung uns falsche Jahreszeiten vor-
gaukelt - dann ist Verzicht ein echter
Luxus. Mein Schlafsack fährt gerade
mit meinem Auto davon. Wir sind frei.
Realitätsverlust.
All unsere Muster liegen noch im
feuchten Rucksack. Wir sind einfach
nur hier und im Jetzt und arrangieren
uns mit der Umwelt oder sie sich mit
uns. Wir verschwenden unsere Zeit
sinnvoll.
Alles, was wo anders zählt, ist hier nur
einen Takt wert.
Wir glauben nicht mehr an Zahlen.
Alle Werte neu gemischt. Das Buffet
der Emotionen neu arrangiert.
Handy leer, Handy verloren, Herz voll,
Herz verloren. Tausendfach.
Scheißegal... dieses Lied ist gerade so
wunderschön!
Komm wir verstecken uns im Wald
und tun so als wären wir unsichtbar.
Und es funktioniert. Weil Alles, was
wir uns wünschen funktioniert, zu-
mindest hier.
Auch wenn wir in der Realität unse-
re Köpfe übereinander schütten wür-
den, so sind wir hier Instant-Freunde,
weil wir hier sind und hier hingehören
und die Entscheidung der Einlassung
mit dem Überqueren der gesetzfreien
Zone geschehen ist.
Bruderschaft und Schwesternschaft–
eigentlich gibt es keine Unterschiede
mehr zwischen Dir und mir. Junge und
Mädchen. Wir sind frei, und irgend-
wann musst Du auch nicht mehr weg-
gucken, wenn ich im Moos Pipi mache.
Lieber erzählen wir uns währenddes-
sen Gedichte, oder zumindest die Teile
davon, an die wir uns noch erinnern
können. Wir interpretieren Alles neu.
Denken, wir hätten das Feuer erfun-
den, wenn wir mitten in der Nacht
unsere funkelnden Augen im Feuer-
zeuglicht sehen.
Wir üben das ultimative Glück und
vergessen alles, was wir jemals gelernt
haben. Wir rennen rückwärts durch
den Wald und lieben so, als gäbe es
kein Morgen mehr. Als gab es nie ein
Gestern. Nur wer schon mal barfuß
im Matsch getanzt und seine Seele
wiedergefunden hat und erschöpft in
die Sonne fällt zum trocknen, weiß,
was uns verbindet. Begegnungen. Ent-
scheidungen, die keine Kraft kosten.
Loslassen. Leben.
Realitätsfindung in der Parallelreali-
tät.
In der Natur eingesperrt, wird sich
diese Realität gebaut, die uns zwi-
schen all dem Leben in der Stadt fehlt.
Eine Realität mit Gemeinschaft, in der
man Fremde umarmt. Und ein debiles
Grinsen beweist, dass wir gerade in
einem besonderen Moment angekom-
men sind, ein Moment, der besonders
lange dauert - so lange, bis das Zelt
abgebaut wird, in dem gerade jemand
schläft, den wir vorgestern noch nicht
kannten.
Wie lange können wir einfach die Zeit
ignorieren, bevor wir zu ihr zurück
müssen?
24 CHAT
studiert und schnell gemerkt, dass es
mir zu langweilig wird. Dann haben wir
das "HG" Magazin gegründet. Eine Art
„Tempo“ für den Hochtaunuskreis. Eine
ziemlich geistesgestörte Idee und die
lokale Begrenzung führte auch schnell
dazu, dass wir uns eingeschränkt fühl-
ten. Von Anfang an verstanden wir uns
jedoch als Agentur und entwickelten
Anzeigen und Corporate Identity für
unsere Kunden. Ab '85 sind wir dann
nach Frankfurt und der "Technoclub“
(Veranstaltungsreihe des ehemaligen
Dorian Gray im Frankfurter Flughag-
fen) um Talla 2XLC war einer unserer
ersten Kunden. Wir begannen mit der
Gestaltung der Flyer und das Fanzine
des Technoclubs war der Startschuß
von Frontpage.
Die Frontpage erlangte schnell über-
regionale Bekanntheit. Dann kam der
Umzug nach Berlin. Wie hast du die
Unterschiede der beiden Städte wahr-
genommen?
Damals war es komplett anders als
heute. Für mich war es eigentlich
Es ist eine dieser Geschichten, die so
spannend und skurril zugleich sind,
dass man sie eigentlich nicht im
wirklichen Leben vermutet. Das ers-
te Mal las ich von Jürgen Laarmann
in Rainald Goetz Buch „Rave“, eines
der ersten Bücher, die das Feiern und
die Technoszene in Deutschland the-
matisieren. Die 90er und der kom-
merzielle Durchbruch elektronischer
Musik, angeführt von einer Reihe ori-
ginell verspulter Persönlichkeiten wie
Westbam, Dr. Motte und eben Jürgen
Laarmann, der mit "Frontpage" das
damals wichtigste Szenemagazin
gründete. JL, wie man ihn nannte, war
Mitbegründer der Loveparade und er-
lebte als einer der prägenden Köpfe
die Zeit, als Techno zur größten inter-
nationalen Jugendbewegung wurde
und die Grenzen zwischen Realität
und Größenwahn berauscht inein-
ander flossen. Es ist die Chronologie
von Millionendeals, Partys in Flug-
zeugen, dem furiosen Aufstieg der
„Raving Society“ und dem plötzlichen
Knall. Ich treffe Laarmann in einem
Café am Graefekiez, wo er auch seit
einiger Zeit wohnt. Eigentlich wolle er
viel lieber ein Interview mit mir füh-
ren, sagt er mir zur Begrüßung. „Ich
mag die proud, vieles erinnert mich
an die Frontpage.“ Seine nasale, fast
schon krächzende Stimmlage passt
eigentlich nicht zu seiner imposanten,
kräftigen Statur, doch er macht einen
sehr aufgeräumten, fast schon beson-
nenen Eindruck. In der Vorbereitung
zu dem Interview las ich Kolumnen
von Tanith, in denen JL nicht sehr gut
weg kommt. Laarmann, der Gierige.
Laarmann, der Maßlose. Laarmann,
das Arschloch. Mitglied eines Konglo-
merats, das Techno in den 90ern unter
sich aufteilen wollte. Wir bestellen
uns zwei Bier und gehen zurück in die
80er. Heute höre ich eine andere Ge-
schichte.
Wie kam die Idee ein Magazin wie
„Frontpage“ zu machen?
Meine Geschichte ist zunächst nicht
anders als die die Story von proud. Nach
dem Abitur habe ich in Frankfurt BWL
FRIEDE, FREUDE, FRONTPAGE
25CHAT
eher nervig nach Berlin zu gehen. In
Frankfurt waren die amtlichen Clubs
und Berlin konnte diesbezüglich noch
nicht dagegenhalten. Ab '88 gründete
Sven Väth im ehemaligen "Vogue" das
"Omen" und es gab den Technoclub.
Das Omen war trotzdem nie mein La-
den. Bei mir ist es so: Wenn ich nach
Hause gehen will, will ich nach Hause
gehen. Im Omen gab es damals dieses
schreckliche one point cash system
und am Ende der Nacht stand man mit
den anderen Verstrahlten in einer Rei-
he und musste sich die würdelosen Ge-
spräche derer anhören, die ihre Karte
verloren hatten, und am Ausgang nicht
auslösen konnten. Das ging meist bis
zum Eintreffen der Polizei. Überhaupt
herrschten in Frankfurt damals zwei
Fraktionen: Die Hipnessfraktion um
Sven Väth und die Schwarzkittelkinder
aus dem Technoclub. Die Frankfurter
waren untereinander verstritten, aber
wenn es darum ging gegen Berlin zu
schießen, waren sich wieder alle einig.
Die Frankfurter verstanden sich im-
mer als die Techno-Hauptstadt und
das ließen sie Berlin auch spüren. Als
Berlin nach dem Mauerfall die ganzen
neuen Locations hatte und hier richtig
was passierte, sah Frankfurt alt aus.
Zuerst hat man in Frankfurt noch ge-
lacht, ich inklusive. Zwar gab's bereits
1986 in Berlin die erste Houseparty von
Westbam im "Ex und Pop", einem alten
Punkschuppen. Auch das legendäre
erste "UFO" war eher ein skurriler La-
den und nach heutigen Maßstäben to-
taler Underground. Man hat einen klei-
nen abgeranzten Raum betreten und
in der hintersten Ecke führte eine Lei-
ter in einen unterirdischen Raum, der
komplett zugenebelt war und in den
höchstens 150 Leute passten. Erst mit
der Maueröffnung ist die Szene gebre-
akt und es gab 3000er Parties. Frontpa-
ge hat Berlin promotet, deswegen galt
ich in Frankfurt schnell als der Berlin
Verräter.
Motte fand die Frontpage gut und
so kam es zu der Zusammenarbeit.
Meine Aufgabe war es, die anderen
Städte miteinzubeziehen. In erster
Linie waren das die Frankfurter und
die Kölner. Im Nachhinein muss man
sagen, dass das komplette Organisa-
tionsteam total unterschiedliche Vor-
stellungen hatte und so entstanden
Streitereien von der ersten Minute an.
Die Loveparade war die größte Hass-
veranstaltung ever, quasi mit Eintra-
gung des Warenzeichens und das soll-
Fanden diese Streitereien auch inner-
halb der Frontpage statt?
Absolut. Frontpage war immer gut
für Kontroversen, davon hat das Heft
gelebt. Es ging um die Beste und ak-
tuellste Idee von Techno. Der Konflikt
fand auf allen Ebenen statt. Zwischen
den Veranstaltern, in den Plattenre-
zensionen, zwischen den Djs – das hat
das Heft ja interessant gemacht. Mein
Problem war, dass ich das Berlin Ding
promotete, aber aus Frankfurt bezahlt
wurde. Im nachhinein ist es ein Wun-
der, wie lang das gut ging. Erst 1993
habe ich mit Frontpage als Frontpage
The Next Generation im Eigenverlag
selbst herausgegeben.
