Zeit- und Selbstmanagement || Umsetzungshilfen Transfer in die Praxis Umsetzungshilfen und...

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235 Umsetzungshilfen und Evaluation 5.1 Ausgewählte Transferhilfen – 238 5.1.1 Transferhilfe 1: Individuelles Entwicklungskonzept (IEK) – 238 5.1.2 Transferhilfe 2: Transferbegleiter – 239 5.1.3 Transferhilfe 3: Lerntagebuch – 240 5.1.4 Transferhilfe 4: Rückfallprophylaxe – 242 5.1.5 Trainingsevaluation – 244 5 S. Weisweiler et al., Zeit- und Selbstmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-19888-5_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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Umsetzungshilfen und Evaluation

5.1 Ausgewählte Transferhilfen – 2385.1.1 Transferhilfe 1: Individuelles Entwicklungskonzept (IEK) – 2385.1.2 Transferhilfe 2: Transferbegleiter – 2395.1.3 Transferhilfe 3: Lerntagebuch – 2405.1.4 Transferhilfe 4: Rückfallprophylaxe – 2425.1.5 Trainingsevaluation – 244

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S. Weisweiler et al., Zeit- und Selbstmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-19888-5_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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In diesem Kapitel beschreiben wir Umsetzungshilfen, die Trainer ver-wenden können, um den Teilnehmern den Transfer des Zeit- und Selbstmanagementseminars in den Alltag zu erleichtern. Gleichzeitig stellen wir Evaluationsmöglichkeiten vor.

Mithilfe der didaktischen Gestaltung der Trainings kann ein Trai-ner oder Coach großen Einfluss auf Transfermöglichkeiten nehmen. Unser Trainingsverständnis beinhaltet Transfer in die Praxis als Lern-möglichkeit. Die konstruktivistische Theorie bietet mithilfe des si-tuierten Lernens den Rahmen. Umgesetzt wird dies primär durch teilnehmerorientiertes Lernen anhand von authentischen Situationen und dem Element der Reflexion (7 Abschn. 2.3). In unseren Studien zur Evaluation von Zeit- und Selbstmanagementtrainings zeigte sich, dass die Teilnehmer, die konstruktivistisch gelernt haben, ihr Verhal-ten auch langfristig ändern konnten. Wichtig ist es, darauf zu achten, dass Personen nicht überfordert sind mit dem Ausmaß an Eigen-aktivität. Bei unserer Untersuchung mit Studierenden waren diese beispielsweise subjektiv direkt nach dem Training etwas weniger zu-frieden mit den Maßnahmen im Vergleich zu Teilnehmern, die nicht mit authentischen Situationen und Reflexion gearbeitet hatten (Weis-weiler 2008). Das kann durch strukturelle Maßnahmen im Studium erklärt sein – insbesondere, weil dieser Effekt in der Untersuchung mit berufstätigen Personen nicht gefunden wurde.

In der Regel haben Trainer nur eine recht überschaubare Zeit zur Verfügung, die sie mit den Teilnehmern verbringen, um den Pra-xistransfer herzustellen. Die inhaltliche und methodische Gestaltung eines Trainings trägt natürlich dazu bei. Grundsätzlich können aber Umsetzungshilfen an verschiedenen Stellen ansetzen: vor, während und nach dem Training.

Der Grundstein, inwieweit das Gelernte nach dem Training in das alltägliche Berufsleben eingebunden bzw. umgesetzt werden kann, wird schon vor dem eigentlichen Trainingstermin gelegt. Dies fängt damit an, dass die gewählten Trainingsinhalte einen direkten oder indirekten Bezug zum bestehenden oder angestrebten Tätigkeitsfeld des Teilnehmers aufweisen sollten. Angelehnt an den Trainingspro-zess von Kauffeld (2010) sind in jeder der 5 Stufen Umsetzungshilfen möglich.

Innerhalb der Bedarfsanalyse (Stufe 1) können die Bedürfnisse der Organisation und der Teilnehmer erfasst werden. So sind entspre-chend angepasste Lerninhalte und -methoden möglich. Mit der Fest-legung der Trainingsziele (Stufe 2) wird die Motivation der Teilneh-mer erhöht, und diese Ziele dienen gleichzeitig zur Ableitung der Eva-luationskriterien für die spätere Beurteilung des Trainings (im dem Sinne, ob die Ziele erreicht wurden). Erhöhte Motivation fördert u. a. auch die Eigeninitiative der Teilnehmer. Nach der Entwicklung und Implementierung des Trainings (Stufen  3 und 4) erfolgt schließlich die Evaluation (Stufe 5), in der der Transfer überprüft werden kann.

