Wem nützt und wer bezahlt für Artenvielfalt? Dr. Thomas Falk · ¾Gegenwartswert ist der Wert der...
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Wem nützt und wer bezahlt für Artenvielfalt?
Dr. Thomas Falk Fb Wirtschaftswissenschaften Institut für Kooperation in Entwicklungsländern
Vortragsreihe Biodiversitätder Initiative Nachhaltige Entwicklung4. November 2010
Thomas Falk – Wem nützt und wer bezahlt Artenvielfalt
Einstiegsfolie mit Fotos
picture: Michael Proepper
Thomas Falk – Wem nützt und wer bezahlt Artenvielfalt
Beispiele für nutzungsbezogene Bedrohungen für Biodiversität
Nutzungsbedingte LandschaftsumwandlungWaldrodung für Ackerbau [Nahrungsmittel, Cash Crops,
Bio-Fuel] & Tierhaltung (steigende Nahrungsmittelpreise)Konversion landlicher in urbane Flächen (Mega-Städte)
Klimaveränderungen bedingt durch Treibhaus-Emissionen Erleichterung der Invasion fremder Arten Bewusste Zurückdrängung „gefährlicher“/ unerwünschter ArtenÜbernutzung von Arten als Folge fehlenden Wissens („Options-Wert“-Problem)
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Menschen erhalten Arten, wenn sie den Nutzen des Artenerhalts höher bewerten als den Nutzen von Aktivitäten, die Artensterben hervorrufen.
Das anthropozentrische Nutzenkalkül
ArtensterbenArtenerhalt
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Werte von Biodiversität - Übersicht
Gegenwartswert Zukunftswert / Optionswert
instrumentelle moralische ästhetische
anthropozentrische ökozentrische
menschliche materielle Wohlfahrt
„höhere“ menschliche Bedürfnisse
Quelle: nach OECD Handbook of Biodiversity Valuation, 2002
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Gegenwartswert ist der Wert der Arten für heute lebende MenschenZukunftswert ist der zukünftige Wert für heute und in Zukunft lebende MenschenZukunftswert ist abhängig von Nutzbarkeit zukünftiger Technologien und menschlichen PräferenzenGegenwartswert & Zukunftswert umfassen instrumentelle, moralische und ästhetische Werte
Gegenwartswertvs. Zukunftswert/Optionswert
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Biodiversität trägt zur Befriedigung von fundamentalen menschlichen Bedürfnissen bei: z.B. Nahrung, SauerstoffDer zuverlässige Fluss von natürlichen Ressourcen ist abhängig von funktionierenden ÖkosystemenRelevant vor allem für Arme, deren unmittelbare Bedürfnisbefriedigung stärker von natürlichen Ressourcen abhängt
Instrumentelle Werte
picture: Michael Proepper
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Menschen lieben es, vielfältige Natur zu sehen und zu spüren, sich in ihr zu erholenVerschiedene Kulturen befriedigen spirituelle Bedürfnisse in und mit der Natur=> Symbolwerte: Heilige Tiere, heilige Wälder, Bäume, Wappentiere
Ästhetische Werte
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Antrophozentrischesvs. ökozentrisches WeltbildMoralische anthropozentrische Werte: Sorge um zukünftige Generationen
Moralische Werte
picture: Peter Kovas
Höhere menschliche Bedürfnisse: Gefühl von nicht-materieller Selbstverwirklichung, wenn jemand zum Naturerhalt beiträgt
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Werte von Biodiversität - Übersicht
Gegenwartswert Zukunftswert / Optionswert
instrumentelle moralische ästhetische
anthropozentrische ökozentrische
menschliche materielle Wohlfahrt
„höhere“ menschliche Bedürfnisse
Quelle: nach OECD Handbook of Biodiversity Valuation, 2002
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Vom „Wert“ zum „Preis“ von BiodiversitätWas sind wir bereit, für den Erhalt von 1 ha Tropenwald zu zahlen?Sind wir in Marburg bereit, mehr zu zahlen als Anrainer des Bwindi Waldes in Uganda?
picture: Flickr by emblatamepicture: Martin Harvey / WWF-Canon
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Biodiversität als „öffentliches Gut“Bisher geringer Marktanreiz zum Schutz der BiodiversitätFür Umweltgüter, wie Biodiversität, sind bisher nur unvollkommen Märkte entstanden, auf denen ihre wachsende Knappheit durch steigende Preise signalisiert wird und damit verringerter Verbrauch erzwungen wird! Biodiversität ist z.T. ein öffentliches GutÖffentliche Güter sind durch zwei Kriterien gekennzeichnet:a) keine Rivalität im Konsumb) Keine Möglichkeit des Ausschlusses vom Konsum
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Öffentliche Güter und Trittbrettfahren
Für das Individuum ist es deshalb rational, nicht an der Bereitstellung des öffentliches Gutes (z.B. Artenvielfalt) mitzuwirken, da es unabhängig vom eigenen Beitrag nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden kann.Da dieses Kalkül für jedes Individuum gilt, sagen ökonomische Theorien voraus, dass niemand zur Bereitstellung beiträgt und öffentliche Güter nicht bereitgestellt werden.
