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Untervazer Burgenverein Untervaz
Texte zur Dorfgeschichte
von Untervaz
1936
Fontes ad Historiam - Heft 07
Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.
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1936 Fontes ad Historiam - Heft 07 Franz Albert Perret aus: Perret: Fontes ad Historiam Regionis in Planis. Quellen zur Geschichte
der Bezirke Gaster, Sargans und Werdenberg, als der raetischen Teile des Kantons St. Gallen / erstmals im vollen Textlaut nebst einer Übersetzung mit Erläuterungen zusammengestellt von F.A. Perret. - 18 Hefte 1936-1938.
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S. 361: "Vul Ti. cultivar nies pievel cultivescha sia historia".
"Willst du unser Volk kulturell pflegen, so pflege seine Geschichte".
(P. B. Berther
Sehr geehrter Leser!
Wir gestatten uns vorerst einige prinzipielle Leitsätze, die uns bei der
Redaktion dieser Hefte massgebend sind, zu formulieren. Um das Studium der
Geschichte anzuregen, vermeiden wir es, uns lange über Dinge zu verbreiten,
die schon bereits angenommen sind, obwohl ein solches Verfahren für uns
leichter und namentlich risikofreier, aber auch wertloser wäre. Wir versuchen
jene Quellen und Autoren zu verstehen, die diesbezüglich am undankbarsten
sind. Wenn wir uns aber bei einer beliebigen Quellennummer mit einer solchen
Autorenansicht in diesem Sinne abzugeben haben, so ergibt sich daraus unsere
Einstellung zur einschlägigen Frage noch gar nicht. Dazu ist es schon
notwendig, unsere sämtlichen Texte, aus denen zusammen sich auch nur eine
moderne Meinung ergeben kann, durchzulesen. So haben wir unsere Ansicht
zur Räterfrage nicht bei Quellennummer 1, sondern bei Nr. 118 und 133
geäussert und zwar sehr ausführlich Was die innerrätischen Stammesfragen
anbelangt, müssen wir nach allen unseren Forschungen feststellen, dass die
Humanisten diesbezüglich viel logischer dachten als man heute allgemein
annimmt. Namentlich die gegenseitig verglichene Geographie führt uns zu
diesem Schluss.
Im vorliegenden Heft beschäftigen wir uns zum ersten Mal vom rätischen
Standpunkt aus mit jener rätischen oder rätisch-nachbarlichen
Handschriftenüberlieferung, die justinianisch-julianisches Recht enthält, da
heisst, die uns das justinianische Römerrecht so überliefern, wie es in den
Codices der Epitome Novellarum Iuliani enthalten ist. Diese Rechtsquellen
sind für Rätien bis anhin noch gar nie zusammengestellt worden! Es
rechtfertigt sich damit also vollständig, dass wir hier einmal ein Heft bieten,
das sich in einem Guss mit den rechtshistorischen Stoffen dieses oströmischen
Rechtstypus beschäftigt.
"Die Geschichte dieser Entwicklung hat mehr unter Geringschätzung und
Vernachlässigung gelitten als irgendein anderer Zeitabschnitt europäischer
Gesittung ….. was in diesen Rahmen nicht hineinpasste, blieb unbeachtet oder
wurde missverstanden.
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In Wirklichkeit ist die byzantinische Kultur mehr als der langsam zerfallende
Rest einer klassischen Vergangenheit: sie ist eine Neuschöpfung und bildet den
Hintergrund für die gesamte Entwicklung der mittelalterlichen Kultur.
Im Laufe des fünften Jahrhunderts waren die Kräfte der Auflösung überall
siegreich, und das Reich schien in eine Anzahl getrennter Gebiete zu zerfallen.
Im Westen waren die Goten
S. 362: dabei, ein unabhängiges Königreich in den römischen Provinzen zu errichten,
und die Vandalen überwachten das Mittelmeer.
Diese Entwicklung wurde jedoch durch die Regierung Justinians unterbrochen,
und im sechsten Jahrhundert erstarkte der römische Einfluss wieder mehr und
mehr. Das Werk des neuen Herrscherhauses war die Wiederaufnahme der
fünfunddreissig Jahre unterbrochenen Verbindung mit Rom und die
Abriegelung der syrischen Einflüsse, die den Hof des Anastasius
überschwemmt hatten. Und das war nur der Auftakt zu dem Werk der
Erneuerung und Ausdehnung des Reiches, der eigentlichen Leistung der
Herrschaft Justinians. Nacheinander wurden Afrika, Italien, Südostspanien von
den kaiserlichen Heeren wiedererobert, und noch einmal beherrschte das
Römische Reich die Mittelmeerwelt. Das christliche Reich genoss noch einmal
eine Stunde des Triumphes, bevor die Dunkelheit der folgenden Jahrhunderte
hereinbrach. Sein siegreiches Vordringen erweckte einen neuen kulturellen
Auftrieb. Wie die politische Erneuerung des sechsten Jahrhunderts eine
Rückkehr zu den Überlieferungen des römischen Staates ist, und wie die
gesetzgeberischen Leistungen den endgültigen Höhepunkt in der Entwicklung
der römischen Rechtswissenschaft darstellen, so ist das Schrifttum dieses
Jahrhunderts der letzte Ausdruck von zwölf Jahrhunderten griechischer Kultur.
Christoph Dawson (Die Gestaltung des Abendlandes)
Zur Notiz: Von S. 393-397 ist leider ein technisches Versehen unterlaufen,
weshalb die M und W beim Druck nicht scharf genug herausgearbeitet werden
konnten. Der geschätzte Laser möge dies freundlichst entschuldigen.
S. 363: 140. Kaiser Justinian gibt durch sein Titelwesen zu bedeuten, dass er im
Prinzip auf die Gebiete de weströmischen Reiches noch immer nicht
verzichtet habe. Justinian regierte von 527-565.
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IMPERATOR CAESAR IUSTINIANUS ALAMANNICUS GOTHICUS
FRANCISCUS GERMANICUS ANTICUS ALANICUS VANDALUCUS
AFRICANUS PIUS FELIX INCLITUS VICTOR AC TRIUMPHATOR
SEMPER AUGUSTUS.
Übersetzung: Befehlshaber und Kaiser Flavius Iustinianus, glückhafter und
ruhmreicher Besieger und Triumphator der Alemannen, Gothen, Franken,
Germanen, Anten, Alanen, Vandalen und Afrikaner als erhabener
immerwährender Augustus….
Quellen: U. a.:
Iustiniani Institutiones (ed. Girard p. 601.)
Digesta seu Pandectae Iustiniani. Augusti, De conseptione Digestorum (latine),
De confirmatione Digesterum (graece et latine).
Codex Iustinianus: De emendatione codiicis Iustiniani et secunda eius editione.
Iuliani Epitome latina Novellarum Iustiniani secundum versionem codicis 722
Sangallensis.
Anmerkungen:
Anticus: vom veneto-illyrischen Volk der Anten. Vergleiche hierzu die
Ausführungen zu den Nr. 118 und 139.
Alanicus Vandalicus: Über diese Stämme in der Raetia secunda siehe die
Ausführungen zu den Versen des Claudius Claudianus in Nr. 120.
Goticus Francicus: In Rätien herrschten nach der Völkerwanderung vorerst die
Goten, später die Franken. Bei Justinian fehlte also die Absicht nicht, sich da
als Souverän hineinzudrängen. Vergl. hierzu etwa die vorangehenden Nr. 128,
136 und 137.
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S. 364: 141. Ein churrätischer oder oberitalienischer Codex enthält nebst der
lateinischen Epitome des Julian über die Novellen des Juistinian (Iuliani
Epitome latina Novellarum Iustiniani) diverse andere justinianische
Gesetzesbestimmungen. Lebzeit des Kaisers Justinian: -565, Zeit der
Erscheinung der Novellen: gegen Ende der Herrschaft des Justinian. Zeit der
Konfektion der Epitome Juliani: zwischen 551-554. Zeit der Entstehung des
hier besprochenen Codex: Ende des IX. od. Beginn des X. Jahrhunderts.
Vorbemerkung.
Zur Einführung und Verständlichmachung der hier behandelten und der
nachfolgenden Quellennummern, verweisen wir auf folgende oben aufgeführte
Quellentexte.
a) Oströmischer Natur: Nr. 128, a. 506, Nr. 136 a. 541/42, Nr. 13 p. 348 a. 548,
Nr. 140 oben.
b) Italischer Natur: Vgl. Liste auf S. 309. Dazu kommt Nr. 134 ad annum 537.
c) Gotisch-italischer Natur: Nr. 131 a. 506/7 und Nr. 134 a. 537.
Für die Behandlung dieses und der nachfolgenden Codices stützen wir uns auf
das lateinische Vorwort von Gustav Haenel zu "Iuliani Epitome Latina
Novellarum Iustiniani", Leipzig 1873, wobei wir uns jedoch erlauben nach der
Ordnung unserer eigenen Gesichtspunkte vorzugehen. Ein solches
Herbeiziehen der vorhandenen Rechtswissenschaft ist dadurch gerechtfertigt,
dass selbe zum Studium der rätischen Geschichte in justinianisch- julianischen
Belangen bis anhin noch nie herbeigezogen wurde.
Identifizierung des vorliegenden Codex.
"Codex membranaceus Regiae Bibliothecae Berolinensis (Pergamentcodex der
königlichen Bibliothek Berlin) Access. Latin. fol. 269", einst "Petri Pithoei",
dann "Le Peleterianae Familiae", dann "Le Peleterii Rosanbo". Dann ging der
Codex über in die "Bibliotheque de Rosny", wo sie Haenel für die Berliner
Bibliothek ankaufte,
Aufschrift.
Auf dem Buchrücken steht: "Novellae Iustiniani / Imperatoris / de graeco in
latinum / translatae per / Iulianum antecessorem / Constantinopolitanum".
Ferner: "51, IX c et 81". Die Zahl 81/4 kommt vom Katalog der Familie Le
Pelletier.
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Auf der Rückseite des ersten Blattes ist die Foliozahl 202 aufgeführt. Zwischen
dem Deckel und dem Codex sind 5 Blätter eingeschaltet. Auf dem 5. Blatt
steht der oben aufgeführte Titel, dem beigefügt ist: "quae quidem novellae
editae sunt a Petro Pithoeo / I. C. et glossario illustratae a Francisco fratre".
S. 365: Inhalt des Codex.
1. Fol. 1a: Sechs Zeilen theologischen Inhalts.
2. Fol. 1b. - fol. 17a Zeile 10: Kapitelrubrik der Epitome des Julian bis Kapitel
DXCII. "de episcopis et monachis". Die Rubrik ist also durch mehrere Titel
aus den Novellen des Justinian gemehrt. Es fehlt jedoch der Titel der
Konstitution 125 "Quam jam videor".
3. Fol. 17a Zeile 11 - fol 19a Zeile 17: Kapitelverzeichnis "Lex Dei", auch
"Lex Dei quam praecepit Dominus ad Moyses" und "Mosaicarum et
Romanorum legum Collatio" genannt. Es ist hier zu beachten, dass die
Titel zu dieser "Lex Die", gleich wie im unten aufgeführten Codex
Vercellensis (Vercelli) zu der Epitome des Julian fortlaufend sind. Die Titel
der "Lex Die" sind in ihrem Original folgende:
I. De sicariis (et homicidiis casu vel voluntate)
De casualibus homicidis. Von den Mördern
(die einen Menschen durch Zufall oder freiwillig töten).
Von zufälligen Tötern,
II. De atroci injuria. Von der qualifizierten Injurie.
III. De jure et saevitia dominorum. Vom Recht der Herren und von
allfälligen Grausamkeiten derselben (eigenen Leuten gegenüber),
IV. De adulteriis. Vom Ehebruch.
V. De stupratoribus. Von der Vergewaltigung.
VI. De incestis nuptiis. Von der Verwandtenehe.
VII. De furibus et poena eorum. Von den Dieben und von ihrer
Bestrafung.
VIII. De falso testimonio. Vom falschen Zeugnis
VIIII. De familiaris testimonio non admittendo. Von der Unzulässigkeit
des Zeugnisses von Hausgenossen.
X. De deposito. Vom Depot.
XI. De abactoribus. Von den Viehdieben.
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XII. De incendiariis. Von den Brandstiftern.
XIII. De termine amoto. Vom Verrücken der Grenze.
XIIII. De plagiariis. Vom Plagiat.
XV. De maternaticis, maleficis et manichaeis. Von den Astrologen,
Hexern und Manichäern.
XVI. De legitima successione. Von der gesetzlichen Erbfolge. -
Der F des Gesetzes ist verloren.
4. Der Rest des Blattes 19 ist leer.
5. Fol. 20a - fol. 149b. Die Epitome des Julian bis Kapitel 564. Auf diese
folgen:
6. Einige Novellen des Iustinian, nämlich:
a) Fol. 149b: Epitome Novellae 134 "De Vicariis" (Im Original: De vicariis
et mulieribus adulteris aliisque capitibus)."Von den Vikaren" (Von den
Vikaren, von den ehebrüchigen Weibern und von anderen Dingen).
b) Novella 34 "Const. CXXIX, kap. DLXXXIV. Ut nulli liceat mutuanti
(Orig Nullum credentem agricolae tenere illius terram, et quantam debeat
usuram dare). Dass es keinem Leihenden erlaubt sei (die Erde jenes
Landmanns zu besetzen, dem er messbare, bewegliche Gegenstände zur
Verfügung gestellt hat).
S. 366: c) Fol. 152b: Suma Novellae 65 "Const. CXXX. kap. DXXXV (sic) de Terris
vel domibus" (Orig. De alienatione rerum ecclesiae Mysiae relictarum pro
captivorum redemptione et pauperum alimentis). "Von den Ländereien oder
Häusern" (Von der Veräusserung der von der mysischen Kirche übrig
gebliebenen Güter zum Loskauf von Gefangenen und zur Speisung von
Armen).
d) Fol. 153a: Novella 114 "Const. CXXXI. kap. XXXXVI de sacris divinis
subscriptionibus (Orig: Ut divinae iussiones subscriptiones habeant gloriosi
quaestoris) "Von der Zustimmung zu den geheiligten, göttlichen Dingen".
(Dass die göttlichen Vorschriften die Zustimmung des glorreichen Quästoren
haben sollen).
e) Fol. 153b: Novella 143 "Const. CXXXII. kap. DLXXXVII. de Raptu
mulierum et sponsatae". (Orig: De raptis mulieribus et quae raptoribus nubunt).
"Vom Frauen und Brautraub". (Von den entführten Frauen und von jenen, die
die Entführer heiraten).
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f) Fol. 155e "Const. CXXXIII. kap. DLXXXVIII. De usuris supra duplum non
computandis". (De usuris super duplum non conputandis). " Dass die Zinsen
über das Doppel nicht zu berechnen seien".
g) Fol. 155b: Summa Novellae 121: "Const, XXXIV (sic) kap. DLXXXIX. de
Partiariis solutionibus", (Ut quae per partes fiunt usurarum solutiones in
duplum computentur). "Von den Teilzahlungen". (Zinszahlungen die in
Teilraten entrichtet werden sollen doppelt angerechnet werden).