Seit 1991 warst du Mitveranstalter der
Loveparade. Was war die Ursprungs-
idee?
Die Idee war House und Techno und
die dazugehörige Kultur bekanntzu-
machen und ein jährliches Treffen aller
Anhänger dieser Musik zu organisieren
und sich offen zu zeigen. Obwohl die
Loveparade 1989 klein angefangen hat-
te, war mir von Anfang an klar, dass es
irgendwann mal ein Milionending wird.
te über die Jahre so bleiben.
Finanzielle oder ideologische Streitig-
keiten?
Über all die Jahre wurde nicht viel ver-
dient mit der Loveparade. Erst ab 1998
wurde es finanziell interessant. Es ging
auch vor allem darum, welche Musik
gespielt werden sollte, vor allem auf der
Abschlussveranstaltung. Da kam noch
einmal der Frankfurt-Berlin Konflikt
zum Tragen. Auch der Demonstrations-
Status wurde kontrovers diskutiert.
Für mich war die Love-Parade nie eine
politische Veranstaltung.
Das erste Motto war „Friede, Freude,
Eierkuchen.“ Friede stand für die Ab-
26 CHAT
rüstung, Freude für das friedliche Zu-
sammenleben der Menschen und Ei-
erkuchen für die gerechte Verteilung
von Lebensmitteln in der Welt. Inwie-
weit es politisch ist, wenn alle besoffen
und druff sind und ein paar Wagen mit
Techno Musik vorbeifahren, sei mal
dahingestellt. Vor allem für die Allge-
meinheit war das natürlich schwer
nachzuvollziehen.
Mit „Let the sunshine in your heart“
war der Demostatus dann endgültig
weg...
Damals wurde ich von den anderen
Veranstaltern überstimmt. Mir war
klar, dass es nahezu unmöglich werden
würde, die Parade ohne Demostatus zu
realisieren. Demo bedeutet Müll nicht
bezahlen. Meine Motto-Idee war „Frei-
es Internet für Alle“. Das klingt aus der
heutigen Sicht absurd, war aber zur da-
maligen Zeit absolut aktuell. Ohne den
Demostatus mussten wir für die Müll-
beseitigung selbst aufkommen, was
eine zusätzliche Ausgabe von 1 Millio-
nen Mark war. Das war auf Dauer nicht
zu stemmen.
Die Loveparade entwickelte sich ra-
sant. Abgesehen von dem medialen
Hype, wie hast du die Veränderung für
dich persönlich empfunden?
'93/'94 waren die ersten Paraden, die
ich persönlich schon nicht mehr cool
fand. Man merkte dass sich die Leute
verändert haben und nicht mehr dem
entsprachen, was wir anfangs gut fan-
den. Es war eine Party, die man zwar
veranstaltete, aber auf die man selber
nicht mehr hingegangen wäre.
Ende '91 ging die "Mayday" an den
Start, an der du auch beteiligt warst.
Wie ist es dazu gekommen?
Ich wollte nach der Parade 1992 noch-
mal so eine Party machen wie die Love-
parade Abschlussparty. Aufgrund der
Streitigkeiten innerhalb der Lovepa-
rade musste eine neue Konstellation
her, deswegen habe ich Mayday mit
gehört habe...
Ich kenne beide ja recht gut, Sven Väth
allerdings eher aus den Anfangstagen.
Es sind die zwei herausragenden Per-
sönlichkeiten der deutschen Techno-
geschichte, die tatsächlich komplett
andere Philosophien haben. Darüber
könnte man ein Buch schreiben. West-
bam steht mir näher, als Producer hat
er über die Jahre die interessanteren
Ideen, bedeutend mehr Output und
auch den größeren Erfolg gehabt. Sven
Väths Verdienste als Partyman sind
unbestritten. Aus heutiger Sicht hör
ich mir allerdings tatsächlich eher ein
Westbam- als ein Väth Set an.
Zurück zur Mayday. Hast du die Ver-
änderung der Szene wie bei der Love-
parade dort nicht so wahrgenommen?
Doch! Die Zäsur war die Mayday 1994.
Das war die sogenannte Twin-Mayday
in Berlin und darüber habe ich mich
auch kürzlich erst mit Westbam un-
terhalten. Weil die erste Veranstaltung
in der Deutschlandhalle restlos aus-
verkauft war, haben wir einfach noch
eine Mayday gemacht. Und zwar am
darauffolgenden Tag. Wieder in der
Deutschlandhalle, wieder mit demsel-
ben Line-Up, wieder ausverkauft. Party-
mäßig allerdings war das nicht so fun-
ky. Einen Höhepunkt kann es halt nicht
an zwei Tagen hintereinander geben,
zumindest für einen selbst. Aber das ist
der Gang der Dinge. Wenn man zu den
ersten 1000 Leuten, die etwas mochten
gehört hat und es interessieren sich auf
einmal Millionen dafür, findet eine ge-
wisse Entfremdung statt, die man han-
deln muss.
Mit dem Erfolg von Loveparade und
Mayday wurde Techno auch für Spon-
soren interessant. Wie war das mit
den Camel Air-Raves?
Ich hatte ein Meeting mit Camel und
wollte ursprünglich 20.000 DM für eine
Frontpage Tour. Nach zwei Stunden bin
ich mit 1,5 Millionen wieder raus. Spon-
soring Loveparade, Sponsoring Mayday,
Anzeigen in der Frontpage und ein Be-
ratervertrag. Das volle Programm. Von
den Airraves gab es insgesamt drei; der
erste nach Kreta, dann nach Las Vegas
und der letzte in die Karibik. Diese drei
Jahre waren ein kollektiver Ausnahme-
zustand. Der Air-Rave war auf einmal
in der Tagesschau zu sehen: „Neuer
Partytrend über den Wolken“. Es war
vollkommen irre. Das war total abge-
spaced. Die Maschine war ein sehr sus-
pektes, ausgemustertes hawaiianisches
Modell und am Ende war eigentlich je-
der froh wieder aussteigen zu können.
Wie kann man sich das vorstellen in
dem Flugzeug?
8 Sitzreihen raus und ekstatisch
tanzen, wenn die Fernsehkameras
draufhalten.
Low Spirit und vor allen Dingen West-
bam und seinem Bruder erfunden. Das
klappte äußerst gut, so dass wir 1992
schon nach Westdeutschland expan-
dierten. 1992 ging man mit der Mayday
nach Köln. Dort hat noch Sven Väth
aufgelegt. Danach hat es tatsächlich ei-
nen Split zwischen Frankfurt und Ber-
lin gegeben.......
Hast du ein Problem mit Sven Väth?
Für mich ist er, ganz unabhängig von
seinem Sound, einer der absoluten
Gallionsfiguren in der Szene, während
ich von Westbam echt lange nix mehr
26 CHAT
rüstung, Freude für das friedliche Zu-
sammenleben der Menschen und Ei-
erkuchen für die gerechte Verteilung
von Lebensmitteln in der Welt. Inwie-
weit es politisch ist, wenn alle besoffen
und druff sind und ein paar Wagen mit
Techno Musik vorbeifahren, sei mal
dahingestellt. Vor allem für die Allge-
meinheit war das natürlich schwer
nachzuvollziehen.
Mit „Let the sunshine in your heart“
war der Demostatus dann endgültig
weg...
Damals wurde ich von den anderen
Veranstaltern überstimmt. Mir war
klar, dass es nahezu unmöglich werden
würde, die Parade ohne Demostatus zu
realisieren. Demo bedeutet Müll nicht
bezahlen. Meine Motto-Idee war „Frei-
es Internet für Alle“. Das klingt aus der
heutigen Sicht absurd, war aber zur da-
maligen Zeit absolut aktuell. Ohne den
Demostatus mussten wir für die Müll-
beseitigung selbst aufkommen, was
eine zusätzliche Ausgabe von 1 Millio-
nen Mark war. Das war auf Dauer nicht
zu stemmen.
Die Loveparade entwickelte sich ra-
sant. Abgesehen von dem medialen
Hype, wie hast du die Veränderung für
dich persönlich empfunden?
'93/'94 waren die ersten Paraden, die
ich persönlich schon nicht mehr cool
fand. Man merkte dass sich die Leute
verändert haben und nicht mehr dem
entsprachen, was wir anfangs gut fan-
den. Es war eine Party, die man zwar
veranstaltete, aber auf die man selber
nicht mehr hingegangen wäre.
Ende '91 ging die "Mayday" an den
Start, an der du auch beteiligt warst.
Wie ist es dazu gekommen?
Ich wollte nach der Parade 1992 noch-
mal so eine Party machen wie die Love-
parade Abschlussparty. Aufgrund der
Streitigkeiten innerhalb der Lovepa-
rade musste eine neue Konstellation
her, deswegen habe ich Mayday mit
gehört habe...
Ich kenne beide ja recht gut, Sven Väth
allerdings eher aus den Anfangstagen.
Es sind die zwei herausragenden Per-
sönlichkeiten der deutschen Techno-
geschichte, die tatsächlich komplett
andere Philosophien haben. Darüber
könnte man ein Buch schreiben. West-
bam steht mir näher, als Producer hat
er über die Jahre die interessanteren
Ideen, bedeutend mehr Output und
auch den größeren Erfolg gehabt. Sven
Väths Verdienste als Partyman sind
unbestritten. Aus heutiger Sicht hör
ich mir allerdings tatsächlich eher ein
Westbam- als ein Väth Set an.
Zurück zur Mayday. Hast du die Ver-
änderung der Szene wie bei der Love-
parade dort nicht so wahrgenommen?
Doch! Die Zäsur war die Mayday 1994.
