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Lynwood Hall: Ein Herrenhaus LARP
Inhalt Lynwood Hall: Ein Herrenhaus LARP ............................................................................................................ 1
Organisatorisches ............................................................................................................................................... 3
Organisationsteam ..................................................................................................................................... 3
Location und Anreise ................................................................................................................................ 4
Kosten ......................................................................................................................................................... 4
Verhaltenskodex ........................................................................................................................................ 5
Spielkonzept ............................................................................................................................................... 5
Programm und Ablauf .............................................................................................................................. 5
Unterbringung ............................................................................................................................................ 6
Verpflegung................................................................................................................................................ 6
Hausordnung ............................................................................................................................................. 6
Packliste ...................................................................................................................................................... 7
Das Setting .......................................................................................................................................................... 8
Plot .................................................................................................................................................................. 8
Themen .......................................................................................................................................................... 8
Der historische Hintergrund ......................................................................................................................... 8
Das Zeitalter Edwards VII......................................................................................................................... 9
Das Leben der Herrschaften ..................................................................................................................... 9
Das Leben der Dienerschaft ................................................................................................................... 12
Weitere Themen ...................................................................................................................................... 14
Unsere Vision ....................................................................................................................................................15
Das historische Setting ................................................................................................................................. 15
Warum die Charaktere so geschrieben sind .............................................................................................. 16
Die Welt im Wandel .................................................................................................................................... 16
Dein Charakter ..................................................................................................................................................17
Leitfaden für die Herrschaften ................................................................................................................ 17
Leitfaden für die Dienerschaft ................................................................................................................ 18
Die Charakterbeschreibung ........................................................................................................................ 19
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Beziehungen ............................................................................................................................................. 19
Ideen & Überlegungen für dein Spiel .................................................................................................... 19
Meinungen und Ansichten ...................................................................................................................... 19
Meinungen und Ansichten ...................................................................................................................... 20
Hobbies und Interessen........................................................................................................................... 23
Kostüme .............................................................................................................................................................24
Richtlinien für Herrschaften ........................................................................................................................ 24
Richtlinien für Bedienstete .......................................................................................................................... 25
Wie das Spiel gespielt wird ..............................................................................................................................28
Spielstil .......................................................................................................................................................... 28
Dramaturgie ................................................................................................................................................. 29
Zeitplan ..................................................................................................................................................... 30
Mechaniken zur Spielsteuerung .................................................................................................................. 31
Intimität und Sex ......................................................................................................................................... 33
Gewalt und Tod ........................................................................................................................................... 33
Diebstahl ....................................................................................................................................................... 34
Medizin ......................................................................................................................................................... 34
Das liebe Geld ............................................................................................................................................. 34
Schlafzimmer ................................................................................................................................................ 35
Mitwirkende ......................................................................................................................................................36
Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen die männliche Form gewählt, es ist jedoch immer
die weibliche Form mitgemeint.
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Organisatorisches Organisationsteam Unser kleines Team besteht aus begeisterten und organisationsfreudigen Larpern, die sich ursprünglich
übers Cosplay kennengelernt haben. Wir haben Erfahrung und Freude an der Organisation von Gruppen-
veranstaltungen und freuen uns darauf, mit euch ins frühe 20. Jahrhundert einzutauchen. Im Gegensatz zu
anderen LARPs nehmen wir Organisatoren aus Freude am Spiel auch als Spieler teil und sind für euch
genauso anspielbar.
Nicholas Chung
Story-Tüftler und Rollen-Bastler
Nick ist ein Larper aus München. Nachdem sein Ticket für Fairweat-
her Manor storniert wurde, entschloss er kurzerhand sein eigenes Her-
renhaus-LARP auf die Beine zu stellen. Nachdem er mit dem Schrei-
ben und Veranstalten von Krimidinnern angefangen hat, ist Lynwood
Hall sein erstes selbst geschriebenes und organisiertes LARP. Er liebt
es, immer wieder mit neuen Gruppen denselben Plot durchzuspielen
und jedes Mal zu sehen, wie etwas anderes dabei herauskommt.
Spielt: RICHARD GRENVILLE-PITT, Lord Grenville oder Butler Mr.
ALEXANDER GILBERT
Theresa Bacher
Herrin der Materialschlacht
Resa ist eine Larperin aus Karlsruhe. Lynwood Hall ist ihr erstes selbst
organisiertes LARP. Als ehemalige langjährige Pfadfinderin hat sie viel
Erfahrung mit der Versorgung von Gruppenveranstaltung inklusive
Vollverpflegung und ist damit hauptverantwortlich für die Logistik und
Verpflegung. Der halbe Hausstand von Lynwood Hall stammt zudem
aus ihrem Privateigentum und dem ihrer Verwandtschaft.
Spielt: Haushälterin Mrs. GRACE CHADWICK
Als Spielleiter sind wir Ansprechpartner für alle OT Fragen und Sorgen. Wenn ihr Bedienstete spielt und
im Spiel seid, geht ihr am besten zu Resa und sprecht sie kurz OT an. Wenn ihr Herrschaften spielt und
im Spiel seid, geht ihr am besten zu Nick und sprecht ihn kurz OT an. Wir stimmen uns dann bei Bedarf
untereinander ab.
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Weitere Teammitglieder
Resas Mutter Monika unterstützt uns umfassend bei der Verpflegung. Als Köchin Mrs. Agnes Brown hat
sie alle Hände voll zu tun, um sowohl Herrschaften als auch Bediensteten mit ihren Kochkünsten aufzu-
warten, ist aber dafür weniger aktiv am Plotgeschehen beteiligt.
Larissa unterstützt als Beiköchin Gwendoline Baker Monika bei der Zubereitung der Mahlzeiten und
Diana unterstützt die Organisation und Vorbereitung im Hintergrund, während sie im Spiel das Dritte
Dienstmädchen Clara Russell spielt.
Location und Anreise Als Lynwood Hall dient uns ein kleines Familienschloss aus dem 16. Jahrhundert in den Ausläufern des
Jura bei Besançon. Das Haus liegt in einem schönen Landschaftspark am Rande der Loue mit eigenem
Flussufer. Es ist leider nicht barrierefrei.
Adresse
2 Rue du Révérend Père Chaillet
25290 Scey-Maisières
Frankreich
Bitte plant ausreichend Zeit für die Anfahrt ein. Falls
ihr nicht mit dem Auto anreist, kann ggf. eine Mitfahr-
gelegenheit organisiert werden.
Kosten
Regulärer Beitrag Sponsorenbeitrag Gesponserter Beitrag
Die Herrschaften 220,00 € 270,00 € 170,00 €
Die Dienerschaft 140,00 € 190,00 € 90,00 €
Der Teilnehmerbeitrag umfasst:
Drei Nächte Aufenthalt in einem charmanten Familienanwesen mit historischem Flair
Ein (Doppel-)Bett in einem 2- bis 6-Bett-Zimmer, Waschräume in der Regel auf dem Gang
Handtuch und Bettwäsche
Umfassende Vollverpflegung
o Abendessen am Anreisetag
o Vier Mahlzeiten pro Spieltag
o Frühstück am Abreisetag
Eventuell Requisiten je nach Charakter
Einheitliche Accessoires für Dienstboten und Dienstmädchen (Fliegen, Handschuhe, Schürzen,
Hauben)
Der Kostenunterschied zwischen Herrschaften und Dienerschaft besteht in der Verpflegung und in der
Unterbringung. Darüber hinaus unterstützen Bedienstete die Küche bei der Zubereitung der Mahlzeiten,
helfen den Herrschaften beim Anziehen und servieren Essen & Getränke.
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Wenn ihr über die finanziellen Mittel verfügt, könnt ihr euch dazu entscheiden, 50€ mehr für den
Sponsorenbeitrag zu bezahlen, um auf diese Weise einen vergünstigten Beitrag für einen anderen Spieler
sponsern. Es werden so viele gesponserte Beiträge angeboten, wie Sponsorenbeiträge verfügbar sind. Wir
prüfen nicht die tatsächliche Bedürftigkeit und vertrauen darauf, dass diese vergünstigten Beiträge aus-
schließlich finanziell schwächeren Spielern zugutekommen.
Verhaltenskodex Während überholte Ansichten und traditionelle Geschlechterrollen aufgrund des gewählten Settings Teil
unseres Spiels sind, möchten wir sicherstellen, dass sich diese auch nur darauf beschränken. Wir tolerieren
außerhalb des Spiels keinen Rassismus, Sexismus, Nationalismus oder jegliche Formen der Diskriminie-
rung aufgrund der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientie-
rung oder der Geschlechtsidentität.
Um die physische als auch verbale Spielintensität zu regulieren, wenden wir darüber hinaus Mechaniken
zur Spielsteuerung an, die in diesem Dokument zu finden sind und zusätzlich in einem Workshop vor dem
Spiel besprochen werden.
Während es erlaubt ist, selbst Alkohol mitzubringen, erwarten wir von euch, dass ihr verantwortungsbe-
wusst trinkt. Wenn ihr bemerkt, dass ihr etwas zu angeheitert seid, gönnt euch eine Auszeit und vermeidet
Szenen mit körperlichem Kontakt.
Jegliche Formen von Belästigung und Gewalt außerhalb des Spiels sowie Missachtung des Verhaltensko-
dex werden nicht geduldet und können zum Ausschluss vom Spiel ohne Rückerstattung des Teilnehmer-
beitrages führen (siehe separate Anlage AGB ). Eine einfache Regel, die auch im Spiel gilt: Macht euch
über nichts lustig, was ein Spieler nicht binnen 5 Minuten ändern kann.
Spielkonzept Lynwood Hall ist ein LARP, das sowohl für Herrschaften als auch Bedienstete ausgearbeitete Charaktere
bietet. Die Besetzung erfolgt nach Möglichkeit unter Berücksichtigung eurer Präferenzen. Wir schlüpfen in
die Rollen eines herrschaftlichen Haushalts des frühen 20. Jahrhunderts. Dabei werden die Herrschaften
zeitgemäß unterhalten (High Tea, Dinner, Jagd/Spaziergang), während Bedienstete den Herrschaften unter
anderem beim Anziehen helfen und Essen & Getränke servieren. Als intransparentes Spiel verfügen man-
che Charaktere über Geheimnisse, die im Laufe des LARPs aufgedeckt oder gestanden werden (können).
Fähigkeiten und Skills sind nicht Bestandteil des Spiels. Physisches Spiel (Gewalt, Sexualität) ist erlaubt,
sofern beide Parteien damit einverstanden sind.
Programm und Ablauf Anreise, Check-in bei der Spielleitung und Bezug der Zimmer ist am ersten Tag ab 16 Uhr. Ihr könnt
anschließend eigenständig das Schloss und seine Umgebung erkunden, bevor wir um 18 Uhr mit einer
offiziellen Begrüßung und dem Abendessen starten. Im Anschluss gibt es als Einführung in das Spiel und
zum gegenseitigen Kennenlernen einen Workshop. Den Abend lassen wir mit gemütlichem Beisammen-
sitzen ausklingen.
Am Freitagmorgen wachen wir in unseren Rollen auf und beenden das Spiel am zweiten Spieltag um 21
Uhr (siehe Zeitplan).
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Run 2: Freitag, 19. März 2021 / Run 3: Donnerstag, 25. März 2021
16:00 Anreise / Check-in / Bezug der Zimmer / Eigenständige Erkundung der Location
18:00 Offizielle Begrüßung und Abendessen
19:00 Einführungsworkshop inkl. Pausen
22:00 Gemütliches Beisammensitzen
Run 2: Samstag, 20. März 2021 / Run 3: Freitag, 26. März 2021
--:-- Gesamter Tag IT
Run 2: Sonntag, 21. März 2021 / Run 3: Samstag, 27. März 2021
--:-- Gesamter Tag IT
21:00 Debriefing und Abendessen
22:00 After-Party
Run 2: Montag, 22. März 2021 / Run 3: Sonntag, 28. März 2021
08:30 Packen des eigenen Gepäcks
09:00 Frühstück
11:00 Check-out / Abreise
Unterbringung Ihr werdet entsprechend eurer Rollen entweder in Doppelzimmern oder Mehrbettzimmern (maximal
sechs Betten) untergebracht und aufgeteilt (siehe Schlafzimmer). Handtücher und Bettwäsche werden be-
reitgestellt.
Verpflegung Monika und Larissa kümmern sich OT als auch IT in den NSC-Rollen Köchin Mrs. Brown und Beiköchin
Gwendoline um die Verpflegung für alle Hausbewohner und werden dabei IT je nach Bedarf bei der
Zubereitung der Mahlzeiten von den anderen Bediensteten unterstützt. Es wird im Vorfeld für ein be-
stimmtes Menü eingekauft, das auch die gröbsten Sonderwünsche abdecken sollte (Vegetarier etc.). Wir
bitten um Verständnis, wenn dabei auf eure individuellen Wünsche und Vorlieben keine Rücksicht ge-
nommen werden kann.