7. Bruchstücke aus den "Domini Iuliani Antecessoris Dictatum de
Consiliariis". "Diktat des Julian von den Konsiliarien". (Fol. 155b.- 156a.)
8. Fol. 156a. ist unten leer. 157a. ist ganz leer.
9. Fol. 157b: Hier beginnt die oben erwähnte "Lex Dei" und zwar ab. Kap.
DXCII, die sich bis Fol. 182 ausdehnt, wo sie mit DCCXXXI unter Tit. XVI.
kap. BVIII § 2 endet.
10. Fol. 183.- 190:
a) § 5-12 Institutiones de publicis iudiciis (4,18) und Überschrift der
Institutionen. (Von den öffentlichen Richtern).
b) Erste Bücher "Prota" genannt aus den Digesten und zwar:
Liber I. De justitia et iure. Über Gerechtigkeit und Recht.
Liber II. De origine juris et omnium magistratum et successione prudentium.
Über den Ursprung des Rechts und aller Magistraten sowie über die
Aufeinanderfolge der Rechtsgelehrten.
Liber III. De legibus senatusque consultis et longa consuetudine. Über die
Gesetze, die Senatusconsulte und über die lange Gewohnheit.
Liber IV. De constitutionibus Principum. Von den kaiserlichen Konstitutionen
(Erlassen).
Liber V. De statu hominum. Vom Personenstand.
Liber VI. De his qui vel alieni juris sunt. Von jenen, die jemand anderen
abhängig sind.
S. 367: Liber VII. De adoptionibus et emancipationibus et aliis modis quibus potestas
solvitur. Von der Adoption, von der Emanzipation und von den anderen
Rechtsinstituten durch welche die Gewalt über eine Person gelöst wird.
11. Fol. 191a. Rest der Lex Dei.
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12. Fol. 191a. Zeile 15: Fortsetzung des "Dictatum de Consiliariis" ab den
Worten "Si autem quaeretur apud te de custode".
13. Fol. 193a. Zeile 15. "Item Collectio Iuliani Antecessoris. Tutoras vel qui
divisam etc." ap. Pithoeum p. 207.
14. Fol. 194a. Zeile 17. Novella 134 "Ut nulli iudicum liceat". (Ut nulli
iudicum liceat habere loci servarorem, nisi certis in causis divina concesserit
iussio). Dass es keinem Richter erlaubt sei, (einen Lokalunterbeamten zu
halten, ohne es sei denn, dass durch göttlichen Befehl das für gewisse
Rechtsgeschäfte zugegeben werde).
15. Fol. 199b. Zeile 20 "CXC. kap. De Diversis Capitulis" oder Novelle 117
cap. 1 und 2. (De diversis capitibus et solutione matrimonii (Ut liceat matri et
aviae et aliis parentibus post legitimam partem liberis derelictam quo modo
voluerint residuam facultatem disponere, et alia plura capitula.) - Von
verschiedenen Kapiteln (und von der Auflösung der Ehe). (Dass es einer
Mutter, einer Grossmutter und andern Verwandten erlaubt sei, nachdem sie
den gesetzlichen Erbteil den Kindern hinterlassen haben, über das übrig
bleibende Vermögen zu verfügen, wie sie wollen, und von verschiedenen
anderen Kapiteln).
16. Fol. 200b. - fol. 202a. Zeile 21: "Passio Sancti Gorgonii Martiris". "Das
Leiden des heiligen Martyrers Gorgonius" bis zur Stelle "colligenda canes et
lupi". Die Heiligen Gorgonius und Dorotheus wurden unter Diokletian in
Nikomedien ums Jahr 303 gemartert. Ihr Fest wird am 9. September begangen.
Siehe die Bibliographie in "Bibliotheca Hagiographica Latina antiquae et
mediae aetatis", herausgegeben von den Bollandisten zu Bruxelles 1898-1899,
Band I. p. 538 ff.
Eigentümlichkeiten des Codex.
Die Epitome, also der Haupttext dieses Codex, ist zweigeteilt. Sie ist von
mehreren, nämlich von drei Schreibern hergestellt worden. Der Schreiber der
ersten 20 Folien war ungeschult und bäurisch und der Schreiber der Folgenden
20 Folien nicht viel besser. Am besten hat der Schreiber des Restes sein Werk
vollbracht. Es fehlen einige Konstitutionen und Kapitel der Epitome Iuliani,
nämlich Cost. CIII, CIIII oder Kapitel 365, 366 und 438 und Constitution
CXXV. Die Kapitelzahlen sind oft verwechselt oder ganz ausgelassen.
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Der Text strotzt überhaupt von Fehlern. Ein Korrektor, vielleicht ein Magister
scribarum versuchte diese Fehler zu verbessern, ohne aber zu vollem Erfolg zu
gelangen. Er radierte, setzte seine Korrekturen über den alten Text, zwischen
die Zeilen, an den Rand etc.
S. 368: Was für einen rätischen Ursprung des vorliegenden Codex spricht.
"Die Orthographie ist eigenartig. Sie entspricht in allem jener, die man in den
Codices des ausgehenden IX, und des beginnenden X. Jahrhunderts oder in
Oberitalien vorfindet. Ich glaube deshalb, dass dieser Codex aus eben der
genannten Zeit und dem eben genannten Lande stamme" (Haenel).
Haenel, op. cit. p. VI, Note 12 zählt folgende orthographische Merkmale auf:
1. Überflüssiges h: husura, huxerem, hocto, hostie, hostendere, husurpata,
habsentia, hab, hunus, hunusqusque, hunde, hundique, hundecim, hutrum,.
horatoria, homino, honerandum, cethero, carthola, decheratus, velhuti,
cohercere, matheria, orhientis Trachia, clerichorum, diachonus, coercheantur,
chodices, thunc (selten tunc).
2. Unterlassenes h: abet, abere, trauntur, antiocie, exibere, omo, omines, orum,
orti, ypoteca.
3. .ae statt e: aeditio, expraessa, aecclaesia, aelectio, aerepti, aediti, caedat,
aetiam, atquae, paecunia, procaedere, praeces, conquaesti.
4. b statt u: probaberit, fabebit.
5. u statt b: liceuit, adpareuit, ostimauit.
6. e statt i und i statt e: tregenta, inventareum, vindere, vindicio, nociat,
ypotica.
7. o statt u: stromentis, proconsolis, pericolum.
8. u statt o: adulescentis.
9. Falsche Verdoppelung des 1: allienatio, vallebat, tullerit, detullerit, vellit,
distullerint, Oft aber richtig.
10. quo statt co: quogore, queire, quoherede.
11. co statt quo: colibet, alico.
2. ste, stam statt ista, iste, istam.
13. Falsche Repetition eines vorangehendes s oder m: ipsis si‚ statt ipsi si,
summam maxima.
Diese Beispiele könnten beliebig gemehrt werden.
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Bluhme, Prolegomenen Legis Dei und namentlich Zeitschrift für
geschichtliche Rechtswissenschaft, Band X, Berlin 1842, p. 302 schreibt wie
Haenel diesen Codex dem ausgehen den 9. oder dem beginnenden 10.
Jahrhundert zu, während ihn Huschke, Iurisprudentiae Anteiustinianae quae
supersunt (ced. 2) Leipzig 1867, 8, p. 547 ff. dem 8. oder 9. Jahrhundert
zuschreibt.
Bibliographisches.
Index librorum Manuscriptorum et Impressorum, quibus Bibliotheca Regia
Berolinensis aucta est annis 1837 et 1838.
Mommsen, Praefatio Digest. p. XXXIV sq. et LXII.
Haenel, Kritische Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft, herausgegeben
von . L. Richter, Leipzig 1837. 8.
Grosley, Vie de Pierre Pithou, Paris 1756. 8. T. II. p. 63. cf. auch Boivin Vita,
elogia, operum catalogus et bibliotheca, Paris 1711. 4.
S. 369: 142. Ein Codex des obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus
aus der östlichen Nachbarschaft Rätiens, nämlich aus Salzburg-Wien,
enthält nebst der Epitome des Julian, diverse andere justinianische
Gesetzesbestimmungen.
Entstehung des Rechts: wie oben, also Mitte des 6. Jh.
Entstehung der Handschrift: Ende des X. Jh.
Identifizierung und Aufschrift.
"Codex Vindobonensis s. Imperatoris Austriae Bibliothecae (kaiserliche
Hofbibliothek, Wien) 2160", früher Salzburg 360". Aus den diversen
Deckelaufschriften geht hervor, dass der Codex früher der Reihe nach in
mehreren Bibliotheken figurierte. Wichtig ist die Aufschrift: "G. Dei gratia
plebanus in Gözenh." Diese Schrift datiert aus dem XV. Jahrhundert und
stammt vielleicht vom Besitzer des Codex. Auf jeden Fall zeigt sie, dass das
Buch seit alters her in der Gegend war. Es trägt de Titel: "Constitutiones
Novellarum Iustiniani". Eine spätere Hand hat zu dieser Überschrift noch
beigefügt: "alias intitulatus extravagantes legum".
Eigentümlichkeiten des Codex.
Der Codex besteht aus 18 Pergamentblättern. Die Schrift zeigt kleine aber
klare Minuskeln, die bisweilen einen etwas primitiven Eindruck machen.
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Geschrieben wurde der Codex. Ende des X. Jahrhunderts. Bluhme weist ihn
indes dem XI. Jahrhundert zu (Lex Dei, Bonn 1833. 8. Item Academia
Caesarea Vindobonensis in Tabulis Codicum Mss. citt.). Der Haupttext,
nämlich die Epitome des Julian, wird in zwei Teilen dargeboten. Die Nummern
der Konstitutionen und Kapitel, sowie die Subscriptionen fehlen sehr oft, oder
stehen am falschen Ort. Die Fehler sind Legion. Niemand bemühte selbe zu
korrigieren.
Inhalt.
1. Fol. 2-162: Epitome Iuliani, hier von einer Hand des 14. oder 15. Jh.
"Novella Iustiniani" überschrieben.
2. Fol. 162b - 183b: Lex Die.
3. Anhang:
a) Serie 6 b) - 7 der Nr. 141. Siehe oben S. 365, 366.
Hier findet sich das Dictatum de Consiliariis de Julian ganz.
b) Collectio Domini Iuliani Antecessoris de Tuteribus.
Sammlung des Julian über das Vormundschaftsrecht. Veröff. bei
Haenel, op. cit. p. 201. Vgl. zu Quelle, In Planis 143 Inhaltspunkt 13.
c) Const. CXXII. "Quam iam videor conscripsisse".
d) Novelle 134 der Epitome. Vgl. oben Nr. 141, 6 a) und 14.
e) Nov. 117 praef. cap. 1,2 ex vulgata versionen.
Vgl. oben Nr. 141 Inhaltspunkt 15.
S. 370: f) Traktat, der unter dem Titel "Paratitla Codicum Vindobonensis et
Haenelii I." bei Haenel op. cit. p. 202 ff, veröffentlicht ist.
g) "Iustiniani Constitutio pro debitoribus in Italia et Sicilia". "Konstitution des
Justinian für die Schuldner in Italien und Sizilien" (Biener, Geschichte. p. 483
und Zeitschrift T. V. p. 352-355).
h) Lex 12 D de Testibus 22,5. Von den Zeugen.
i) De caecis et debilibus. Von den Blinden und Schwachen.
Unbekannten Ursprungs, herausgegeben von Biener, Geschichte der
Novellen Justinians, Berlin 1824 und Zeitschrift für geschichtliche
Rechtswissenschaft T. V. Seite 355 ff.
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k) Zwei Kapitel mit DXXXIII und DXXXXIV bezeichnet, die in andern
Büchern nicht zu finden sind.
Veröff. bei Haenel Iuliani epitome, S. VII, Note 14.
143. Ein Codex des obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus
aus der südlichen Nachbarschaft Rätiens enthält, nebst der Epitome des
Julian, diverse andere justinianische Gesetzesbestimmungen.
Identifizierung und Eigentümlichkeit.
"Codex Capituli Maioris Ecclesiae". Codex der Kirche von Vercelli. Die nahe
Verwandtschaft dieses Codex mit denen von Wien und Berlin (Nr. 142 und
141) hat Haenel in seiner Ausgabe der Epitome Juliani, p. VII in 14 Punkten
dargelegt.
Inhalt.
1. Das erste Quaternio (Bandheft) ist verloren gegangen. Es enthielt die
Titelrubriken zu Julians Epitome bis Kapitel 210. Die Lücke ist durch 7
eingeschaltete Blätter ausgefüllt. Auf Fol. 1. steht: "Incip Nom Regionum / Et
Civitatem In Quibus / Sacrum Apostolorum / Corpora Requiescunt / Inc.
Iohannis Baptista filius". Dann: "Incipit expositio / IIII evangl". Unter diesem
Titel figurieren dann aber nicht nur theologische, sondern auch juristische
Dinge. So eine Einführung zu den "Iustiniani Institutiones". Daraus:
a) Eine Definitio legis. Definition des Gesetzes.
Veröff. bei Haenel, Ep. Iul. VII, Nt. 7.
b) Fol. 6b: Glossa. Veröff. an derselben Stelle.
c) Aus der Lex Salica Titel XVII De vulneribus § 7
(Herausgegeben von Merkel, Berlin 1850, S. 11).
2. Fol. 8: Kapitelverzeichnis der Epitome des Julian von Kap. 211 - Kap. 592.
3. Fol. 13b: Kapitelverzeichnis der Lex Dei ad Moysen
4. Fol. 14b: Epitome Iuliani bis Konstitution 124.
S. 371: 5. Fol. 150b: Epitome Iuliani ab Constitution "Quam iam videor" bis
Konstitution 133, Kapitel 596, d.h. Anhang enthaltend:
a) Serie 6 b) - 7 der Nr. 141 oder 3 a) der Nr. 142. Hier findet sich das
"Dictatum de consiliariis" bis zu den Worten "lege iterum Novellas duas
constitutionis circa centesima decima relatas".
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b) Lex IV, DXCIII oder c. 4 Codex Iustiniani de Praediis 5, 71 (Orig: De
praediis vel aliisrebus minorum sine decreto non alienandis vel obligandis).
Von den Prädien (oder von anderen Dingen der Geringeren, die ohne Dekret
nicht veräussert oder verpflichtet werden dürfen).
c) DXCIIII, Lex 1 Imper. Antonino Muciano, oder Codex Gregorianus V. 5. 1
(Ediert von Haenel).
d) DXCV de Donatione s. Interpret. c. 1 Codicis Theodosianis de donat 8. 12
(Orig: XIII de donationibus). Von den Schenkungen.