Das war die sogenannte Twin-Mayday
in Berlin und darüber habe ich mich
auch kürzlich erst mit Westbam un-
terhalten. Weil die erste Veranstaltung
in der Deutschlandhalle restlos aus-
verkauft war, haben wir einfach noch
eine Mayday gemacht. Und zwar am
darauffolgenden Tag. Wieder in der
Deutschlandhalle, wieder mit demsel-
ben Line-Up, wieder ausverkauft. Party-
mäßig allerdings war das nicht so fun-
ky. Einen Höhepunkt kann es halt nicht
an zwei Tagen hintereinander geben,
zumindest für einen selbst. Aber das ist
der Gang der Dinge. Wenn man zu den
ersten 1000 Leuten, die etwas mochten
gehört hat und es interessieren sich auf
einmal Millionen dafür, findet eine ge-
wisse Entfremdung statt, die man han-
deln muss.
Mit dem Erfolg von Loveparade und
Mayday wurde Techno auch für Spon-
soren interessant. Wie war das mit
den Camel Air-Raves?
Ich hatte ein Meeting mit Camel und
wollte ursprünglich 20.000 DM für eine
Frontpage Tour. Nach zwei Stunden bin
ich mit 1,5 Millionen wieder raus. Spon-
soring Loveparade, Sponsoring Mayday,
Anzeigen in der Frontpage und ein Be-
ratervertrag. Das volle Programm. Von
den Airraves gab es insgesamt drei; der
erste nach Kreta, dann nach Las Vegas
und der letzte in die Karibik. Diese drei
Jahre waren ein kollektiver Ausnahme-
zustand. Der Air-Rave war auf einmal
in der Tagesschau zu sehen: „Neuer
Partytrend über den Wolken“. Es war
vollkommen irre. Das war total abge-
spaced. Die Maschine war ein sehr sus-
pektes, ausgemustertes hawaiianisches
Modell und am Ende war eigentlich je-
der froh wieder aussteigen zu können.
Wie kann man sich das vorstellen in
dem Flugzeug?
8 Sitzreihen raus und ekstatisch
tanzen, wenn die Fernsehkameras
draufhalten.
Low Spirit und vor allen Dingen West-
bam und seinem Bruder erfunden. Das
klappte äußerst gut, so dass wir 1992
schon nach Westdeutschland expan-
dierten. 1992 ging man mit der Mayday
nach Köln. Dort hat noch Sven Väth
aufgelegt. Danach hat es tatsächlich ei-
nen Split zwischen Frankfurt und Ber-
lin gegeben.......
Hast du ein Problem mit Sven Väth?
Für mich ist er, ganz unabhängig von
seinem Sound, einer der absoluten
Gallionsfiguren in der Szene, während
ich von Westbam echt lange nix mehr
27CHAT
Hat nicht funktioniert, als Trendthema
zu spät, für den Massenerfolg zu spät.
Gemessen an dem Erfolg von Deich-
kind, warst du hier auch Vorreiter.
Natürlich ist es schade zu sehen, wenn
die eigene Idee erst Jahre später Erfolg
hat, aber eigentlich will ich nicht zu-
viel über die Vergangenheit reden. Es
war eine verrückte Zeit, aber ich den-
ke, dass gerade über so etwas wie die
„Raving Society“ alles erzählt ist. Diese
Geschichte ist vorbei. Ich will lieber was
Neues machen.
Ich denke, die meisten unserer Leser
haben diese Geschichten noch nicht
gehört.
Für die nächste proud können wir ja
mal was Lustiges machen. Ich hab da
schon einige Ideen.
Na klar!
Lass uns doch mal mit Westbam eine
Clubtour machen und wir schreiben
was Geiles dazu.
Ich bin Dabei! Prost!
Prost!
Interview: Daniel Penk
1997 hast du deine Loveparade und
Mayday-Anteile verkauft. Die Front-
page war bankrott. Was ist passiert?
Camel war Fluch und Segen zugleich.
Man hatte sich sehr schnell an den
Standard gewöhnt. Für 1997 hatten
wir einen neuen Vorvertag unterzeich-
net, der uns 3 Millionen DM über das
Jahr zusicherte. 500.000 Mark Vorschuß
bekamen wir sofort überwiesen. Das
Geld haben wir rausgeschmissen für
aufwendige Präsentationstouren bei
Werbeagenturen in den wichtigsten
Städten, um andere Markenartikler zu
finden, die die Struktur unterstützen
sollten, was aufgrund der starken Bin-
dung an die Zigarette schwierig war.
Ich hatte das Gefühl, dass es nicht für
immer gut gehen würde mit Camel
und leider sollte ich recht behalten.
Im April 1997 rief ich bei Camel an
und keiner, mit dem ich je zu tun hat-
te, war mehr zu erreichen. Wir hatten
keinen Ansprechpartner mehr und ei-
nen Tag später kam das Rückschreiben
in dem freundlich darauf hingewiesen
wurde,die bereits angezahlten 500.000
DM binnen 3 Wochen zurück zu zah-
len. Wir hatten alles bis auf den letzten
Cent verbraten. Das war das Ende der
Frontpage.
Was hast du dann gemacht?
Die Anteile von Mayday und Lovepa-
rade habe ich viel zu billig verkauft und
bin mit dem Geld nach Spanien. Dort
habe ich solange gelebt bis das Geld
weg war. Im Nachhinein hätte man
sicher alles schlauer machen können,
aber ich beschwere mich nicht. Ich war
ausgebrannt und dachte, es sei eh vor-
bei mit Techno, was sich als typischer
Trendsetterirrtum erweis. Das große
Geld wird nie am Anfang verdient, son-
dern mit der Nachhut. Das entsprach
nicht meinen Vorstellungen.
Was hast Du nach deiner Rückkehr
nach Deutschland gemacht?
Ich habe wieder angefangen, als Jour-
nalist zu arbeiten. Die 030 Kolumne
„Berlin Mitte Boy“ schreibe ich seit
mittlerweile 15 Jahren, zwischendurch
hatte ich auch mal eine gleichnamige
Band, die mit den Pet Shop Boys den
Song „Berlin Mitte Boy“ gemacht hatte.
Heute arbeite ich für eine Agentur, die
Unternehmen im Social Media Bereich
berät. Der Musikbranche bin ich nach
wie vor treu geblieben. Vor fünf Jahren
hatte ich mal ein Projekt „Neue deut-
sche Hitzewelle“, wo deutschsprachige
HiphopElectro Bands gefeatured wur-
den.
PROUD PARTY PHOTO BOOTH ALL PHOTOS BY OLIVER RATH
28 SHOOT 28
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Lange haben wir uns nicht getraut
und erst mal in Berlin und Ham-
burg geprobt, jetzt waren wir bereit:
Carlsberg Support Your Local DJs
überquert den Rhein und kam in die
Domstadt. Zwischen Helios-Turm
und Herkules-Haus ließen wir es
am 25. August im Club Bahnhof Eh-
renfeld gemeinsam krachen. 24 DJs,
24 Stunden, einmal um die Uhr und
zurück.
Los ging es mit einem 700 Kilometer-
trip. 9-Personen Robbe, Mixtapes, Fo-
tografin, Kameramann, Eventmana-
ger, Freundin, Helping Hands und jede
Menge Deko.
Ungedrosselt mit 160 Sachen über die
Autobahn erreichten wir nach knapp
4,5 Stunden den Club Bahnhof Ehren-
feld. Herzlich empfangen von einer
Berliner DJ Delegation (u.a. mit Matan-
za), die am Abend zuvor in Ehrenfeld
ihre Premiere hatte und ebenfalls mit
9-Mann Robbe unterwegs war.
Köln ist sauber, aber nicht schick. Nor-
mal halt. Wie Berlin. Wie Hamburg.
Nicht wie München. Kaum setzten wir
einen Fuß in den Club, fühlten wir uns
auch schon heimisch. Club-Mate (der
neueste Scheiß), kaltes Carlsberg und
eine professionelle Kaffeemaschine
hinter der Bar - Jackpot.
Während wir aufbauten, trafen bereits
die ersten, neugierigen DJs ein und
packten mit an. Carlsberg Support
Your Local DJs, aber richtig! Alles kam
uns ein bisschen vor, als ob wir schon
ewig dazugehörten. Ohne Ausnahme
half das ganze Team des Club Bahnhof
Ehrenfeld. Jeden den man traf, wollte
man mehr oder weniger sofort auf Fa-
cebook adden.
Kaum waren wir fertig mit Aufbau, be-
gann auch schon das erste Meet and
Greet mit den Local DJs. Unser Mann
in Köln kümmerte sich erst um einen
Grillmeister und als wir dieses auf-
grund von Krankheit absagen muss-
ten, um Schnittchen. Die Berliner
aßen Kumpir - vor allem deshalb, weil
wir keine Ahnung hatten, was es war.
Jetzt wissen wir bescheid. Überdimen-
sionierte, gefüllte, Kartoffeln.
Wir saßen draußen, erste Gäste ka-
men, es wurde erzählt, Carlsberg ge-
trunken und (Techno)Szenen wurden
verglichen. Alle genossen die letzten
Züge vor dem Main-Event. Kurz bevor
es los ging, gab es noch eine Umfra-
ge, ob sich jemand etwas vom lokalen
PISTENGÄNGER KÖLNS!KÖLN MEETS CARLSBERG
38 REPORT
Drogenmarkt wünsche - es wurde ge-
lacht aber nix bestellt.
Das einzige was uns Sorge bereitete,
war ein Handballteam aus dem Rhein-
land, dem wir über Facebook Freige-
tränke und Gästeliste versprochen
hatten.
Und als es los ging, ging es richtig los.
Harter Techno, viel härter als in Berlin.
Nebelmaschinen, Blitzlichter und La-
ser. Bruno, unser Kameramann, flitze
unermüdlich durch die Menge. Kaum
war die Party zwei Stun-
den alt, umgarnte ihn
schon eine junge Frau,
die nicht von ihm ab-
lassen wollte. Mit etwas
Glück konnte er sich in
den VIP retten und Luke
rettete heldenhaft die
Situation, indem er sich
ihr annahm.
Unter den Gästen misch-
te sich das bunteste
Volk. Besonders auffällig
ein völlig aufgekratzter
Chilene mit vergipster
Hand, der sich später
als Cousin von Ricardo
Villalobos herausstellte
und bis Sonntag Abend
nicht mehr von unserer
Seite wich.