Da die Mahlzeiten mit sehr viel Aufwand zubereitet und serviert werden, bitten wir euch da-
rum, keine dramatischen Spielereignisse während der Essenszeiten zu planen.
Hausordnung 1. Rauchen ist in sämtlichen Räumen des Schlosses untersagt.
2. Feuer machen und Kerzen anzünden ist mit Resa abzuklären.
3. Viele der Dekogegenstände sind von Dritten ausgeliehen; bitte behandelt sie mit besonderer Sorgfalt.
Wenn ihr etwas, sei es Dekogegenstände oder Einrichtung, beschädigt, meldet es bitte umgehend der
Spielleitung. Wir erwarten, dass ihr haftpflichtversichert seid.
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Packliste Kostüm für tagsüber inklusive etwas Passendes zum Überziehen, falls es kalt wird
Kostüm für draußen (Meyseys, zwecks Anreise)
Kostüm für abends (Herrschaften)
Kostüm für Jagd (Gentlemen)
Schlafanzug/Pyjama
Zweites Paar Schuhe, falls man spazieren gehen möchte (zwingend für Gentlemen Jagd)
Kulturbeutel
Requisiten
Schreibzeug (optional) Deko (optional)
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Das Setting
Plot England 1915. Anlässlich der Verlobung seiner ältesten Tochter Elizabeth lädt Richard William Grenville-
Pitt, 2. Viscount Grenville, die Familie ihres Zukünftigen zum gemeinsamen Kennenlernen auf sein Grund-
stück Lynwood Hall ein.
Die Gäste werden in den Genuss von Lord Grenvilles Gastfreundlichkeit kommen, doch wo zwei so un-
terschiedliche Familien aufeinandertreffen, geht es bedingt harmonisch zu. Denn im Gegensatz zu Eliza-
beth, die sowohl väterlicherseits als auch mütterlicherseits in ihrem Stammbaum mehrere bedeutende
Premierminister vorweisen kann, gehört die Familie ihres Verlobten Rupert Meyseys als Baronets nicht
dem Hochadel, sondern dem niederen Adel an. Darüber hinaus wurde die Familie erst kürzlich von der
Nachricht erschüttert, dass Ruperts älterer Bruder und Erbe der Familie, Wilfred, an der Front gefallen sei,
sodass nur Rupert und sein Cousin John im Rahmen des Heimaturlaubs zurückkehren.
Währenddessen herrscht unter der Dienerschaft des Hauses emsige Betriebsamkeit. Butler und Haushäl-
terin haben unter anderem aufgrund mehrerer Personalveränderungen unter den Bediensteten alle Hände
voll zu tun, um für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen: Mehrere Bedienstete sind erst vor kurzem dem
Haushalt beigetreten und nach mehreren Monaten an der Front kehrt der Erste Diener trotz seiner Verlet-
zung nach Lynwood Hall zurück. Und dann müssen auch noch die Bediensteten der Familie Meysey in
die üblichen Arbeitsabläufe eingebunden werden…
Wird das Aufeinandertreffen beider Haushalte ein voller Erfolg oder ein komplettes Desaster?
Themen Familiendrama und Beziehungskonflikte
Geheimnisse und Skandale
Herrschaften und Bedienstete
Intrigen und Machtspielchen
Wünsche vs. Erwartungen
Moderne vs. Tradition
Der historische Hintergrund Wir schlüpfen in die Rollen eines englischen Haushalts Anfang des 20. Jahrhunderts, bestehend aus einer
vornehmen Familie und ihrer Dienerschaft, welche rund um die Uhr schuftet, damit erstere ein komfor-
tables Leben führen kann. Vom Anziehen helfen bis zum Mahlzeiten zubereiten: Die Dienerschaft arbeitet
unter der Leitung des Butlers und der Haushälterin wie eine hocheffiziente Maschine.
Eine strikte Hierarchie durchzieht die gesamte Hausgemeinschaft und weist jedem Mitglied eine bestimmte
soziale Position zu, die jeden Aspekt ihres Lebens bestimmt: Wer weckt und zieht wen an? Wer spricht
wen wie an? Wer sitzt neben wem während der Mahlzeiten? Vom Hausherrn bis zum letzten Dienstmäd-
chen hat sich jeder auf eine Art und Weise zu verhalten, die seinem Status entspricht.
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Das Zeitalter Edwards VII. Auf die lange Herrschaft Königin Victorias folgte das Zeitalter Edwards VII., das weitestgehend seiner
Regierungszeit entspricht und in der britischen Kulturgeschichtsschreibung die Zeit von seiner Thronbe-
steigung 1901 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 bezeichnet. Sie wird oft nostalgisch verklärt
und als „goldenes Zeitalter“ bezeichnet.
Der Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von gewaltigen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen
begleitet. Die Wunder der modernen Welt, die erstmals in den 1880ern und 1890ern ihren Durchbruch
hatten, brachten Vorzüge der modernen Industrialisierung und Massenproduktion mit sich. Es war eine
Zeit, in der sich das britische Empire auf dem Höhepunkt seiner kolonialen Macht befand und über ein
Drittel der Weltbevölkerung herrschte. Zwischen dem Boer-Krieg (1899-1902) und erstem Weltkrieg (1914-
1918) herrschte in Großbritannien eine Zeit des Friedens. In den Worten des Kulturhistorikers Samuel
Hynes war es „a leisurely time when women wore picture hats and did not vote, when the rich were not
ashamed to live conspicuously, and the sun really never set on the British flag“. Die Epoche wird vielleicht
am besten durch den Ozeandampfer Titanic verkörpert, der den technischen Fortschritt, die Opulenz und
Exzess jener Zeit in sich vereinte.
Es war jedoch auch eine Zeit großer sozialer Ungleichheit, in der das privilegierte Leben der Reichen
durch die Arbeit von Bediensteten ermöglicht wurde, in der die Grenze zwischen Arm und Reich scharf
umrissen und die sozialen Klassen noch streng getrennt waren – jeder hatte seinen Platz und jeder wusste,
wo sein Platz war.
Aber die Vorzeichen des Zerfalls waren bereits da: 1900 wurde Großbritanniens Produktionsleistung an
Kohle, Eisen und Stahl bereits von Deutschland und den USA übertroffen und, auch wenn Großbritannien
noch den größten Anteil am Welthandel hatte, gab es bereits 1914 scharfe Konkurrenz aus Deutschland
und den USA. Der Einfall Deutschlands in Belgien unter Kaiser Wilhelm II. war es auch, der schließlich
zum Eintritt des Vereinigten Königreichs in den Ersten Weltkrieg führte. Samuel Hynes beschrieb daher
das Zeitalter Edwards VII. nicht nur „as a golden age but as a time of waiting, a time of anxieties, a time
of conflict between the old and the new“.
Das Leben der Herrschaften Das britische Herrenhaus war ein in sich geschlossener Kosmos, geprägt von Privilegien, Würde und Macht.
Dieser Welt gehörte eine elitäre Klasse von Menschen an, die quasi von einer Reihe professioneller Krieger
abstammten, die Titel und Ländereien von einem König für ihre Leistungen und Verdienste verliehen
bekommen hatten. Über hunderte von Jahre hinweg wurden diese Aristokraten, deren Macht und Reich-
tum auf Titeln, Grundbesitz und politischem Ansehen beruhten, für etwas Besseres gehalten.
Als das 20. Jahrhundert begann, hätte die Kluft zwischen Arm und Reich nicht größer sein können. Wäh-
rend die Oberschicht ein ausschweifendes Leben führte und sich auf zahllosen Bällen, Jagdgesellschaften,
Pferderennen und extravaganten Dinnerpartys vergnügte, waren die Männer und Frauen der Unterschicht
dazu verdammt, bis zu 17 Stunden am Tag zu arbeiten, nur um von der Hand in den Mund zu leben. Das
System war darauf ausgelegt, die Reichen zu begünstigen. Nur Männer, die Land besaßen (oder mindes-
tens 10 Pfund pro Jahr Miete zahlten), konnten wählen, und Adelige erhielten automatisch einen Sitz im
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Oberhaus. Indem sie mächtige Gäste in ihre Landgüter einluden, konnten sie sich bei einem Dinner, auf
einer Jagd oder in einem Herrenclub für ihre besonderen Interessen einsetzen.
Für Angehörige der englischen Oberschicht war es üblich über mindestens zwei Wohnsitze zu verfügen:
über einen traditionellen Familiensitz auf dem Land und einem schicken Stadthaus in London. Während
der „Season“, der Sitzungsperiode des britischen Parlaments von April bis August, verbrachten sie ihre
Zeit in der Hauptstadt, um Kontakte zu knüpfen und sich politisch zu engagieren. Die exklusivsten Veran-
staltungen fanden in den Villen führender Mitglieder der Aristokratie statt; hier spielte sich das politische
Leben des Landes ab. Die „Season“ bot für Kinder des Adels im heiratsfähigen Alter die Gelegenheit, in
die Gesellschaft eingeführt und miteinander verkuppelt zu werden. Töchter wurden als Debütantinnen
offiziell in die Gesellschaft eingeführt, indem sie dem Monarchen am königlichen Hof vorgestellt wurden.
Angehörige der englischen Oberschicht betrachteten jedoch im Allgemeinen ihren Landsitz als ihren
Hauptwohnsitz. Die oberen 3% besaßen bis zu 80% des Landes. Ihre Macht und ihr Reichtum begründeten
sich auf den Mietzahlungen der Menschen, die auf ihrem Land lebten. Der Landadel lebte darüber hinaus
auch von Einnahmen aus Investitionen, reichen Mineralvorkommen, Holz, Gemüse, das auf seinen Fel-
dern angebaut wurde, und Tieren, die geschossen und auf den Markt gebracht wurden. Die Notwendigkeit,
Landgüter intakt zu halten und die Macht einer Familie aufrechtzuerhalten, war so wichtig, dass der älteste
Sohn alles erbte – das Anwesen, den Titel, alle Häuser, Juwelen, Möbel und Kunststücke. Das Erstgeburts-
recht stellte sicher, dass Landgüter nicht über nachfolgende Generationen hinweg aufgeteilt und immer
kleiner wurden. Um die Macht zu festigen, wurde alles (oder so viel wie möglich) erhalten. Gesetze stellten
sicher, dass Teile eines Anwesens nicht ohne weiteres veräußert werden konnten.
Die industrielle Revolution brachte jedoch Veränderungen und Erfindungen in der Landwirtschaft mit
sich, die den Niedergang des aristokratischen Reichtums vorausahnen ließen. Auf der Suche nach Anstel-
lung zog es große Teile der Landbevölkerung in die Städte, was zu rückläufigen Einnahmen bei den
Landbesitzern führte. Verbesserung bei Transport und Kühlung machten den Kauf von Getreide aus Aust-
ralien und den USA günstiger. Als Banker und Finanziers konnten Einzelpersonen auf andere Weise Wohl-
stand aufbauen. Während der Adel noch Ressourcen aus seinem Landbesitz erschließen und in die Kolo-
nien expandieren konnte, begann das Reich bereits mit dem Aufstieg des Nationalismus und der Natio-
nalstaaten zusammenzubrechen.
Aufgrund dieser Entwicklung benötigte die Oberschicht eine neue Kapitalzufuhr. Diese fand sie bei ame-
rikanischen Erbinnen, deren Väter Reichtum durch Handel und Transport angehäuft hatten. Frei vom
Erstgeburtsrecht teilten diese wohlhabenden Kapitalisten ihr Vermögen zu gleichen Teilen unter ihren
Kindern, Söhnen wie Töchtern, auf. Die „Bucaneers“, wie frühe amerikanische Erbinnen genannt wurden,
versorgten durch über 100 transatlantischen Eheschließungen mit britischen Adeligen Landgüter mit 60
Millionen Dollar.
Das Zeitalter Edwards VII. war die letzte große Epoche des Herrenhauses und seinen Annehmlichkeiten.
Für die Arbeiterklasse wurde die Ungerechtigkeit des Systems immer deutlicher. Das Herrenhaus genoss
im Sommer 1914, kurz vor Kriegsbeginn, seine letzte Saison. Viele der jungen Männer, die an diesen
Partys teilnahmen, würden nicht aus Frankreich zurückkehren. Nur wenige erwarteten, dass dieser Krieg
sechs Monate dauern würde, geschweige denn vier Jahre. Prozentual kamen mehr Offiziere ums Leben
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als gewöhnliche Soldaten und die Opferlisten waren mit den Namen aristokratischer Männer und der
Oberschicht gefüllt.
Gewöhnliche Soldaten, die millionenfach gestorben waren, konnten nicht wählen. Solche Ungleichheiten
blieben nicht unbemerkt. Die vor dem Krieg spürbare soziale Unzufriedenheit führte zu Reformen – und
vielen Veränderungen, die das moderne Großbritannien einleiteten.