Die folgenden Übungen sollen den Transfer des Gelernten und Reflektierten ebenso wie das Umsetzen des persönlichen Zeit- und

Umsetzungshilfen und Evaluation

Umsetzungshilfen

Kapitel 5 • Umsetzungshilfen und Evaluation

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Selbstmanagement-Methodenmix im Alltag nach dem Training unterstützen. Wir empfehlen den Einsatz einerseits am Ende des Trainings, aber insbesondere auch als Maßnahme nach dem Trai-ning. Hierzu bieten sich Begleitmaßnahmen wie beispielsweise ein Coaching an. Wir empfehlen, die Übungen aber auch insbesondere für Coaching-Maßnahmen, in denen es um die Thematik Zeit- und Selbstmanagement geht, ohne dass ein entsprechendes Training vor-geschaltet ist. Aus diesem Grund führen wir die Übungen hier auf und nicht zum Trainingsabschluss (7 Abschn. 3.10). Welche der nach-folgenden Übungen oder Übungskombinationen ausgewählt werden, hängt von der Zeit und den Zielen bezüglich des Praxistransfers bei den Teilnehmern ab – idealerweise wurde dies ist bereits bei den Auf-tragsverhandlungen thematisiert.

Alle Übungen sind auf die nachfolgenden Ziele ausgerichtet: 5 Transfersicherung durch Zielfokussierung auf die erreichten

Trainingsziele und den erarbeiteten individuellen Methodenmix sowie deren Umsetzung im Alltag

5 Transfersicherung durch neue persönliche Zielsetzung für die Zeit nach dem Training

5 Rückfallprophylaxe durch das Vorwegnehmen von Enttäuschun-gen und Entwicklung von Coping-Strategien (Bewältigungsstra-tegien) für den »normalen« Berufs- und Lebensalltag

5 Nachhaltigkeitssicherung des Praxistransfers durch Erinne-rungsübungen

Wir setzen bei den Transferinstrumenten primär dahingehend an, dass die Teilnehmer selbst Veränderungen durchführen können. . Tab. 5.1 zeigt die in der Praxis am häufigsten auftretenden Trans-ferhürden beim Thema Zeit- und Selbstmanagement. Zu jeder stellen wir ein Beispiel an Transferhilfen gegenüber.

Wie diese Hürden umgangen werden können, stellen wir anhand der folgenden Transferhilfen dar. Ziel aller ist es daher, den Transfer nach dem Training zu unterstützen.

Ziele der Umsetzungshilfen

Umsetzungshilfen und Evaluation

. Tab. 5.1 Transferhürden und Transferhilfen

Transferhürden Transferhilfen

Keine klaren Ziele Individuelles Entwicklungskonzept

Niemand, der einen auf Kurs hält Transferbegleiter

Sich nicht der Lernsituation bzw. des Lernprozesses bewusst sein (und damit keine Erfolge sehen)

Lerntagebuch

Keine Strategie haben, wenn etwas schief geht

Rückfallprophylaxe

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5.1 Ausgewählte Transferhilfen

5.1.1 Transferhilfe 1: Individuelles Entwicklungskonzept (IEK)

Sinnvoll ist diese Übung insbesondere dann, wenn die Themen Ziel- und Prioritätensetzung (7    Abschn.  3.7) Inhalt des Trainings und Coachings sind. Für die nachhaltige Transfersicherung hat sich diese Intervention besonders bewährt, weil die Transferziele konkret und schriftlich fixiert sind.

Die Teilnehmer erstellen ein individuelles Entwicklungskonzept (IEK, in Anlehnung an Alke 2008). Die Grundlagen dafür sind der Zielforschung entliehen. Maßgeblich wurden die Arbeiten zur rei-nen Zielforschung und zur Zielforschung mit Handlungsoptionen als theoretische Basis verwendet. Im Bereich der reinen Zielforschung fanden Locke und Latham (2002) heraus, dass eine konkrete Beschäf-tigung der Teilnehmer mit individuellen Zielen bei der Umsetzung im Berufs- und Lebensalltag den Transfer erheblich unterstützt. Goll-witzer und Sheeran (2006) legen in ihrer Forschung den Fokus auf den Aspekt, dass neben dem Setzen von Zielen zusätzlich das Formu-lieren von Handlungsabsichten (wenn – dann) die eigentliche Ziel-erreichung stark begünstigt.