(Veröffentlicht wie bei Nr. 123 erörtert).
e) DXCVI Pauli Sententiae V. 30 B. 2. s. Coll. 14. 2. § 3.
6. Fol. 156a: Tractatus theologius de incestis.
7. Fol. 157a: Tabelle über die Verwandtschaftsgrade, zu der eine spätere Hand
die Lex Rotharith CLIII aus dem Edictum Langobardorum beifügte.
8. Fol. 157b: Lex Dei sive Collatio Legumi Mosaicarum et Romanorum
(Vgl. die Nr. 141 und 142).
9. Fol. 182a: Verschiedenes aus der Rechts- und Sittenlehre, was alles jedoch
nichts mit der Epitome des Julian zu tun hat. Ferner sind zu beachten:
a) cap. 11. Decretorum Gelasii Papae. Kap. 11 der Dekretalien des Papstes
Gelasius.
b) Kapitel des 4. Konziliums von Toledo und des 4. Konziliums von Karthago.
144. Ein rätisch anmutender und die Lex Romana Curiensis enthaltender
Codex aus Udine schliesst sich in seinen ersten Teilen an den
obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus der Julianus-
Exemplare, enthält aber auch noch andere zum Teil ostrogotische und
zum Teil justinianische Gesetze.
Zeit der ostrogotischen und justinianischen Gesetze: 1. Hälfte des 6. Jh. des
Julian: Mitte des 6. Jh. der Lex Romana Curiensis: ca. 750, der Niederschrift
des Codex: 9. bis 10. Jahrhundert.
Der Codex.
Heute: "Codex bibliothecae Universitatis Lipsiensis Nr. 3499"
(Cod. 3499 der Universitätsbibliothek Leipzig), früher
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S. 372: "Archici Ecclesiae Metropolitanae Utinensis" (des Archivs der
Metropolitankirche von Udine), noch früher "Capituli cathedrae Aquileiensis"
(des Kathedralkapitels von Aquileia). Auf einem Blatt, das zwischen dem
Deckel und dem Codex eingeschaltet wurde, steht von neuerer Hand
geschrieben: "Codex rarissimus et unicus Lex Romanorum inter VIII et IX
seculum exaratus mutilus a principio e in fine constans pagi 354 ….". Viele
Blätter fehlen am Anfang und am Ende. Erhalten sind nurmehr deren 177. Am
Anfang fehlen 2 ganze Quaternienen (Auch vom 3. Quaternio fehlen noch 3
Blätter. Nach dem 21. Blatt fehlen wiederum 14 Folien. Die Bandhefte 16 und
17 fehlen ganz. Im Ganzen fehlen bis anhin also etwa 40 Blätter. Ganz am
Schluss fehlen nochmals 9 Blatt. Was vorhanden ist, ist aber nicht alles im
Band enthalten, denn der gelehrte Bonturini fand seinerzeit im Kirchenarchiv
von Udine davon ganze 27 lose Blätter.
Der ganze Band besteht aus 2 Teilen. Der erste Teil reicht bis zu Blatt 99 und
enthält meist justinianisches Recht, vornehmlich aber die Epitome Iuliani. Der
2. Teil reicht von Blatt 100 bis zum Schluss und enthält aus dem theodosiani-
schen Recht die hier vorherrschende Lex Romana Curiensis. Die beiden Teile
sind einmal voneinander getrennt gewesen und sind also Verschiedenen
Ursprungs, dürften aber Beide kaum ohne Beziehung zu Aquileia sein.
Über die Rätizität d Codex.
Haenel, Epitome Iuliani, S. IX sagt: "Die Orthographie verrät die Heimat des
Codex, die Churrätien ist". Sehr wenige Male steht sto, sta, stis, stas für isto,
ista, istis, istas. Merkwürdigerweise bietet der Codex fast durchwegs cauculo,
praugma, praugmatica, statt calculo, pragma, pragmatica. Man hat auch den
Ursprung dieses Codex aus St. Gallen in Betracht gezogen, aber auch vice
versa jenen des St. Galler Codex aus Aquileia. Wäre der Codex von Aquileia
aus, St. Gallen, so wäre wieder darauf hinzuweisen, dass der St. Galler Codex
der Lex Romana Curiensis (Nr. 722) seiner Schrift nach wiederum wohl aus
der Gegend von Chur stammen muss. Doch diese Fragen weiter erörtern, heisst
auch das überaus stachelige Problem über den Ursprung der Lex Romana
Curiensis aufreissen, was für sich eine Dissertation bilden könnte. Literatur
liegt über diese Frage so reichlich vor, dass wir sie hier nicht einmal aufführen
dürfen. Das würde für sich ein Heft füllen.
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In Bruckner, Scriptoria ist noch lange nicht alles enthalten. Unsere Ansicht ist
aber, dass es sich hier unbedingt um rätische Codices handelt, wenn wir bei der
vorliegenden Gruppe von Aquileia auch nicht gerade speziell auf Churrätien
verweisen müssen. Man vergesse ja nicht, dass Rätien seit jeher sehr nach
Osten griff. Auch beachte man, dass im Friaul ja Ladiner wohnen. Ein
Zusammenhang zwischen dem hier besprochenen Utinenser Codex der Lex
Romana Curiensis und jenem Nr. 722 der Stiftsbibliothek von St. Gallen aus
Chur-St. Gallen ist aber vorhanden. Darüber Zeumer, Edition der Lex Romana
Curiensis im Vorwort (Mon. Germ. hist. Legum Tom. V.). Es ist deshalb umso
interessanter, dass auch die Epitome Iuliani in zwei Codices von St. Gallen
figurieren. Das weist auf einen gesamträtischen Rechtsbereich, der vom
rätischen Osten bis zum äussersten Westen reicht. - Ductus und Schrift des
vorliegenden Codex sind nach Haenel fränkisch, verweisen also deutlich nach
Rätien.
S. 373: Inhalt.
A. Epitome Iuliani. Ungepflegt und fehlerhaft geschrieben. Ein Korrektor
nahm sich nicht die Mühe alle Fehler auszumerzen. Die Subscriptionen der
einzelnen Konstitutionen sind oft gekürzt oder weggelassen, bisweilen aber
ergänzt worden. Die Titelrubriken sind mangelhaft, und bisweilen sind die
Kapitel verwechselt. Die Kapitel 117, 138, 257, 259, 264, 298, 303, 324, 325,
und 375 haben Randglossen.
B. Collectio constitutionum interpretationumque oder sechs Anhänge zu der
Epitome des Iulian:
I. Octo leges Iustiniani. Acht Gesetze des Justinian oder Serie 6 b) - 7 der Nr.
141, 3 a) der Nr. 142 und 5 a) der Nr. 143. Hier kommt aber zwischen Nov.
138 und 121 noch hinzu ein Auszug (Summa) der Novelle 140 im Corpus iuris
betitelt: "Ut matrimonium ex consensu solvi possit (Ut possit ex consensu
dissolvi matrimonium)." "Ob eine Ehe aus gegenseitiger Übereinkunft gelöst
werden könne?"
II. Zwei Gesetze des Justinian "De colonis Africae", "Von den Colonen
Afrikas" (Herausgegeben von Haenel, Berichte der königlich sächsischen
Gesellsch. der Wissensch. Histor. philolog. Classe 1852, p. 75 ff. und p.87)
und ein schlechter Auszug der Novelle 65. Das alles auf fol. 92 und 93a.
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III. Fol. 93b. col a:
1. "Ex codice Dive memori Iustiniani Libro VII constitutionum titulo secundo,
"Aus dem 2. Titel des 7. Buches der Konstitutionen des Codex des Justinian‚
frommen Andenkens".
a) Cod Just. VII.2.9. De testamentaria manumissione. Von der Freilassung
durch Testament. Aus diesem gleichen Titel folgen noch c. 10, 11 und 14.
b) Cod. Just. VII.4: De fideicommissariis libertatibus, c. 8 und 12.
c) Cod. VII.7. De communi servo manumitt. Im Corpus iuris: De servo
communi. manumisso, 1. Von der Freilassung des gemeinsamen Sklaven.
d) Cod. Just. VII.10 De his qui a non domino manumissi sunt, c. 1, 4, 5, 6, 7.
Von denen, die nicht von ihrem Herrn freigelassen wurden.
2. Fol. 96b: Stelle gebildet aus den Novellen 5 und 123 des Justinian. Diese
Novellen lauten:
a) Nov. 5: De monasteriis et monachis et Praesulibus. Von den Klöstern und
Mönchen und ihren Vorgesetzten.
b) De diversis capitibus ecclesiasticis. (De sanctissimis et Deo amabilibus et
reverentissimis episcopis et clericis et monachis). Verschiedene kirchliche
Kapitel. (Von den geheiligten und Gott wohlgefälligen und ehrwürdigen
Bischöfen, Klerikern und Mönchen).
S. 374: Der Utinenser Codex hat hier aber die Numerierung der Epitome Iuliani c. 466,
12-14, 434 und 437 und andere Titel.
3. Codex Iustiniani VII. 38: Ne rei dominicae vel templorum vindicatio
tamporis exceptione submoveatur. Dass durch keine exceptio temporis eine
Sache des Herrn oder eines Gotteshauses vom Ort abgeführt werde.
IV. 1. "VIII" pro cap. 58 der Epitome Iuliani "De peculio quasi castrense
clericorum, et de significatione clericatus". "Vom Eigengeld der Kleriker im
Lichte jenes der Legionssoldaten und von der Bedeutung des Klerikats".
2. "IX" pro cap. 461 der Epitome Iuliani "De testimoniis clericorum". Von der
Zeugenschaft der Kleriker".
3. "X" pro cap. 467 der Epitome des Julian. "De clericis vel monachis, vel
diaconis, vel ascetriis conveniendis in civili vel criminale causa". "Von den
Klerikern, Mönchen, Diakonen und Aszeten, die zu Zivil oder
Kriminalverhandlungen erscheinen müssen".
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4. "XI" pro Lib. X. Rufini Historiae
V. Lex Episcoporum et caeteris Clericorum. Gesetz für die Bischöfe und
übrigen Kleriker:
1. In nomine, Patris et filii et Spiritui Sancti. Lex ut quicunque in clericum
cuiuslibet manum misenit austerius condemnetur. Im Namen des Vaters und
des Sohnes und des heiligen Geistes, sei es Gesetz, dass jeder, der an einen
beliebigen Kleriker Hand legt, scharf bestraft werde.
2. Imperatores Theodosius Archadius et Valentinianus augg. Albino prefecto
pretorierum. Die erhabenen Kaiser Theodosius, Arcadius und Valentinianus an
den Präfekten des Präteriums Albinus. - Der zu diesem Titel gehörige Text
fehlt.
3. Summa Novellae 123 c. 8 oder Jul. ca. 436. Vgl. hier oben Punkt B. 2. b).
4. Dasselbe am Anfang und c. 8. Daran schliesst sich eine Stelle über die
Anklage der Bischöfe an.
5. De testamentis clericorum vel monachorum = Von der Zeugenschaft der
Kleriker oder Mönche. Interpretation zur Novelle 5 des Kaisers Martian.
6. Anfang und § 1 der Institutionen IV.2 de vi bonorum raptorum. Von den
durch Gewalt geraubten Gütern. VI. oder:
II.
A. Fortsetzung der Sammlung der obigen Konstitutionen und Interpretationen.
1. Fol. 100: Scholia in Iulianum Scholien zu der Epitome de Julian,
geteilt in 42 Kapitel.
2 Fol, 100b: Novella 143 Iusti-Leoni: De raptu virginum, viduarum vel
matrimonialium. Von Raube von Jungfrauen, Witwen und Ehefrauen.
S. 375: 3. Fol. 105b: Sanctio pragmatica Iustiniani Pro petitione Vigilii...
4. Novelle 140. Vgl. oben S. 373, Punkt B. I. in fine.
5. Konstitution des Justinian: De adscriptionis et colonis. (De adscripticiis et
colonis). Von den Adscripticien und Kolonen.
6. Konstitution des Kaisers Justinus (Constitutio Iustini imperatoris in Africam
directa): De filiis liberarum. Von den Kindern der Freien.
7. Sacrum Pragmaticum Tiberii Augusti de Confirmatione Constitutionis
Iustini de filiis colonorum et liberarum. Geheiligter Rechtserlass des Kaisers
Tiberius Augustus (anno 578-582) zur Bekräftigung der Konstitution des
Kaisers Justinus (anno 565-578) über die Kinder der Kolonen und Freien.
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B. Artikel 85-87 des Ediktes des Gotenkönigs Theoderich (F. 113)
C. Gesetze, die auch, wenn auch nicht vollständig, im Codex 722 der Lex
Romana Curienis in der Stiftsbibliothek St. Gallen vorhanden sind:
1. Fol. 113a: Iustiniani Imperatoris Sacra Privilegia Concili Vizaceni. Des
Kaisers Justinian geheiligte Privilegien des Konzils von Vizacenum (in
Africa). Von diesen gibt der Codex zuerst eine Übersicht in 9 Titeln. Über die
Titelübersicht zu diesen Konzilienbeschlüssen im St. Gallisch-Churerischen
Codex (Nr. 722 siehe Nr. 136 dieser Sammlung. Weiteres Licht über die dort
veröffentlichte Titelrubrik kann Folgendes den Utinenser Codex anbelangende
verbreiten. Der Utinenser Codex führt nämlich diesbezüglich textlich
Nachstehendes auf:
a) "Sacra Iustini (sic) imp. pro privilegia Concilii Vizaceni". "Die geheiligten
Privilegien de Kaisers Justinus (!) zum Konzil von Vizacenum".
b) Unter Nr. II. und III -zwei "Iussio(nes) Iustiniani Impr. pro privilegia
Concilii Vizaceni". "Befehle des Kaisers Justinian für die Privilegien des
Konzils von Vizacenum".
c) Fortsetzend: "Incipit Domini nostro Flavio Aug. Iustino perpetuo Augusto
anno II. post consolatum eius Primo Die Non. Decemb. IV. Flavius, Michelius
Petrus Thomas Callinicus Iulianus mente. vir. gloriosissimo pres. Nullum
quemquam opportet etc..."
d) "Ut in clerum nemo manum mittere presumat". "Dass sich niemand
unterstehe Hand an einen Kleriker zu legen!". V. - Imperator Iustinianus
Augustus Valentiniano viro magni". "Der erhabene Kaiser Justinian dem
grossen Mann Valentinian", oder 20. Constitutio Sirmondi (Haenel, Corpus
Legum, Leipzig 1857, S. 241). Die Constitutiones Sirmondi sind zwischen 425
und 438 in Gallien entstanden und sind hauptsächlich kirchenrechtlicher Natur.
Vgl. darüber Haenel, Bonn, 1844, im Anhang zu den Novellen des Theodosius.
Schulte, Festschrift für Windscheid und Sitzungsbericht der Wiener Akademie,
Vol. 117. comm, XI. 1889.