Die Unterhaltung von Gästen
Die regelmäßige Unterhaltung von Gästen gehörte in der Oberschicht zum guten Ton. Gastgeber erwar-
teten die Ankunft ihrer Gäste zusammen mit ihren Dienern, die entsprechend ihrer Position in einer Reihe
aufgestellt wurden. Nach der Begrüßung und Vorstellung betraten die Gäste das Haus. Falls Gäste ihre
eigenen Bediensteten mitbrachten, wurde von ihnen erwartet, dass sie das Haus über einen separaten
Eingang betraten und sich mit dem Dienstpersonal des Hauses die Quartiere teilten. Die Gastgeber stellten
ihren Gästen bei Bedarf ihre eigenen Dienstboten oder Dienstmädchen zur Verfügung.
Gäste blieben aus verschiedenen Gründen länger als heutzutage. Im 17. und 18. Jahrhundert war das
Reisen über große Entfernungen aufgrund der schlechten und gefährlichen Straßen langsam und be-
schwerlich. Trotz ihrer Großzügigkeit erwarteten die Gastgeber jedoch, dass ihre Gäste maximal drei Tage
blieben. Während dieser Zeit wurden sie zwar mit jeglichem erdenklichen Luxus verwöhnt, aber es wurde
als Geschmacklosigkeit angesehen, wenn sie länger blieben als vereinbart.
Zu festgelegten Zeiten versammelten sich die Gäste in den Gemeinschaftsräumen, zu denen der Salon, das
Musikzimmer, der Speisesaal, die Bibliothek, die Galerie (in der alte Familienporträts aufgehängt waren),
der Billardraum und der Wintergarten gehörten. Riesige Rasenflächen und Gärten luden zum Spazieren
ein. Die Gäste konnten durch die Parklandschaft fahren oder spazieren gehen, um die malerische Umge-
bung zu genießen oder im Freien zu speisen, unter einem Pavillon Tee zu trinken oder ein oder zwei
Aussichten zu malen.
Das Ansehen eines Gastgebers beruhte auf den Freizeitvergnügen, die er anbieten konnte – Reiten, Schie-
ßen (im Winter) und Jagen (im Herbst) als Outdoor-Aktivitäten; Kartenpartys, Hauskonzerte und Tänze
als Indoor-Aktivitäten. Billard tauchte im 17. Jahrhundert auf und im 19. Jahrhundert waren Billardzimmer
zu einem festen Bestandteil geworden. Private Bibliotheken boten eine Vielzahl von Büchern und Zeit-
schriften an. Im Sommer genossen die Herrschaften Tennis, Krocket, Cricket und Golf (Männer).
Damen und Herren neigten dazu, den Tag getrennt zu verbringen. Männliche Gäste waren aktiver und
konnten tagsüber fast jede Aktivität ausüben, außer zu der Zeit, die für das Abendessen reserviert war. Es
wurde erwartet, dass sie dazu rechtzeitig auftauchten. Im Gegensatz zu den Herren waren die Beschäfti-
gungsmöglichkeiten einer Dame etwas limitierter. Sie verbrachte den Tag damit, einer festgelegten Routine
zu folgen, mit dem Frühstück zu beginnen, geeignete Outfits zu tragen und sie an- und auszuziehen. Frauen
empfingen Besucher, nähten, lasen, gingen spazieren, nahmen an Wohltätigkeitsveranstaltungen teil, beo-
bachteten die Männer beim Sport (wenn sie eingeladen wurden) oder fuhren mit der Kutsche. Sie nahmen
zu festgelegten Zeiten während der entsprechenden Saison an aktiveren Spielen im Freien teil, wie z. B.
Cricket, Krocket, Rasentennis, Rasenbowling und dergleichen, und waren stets für den Anlass angemessen
gekleidet.
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Nachdem man sich vor dem Essen versammelt hatte, zog die Gruppe in den Speisesaal, wo sie nach einer
festgelegten Sitzordnung saßen. Nach dem Abendessen zogen sich die Damen in den Salon zurück, wäh-
rend sich die Herren am Esstisch oder in einem separaten Salon entspannten, Portwein tranken, ihre Zi-
garren rauchten und über „Männerthemen“ diskutierten. Nachdem die Herren ihre Zigarren fertig ge-
raucht und ihren Portwein ausgetrunken hatten, wurde von ihnen erwartet, sich den Damen für Karten
oder Musik oder beides wieder anzuschließen. Die Gesellschaft blieb bis etwa halb elf auf (es sei denn,
ein großer Ball fand statt; dann würden die Gäste bis in die frühen Morgenstunden aufbleiben).
Das Leben der Dienerschaft Eineinhalb Millionen Menschen arbeiteten zu Beginn des 20. Jahrhundert als Bedienstete – jeder vierte
Mensch war damit als Hausangestellter beschäftigt, die meisten davon Frauen. Tradition hielt alles am
Laufen und es wurde Respekt und Gehorsam gegenüber den Herrschaften erwartet (und geleistet). Bei
der Einstellung erhielten die Bediensteten häufig neue einprägsame Namen. Henry, John und William
waren beliebt für Männer, während viele weibliche Bedienstete häufig Mary, Sarah oder Emma genannt
wurden.
Im Gegensatz zum opulenten Leben der Herrschaften wurde das Leben der Dienerschaft durch endlose
Arbeit bestimmt. Auf einem großen Anwesen, das Besucher unterhielt, wurden täglich über 100 Mahlzei-
ten zubereitet. Die Diener standen im Morgengrauen auf und waren am Werk, bis der letzte Gast zu Bett
ging. Küchenmädchen arbeiteten 17 Stunden am Tag und verirrten sich nur selten in Räume außerhalb
der Küche. Dienstmädchen arbeiteten leise und unsichtbar im ganzen Herrenhaus. Ohne die Herrschaften
zu wecken, entleerten die Bediensteten die Nachttöpfe, entfernten kalte Asche aus dem Kamin, trugen
Kohle aus dem Keller hoch, entzündeten ein neues Feuer und räumten alle Unordnung vom Vortag auf.
Sie bereiteten die Gemeinschaftsräume auf den Tag vor, öffneten Vorhänge und Fensterläden, staubten
ab und polierten und fegten den Boden. Es wurde erwartet, dass sie sich dabei ungesehen über ihre eige-
nen Treppen und Korridore von Raum zu Raum bewegten oder in einem Raum arbeiteten, den die
Familie nicht gerade benutzte.
Während es das Ziel jedes ehrgeizigen Dieners war, in den Dienst einer Familie von Standes einzutreten,
arbeitete die Mehrheit der Bediensteten für kleinere Haushalte der Mittelschicht, die meist nur ein oder
zwei Diener beschäftigte. Dazu zählten akademische Berufsstände wie Ärzte, Anwälte und Priester, die
aufstrebende Mittelschicht wie Bankiers, Beamte und Schuldirektoren sowie Handwerker und Ladenbesit-
zer. Auch Hotels, Schulen und Krankenhäuser beschäftigten Diener, während Bauernhöfe und Herbergen
als Arbeitgeber am unteren Ende der Hierarchie zu finden waren.
Viele von uns können heutzutage nicht mehr nachvollziehen, warum es damals eine wünschenswerte Be-
schäftigung war, anderen Menschen zu dienen. Tatsächlich wurde der Dienst in großen Häusern anderen
Arbeitsplätzen vorgezogen, die im 18. und 19. Jahrhundert entstanden, wie z. B. die oft gefährliche Arbeit
in Fabriken oder die anstrengende körperliche Arbeit auf Farmen. Im Gegensatz zu ihren schlecht bezahl-
ten Mitmenschen erhielten Bediensteten dabei Kost und Logis und großzügige Trinkgelder von Gästen
am Ende des Aufenthalts. Sie hatten dadurch die Möglichkeit, einen großen Teil ihres Gehalts zu sparen
oder ihre Familien finanziell zu unterstützen.
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Obwohl Bedienstete ihre Karriere ganz unten begannen, indem sie nur einfache Tätigkeiten ausübten und
sich um die höheren Bediensteten sowie die Herrschaften kümmerten, konnten sie innerhalb der Hierar-
chie der Dienerschaft aufsteigen. Es war nicht ungewöhnlich, dass ein Spülmädchen zum Küchenmädchen
und schließlich zur Köchin befördert wurde.
Bedienstete fanden eine Anstellung häufig durch Vitamin B oder Mund-zu-Mund-Propaganda. Hausher-
rinnen informierten z. B. ihre Zulieferer, dass sie ein Dienstmädchen suchten, und diese gaben die Infor-
mation an ihren Bekanntenkreis weiter. Eine andere Möglichkeit waren Stellenanzeigen in der Zeitung
oder Vermittlungsbüros für Bedienstete, die man sich wie eine moderne Arbeitsagentur vorstellen kann.
Manche von ihnen waren nur auf Haushalte aus der Oberschicht spezialisiert und nahmen entsprechend
nur Diener mit den besten Zeugnissen auf. Bedienstete, die sich wiederholt als unzuverlässig und nicht
vertrauenswürdig herausgestellt hatten, wurden auf schwarze Listen gesetzt; dies galt aber auch für Haus-
halte, die berüchtigt dafür waren, ihre Dienerschaft schlecht zu behandeln.
Gute und zuverlässige Bedienstete waren sehr begehrt. Junge, fähige Bedienstete wechselten ständig (sie
arbeiteten durchschnittlich 2-3 Jahre, bevor sie weiterzogen) und waren ständig auf der Suche nach einer
Anstellung mit besserer Bezahlung und besseren Position. Dazu benötigten sie gute Zeugnisse. Diese wur-
den von ihren Arbeitgebern ausgestellt, sobald sie den Haushalt verließen. Es war jedoch nicht gesetzlich
vorgeschrieben, dass Hausherr/innen ein solches Referenzschreiben ausstellen mussten, sodass diese damit
noch mehr Macht über ihre Dienerschaft besaßen. Wenn es kein Zeugnis gab, dann musste der zukünftige
Arbeitgeber nämlich automatisch davon ausgehen, dass es sich um einen unzulänglichen Arbeitnehmer
handelte. Beschäftigungssicherheit war dadurch quasi nicht gegeben: Bedienstete konnten jederzeit entlas-
sen werden, wenn die Größe der Dienerschaft reduziert werden musste, der Haushalt umzog oder der
Arbeitgeber mit der Leistung nicht zufrieden war. Selbst der Hauptvorteil von Kost und Logis war ein
doppelschneidiges Schwert, da sie kein eigenes Zuhause hatten und ständig auf Abruf waren. Unerwartet
rausgeschmissen zu werden konnte bedeuten, dass ihre Ersparnisse für eine Unterkunft draufgingen, wenn
sie keine Freunde oder Verwandten hatten, bei denen sie bleiben konnten. Darüber hinaus hatten männ-
liche Bedienstete, die bei ihrem Dienstherrn mietfrei wohnten, trotz ihres Geschlechts kein Wahlrecht.
In manchen Teilen der oberen Arbeiterschicht und unteren Mittelschicht heftete dem Dienen ein unaus-
gesprochener Makel an. Manche unterschieden dabei zwar zwischen dem Dienst für einen gewöhnlichen
Haushalt und dem für einen vornehmen, aber das Stigma konnte weder gute Bezahlung noch gute Ar-
beitsbedingungen vollständig auslöschen.
Doch die Gesellschaft befand sich im Wandel: Die Arbeiterklasse wurde durchsetzungsfähiger und streikte,
die Suffragettenbewegung gewann an Dynamik. Premierminister David Lloyd George war ein Befürworter
von Reformen, obwohl die Aristokratie versuchte, den Status quo beizubehalten. Erfindungen revolutio-
nierten die Arbeitsplätze: Strom, Telefone, Schreibmaschinen und andere arbeitssparende Geräte bedroh-
ten Arbeitsplätze der Dienerschaft, lockten aber auch Frauen in Sekretariatsjobs. Ein großes Haus konnte
mit weniger Personal geführt werden; in den 1920er Jahren benötigte ein Herrenhaus, das früher 100
Bedienstete beschäftigt hatte, nur noch 30-40.
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Weitere Themen Unter dem Kapitel „Dein Charakter – Meinungen und Ansichten“ findet ihr noch mehr Informationen
zu den Themen, die jene Zeit prägten und die Menschen von damals beschäftigten.
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Unsere Vision1
Das historische Setting Nationalismus und Krieg – eine latente Untergangsstimmung
Lynwood Hall spielt in 1915. Zunehmender Nationalismus hat dazu geführt, dass nach langer Zeit des
Friedens in Europa vergangenen Sommer Krieg auf dem Kontinent ausgebrochen ist. Deutschland ist unter
der Führung ihres Kaisers Wilhelm II. ins neutrale Belgien eingefallen; eine Provokation ohnegleichen, die
das Vereinigte Königreich nicht militärisch unbeantwortet lassen kann. Die wenigsten ahnen das drohende
Unheil, das dieser Krieg über Europa bringen wird. Noch glaubt die Mehrheit des britischen Volks an
einen schnellen Sieg über die Deutschen, doch innerhalb weniger Jahre wird sich das Leben vieler Anwe-
sender dramatisch verändern. Einige werden in schlammigen Gräben im Westen, andere an der Ostfront
sterben, manche werden ihre Liebsten verlieren und andere werden feststellen, dass sich ihre soziale Stel-
lung völlig verändert hat.