Für die Formulierung von Zielen sollte die bereits bekannte Regel (7 SMART-Regel und Wenn-dann-Pläne, 7 Abschn. 3.7.2, Übung 17) an-gewendet werden. Durch die Reflexionsfragen sollten die Teilnehmer anschließend ihr Vorhaben kritisch hinterfragen, die Realisierbarkeit überprüfen bzw. eine Prognose über ihren Umsetzungserfolg abge-ben. Als zielführend bei der Erstellung hat sich die Arbeit in Zweier-teams bewährt. Hier kann der Teampartner jeweils kritisch die ge-setzten Ziele und die daraus abgeleiteten Handlungsformulierungen hinterfragen, womit gleichzeitig ein Abgleich im Sinne von Fremd- und Selbstwahrnehmung stattfindet.

AblaufDer Trainer teilt das 7 Übungsblatt 4.12 »Individuelles Entwicklungs-konzept« aus und bittet die Teilnehmer, dieses auszufüllen und an-schließend mit einem Teampartner zu besprechen. Im Coaching kann der Coach die Rolle des Teampartners übernehmen.

Instruktion »Individuelles Entwicklungskonzept«Denken Sie kurz über die Inhalte des zurückliegenden Seminars oder Moduls nach. Formulieren Sie ein Ziel, das Sie in den nächs-ten 4 Wochen (alternativ 3 Monaten, 6 Monaten) realisieren wol-len und halten Sie dieses auf dem Übungsblatt 4.12 »Individuelles Entwicklungskonzept « fest. Zur Formulierung des Ziels können Sie die bekannte SMART-Regel heranziehen. Prüfen Sie mithilfe der Reflexionsfragen auf dem Übungsblatt Ihr Vorhaben kritisch. Zum Schluss geben Sie bitte eine Prognose zu Ihrem erwarteten

Übungsblatt 4.12 »Individuelles Entwicklungskonzept«

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Kapitel 5 • Umsetzungshilfen und Evaluation

Ausgewählte Transferhilfen

Individuelles Entwicklungskon-zept

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Umsetzungserfolg. Tauschen Sie sich anschließend darüber mit ihrem Teampartner aus.

z Reflexionsfragen 5 Was möchte ich lernen bzw. verändern? 5 Warum möchte ich das erlernen bzw. verändern? 5 Bis wann möchte ich es gelernt bzw. verändert haben? 5 Was bin ich bereit zu investieren? 5 Woran merke ich, dass ich meinem Ziel näher komme? (auch

Vergleich Fremdwahrnehmung – Selbstwahrnehmung) 5 Wenn ich meinem Ziel näher gekommen bin, dann® Folgehand-

lung. 5 Woran merke ich, dass ich mein Ziel erreicht habe? (auch Ver-

gleich Fremdwahrnehmung – Selbstwahrnehmung) 5 Wenn ich mein Ziel erreicht habe, dann® Folgehandlung. 5 Welche Hindernisse (Personen etc.) können auftreten? 5 Wenn sich mir Hindernisse in den Weg stellen, dann® Folge-

handlung. 5 Wer oder was kann mir bei der Umsetzung helfen?

Das Entwicklungskonzept kann durchaus aus mehreren Blättern be-stehen, die einander ergänzen, sodass z. B. über mehrere wichtige zu erreichende Ziele nachgedacht wird. Bei der Umsetzung des individu-ellen Entwicklungskonzepts in der späteren Praxis ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass nicht zwangsweise alle Punkte erfüllt bzw. in der dargebotenen Reihenfolge abgearbeitet werden müssen. Viel-mehr ist der Plan als ein dynamisches Werkzeug zu verstehen, dass als Leitfaden dient, der den Veränderungen des Arbeits- bzw. Lernlebens angepasst werden soll.

5.1.2 Transferhilfe 2: Transferbegleiter

In Anlehnung an die Erkenntnisse aus der Nachhaltigkeitsforschung (Kauffeld 2010) empfehlen wir, im Idealfall nach 4  Wochen, 3  Mo-naten und 6  Monaten erneut Kontakt mit den Teilnehmern aufzu-nehmen, um zu besprechen, wie die Umsetzung der Ziele im Alltag erfolgt. Als Umsetzungsinstrument kann hier ein Transferbegleiter implementiert werden, der in den definierten zeitlichen Abständen den Fortgang des Plans mit den Teilnehmern bespricht. Diese Trans-ferhilfe ergänzt somit das individuelle Entwicklungskonzept. Der Transferbegleiter kann z. B. ein Teampartner aus dem Seminar sein, ebenso wie ein Kollege oder Freund. Einige Unternehmen stellen auch Coaches zur Verfügung und damit neutrale Personen, die als Transferbegleiter fungieren können. Diese können die Teilnehmer gezielt beim Transfer unterstützen. Die Hauptaufgaben dieser Person hierbei sind in Anlehnung an Alke (2008):