S. 376: e) VI. Summe von Justinians Novelle V. c. 1-5. Darüber Vgl. oben S. 273.
Punkt. I.B.III.2 a).
f) VII. "De libertis. Imperator Constantius aug. Hosio epo" c. 2 Cod. de his qui
in ecclesiis manumittuntur. "Von den Freigelassenen der erhabene Kaiser
Constantius an den Bischof Hosius" oder Codex des Justinian I. 13.
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g) VIII. "De secundis nuptiis. Imperator Gratianus augus Floro". Datiert: "XVI.
kal. Ian. etc...". "Von der zweiten Ehe. Der erhabe Kaiser Gratian dem Florus
von den "16. Kalenden des Januar". Es ist dies folgende Stelle des Corpus
juris: 2 Cod. Iustinian. de secundis nuptiis, 5.6.
h) VIIII. "De Fideiussoribus. Imp. Valencianus Floro perfecto". "Von den
Bürgen der Kaiser Valencianus an Florus, Präfekt". Es ist dies eine Summe
der Epitome Iuliani, Constit. 3, cap. 10 und 11.
2. Fol. 116b: "Constitutiones Domni Iustiniani Imp. Pro Diversis Capitulis
Episcoporum etc...". "Konstitutionen des Herrn und Kaisers Justinian für die
verschiedenen Kapitel, welche die Bischöfe anbelangen...", oder: "Tractatus
ex iuris ecclesiastici et diversis Iuliani Constitutionum... capitulis compositus
(Haenel), "Traktat aus verschiedenen Kapiteln des Kirchenrechts und aus den
Konstitutionen des Julian", vornehmlich zusammengesetzt aus den
Konstitutionen 111, 115 und 119. Herausgegeben von Haenel, Berichte der
königlich-sächsischen Gesellschaft der Wissensch. Historisch- philologische
Klasse 1852 S. 81 ff und 1887, S. 12 ff. Vgl. Ae. L. Richter: Lehrbuch des
katholischen und evangelischen Kirchenrechts VI. ed. R. W. Dowe, Leipzig
1867, S. 137 § 42 Note 2*. Dieser Traktat findet sich auch im Cod. 722 der
Stiftsbibliothek von St. Gallen aus Chur-St. Gallen. Jener Codex ist aber
typisch churrätisch. Von den justinianisch-julianischen Gesetzen kommen also
für uns die hier unter Rubrik II. C. 1-2 am intensivsten in Betracht.
D. Fol. 122a: Lex Romana Curiensis, die wir später zu besprechen veranlasst
sind.
Anmerkungen Haenels zum hier behandelten Codex.
(Über die Handschrift zu Udine mit der Lex Romana, in: Berichte über die
Verhandlungen der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Philol.-
hist. Classe, IV. Bd. 1852, Leipzig:)
S. 67 Nt. 1 sagt er: "dass diese ausser der von Canciani herausgegebenen Lex
Romana (Curiensis) nur Justinianisches aber zum Teil umgearbeitetes Recht
enthalten, was Herrn Bonturini zu dem Schlusse verleitet, dass, da Friaul schon
frühzeitig von Justinian erobert worden sei, der ganze Codex für Friaul
compiliert worden sei, um so mehr, als darin in den enthaltenen Novellen der
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comes, dux, magister militum erwähnt werden (!), was auf eine duplice
giurisdizione simile a quella degli stati Germanici (auf eine zweifache, ähnlich
wie in den germanischen Staaten) hinweise (!)"
S. 377: S. 72 Nt. 5 macht er darauf aufmerksam, dass der Codex neben justinianischem
und julianischem, auch theodosianisches Recht enthalte und zwar auch
ausserhalb der Lex Romana Curiensis.
S. 83 macht Haenel darauf aufmerksam, dass es auch Handschriften gibt in
denen die Epitome des Julian (z.B. Pariser Handschrift 4418) mit dem Breviar
des Alarich verbunden ist, was entschieden nach dem Frankenreich und für uns
umso interessanter ist, da die Lex Romana Curiensis mit genanntem Breviar
sehr nahe verwandt ist.
Dann auf die inhaltliche Natur des Codex übergehend: "Und wie viele
Handschriften des Alaricischen Breviars gibt es nicht, in welchen sich oft die
fremdartigsten, selbst nicht juristischen Werke zusammengetragen befinden.
Es si dies weiter nichts als Sammlungen, angelegt bald zu Befriedigung irgend
eines juristischen Bedürfnisses, bald der Ähnlichkeit des Stoffes wegen... Mit
dem bisher gesagten erledigt sich ferner die seit Wiederauffindung
aufgetauchte Meinung, dass der ganze Udineser Codex bestimmt gewesen sei,
ein Gesetzbuch für die Lombardei, besonders für Friaul abzugeben". Man muss
die Bedeutung dieses Codex weiter fassen, da sie auch auf Rätien übergreift
und zum Teil noch weiter westwärts. Dazu
S. 85: Endlich steht der Ductus der Handschrift entgegen, der dem fränkischen
Reiche, nicht der Lombardei angehört.
S. 86: "Der Ductus auch der Lex Romana, nicht bloss der Epitome Julians, ist
fränkisch und zwar dem der Hand von Pfeffers auffallend ähnlich. Mithin ist
die Handschrift von Udine neuer als die zu St. Gallen (Nr. 722)".
S. 87 macht Haenel noch darauf aufmerksam, dass, obwohl die Handschrift aus
zwei unabhängigen Teilen bestehe, der Schreiber des 2. Teiles (der Lex
Romana Curiensis) doch auch den 1. Teil (des Julian) gekannt habe.
Schlussendlich müssen wir noch einmal betonen, dass der Codex, wenn er
wohl auch nicht ein Gesetzbuch im eigentlichen juristischen Wortsinn war,
doch den Rechtsbedürfnissen des Landes, und folglich auch dessen
Rechtszuständen, entsprechen musste, denn man schreibt nicht einige hundert
Seiten nur um geschrieben zu haben.
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Stellung des Codex und Überleitung zur nachfolgenden Quelle .
In seinem ganzen ersten Teil mit Julian, Lex Dei und justinianischen
Novellenanhängen schliesst sich der Codex an die in Nr. 141 behandelte
rätisch-oberitalienische Handschrift, und somit gleichzeitig auch an jene aus
der Nachbarschaft Rätiens, die wir in Nr. 142 und 143 behandelt haben. Diese
beiden letzteren Codices stammen aus Salzburg und Vercelli. Auf den Blick
Rätiens nach Osten haben wir in unseren Heften schon oft verwiesen. Was eine
frühere handschriftliche Beziehung Rätiens zu Vercelli anbelangt, möchten wir
auf Nr. 121 dieser Sammlung hinweisen. Man vergleiche zu Vercelli. auch S.
258 unten. Für handschriftliche Beziehungen zu Oberitalien cf. Nr. 127 und
130. Auf die allgemeinen Beziehungen Rätiens zu Italien glauben wir nicht
mehr speziell hinweisen zu müssen. Der erste Teil des Cod. der Nr. 144 gehört
also zu Nr. 141, 142 und 143. Am originellsten nimmt sich hingegen die ganze
S. 378: Mitte des Codex aus. Dort finden sich Bestimmungen, die sonst nirgends
aufzufinden sind. Der ganze Schlussteil hingegen schliesst sich an die in der
nachfolgenden Nummer behandelte Quelle aus St. Gallen, die die Lex Romana
Curiensis enthält. Der Curiensis-Teil des Utinenser Codex, wie jener St. Galler
Codex schliessen sich aber durch ihre, der Lex Romana Curiensis voran
gestellten justinianisch-julianischen Texte doch wieder einigermassen an die
obbehandelten Nr. 141- 143. Wir haben somit einen Connex vor uns, der die
Nr. 141-145 umfasst. Dass aber auch die Nr. 146 aus St. Gallen, wiederum den
ganzen Julian enthält, ist hier wichtig, denn textlich schliesst sie sich so an die
Nr. 111-143 und 144 erste Hälfte, örtlich aber an Nr. 145, womit der Kreis
geschlossen wird, der die Nr. 141-146 umfasst. Damit ist aber dargetan, dass es
in Rätien damals nebst der bekannten theodosianischen Rechtstradition auch
eine justinianisch-julianische, vorab in kirchlichen Kreisen gibt. Warum gerade
in diesen werden wir noch sehen. Dieses Nebeneinandergehen erhellt gerade
daraus dass theodosianisches Recht im Utinenser Codex sogar im eigentlichen
justinianischen Corpus vorkommt.
145. Kirchenrechtlicher Traktat aus den Konstitutionen 111, 115 und 119
der Epitome Iuliani im Churerisch- St. Gallischen Codex der Lex Romana
Curiensis. Entstehung der Konstitutionen: Mitte des 6. Jh.
Entstehung des Codex: 8. oder noch eher 9. Jh.
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Constitutiones Iustiniani Imperatoris de rebus ecclesiasticis numero XXXIII.
(Cod. Utinensis: Incipiunt Constituttiones Domini Iustiniani Imperatoris Pro
Diversis Capitulis Episcoporum, Monachorum Clericorum Vel Ea, Quae Ad
Pias Pertinent Causas Ecclesiae).
(Ep. Iul: Constitutio CXI.
CCCCIX. De alienationibus et aliis contractibus immobilium rerum, vel
annonarum civilium, vel rusticorum mancipiorum, quae quae ad loca
venerabilia pertinent.
CCCCXI, Idem.,) (Cod. Ut: I. Ut non liceat monasterium alienare.).
I. Imperator Iustinianus omnibus prefectis alamannicus gotticus (sic) francicus
augustus. nulli liceat monasterium
S. 379: alienare, ut in profanum statu transeat sed liceat huius modi facinora emendare
et in pristinum stagum locum deducere. (C. Ut: reducere). (Continuatio deest).
(Ep. Iul: CCCCXII. Idem.)
(Cod. Ut: II. De eo qui rem ecclesiae deteriorem facit.)
II. Si quis at conductor vel infiteuticarius (C.U: emphyteuticarius) rei quae ad
relegiosum locum pertinet deteriorem eam fecerit, vel per biennium
infiteuticum (C.U: emphyteuticum canonem) sive mercem non solverit‚ liceat
relegioso loco expellere eum de locatione vel infiteuseus contractum (C.U:
emphyteuseos contractu) et exigere ab eo, transacti temporis debitum. sin
autem nolunt (E. I: nolint) administratores aecclesiae (C. U: ecclesiae) eum
expellere id quod debet persolvat et teneat rem donec tempus statutum finiatur,
et cannonem (sic) secundum quod paccatus est praestet (E. I: Quod si fugerit)
liceat administratoribus, religiosi loci indemnitatem servare ex rebus ipsius et
propter emponemata nullam timere accionem.
(Ep. Iul CCCCXIII. Idem.)
Sanctis ecclesiis edessi (E.I: Odessi) et thomeos (E. I. et C.U: Tomeos)
permitimus (sic) alienare res immobiles pro captivorum redemptionem, si (E. I:
nisi) forte ad hoc eis prestati (E. I: praestitae) fuerint ut nullo modo alienentur.
Illud quoque concedimus ut in hierusolimitana (E. I. et C. U: Hierosolymitana)
sanctissima aecclesia licentiam habeat domo sua (E. I: domos suas. C.U:
domus suas) sine (E. I: pro sice: in) eadem civitatam (C. U. civitam. E. I:
civitate) positus (C. U. et E. I: positas) vendere (E. I: non) in minore precio
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quam expensionibus (E. I. et .C. U: ex pensionibus, corum) (E. I. et C.U:
earum) per quinquaginta annos colligitur ut ex ea estimatione alius reditus
melior conparetur.
(E. I: CCCCXTV. idem.)
Si quis ubicumque (E. I. cuicumque) sancto loco vel in imperiali civitate, vel
provincias positas (C. U: vel in provintias positas. E. I: vel in provinciis posito)
possessiones
S. 380: penuria laborante (E. I. et C.U. laborantesd) donaverit vel dediderit vel
aliomodo praestiterit vel relinquerit, iubemus pro talibus rebus nullam
lesionem perpeti relegiosam domum ad quam tlis possessio pervenit (‚) sive
publicarum functionum nomine sive alterius cuiuscumque causae (‚) sed
omnem gravamen in eos qul dederunt vel heredes eorum redire (‚) cogendos.
recipere tales possesiones et restituere d su substantia relegioso loco omnem
(E. I. et C. U: omne) detrimentum (,) quod ex tale (E. I. et C. U: tali) causa ei
contigit. sed et si fraus intercesserit tanta (‚) ut etiam pecunia. religioso loco
praestetur, ut possessiones illas relegiosus locus suscipiat, Iubemus (,) ut his
(E. I. et C. U: is) (,) qui dedit (‚) vel heredes eius recipiat possessiones et
pecunias non exigat. Nulli autem acclesiam (E. I. et C. U: ecclesiae)
neccessitatem inponi volumus (‚) possessiones ubicumque positas (‚) quamvis
fertilil sint (,) conparare.
(E. I: CCCCXV. Idem.)
Si quis usus nomine rem immobilem ab ecclesia provinciali accipere vellit
(E. I. et C. U: velit). eodem jure et sub hisdem (E. I. et C. U: iisdem)
condicionibus accipiat quas superius diximus. in ecclesiis (E. I.et C. U: quae)
in inperiali civitatam (E. I. et C. U: civitate) sunt, vel intra territurium (C. U:
intra territorium. E. I: in territorio) eius posite (E. I.et C. U: positae).
(E. I: CCCCXVI. De sacris vasis cuiuscumquc eeclesiae vel ora oratorii.)
(C. U: III. De vasis ecciesiae superfluis, si possint vendi?)
III. Haec de rebus immobilibus, nam de sacris cuitsis (E. I. et .C. U: vasis)
cuiuscumque ecclesiae vel raturii iam legem posuimus ut non aliter liceat eis
(E I: ea. C. U: eas) tradere (E. I: distrahere) (,) nisi (C. U. pro nisi: nec) vendi
vel obligari (vendi vel obligari deest in E. I.) non (deest in C. U. et E. I)
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possunt (deest in E. I. qui habet: pretium eorum procedat in redemptionem
captivorum: aliter enim vendi vel obligari non possunt). Sin autem relegiosa
domus habeat superflua vasa quae nullum neccessarium usum faciunt. ipsa
autem debitis pergravatur (E. I: praegravatur, C. U: pergravatur) et non sunt (E.
I: sint)
S. 381: aliae mobiles res ex quibus possint debita persolvi licentiam damus actis
intervenientibus secundum modum superius prafinitum memorata superflua
vasa vel aliis, relegiosis locis (‚) si hoc eis utile sit vindere (E. I: et C. U:
vendere) vel conflare et similiter reddere (E. I: vendere). et omnem (C. U:
omne, E. I: eorum) pretium debiti nomine dare ut res immobiles non alienatur
(E. I. et C. U: alienentur).