Gender spielt eine Rolle, behindert uns aber nicht
Lynwood Hall ist vom Look und Feel an die TV-Serie Downton Abbey angelehnt und dazu gehören auch
die überholten Ansichten zu Geschlecht und Sexualität. Wir sind uns bewusst, dass das Machtungleichge-
wicht jener Zeit sehr zu Ungunsten von Frauen und Individuen ausgefallen ist, die nicht den gültigen
Normen entsprachen. Dennoch versuchen wir alle Charaktere so spielbar und interessant wie möglich zu
gestalten und möchten, dass keiner handlungsunfähig ist. Daher gibt es zwar klare Geschlechterrollen
innerhalb des LARPs, aber auch verschwimmende Grenzen und Widerstand sowie Charaktere mit hoher
Toleranz gegenüber neuen Ideen.
Wir erheben keinen Anspruch auf absolute historische Korrektheit
Bei einem LARP wie Lynwood Hall ist der Grat zwischen zu viel und zu wenig historischer und kultureller
Korrektheit sehr schmal. Auch wenn wir kein zu 100% historisches Reenactment anstreben, versuchen wir
uns dennoch an den geschichtlichen und kulturellen Gegebenheiten zu orientieren. Wir bespielen eine
vereinfachte Realität und konzentrieren uns dabei auf Dinge, die wir an der Epoche interessant finden und
die Spiel für uns bieten. Wir erwarten nicht von euch, dass ihr die geschichtlichen Fakten in- und auswendig
wisst, die Feinheiten der britischen Innen- und Außenpolitik kennt oder sofort parat habt, welches Buch
aktuell veröffentlicht wurde. Den historischen Hintergrund zu kennen, soll nur positiv zu eurem Spiel
beitragen und euch nicht mit Irrelevantem überfrachten. Wir möchten keine 17-Stunden-Arbeitstage für
Bedienstete darstellen oder uns in kleinlichen Debatten über historische Details verlieren, die an sich nichts
zum Spiel beitragen. Natürlich wollen wir, dass euer Charakter entsprechend der gesellschaftlichen Nor-
men von damals versucht den Schein zu wahren, Beleidigungen daher als Komplimente verpackt und mit
giftigen Blicken um sich wirft, aber wir möchten nicht, dass ihr euch so sklavisch daran haltet, dass Außen-
stehende niemals eine Szene mitbekommen (siehe Dramaturgie). Lynwood Hall ist kein Reenactment,
sondern ein LARP – wir spielen miteinander, aber auch füreinander.
1 Basierend auf Designdokument von Fairweather Manor (Dziobak Larp Studios).
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Warum die Charaktere so geschrieben sind Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Charaktere zu konzipieren
Ihr kommt aus verschiedenen LARP-Traditionen oder seid sogar Anfänger. In manchen LARP-Traditio-
nen gibt es keine vorgeschriebenen Charaktere. In anderen sind Charaktere mit Beschreibungen von 30-
40 Seiten an der Norm. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was vorgeschrieben
sein sollte und wie viel Freiheit die Spieler haben, selbst zu entscheiden und zu gestalten. Wir können
leider nicht beide Extreme gleichzeitig bedienen und hoffen mit den Beschreibungen einen Mittelweg
gefunden zu haben, der für alle gut funktioniert.
Dieses LARP ist bei weitem nicht fertig und ganz sicher nicht perfekt
Manche LARPs hatten schon die Gelegenheit, mehrere Male stattzufinden und jedes Mal ein bisschen
verbessert werden zu können: Alle Aspekte sind ausprobiert, getestet, verfeinert und wieder und wieder
angepasst worden. Lynwood Hall ist kein solches LARP. Es wurde erst einmal gespielt und ist im Grunde
ein Experiment, bei dem alles passieren kann. Wir als Orga arbeiten fieberhaft an den Dokumenten, um
für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und euer Spiel zu unterfüttern, und bitten euch daher um etwas
Nachsicht und Geduld.
Es gibt immer Luft nach oben
Wir freuen uns mit unterschiedlich erfahrenen Spielern spielen zu können und sind offen für eure Ideen.
Falls ihr Ideen für das LARP im Kopf habt oder eine tolle Meta-Technik kennt, die das LARP bereichern
würde, sprecht uns an. Falls ihr das Gefühl habt, dass eurem Charakter noch Aspekte fehlen, die interessant
wären, oder mit dem vorgegebenen einfach überfordert seid, lasst es uns wissen. Wir können nicht garan-
tieren, dass eure Ideen für dieses Mal bereits umgesetzt werden, freuen uns aber über euren Input und
werden – falls es ein nächstes Mal gibt – gerne darauf zurückgreifen.
Die Welt im Wandel Niemand wird rausgeschmissen (bis kurz vor Schluss)
Aus naheliegenden Gründen möchten wir nicht, dass ein Charakter vorzeitig aus dem Haus geschmissen
wird. Konflikte können anfangs vielleicht innerhalb der Familie oder der Dienerschaft auf andere Weise
gelöst werden: Übeltäter können bestraft werden, indem sie sozial geächtet oder gezwungen werden, sich
öffentlich zu entschuldigen. Bei großen Skandalen sind tiefe Brüche aber nicht ausgeschlossen; wir wollen
darauf auf gar keinen Fall verzichten. Ernste Konsequenzen wie des Hauses verwiesen oder gefeuert zu
werden sollten jedoch nicht bis kurz vor Schluss oder nur im Anschluss an das Wochenende erfolgen.
Wo die Liebe hinfällt – (fast) nichts ist unmöglich
Eine unserer Inspirationen ist wie gesagt die TV-Serie Downton Abbey, in der zwei nah miteinander ver-
wandte Hauptcharaktere heiraten. Cousinen und Cousins zu heiraten wird heute in manchen Ländern als
problematisch angesehen, war damals jedoch nicht unüblich. Auf Lynwood Hall könnte es zu diversen
Konstellationen kommen, selbst Partien zwischen Bediensteten und Herrschaften sind nicht vollkommen
unmöglich, wenn auch höchst umstritten und skandalös; romantische Beziehungen mit Eltern, Geschwis-
tern und Kindern sind natürlich genauso tabu wie heutzutage.
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Dein Charakter Es gibt grundsätzlich zwei Typen von Charakteren: Herrschaften und Bedienstete.
Die Herrschaften
Sie sind ein Teil der Familie Grenville-Pitt – entweder durch Geburt oder Heirat – oder einer ihrer Gäste.
In der Regel gehören sie dem Adel an, manche nur der bürgerlichen Obersicht. Als Angehörige dieser
Klasse genießen sie natürlich zwar Privilegien, müssen aber auch hohen gesellschaftlichen Erwartungen
gerecht werden. Die meisten von ihnen gehen keinem Beruf nach und leben stattdessen von ihrem Ein-
kommen aus Ländereien oder werden von einem Familienmitglied ausgehalten. Andere verdienen ihren
eigenen Lebensunterhalt durch einen Beruf, der natürlich trotz allem ihrem Stand angemessen ist.
Die Dienerschaft
Sie sind einfache Bürger, die der Oberschicht in unterschiedlichen Funktionen dienen. Sie führen ein
einfaches Leben voller Arbeit, aber sie sind auch diejenigen, die den hohen Lebensstandard der Herr-
schaften erst ermöglichen. Die meisten von ihnen sind Teil der Dienerschaft der Familie Grenville-Pitt,
andere persönliche Diener eines Gastes der Familie. Erstere sind Teil einer festen Gemeinschaft und letz-
tere Gäste eben dieser. Ihr Leben und ihre Freizeit richten sich komplett nach dem der Herrschaften
(Details zu Aufgaben siehe separate Anlage Handbuch der Dienerschaft).
Leitfaden für die Herrschaften2 Als Mitglied der Oberschicht hast du einen wesentlichen Einfluss auf das Geschehen im Haus und auf den
Verlauf des Spiels. Aus diesem Grund gelten folgende Grundsätze für dich:
„Sehr wohl, Sir/Ma’am. Ich werde Jarvis damit beauftragen.“ Während des LARPs wird
es vorkommen, dass du den Bediensteten Aufgaben erteilst. Habe keine Angst davor, denn das
generiert Spiel für sie und ist Teil der Erfahrung. Wenn jemand dir mit anfangs genanntem Satz
antwortet, dann bedeutet es, dass die Aufgabe nicht erledigt wird, weil sie zu langweilig/schwer/her-
abwürdigend/etc. ist. Ihr könnt entweder die Aufgabe selbst diskret erledigen oder den Auftrag
abbrechen, z. B. „Ach, vergessen Sie es. Nicht so wichtig!“
„Ich werde unten nachfragen, Sir/Ma’am.“ Manchmal kommt es vor, dass ein Diener aufge-
fordert wird, etwas zu tun, von dem der Spieler nicht weiß, ob es möglich oder machbar ist. In
diesem Fall kann er mit diesem Satz antworten und wird dann bei der Spielleitung OT nachfragen.
Was auch immer dann zurückkommt, nimm die Rückmeldung mit Nachsicht zur Kenntnis.
Die Herrschaften benötigen Hilfe bei ihrer Garderobe. Als Mitglied der Oberschicht wird
von dir erwartet, dass du jederzeit tadellos aussiehst. Das bedeutet, dass Diener dir beim Anziehen
und Ausziehen helfen, und so Momente entstehen, in denen ihr freier miteinander reden könnt.
Schweige also nicht, wenn dir bei der Garderobe geholfen wird – tratsche, beschwere dich und
rede frei von der Leber, damit ein Gespräch zustande kommt.
2 Basierend auf Designdokument von Fairweather Manor (Dziobak Larp Studios).
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Die Dienerschaft ist die meiste Zeit unsichtbar. Als Mitglied der Oberschicht wirst du man-
che Dinge ohne Hemmungen in Anwesenheit von Dienern besprechen, welche du niemals vor
Verwandten oder Gästen besprechen würdest – insbesondere nicht vor denen, die du nicht aus-
stehen kannst. Ignoriere die Anwesenheit der Bediensteten, wenn sie im Hintergrund sind, solange
du keinen speziellen Grund hast, besonderen Individuen zu misstrauen.
Wenn du einen Beruf ausübst, bist du Experte auf einem bestimmten Gebiet. Falls eine
Diskussion zu deinem Spezialgebiet entbrennt, hast du das letzte Wort. Du als Spieler musst nicht
alles zu dem Thema wissen, aber du entscheidest, was IT als richtig gilt, wenn andere wegen deiner
Expertise auf dich zu kommen. Es muss nicht historisch korrekt sein, solange es im Großen und
Ganzen Sinn ergibt und zu einem interessanten Spiel führt.
Fälle als Experte nicht zu schnell ein Urteil zu einer Frage. Als IT-Schiedsrichter, was
Dinge zu deinem Spezialgebiet angeht, solltest du vorsichtig damit sein, manche Dinge zu eindeu-
tig oder zu einseitig zu auszulegen. Sorge dafür, dass deine Interpretation der Dinge mehr Spiel
generieren anstatt Möglichkeiten im Keim zu ersticken, indem sie zu keiner Lösung oder zu einer
zu einfachen Lösung führt. Es ist kein Problem im ersten Moment zu sagen: „Ich werde meine
Bücher zurate ziehen und Ihnen später eine Antwort geben!“ und dich dann kurz mit der Spiellei-
tung OT kurzzuschließen.
Leitfaden für die Dienerschaft3 Die Arbeit auf Lynwood Hall dreht sich immer um die Herrschaften und wenn sie sich nicht um die
Herrschaften dreht, dann dient sie als Hintergrund dafür, um über die Herrschaften zu reden. Das bedeutet
folgende Dinge für dich als Bediensteter:
Körperliche Arbeiten werden möglichst nicht alleine verrichtet, sondern mindestens
zu zweit. Ein Zimmer aufzuräumen macht an sich nicht viel Spaß, aber es kann sehr interessant
werden, wenn zwei oder drei Zimmermädchen ein Zimmer aufräumen und dabei tratschen.
Die Herrschaften benötigen Hilfe bei ihrer Garderobe. Korsette schnüren, Haare kämmen,
die Krawatte richten – all diese Tätigkeiten führen zu privaten Szenen zwischen den Herrschaften
und Bediensteten, bei der sie die seltene Gelegenheit haben, freier mit dir zu reden. Nutze die
Chance, um dich in ein Gespräch mit ihnen verwickeln zu lassen.
„Sehr wohl, Sir/Ma’am. Ich werde Jarvis damit beauftragen.“ Wenn du von einer Herr-
schaft aufgefordert wirst, etwas zu tun, was dir zu langweilig/schwer/herabwürdigend/etc. erscheint,
dann kannst du diesen Satz nutzen, um dem anderen Spieler zu signalisieren, dass die Aufgabe
nicht erledigt wird.