Transferbegleiter

5.1 •  Ausgewählte Transferhilfen5

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5 Weitere Anregung zum selbstkritischen Reflektieren des Ver-haltens,

5 Hilfe zur Selbsthilfe bei auftauchenden Problemen beim Transfer des Gelernten.

Wie der Transferbegleiter vorgehen soll, beschreiben Merkle und Behrendt (2006).

z Merkmale eines Transferbegleiters 5 Strukturierung des Transferprozesses 5 Erhöhung der Kompetenzerwartung 5 Aktivierung von Stärken und Fähigkeiten 5 Vermittlung von Wertschätzung 5 Vermittlung von Vertrauen in den Erfolg 5 Zeigen von Mitgefühl für bestimmte Situationen

Folgende Fragen geben den Reflexionsprozess bzw. -zyklus wieder: 5 Wie ist … gelaufen? 5 Was schlussfolgern Sie daraus? 5 Wie geht es jetzt weiter – was wäre der nächste Schritt?

z Mögliche Fragen für die Transferbegleitung 5 Konnten Sie Ihr neuerworbenes Wissen bzw. das, was Sie umset-

zen wollten, bereits in einer konkreten Situation ausprobieren? 5 Wie lief die Situation ab? 5 Inwieweit unterschied sich die »neue« Situation von der »alten«? 5 Inwieweit hat Ihr Umfeld darauf reagiert (Kollegen, Vorgesetzte,

Partner etc.)? Wie sah das Verhalten Ihrer Kollegen etc. aus? 5 Welche positiven Aspekte hatte die neue Situation? 5 Welche negativen Aspekte hatte die neue Situation? Welche Op-

timierungsansätze sehen Sie?

5.1.3 Transferhilfe 3: Lerntagebuch

Nach Cunningham et al. (2004) wird unter einem Lerntagebuch eine Aufzeichnung verstanden, die die Lernaktivtäten innerhalb eines Lernprozesses dokumentiert. Dabei kann der Fokus breiter gefasst werden, d. h., es kann jegliche Art von Lernen, ob gewollt oder un-gewollt, mit einbezogen werden.

Mithilfe des Lerntagebuchs ist der Lernprozess allgegenwärtig und als Folge davon mit Aufmerksamkeit behaftet. Dies ist wiederum eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Es macht das Lernen deutlich, d. h., es veranlasst den Lernenden, kritisch zu hinterfragen, ob und was er im Lernprozess gelernt hat. Des Weiteren versetzt es den Lernenden in die Lage, wertvolle Situationen, im Sinne von Lern-möglichkeiten, im Alltag besser zu erkennen und systematisch als solche für sich zu verwenden.

Lerntagebuch

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Diese Transferhilfe eignet sich sowohl für die Präsenzveranstal-tung sowie für die Zeit nach dem Training. Um die Effektivität zu steigern, empfiehlt es sich aber, den Umgang mit dem Lerntagebuch bereits in der Präsenzphase in den Ablauf einzubeziehen. So können erste Hürden im Umgang bereits vor Ort beseitigt werden.

Das Lerntagebuch ist deshalb insbesondere beim Zeit- und Selbst-management zu empfehlen, da es ein Bewusstsein für explizites Ler-nen bzw. Veränderungen im Verhalten schafft. Häufig sind die Ver-änderungen beim Zeit- und Selbstmanagement recht gering in den Maßnahmen, der Ertrag jedoch ist recht groß. Obwohl die Methode einfach ist, hilft sie vielen Personen alleine durch das Aufschreiben der Situationen, z. B. »Ich konnte heute besser delegieren, weil ich … ange-wandt bzw. … verändert habe.« »Ich habe heute Telefonate so geführt, wie ich es mir vorgenommen hatte« (z. B. in einer bestimmten Reihen-folge oder in oder mit einer bestimmten Zeit). »Ich bin mir meines ständigen Multitaskings bewusst geworden und habe dies dahinge-hend geändert, dass ich eine Aufgabe weggelassen/terminiert habe«.