(E. I: CCCCXVII. Quibus poenis subiiciuntur, qui praesentem constitutionem
violaverint.)
(C. U: IV. De eo, qui aliquos contractus de rebus ecclesiae facit.)
IIII. Si contra (E. I: ea) quac diximus in presente lege contractatus (E. I. et C.
U: contractus) fiat in rebu mobilibus et immobilibus ad relegiosam domum
pertinentibus (‚) iubemus reddi quidem eidem relegioso loco rem in qua tale
aliquid secutum est (,) cum medii temporis fructibus (‚) maneat autem aput
eundem relegiosum locum et precium. et si quid remunerationis vel
commutationis gratia vel alterius cuius cumque causae nomine ei praestitum
est. Quod si emphiteusis (sic!) facta sit contra ea quae disposuimus res quidem
relegiosa loco reddatur. pactionem autem emphiteuticha (E. I. et C. U:
emphyteuticam) praestat emphiteuticarius secundum tenorem strumentorum
(ut in allis documentis raeticis carolingici aevii (E. I. et C. U. autem habent:
instrumentorum) quae in huiusmodi contractum conposita fuerint. quod si
donata fuerit res ad. relegiosum locum pertinentes (E. I. et C. U: pertinens) (,)
reddatur ei cum medii temporis fructibus et alius tantum quantum eadem (C.
U: ea) res digna est, sin autem hypotecam (E. I. et C. U: hypotheca) contra
praedicta (E. I. et C. U: praedictes) distinctione (E. I. et C. U: distinctiones)
data fuerit quidem debitum amittat et rem relegioso loco reddat. tabelliones
autem (‚) qui contra praesentem legem strumenta conponere ausi fuerint,
perpetuo exilio condemnentur (Epit. Iulian habet exsilio pro exilio)
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S. 382: (Ep. Iul.: Constitutio CXV.
CCCCXXXV. De episcopis in iudicium testimonii causa vovatis.)
(Cod. Ut: V. Non compellendum episcopum testimonium dicere ad iudicium.)
V. Nullus episcopus cogatur ad iudicem venire dicendo (E. I. et C. U: dicendi.)
testimonii causa, sed iudex apud episcopum mittat ministros suos ut propositis
sanctis evangeliis (‚) quod scit episcopus (‚) dicat hoc (‚) quod sacerdotibus
honestum est
(E. I: CCCCXXXIX. De episcopis et aliis religiosis viris tablizantibus.)
(C. U: VI. Ut episcopus vel reliqui clerici non se misecant spectaculis.).
VI. Neque episcopus neque presbiter neque diaconus neque subdiaconus neque
lector neque alius cuiusque (E. I. et C. U: cuiuscuque) religiosi consortii vel
habitus constitutus tablizare audeat vel socius ludentium fieri vel spectator vel
in quocumque spectaculo spectandi causa venire. ac si quis contra haec fecerit
(‚) per tres annum (E. I. et C. U: annos) omne, (E. I. et C. U omni) sacro
ministerio prohibeatur et in monastirium (C. U. et E. I: monasterium) mittatur,
sin autem dignam paenitentiam in ceteriori (C. U: citeriori. E. I: citeriore)
tempore ostenderit (‚) statim revocatur et digno (E. I. et C. U: dignus)
sacerdotie reddatur (‚) vel ministerio suo (‚) scientibus sacerdotibus (‚) quia
(E. I: qui) talia pacata (E. I. et C. U: paccata) scienties (E. I: scientes. C. U:
scientis) dissimulaverint (‚) quod ipsi (C. U. deo) rationem domino (deest in C.
U.) reddant.
(E. I. CCCCXLII. De episcopis sua manu caedentibus.)
(C.U: VII. Ut episcopus manu propria non percutiat.)
VII. Non liceat episcopo manibus suis aliquem cedere (E. I. et C. U: caedere).
hoc alienum a sacerdote est. (E. I: hoc enim alienum a sacerdote est.)
S. 383: (E. I: CCCCLVIII. De peculio quasi castrensi clericorum, et de significatione
clericatus.)
(C. U. VIII. De rebus clericorum, qualiter habeant potestatem.)
VIII. Presbyteri diacono (I. et U: -i) subdiacono (-i) lectores (I: et) cantores
quos omnes clericos vocamus res quocumque modo (I: in) eorum dominium
pervenientes (I. et U: habeant) in propria potestate ad similitudinem castrensis
peculii. ut liceat ei (I: eis. U: eas) donare et secundum in eas testari quamvis in
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parentum suorum fuerint potestate (,) sic tamen ut liberi eorum vel liberis non
supersticionibus parentes eorum legitimam porcionem accipiant (E. I. et C. U:
capiant).
(E. I. CCCCLXI. De his personis pro canonica causa conveniendis.)
(C. U: IX Ut episcopus de re ecclesiae finem penat.)
VIIII. Si de negacio (sic!) aecclesiastico (‚) id est canonico (‚) causa emiserit,
non magistratos (E. et U: magistratus) sed relegiosos (-us) episcopos (-us)
secundum sacros cannones inponat finem.
(E. I: CCCCLXVII De heredibus eorum, qui res venerabilium locorum
gesserunt.)
(C. U: X. De administratore ecclesiae defuncto,)
X. Si quis ex his (.‚) quibus administratio relegiosi loci commissum (E. I. et C.
U: commissa) est (‚) antequam raciones exponat (‚) et debitam a se quantitatem
exsolvat (‚) discesserit (E. I; et C. U: decesserit) (,) heredes eius similiter et ad
racionibus et exactionibus subiciantur: (E. I. et C. U: subiiciantur.)
(E. I: CCCCLXXI. De executione religiosae personae
(C. U: XI. De executione clericorum vel monasteriorum.)
XI. Si quando causa emerserit (‚) vel (E. I. et C. U: ut) admonicio vel
exsecucio adferatur (E. I. et C. U: afferatur) pro pecuniaria causa sive publica
sive privata clerico vel monacho vel cuicumque monastirio (‚) et maxime
mulieri (E. I: muliebri mulieribus) (,) sine iniuria et cum omne (E. I.et C. U:
omni)
S. 384: honore admonicio vel ea. ("ea" deest in E. I.) exsecucio fiat. Monacha autem
vel ascistria (C. U: ascetria) de monastirio non detrahatur sed procuratore
(E. I. et C. U: procuratorem) ab his poni (E. I: praeponi) (E. I: jubemus) qui pro
negucio (sic!) respondebit. monachis autem liceat sive per se sive per
procuratores suas (C. U: suos) vel asciterii (E. I. et C. U: asceterii) causa (E. I.
et C.U: causas) peragere. sciente eo (‚) qui transgressus fuerit haec statuta sive
iudex sit sive exsecutor litis (‚) quod et cingulo expoliatur et poena (E. I. et C.
U: poenam) quinque librarum aurum (E. I. et. C. U: auri) prestabit quam debet
exhigere (sic) ab eo vir magnificus comex (sic!) privatarum (‚) exsecuter autem
et specula (E. I: pericula) paciatur et in exsilio mittatur (‚) relegiosis episcopis
locorum prespicientibus (,) ut nihil stis (E. I.et C. U: istis) peccatum (E. I:
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contrarium) fiat (C. U: fit). Sed quid peccatum fuerit ut praedicta cohercicio
(E. I: coercicio) fiat (,) praesidi (E. I. et. C. U: praeside). ea (deest in E. I.et C.
U.) autem vindicta diferentem (E. I.et C. U: diferente) inponere adnam (E. I.et
C. U: ad nostram) scienciam (C. U: pietatem) episcopus deferat.
(E. I: CCCCLXXIII. De episcopis pro rebus ecclesiae non conveniendis.)
(C. U: XII. Ut episcopus de rebus ecclesiae neque monachi molestiam
patiantur vel sportulas donent.)
XII. Nullus episcopus pro rebus aecclesiae suae exaccione (E. I.et C. U:
exactionem) vel molestia (E. I.et C. U: molestiam) paciatur. sportulas autem
nec pro suis negociis admonitus praestet (Capituli finis deest).
(E. I: CCCCLXXII. De sportulis religiosae personae.)
neque (deest in E. I.) sportularum nomine quaecumque persona in quocumque
aecclesiastico ordine constituta tollere praesumat. Item diaconissa et monachis
(Ep. Iul. et C. Ut: monachus) et aschitria (E. I.et C. U: ascetria) et monacha pro
quacumque criminali vel pecuniaria causa cuiuscumque sit quantitatis sive
clerico sive aliquo militante. (E. I. habet: sive a
S. 385: clerico sive ab aliquo militante admonitionem susceperint, sive in imperiali
civitate, sive in provinciis, in quibus degunt, non plus quam quatuor siliquas
praestent.) (Continuatio in tractatu deest).
(E. I: CCCCLXXVIII. Si quis inter celebranda divina mysteria ministris dei
iniuriam fecerit.)
(C. U: Ut episcopo vel clerico nemo iniuriam faciat.)
XIII. Si quis divinis ministeriis (E. I.et C. U: mysteriis) vel aliis sanctis
ministeriis celebrandis in sancta intraverit aecclesia episcupo (sic!) vel clericis
vel aliis ministris aecclesiae iniuriam fecerit. iubemus eos (E. I. et C. U: eum)
tormentis subiectum in exilium mitti. Sed et supra (E. I: si ipsa) sancta oraturia
(sic!) vel divina ministeria (E. I. et C. U: misteria) conturbaverit vol celebrare
prohibuerit capitale supplicio puniatur. Hoc eodem observando et (deest in E,
I, et C. U.) in letaniis (E. I. et C. U: litaniis.) in quibus episcopi et clerici
inveniuntur. ut si quidem contumeliam tantum fecerit tormentis et exilio
tradatur. Sin autem letaniam conturbaverit (,) capitalem supplicio subsistat (E.
I: capitale periculus subsistat. C. U: capitali supplicio puniatur). ea quae
(Haenel: eaque) defendere volumus non solum civiles sed etiam militares
iudices.
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(E. I: CCCCLXXIX. De litaniis laicorum.)
(C. U: XIV. Ut sine episcopo litanias non fiant.)
XIIII. Non liceat (E. I: laicis) laetanias facere sine episcopo et clericis qui sub
(E. I: ipso) episcopo sunt. Sanctas quoque cruces quos (E. I. et C. U: quas) in
letanias (E. I. et C. U: litaniis) portantur (E. I. et C. U: portant) (,) in sanctis
locis reponi iubemus et ex his proferri (.) si litaniae tempus vocaverit (‚) ea
quae (E. I. et C. U: eaque) observent non solum antestiates (E. I. et C. U:
antistites) locorum et clericis (E. I. et C. U: clerici) sed etiam magistratus. Si
quis autem praesentis legis vim transgressus fuerit vel vindictam inponere
neglecxerit (‚) praedictas poenas paciatur.
S. 386: (E. I. CCCCLXXX, De monachis et monastriis, et monasteriis.
CCCCLXXXIV. Idem.)
(C. U: XV. De his, qui in monasterio ingrediuntur et hereditatem suam
derelinquerunt.)
XV. Si quis sub. condicicione (sic!) nupciaruin vel libererum (‚) vel natis causa
(E. I. et C. U: dotis causa) vel ante nuptias donacionis donaverit (‚) vel
relinquerint (E. I. C. U: -it) suis liberis vel aliis quibuscumque personis
hereditatem vel legatum vel ab inicio pure relinquerint (E. I. et C. U: -it) vel
donaverint (-it) (,) subscriptionis (C. U: subscriptiones E. I: substitutiones)
autem vel restitutiones eis fecerint) subdicione(C. U:, sub dictione. E. I: sub
condicione) quacumque ex his quae praedicta sunt iubemus talibus
condicionibus subiecti tam masculi quam faemine (E. I.et C. U: feminae) (‚) si.
in monastiria. (In E. I- "in" deest E. I. et C. U: habent: monasterium)
intraverint (,) et (E. I. et C. U: vel) clerici vel diaconisse vel asciteriae (E. I. et
C. U: ascetriae) fuerint (‚) tales condiciones inritas et pro non conscriptis (E. I.
et C.U: scriptis) esse. Hoc autem auxilio (E. I: clerici) vel diaconisse
aecclesiarum fruantur. si in eadem vita perseveraverint et aeque sit (E. I. et C.
U: et ea, quae sic) eis donata vel relicta fuerunt (‚) impias (E. I. et C. U: in
pias) causas consumpserint vel donaverint vel relinquerint. nam et de his (,)
quae in monastirium vel asciterium (E. I. et C. U: asceterium intraverint (‚)
certa firma (E. I: forma) est (‚) ut totum patrimonium eorum vel earum cum
huius modi rebus ad monastirium vel asciterium pertineant (E. I. et C. U:
pertineat). sin autem ad redemcionem captivorum. vel alimonias substitio (E. I.
et C. U: substitutio) vel restitutio facta est (‚) sub ante fatis (E. I: antefatis)
condicionibus ex nullo modo praedicto eam concedimus.
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(E. I: CCCCLXXXV, Idem.)
(C. U: XVI, De muliere vel viro ad monasterio veniente.)
XVI. Si mulier vel vir ad splitariam vitam transierint (-it) et liberos non habeat.
res eius monastirio conpetat (-ant) in quo intravit. sin autem talis persona
liberos habeat. liceat
S. 387: ei substantiam suam liberis suis distribuere (E. I: inter liberes dividere). sic (E.
I: ita) tamen ut nulli eorum legitimam porcionem diminuat. et si (E. I: sibi)
retineat unius filii partem ad monastirium scilicet perventuram. Quod si
antequam deliberet (E. I: divideret) inter liberos suos propriam substantiam in
monastirio decesserit (‚) sola legitima portio liberis deferatur.
(E. I: CCCCLXXXVI. Idem.)
(C. U: XVII. De sponsa fugiente ad monasterium sive sponso.)
XVII. Si sponsalia legitime inter sponsum et sponsa (E. I. et C. U: sponsam)
contracta fuerint (‚) deinde quam (E. I: antequam) nuptiae celebrentur (‚)
sponsus vel sponsa intraverit in monastirium (‚) id (‚) quod arrarum nomine
datum est in simblum (sic!) tantum reddatur et poena utique parti remittatur.
(E. I. CCCCLXXXVII. Idem.)
(C. U: XVIII. De viro aut muliere ad monasterium fugiente.)