„Ich werde unten nachfragen, Sir/Ma’am.“ Manchmal kommt es vor, dass dein Charakter
aufgefordert wird, etwas zu tun, von dem du als Spieler nicht weißt, ob es möglich oder machbar
ist. In diesem Fall kannst du mit diesem Satz signalisieren, dass du bei der Spielleitung OT nach-
fragen wirst.
3 Basierend auf Designdokument von Fairweather Manor (Dziobak Larp Studios).
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Die Charakterbeschreibung Geburtsjahr Geburtsjahr und Alter deines Charakters Beruf Wie dein Charakter Geld verdient, falls er Geld verdient Angestellt seit Nur relevant für Bedienstete Jährlicher Lohn Nur relevant für Bedienstete Eigenschaften Einige kurze Hinweise darauf, wie dein Charakter tickt. Du bist frei, die Per-
sönlichkeit deines Charakters mehr auszuschmücken!
Hier folgen ein paar Absätze, in denen beschrieben ist, wie dein Charakter zu der Person geworden ist,
die er ist.
Beziehungen Hier folgen im Einzelnen vordefinierte Beziehungen mit bestimmten Charakteren. Je nach Hintergrund
des Charakters haben manche mehr vordefinierte Beziehungen und manche weniger. Von diesen vor-
definierten Beziehungen abgesehen bist du frei, sogar dazu angehalten, im Vorhinein durch Kontakt-
aufnahme mit anderen Spielern Beziehungen zu anderen Charakteren eigens zu definieren.
Lynwood Hall als LARP ist auf Beziehungen ausgelegt. Diese Beziehungen können auch über Klassen-
und Geschlechtergrenzen hinweg entstehen und bestehen. Das ist sehr wichtig: Wir spielen zwar in einer
Zeit, in der Klassen- und Geschlechterzugehörigkeit das Zusammenleben bestimmten; mit diesen Re-
geln kann jedoch gespielt oder sogar gebrochen werden.
Ideen & Überlegungen für dein Spiel 1. Hier stehen entweder spezielle Fragen zu deinem Charakter, die du dir selbst beantworten sollst
bzw. darfst, um tiefer in den Charakter einzusteigen, oder… 2. Vorschläge für Handlungen, welche für deinen Charakter typisch sein könnten, oder… 3. Vorschläge für Handlungsstränge, welche du vor Ort verfolgen könntest.
„Ideen & Überlegungen“ sollen als Inspiration dienen, wie du deinen Charakter spielen könntest. Vor-
schläge für Handlungen und Handlungsstränge sind optional, könnten aber zu bestimmten Reaktionen
von anderen Charakteren führen oder den Ball in die eine oder andere Richtung ins Rollen bringen…
Manche Spieler werden im Laufe des LARPs noch weitere „Ideen & Überlegungen“ durch die Spiellei-
tung in Form von Telegrammen oder Botschaften zugesteckt bekommen.
Meinungen und Ansichten Darüber hinaus bitten wir dich zu überlegen, welche Meinung dein Charakter zu gewissen Themen hat.
Auf den folgenden Seiten findest du eine Liste von Themen, die einfache Bezugspunkte und Interakti-
onsmöglichkeiten für eure Charaktere bieten.
Charaktere haben möglicherweise nicht zu allen hier aufgelisteten Themen eine starke Meinung oder gar das Wissen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass viele davon während des Spiels relevant werden. Dieser Abschnitt bietet nach dem Vorbild von Fairweather Manor einige Ideen und Anregungen, wie man die Themen angehen kann, die für die Menschen von 1915 relevant waren.
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Falls ihr große Änderungen plant (insbesondere was Familienbeziehungen konstruieren angeht) oder euch
nicht sicher seid, was ihr ändern könnt, geht bitte auf Nick zu.
Meinungen und Ansichten
Möglichkeiten, um ein interessantes Spiel zu schaffen
Lynwood Hall handelt natürlich von mehr als den in diesem Abschnitt aufgeführten Themen, aber dies
sind nur einige der wichtigsten Dinge, über die die Charaktere möglicherweise diskutieren werden. Und
obwohl einige Meinungen besser zu bestimmten Arten von Charakteren passen (es ist recht unwahrschein-
lich, dass Lord Grenville Kommunist ist!), hast du viele Freiheiten. Es ist durchaus möglich, am LARP
teilzunehmen, ohne diesen Abschnitt gelesen zu haben, aber er gibt einen kurzen Überblick über die
wichtigsten damaligen Themen – und Ideen, wie man mit ihnen spielen kann.
Meinungen können die unwahrscheinlichsten Verbündeten liefern
Angesichts der Vielzahl an Themen und möglichen Positionen ist es quasi egal, mit wem du interagierst;
ihr werdet auf einigen Gebieten unterschiedliche Meinungen haben, aber auch welche haben, wo ihr euch
einig sind. Unsere Hoffnung ist, dass es zu einigen interessanten und unerwarteten Allianzen kommt, die
das Spiel bereichern, und euch dabei helfen eure Charaktere dreidimensionaler zu gestalten. Selbst zwie-
lichtigere Charaktere unter euch können so Verbündete finden, während die größten Gutmenschen auch
mal auf Widerstand stoßen werden. (Bedenke, dass es außer den Extremen auch immer ein Spektrum in
der Mitte gibt, in dem sich dein Charakter bewegen kann.)
1. Adel verpflichtet?
In diesen unruhigen Zeiten werden manche Dinge umgestürzt, andere schwinden langsam dahin: Auch
die Aristokratie, wie die Welt sie bisher gekannt hat, wird es in dieser Form nach dem Ersten Weltkrieg
nicht mehr geben. Der Adel hat gegenüber der Vergangenheit bereits an Einfluss verloren. Durch die
zunehmende Landflucht schrumpft das Einkommen ihrer Ländereien. Ihre Erben fallen in Schützengräben
genauso wie die Söhne einfacher Leute – sie bluten in diesen Zeiten alle rot.
Bald wird es keine Zofen und Dienstboten, in vielen Ländern keine Barone und Grafen mehr geben.
Überall werden Monarchien gestürzt und durch Demokratien oder Quasi-Demokratien ersetzt werden.
Die jahrhundertealten Privilegien der Blaublütigen werden abgeschafft oder reformiert werden. Bald wird
kaum etwas vom Glanz und Pomp des Adels übrig bleiben.
Herrschaften: Wie denkt dein Charakter über seine Privilegien? Ist er sich deren überhaupt be-
wusst? Weiß er das Glück seiner Geburt zu schätzen oder ist er ihm blind gegenüber? Denkt er,
dass er besser als normale Menschen sei? Ist er der Meinung, dass mit seinen Rechten auch Pflich-
ten verbunden sind? Wenn ja, in welcher Form nimmt er sie wahr?
Bedienstete: Was ist die Meinung deines Charakters über den Adel? Ist er fasziniert vom Glanz,
der von ihren Mitgliedern ausstrahlt? Sind sie Vorbilder für die Gesellschaft, zu denen man auf-
schauen und an denen man sich orientieren kann? Oder hat eine solche Gesellschaftsordnung, an
der eine kleine Anzahl von Menschen quasi seit ihrer Geburt an der Spitze steht, ausgedient? Sind
Adlige nicht mehr als glorifizierte Parasiten, die längst auf den Scheiterhaufen der Geschichte
gehören?
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2. Der Akt des Dienens
Mit dem Niedergang des Adels wird auch die Dienerschaft an Bedeutung verlieren. Während manche ihr
nicht nachtrauern werden und kaum für einen integralen Bestandteil der Geschichte halten, hat es diese
noble Aufgabe bereits seit Jahrhunderten gegeben. Der Akt des Dienens ist so alt wie der Adel selbst und
ohne die Macht des Adels wird diese alte und angesehene Aufgabe ihr Prestige und ihre Bedeutung ver-
lieren.
Wenn der Adel seine Haushalte verkleinert, um Kosten zu sparen, werden sich in Zukunft Dienstboten,
Stallburschen, Zofen, Dienstmädchen und viele andere neue Arbeit suchen müssen. Manche Butler wer-
den vielleicht ihren Job behalten können, aber was ist mit allen anderen, die ihr ganzes Leben lang gedient
haben? Keiner weiß, was die Zukunft für sie bringt.
Herrschaften: Wie ist die Sicht deines Charakters auf die Dienerschaft? Lästige Notwendigkeit?
Sind sie unter seiner Würde und nicht seiner Beachtung wert? Oder sind sie auch nur Menschen
wie du, mit Träumen, Wünschen und Bedürfnissen? Wie wirkt sich die Haltung deines Charakters
ihnen gegenüber auf dein Handeln als Arbeitgeber aus?
Bedienstete: Dient dein Charakter gerne oder ungerne? Sollten die Arbeitsbedingungen durch
den Zusammenschluss zu Gewerkschaften verbessert werden? Ist seine Anstellung Berufung oder
eher Mittel zum Zweck? Braucht er einfach nur ein Dach über dem Kopf und ein warmes Essen
im Bauch oder ist das sein Traumberuf? Definiert er sich über seine Aufgabe oder macht ihn viel
mehr als sein Job aus? Was würde dein Charakter machen, wenn es kein Bedarf für Diener mehr
gäbe? Wie würde er sich fühlen?
3. Der zweifelhafte Sinn des Krieges
Dieser Krieg gleicht keinem bisher dagewesenen. Keine glorreichen Angriffe zu Pferde, keine Chance auf
heroische Momente und persönliche Siege. Dafür ängstliches Kauern in Schützengräben und die verzwei-
felte Hoffnung, dass man nicht jeden Moment von gesichtslosen Feinden totgeschossen wird, die genauso
verängstigt und verwirrt sind wie man selbst. Bei einigen macht sich ob der Absurdität des Ganzen längst
Zynismus und Pessimismus breit und bald wird man auf die Wehrpflicht zurückgreifen müssen, um die
Reihen aufzufüllen.
Andere klammern sich an Ideale, um weitermachen zu können oder um all dem Sterben um sich herum
einen Sinn abzuverlangen. Für irgendetwas muss es ja gut sein – wenn nicht für einen selbst, dann zumin-
dest für König und Vaterland.
Was weiß dein Charakter über die aktuelle Situation? Was denkt er über den Krieg? Ist er vielleicht
sogar grundsätzlich Pazifist? Hat er bereits jemand Nahestehendes verloren oder fürchtet er, dass
jemand nahestehendes in den Krieg ziehen wird? Ist es ruhmreich für das Vaterland zu sterben?
Sind Soldaten Helden und alle Drückeberger Feiglinge? Erwägt dein Charakter sich freiwillig zu
melden? Wenn ja, warum? Oder hofft er, dass der Krieg schnell zu Ende ist, bevor die Wehrpflicht
eingeführt wird?
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4. Romantik & Liebe
Die Liebe hat in der Geschichte schon immer einen schweren Stand gehabt. Sagen erzählen uns, dass für
die Liebe Kriege geführt und Städte zerstört worden sind. Liebe hat es bei den meisten Hochzeiten zwi-
schen Herrschaften selten gegeben. Heirat war ein Mittel zum Zweck und Liebe mit Glück ein Nebenpro-
dukt. Doch die Zeiten ändern sich langsam und die Töchter und Söhne beginnen gegen ihre Eltern auf-
zubegehren.
Die Unterschiede zwischen den Klassen scheinen immer noch unüberwindbar, aber der Krieg trägt dazu
bei, dass Männer sich angesichts des bevorstehenden Todes wagemutiger geben, Frauen verliebter sind
und die Zukunft so unsicher ist, dass man vielleicht mehr aus der Gegenwart macht. Wieder andere klam-
mern sich an die Konventionen von gestern, um Halt in diesen turbulenten Zeiten zu finden.
Wie denkt dein Charakter über die Liebe? War er schon mal verliebt? Glücklich oder unglücklich?
Sind Ehe und Liebe zwei verschiedene Dinge für ihn oder sind sie für ihn untrennbar miteinander
verbunden? Welchen Stellenwert hat die Liebe für deinen Charakter überhaupt? Sind ihm andere
Dinge vielleicht wichtiger? Sind Angemessenheit und Schicklichkeit bei der Partnerwahl wichtiger
oder fällt die Liebe einfach, wohin sie will?
5. Glaube ist Hoffnung
Die Morgenandacht ist auf Lynwood Hall für jeden Hausbewohner, ob Herrschaften oder Bedienstete,
Pflichtprogramm. Auch wenn die Kirche seit Henry VIII. längst an Bedeutung verloren hat, prägt sie seit
jeher das Alltagsleben und die Moralvorstellungen der Menschen und Gläubigkeit wird quasi vorausge-
setzt. Vor allem, wenn überall herum die Vernunft versagt, findet der Glaube manchmal selbst zu den
größten Zweiflern zurück.
Ist dein Charakter gläubig? Wie lebt er seinen Glauben und hat dieser tatsächlich auch Auswir-
kung auf sein Leben und Handeln? Oder geht er sonntags einfach nur in die Kirche, weil es
erwartet wird und alle anderen gehen? Oder zweifelt er womöglich sogar an der Sinnhaftigkeit
von Religion?