AblaufDer Trainer bittet jeden Teilnehmer zunächst in einer Einzelrefle-xionsübung, die nachfolgenden Fragen zu bearbeiten. Dazu teilt er das 7 Übungsblatt 4.13 »Lerntagebuch« aus.

Instruktion LerntagebuchDenken Sie kurz über die Inhalte der zurückliegenden Lerneinheit bzw. Lernsituation nach. Vergegenwärtigen Sie sich die Situation anhand der Fragen des Lerntagebuchs noch einmal. Die Beant-wortung der Fragen erfolgt »im Stillen«, d. h., die Form kann von jedem Teilnehmer individuell selbst gewählt werden. Es muss nur die Nachvollziehbarkeit für den Schreibenden auch nach einer gewissen Zeit sichergestellt werden.

z Reflexionsfragen für das Lerntagebuch 5 Wie war die Situation, und welche Personen waren beteiligt,

als ich gemerkt habe, dass sich bei meinem Zeit- und Selbst-management etwas verändert hat? Wann war es und wo? (kurze Beschreibung des Vorgangs)

5 Wie war mein Verhalten in dieser (Lern-)Situation? 5 Wie hätte mein Verhalten in der Situation noch sein können,

bzw. wie wäre es aus meiner Sicht ideal gewesen?

z Falls passend: 5 Welche Umstände führten dazu, dass es eine Soll-Ist-Abwei-

chung gab? 5 Welches Fazit/welche Konsequenz kann für künftiges Verhalten

aus der Situation gezogen werden?

Übungsblatt 4.13 »Lerntagebuch«

5.1 •  Ausgewählte Transferhilfen5

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5 Welches Wissen muss ich mir aneignen/lernen, um dem Soll näher zu kommen?

5 Welche Personen können mir helfen, dem Soll näher zu kom-men?

Nach dem Training können in dem Tagebuch insbesondere positive Situationen beschrieben werden, aber auch solche, bei denen bezo-gen auf den trainierten Inhalt nicht oder nur unzureichend gehandelt werden konnte. Hierzu können dann wiederum für das Transfer-Coa-ching Auslöser und Folgen des Verhaltens identifiziert werden.

5.1.4 Transferhilfe 4: Rückfallprophylaxe

Diese Transferhilfe ist eine Intervention, die dem Rückfall der Teil-nehmer in »alte« Verhaltensweisen vorbeugen soll. Forschungsarbei-ten im Kontext von Selbstmanagementtrainings (Kanfer et al. 1996) haben diese als wirkungsvolle Transfertechnik identifiziert. Die Me-thode der Rückfallprophylaxe stammt ursprünglich aus der Suchtthe-rapie (z. B. Marlatt u. Gordon 1980). Die Grundannahme geht davon aus, dass die Reaktion eines Menschen auf seinen ersten Fehltritt be-stimmt, ob ein vollständiger Rückfall in alte Verhaltensmuster ein-tritt oder nicht. Wenn eine Person Einflussfaktoren auf das eigene Verhalten kennt und diese versteht, so kann diese Person auch ganz gezielt das eigene Verhalten kontrollieren, beeinflussen und damit selbst managen. Wenn sich Teilnehmer also im Training mit Risiko-faktoren auseinandersetzen, die dazu führen könnten, dass sie in alte Verhaltensmuster zurückfallen, und sie Strategien entwickeln, solche risikobehafteten Bedingungen zu vermeiden, dann steigt das Be-wusstsein über diese Zusammenhänge und die Vorbereitung auf den Umgang mit den persönlichen Risikofaktoren. Außerdem lernen die Teilnehmer, was sie konkret unternehmen könnten, was hilfreich und nützlich wäre, wenn es zu einem Rückfall in alte Verhaltensweisen kommen sollte, um schnellstmöglich die neu erlernten Verhaltens-weisen wieder einzusetzen. Marx (1982) übertrug das o. g. Modell auf den allgemeinen Trainingsbereich, insbesondere für Führungskräfte. Nach Marx steigt nach einem erfolgreich bewältigten Rückfall die Selbstwirksamkeitserwartung, d. h., eine Person ist danach überzeug-ter von sich selbst und davon, auch künftig andere Risikosituationen gut zu meistern. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Rückfalls in alte Verhaltensweisen, und gleichzeitig werden die be-währten Strategien auch auf andere Risikobereiche übertragen.

