Zur Stokvis-Reaktion, XVI Die Konstitution der Propentdyopent-Addukte

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1968 H. v. Dobeneck und F. Schnierle 135 Liebigs Ann. Chem. 711, 135-138 (1968) Zur Stokvis-Reaktion, XVI 1) Die Konstitution der Propentdyopent-Addukte*) von Henning von Dobeneck und Franz Schnierle Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Hochschule Miinchen Eingegangen am 3. Juli 1967 Propentdyopent-Addukte sind nach Kernresonanzmessungen Oxopyrrolinyl-methylenpyr- rolone der allgemeinen Struktur 3. Die Revision der Struktur 2) des Kondensationsproduktes aus 3.4-Dimethyl- 5-hydroxymethylen-A3-pyrrolon-(2) und 3.4-Dimethyl-A3-pyrrolon-(2) (friiher3) als XVIIa bezeichnet) hat eine Anderung der Strukturauffassung von zwei Verbindungs- typen zur Folge. 1) Die durch Umsetzung dieses Kondensationsproduktes mit Acet- anhydrid-Schwefelsaure gewonnene Verbindung4), die wir als Dipyrromethen (Aza- Typ)s) aufgefaBt hatten, ist ein Dihydropyrazin-Derivat '2). Demnach ist der Dipyr- romethen-Aza-Typ noch nicht synthetisiert. - 2) Fur die Propentdyopent-Addukte ergibt sich die Konstitution von Oxopyrrolinyl-methylenpyrrolonen. Propentdyopentes) der allgemeinen Struktur 1 konnen Wasserstoff sowie OH-, CH-, SH- und andere acide Verbindungen addieren 7). Beispielsweise handelt es sich bei den Harnsubstanzen mit positiver Stokvis-Reaktion um Propentdyopent-Wasser- Addukteg). Fiir die Addukte haben wir bisher Struktur 2 vorgeschlagen entsprechend einer Addition von R H an die Methen-Doppelbindung von 1. Allerdings haben wir eine Addition von R H an die CN-Doppelbindung des Azacyclopentadienon-Rings von 1 im Sinn der Struktur 3 nicht ausgeschlossen. *) ,,Propentdyopent" (1) : vgl. Lit.@. - Die Begriffe ,,Addukt" oder ,,Additionsprodukt" werden nicht im Sinn einer losen Bindung zwischen zwei Molekiileinheiten verwendet. Es handelt sich (s. Lit.71, dort S. 32) um molekulare Einheiten, deren Bezeichnung als Addukte zum Ausdruck bringen soll, da8 sie aus Propentdyopent + einer H-aciden Ver- bindung, Wasserstoff, usw. entstehen. 1) XV. Mitteilung: H. v. Dobeneck, E. Brunner und U. Deffner, 2. Naturforsch. 22b, 1005(1967). 2) H. Plieninger, U.Lerch und H. Sommer, Liebigs Ann. Chem. 711,130 (1968), voranstehend. 3) H. Plieninger, H. Bauer und A. R. Karritzky, Liebigs Ann. Chem. 654, 165 (1965). 4) H. v. Dobeneck und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 340, ZOO (1965). 5) H. v. Dobeneck und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 341, 157 (1965). 6) H. v. Dobeneck, E. Hagel und W. GraL Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 329, 182 (1962). 7) H. v. Dobeneck, E. Hagel, F. Schnierle und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 8) Zusammenfassende Darstellung: H. Y. Dobeneck, 2. klin. Chem. 4, 137 (1966). 341, 27 (1965).

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1968 H. v. Dobeneck und F. Schnierle 135 Liebigs Ann. Chem. 711, 135-138 (1968)

Zur Stokvis-Reaktion, XVI 1 )

Die Konstitution der Propentdyopent-Addukte*) von Henning von Dobeneck und Franz Schnierle

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Technischen Hochschule Miinchen

Eingegangen am 3. Juli 1967

Propentdyopent-Addukte sind nach Kernresonanzmessungen Oxopyrrolinyl-methylenpyr- rolone der allgemeinen Struktur 3.

Die Revision der Struktur 2) des Kondensationsproduktes aus 3.4-Dimethyl- 5-hydroxymethylen-A3-pyrrolon-(2) und 3.4-Dimethyl-A3-pyrrolon-(2) (friiher3) als XVIIa bezeichnet) hat eine Anderung der Strukturauffassung von zwei Verbindungs- typen zur Folge. 1) Die durch Umsetzung dieses Kondensationsproduktes mit Acet- anhydrid-Schwefelsaure gewonnene Verbindung4), die wir als Dipyrromethen (Aza- Typ)s) aufgefaBt hatten, ist ein Dihydropyrazin-Derivat '2). Demnach ist der Dipyr- romethen-Aza-Typ noch nicht synthetisiert. - 2) Fur die Propentdyopent-Addukte ergibt sich die Konstitution von Oxopyrrolinyl-methylenpyrrolonen.