XVIII. Si constantem (E. I. et C. U: constante) matromonio solus vir vel sola
uxor ad solitariam vitam transierit et monachicum habitum acciperit (‚) hoc
imsum (E. I. ipso) matrimonium dissolvatur et (E. I. pro et: etiam) nullo
repudio misso et (E. I. si) quidem solus vir monachus factus est reddat mulieri
datem quicquid aliquid (E. I. et C.U: aliud) ab ea susciperat (E. I. et C. U:
susceperat) et propter nuptcias donacionis tantam partem quantum mulier
accepisse ex more mariti (E. I: morte mariti) secundum dotalium
instrumentorum tenorem. sin autem muller monacha facta est. maritus quidem
retineat nupcialem (sic!) donacionem. mulier autem recipiat dotem suam
excepta illa poecione quae aput maritum ex more (E. I: morte) mulieris
secundum pacta dotalia resedere (E. I. et C. U: residere) debet. Sed et quic quid
(E. I. et C. U: quicquid) aliud mulier haput (E. I. et C. U: apud) maritum habuit
restituatur eidem mulieri. Quod si utraque persona solitariam vitam peregerint
(C. U: peregerit. E. I: elegerit). unaquaque (E. I. et C. U: unaquaeque) pars
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suas res accipiat. et nemo nihil neque lucretur neque detrimentum senciat (C.
U: detrimentum sentiat. E. I: detrimenti sentiat). sed maritus quidem retineat
propter nupcias donacionem
S. 388: mulier autem recipiat dotem suam. et quieqid aliud marito dedisse probetur.
Haec omnia quam de sponso et viro et uxore atatuta sunt. nisi altera pars altera
quiopiam donare vel concedere vellit (C. U: velit).
(E. I. CCCCXC. Idem.
XVIIII. De eo qui proprium relinquerit monastirium. Si quis monastirium
suum relinquerit. et ad alium monastirium transierit. res eius priori monasterio
in quo primus habitaverit (E. I. et C. U: in quo antea intraverit) conpetat (E. I:
conpetant).
(E. I: CCCCLXXXVIII. Idem.)
(C. U: De parentibnus, ut non exheredent filios suos monachos factos.)
XX. Non liceat parentibus liberos (‚) vel liberis parentes hereditate sua
repellere monachos factos (‚) quamvis (‚) dum laici fuerint in causa
ingratitudinis inciderit (E. I. et C. U: inciderint).
(E. I: CCCCLXXXIX. Idem.)
Non liceat parentibus liberos suos ad solitariam vitam transeuntes abstrahere
de monastiriis.
(CCCCXCII. Idem.)
(C. U: XXI, De monacho laico facto.)
XXI Si monachus laicus factus fuerit honorem et cingulo expolietur (E. I. et C.
U: spolietur). et res eius monastirio ab dicantur quod hab (E. I. et C. U: ab) eo
relictum est (‚) instante episcopo loci et praeside provinciae. Ipse quoque in
monastirium mittatur. quod si iterum monachicam vitam relinquerint (-it). tunc
eum praeses provinciae in qua inventus sit teneat et taxectis suis connumeret.
(E. I: CCCCXCIII. Idem.)
(C. U. XXII. de his, qui corrumpunt castas vel religiosas mulieres,)
XXII. Si quis rapuerit vel sollicitaverit vel corriperit ascistriam vel
diaconissam vel monastriam vel aliam mulierem
S. 389: relegiosam (E. I: et C. U: religiosamm) vitam vel abitum (E. I. et C. U:
habitum) habentem bona ipsius et eorum qui huius sceleris communionem
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(E. I. et C. U: communione) contaminaverint (E. I: contaminati sunt.
contaminati sint) relegioso loco vindicentur. in quo talis mulier habitabat (‚)
relegiosos episcopos et heconomos (E. I. et C. U: oeconomos) et pr(a)esides
provinciarum et officiales eorum. Ipsi autem capitale (E. I. et C. U: capitali)
periculo subiciantur. Mulier autem ubicumque (E. I. et C. U: ubique)
investigetur et cum suisc(E. I. et C. U: rebus) monasterio rebus cautori
tradatur. Sin autem diaconissa fuerit liberos habens legitimos (‚) pars leigima
liberis eius prestetur (E. I. et C. U: praestetur) quod si intra annum quod
cognitum est (E. I. et C. U: post cognitum) talem (E. I: tale. Deest in C. U.)
scelus huius modi rs a relegiosis locis non vindicentur. comes (E. I: rerum)
privatorum (E. I: privatarum) hac non fisco (E. I. et C. U. recte: nostro fisco)
addicat. Praeses autem provinciae si vindictam tali crimine (-i) inponere
supersederit (‚) et cingulum (E. I. et C. U: cingulo) careat et poenam quinque
librarum auri dari
(-e) fisco (-i) viribus conpellatur.
(E. I: CCCCXCIV. Idem.)
(C. U: XXIII. Non liceat scenico habitum clericorum inludere)
XXIII. Non liceat laico (‚) praesertim scenis (E. I. et C. U: scenicis) viris et
mulieribus prostimitis (E. I: prostitutis) habitum (E. I. et C. U: habitu) monachi
vel monache (-ae) vel ascistriae quocumque loco imitari. nec in qualecumque
(E. I:ecclesiasticum) statum liceat illudere. Si quis autem visus (E. I: si quis
enim ausus) fuerit aliquid contra facere (‚) et corporales poenas subsistat et
exilio tradatur cura et sollicitudine episcoporum et clericorum qui eis subiecti
sunt et iudicium tam civilium quam militarium et officiorum (‚) qui (E. I. et C.
U: quae) eis obtemperant et defensorum civitatum.
(Ep. Iul: Constitutio CXIX.
DLX. De episcopo Carthagiensi )
(C. U: XXIV. De privilegio ecclesiae vel episcoporum
S. 390: XXIIII. Maneunt iura pristina episcopo cartaginis (E. I. et C. U: Carthagiensi)
et aliis metropolitanis et omnia privilegia. item omnia solacia et libertates
relegiosis locis date (E. I. et C. U: datae firme (E. I. et C. U: firmiter) teneant
(E. I: permancant. maneant).
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(E. I: DX. De privilegiis possessionum ad venerabiles locos pertinentium.)
Possessiones ad relegiosas domus pertinentes nullam discriptionem (E. I. et C.
U: descriptionem) agnuscant (sic!) nisi ad constructionem viarum vel pontium
aedificacione (E. I. et C. U: aedificationes). Si tamen haberint possessiones
intra territurium (sic!) constitutas illius civitatis in qua talis desideratur
descriptio. habeant autem immunitatem (E. I. et C. U: in) sordidis muneribus
(E. I. et C. U: et extraordinariis) et lucrativorum discriptionem (E. I. et C. U:
descripotione).
(E. I: DXI. De praescriptione quadraginta annorum venerabilibus locis
competente.)
(C. U: XXV. De rebus acclesiae, ut quadraginta annos possunt requiri.)
XXV. Neque decenni neque viginti vel triginta annorum praescriptiones (E. I.
et C. U: praescriptio) relegiosis domibus opponuntur (E. I. et C. U: opponatur).
sed sola quadraginta annorum colricula (E. I. et C. U: curricula) non solum in
ceteris rebus sed etiam in legatis et in hereditatibus.
(E. I: Si quis in nomine sancti Martyris hereditatem vel legatum reliquerit )
C. U: XXVI. De eo, qui rem suam in nomine Martyris delegat)
XXVI. Si quis in nomine Martyris sancti hereditatem vel legatum relinquerit
(‚) si quidem eiusdem nominis plures sunt in eodem loco oraturia et domos (E.
I. et C. U: oratoriae domus) (,) capiat lucrum illa quae pauperior nisi aliud
nominatim testator expresserit. quod si talis domos (E. I. et C. U: domus) in
civitate non inveniatur. sed in territorio eius sit (E. I. et C. U: illi detur. Sin
autem neque in territorio reperitur ecclesia
S. 391: illius sancti) neccesse est ut aecclesiae lucrum daretur illius civitatis (E. I: ut
lucrum detur ecclesiae illius civitatis. (C. U: ut lucrum sit ecclesia illius
civitatis) in qua testator domicilium habuit.
(E. I: DXVI. Si quis in ultima voluntate domum religiosam fieri disposuerit.
(C. U: De eo qui rem suam vult synodico adlegare).
(Capituli initum deest).
XXVIIII (sic!) Si quis (C. U: si, qui. - E. I: et si is, qui) testatus est dixit (‚)
quos vult xenodocos (E. I: xenodochos) (,) vel ptogotrofos (E. I. et C. U:
ptochotrophos vel aliis (E. I. et C. U: alios) huius modi (E. I. et C. U: fieri
heredes) (,) voluntas eius servetur (.) ut (E. I. et C. U: vel) si heredibus suis
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electionem dedit (‚) ut faciant ipsi quidem (E. I. et C. U: quidem quem) vellit
(E. I. et C. U: velint, similiter) voluntas eius custodiatur. Liceat autem episcopo
a testatore deputatus xenodocus (deputatos xenodochos) vel ptogotrofus
(ptochotrophos) vel alius (alios) mutare (,) si non inveniantur idonei. eodem
observando et si testatores heredes elegerint hominem. non idoneum ad
ministerium, vel administracione (E. I. et C. U: administrationem) locorum.
(E. I: DXVII. De redemptione captivorum vel alimoniis pauperum.)
(C. U: XXVIII. De eo, qui rem suam in redemptionem captivrum derelinquit.)
XVIII (sic!) Si pro redemtione captivorum legatum vel hereditas relicta fuerit
vel pro alimoniis pauperum (‚) ea (‚) quae testator iussit (‚) cogantur heredes
implere (.) quod si non expresserit his (E. I. et C. U: is) (,) qui testatus est (‚)
cuius loci pauperibus alimonia dari oportet (‚) episcopus locorum relictam
quantitatem dividat inter pauperes illius loci in quo testator domicilum habuit.
Item quod (C. U: pro) redempcionem (C. U: redemptione) captivorum relictum
est (‚) administrari dabet. et (E. I: aut) ab eo quem testator ad hoc deputavit. ut
(aut) si nemo hab eo testatus est (‚) ab episcopo et heconomo (oeconomo)
pietatis locus (E. I. et C. U: opus)
S. 392: impleatur. Omnia enim facta ad pietatem pertinentia episcuporum (sic!)
interesse opportet. quamvis testatoris (-es) vel donatoris (-es) verba contrariae
voluntatis expresserint.
(E. I: DXVIII. Si heredes piam dispositionem implere noluerint.)
(C. U: XXIX. De heredibus, qui iuxta voluntatem testatoris non adimplent.)
XXVIIII. Si per publicas personas heredes admoniti iussa testatoris implere
distulerint (‚) omne lucrum quod ei (E. I. et C. U: eis) relictum est (‚) auferatur
cum fructibus et ceteris aermolumentis (E. I. et C. U: amolumentis) (,) quem (I.
et U: quae) medio tempore accesserunt. Negligente autem episcopo liceat
metropolitano huiusmodi causas diligenter inquirere.
(E. I: DXIX. Si. heredes testatoris substantiam non sufficere dixerint.)
(C. U: XXX. De hereditate, quae non sufficit ad pias causas.)
XXX. Si dixerit heres (:) ad (E. I. et C. U: a) testatore relicta substantia ad
impensas pietatis non sufficere (‚) cessante lege falcidia ea (‚) quae relicta sunt
(‚) inpendantur. In illas causas quas testator voluit cura scilicet et diligentia
locorum episcopi.
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(E. I: DXX. Si intra sex menses pia voluntas impleta non fuerit.)
(C. U: XXXI. De legato ecclesiis dimisso.)
XXXI. Si legatum quod pie relictum est intra VI. menses numerandos ex eo
tempore quod (E. I. et C. U: quo) testamentus (E. I. et C. U: -um) intimatus (C.
U: intimatum. E. I: initiatum) est (,) heredes distulerint solvere (‚) fructus et
usuras et omnem aemmolumentum (E. I. et C. U: emolumentum) ex tempore
mortis testatoris conpellere (deest in E. I.) cogantur exsolvere.
(E. I: DXXI. De legatis annalibus ad religiosa loca pertinentibus.)
(C. U: XXXII. De annali legato ecclesiae dimisso.)
XXXII. Si annuale (E. I. et C. U: annale) legatum relegioso loco relictum fuerit
(,) si quidem vicinus sit locus aut persona
S. 393: a qua relictum est (‚) mancat in suo statu intactum. sin autem procul sit locus
aut persona a qua legatum est liceat hoc permutare (C. U: in) maiore reditu (E.
I: Sin autem persona vel locus longe positus‚ a quibus huiusmodi legatum
relictum est, tunc liecat eis, quibus hoc relictum est, permutare, et in proximo
loco accipere scilicet in maiore reditu,) ut quartam portionem plus in reditu (E.
I: -um) habeat (‚) et si (deest in E. I) possessio vicina sit et fertilis et non multis
praegravata tributis (.) liceat autem huiusmodi legatum secundum praefatam
distinctionem et vindere (cf. Lex Rom. Cur. E. I et C. U. habent vondere) in
XXXV annos et id quod datum est ad commoda eiusdem relegiosi procedat.
(E. I: DXXIII, De successione ad intestato veniente episcopi vel clerici
cuiuscumque alterius religiosae persone.)
(C. U: De his, qui sine testamento et agnatione discesserint.)
XXXIII. Si episcopus per clericos (E. I: Si episcopus vel clericus vel)
cuiuscumque gradus seu (deest in E. I. et C. U.) aecclesiastici minister sine
testamentum (E. I. et C. U: testamente) et cognatione decesserit (,) hereditae
eius non ad fiscum sed prius ad aecclesiam devolatur (‚) et si diaconissa fuerit
simili modo res eius aecclesiae conpetebunt (res eius etc deest in E. I.).
Expliciunt constituciones impera (Imperatoris) Iustiniani Pii Augusti. De
Reb(us) aecclesiasticis dada diversis temporib(us) P(rae)turioru(m). Exaudi
cuaesumus domine suplicum preces et confitentium tibi parce peccatis ut
pariter nobis indulgentiam tribuas benignus et pacem - per dominum.
- 37 -
Übersetzung:
Dreiunddreissig Konstitutionen Kaisers Justinian über Kirchenrecht. Hier
beginnen die Konstitutionen des Kaisers Justinian über verschiedene Kapitel
für die Bischöfe, Mönche und Kleriker, sowie für die frommen Vermächtnisse
zu Gunsten von Kirchen.
Der Epitome des Julian Konstitution 111.
Kapitel 409. Von Veräusserungen und andern Verträgen, welche die
unbeweglichen Güter, Zivilabgaben und Landsklaven anbelangen, die zu den
ehrwürdigen Gotteshäusern gehören.
S. 394: Kap 411. Dasselbe.
I. Dass es nicht erlaubt sei, ein Kloster zu veräussern. Der Kaiser Justinian
allen Präfekten als Erhabener über die Alemannen, Gothen und Franken.
Niemandem ist es erlaubt ein Kloster zu veräussern auf dass es in einen
weltlichen Zweckzustand übergehe. Solche Fehlgriffe sollen hingegen gebüsst
und derart wieder gut gemacht werden, dass das Kloster wieder in seinen alten
Zustand zurückversetzt werde.
Kap 412. Dasselbe.