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Beispiel: Erhalt von Regenwald und die Entscheidung Kerzen aus unzertifiziertem Palmöl zu kaufen
Ichkaufen nicht kaufen
Alle anderen
kaufen
Regenwald nicht erhalten,
ich hab super romantische Kerzen
Regenwald nicht erhalten,
ich hab keine super romantischen Kerzen
nicht kaufen
Regenwald erhalten,
ich hab super romantische Kerzen
Regenwald erhalten,
ich hab keine super romantischen Kerzen
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Beispiele für Lösungsansätze zur Vermeidung von Trittbrettfahren
direkter staatlicher Zwang: „Blumenpflücken verboten“! (Control and Command)
Steuern auf umwelt-schädigendes Verhalten: Ökosteuer, Wasserpfenning
Anreize durch Schaffung von Märkten, „künstliche Preisbildung“: Verschmutzungszertifikate
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Das Problem der Externalitäten
Externalitäten treten auf, wenn Personen Kosten (negative Externalitäten) oder Nutzen (positive Externalitäten) aus einer Handlung erfahren, die sie selbst nicht zu verantworten haben.
Wenn jemand vom öffentlichen Gut Artenschutz (e.g. Erhalt von Regenwald) profitiert, ohne dazu etwas beizutragen (keine Palmölkerzen kaufen), spricht man auch von positiven Externalitäten.
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Beispiele für Externalitäten im Kontext von Biodiversität
Heutige Generationen tolerieren das Aussterben von Arten, ohne auf den Nutzen der Arten für zukünftige Generationen Rücksicht zu nehmen.Der wohlhabendere Teil der Welt verursacht Umweltverschmutzung und Emission von Treibhausgasen. Der resultierende Klimawandel gefährdet natürliche Ressourcen und die Lebensgrundlage ländlicher Armer, die stark von natürlichen Ressourcen abhängen.
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Internalisierung von Externalitäten als Strategie zum Artenerhalt
Müssten heutige Generationen die Kosten des Artensterbens für zukünftige Generationen bezahlen, würden Aktivitäten, die Artensterben hervorrufen, weniger attraktiv.
der Übernutzung würde Einhalt gebotenMüsste der wohlhabendere Teil der Weltbevölkerung die Kosten von Klimaveränderung für die Armen (Verlust an Böden, Arten für traditionelle Nutzung, etc.) zahlen, würden Treibhausgasemissionen weniger attraktiv.
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Theoretische Internalisierung von Externalitäten 1
U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
U(A) ist hoch bis zum Artensterben bei Nutzungsintensität xU(F) steigt bis zum Nutzenmaximum yy > x ein rational handelnder Farmer verursacht Artensterben
U(A) = heutige und zukünftige instrumentelle, ästhetische & moralische Werte von Elefanten
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Coase-Theorem
Ronald Coase (Ökonom und Jurist, Nobelpreisträger) sagt voraus, dass in einer Welt mit geringen Transaktions- kosten grundsätzlich ein Wohlfahrtsmaximum durch Verhandlungen (Ausgleichszahlungen) erreicht werden kann. U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
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U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
Theoretische Internalisierung von Externalitäten 2Internalisierung der Externalität ist theoretisch z.B. durch staatliche Festsetzung der maximalen Nutzungsintensität auf x möglich. Warum muss allein der Bauer auf seinen individuellen Nutzen verzichten, damit z.B. eine Studentin in Marburg sich am Wissen der Existenz von Elefanten freut?
bc
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Theoretische Internalisierung von Externalitäten 2Lösungsmöglichkeit: Diejenigen, die Nutzen aus der Art ziehen, entschädigen den Bauern mit b-c dafür, dass der Bauer das Land nicht intensiver als x nutzt:
a) mit Coase Markt-verhandlungen
b) mit staatlichen Ausgleichs-zahlungen gemäß Pigou.
U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
bc
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Internalisierung von Biodiversitätsexternalitäten
ÖkotourismusÖko-LabelSpenden an UmweltschutzorganisationenGreen Investment Fundsdept-for-nature swaps (ErfolgreicheNaturschutzmaßnahmen erlaubenSchuldenreduzierung der EL) ABS (Access and Benefit Sharing)
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Problem der Transaktionskosten und beschränkten Rationalität
Entscheidungen über Artenerhalt sind sehr komplexMenschen haben nur beschränkte Fähigkeit Informationen aufzu-nehmen und zu verarbeiten. Werte von Biodiversitätmüssen bekannt sein, um gegen Natur zer-störende Aktivitäten aufgewogen werden zu können.
U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
bc
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Das Problem hoher Transaktionskosten
Artenschutz ist ein Beispiel, das zeigt, dass Transaktionskosten in einigen Fällen zu hoch sind, um zu Verhandlungslösungen zu kommen.
Alle Verursacher von Artensterben und Profiteure von Artenerhalt müssten verhandeln.
picture: iisd reporting service
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Das Problem hoher Transaktionskosten
Verhandlungskosten dürfen nicht größer sein als (bekannte!) Differenz a – bWie werden Regelverstöße bei vielen Akteuren durchgesetzt?
U(F)
U(A) = Nutzen von ElefantenU(F) = Nutzen des Ackerbausx = Minimum natürliche Habitatgröße nötig zum Erhalt der Elefanten Population
Nutzen
Nutzungsintensität
U(A)
x
a
y
bc
Thomas Falk – Wem nützt und wer bezahlt Artenvielfalt
Auf welche Anreize reagiert jeder einzelen von uns in seinen
Entscheidungen z.B. über Konsum oder Investitionen
und welche Anreize setzen wir jeden Tag?
Thomas Falk – Wem nützt und wer bezahlt Artenvielfalt
Vielen Dank!