Was ist „evidence based“ in der Reproduktionsmedizin? Praxisklinik Frauenstraße...
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Was ist „evidence based“ in der Reproduktionsmedizin?
Praxisklinik FrauenstraßeChristian-Lauritzen-Institut e.V.
Frauenstr. 5189073 Ulm
Erwin Strehler
CLI - EbM 2
Qualität = Evidenzbasierte Medizin
• Ein Gesundheitswesen auf der zuverlässigsten Forschung
CLI - EbM 3
Expertenreviews, Editorials
Nicht-systematische Übersichten haben • keine klare Strategie der Literatursuche • und legen nicht die Entscheidungskriterien
offen, nach denen Wissen (Evidenz) ein- oder ausgeschlossen wird.
• Mulrow (Ann Intern Med 1987;106:485-488), • Oxman & Guyatt (CMAJ 1988;138:697-703)
CLI - EbM 4
Warum Systematik?
Weil sonst die Transparenz fehlt.„Verschleierung“
Mediziner verlassen sich gerne auf Review-Artikel. •Bias, •unklare Entscheidungskriterien und •unvollständige Literatursuche sind die wichtigsten Probleme.
CLI - EbM 5
Konsequenz: Fehleinschätzung
• Der Therapieerfolg einer Intervention wird bis zu 40% überschätzt, falls
• die Zuordnung offen erfolgt, • die Studie nicht randomisiert ist, • die Studie nicht verblindet wird.
Schulz et al. (JAMA 1994;272:125-128)
CLI - EbM 6
Standard - Studienqualität
• Der "Goldstandard" der Wissensgewinnung für Therapie-entscheidungen ist die randomisierte kontrollierte Studie (RCT).
CLI - EbM 7
Qualitätssiegel- EbM Klasse
CLI - EbM 8
Systematische Übersichten
• Cochrane Library und NHSCRD (Centre for Reviews and Dissemination, York)
• Übersichten aus anderen Quellen DARE, NHS EED, HTA, HSTAT, Medline und Clinical Evidence
• Website WPH des CRD, EB Mental Health, Effective Public Health Practice Project (EPHPP, Ontario) ACP - Asim .
• Aktuelle Evidenzbasierte Leitlinien (GIN)
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Rechtliche Vorgabe
• Eine einwandfrei geführte Statistik.
• Bundessozialgericht hat im Remedacen-Urteil 1995 (Az.: 1 RK 6/95) den sozialrechtlich richtungsweisenden Schritt weg von der retrospektiven Beurteilung des Einzelfalles hin zur prospektiven Beurteilung der Methode getan.
CLI - EbM 10
Rechtliche Vorgabe – therapeutische Wirksamkeit
• Mehr als Placebo• Erst wenn die Anwendung des Arzneimittels zu einer
größeren Anzahl an therapeutischen Erfolgen führt als die Nichtanwendung, ist der Schluss gerechtfertigt, dass diese Differenz weder auf Spontanheilungen noch auf Placeboeffekte, sondern auf die Wirkungen des Arzneimittels zurückzuführen ist.
• Bundesverwaltungsgericht, Oktober 1993 (Az: 3 C 21/91)
CLI - EbM 11
Rechtliche Vorgabe – therapeutische Wirksamkeit
• Evidenzhierarchie wird vorausgesetzt(placebokontrolliert).
• J Windeler, Medizin und Recht (= MedR) 15,1997. S. 265 - 267 J Windeler, Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. Z.ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh. wes. (2004) 98:637
CLI - EbM 12
Wie kommt man an bestes Wissen zu Sterilität?
• Evidenzbasierte Leitlinie von NICE
• Ergänzung durch eine aktuelle systematische Literatursuche.