Propentdyopentes) der allgemeinen Struktur 1 konnen Wasserstoff sowie OH-, CH-, SH- und andere acide Verbindungen addieren 7). Beispielsweise handelt es sich bei den Harnsubstanzen mit positiver Stokvis-Reaktion um Propentdyopent-Wasser- Addukteg). Fiir die Addukte haben wir bisher Struktur 2 vorgeschlagen entsprechend einer Addition von RH an die Methen-Doppelbindung von 1. Allerdings haben wir eine Addition von RH an die CN-Doppelbindung des Azacyclopentadienon-Rings von 1 im Sinn der Struktur 3 nicht ausgeschlossen.

*) ,,Propentdyopent" (1) : vgl. Lit.@. - Die Begriffe ,,Addukt" oder ,,Additionsprodukt" werden nicht im Sinn einer losen Bindung zwischen zwei Molekiileinheiten verwendet. Es handelt sich (s. Lit.71, dort S. 32) um molekulare Einheiten, deren Bezeichnung als Addukte zum Ausdruck bringen soll, da8 sie aus Propentdyopent + einer H-aciden Ver- bindung, Wasserstoff, usw. entstehen.

1) XV. Mitteilung: H. v. Dobeneck, E. Brunner und U. Deffner, 2. Naturforsch. 22b, 1005 (1 967). 2) H. Plieninger, U.Lerch und H. Sommer, Liebigs Ann. Chem. 711,130 (1968), voranstehend. 3) H. Plieninger, H. Bauer und A . R . Karritzky, Liebigs Ann. Chem. 654, 165 (1965). 4) H. v. Dobeneck und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 340, ZOO (1965). 5 ) H. v. Dobeneck und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 341, 157 (1965). 6) H. v. Dobeneck, E. Hagel und W. GraL Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 329, 182 (1962). 7) H. v. Dobeneck, E. Hagel, F. Schnierle und E. Brunner, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem.

8) Zusammenfassende Darstellung: H. Y. Dobeneck, 2. klin. Chem. 4, 137 (1966). 341, 27 (1965).

136 H. v. Dobeneck und F. Schnierle Bd. 711

1 2: R = H, OH, OCH3, SH, usw.

OR

'\ - 3: R = H, OH, OCH3, SH, U S W . 4: R = H, Alkyl

Propentdyopent-Wasserstoff-Addukte 3,

Fur R = H (,,Waserstoff-Propentdyopent") ergibt sich nun die gleiche Struktur 3a, die friiher dem Kondensationsprodukt XVIIa in Lit.3) (bzw. Struktur 1 in Lit.2)) zugeschrieben wurde. Sowohl die NMR-Daten der Methylenpyrroloneg) als auch die UV-Maxima (siehe Tabelle 1) wiesen darauf hin, da13 das Wasserstoff-Propentdyopent

Tabelle 1. UV-Maxima von Methylenpyrrolonen in Methanol

hmax log E

3.4-Dimethyl-5-methylen-A3-pyrrolon-(2) 10)

Tetramethyl-Wasserstoff-Propentdyopent 250mp 4.26 273 4.41

Kondensationsprodukt aus Hydroxymethylen-pyrrolon und Pyrrolon 337 4.05

im Gegensatz zu der bisherigen Annahme ein Methylenpyrrolon-Derivat der Formel 3 sein musse. Die NMR-Spektren (mit Varian HA-100 und 4300-B in Dimethylsulfoxid aufgenommen) unterstutzen diese Auffassung. Tetramethyl-Wasserstoff-Propentdyo- pent ergibt folgende Signale: 1) Methylgruppen bei T = 8.1 (s, 3H); 8.2 (s, 6H); 8.3 (s, 3H); 2) ein aus vier Linien bestehendes symmetrisches Signal bei T = 5.2 (2H; AB-System mit JAB = 10 Hz); 3) ein Signal bei T = -0.1 (1 H); 4) ein Signal bei T = 1.85 (1 H). Die beiden letztgenannten Protonen sind durch DzO austauschbar. Demnach ist Tetramethyl-Wasserstoff-Propentdyopent ein 5.5'-Dioxo-3.4.3'.4'- tetra- n~ethyl-2.5.1'.5'-tetrahydro-lH-dipyrromethen-(2.2') (3a).