Die Rückfallprophylaxe, wie sie hier verwendet wird (nach LMU Center for Leadership and People Management 2010) kann in unter-schiedlicher Intensität genutzt werden. So kann beispielsweise ein-zeln, in Zweierteams oder Kleingruppen über mögliche Hindernisse bei der Anwendung und Umsetzung des Gelernten diskutiert werden. Je nach Bedarf kann zur Übungseinstimmung eine kurze theoreti-

Rückfallprophylaxe

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Kapitel 5 • Umsetzungshilfen und Evaluation

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sche Erklärung zum Nutzen einer solchen Rückfallprophylaxe erfol-gen. Die Teilnehmer entwickeln Strategien, wie sich diese Situationen vermeiden bzw. bewältigen lassen. Als Arbeitsgrundlage dient mög-licherweise auch das Übungsblatt 3.2 »Transferblatt« (7 Abschn. 3.5.2, Übung 7), welches die Teilnehmer bereits während des Trainings mit Notizen gefüllt haben.

AblaufDie Teilnehmer werden anschließend über den Hintergrund und die Idee der Rückfallprophylaxe informiert (s. oben) und anschließend gebeten, noch einmal das 7 Übungsblatt 3.2 »Transferblatt« zur Hand zu nehmen, in dem die Eintragungen während des Trainings erfolgt sind.

Das 7 Übungsblatt 4.14 zur Rückfallprophylaxe wird ausgegeben mit der Bitte an die Teilnehmer, dieses zunächst einzeln für sich aus-zufüllen. Dadurch, dass auf dem Blatt die Fragen eine klare Struktu-rierung der Aufgabe erkennen lassen, kann die Instruktion, wie später empfohlen, erfolgen.

Wenn die Teilnehmer mit dem Ausfüllen fertig sind, bittet der Trainer die Teilnehmer in Zweier- oder Kleingruppen ihren Trai-ningspartnern jeweils ihre Strategie vorzustellen und sich darüber auszutauschen. Die jeweiligen Zuhörer achten darauf, dass die einzel-nen Fragen auf dem Arbeitsblatt für sie nachvollziehbar beantwortet werden. Gegebenenfalls kann konkretes Nachfragen für den Betref-fenden sehr hilfreich zur eigenen Klärung und Konkretisierung der Risikofaktoren und Notfallstrategien sein.

Entsprechend der Gruppengröße sollte für diese Übung genügend Zeit eingeräumt werden, sodass jeder Teilnehmer seine eigene Rück-fallprophylaxe besprechen kann. Dies ist für den Transfer nach dem Training besonders hilfreich. Unserer Erfahrung nach ist es empfeh-lenswert, eher in Zweiergruppen zu arbeiten und als Trainer stichpro-benartig das Verständnis der Übung festzustellen und die Umsetzung zu begleiten.

Instruktion zur Übung »Rückfallprophylaxe«Bitte nehmen Sie Ihr Transferblatt zu Hilfe und lesen Sie die Fra-gen auf dem Übungsblatt 4.14 »Rückfallprophylaxe« durch. Beant-worten Sie diese für sich. Danach gehen Sie bitte in Ihre Gruppen/Seminarpartnerschaften und stellen Ihrem Partner Ihre persönli-che Strategie vor. Der Partner sollte bei Unklarheiten nachfragen, um die Strategien noch einmal auf ihre Umsetzbarkeit im Alltag zu prüfen. Nach der Hälfte der Zeit tauschen Sie bitte die Rollen von Zuhörer und Erzähler.

Wir haben einige Transferinstrumente vorgestellt, die daran anset-zen, dass die Teilnehmer selbst Veränderungen durchführen können. Häufig gibt es natürlich hemmende Umstände, die Veränderungen

Übungsblatt 3.2 »Transferblatt«

Übungsblatt 4.14 »Rückfallpro-phylaxe«

5.1 •  Ausgewählte Transferhilfen5

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erschweren. Diese können mangelnde Offenheit gegenüber Verände-rungen ebenso wie Blockaden bei Kollegen oder Vorgesetzten sein. Mit Seminarteilnehmern kann zumindest das Grundgerüst für ein Gespräch geschaffen werden, mit dem der Inhalt des Trainings den Vorgesetzten und Kollegen dargeboten werden kann. Dadurch kann die Haltung »man fürchtet, was man nicht kennt« geändert werden.

Wir haben hier die aus unserer Erfahrung erfolgreichsten Trans-ferstrategien beim Zeit- und Selbstmanagementtraining vorgestellt sowie deren theoretische Grundlagen dargelegt. Zur Erprobung wei-terer Methoden empfehlen wir zur Vertiefung die Bücher von Alke (2009) sowie von Besser (2002), die beide ausschließlich praxis-erprobte Tools und Methoden zum Thema Transfer bei Verhaltens-trainings vorstellen. Zur vertieften Lektüre hinsichtlich der Gestal-tung nachhaltiger Weiterbildung aus wissenschaftlicher Sicht emp-fehlen wir das Buch von Kauffeld (2010).