6. Die Rolle der Frau
Es ist eine aufregende Zeit, Frau zu sein. Die Frauenwahlrechtsbewegung nimmt immer mehr an Fahrt auf;
das Frauenwahlrecht und die politische Gleichstellung mit dem Mann rücken immer näher – der Traum
für viele könnte bald wahr werden. Suffragetten werden aufgrund ihrer brisanten Forderungen und vor
allem wegen ihres radikalen Vorgehens von der Politik oft zum Schweigen gebracht, aber die Bewegung
ist nicht tot, auch wenn sie etwas versteckter stattfindet. Wer sich nicht mit dem Thema befasst, könnte
leicht meinen, dass es nicht relevant wäre und kein Bedarf besteht, doch in Wahrheit ist die Entwicklung
längst nicht mehr aufzuhalten.
Was denkt dein Charakter über die Suffragettenbewegung oder die Rolle der Frau im Allgemei-
nen? Gehören Frauen für dich an den Herd und nicht in die Wahlkabine? Traust du ihnen/dir so
viel politische Verantwortung zu? Ist die Gleichstellung der Frau mit dem Mann für dich denkbar
oder einfach nur absurd? Denkst du es ist nur eine Phase und die Bewegung wird bald im Sand
der Realität versinken?
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7. Das britische Empire
Im Laufe von Jahrhunderten waren aus den englischen Überseebesitzungen, Handelsposten und Strafko-
lonien unter der Herrschaft des Vereinigten Königreichs Herrschaftsgebiete, Kronkolonien, Protektorate,
Mandatsgebiete und sonstige abhängige Gebiete hervorgegangen. 1915 war das größte Kolonialreich der
Welt noch sieben Jahre von seiner größten Ausdehnung entfernt und doch bereits im Untergang begriffen.
Es war der Anfang vom Ende: Das Deutsche Reich und die Vereinigten Staaten hängen das Britische
Empire zusehends wirtschaftlich ab und in Irland haben Unabhängigkeitskampagnen zu einem Gesetz für
die Selbstverwaltung geführt.
Wie steht dein Charakter zum Britischen Empire? Hält er es nach wie vor anderen Staaten gegen-
über als überlegen? Ist er stolz auf die kolonialen Errungenschaften? Wie steht er dem irischen
Unabhängigkeitsbestreben entgegen?
Hobbies und Interessen Hobbies und Interessen eures Charakters, die für Gesprächsthemen, Beschäftigungs- und Verknüpfungs-
möglichkeiten sorgen, möchten wir nicht ohne euren eigenen Input festlegen. Ihr bekommt die Gelegen-
heit, aus unten stehender Liste (nicht abschließend) auszuwählen, welche Hobbies und Interessen euer
Charakter hat. Falls ihr nicht die Zeit oder Lust habt, euch selbst welche auszusuchen, legen wir Hobbies
und Interessen für euren Charakter fest. Bedienstete können dieselben Interessen wie Herrschaften haben,
auch wenn sie sie aufgrund von Zeit- und Geldmangel nicht als Hobbies ausüben können. Ob ihr als
Spieler die Fähigkeit habt oder nicht, spielt keine Rolle für die Auswahl; im letzteren Fall müssen euch
eure Mitspieler einfach hochspielen.
Automobile
Billard
Boule-Spiel
Boxen
Briefe schreiben
Esoterik
Filme
Fischen
Flugzeuge
Gesang/Singen
Golf
Handarbeit
Hockey
Jagen
Kartenspiele
Krocket
Kunst/Malen
Lesen
Mode
Musik/Musizieren
Oper
Pferderennen
Politik
Psychoanalyse
Reiten
Schwimmen
Segeln
Singspielhallen
Sonntagsschule
Tanz/Tanzen
Tennis
Theater
Wohltätigkeit
…
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Kostüme4 Lynwood Hall spielt in 1915 und das Erscheinungsbild der Charaktere sollte dies in den Grundzügen
widerspiegeln. Dieses Kapitel soll euch bei der Auswahl des Kostüms und der Ausstattung Orientierung
bieten. Wenn ihr Fragen darüber hinaus habt oder eine persönliche Kostümberatung wünscht, zögert bitte
nicht, uns zu kontaktieren. Wir helfen euch gerne weiter.
Wir verlangen keine exakte, historisch korrekte Kostümierung bis ins kleinste Detail – das allgemeine
Erscheinungsbild ist uns wichtiger und hat den Zweck, den Unterschied zwischen Herrschaften und Be-
diensteten und die Hierarchie unter den Bediensteten hervorzuheben und dem Stil der Epoche ungefähr
zu entsprechen. Ihr könnt euer Kostüm selbst nähen, von der Stange kaufen oder es aus modernen Klei-
dungsstücken zusammenstellen, die ihr bereits in eurem Schrank hängen habt.
Richtlinien für Herrschaften Herren
Für tagsüber:
o Weißes Hemd
o Dreiteiliger Anzug
o Krawatte
Für die Jagd:
o Weißes Hemd
o Anzug mit Norfolk-Jacke oder Tweed-Jacke
o Krawatte
Für abends:
o Weißes Frackhemd
o Weiße Frackweste
o Schwarzer Frack
o Weiße Fliege
Damen
Für tagsüber:
o Knöchellanges, langärmeliges Kleid ODER ein knöchellanger Rock mit einer langärmeli-
gen Bluse.
Für abends:
o Knöchellanges Kleid
o Ellenlange Handschuhe
o Verheiratete Frauen: Diadem als Kopfschmuck
4 Basierend auf Nothing to See Here von Skeleton Key Productions.
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Richtlinien für Bedienstete Während Bedienstete theoretisch extrem ähnliche oder identische Kleidung tragen würden, wollen wir nur
auf einen grundsätzlich einheitlichen Look für alle hinaus. Einige wichtige Dinge, auf die ihr dabei achten
solltet:
Knöchellange Röcke und Kleider können für Bedienstete zu lang sein, da ihr beim Treppensteigen
über euren eigenen Saum stolpert, wenn ihr dabei etwas tragt. Unter dieser Bedingung sollten sie
dennoch so lang wie möglich sein.
Bedienstete sollten davon absehen, grelle oder kräftige Farben zu tragen. Obwohl es in jener Zeit
mit dem Aufkommen von Anilinfarbstoffen sehr grelle, stechende Farben durchaus gab, waren
diese ausschließlich den Herrschaften vorbehalten.
Abbildung 1: Anthony Hopkins in The Re-mains of the Day als Butler Mr. Stevens
Butler
Weißes Hemd, vorzugsweise mit Kläppchenkragen
Vorzugsweise grau gestreifte oder schwarze Anzughose
Schwarze Weste
Vorzugsweise schwarzer Cutaway oder Frack
Schwarze Anzugschuhe
Schwarze Krawatte
Weiße Handschuhe; falls ihr keine habt, werden sie von uns
gestellt.
Abbildung 2: Stephen Fry in Jeeves and Wooster als Kammerdiener (Mr.) Jeeves
Kammerdiener
Weißes Hemd
Vorzugsweise grau gestreifte oder schwarze Anzughose
Schwarze Weste
Schwarzes Anzugjacke
Schwarze Anzugschuhe
Schwarze Krawatte
Weiße Handschuhe; falls ihr keine habt, werden sie von uns
gestellt.
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Abbildung 3: Thomas Howes und Rob James-Collier in Downton Abbey als Dienstboten William und Thomas
Dienstboten Weißes Hemd, vorzugsweise mit Kläppchenkragen
Schwarze Anzughose
Vorzugsweise tiefgeschnittene Weste (Farbe und ggf.
Muster mit restlichen Dienstboten abzustimmen)
Vorzugsweise schwarzer Frack oder Anzugjacke,
vorzugsweise mit goldenen Knöpfen (mit restlichen
Dienstboten abzustimmen)
Schwarze Anzugschuhe
Weiße Fliegen und weiße Handschuhe; falls ihr
keine habt, werden sie von uns gestellt.
Zofen Langer schwarzer Rock mit einer hochgeschlosse-
nen, langärmeligen hellen Bluse
Schal oder Schultertuch in gedeckter Farbe, falls es
kalt wird
Bequeme schwarze Schuhe oder Stiefeletten
Abbildung 4: Joanne Froggatt, Rose Leslie und Pearl Legay-Clarke in Downton Abbey als Dienst-mädchen Anna, Gwen und Lily
Dienstmädchen Langes, langärmeliges schwarzes Kleid ODER ein
langer, schwarzer Rock mit einer hochgeschlosse-
nen, langärmeligen schwarzen Bluse
Schal oder Schultertuch in gedeckter Farbe, falls es
kalt wird
Bequeme schwarze Schuhe oder Stiefeletten
Schürzen und Hauben werden von uns gestellt.
Beiköchin Langes, langärmeliges Kleid ODER ein langer Rock
mit einer hochgeschlossenen, langärmeligen Bluse.
Muss nicht schwarz sein; am besten eignen sich Blu-
men- und Streifenmuster in gedeckten Farben.
Schal oder Schultertuch in gedeckter Farbe, falls es
kalt wird
Schürzen und Hauben werden von uns gestellt.
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IT-Modesünden für Bedienstete
Im Folgenden findet ihr eine Auswahl von Optionen, die euren Charakter in Schwierigkeiten mit seinen
Vorgesetzten bringen können – sowohl für diejenigen, die IT-Ärger vermeiden möchten als auch für die-
jenigen, die provozieren möchten. Gleichzeitig ist das letzte, was wir wollen, dass sich Spieler in ihrem
Kostüm unwohl fühlen, weil sie etwas tragen, wodurch sie sich OT wohl fühlen. Regeln müssen daher sehr
offensichtlich verletzt werden, bevor euer Charakter mit irgendwelchen Kommentaren oder Strafen seitens
seiner Vorgesetzten zu rechnen hat.
Schmuck. Ohrringe, Armbänder, Armreifen und jeder andere sichtbare Schmuck gehören sich
nicht für ein Dienstmädchen, das seinen Platz in der Gesellschaft kennt. Ein einfaches Kreuz oder
Medaillon unter der Bluse oder eine Taschenuhr sind in Ordnung, aber eine auffällige Präsenta-
tion ist nicht gestattet und kann zur Beschlagnahme des betreffenden Gegenstands führen. (Wir
gehen standardmäßig davon aus, dass alle Ringe, die ihr IT tragt, aus OT-Gründen getragen wer-
den.) Zofen haben hier etwas größeren Spielraum und können sich einfachen Schmuck erlauben,
wobei sie damit niemals die weiblichen Herrschaften überstrahlen sollten.
Offensichtliches Make-up. Grelles Make-up verband man damals mit Unsittlichkeit, nicht mit
den christlichen Werten, die das Dienen der Arbeiterklasse vermitteln sollte. Uns ist egal, ob ihr
als Spieler Foundation oder Concealer tragt. Wenn ihr diese Regel absichtlich missachten möchtet,
muss es sich um offensichtlichen Rouge und Lippenstift oder sogar um ein starkes Augen-Make-
up handeln. Wenn ihr eine Schelte wollt, müsst ihr ein bisschen übertreiben.
Übermäßig gestyltes Haar. Zofen haben auch hier wie beim Schmuck einen gewissen Spiel-
raum; aufwändige Locken und frisierte Stile sind dennoch weiterhin den weiblichen Herrschaften
vorbehalten. Von den Dienstmädchen wird erwartet, dass sie ihre Haare ordentlich tragen (z. B.
im Dutt oder in Form von hochgesteckten Zöpfen).
Unordentliches Aussehen. Von den Bediensteten wird erwartet, dass sie sich vor den Herr-
schaften stets sauber und ordentlich präsentieren. Es ist eine ernste Angelegenheit, in einer schmut-
zigen Schürze oder ohne Frack/Jackett gesehen zu werden. Das Küchenpersonal ist davon ausge-
nommen, zeigt sich aufgrund dessen aber in der Regel ohnehin nicht den Herrschaften.
Unangemessene Kleidung ist in jeder Position inakzeptabel. Dies kann Folgendes umfassen:
o Für männliche Charaktere: In Hemdsärmeln zu sehen sein (d. h. ohne Weste oder
Frack/Jackett), hochgekrempelte Ärmel, wenn man nicht gerade körperliche Arbeit ver-
richtet, aufgeknöpfte Weste, aufgeknöpfter Kragen, ungebundener Krawatte oder Fliege,
hochgerollte Hosenbeine.
o Für weibliche Charaktere: Die Zurschaustellung des Dekolletés aus irgendeinem Grund,
der nicht unbedingt medizinisch notwendig ist, hochgekrempelte Ärmel, wenn man nicht
gerade körperliche Arbeit verrichtet, grelle Strümpfe, sehr langes, offen getragenes Haar.
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Wie das Spiel gespielt wird
Spielstil Lynwood Hall ist kein LARP mit Punkten und Siegbedingungen, sondern ein LARP, bei der ihr Teil einer
größeren Geschichte seid, die wir gemeinsam erzählen. Eure Charaktere mögen Motivationen und Ziele
haben, aber ganz nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ ist ihr Weg wichtiger, als dass sie ihre Ziele am
Ende erreichen. Oftmals ist es interessanter, wenn man bereit ist zu scheitern, sich überwältigen zu lassen
oder in den Hintergrund zu rücken, um andere in das Scheinwerferlicht zu stellen.