Die gefundenen chemischen Verschiebungen fur das AB-System des Wasserstoff-Propent- dyopents stehen in gutem Einklang mit der Erwartung. Sowohl fur das Proton des Pyrrolon- ringes als auch fur das Methinproton ist ein r-Wert im Bereich von 5 zu erwarten39. Fruher angegebene niedrigere Werte fur Methinprotonen von Dipyrromethenen (T ca. 3 -43)) setzen voraus, daB ein aromatischer Pyrrolring im Molekiil vorhanden ist.

9) H. v. Dobeneck und F. Schnierle, Chem. Ber. 100, 647 (1967). 10) ff. Plieninger und U. Lerch, Liebigs Ann. Chern. 698, 191 (1966).

1968 Zur Stokvis-Reaktion. XVI 137

Propentdyopent-Wasser- @zw . Alkanol-)Addukte '1

Das NMR-Spektrum des Tetramethyl- Wasser-Propentdyopents in Dimethyl- sulfoxidzeigt: 1) Methylgruppen bei T = 8.1 (s, 3 H); 8.2 (s, 6 H); 8.3 (s, 3 H); 2) einen Peak bei T = 5.1 (s, 1 H); 3) drei Signale bei T = 3.4 (s, 1 H); 1.5 (s, 1 H); 1.35 (s, 1 H); diese drei Protonen sind durch D20 austauschbar.

Das NMR-Spektrum des Tetramethyl-Methanol-Propentdyopents in CDC13 ent- halt: 1) Peaks fur Methylgruppen bei T = 8.1 (s, 3 H); 8.15 (s, 3 H); 8.2 (s, 3 H); 8.24 (s, 3 H); 2) einen Peak bei T = 6.8 (s, 3 H); 3) einen Peak bei T = 5.2 (s, 1 H) sowie zwei Signale bei T = 3.1 (s, 1 H); 1.53 (s, 1 H). Die beiden letztgenannten Protonen sind durch DzO austauschbar, dabei ist die Austauschgeschwindigkeit fur beide Protonen gleich11).

Nach diesen Spektren besitzen beide Verbindungen gleichartige Strukturen, wie sie auch analog durch Wasser- bzw. Methanoladdition an Propentdyopent syntheti- siert werden konnen. Das NMR-Spektrum von Tetramethyl-Athano/-Propentdyopent ist analog. - uber die Struktur dieser Additionsverbindungen erlaubt das NMR- Spektrum keine so eindeutige Aussage wie beim Wasserstoff-Propentdyopent. Es kommt sowohl Struktur 4 als auch 3 b bzw. c in Frage. Die chemischen Verschiebungen von Pyrrolon-Ringprotonen und Methinproton unterscheiden sich ja kaum, und Kopp- lungen mit NH-Protonen, wie fur 4 zu erwarten, sind im allgemeinen nicht sehr gut erkennbar. (Auch bei tiefen Temperaturen gelang es Bonnettll) nicht, Aufspaltungen zu erhalten.)

Das entscheidende Argument fur Formel 3 ist folgendes : Wasser- und Alkanol- Propentdyopente setzen sich mit Zn- bzw. Cu-acetat unter Abspaltung von Wasser bzw. Alkanol quantitativ zu Zn- bzw. Cu-Komplexen des Pro-Typs 8) um, welche gemais Struktur 5 an den Brucken-C-Atomen nur Wasserstoff tragen. Eine Bildung dieser Komplexsalze ist nur aus Struktur 3 moglich. Die Wasser- bzw. Alkanol-

Propentdyopente kann man sich also analog zu den Wasserstoff-Propentdyopenten durch Addition von ROH (R = H oder Alkyl) an die CN-Doppelbindung von 1 vorstellen. Tetramethyl-Wasser-Propentdyopent der Formel 3 b heil3t demnach

11) Gemessen an Tetraathyl-Methanol-Propentdyopent, personliche Mitteilung R . Bonnerr, London.

138 H . v. Dobeneck und F. Schnierle Bd. 711

2-Hydroxy-5.Y-dioxo- 3.4.3’. 4’-tetramethyl- 2.5.1‘. 5’-tetrahydro- 1 H-dipyrromethen- (2.2’) und Tetramethyl-Methanol-Propentdyopent gemal3 Formel 3c 2-Methoxy- 5.5’-dioxo-3.4.3’.4’-tetramethyl-2.5.1’. 5’-tetrahydro- 1 H-dipyrromethen-(2.2’).

Herrn Dr. R . Bonneti, Queen Mary College, London, danken wir fur wertvolle Diskussionen, Herrn Dr. H. Brugel, BASF, und Herrn Dr. J. C . Jochims, Max-Planck-Institut, Heidelberg, fur die Aufnahme von NMR-Spektren, dem Fonds der Chemischen Industrie und der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur finanzielle Forderung.

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