Vorsitzender

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Vierter Sitzungstag Sonnabend, den 7. April 1956, Vormittagssitzung 8.30 Uhr bis 13 Uhr Vorsitzender Prof. Dr. BRUNNER-Ziirich: Ich erSffne die heutige Vormittags- sitzung und gebe Herrn MAYO~das Wort. 90. Das Blasencarcinom Von G. MAYoR-Zfirich Mit 11 Textabbfldungen Die Behandlung des Blasenkrebses ist in der heutigen Zeit eines der am meisten diskutierten Probleme in der Chirurgie. In den tetzten Jahren win'den neue therapeutische Vorgehen entwiekelt, deren Resul- tare eine besondere Aufmerksamkeit erfordern. In meinem Referat mSehte ich die verschiedenen heute aktuellen Methoden erw~hnen, mit besonderer Beriieksichtigung der zwischen 1950 und 1955 in der uro]ogi- schen Abteilung der chirurgischen Klinik Ziirich behandelten 200 Fglle. Seit 1950 fiihren wir totale Cystektomien dutch, ebenfalls 1950 wurde die lokale Radiokobaltbehandlung entwickelt, seit 1951 besteht die MSglichkeit, mit Betatron zu bestrahlen, und 1955 haben wir erstmals die lokale Applikation yon Radiogold angewendet. Diese therapeuti- schen Vorgehen sollen mit anderen ~aSnatmlen, wie Radiumbehandlung, tiefe RSntgenbestrahlung nnd l~adio-Isotopentherapie mit Brom und Phosphor (Chrom-I~adiophosphat). vergliehen werden. Obwohl in dieser relativ k]einen Zeitspanne noch nicht viele Spgtresultate vorliegen, ist es doeh jetzt sehon mSglich, Erfolge oder MiSerfolge der einzelnen Xethoden zu beurteilen. Pathologisch-anatomischeBetrachtungen Im allgemeinen ist die therapeutische Prognose abh~ngig veto histo- logischen Aufbau des Tumors. Die Prognose des Blasenkrebses dagegen h~ngt vet allem veto Grad der Infiltration in die Blasenwand ab, da die Blase keine Serosa besitzt, die irgendwie verhindern kSnnte, daf~ sich der Tumor in der Tiefe und auBerhalb des Organes welter ausbreitet. Allgemein herrseht die Ansieht, dab der Blasenkrebs eine lokalisierte Affektion darstellt, die sieh sehr langsam entwiekelt nnd keine beson- dere Tendenz zur Bfldung yon Friihmetastasen zeigL An unserem Krankengut hat sieh diese Ansieht nicht best~tigt. Die Sektions- protokolle des pathologischen Institutes der Universit~t Ziirieh (GuRs~L)

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Vierter Sitzungstag Sonnabend, den 7. April 1956, Vormittagssitzung 8.30 Uhr bis 13 Uhr

Vorsitzender Prof. Dr. BRUNNER-Ziirich: Ich erSffne die heutige Vormittags- sitzung und gebe Herrn MAYO~ das Wort.

90. Das B lasenca rc inom Von

G. MAYoR-Zfirich Mit 11 Textabbfldungen

Die Behandlung des Blasenkrebses ist in der heutigen Zeit eines der am meisten diskutierten Probleme in der Chirurgie. In den tetzten Jahren win'den neue therapeutische Vorgehen entwiekelt, deren Resul- tare eine besondere Aufmerksamkeit erfordern. In meinem Referat mSehte ich die verschiedenen heute aktuellen Methoden erw~hnen, mit besonderer Beriieksichtigung der zwischen 1950 und 1955 in der uro]ogi- schen Abteilung der chirurgischen Klinik Ziirich behandelten 200 Fglle. Seit 1950 fiihren wir totale Cystektomien dutch, ebenfalls 1950 wurde die lokale Radiokobaltbehandlung entwickelt, seit 1951 besteht die MSglichkeit, mit Betatron zu bestrahlen, und 1955 haben wir erstmals die lokale Applikation yon Radiogold angewendet. Diese therapeuti- schen Vorgehen sollen mit anderen ~aSnatmlen, wie Radiumbehandlung, tiefe RSntgenbestrahlung nnd l~adio-Isotopentherapie mit Brom und Phosphor (Chrom-I~adiophosphat). vergliehen werden. Obwohl in dieser relativ k]einen Zeitspanne noch nicht viele Spgtresultate vorliegen, ist es doeh jetzt sehon mSglich, Erfolge oder MiSerfolge der einzelnen Xethoden zu beurteilen.

Pathologisch-anatomische Betrachtungen Im allgemeinen ist die therapeutische Prognose abh~ngig veto histo-

logischen Aufbau des Tumors. Die Prognose des Blasenkrebses dagegen h~ngt vet allem veto Grad der Infiltration in die Blasenwand ab, da die Blase keine Serosa besitzt, die irgendwie verhindern kSnnte, daf~ sich der Tumor in der Tiefe und auBerhalb des Organes welter ausbreitet. Allgemein herrseht die Ansieht, dab der Blasenkrebs eine lokalisierte Affektion darstellt, die sieh sehr langsam entwiekelt nnd keine beson- dere Tendenz zur Bfldung yon Friihmetastasen zeigL An unserem Krankengut hat sieh diese Ansieht nicht best~tigt. Die Sektions- protokolle des pathologischen Institutes der Universit~t Ziirieh (GuRs~L)