Pünktlich um Mitternacht knallten die
Kronkorken. Die Party ist ein voller Er-
folg, vor der Tür sammeln sich Men-
schen in der Schlange und wir feiern
den Geburtstag von Yara. proud wie
wir sind, in Crew-Montur und College
Jacken, wurden wir abwechselnd auf
schwul, Junggesellenenabschied oder
Hooligan geschätzt.
Früh um 4:00 Uhr morgens kam unser
Main-Act Gabriel Ananda, begleitet
von seiner stolzen Mama. Vor lauter
Aufregung schaffte es der Pre-Act, die
komplette Anlage lahmzulegen und
im Gewusel des Wiederhochfahrens
aller Geräte, die Lichtanlage auszu-
schalten.
Der Party schadete das nicht - ganz im
Gegenteil. Früh morgens um kurz nach
8 fuhren wir zum vielleicht dritten Mal
in unser angeblich nur 2 km entfern-
tes Hotel. Wieder war es eine andere
Strecke als zuvor. Wieder kostete es 15
Euro. Im Hotel angekommen, wurden
alle verfügbaren iPhone Wecker auf 11
Uhr (wir wollten ja noch Frühstücken)
gestellt und losgeschlafen. Unser Mal-
lorcaner schaute noch X-Factor (ohne
ein Wort zu verstehen), musste dabei
fast weinen und fiel letztendlich auch
ins wohlverdiente Koma. Nur unser
Eventmanager musste durchmachen
- schließlich ging die Party unmittel-
bar im Anschluss zum Club Bahnhof
Ehrenfeld weiter im Odonien.
Um 12:00 standen wir im Odonien. Ein
Gelände, das zwischen dem größten
Puff Europas (Pascha) und S-Bahnbrü-
cken liegt. Vom Flair eine Mischung
aus Terminator 1 und Running Man.
Ein Full-Metal Transformerfriedhof.
Endlich mal kein Holz, keine Pflänz-
chen und bunte Lichter, Federn und
Wald-Hippies. Hier war es dunkel,
techno, after-hour. Im Prinzip das Gol-
den Gate auf einem riesigen Schrott-
platz. Die Klos waren metallene Kä-
fige und anstelle von Bäumen ragten
riesige Schrottberge in die Höhe. Der
Chillout war ein alter, ausgemusterter
Omnibus.
Die local DJs waren am Start, die Mu-
sik schepperte mit allen Dezibel was
die die Anlage hergab
und viele Gäste waren
schwer von Zombies
zu unterscheiden. Man
schaffte es dennoch,
Gespräche aufzubauen,
auch wenn manche da-
mit endeten, dass auf
Drogen nix mehr wirk-
lich schmeckt.
Um 18:00 Uhr sah die
Welt wieder anders aus,
viele hatten ausgeschla-
fen, einige waren aus-
schließlich hierfür losge-
zogen. Dirt Crew passte
vom Namen und Musik.
Noch während die Party
in den letzten Zügen lief,
verließen die 9 Berliner
Musketiere den Schau-
platz Richtung Robbe, Richtung Berlin.
39REPORT
40 TUNES OF THE DAYS
Matthew Herbert - Suddenly
Lieblingsmusik an Sonntagen.
Jai Paul - Jasmine
Ich habe mir immer gewünscht, dass James Blake nicht so weinerlich ist. Das hier kommt dem schon sehr nahe.
Kolombo - My Own Buisness
Kolombo kenne ich von den verträumt, poppigen Kompakt Releases, aber das hier ist typischer Solomun/ Diynamic Sound.
Wieder mal ein Hip-Hop Sample. So langsam reichts auch, aber den nehm ich gerne noch mit.
James Vincent McMorrow - Higher Love (Moritz Guhling's Herz Remix)
Das Video ist so hipster, dass es fast schon grotesk ist. Ich habe später herausgefunden, dass es sich dabei eigentlich um
eine Werbung für Sonnenbrillen handelt. Aha.
Monday (Finnebassen Remake)
Alter Finne! Der Norweger hat ein unglaubliches Gefühl für Samples. So gut, dass es auf die Dauer vielleicht etwas lang-
weilig werden könnte. Bin sehr gespannt!
LL Cool J - Loungin (Ben Gomori's Lungin Edit)
LL Cool J war einer meiner ersten gekauften CDs. Das er eigentlich nur über Sex rappt, wurde mir erst sehr viel später
bewußt. Großer Edit!
Wham - Club Tropicana (Todd Terje Edit)
Ich erinnere mich an diesen Tag. Es war unglaublich heiß im Büro und aufgrund fehlender Klimaanlage eigentlich uner-
träglich. Club Tropicana in der Sonnenallee.
Amine Edge & DANCE - Going To Heaven With The Goodie-Goodies (Original Mix) [2DIY404]
Wurde innerhalb kürzester Zeit totgespielt. Fanden aber mal alle gut. Ja, du auch!
Rampa - So Many Everything - Keinemusik - KM014
Keinemusik + Meggy = Hit.
Armand Van Helden "I Want Your Soul"
Was macht eigentlich Armand van Helden? Müsste der nicht statt Guetta die große Kohle scheffelln?
Prince - I Wanna Be Your Lover (Dimitri From Paris Re-Edit)
Der Edeljoker eines jeden DJs.
Florence + The Machine - You've Got The Love (GF 2010)
Geiler Festivalmoment.
Nina Kraviz - Ghetto Kraviz - [Official Video]
Nina tanzt. Nina singt. Das alles in der Arena. Kommt gut.
Angus and Julia Stone - Big Jet Plane (ANDRI Edit)
Von allen Versionen noch die Beste.
Black Ivory - I've got my eye on you
Wenn es ein Track schafft, direkt ein Bild in das Gehirn seiner Hörer zu setzten, hat er einiges richtig gemacht. Mein Bild
hierfür: Tony Montana sitzt like a Boss im Studio 54 und checkt aus dem VIP den Dancefloor.
41ANZEIGE
Das Sage Restaurant in der Köpenicker
Straße in Kreuzberg wurde unlängst
im Bildband "Cool Restaurants Top Of
The World" zu einem der 50 besten
Restaurants der Welt gekürt. Auf dem
selben Gelände mit der Hausnummer
18 befindet sich auch ein unscheinba-
res, heruntergekommenes Gebäude,
auf dessen Dach zwei junge Eichen
wachsen: Die Fiese Remise, die wegen
ihres eigenwilligen Namens bereits di-
verse Liebesbriefe einer Anwaltskanz-
lei erhalten hat und genau genommen
nur noch Fiesere Miese heißen darf;
aber das nimmt hier niemand so ge-
nau.
Unter einem brennenden Kuhschädel
gelangt man ins innere des Gebäu-
des, wo der Blick auf eine Installation
aus uralten Fernsehgeräten fällt, die
übereinander gestapelt fast bis zur
Decke reichen. Davor wurde aus Holz-
paletten eine Bar gezimmert über der
eine Leuchtreklame mit der Aufschrift
„Sauft! Sauft! Sauft! Kotzt alles voll“
baumelt. Es duftet nach Rock 'n' Roll
und Afterhour. Keine Frage, wir sind in
Kreuzberg.
Erstmals für eine Feierlichkeit genutzt
wurde die Fiese Remise an einem 15.
August, dem Datum an dem 1969 das
Woodstock Festival eröffnet wurde.
Geöffnet hat sie nach Aussage des
Sage Restaurants nur manchmal, aber
dann richtig (!), vor allem Dienstags
und Mittwochs. Wer sich für Details
interessiert, findet diese online beim
Netztwerk Gesichtsbuch. Fiese Schei-
ße. Prösterchen.
Text: Timo Ho
Foto: Doreen Schwerin
FIESERE MIESE
REUBEN WU
CHAT42
43CHAT
44
45
CHAT46
CHAT46
They say polaroids always look the
same, how would you contravene on
that?
That's like saying 'black and white
photography all looks the same'. If you
think a picture is just the tonal charac-
teristics of film, then this is true! But
I'm not one to prioritise the look of Po-
laroid film over the actual picture. Part
of my picture-taking process (when I
shoot Polaroid) involves asking myself,
'Is this still a good picture if I take it
with a conventional digital camera?'.
If not, then I don't take it. It's actually
quite difficult not to get terribly excited
about taking a Polaroid. In the end, it
really is all about the subject and com-
position.
How does the career of a musician
prepare you for the career of a photog-
rapher?
The sheer bulk of non-portable and
easily breakable analogue gear one has
to lug through airports.
Interview: Gergana Petrova
All images by Reuben Wu
H i, I'm Reuben and I'm from Liv-
erpool.
What’s been the greatest oddity you’ve
faced or captured with your photogra-
phy so far?
When I first saw the Maunsell Sea Forts
in the Thames Estuary in England, I
thought they resembled Imperial Walk-
ers on the horizon. They looked mon-
strous and not of this world. Their origi-
nal purpose was to defend the coastline
from attack and provide early warning
during World War 2, but they were later
occupied by pirate radio stations. Now
they are maintained by a small group
of enthusiasts who stay onboard for a
number of weeks every month. I find
these remnants of war really fascinat-
ing - what stories they tell of the time
they were used and also what they rep-
resent now that they are disused and
forgotten about.
Travel inspires photography or pho-
tography is the motivation to travel?
I think these are the same thing. Both
are ways of seeing and learning.
How much do you rely on chance in
your photographs? You are using a
Mamiya RZ67 which gives great con-
trol but also polaroid and old film that
can be quite unpredictable?
I never rely on chance. Chances are
that some expired instant film will give
you bad results rather than good, so I
always take alternative film and cam-
eras. When I shot my Svalbard series I
had four film cameras with me. All (in-
cluding the RZ) malfunctioned due to
the cold. I suppose I like limitations and
I like a good challenge. There is always
a finite number of pictures I can take
and I enjoy doing something with the
old cameras which have rarely been
done before.
What does being artistic mean for you
and do you find yourself so?