II. Von jenem der eine kirchliche Sache in ihrem Werte schädigt. Wenn ein
Mieter oder Pächter auf lange Dauer, Dinge die zu einem Gotteshaus gehören,
entweder in ihrem Werte herabmindert oder während der Dauer zweier Jahre
den emphyteutischen Zins oder Kanon nicht bezahlt, so ist es jenem
Gotteshaus, ihn von der Liste oder von der Erbleihe auszustossen und von ihm,
den in der verstrichenen Zeit fällig gewordenen Zins abzuverlangen. Wenn
aber die Verwalter der Kirche ihn nicht ausstossen wollen, so bezahle er seine
Schuldigkeit und behalte die von ihm gepachtete Sache bis die vertragliche
Zeit abgelaufen ist. Den Zins aber bezahle er, so wie es vereinbart worden ist.
Wenn er aber flieht, so ist es statthaft, dass die Verwalter der Kirche sich
bezahlt machen aus den Dingen, die er zurückgelassen hat, ohne eine Klage
seinerseits wegen angebrachten Verbesserungen des Mietgutes befürchten zu
müssen.
Kapitel 413. Dasselbe.
Den heiligen Kirchen von Odessa und Tomeos gestatten wir Immobiliengüter
zu verkaufen und zur Erlösung von Gefangenen, es sei denn, dass diese Güter
- 38 -
ihnen verliehen worden seien unter der Bedingung, sie nicht veräussern zu
dürfen. Wir gestatten auch, dass die geheiligte Kirche in Jerusalem in der
Stadt gelegene Häuser verkaufen dürfe, aber nicht um einen minderen Preis als
der volle Nutzertrag dieser Liegenschaften während ganzen fünfzig Jahren, so
dass es aus dieser Wertschätzung heraus möglich sei, nachher dann andere
Dinge mit besserem Ertrag zu erstehen.
(Bemerkung: Dieses Kapitel visiert einige aus den Zeitumständen heraus
erwachsene Sonderfälle. Da aber nach der Völkerwanderung Unordnung und
anarchistische Gefahren, den Boden des alten Westreiches lange gefährdeten,
mochten solche Sonderbestimmungen auch hier, mehr noch als im Orient,
aktuell werden. Deshalb sind sie auch in die hier behandelte Sammlung
aufgenommen. Wichtig ist vor allem die Bestimmung, die Kirche dürfe Güter
zum Loskauf von Gefangenen veräussern. Diese Sonderbestimmung finden wir
auch in Churrätien angewendet, wenn Bischof Valentinian laut seiner
Grabschrift Gefangene loskauft und Arme bekleidet. Vgl. dazu Nr. 137 der
vorliegenden Sammlung.)
Kapitel 414. Dasselbe.
Wenn jemand irgendwo, sei es in einer kaiserlichen Stadt, oder sei es in der
Provinz, durch Lasten beschwerte Güter schenken, verkaufen, verleihen oder
überlassen würde, so befehlen wir,
S. 395: dass dafür gesorgt werden soll, dass durch solche Güter, das Gotteshaus
keinerlei Eintrag erleiden soll, weder von Seiten und im Namen öffentlicher
Funktionäre, noch auf irgendwelche andere Weise. Alle Lasten die aus solchen
Gütern dem Gotteshaus erwachsen, sollen zurückfallen auf jene, die dieselben
verliehen oder auf ihre Erben. Auch müssen sie genötigt werden, diese Güter
zurückzunehmen und dem Gotteshause jeden aus ihnen erwachsenen Schaden
aus dem eigenen Vermögen zu vergüten. Im Falle aber von List oder Betrug,
wie wenn zum Beispiel dem Gotteshause Geld verliehen wurde, auf dass es
diese Güter übernehme, befehlen wir, dass die Güter zurückgenommen werden
sollen und zwar ohne die Bestechungsgelder. Wir wollen der Kirche keine
Notwendigkeit aufzwängen, Güter zu kaufen, wo es auch immer sei, so
fruchtbar solche an sich auch wären.
- 39 -
Kapitel 415. Dasselbe.
Wenn jemand zur Nutzung von einer Landkirche eine Liegenschaft
übernehmen will, so geschehe das nach gleichem Recht und zu den gleichen
Bedingungen, wie wir sie oben für jene Kirchen statuiert haben, die in einer
kaiserlichen Stadt oder in deren Territorium gelegen sind.
Kapitel 416. Von den heiligen Gefässen der Kirchen und Gebetshäuser
(Oratorien)
III. Ob den Kirchen entbehrliche heilige Gefässe verkauft werden können? -
Obiges über die kirchlichen Immobiliargüter. Von den heiligen Gefässen der
Kirchen und Oratorien aber haben wir gesetzlich festgelegt, dass es nicht
statthaft sei, sie zu veräussern, verschleppen, verkaufen oder zu verpflichten,
ohne es sei denn, dass ihr Preis zum Loskauf von Gefangenen diene. Wenn
aber ein Gotteshaus überflüssige heilige Gefässe besitzen würde, die somit in
ihnen nicht mehr den notwendigen Gebrauch finden könnten, und wenn diese
Gotteshäuser zugleich von Schulden belastet wären, die durch keine anderen
Mobiliargüter abgelöst werden könnten, so geben wir die Erlaubnis. sie nach
der vorgeschriebenen Aktnahme und nach der durch das Gesetz definierten
Weise, entweder, wenn das nützlich ist, an ein anderes Gotteshaus zu
verkaufen, oder sie zusammenzutragen und zusammenhaft zu verkaufen, so
dass ihr Preis dem verschuldeten Gotteshaus zu Gute komme, auf dass dessen
Immobiliargüter nicht angetastet werden müssen.
(Bemerkung: Auch hier kehrt die Idee der Förderung des Loskaufes von
Gefangenen wieder, Vgl. dazu die Bemerkung oben auf S. 394 und die Nr. 137
dieser Sammlung. - Die Oratorien finden wir auch in späteren rätischen
Urkunden wieder, so z. B. in jenen aus der Gegend von Chur, die seinerzeit
von Robert Durrer in Münster im Münstertale aufgefunden wurden. - Die
öffentlichen Akten wurden auf dem Kanzellariat der städtischen Kurie
verwaltet. Nach der späteren Lex Romana Curiensis konnten die in dieser
Kurie verpflichteten Curiales die öffentlichen Akten (gestae) festigen (ligare).
Solche Curiales gab es gemäss dem Testament Tellos aus dem Jahr 765 in
Rätien auch auf dem Lande. Auf diesem Weg hat sich so in einer Beziehung
das spätere rätische Urkundenkanzellariat gebildet, wie es uns z. B. in den
Wallgauer-Urkunden bei Wartmann, Ub. der Abtei St. Gallen, erscheint).
- 40 -
S. 396: Kapitel 417. Welchen Strafen jene verfallen, welche die vorliegende
Konstitution verletzen.
IV. Von jenem, der Verträge über kirchliche Angelegenheiten schliesst. -
Wenn dem vorliegendem Gesetz zum Trotz, ein Vertrag über mobiliäre und
immobiliäre Kirchengüter abgeschlossen würde, so befehlen wir, dass dem
Gotteshause jene Sache zurückgegeben werde. über die derweise verhandelt
wurde, und zwar mit dem halben Fruchtertrag, die die Sache mittlerweile
abgeworfen hat. Beim Gotteshause verbleibe auch der Sachpreis, sowie jede
andere Prästation, sei diese als Belohnung, oder als Übergangsgebühr geleistet
worden. Falls eine langjährige Pacht entgegen den obgenannten Bestimmungen
abgeschlossen wurde, so soll das Pachtobjekt dem Gotteshaus zurückerstattet
werden, der Pachtpreis aber werde nichtsdestoweniger vom Pachtnehmer
gemäss der Urkunden, die bei diesem Anlass ausgefertigt wurden,
vertragsgemäss entrichtet. Falls eine Gotteshaussache verschenkt worden wäre,
so ist solche diesem zurückzuerstatten, und zwar mit dem halben Fruchtertrag,
die die Sache mittlerweilen abgeworfen hat, sowie mit einem weiteren Betrag,
der einer Quantität entsprechen soll, die der Sache angemessen und würdig ist.
Wenn eine Hypothek gegen die obigen Bestimmungen aufgenommen worden
wäre, so verliert der Gläubiger sein Guthaben und gibt dem Gotteshaus das
Seinige zurück. Die Tabellionen aber, die sich unterständen gegen das
vorliegende Gesetz Urkunden auszufertigen, werden für ewige Zeiten ins Exil
verurteilt.
(Bemerkung: Auch die Tabellionen können als Vorgänger des späteren
rätischen Kanzellariates betrachtet werden, denn dieses resultiert u. E. aus
einer komplizierten Entwicklung Vgl. oben die Bemerkung auf S. 395)
Der Epitome des Julian. Konstitution 115.
Kapitel 435. Von den Bischöfen, die zum Zeugnis vor Gericht gerufen werden.
V. Ein Bischof darf nicht zur Zeugenschaft vor Gericht zitiert werde. - Kein
Bischof darf gezwungen werden vor Ge richt zu erscheinen um da Zeugnis
abzulegen, sondern der Richter schicke vielmehr seine Minister zum Bischof,
auf dass der Bischof, vor den aufgeschlagenen Evangelien, das sage, was und
wie es sich für einen Priester geziemt.
(Bemerkung: Der Iudex kommt auch später in Rätien vor, es ist dies nach der
Lex Romana Curiensis der Praeses Provinciae, und nach der karolingischen
Neuordnung gemäss vieler Wallgauer Urkunden der Graf.
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Der Minister ist hier der Unterbeamte des Iudex. So noch in karolingischer
Zeit, wo er seinen Sitz in dem ihm zugeschriebenen Gebiete hat, das von ihm
den Namen Ministerium führt. So gab es auch ein Ministerium in Planis, einen
rätischen Amtsbezirk unterhalb der Landquart, linkerhand des Rheins, der bis
zum Benkner-Hügel und bis zum Hirschensprung hinabreichte)
Kapitel 439. Von den Bischöfen und andern Männern der Religion, die sich
dem Spiel ergeben.
VI. Dass Bischöfe und andere Kleriker sich nicht an Schauspielen beteiligen
sollen. - Weder ein Bischof, noch
S. 397: ein Priester, noch ein Diakon, noch ein Subdiakon, noch ein Lektor, noch
irgend ein anderer, der einer religiösen Gemeinschaft angehört, oder das
religiöse Kleid trägt, unterstehe sich zu spielen, Spielgenosse zu werden, oder
des Zuschauens wegen in einem Schauspiel zu erscheinen. Wenn einer aber
das doch täte, so soll er während drei Jahren von seinem Amt suspendiert sein
und in einem Kloster versorgt werden. Wenn er dann aber gehörige Busse
leistete, soll er gleich wieder zurückgerufen und als Würdiger wieder in sein
Priesteramt eingesetzt werden. Und zwar sollen das jene Priester wissen, die
ähnliche Sünden bewusst verhehlen, von denen sie aber Gott Rechenschaft
abzulegen haben.
Kapitel 442. Von den Bischöfen die sich von eigener Hand schlagen.
VII. Dass ein Bischof sich nicht mit eigener Hand schlage. - Es ist einem
Bischof nicht erlaubt jemanden mit seinen eigenen Händen zu schlagen. Das
sei, fern von einem Priester.
Kapitel 458. Vom "peculium quasi castrense" der Kleriker, und von der
Bedeutung des Klerikates.
VIII. Vom Eigentumsrecht der Kleriker und inwiefern sie Verfügungsrecht
über dasselbe haben, Priester, Diakonen, Subdiakonen, Lektoren und Kantoren,
die alle wir Kleriker nennen, besitzen Dinge, die in ihren Machtbereich
geraten, aus eigenem Verfügungsvermögen heraus, etwa wie ein "peculium
quasi castrense" ( über das der vom Vater abhängige Sohn doch selbständig
verfügen darf. Dazu gehören selbst gemachte Ersparnisse aus dem Lohn etc...),
so dass es ihnen gestattet ist zu schenken und gemäss den Gesetzen
testamentarisch zu verfügen, obschon sie der Macht Ihrer Eltern (!) unterstellt
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wären. Sie müssen jedoch so verfügen, dass ihre Kinder, oder wenn keine
solchen vorhanden sind, dass ihre Verwandten doch zu ihrem legitimen Teil
gelangen.
(Bemerkung: Hier, wie schon In Kapitel 439, auf S. 396, Ist die Aufzählung
der verschiedenen Kategorien von Klerikern von Belang. Sie bestätigt das was
wir schon bei Nr. 132 auf S. 305 f. festgestellt haben.)
Kapitel 461. Von jenen Personen, die zu einem kanonischen Rechtsfall
vorgeladen werden.
IX. Dass der Bischof über eine kirchliche Sache zu entscheiden habe. - Wenn
über ein kirchliches, d.h. kanonisches Geschäft, ein Rechtsstreit entstünde, so
erledigt nicht der Magistrat die Angelegenheit, sondern der Bischof, und zwar
nach den heiligen Canones (d.h. nach dem kirchlichen, nicht nach dem
weltlichen Recht).
Kapitel 467. Von der Erbschaft derer die die ehrwürdigen Gotteshäuser
verwalten.
X. Vom verstorbenen Kirchengutverwalter. - Wenn einer aus jenen, denen die
Verwaltung eines Gotteshauses anvertraut ist, stirbt, ohne Rechnung ablegen
oder seinerseitige Schulden
S. 398: abtragen zu können, so sind seine Erben sowohl der Rechenschaft, als auch der
Rückzahlungspflicht unterworfen.
Kapitel 471. Von der gerichtlichen Abstrafung einer der Religion geweihten
Person.
XI Von der Abstrafung der Kleriker und Ordensleute, - In einem Rechtsfall, sei
er pekuniärer, öffentlicher oder privater Natur, in dem eine Mahnung oder eine
Exekution vollzogen werden muss, soll diese Mahnung oder Exekution
gegenüber einem Kleriker oder Mönch, oder gegenüber einer jeden beliebigen
Ordensperson, vorab aber gegenüber Klosterfrauen, ohne Beschimpfung und in
aller Ehrbarkeit vollzogen werden. Eine Nonne oder Aszetin aber werde nicht
aus ihrem Kloster oder Aszeterium geholt, sondern wir ordnen an, dass man
solchen einen Anwalt gebe, der das Rechtsgeschäft zu vertreten hat. Mönchen
aber ist es erlaubt, Rechtsgeschäfte selbst oder durch Anwälte durchzuführen,
und zwar, sowohl in eigener Sache, als auch in der ihres Klosters. Jener aber,
der dieses Statut verletzen würde, wisse, sei er dann Richter oder
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Rechtsvollstrecker, dass er der Abzeichen seiner Würde entkleidet würde und
fünf Pfund Gold, Busse zu zahlen hätte, die ihm vom "Magnificus Comes
Privatarum" abzuverlangen sind. Ein Rechtsvollzieher aber erleide auch
Körperstrafen und werde ins Exil verbannt. Das alles aber geschehe unter der
Aufsicht der Bischöfe der einzelnen Orte, auf dass nichts den obenstehenden
Vorschriften Entgegengesetztes geschehe und, wenn aber diesbezüglich doch
gesündigt werden sollte, dass die oben vorgeschriebene Zwangsmassregel
vollzogen werde. Wenn der Praeses der Provinz (der Judex) aber doch
unterbleiben lassen sollte, so soll der Bischof uns das zu wissen geben.