• Stand: Oktober 2007National Institute for Clinical Excellence. CG 11 Fertility: assessment and treatment for people with fertility problems.National Collaborating Centre for Women´s and Children`s Health. Commissioned by the National Institute for Clinical Excellence. February 2004
CLI - EbM 13
Wie werden die Leitlinien bewertet?• Die Stufe A Empfehlung entstammt gut abgesicherten
Literaturquellen, es ist am Unwahrscheinlichsten, dass sie später (durch neue Studien) als falsch bezeichnet wird.
• Stufe B ist weniger abgesichert, aber es gibt eben keine besseren Studien zur Zeit. Der Leser sollte wissen, dass eine spätere Arbeit, eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT), die Aussagen verändern kann.
• Stufe D ist Expertenmeinung und hat die geringste Aussagesicherheit.
CLI - EbM 14
Wann soll ein Paar untersucht werden?
• Die Empfehlungen sind unklar. Zwischen 1 und 2 Jahren des unerfüllten Kinderwunsch ist Expertenmeinung [D].
• Sind Auffälligkeiten ersichtlich (keine Periodenblutung..), braucht natürlich nicht gewartet werden.
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Wer berät wen?
• Die Beratung geht an beide Partner und wird vom Experten ausgeführt.
• Die Beratung durch den Experten führt zu mehr Zufriedenheit der Patienten [C].
• Die Beratung sollte durch Infomaterial wie Broschüren, Videos etc. unterstützt werden [C].
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Untersuchungen beim Mann
SPERMIOGRAMM• Eine Samenuntersuchung soll nach
WHO-Kriterien erfolgen, • Bei Auffälligkeiten ist eine
Wiederholungsuntersuchung nach drei Monaten indiziert [B].
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Untersuchungen beim Mann
• Spermaantikörper bei Frau und Mann haben keine Bedeutung, für die Behandlung mit Cortison ist keine Wirkung hinsichtlich der Fruchtbarkeit belegt [A].
• Abklärung des Hormonstatus zum Ausschluß eines hypogonadotropen Hypogonadismus.
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Untersuchungen beim Mann
• HIV• HBS AG• Anti HCV• Chlamydien
CLI - EbM 19
Therapie beim Mann?• Behandlungen mit Medikamenten, wie
Tamoxifen, Clomifen, Gonadotropine, Androgene und Kallikrein, haben nicht belegt, dass sie bei idiopathischem OAT wirksam sind. [A]
• Gonadotropine können beim hypogonadotropem Hypogonadismus die Fruchtbarkeit erhöhen.
CLI - EbM 20
Therapie beim Mann?
• Keine Varicocelenoperation aus Gründen der Fruchtbarkeit [A].
Schaden kann entstehen, wenn man Wartezeit induziert, obwohl man weiß, dass es sich um eine sicher unwirksame Behandlung handelt.
Evidenzklasse I
CLI - EbM 21
Untersuchungen bei der Frau• Bei regelmäßigem Zyklus kann zunächst davon ausge-
gangen werden, dass ein Eisprung erfolgt. • Eine Progesteronbestimmung in der Mitte der 2.
Zyklushälfte ist sinnvoll [B]. Zusätzliche Untersuchungen der Hormone sind bei regelmäßigem Zyklus von fraglichem Wert; sie müssen zunächst nicht erfolgen [B].
• Der Postkoitaltest besitzt geringe Aussagekraft und gehört primär nicht in die Abklärung [A].
• Basaltemperaturkurven müssen nicht geführt werden, da sie nicht sicher genug sind, um den Eisprung nachzuweisen.
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Untersuchungen bei der Frau
• HIV• HBS AG• Anti HCV• Lues Suchreaktion• Varicellen Antikörper• Chlamydien• Rötelnstatus
CLI - EbM 23
Untersuchungen bei der Frau• Diagnostik „Unbelasteter“ • Bei Frauen "ohne Vorgeschichte" (keine EUG,
Entzündung, Endometriose, Chlamydien neg.) kann die Eileiteruntersuchung durch Ultraschalltechniken durchgeführt (Hysterosalpingo-Kontrast-Ultrasonographie) werden [A].