It's about using my imagination more
than anything else.
How do you chose the places for your
photographs. Any sci-fi movie influ-
ence?:)
Last year I went to the Atacama Des-
ert in Northern Chile. Always wanted
to go, but it so happened that we got
booked to play some live shows in Bra-
sil and Chile, so I decided to go early
and spend two weeks travelling before
starting the tour. When I DJed in Hono-
lulu a few years back, I spent some time
beforehand exploring volcanos and
lava flows on one of the other islands. It
seems such a shame to fly all that way
and see the inside of your venue, hotel
room and a few restaurants and then
fly home.
Do you feel sometimes you are just
documenting a place?
Yeah, well that is another way of look-
ing at it. It's a question of degree how
much you want to focus on taking
some serious images though. You can
document it all but it does become
a bigger thing when you have to plan
your journey meticulously, scour web-
sites and return more than once in or-
der to get the image or images you are
happy with.
Aren't you living some sort of a double
life- the life of a well known musician
and the life of the solitude explorer
with a camera? How do you combine
these two opposites?
Just a man with two things he loves do-
ing.
Describe a lovely machine.
So many, but right now, my Speed
Graphic 4x5 press camera coupled with
an Aero Ektar lens from a WW2 recon-
naissance camera.
CHAT 47
Interview mit Nicholas Kashian
BLUES ON CANVAS
CHAT48
to have such great, important works
around you.
Tell me more about your relationship
with museums…
My father is also an artist- he started
out as a painter and performance art-
ist and is now a photographer. So my
sister and I were around artists all the
time. My father wanted to see art, so
we would go to museums a lot. Also my
son has been to some of the best mu-
seums in the world. He is not even two.
For me museums are education. It’s as
important as going to school or going
to church or to any other place to learn
about culture and history. Depending
on the quality of the collection of the
museum. Another thing about art is
that it’s a series of very tangible docu-
ments in history. Art has always been
there. And the real challenges that art-
ists face now are not any different that
throughout history. If you are a sculp-
tor, for instance, you have only the
choice to add material or to subtract
it. You can learn a lot from museums.
I think a lot of my knowledge is from
looking at art in museums and reading
about why the work was made. Also to
learn the craft, to learn the techniques,
to learn the relationships between dif-
ferent works or the work itself within
itself and the development of art- a
museum is currently the best place to
find all that. To see the actual work. We
can look at a ton of images within a few
seconds in reproduction if we want.
But, singular works were made very
specifically. Which is why I hate having
a website- it diminishes the paintings,
so instantly the second you photograph
them. I think everything is diminished,
when it changes form. Maybe not di-
minished, it’s just changing. I don’t
know how…. if it get’s better or worse.
When is a piece of art beautiful?
A piece of art is beautiful when it stops
your breath. There’s nothing formulaic
about it. Something like beauty is inde-
N icholas Kashian ist Amerikan-
er, geboren und aufgewachsen
in Bloomington, Illinois. Er lebt
seit drei Jahren in Berlin. Er hatte nicht
geplant zu bleiben. Über sein Leben als
Künstler, seine Entwürfe und Impulse,
die Frage, ob man NICHTS malen
kann, und seine aktuelle Arbeit „Des-
perate Man Blues“ sprechen wir. Auf
einem Perserteppich. Zu kubanischer
Musik und Wasser aus Weingläsern.
Um punkt 18 Uhr klopfe ich an die
schwere Stahltür im dritten Stock
der Fabriketage in Schöneberg. Als
keiner aufmacht, drücke ich mich mit
aller Kraft dagegen und gleite in eine
Welt aus Farben, Leinwänden und
abgebröckeltem Putz. Der angenehm
stechende Geruch von Ölfarbe kommt
mir entgegen. „Smells nice“, sage ich,
trotz der Kürze, holprig. Nicholas nickt
und ich denke, er freut sich darüber.
Er ist entspannt. Wir setzen uns. Er
kippt gelblich leuchtendes Wasser in
ein staubiges Weinglas. Das macht
ihn sympathisch. Sein Schreibtisch ist
ein Sammelsurium loser Zettel, Notes
sagt er, aufgeschlagener Fotobänder,
Skizzen, Stifte und Pinsel. Ich schalte
mein Diktiergerät ein. Nicholas dreht
sich eine Zigarette und ascht auf den
Teppich unter uns. Im Hintergrund
läuft Musik. Zu „Chan Chan“ von Bue-
na Vista Social Club steht er auf mit
den Worten „I can’t stand this song.
It’s really beautiful, but I’ve heard it
like 500 times.“ Was er noch schön fin-
det, frage ich ihn jetzt - und er beginnt
zu zeichnen..
You have been noted for your “dia-
logue between commercial mythology
and the complexity of the real life”.
What does that mean?
The apparatus that artists are sup-
posed to work within, this business part
of the job, is a very difficult one. Kind of
a dirty one. Kind of a confusing one, to
me. I try to avoid it as much as possible.
I am working with all of what looks like
an artist, but I don’t really function as
one, in the ‘commercial myth’ sort of
way. I have a show here and there, but
to be a really successful artist, you have
to play all these games that I haven’t
figured out how to play yet. You know, I
work as a cook to be able to paint and
live. I take care of my son every day.
This is the complexity of life, which is,
you know, real life.
You once said: “I view art making as a
payment, constant and joyfully given
for the gift and paradox of life.” Who
is being paid here?
I have a problem saying that that paint-
ing is worth like 2000 Euros. Obviously
we live in a certain social structure
where value is given to things, most of-
ten with money. That comment fights
that structure. In the work that I am
doing, I try not to think about value in
terms of money but in terms of objects
and effort. But the ‘payment’ is not re-
ally to ‘anyone’ in particular, but more
a reaction to a sense of obligation that
I feel for ‘the gift and paradox of life’.
An offering somehow. And anyone that
sees the work can get something from
it, if they want. I think, once in a while,
when the work is really beautiful, re-
ally strong, then it’s a gift. And, it’s not
really given by me, but only that I am
in the place to put it there. As an artist
you are given so much with your work
if you are really into it. You should feel
inclined to give it back.
What kept you in Berlin?
I took this studio the first week that I
was here. I was meeting a lot of peo-
ple…a lot of artists, and that had the
effect to say that this is a place where
I can still learn things. That is what
kept me here initially. And then there
is the history, and the art that is here.
The museums are great and I love the
changes between neighborhoods. To
discover the work that lives here in Ber-
lin is really exciting. Down the street is
the Neue Nationalgalerie and Gemäl-
degalerie. That’s a really nice privilege
49CHAT
work with nothing. There are many in-
teresting artists and writers who have
tried to make work about nothing, but
it seems proven by their work that it is
impossible. To be as flat as possible, flat
in the sense of humor, or to make really
boring work or really passive work is
extremely difficult. But this is even still
about something. I do think, however,
that you can make work that thinks
through the concept of nothing- or
nothingness. But the question of mes-
sage here is maybe more about intent,
and in that case, again, it is impossible,
somehow.
When does a painter become famous?
I think it can happen when a painter
creates something that really teaches
someone something- it could be as ba-
nal as to appreciate this thing (zeigt auf
einen Stift) better, to see it differently.
But especially when the painting made
can be seen in a way that clarifies it’s
own existence. It is some form of sol-
id communication. And if it turns the
mind then you at least have the poten-
tial to become famous… No, I guess
that the potential as I am describing it
is more to be known and respected and
used. And that is the important thing
because that is really the history of
mankind, learning from everyone else.
finable in many ways. Especially with
words… to describe something like
beauty is ridiculous.
You are working with many different
kinds of materials. Are there subjects
predestined for collages and others for
being paintings?
Predestined…no. Maybe. I don’t really
know. I think the way that I work is less
determined. I don’t usually start with
a clear ‘theme’, but the physical act of
moving things around, either collag-
ing or collecting or drawing, and then
making reactions to those actions. And
then as the work develops, the content
also develops and becomes something.
A lot of work I have been doing the last
months has just been note-taking, and
the notes have taken the form of draw-
ings which maybe then become some-
thing else later. Most times when I have
set out to make a work- like seeing a vi-
sion of a painting or something and try-
ing to execute it- it is a complete failure.
My work is better when it presents itself.
When I am just working and… there it
is. It’s the act of recognizing something,
when it is starting to work. Sometimes
the visual content and the intellectual
or emotional content are married and
when they are, it’s magical.
What is your favorite piece of art and
why?
I would say I have 4 or 5 thousand fa-
vorites. It just depends on where I am.
For instance, if I am in London I go
straight to the national gallery. There is
this painting from Hans Holbein, ‘The
Ambassadors’, this very large painting.
It is a painting I cannot look at without
saying to myself: “What the fuck!”. It is
perfect in everyway…and then there
is this strange skull coming out of no-
where in the foreground. It is one of the
strangest anomalies in the history of
painting up to a certain point.
And right now there are a few of Goya’s
etching from ‘Los Capricios”. They have
maybe 14 of the 80 total etchings from
that series in the Gemäldegalerie right
now. They are very stunning pieces. I
have been looking at those every week
or so since they have been up. They are
a perfect mix between their factual ex-
istence and their content. Every single
one is funny and strange and techni-
cally perfect for what they are talking
about. Sometimes the visual content
and the intellectual or emotional con-
tent are married and when they are, it’s
magical. And because I have been doing
these rough prints, it has been helpful
thinking through the process.
Do you have a favorite from your own
work?
There are certain pieces that signify a
way of thinking very clearly, and those
are the best for me. Usually they are
not the “best” works, but they are some-
how more personal and honest. I make
a lot of work and sometimes it is less
personal than what I would want. But
then you so see those examples and it
really feels honest. Yes, I like looking at
those works. That is why I love painting,
and why it persists- it lives in the same
time that we live…
Do they change? Your favorites?