5.1.5 Trainingsevaluation

Evaluation kann als Beschreibung von Veränderungen oder auch als Wirksamkeitsüberprüfung angesehen werden (Gollwitzer u. Jäger 2009). Wichtig ist es dabei, zwischen der Wirksamkeit einer Trai-ningsmaßnahme (Effekte, die intendiert waren, werden auch wirklich erreicht) und der Wirkung (im Sinne von Wirkmechanismen, die zu beobachtbaren Effekten geführt haben) zu unterscheiden.

Im Rahmen der Evaluationsforschung wurden eine Reihe unter-schiedlicher Kriterien eingesetzt, um den Erfolg einer Maßnahme zu messen. Dabei hat das Modell von Kirkpatrick (1967) über Kriterien zur Evaluation eines Trainings große Bekanntheit erlangt. Kirkpatrick unterscheidet darin folgende Ebenen:

5 Reaktion, 5 Lernen, 5 Verhalten, 5 Resultate.

Die Ebene der Reaktionen meint subjektive Bewertungen, Einstel-lungen und Gefühle zur Weiterbildungsmaßnahme, erhoben durch Fragebögen oder (auch) Interviews. Die zweite Ebene des Lernens betrifft die Prinzipien, Fakten und Techniken, die verstanden und vertieft wurden, d. h., es geht um die Aufnahme, Verarbeitung und Bewältigung der Lerninhalte und -prinzipien durch die Teilnehmer. Die Verhaltensebene nimmt Bezug auf die Umsetzung gelernter Prin-zipien und Techniken und kann über Verhaltensbeobachtung, Inter-views oder Fragebögen durch die Trainingsteilnehmer, Kollegen oder Vorgesetzten erfasst werden. Die Resultate oder Ergebnisse meinen die Ziele bzw. erwünschten Ergebnisse wie Kostenreduktion, Umsatz-steigerung und Verbesserung von Fehlzeiten, Reduktion von Miss-ständen, Verbesserung von Qualität und Quantität der Produktion

Trainingsevaluation

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Kapitel 5 • Umsetzungshilfen und Evaluation

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und verbesserte Moral. Während Reaktionen und Lernen direkt nach einer Maßnahme erfasst werden können, ist dies für die anderen bei-den Ebenen erst nach einem längeren zeitlichen Abstand zum Trai-ning möglich.

Es gibt Gründe anzunehmen, dass Reaktionen nicht das Lernen begründen, und dies ist umso wahrscheinlicher, da Reaktionen nicht verhaltensbasiert, sondern mehr als momentane Einstellung gemes-sen werden. So werden z. B. Kurse, die humorvoll gestaltet sind, mehr gemocht, sie führten aber nicht zu einem Mehr an Lernen (Kaplan u. Pascoe 1977). Es ist tatsächlich so, dass Reaktionen auf das Training völlig unabhängig davon sind, ob Teilnehmer etwas gelernt haben oder nicht. Mittels einer Metaanalyse wurde dies entsprechend unter-sucht (Alliger et al. 1997).

> Bewertungen auf Ebene der Reaktionen hinsichtlich eines Trainings lassen keine Schlüsse darüber zu, ob die Teilneh-mer etwas gelernt haben oder nicht. Sogenannte »Hap-py-Sheets« lassen insofern auch keine Aussage über den Praxistransfer zu.

In der Praxis verwenden Betriebe sehr häufig Bewertungsbögen für Seminare, in denen als Antwortformat sogenannte »Happy-Sheets« vorgegeben werden. Als einzige Evaluationsebene ist diese Reaktions-abfrage jedoch nur wenig aussagekräftig. Dennoch ist natürlich eine Bewertung auf dieser Ebene wichtig. Abgefragt werden häufig die Zufriedenheit mit dem Training, mit Prozessen der Abwicklung des Trainings, den räumlichen Gegebenheiten, der Didaktik sowie der Struktur und den Unterlagen. Wichtig sind auch Aussagen hinsicht-lich der Nützlichkeit, also z. B., inwieweit die Teilnehmer den Kurs nützlich in Bezug auf die Relevanz an ihrem Arbeitsplatz beurteilen.