• Diagnostik „Vorbelasteter“• Frauen, bei denen Auffälligkeiten anzunehmen sind,
wird die Bauchspiegelung angeboten, da kleinere Auffälligkeiten direkt operiert werden können [B].
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Was tun bei PCOS?• Hohe Insulinspiegel sind mitverantwortlich für
die Erhöhung der männlichen Hormone.
• Bis zu zwei Drittel der Frauen mit PCOS sind übergewichtig. Lord JM, Flight IHK, Norman RJ. Insulin-sensitising drugs (metformin, troglitazone, rosiglitazone, pioglitazone, D-chiro-inositol) for polycystic ovary syndrome (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 3, 2003. Oxford: Update Software.
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Was tun bei PCOS?
• Ziel einer Untersuchung muss sein, dass für den Patienten ein Vorteil an Gesundheit resultiert
• Bei BMI > 28 OGTTMcTigue KM, Harris R, Hemphill B et al. Screening and Interventions for Obesity in Adults: Summary of the Evidence for the U.S. Preventive Services Task Force. Annals 2003. 139(11):933-49
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Was tun bei BMI >28, PCOS?
• 1. Blutzucker (n) + oraler Glucosetrunk mit Zuckerbestimmungen nach 1 & 2 Stunden
• 2. Insulin (n)• 3. Insulin 2 h nach OGT
Die Diagnostik der Insulinresistenz ist nicht nach Klasse I bewiesen, da nicht belegt ist, dass der früh Getestete einen Gesundheitsvorteil erreicht.
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Was tun bei PCOS?• Die gestörte Glukosetoleranz ist bei ca. 20%
der Übergewichtigen zu finden. Dies gilt bereits für Kinder und Heranwachsende.
• Gestörte Glukosetoleranz (2 Stundenwert des Blutzuckers zwischen 140 und 199 mg/dl) ist sensitiver als gestörter Nüchternwert (110 [100]-126 mg/dl).
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Was tun bei PCOS?
• Bei gestörter Glukosetoleranz wird in randomisierten kontrollierten Studien ein Progressionsrisiko zum Diabetes von 10% jährlich gefunden.– ESC & EASD, Istanbul 09/2006 auf Basis von
RCTs
CLI - EbM 29
PCOS - Adipositas• Grad A Empfehlung (aus Evidenzklasse Ib):
Indirekte Evidenz
• Bei Patienten mit gestörter Glucosetoleranz kein Start der Sterilitätsbehandlung!
• Evidenzbasierte, verständliche Erklärung vorher!
CLI - EbM 30
Evidenz für Programme zur Fitness-Steigerung?
• Programme ohne Anleitung, Kontrolle... sind unwirksam. • Pedometer, Walking, haben nur geringe Wirkung beweisen können. NICE. 2006.
• Gesundheitsprogramme von Krankenkassen, Staat, Schule erreichen 30-60 Minuten mehr an Bewegung pro Woche. Kein Einfluss auf Fitness.• Es holt die ab, die schon motiviert sind.
Ogilvie D. et al. BMJ. 2007 334:1204,
öffentliche Maßnahmen sind für unsere Klientel (Übergewicht + PCOS) wenig wirksam!
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PCOS: 3-8 mal so häufig Komplikationen in der Schwangerschaft:
12% Diabetes und Präeklampsie
Frühgeburtlichkeit und Sterblichkeit erhöht. Boomsma CM et al. A meta-analysis of pregnancy outcomes in women
with polycystic ovary syndrome. Hum Reprod Update. 2006 Nov-Dec;12(6):673-83.
Meher S, Duley L. Exercise or other physical activity for preventing preeclampsia and its complications. The Cochrane Database of Systematic
Reviews 2006, Issue 2. Art. No.: CD005942..
Sport hilft Schwangerschafts-komplikationen vermeiden