For sure. All the work that I am making
now is too close to judge or have a rela-
tion to. I can’t really see what it is. Five
years from now I’ll be able to. You re-
alize only after time what you learned
in certain periods or with certain works
and how you are using that knowledge
now- that changes the opinion of ear-
lier work. I am able to respect some
things I have done in past, where I was
never able to do that before. That is
why I love painting, and why it persists-
it lives in the same time that we live, it
can always grow. And the understand-
ing of a painting and of work can grow.
Picasso once described art as rebel-
lion. Is there art without a message?
I think not- it is impossible to have a
50
51
this is even possible- maybe as possible
as painting ‘nothing’.
If you could choose one person in his-
tory to talk with about art, who would
it be?
That’s a funny question. There have
been a lot of people. (lacht). I have been
thinking about Orson Welles a lot re-
cently. He was on the top level of ge-
nius that you can get. It would be fun
to talk with him- probably very brutal
because he was an honest man. Van
Gogh would also be great to talk with
because he was so fucking passionate
about it and crazy-passionate, from
what I understand through his letters
and the history we know. It would be
exciting to sit down with him and just
ask “why?’, you know.
(Anmerkung: Bilder 2-5 “neverend-
ing”, Collage, stellen den prozess eines
einzelnen Bildes dar, wobei 5 das fertige
Kunstwerk ist. Seite 51)
Many successful artists are said to be
difficult, moody or irrational person-
alities. Is that true for you?
Who says that? (lacht verlegen) Yeah,
it’s all true. I think it comes from an ex-
treme form of selfishness, which is part
of the artist mind. The work tends to be
more than half of your identity.
So you devote this selfish energy to-
wards it. Unfortunately, this seeps into
the other parts of life pretty quickly.
But this is also a funny selfishness, be-
cause at some point, and I think this is
true for many people in respect to their
work, if you can do what you are trying
to do well enough, then you are actual-
ly giving things out. So it’s half selfish-
ness and half a gift that you are trying
to prepare. Maybe that is a cop-out. I
wouldn’t date me, if that’s the question.
Text: Katharina Fabian
DESPERATE MAN BLUES
Talk about what you are working on at
the moment, please.
Sure. It started with this little scrawl.
(zeigt auf eine Kritzelei an der Wand
hinter ihm: ‘desperate man blues’ ).
These are rudimentary prints- mono-
types- just black marks painted on
plastic and then rubbed onto paper. I
was trying to choose ideas and images
to depict that are both very simple but
also have a potential for a certain type
of poetry, one that I find in many blues
songs. It is thinking about how a blues
song can be written in visual form. I
don’t remember if I heard a song by that
title or if someone said it and I wrote it
down or if I just made it up when drink-
ing beer. This series is a way of think-
ing about a friend who has been very
influential for me in the last months,
in terms of thinking about the working
process, the reasons and motivations
for making art and the thinking about
how to manage oneself. This coupled
with his sense of desperate, destructive
behavior and how ones’ life and work
can play with one another. What I re-
ally wanted was to make images that
could sooth his desperateness, sooth
his soul, you know.
Do you think he will like it?
The funny thing about that is, I had
been making these prints for him, and
then a few days ago I was in his studio
and he showed me some works of his
from last year or so. They were litho-
graphic prints titled: “Fat Lady Blues”. I
had never seen these prints before. And
it was just funny- I know that it (my
current series) is important for me if
those sorts of synchronicities
happen. I would like to further the con-
versation with him about how does one
write a blues song with prints like this.
So, how does one write a blues song
with prints like this?
Well it is one of the more beautiful
forms of song writing. I have often won-
dered while listening: how does that
look, without being super illustrative or
descriptive? There, it comes out to this
very interesting void somewhere be-
tween visual language and spoken lan-
guage, in addition to the sound. And a
blues song gives you the visual imagery
so clearly with words, and the mood so
clearly with the music.
Can you do the same thing the other
way around? And how does a painted
country song look different from a
blues song? How would Mozart look
like as a painting? Blues songs often
use the double entendre, which uses
the ambiguity of one word with two
meanings, exploiting one meaning
with sexual, ironic or loaded content
by talking about things using the other
definition that is straightforward. This
is done to hide the true meaning of the
song with an innocuous meaning. So
in this series, what you see looks very
straightforward, but actually has con-
tent that is hidden by double meanings.
“The target”, for instance, and the text
piece with “Pera, Trou and Shoot Shoot”
written in reverse are reference to her-
oin addiction.
(Anmerkung: bezieht sich auf die Bilder
2 & 3 der Printserie, Seite 53)
I want these prints to function as a
‘song’…
Does he know now that it is for him?
No. I don’t know how important it is-
maybe it is better for me to continue
working if he doesn’t know. Because if
you have too much pressure to work,
then you cant work with freedom. I
want these prints to function - as a
‘song’ to sooth him, to calm him down,
to refocus him - because that is what he
needs. And that is a ridiculous thing to
try to do with drawings or printmaking.
And it’s not doing it yet. I don’t know if
CHAT52
CHAT 53
54 IDA'S
Das Schiff nahm mir das Fernweh.
Das Schiff trug mich über die Meere.
Das Schiff brachte mich rund um die Erde.
Das Schiff nahm mit Angst und Verzagen.
Das Schiff lernte mich, geduldig zu sein.
Das Schiff schenkte mir Geborgenheit und Erfüllung.
Das Schiff war meine Heimat.
aus einem anonymen Tagebuch
55IDA'S
56 KUNST
Ich bin in einem veränderten Büro wo
alle auf einer Hochetage schlafen, auf
der aber eigentlich ich und ein Freund
wohnen, es sind viele Bekannte da, ich
schlafe zwischen neben einer Freun-
din ein und mir wird klar, dass ich
träume. Ich fange an in der abgefah-
rensten Stimme zu singen, ich überle-
ge ob die anderen das hören können,
weil ich weiß, dass ich schlafe und
überlege ob ich wohl im Schlaf sum-
me oder singe.
Ich denke ich bin aufgewacht und will
es der Freundin neben mir erzählen,
sie redet aber gerade mit jemand an-
derem. Jetzt merke ich wieder, dass
es ein Traum ist, aus dem Gefühl
heraus. Ab da ist es nicht schwierig
ihn zu steuern, allerdings reagiert er
nicht immer wie ich will. Ich bin auf
der Hochetage und ich versuche in
dieser Wohnung/Büro neue Leute zu
erschaffen in dem ich sie mir hinter
Türen oder in leeren Räumen vorstel-
le, das klappt allerdings nur verein-
zelt. Ich schaue aus dem Fenster und
die Häuserwand gegenüber fährt wie
ein Zug am Fenster vorbei. Ich überle-
ge, wen ich gerne darin treffen würde
und denke an berühmte Leute. Dann
klettere ich, es sind inzwischen Zug-
wagons, von einer Inneneinrichtung
in die nächste. Ich treffe mir berühmt
vorkommende Menschen, die ich fra-
ge, wie sie denn heißen, sie sagen den
Namen, ich erwidere, dass ich mich
daran bis ich aufwache eh nicht mehr
erinnern kann. Irgendwann lande ich
wieder auf der Hochetage, wo ich be-
merke, dass es das Hochbett in mei-
nem alten Kinderzimmer ist.
Ich denke, dass es jetzt schön wäre
zu fliegen, aber ich schaue aus dem
Fenster und denke, dass es alles zu
realistisch aussieht, als dass ich es
probieren könnte. Irgendwann begin-
ne ich mich am Ende des Podestes
festzuhalten und versuche vorsichtig
zu fliegen. Nach ein paar Versuchen
klappt es, dann fliege ich aus dem
Fenster. Ich fliege hoch, weil ich über
das Dach will, aber es erscheint ein
Gebilde ähnlich dem Ufo aus Indepen-
dence Day, nur dass es wie Stufen auf-
gebaut ist. Ich denke immer, dass jetzt
der Himmel kommt, aber statt dessen
kommt eine weitere Stufe. Es besteht
aus einer Stahlkonstruktion ähnlich
derer, die beim Bühnenbau verwendet
werden, nur in Farbe.
Ich denke, dass das Ding wahrschein-
lich endlos ist, weil ich den Himmel
nicht sehe und mich darüber ärgere,
dass ich nicht zum Himmel komme
und durch die Emotion das Objekt/
Szenerie weiter im Traum läuft. Dann
denke ich an etwas anderes und kom-
me endlich zum Himmel.
Ich überlege, wo ich jetzt am liebsten
hin möchte und wünsche mir den
perfekten, geborgenen Ort in meiner
Zukunft. Ich fliege durch einen Tunnel
und komme auf einer großen Fläche
an, in der verschiedene Räume von ei-
nem runden, offenen Säulengang ab-
gehen. Ich blicke nach rechts und sehe
eine Arbeitsfläche, von der ich instink-
tiv weiß, dass es mein zukünftiger Ar-
beitsplatz ist, ich fühle mich zu Hause
und wünsche mir ein Bett und meine
Frau. Ich sehe Treppen, die zu einem
erhöhten zentralen Raum führen. Ich
steige die Treppen hoch und erreiche
die Mitte..
Ein Klartraum oder auch luzider
Traum (von lat. lux, lucis „Licht“) ist
ein Traum, in dem der Träumer sich
bewusst ist, dass er träumt. Die The-
orie des luziden Träumens geht da-
von aus, dass sowohl das bewusste
Träumen als auch die Fähigkeit zum
willentlichen Steuern von Traumin-
halten erlernbar sind. (Wikipedia)
57KUNST
58 KUNST
59KUNST
60 KUNST
61KUNST
Tipps um klar zu träumen
Beim Einschlafen kann man sich eine
Empfindung bewusst machen, die wie
ein Schweregefühl ist, dass einem
nicht erlaubt, die Augen zu öffnen.
Und mit diesem Gefühl versucht man
bewusst einzuschlafen.
Man sollte beabsichtigen bewusst ein-
zuschlafen, sich vor dem Einschlafen
noch einmal mit Klarträumen be-
schäftigen vielleicht ein Buch zu dem
Thema lesen.
Versuche den inneren Dialog vor dem
Einschlafen abzustellen.