Wir legen daher Wert auf einen kooperativen Spielstil, der sich auf folgende zwei wichtige Konzepte aus
dem Nordic LARP stützt:
Play to lose: Ein Charakter, der immer gewinnt, der immer Erfolg hat, der immer alles weiß,
wird auf Dauer langweilig und frustriert nur sein Umfeld. Ein Charakter, der dagegen Schwächen
hat, gegen Hindernisse ankämpfen muss und auch mal scheitert, ist um ein Vielfaches menschli-
cher und spannender. Wenn ihr daher an entscheidenden Stellen auch mal zulasst, dass euer
Charakter Fehler macht und damit seine Ziele nicht erreicht, kreiert ihr besseres Drama und damit
mehr Spiel für euch und die anderen. Ihr schenkt den anderen noch dazu ein Erfolgserlebnis und
bekommt selbst die Möglichkeit, euer Versagen auszuspielen, was euer Spiel nur bereichern kann:
Denn während bei einem Erfolg eine Story meist ihr Ende findet, kann ein Misserfolg dagegen
völlig neue Storylines entstehen lassen, da euer Charakter nun z. B. einen Weg finden muss, wie
er weitermachen kann.
Play to lift könnte auch als „play to let others win“ bezeichnet werden und ermöglicht den Spie-
lern auch Charaktere mit Fähigkeiten zu spielen, die sie selbst nicht besitzen: z. B. eine talentierte
Opernsängerin, auch wenn man selbst keinen Ton trifft? Kein Problem! Indem die anderen Spieler
schmachten und schwärmen, wenn sie anfängt zu singen (und nebenher die Arie aus einem ver-
steckten Lautsprecher laufen lässt), „spielen“ sie sie „hoch“. Eine bekannte Theaterschauspielerin
kann von allen erkannt und ständig nach Autogrammen gefragt werden etc. Beachtet allerdings,
dass es sich stets um einen win für den Spieler, nicht den Charakter handelt. Wenn ein Spieler
möchte, dass sein Charakter ein schlechter Redner ist, ist es auch play to lift, wenn ihr ihn nach
einer Rede besonders laut ausbuht und somit „runterspielt“. Wenn alle bereit sind, sich gegenseitig
nach Bedarf hoch- bzw. runterzuspielen, bereichern wir unser gemeinsames Spiel und jeder kann
darstellen, wozu er alleine nicht im Stande wäre.
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Dramaturgie5 Lynwood Hall wird ohne nennenswerte OT-Pausen gespielt (Ausnahme: zweiter Spieltag von 14:30 bis
15:30 Uhr, siehe Zeitplan). Es macht jedoch aus dramaturgischen Gründen Sinn, dass wir das LARP nach
dem Vorbild von Fairweather Manor für uns gedanklich in Akte einteilen, die einen Spannungsbogen
über die zwei Spieltage bilden. Diese gedachten Akte dienen jedoch nur zur Orientierung, damit wir nicht
unser gesamtes dramatisches Pulver bereits am ersten Tag verschießen (und uns dann wundern, warum
der zweite Tag so langweilig ist); sie stellen keine strenge Richtlinie dar, nach der wir uns sklavisch zu
richten haben. Die Handlungsstränge einzelner Charaktere können aufgrund eurer Entscheidungen auch
deutlich davon abweichen.
Akt I: Anspannung & Skepsis (Freitag bis zum Tee)
Die Familien lernen sich kennen; man begegnet sich noch höflich und vorsichtig. Unter der Dienerschaft
herrscht eine Nervosität und Anspannung aufgrund der hohen Erwartungen, die mit dem Besuch der
Familie Meysey verbunden sind.
Akt II: Vorahnung & Enthüllung (Freitag bis in die Nacht)
Risse in der Fassade werden sichtbar. Abneigungen oder Zuneigungen, die sich angebahnt und/oder bisher
mühevoll versteckt wurden, brodeln unter der Oberfläche. Lang gehegte Geheimnisse dringen über die
Korridore an die Ohren derer, die sie nie hören sollten.
Akt III: Konfrontation & Eskalation (Samstag bis zum Tee)
Konflikte treten offen zu Tage, heftige Gefühle übernehmen die Oberhand. Es werden scharfe Worte
gewechselt; Herzen und Freundschaften zerbrechen… oder finden zusammen. Die strengen gesellschaftli-
chen Normen treten in den Hintergrund; an so einem denkwürdigen Tag ist fast alles möglich.
Akt IV: Resignation / Versöhnung (Samstag bis Ende)
Das Nachspiel sieht für jeden anderen aus: Einige resignieren ob der Umstände, die sich ihnen bieten.
Manche können Frieden schließen, mit sich und/oder mit anderen. Andere machen bereits Pläne für die
Zukunft und hoffen, dass sie anderes mit sich bringt.
Um die Handlung voranzutreiben, bekommen manche Spieler im Laufe des Spiels noch weitere „Ideen &
Überlegungen“ in Form von „Regieanweisungen“ durch die Spielleitung zugesteckt, die dazu anregen
sollen, mit bestimmten Charakteren zu interagieren oder bestimmte Dinge zu tun. Diese optionalen Regie-
anweisungen können euch in Form von Telegrammen mit Meta-Informationen oder IT-Briefen begegnen,
die euch oder euren Charakter mit bestimmten Informationen versorgen oder im Fall der IT-Briefe für
zusätzlichen Flair sorgen.
5 Basierend auf Designdokument von Fairweather Manor (Dziobak Larp Studios).
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Zeitplan
Erster Spieltag
Die Herrschaften Die Dienerschaft
08:15 – 08:30 Frühstück
08:30 – 09:00 Morgengarderobe
09:15 – 09:30 Morgenandacht
09:30 – 10:00 Frühstück
10:30 – 11:00 Ankunft der Gäste
11:30 – 12:30 Dinner (Mittagessen)
13:00 – 14:00 Luncheon (Mittagessen)
16:00 – 17:00 Nachmittagstee
17:00 – 18:00 Nachmittagstee
19:00 – 20:00 Abendgarderobe
20:00 – 21:00 Dinner
21:30 – 22:00
Supper (Abendessen)
Zweiter Spieltag
Die Herrschaften Die Dienerschaft
08:15 – 08:30 Frühstück
08:30 – 09:00 Morgengarderobe
09:15 – 09:30 Morgenandacht
09:30 – 10:00 Frühstück
10:30 – 11:30 Jagdgesellschaft der Herren
11:30 – 12:30 Dinner (Mittagessen)
13:00 – 14:00 Luncheon (Mittagessen)
14:30 – 15:30
Spielpause: In dieser Zeit sind alle Schlafzimmer ausnahmsweise auch tagsüber OT. Wer möchte, kann sich für eine Pause aufs Zimmer zurückziehen. Wir wollen damit die Ab-
wesenheitszeiten bündeln und vermeiden, dass Spieler sich zu unterschiedlichen Zeiten ausruhen und aneinander vorbeispielen. Die Pause ist nicht verpflichtend; der Rest des
Hauses kann normal weiter bespielt werden.
16:00 – 17:00 Nachmittagstee
17:00 – 18:00 Nachmittagstee
20:00 – 21:00 Abendgarderobe
21:00 Spielende: Die Herrschaften betreten den Speisesaal für das Abendessen, wo sie OT von
den Spielern der Bediensteten in Empfang genommen werden.
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Mechaniken zur Spielsteuerung6 Da es im Spiel zu dramatischen Szenen kommen kann, ist es hilfreich über ein Regelwerk zu verfügen, um
euch peinliche oder unangenehme Situationen im Spiel zu ersparen. Wir möchten, dass ihr klar eure
Grenzen kommunizieren und die Intensität des Spiels regulieren könnt, ohne es dabei zu unterbrechen.
Für das Spiel gelten daher folgende Regeln und Mechaniken:
1. OT-Momente sind okay. Es ist absolut okay, das Spiel für einen Moment zu unterbrechen, um
etwas kurz zu klären. Keiner muss sich dumm fühlen, sich von Interaktionen überraschen lassen
oder sich durch unklare Szenen durchbeißen. Um kurz in OT zu sprechen, sagt „Kurz OT…“ oder
haltet euch kurz die Faust auf den Kopf (auch sichtbar von hinten).
2. Achtet auf eure Mitspieler. Manchmal spielt jemand so gut, dass ihr nicht wisst, ob es der
Person wirklich schlecht geht oder nicht. Manchmal traut sich jemand nicht, etwas zu sagen, selbst
wenn es ihm schlecht geht. Dafür gibt es das -Handzeichen, um sich diskret nach dem Wohlbe-
finden des anderen zu erkundigen, ohne das Spiel zu unterbrechen. Spieler 1 führt die Geste aus,
während er Augenkontakt mit Spieler 2 herstellt: „Alles okay?“ Spieler 2 kann mit einer der drei
folgenden Handzeichen antworten:
a) bedeutet „Alles okay, bitte weitermachen.“ Dieses Handzeichen kann auch proaktiv
verwendet werden, um anderen zu signalisieren, dass man wirklich keine Hilfe braucht,
wenn man z. B. starke negative Emotionen spielt, alleine eine Pause macht oder einen
(Erstickungs-)Anfall spielt.
b) bedeutet „Mir geht es nicht gut.“ Spieler 1 sollte Spieler 2 fragen, ob er mit der Spiellei-
tung sprechen oder einen OT-Raum aufsuchen möchte. Dieses Handzeichen kann eben-
falls proaktiv verwendet werden, um Hilfe einzufordern.
c) Flache Hand mit Handfläche nach unten bedeutet „Ich bin mir nicht sicher.“ Spieler 1
sollte trotzdem Spieler 2 fragen, ob er mit der Spielleitung sprechen oder einen OT-Raum
aufsuchen möchte.
3. Die Intensität des Spiels kann mit den Kommandos Lento, Moderato und „Ist das al-
les?“ gesteuert werden. Wenn die Intensität des Spiels – sei es Wut, Lautstärke oder Flirten etc.
– reduziert oder verlangsamt werden soll, kann Len to gerufen werden. Es kann unter vier Augen,
bei kleinen Gruppen oder auch bei großen Gruppen verwendet werden, um z. B. eine Eskalation
herunterzufahren und das Spiel in eine produktivere Richtung zu führen. Funktionsweise:
1. Spieler 1 ruft „Lento“.
2. Spieler 2 (oder alle Spieler in Hörweite) gehen einen Schritt zurück, reduzieren die Laut-
stärke oder reduzieren auf andere Art und Weise die Intensität der Szene. Die Entschei-
dung wird nicht in Frage gestellt oder kommentiert.
3. Die Szene wird ohne Unterbrechung mit etwas reduzierter Intensität fortgeführt. Es kann
mit dem -Handzeichen geprüft werden, ob das angepasste Spiel für Spieler 1 jetzt okay
ist.
Wenn die Intensität genau richtig ist und man keine Veränderung wünscht, kann M ode ra t o
gerufen werden. Um den gegenteiligen Effekt zu erreichen, kann man zum Gegenüber oder in die
6 Basierend auf https://nordiclarp.org/2016/09/09/creating-culture-trust-safety-calibration-larp-mechanics/.
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Runde „ I s t d a s a l l e s ? “ rufen. Dies ist als Aufforderung zu verstehen, die Intensität zu erhöhen,
der man optional nachkommen kann, aber nicht muss, wenn es einem unangenehm ist.
4. Im Notfall kann das Spiel mit dem Kommando Cut unterbrochen werden. Wenn sich
jemand bedrängt fühlt oder sofort das Spiel angehalten werden muss, kann Cu t gerufen werden.
Cut funktioniert wie auf einem Filmset: alle Handlungen kommen zum Erliegen. Die anderen
Spieler erkundigen sich nach dem Wohlbefinden des Spielers, der Cut gerufen hat, und, ob er die
Szene verlassen möchte oder etwas anderes braucht. Funktionsweise:
1. Spieler 1 ruft „Cut“.
2. Spieler 2 (oder alle Spieler in Hörweite) unterbrechen das Spiel und erkundigt sich nach
den Bedürfnissen von Spieler 1. Die Entscheidung wird nicht in Frage gestellt oder kom-
mentiert.
3. Spieler 1 entscheidet sich entweder die Szene zu verlassen oder mit geringerer Intensität
zum Spiel zurückzukehren. Die Szene wird (mit den übrigen Spielern) fortgeführt.