Der hier vorgelegte  7  Evaluationsbogen für das Training (Weis-weiler 2008) setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Mit Fragen zum Lehr-Lern-Prozess im Training kann überprüft werden, inwie-weit konstruktivistisch orientierte Trainingsmerkmale umgesetzt wurden (diese entsprechen den Adjektiven in der rechten Spalte). Zu-dem wird durch den Bogen eine differenzierte Beurteilung der Trai-ningsleistung sichtbar. Neben einer Einschätzung der Unterstützung durch Übungsblätter im Training wird der Bereich Lernen und Trans-fer abgefragt. Mit offen gestellten Fragen am Ende des Beurteilungs-bogens können Stärken und Schwächen des Trainings identifiziert werden.

Wir empfehlen für Trainer und Coaches, die Teilnehmer nach einigen Wochen erneut zu kontaktieren, um konkret geändertes Ver-halten bzw. Probleme bei der Umsetzung zu erfahren.

Ein weiteres ökonomisches Messinstrument zur Erfassung der 4 Evaluationsebenen ist das standardisierte Maßnahmen-Erfolgs-In-ventar (MEI; Kauffeld et al. 2009a), bei dem die Teilnehmer ihre Mei-nung zu verschiedenen Aussagen ankreuzen können.

Happy Sheets

Übungsblatt 3.15 »Trainingseva-luationsbogen«

5.1 •  Ausgewählte Transferhilfen5

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Häufig gibt es natürlich hemmende Umstände, die Veränderun-gen erschweren. Um diese festzustellen (auch schon vor einem Trai-ning), kann das sogenannte Lerntransfer-System-Inventar (Kauffeld et  al. 2008) eingesetzt werden. Dieser Fragebogen liefert Informa-tionen zur Gestaltung von Bedingungen, die Trainingsmaßnahmen wirkungsvoller und nutzbarer machen. Dabei können neben Teilneh-mermerkmalen insbesondere folgende Arbeitsumgebungsmerkmale identifiziert werden:1. Offenheit für Änderungen in der Arbeitsgruppe,2. Unterstützung und Sanktionen durch den Vorgesetzten,3. Unterstützung durch Kollegen,4. positive Folgen bei Anwendung/negative Folgen bei Nicht-

anwendung,5. Feedback.

Diese Fragebögen können generell für Trainingsmaßnahmen ver-wendet werden. Speziell für das Zeit- und Selbstmanagement gibt es ebenfalls standardisierte Fragebögen. Wenn diese vor und nach dem Training eingesetzt werden, können so Unterschiede festgestellt werden. Neben einer Selbsteinschätzung ist zusätzlich eine Fremd-einschätzung durch nahestehende Personen (Partner oder Kollegen) zu empfehlen.

Es gibt mehrere wissenschaftlich fundierte Fragebögen, welche das Zeitmanagement erfassen und mit denen Trainings evaluiert werden können: Time Structure Questionnaire (TSQ; Bond u. Feather 1988), Time Management Behavior Scale (TMBS; Macan et al. 1990) und Time Management Questionnaire (TMQ; Britton u. Tesser 1991). Bekannter sind die beiden letztgenannten.

Ein neuer Fragebogen zum Zeitmanagement wurde kürzlich in Landau entwickelt – der sogenannte Landauer Fragebogen zum Zeit-management (LFZM; Müssigmann et al. 2011). Die erhaltenen Ergeb-nisse weisen darauf hin, dass mit dem Fragebogen ein Instrument mit guten psychometrischen Kennwerten vorliegt und viele wichtige Facetten des Zeitmanagements erfasst werden.

Mit Simons (2004) sei nochmals auf die unterschiedlichen Wege des Lernens und Transfers verwiesen: Transfer von Vorwissen und Fähigkeiten auf neues Lernen, Transfer des Erwerbs von neuem Wis-sen und neuer Fertigkeiten auf neue Lernsituationen, aber auch auf Einsatzmöglichkeiten in der Arbeit und im täglichen Leben.

Da Zeit- und Selbstmanagement grundlegende Kompetenzen für alle beruflichen Felder darstellt, ist natürlich bei allen Personen, die an Trainings dazu teilnehmen, schon ein enormes Vorwissen und insbesondere Praxiswissen vorhanden. Dabei ist es empfehlenswert an dieses mit konstruktivistischen Lehr-Lern-Methoden anzudocken und es mit einem individuellen Methodenmix zu erweitern.

Fragebögen zum Zeitmanagement

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Kapitel 5 • Umsetzungshilfen und Evaluation