Ein Ring, Gürtel, Halsband oder Kopf-
tuch als Druckpunkt kann als Brücke
dienen. Der Druck des Gegenstandes,
kann einem im Traum helfen sich da-
ran zu erinnern, dass es ein Traum ist.
Das Klarträumen ist einfacher, wenn
einen die Alltagswelt nicht zu stark in
Anspruch nimmt.
Es Hilft immer in einer bestimmten
Position einzuschlafen, z.B. auf der
rechten Seite oder auf dem Bauch oder
Rücken.
Die MILD (Mnemonic Induction of Lu-
cid Dream) Methode + Autosuggestion:
Früh morgens aufstehen, Wecker stel-
len, Traum frisch aufschreiben. Nach
einer halben Stunde wieder schlafen
legen, dabei Autosuggestion, z.B. “Das
nächste mal wenn ich Fliege, dann-
werde ich wissen das ich träume.”
Kann um Vorhaben erweitert werden.
Die WILD (Wake-Initiated/Induced Lu-
cid Dream) Methode:
Eintauchen durch zählen:
“Eins, ich träume, zwei, ich träume”
verbunden mit optischen Phänome-
nen, wie “geometrische Formen die bei
geschlossenen Augen immer deutli-
cher werden”.
Externe Hilfsmittel:
NOVA - DREAMER
Akustisches Singnal, z.B. vom Ton-
band: “Das ist ein Traum”.
Sensorisches Signal, z.B. leichte Elekt-
ro Schocks.
Optisches Signal, z.B. Lichtblitze.
Reality Check:
Mehrmals am zu Regelmäßigen Zei-
ten einen Traumcheck durchführen.
Man kann z.B. auf seine Armbanduhr
schauen und auf die Zeiger und Num-
mern achten, ob sie sich normal ver-
halten. Wenn man das automatisiert
hat, wird man es auch im Traum ma-
chen. Und wenn sie sich dann anor-
mal verhalten realisieren, dass man
träumt
Tipps in Klarträumen
Fixieren des Blicks im Klartraum führt
zum erwachen.
Man kann Fragen wie “warum bist du
hier “, “wer bist du?”, “was willst du“
nicht nur an Personen sondern auch
an Dinge und Situation richten.
Wenn man beim Träumen die Zun-
genspitze gegen das Daumendach
drückt, hat man eine bessere Kontrolle
im Traum.
Man sollte Traumfiguren um Rat und
Hilfe bitten oder von ihnen ein Ge-
schenk fordern, z.b. ein Lied.
Leute die man gerne im Klartraum
treffen möchte, kann man sich im
Raum nebenan vorstellen, dann er-
scheinen sie dort.
Man kann mit Traumfiguren Treffen
für andere Träume vereinbaren.
Man sollte die Traumaufmerksamkeit
auf einen bestimmten Gegenstand
richten der am Anfang eeines Klart-
raums erschien, er ist der Ausgangs-
punkt. Dann kann man sich alles an-
schauen aber nur kurz. Wenn Bilder
sich verändern und man die Kontrolle
verliert sollte man zurück zum Gegen-
stand kehren.
Man sollte im Klartraum auspro-
bieren, zu arbeiten, z.B. an einem
Schreibtisch.
mit Tieren zu sprechen.
sich von feindlichen Traumfiguren be-
siegen zu lassen.
wie Puppenspieler aus sich selbst her-
aus in Gesprächspartner zu schlüpfen
oder in mehrere Personen gleichzeitig.
eine Zeitreise zu machen, z.B. in die
Kindheit, durch einen Zeittunnel
oder Zeitmaschine. Hierfür kann man
Traumfiguren um Rat fragen, z.B. wie
kann ich in die Vergangeheit reisen?
1. Objekt in der Realität anstarren und
sich alle Details einprägen, dann die
Augen schließen und das Objekt visu-
alisieren. Das Bild immer wieder korri-
gieren bis man es vollständig visuali-
sieren kann.
2. Das Objekt im Traum visualisieren
und später ganze Welten visualisieren.
3. Menschen in die Traumwelt hinein-
bringen
Quellen
Doktorarbeit: Sport im Klartraum von
Daniel Erlacher.
Die Kunst des Träumens von Carlos
Castaneda
Schöpferisch Träumen von Paul Tho-
ley
Text und Bild: Moritz
TIPPS UND TRICKS FÜR KLARTRÄUME
I ch erinnere mich
noch sehr genau an
meinen 14. Ge-
burtstag im Vereins-
heim der Neuköll-
ner Sportfreunde.
Damals habe
ich die Loca-
tion über
T h o m m y
bekommen.
Jetzt wollen
wir wieder in
die Straße 12.
S o n n e n s c h e i n .
Open Air und Tech-
nomusik. Dieses mal
sind wir 25. Thommy ist
genau die selbe Person wie
vor 11 Jahren. Statt einem al-
ten Golf fährt er inzwischen ei-
nen Hyunday Hybrid. Hinten im
Hybrid sitzt sein Hund - ein altes,
klappriges Tier, das jedoch lebensfro-
her wirkt als Thommy.
Wir betreten das Gelände an der Ab-
fahrt Grenzallee und reden über die
Europameisterschaft und das Aus-
scheiden der Deutschen National-
mannschaft. Überall liegt Dreck. Die
Klotür vom Außenklo ist leicht geöff-
net, der Trampelpfad in Richtung Ver-
einshütte ist voll mit Bierdeckeln.
Wir stehen vor der Tür des Vereins-
heimes, Thommy schließt auf. Muffig
schlägt es uns entgegen. An den Sei-
ten stehen übereinander gestapelte
Stühle und aus der Bar ragt ein ver-
bogener Zapfhahn einer längst nicht
mehr funktionsfähigen Zapfanlage.
Eine Packung Toilettenpapier liegt vor
den zugenagelten Fenstern. Drinnen
ist es dunkel, nur eine vergilbte Lich-
terkette und eine unabgedeckte Neon-
röhre an der Decke hellen den Raum
ein wenig auf. Der Fußboden, altes
gelbbraunes PVC, ist durch und durch
aufgerissen. Viele Stücke im Boden
fehlen komplett.
„Hundert Euro. Fünfzig Kaution. Sau-
bermachen müsst ihr selber“, beginnt
Thommy uns aufzuklären. Während
er redet, hält er uns einen kopierten
Mietvertrag für das Wochenende unter
die Nase. „Den Grill könnt ihr benut-
zen und wenn ihr dekoriert, könnt ihr
alles für den nächsten Mieter hängen
lassen”, die würden sich in der Regel
freuen. Wir schlendern einmal durch
den ca. 100qm großen Raum und
entdecken an der hintersten Ecke ein
mit blauen Müllbeuteln abgedecktes
Regal. Hinter der Folie versteckt sich,
eine Sammlung von gewonnenen Po-
kalen der Neuköllner Sport-
freunde - dem Verein, in
dessen Haus wir uns
befinden. Ruderer, Bo-
xer, Fußballer. Für
fast jede Sport-
art findet sich
eine Trophäe.
U n b e a c h -
tet dessen
weist uns
Thommy da-
rauf hin, dass
die Elektrohei-
zungen nicht fest
an der Wand instal-
liert seien. Mit dem
Finger deutet er dabei
auf ein halben Quadratme-
ter großes, weißes Rechteck
aus Blech, dass, halb zerfallen,
auf dem Boden liegt.
Wir verlassen das Haus, um in den an-
grenzenden Schuppen zu gehen. „Hier
sind die Sicherungen“, erzählt uns
Thommy,” falls mal eine rausfliegen
sollte.” Hinter dem Schuppen stapeln
sich kaputte Stühle, Kühlschränke,
eine Waschmaschine und jeglicher
anderer Schrott. Thommy bemerkt
unsere Blicke und klärt uns auf: Alle
möglichen Leute würden hier ihren
Schrott von der Brücke herunter-
schmeißen und entsorgen. Dass das
passiert, können wir uns vorstellen.
Warum der ganze Schrott dort noch
liegt, weniger.
Trotzdem. Das Vereinsheim - Straße
12 getauft, da es Grenzallee Ecke Stra-
ße 12 liegt - ist der perfekte Ort für
uns. Links von uns Sconto, rechts von
uns ein Ableger vom Kanal, hinter uns
STRASSE 12
62 REPORT 62
eine Autobrücke und vor uns die Auto-
bahn. Und in mitten der Freifläche ist
eine Feuerstelle mit Steinen vor dem
Vereinsheim aufgebaut. Es gibt einen
maroden Grill und eine überdachte
Metall-Wellblechkonstruktion.
Wir freunden uns mit Thommy an,
erzählen ihm von proud, unseren Par-
tys und Projekten. Wir diskutieren ein
weiteres Mal über das Ausscheiden
der Deutschen Nationalmannschaft,
bevor er uns den Schlüssel zum Ver-
einsheim in die Hände drückt und mit
seinem Hund im Hybridauto wegfährt.
Am folgenden Wochenende ist die
Party. "Väthertag" klingt nach unseren
Abenteuern der letzten Monate schon
fast absurd. Fetzo kauft die halbe Me-
tro mit Würstchen leer, Chrissns Anla-
ge wird aufgebaut und der Tag liefert
einen Sonne-Wolkenmix. Es ist eine
gute Stimmung, auch ohne Väth. Ir-
gendwann erscheint das Ordnungs-
amt und verdrängt uns ins innere des
Vereinsheims. Die Bässe wummern
noch bis spät in die Nacht. Irgend-
wann um drei Uhr morgens beschlie-
ßen Emin und Gesa abzubauen. Mit
ein paar gekonnten Handgriffen sind
Anlage, Platten und CD-Spieler in der
Robbe.
Am Sonntag Abend treffen wir
Thommy. Inzwischen wurde das zu-
geschissene Außenklo gesäubert, die
Bierdeckel eingesammelt und der zer-
fetzte PVC-Boden des Vereinsheims
gewischt. Wir bedanken uns und kom-
men ins Gespräch über Straße 12 und
wer außer uns das Vereinsheim denn
noch nutzen würden. Es wäre schwie-
rig Mieter zu finden. Manche Jahre lie-
fen besser, manche schlechter. Jahre?.