5. Diskrete Ab- und Aufgänge sind mit Lookdown möglich. Wenn ihr feststellt, dass ein
Thema oder eine Szene nicht in die gewollte Richtung geht, ihr kein Interesse habt eine Szene zu
spielen oder sie sogar bedrängend findet, könnt ihr Lookd o wn (Hand über die Augen geschirmt)
benutzen. Mit Lookdown signalisiert ihr den anderen Spielern, dass ihr keine Hilfe benötigt. Ihr
entscheidet euch einfach nur dafür, aus einer Szene auszusteigen – aus welchem IT- oder OT-
Grund auch immer. Die Entscheidung wird nicht in Frage gestellt oder kommentiert. Wenn ihr
jemanden seht, der seine Augen abschirmt, ignoriert ihn einfach. Funktionsweise:
1. Spieler 1 schirmt seine Augen ab und entfernt sich von der Szene.
2. Spieler 2 (und alle anderen Spieler) führen die Szene ohne Unterbrechung fort.
Diese Geste erleichtert es, eine Szene zu verlassen, ohne viel Aufmerksamkeit auf sich oder seinen
Charakter zu ziehen und sich erklären oder rechtfertigen zu müssen; niemand muss sich durch
etwas durchspielen, was ihm Unbehagen bereitet. Da auf diese Aktion weder IT- noch OT-Kon-
sequenzen folgen, ist sie vor allem praktisch, wenn IT ein Machtgefälle besteht, das beim uner-
laubten Entfernen normalerweise zu einer Bestrafung führen würde. Lookdown kann nicht nur
verwendet werden, um eine Szene zu verlassen, sondern auch, um sie ohne IT-Konsequenzen zu
betreten (z. B. wenn ihr zu spät kommt, aber euer Charakter niemals zu spät kommen würde oder
ihr die IT-Konsequenzen des Zuspätkommens nicht spielen wollt).
Zusammengefasst:
„Alles okay?“
„Lento“ Intensität runter (verpflichtend)
„Moderato“ Intensität ideal
„Ist das alles?“ Intensität hoch (optional)
„Cut“ Spielunterbrechung (verpflichtend)
Lookdown-Geste Diskreter Abgang/unsichtbar
In der Praxis werden nicht immer alle Mechaniken gebraucht und im Laufe des Spiels auch einfach ver-
gessen. Es geht im Grunde nur darum, dass gegenseitige Rücksichtnahme geübt wird und keiner sich (als
Spieler) zu etwas gezwungen fühlen soll.
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Intimität und Sex Vor allem bei der Darstellung physischer Intimität ist es uns wichtig, dass ihr euch jederzeit wohl fühlt.
Intimität und Sex innerhalb eines LARPs kann auf viele verschiedene Weisen dargestellt werden, die sich
hauptsächlich in der Stärke der Immersion oder, in den Worten des LARP-Autors Mo Holkars, der „Sexi-
ness“ unterscheiden. Da das Spiel davon profitiert, wenn Charaktere bei romantischen Aktivitäten erwischt
werden können, kommen für uns folgende Möglichkeiten in Frage:
A. Geringe Immersion: Die Spieler sprechen OT kurz miteinander ab, was zwischen ihren Charakte-
ren geschieht, ohne sich dabei zu berühren. Wenn sie beschließen, dass ihre Charaktere miteinan-
der Sex haben, entfernt mindestens ein Spieler die oberste Kleidungschicht: Die Haube, die
Schürze, der Frack, das Jackett, die Weste, die Fliege, die Krawatte etc. Das Ausziehen benötigt
Zeit und gibt anderen Spielern die Chance, die Liebenden in flagranti zu erwischen. Nach been-
deter Tat ziehen sich beide wieder vollständig an.
B. Mittlere Immersion: Die Spieler wenden die Technik „Ars Amandi“ an. Hände, Arme, Schultern
und Nacken repräsentieren dabei den Körper und werden gegenseitig massiert, um Körperkontakt
darzustellen (wahlweise mit oder ohne Augenkontakt). Auch hier symbolisiert das Ausziehen der
obersten Kleidungsschicht den eigentlichen Akt. Je nachdem, wie sehr die Spieler „in the mo-
ment“ sind, können sie sich auch gegenseitig dabei helfen.
C. Hohe Immersion: Die Spieler spielen im Gegensatz zu Variante A und B den Körperkontakt aus
und nutzen die Mechaniken zur Spielsteuerung, um zu signalisieren, welches Level an Körperkon-
takt und Aktivität für sie noch in Ordnung ist. Auch hier symbolisiert das Ausziehen der obersten
Kleidungsschicht den eigentlichen Akt. Je nachdem, wie sehr die Spieler „in the moment“ sind,
können sie sich auch gegenseitig dabei helfen.
Es ist daher sinnvoll, bereits im Vorfeld kurz mit euren Mitspielern in Kontakt zu treten, mit deren Cha-
rakteren es zu solch einer Szene kommen könnte, und euch über Präferenzen auszutauschen. Im Rahmen
des Einführungsworkshops werden die unterschiedlichen Möglichkeiten vor Ort noch einmal demonstriert
und die Bereitschaft der einzelnen Spieler, sich auf so etwas im Spiel einzulassen, generell abgefragt. Im
Zweifel sollte die Bereitschaft noch einmal kurzfristig (auch jederzeit während des Spiels) zwischen den
betroffenen Spielern geklärt werden; die Intensität der einzelnen Szene kann jederzeit mit unseren Mecha-
niken zur Spielsteuerung beeinflusst werden.
Gewalt und Tod Generell ist Lynwood Hall nicht darauf angelegt, dass es zu Schusswechseln oder Faustkämpfen kommt,
da es sich schließlich um ein vornehmes Event in ehrbarer Gesellschaft handelt. Falls es spontan doch zu
physischen Auseinandersetzungen kommen sollte, sollten Kämpfe gefahrlos simuliert werden, indem
Hiebe nur angedeutet werden und der Gegner nur leicht und mit OT-Einverständnis angepackt wird. Die
Bereitschaft der einzelnen Spieler sich auf so etwas im Spiel einzulassen wird vor Ort generell abgefragt
und sollte im Zweifel noch einmal kurzfristig zwischen den betroffenen Spielern geklärt werden.
Kein Charakter kann in Lynwood Hall sterben… außer in den letzten 10 Minuten. Das heißt, dass bis 10
Minuten vor Ende jegliche Verletzungen oder Mordversuche auf wundersame Weise nicht tödlich enden
und z. B. durch Streifschüsse oder falsche Dosierungen wegerklärt werden müssen.
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Diebstahl Wenn ihr euren Charakter einen Gegenstand klauen lasst, denkt bitte daran, dass es sich um das Eigentum
anderer handelt und besonders pfleglich zu behandeln ist. Sorgt bitte dafür, dass der Gegenstand am Ende
des Spiels auch wieder unbeschadet zu seinem Besitzer zurückfindet.
Ein Objekt zu verstecken ist sehr einfach; es zu finden, viel schwieriger. In einem LARP sind Geheimnisse
jedoch nur dann sinnvoll, wenn sie irgendwann entdeckt werden können: Nur wenn ein verstecktes Objekt
entdeckt wird, kann es für das Spiel interessant sein. Wenn ihr etwas versteckt, behaltet dabei im Hinter-
kopf, dass es von einem anderen Spieler gefunden werden können muss. Bemüht euch beim Verstecken
daher nicht zu sehr, sonst wird es niemand finden und es wird nichts fürs Spiel bringen.
Medizin Als Charaktere mit medizinischem Wissen entscheidet ihr, wie sich Verletzungen und Krankheiten auf die
betroffenen Charaktere auswirken. Beachtet dabei:
Die Effekte sollten zwar einigermaßen realistisch sein und Konsequenzen für den Charakter haben,
die Spieler sollten aber dennoch in der Lage sein, weiter zu spielen.
Ihr könnt (außer in den letzten 10 Minuten) keinen für Tod erklären oder den Heilungsprozess
unnötig in die Länge ziehen.
Falls ihr euch unklar seid, wendet euch an die Spielleitung („Ich muss eben meine Bücher zurate
ziehen!“).
Chloroform
Ein Taschentuch, das mit einer milden Essiglösung getränkt ist, und auf das Gesicht einer Person gedrückt
wird, lässt sie das Bewusstsein verlieren. Wenn jemand so ein Taschentuch auf den Mund gedrückt be-
kommt, schläft er sofort ein und bleibt für einige Zeit bewusstlos (ca. 30-60 Sekunden). Man kann danach
entweder selbst in einem verwirrten Zustand erwachen oder vorher von einem anderen Charakter geweckt
werden. Bitte wehrt euch aus praktischen und spieltechnischen Gründen nicht dagegen; wir möchten nicht,
dass sich jemand dabei verletzt.
Das liebe Geld Die Schere zwischen Arm und Reich war damals noch größer als heute. Anfang des 20. Jahrhunderts
waren in Großbritannien noch viele verschiedene Wertmünzen im Umlauf; zur Vereinfachung werden wir
nur von Pfund und Schilling sprechen, dabei entsprechen 20 Schilling einem Pfund.
Die Herrschaften bekommen von Anfang an pro Person drei bis fünf Pfundnoten, die sie im Spiel
einsetzen können, wie sie möchten (zur Orientierung: fünf Pfund wären das Monatsgehalt des
Butlers von Lynwood Hall): jemanden belohnen, bestechen oder auch einfach nur spenden.
Die Bediensteten von Lynwood Hall bekommen ihren Wochenlohn innerhalb des Spiels in Schil-
ling ausgezahlt. Sie können ebenfalls damit machen, was sie wollen: sparen, sich bei der Haushäl-
terin Süßigkeiten kaufen oder anderen geben, die es nötiger haben.
Bitte gebt das Spielgeld am Ende vollständig an die Spielleitung zurück.
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Schlafzimmer Alle Räume inklusive Schlafzimmer sind tagsüber IT und können bespielt werden. Wir bitten euch hierzu
eure OT-Sachen so gut wie möglich am Donnerstagabend zu verräumen: Kleidung kann in manchen
Zimmern in die Schränke (manche verschlossen) gehängt werden, Koffer und Taschen können darin oder
unter Betten verstaut werden, Kulturbeutel sind am besten in den Badezimmern (nicht bespielt) aufgeho-
ben. Das einzige Schlafzimmer, das komplett OT ist und in das ihr euch im Notfall zurückziehen könnt,
ist das Schlafzimmer der Orga (Zugang über Dienersaal per Lookdown). Bitte meldet euch vorher bei der
Spielleitung ab.
Die Aufteilung auf die Schlafzimmer erfolgt in der Regel nach Rolle:
Lord Grenvilles Zimmer
(2 Personen) Lady Grenvilles Zimmer
(2 Personen) Elizas / Amys Zimmer
(2 Personen)
1. Gästezimmer der Herren
(4 Personen) Gästezimmer der Damen
(4 Personen) Bedienstetenschlafsaal
(6 Personen)
2. Gästezimmer der Herren (3 Personen)
Zimmer der Orga/SL
(3 Personen)
Da in einigen Fällen mehrere Personen OT ein Zimmer bewohnen (z. B. Gästezimmer der Herren bzw.
Damen), sie IT aber niemals alle in einem Zimmer geschlafen hätten, werden diese im Spiel als zu den
einzelnen Schlafzimmern zugehörige Aufenthaltsräume betrachtet. Nachts liegt es in eurem eigenen Er-
messen, ob und in welcher Weise (z. B. nur zu bestimmten Uhrzeiten) ihr den Raum bespielt oder nicht.
Nehmt dabei bitte Rücksicht aufeinander, wenn jemand einfach nur abschalten und schlafen möchte, und
sprecht euch bitte untereinander ab, wie ihr es handhaben wollt.
Angelehnte Türen stellen im Spiel geschlossene Türen dar, damit man sich dies als Spieler zunutze machen
kann (z. B. zufällig reinplatzen oder einem Gespräch lauschen) oder als Fotograf eintreten kann, um die
Szene zu fotografieren. Geschlossene Türen sind dagegen geschlossene Türen.
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Mitwirkende Ein LARP von Theresa Bacher und Nicholas Chung
Story
Nicholas Chung
Charaktere Nicholas Chung Theresa Bacher Larissa Berndt Diana Dinger
Vicky Heinzelmann Patrick Koch
Lektorat Vicky Heinzelmann
Ramona Volz
Requisiten Theresa Bacher Nicholas Chung
Küche Monika Bacher Larissa Berndt
Übersetzungen Nicholas Chung
Vicky Heinzelmann Kathrin Henkel Saskia Hohberg
Fotos 2020 Jörg Stefan Haselmeyer
Vicky Heinzelmann Saskia Hohberg Rumo Wehrli
Erstspieler 2020
Larissa Berndt
Melanie Bierwagen
Selma Demirel
Diana Dinger
Mischa Geiser
Sandra Glaser
Verena Hammer
Jörg Stefan Haselmeyer
Kathrin Henkel
Vicky Heinzelmann
Saskia Hohberg
Jonathan K.
Thomas Kistner
Patrick Koch
Friederike N.
Agnes Rettelbach
Marik Roos
Nathanael Roßmüller
Stefan Maria Takacs
Stefanie Thümmler
Ramona Volz
Rumo Wehrli
Spezieller Dank an
Charles Bo Nielsen für die Bereitstellung der Charakterbeschreibungen
von Fairweather Manor Run 1 zur Orientierung und Inspiration