Ja, seit 40 Jahren gehört das Vereins-
heim zum Verein. Seit fast 35 Jahren
betreut durch Thommy. Jetzt hat er
jedoch Probleme mit seiner Gesund-
heit und immer weniger Leute würden
nachfragen. Es ist unmöglich für den
Verein die Grundkosten zu tragen -
ein Geschäft, bei dem sie draufzahlen.
Zum 01.01.2013 soll das Vereinsheim
gekündigt und aufgegeben werden.
Wir äußern unser Bedauern und erhal-
ten ein Angebot - kommt zum nächs-
ten Vereinstreffen in der Lipschitzallee
und mit dem passenden Konzept kann
proud der Verwalter und Betreiber der
Fläche werden. Vorraussetzung, der
Sportbezug muss her. Ganz einfach ist
es nicht, jedoch auch nicht unmöglich.
Das Katerholzig ist schließlich auch
ein Kulturcafé und Restaurant. Ehrlich
und direkt findet ein gemeinsames
Brainstorming statt und wir werden
uns einig. Partys möchten wir feiern,
aber auch Sport machen. So erzählen
wir, dass sich proud und Freunde be-
reits an jedem verdammten Dienstag
zum Bolzen treffen und unsere Gra-
fikdesigner Meister im Kickern sind,
sogar in richtigen Ligen spielen. Auch
Kino und Tanzunterricht können wir
uns vorstellen. Vor allem aber, einen
Treffpunkt. Eine physische Anlaufstel-
le für uns, für den NSF und die jungen
Berliner. Zum Grillen, zum Abhängen,
zum Feiern.
Wir möchten das marode Vereinsheim
“Straße 12” wieder aufbauen. Ein Platz
für Partys, Sport und Kultur. Wech-
selnde Angebote und Hilfe bei der Or-
ganisation von Freizeitsportaktivitä-
ten wie Fußball- oder Kickerturniere.
Und hierfür gründen wir eine neue
Abteilung Freizeitsport bei der Neu-
kölllner Sportfreunde e.V. unter un-
serer Leitung, die sich aktiv um neue
Mitglieder bemüht und Angebote in
kulturellen Bereichen fördert. Ebenso
möchten wir fördern, dass alle bei der
Gestaltung des Standortes teilnehmen
und diesen nutzen.
Zum Redaktionsschluss fehlte die fi-
nale Entscheidung. Es liegt inzwischen
weder beim NSF noch an proud. Ent-
scheiden tut nun die Berliner Bürokra-
tie. Die SpAN Nutzungsverordnung.
Das Amt für Sport und Kultur (ein
und dasselbe in Neukölln, was sehr
schön ist) und letztendlich das Lie-
gendschaftsamt von Berlin, dem das
Grundstück gehört.
Ein Vereinsheim für proud. Ein Ver-
einsheim für Euch.
Emin Mahrt
63REPORT62
66 LAST WORD
m Juli. Gestern letzter Arbeitstag – heute 14.07. - 11:25 Abflug Berlin-
Tegel nach Teneriffa.
Alles perfekt, Robert fährt uns.
Abschied, einchecken, Leibesvisitation.
Früh genug vor Ort – Oh Flug auf 11:45 verschoben – noch mal raus
und Kaffee trinken.
Leibesvisitation – wir sind wieder da.
Was das? Flug auf 20:15 verschoben – Maschine kaputt, muss Ersatz
aus Moskau kommen. Zwei Frühstücksgutscheine in der Hand – nochmal Kaffee und Brötchen –
danach nach Haus.
3. Leibesvisitation - 20:15 wir sind da – Maschine noch nicht. Flug verschoben auf 20:45.
Das Wunder – neue Maschine und Ersatzcrew aus der Bereitschaft ermöglichen das Unmögli-
che. Die Maschine fliegt – starker Gegenwind – die Landung wird sich etwas verspäten.
1:30 Maschine setzt zur Landung an – der Pilot drückt den Kopf der Maschine runter, Tragflä-
chen schlingern hoch und runter – Landebahn kommt näher – Maschine wackelt und dröhnt.
Pilot startet durch – der Kopf der Maschine hebt wieder ab in die Lüfte. Stimme aus dem Laut-
sprecher: Aufgrund starker Turbulenzen konnte die Landung nicht erfolgen wird aber gleich
wiederholt – logisch, ewig reicht das Kerosin im Tank auch nicht – also Boeing 737 setzt zur
Landung an 186 Passagiere mit weißen Gesichtern und aufgewühlten Mägen schauen zu – Kin-
der schreien. Der Kopf der Boeing senkt sich – die Maschine hüpft wie ein Tennisball – die
Tragflächen heben und senken sich im Gegenwind – wir sehen die Landebahn – die Lichter, wir
sahen die Landebahn – die Maschine wird wieder hochgerissen und der Lautsprecher kündigt
die nächste Landung in 15 Minuten an
2:30 Boeing 737 setzt zur Landung an – wir sehen die Landebahn – wir hören das Schreien der
Kinder Maschine bleibt ruhig – setzt auf – Düsen gehen auf Gegendruck.
Gute Landung – falsche Insel.
Gran Canaria 15.07.2012 – 3:00 wir sitzen nachts auf einer Insel wo wir gar nicht hinwollten.
Reiseleitung wird aktiviert – sie vollbringen das Unmögliche – 186 Passagiere in ein 5 Sterne
Hotel. 4:00 letzte Anweisung der Reiseleitung: Sie werden um 11:30 mit dem Bus abgeholt, seien
sie lieber etwas früher unten da die Busfahrer sehr pünktlich sind.
12:00 Uhr der Bus ist da – die Fahrt zum Flughafen verläuft ohne Zwischenfall.
Der Flieger bekommt auch irgendwann die Startgenehmigung – die Crew hat auch etwas ge-
schlafen. Wir landen in Teneriffa – da sich alles durch den Ablauf verzögert hat
bekommen wir nur noch die letzte Fähre – (es gibt täglich 3).
20:00 Ansage im Hafen: die Fähre wird sich um etwa 40 Minuten verspäten – kennen wir
21:00 wir schwimmen (mit dem Schiff natürlich)
21:40 wir sind in La Gomera – ab in den Bus – der Mann an der Rezeptionmacht einen müden
Eindruck.
1:00 aber wir sind da.
Gerd Hollender
66 LAST WORD
m Juli. Gestern letzter Arbeitstag – heute 14.07. - 11:25 Abflug Berlin-
Tegel nach Teneriffa.
Alles perfekt, Robert fährt uns.
Abschied, einchecken, Leibesvisitation.
Früh genug vor Ort – Oh Flug auf 11:45 verschoben – noch mal raus
und Kaffee trinken.
Leibesvisitation – wir sind wieder da.
Was das? Flug auf 20:15 verschoben – Maschine kaputt, muss Ersatz
aus Moskau kommen. Zwei Frühstücksgutscheine in der Hand – nochmal Kaffee und Brötchen –
danach nach Haus.
3. Leibesvisitation - 20:15 wir sind da – Maschine noch nicht. Flug verschoben auf 20:45.
Das Wunder – neue Maschine und Ersatzcrew aus der Bereitschaft ermöglichen das Unmögli-
che. Die Maschine fliegt – starker Gegenwind – die Landung wird sich etwas verspäten.
1:30 Maschine setzt zur Landung an – der Pilot drückt den Kopf der Maschine runter, Tragflä-
chen schlingern hoch und runter – Landebahn kommt näher – Maschine wackelt und dröhnt.
Pilot startet durch – der Kopf der Maschine hebt wieder ab in die Lüfte. Stimme aus dem Laut-
sprecher: Aufgrund starker Turbulenzen konnte die Landung nicht erfolgen wird aber gleich
wiederholt – logisch, ewig reicht das Kerosin im Tank auch nicht – also Boeing 737 setzt zur
Landung an 186 Passagiere mit weißen Gesichtern und aufgewühlten Mägen schauen zu – Kin-
der schreien. Der Kopf der Boeing senkt sich – die Maschine hüpft wie ein Tennisball – die
Tragflächen heben und senken sich im Gegenwind – wir sehen die Landebahn – die Lichter, wir
sahen die Landebahn – die Maschine wird wieder hochgerissen und der Lautsprecher kündigt
die nächste Landung in 15 Minuten an
2:30 Boeing 737 setzt zur Landung an – wir sehen die Landebahn – wir hören das Schreien der
Kinder Maschine bleibt ruhig – setzt auf – Düsen gehen auf Gegendruck.
Gute Landung – falsche Insel.
Gran Canaria 15.07.2012 – 3:00 wir sitzen nachts auf einer Insel wo wir gar nicht hinwollten.
Reiseleitung wird aktiviert – sie vollbringen das Unmögliche – 186 Passagiere in ein 5 Sterne
Hotel. 4:00 letzte Anweisung der Reiseleitung: Sie werden um 11:30 mit dem Bus abgeholt, seien
sie lieber etwas früher unten da die Busfahrer sehr pünktlich sind.
12:00 Uhr der Bus ist da – die Fahrt zum Flughafen verläuft ohne Zwischenfall.
Der Flieger bekommt auch irgendwann die Startgenehmigung – die Crew hat auch etwas ge-
schlafen. Wir landen in Teneriffa – da sich alles durch den Ablauf verzögert hat
bekommen wir nur noch die letzte Fähre – (es gibt täglich 3).
20:00 Ansage im Hafen: die Fähre wird sich um etwa 40 Minuten verspäten – kennen wir
21:00 wir schwimmen (mit dem Schiff natürlich)
21:40 wir sind in La Gomera – ab in den Bus – der Mann an der Rezeptionmacht einen müden
Eindruck.
1:00 aber wir sind da.
Gerd Hollender
BER
LINAUSGABE #29 • PROUD PH
OTO BOOTH BY OLIVER RATH
• GEMA INTERVIEW
• JÜRGEN LAARMANN
29. AUSGABE 2012
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