Kapitel 473. Der Bischof soll für Angelegenheiten seiner Kirche nicht zu
Tagfahrten aufgefordert werden.
XII. Dass Bischöfe oder Mönche kirchlicher Angelegenheiten wegen nicht
belästigt werden oder zur Zahlung von Sporteln angehalten werden. - Kein
Bischof erleide für die Angelegenheiten seiner Kirche Exekutionen oder
Belästigungen. Für die Erledigung seiner Geschäfte fordere man ihn nicht zur
Zahlung von Sporteln auf. (Das Ende dieses Kapitals fehlt hier. Es lautet:
Klagen die gegen Kirchen erhoben werden sollen deren Oekonome
entgegennehmen oder die, welche für die Führung eines solchen Rechtsfalls
eingesetzt werden.)
Kapitel 472 (sic). Von den Sporteln oder Gaben der Religiosen.
Der Ermunterung zu Sporteln schenke keine Person Gehör, gehöre sie auch nur
zu welchem kirchlichen Stande es immer sei: Diakonissin, Mönch, Aszetin
oder Nonne. Dies gilt für jeden Rechtsfall, sei er kriminell oder pekuniär und
handle es sich um so viel wie es auch wolle, Weder von einem Kleriker, noch
von einem Kriegsmann sollen solche Aufmunterungen entgegengenommen
werden.
Kapitel 478. Wenn jemand den Dienern Gottes bei der Feier der göttlichen
Mysterien Beschimpfung zu Teil werden lassen würde.
XIII. Dass Niemand einem Bischof oder Kleriker Schimpf antue, - Wenn
jemand während der Feier der göttlichen Mysterien
S. 399: oder anderer kultureller Handlungen in ein Gotteshaus eindringen würde, und
daselbst den Bischof oder die Kleriker und andern kirchlichen Minister
beschimpfen würde, so befehlen wir, dass ein solcher Mensch nach
überstandener Tortur in die Verbannung gesandt werde.
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Wenn aber die heiligen Oratorien selbst oder der göttliche Kult gestört würden,
oder auch wenn die Feier des Gottesdienstes verhindert würde, so soll die
Todesstrafe zur Anwendung kommen. Das Gleiche soll zur Anwendung
kommen bei den Prozessionen, an denen Bischöfe oder Kleriker teilnehmen,
und zwar so, dass, wenn einer Beteiligten Schmach zu Teil werden lassen
würde, er zu Tortur und Verbannung verurteilt würde, dass aber, wenn er sich
erkühnen würde die Prozessionen selbst zu stören, er des Todes sei. Solche
Missgriffe verbieten wir aber nicht nur zivilen sondern auch militärischen
Machthabern.
(Bemerkung: Diese Unterscheidung von zivilen und militärischen Richtern und
Behörden fanden wir, um nur die wichtigsten Quellen zu nennen, schon in der
Notitia dignitatum d.h. in Nr. 119 dieser Sammlung und bei Cassiodor in Nr.
134. Wir werden sie wieder finden in der Lex Romana Curiensis und im
Testament des Bischofs Tello, im letzteren unter der Form der Curiales und
milites).
Kapitel 479. Von den Prozessionen der Laien.
XIV. Dass ohne Bischof keine Prozessionen gehalten werden. - Es ist Laien
nicht erlaubt Prozessionen zu halten ohne den Bischof und die Kleriker, die
dem Bischof unterstehen. Wir befehlen aber, dass die heiligen Kreuze, die in
den Prozessionen vorangetragen werden, in den heiligen Orten verwahrt
werden, und aus diesen hervorgeholt werden, wenn die Zeit der Prozessionen
da ist. Das haben nicht nur die Bischöfe und Kleriker der einzelnen Orte zu
beachten, sondern auch die Magistratspersonen.
Julians Kapitel 490. Von den Mönchen, Monasten und Klöstern.
Kapitel 184. Dasselbe.
XV. Von jenen die ins Kloster eintreten und ihr Erbe zurücklassen. - Wenn
jemand unter dem Titel einer Heirat, für die Kinder, als Mitgift oder als Gabe
vor der Heirat Schenkungen machen würde, seinen Kindern Hinterlassen-
schaften übertrüge, oder beliebigen andern Personen Erbschaften oder Legate
überliesse oder schenkte, oder ihnen auch, Substitutionen oder Restitutionen
leisten würde, und zwar unter welchem oberwähnten Titel es auch immer wäre,
so befehlen wir, dass unter solchen Umständen derartige Rechtsgeschäfte für
null und nichtig angesehen würden, und kämen sie von Mann oder Frau, sofern
- 45 -
ihre Urheber einst in ein Kloster, oder in den Stand eines Klerikers, einer
Diakonissin oder einer Aszetin eingetreten wären. Von diesen aber sollen die
Kleriker oder Diakonissinnen der Kirchen leben, sofern sie im geistlichen
Leben verharren. Dinge die auf oberwähnte Weisen ihnen geschenkt oder
überlassen würden, sollen sie zu frommen Zwecken verwenden, verschenken
oder hinterlassen, denn bei denen, die in ein Kloster oder in ein Aszeterium
eintreten ist es stäter Brauch, dass ihr ganzes Vermögen
S. 400: derweise dem Kloster oder Aszeterium gehöre. Wenn aber unter den obigen
Bedingungen etwas zum Loskauf und zur Speisung der Gefangenen geleistet
worden wäre, so gestatten wir in keiner Weise, dass von den eben aufgestellten
Vorschriften abgewichen werde.
Kapitel 485. Dasselbe.
XVI. Von Männern und Frauen, die ins Kloster eintreten. - Wenn ein Mann
oder eine Frau zum einsamen Leben mit Gott übertritt, so fallen dessen oder
deren Gut dem Kloster anheim, falls keine Kinder vorhanden sind. Wenn aber
eine solche Person Kinder hätte, so ist es ihr gestattet, ihr Vermögen unter
diesen zu teilen, aber so, dass Keines legitimer Teil geschmälert werde. Auch
halte kein Kind jenen Vermögensteil für sich zurück, welcher dem Kloster
zufallen soll. Wenn aber jemand ins Kloster eintreten würde, bevor er seine
Güter unter seine Kinder aufgeteilt hätte, so soll den Kindern bloss ihr
legitimer Erbteil zufallen.
Kapitel 486. Dasselbe.
XVII. Von der Braut und vom Bräutigam, die in einem Kloster Zuflucht
nehmen. - Wenn nach geschlossener Verlobung, aber vor gefeierter Heirat, ein
Bräutigam oder eine Braut in ein Kloster eintreten würden, so soll das
Haftgeld, das zur Stützung des Verlobungsvertrages vereinbart wurde,
zurückgegeben werden, aber nur in der einfachen Höhe, - wie es beschlossen
wurde. Eine Strafe wegen Vertragsbruch wird beiden Teilen erlassen.
Kapitel 487. Dasselbe.
XVIII. Vom Ehemann und von der Ehefrau, die in einem Kloster Zuflucht
nehmen. - Wenn nach abgeschlossener Ehe, entweder der Ehemann allein, oder
die Ehefrau allein, zum klösterlichen Leben übertreten und das Ordenskleid
ergreifen würde, so löst das aus sich selbst die ehelichen Pflichten auf, ohne
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dass dabei eine formelle Zurückstossung des andern Ehepartners noch nötig
wäre. Wenn ein Ehemann Mönch wird, so gebe er seiner Ehefrau die von ihr
geleistete Mitgift, sowie alles andere, das er von ihr empfangen hätte, zurück,
vom ehelichen Geschenk aber nur so viel, wie die Frau im Todesfall des
Mannes, nach den ehelichen Verträgen erhalten hätte. Wenn aber eine Frau ins
Kloster tritt, so behalte der Mann das Ehegeschenk, gebe der Frau aber die
Mitgift zurück, abgesehen vom jenen Teil davon, den er auch im Todesfall der
Frau gemäss Ehevertrag erhalten würde. Wenn sich aber beim Mann noch
anderes Frauengut befinden würde, so erstatte er das der Frau zurück. Wenn
aber endlich beide Ehepartner zusammen das klösterliche Leben wählen
würden, so erhalte jeder Teil das Seine, und zwar so, dass kein Teil dadurch
weder etwas gewinnen noch verlieren würde. Der Mann aber behalte das
eheliche Geschenk, die Frau ihre Mitgift und alles andere, das sie dem Mann
gegeben hätte, so weit sie das noch beweisen könnte. Das ist beschlossen für
Bräutigam und Braut, Mann und Frau, ohne es sei denn, dass ein Teil dem
anderen Geschenke und freie Zugeständnisse machen wollte.
S. 401: Kapitel 490 (sic). Dasselbe.
XIX. Von Jenem, der sein Kloster verlässt. - Wenn jemand sein Kloster
verlassen und in ein anderes übertreten würde, so kann jenes Kloster in dem er
zuerst verweilte seine Güter beanspruchen.
Kapitel 488 (sic). Dasselbe.
XX. Dass Eltern ihre Kinder, die ins Kloster eingetreten sind nicht enterben. Es
ist Eltern nicht erlaubt Kinder, Kindern Eltern‚ die ins Kloster eingetreten sind,
zu enterben, und wenn auch, da sie noch Laien waren, sie sich der Erbschaft
unwürdig gemacht hätten.
Kapitel 489. Dasselbe.
Es ist Eltern nicht erlaubt ihre Kinder vom klösterlichen Beruf abzuhalten.
Kapitel 492. Dasselbe.
XXI. Vom Mönch, der wieder Laie geworden. - Wenn ein Mönch wieder Laie
geworden, so werde er der Abzeichen seiner Würde und seiner Ehre entkleidet,
und seine Güter sollen dem Kloster anheimfallen, das er verlassen hat, und das
im Beisein des Bischofs und des Praeses Provinciae.
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Er selbst werde wieder ins Kloster zurückgeführt. Wenn er aber das Kloster
neuerdings verlassen würde, dann halte ihn der Praeses jener Provinz, in der er
angehalten würde, fest, und zähle ihn zu seinen Taxeoten.
Kapitel 493. Dasselbe.
XXII. Von jenen, welche die enthaltsamen und der Religion geweihten Frauen
verderben. - Wenn jemand eine Aszetin, Diakonissin, Nonne oder sonst eine
Klosterfrau, rauben, nötigen oder verderben würde, so sollen sowohl seine, als
auch die Güter seiner Mithelfer, dem Kloster seines Opfers verfallen und das
durch das Eingreifen der gottverbundenen Bischöfe, Oekonome und
Provinzialpräsides und ihrer Offiziale. Sie selbst aber sollen der Todesstrafe
anheimfallen. Nach der Frau werde aber überall gefahndet und sie werde samt
ihren Gütern einem vorsichtigeren Kloster einverleibt. Wenn sie aber
Diakonissin wäre und Kinder hätte, soll deren legitimer Anteil alsogleich an
diese übertragen werden. Sollten aber nach Jahresablauf nach Bekanntwerden
eines solchen Verbrechens, die in Frage kommenden Güter vom Kloster nicht
eingezogen worden sein, so schreibe sie der "Comos rerum privatarum"
(Höfischer Finanzminister) unserem Fiskus zu. Wenn der Praeses Provinciae
aber die diesbezügliche Eigentumsforderung übersehen hätte, so soll er der
Abzeichen seiner Würde beraubt werden und überdies fünf Pfund Gold in die
Kasse des Fiskus zu zahlen haben.
Kapitel 494. Dasselbe.
XXIII. Es ist Schauspielern nicht erlaubt Kleriker zu verspotten. - Es ist Laien,
namentlich aber Schauspielern, Männern und Frauen, insbesonders aber
Prostituierten, nicht erlaubt von klösterlichen Kleidungen Gebrauch zu
machen, sowie
S. 402: klösterliche Personen nachzuahmen und auf diese Weise irgend welchen
kirchlichen Stand zu verspotten. Wenn aber jemand sich doch dazu unterstehen
würde, so soll er körperlichen Strafen unterworfen und ins Exilium verbannt
werden, und das durch die Obsorge der Bischöfe und Kleriker, der Zivil- und
Militärrichter, der Offiziere, die diesen zu gehorchen haben, sowie der
Defensores civitatum d. h. der Stadtanwälte.
Der Epitome des Julian. Konstitution 119.
Kapitel 509. Von Bischof von Carthago. -
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XXIV. Von den Privilegien der Kirchen und Bischöfe, - Alle dem Bischof von
Carthago und andern Metropoliten verliehenen Privilegien bleiben aufrecht
erhalten. Auch alle Unterstützungen und Freigebigkeiten gegenüber religiösen
Stätten bleiben aufrecht erhalten.
Kapitel 510. Von den Privilegien der Besitzungen, die zu den religiösen Stätten
gehören.
Die Besitzungen, die zu religiösen Häusern gehören, sind den üblichen
Steuerschatzungen unterworfen, nicht aber jenen, die der Konstruktion von
Wegen und den Bau von Brücken zu gute kommen sollen. Diese Steuer-
schatzungen kommen aber nur in Frage, sofern diese Gotteshäuser innerhalb
des Stadtgebietes, in welchem diese Steuern verlangt werden, Besitzungen
haben. Die Gotteshäuser sind aber frei (habeant immunitatem) von allen
niedrigeren Staatsdiensten, sowie von Abgaben zu ausserordentlichen oder
lukrativen Zwecken.
Kapitel 511. Dass die ehrwürdigen Stätten die 40-jährige Verjährung
beanspruchen können.
XXV. Davon, dass Kirchengüter während 40 Jahren zurückverlangt werden
können. - Den religiösen Stätten kann weder die 10-, die 20- noch die 30-
jährige Verjährung vorgehalten werden, sondern nur die 40- jährige, und das,
abgesehen von alles andern Dingen, auch in Sachen Legaten und Erbschaften.
Kapitel 515. Wenn jemand im Namen eines heiligen Martyrers ein Legat oder
eine Erbschaft hinterlässt.
XXVI. Von jenem, der sein Gut im Namen eines Martyrers vermacht. - Wenn
jemand im Namen eines heiligen Martyrers eine Erbschaft oder ein Legat
hinterlässt, und wenn im betreffenden Ort mehrere Oratorien, die den Namen
dieses Martyrers führen, liegen, so empfange jenes das vermachte Gut, das
ärmer ist, ohne es sei denn, dass der Testator nominell etwas anderes zum
Ausdruck bringe. Wenn aber sich in der betreffenden Stadt kein Gotteshaus
finden würde, das den Namen dieses Martyrers führt, wohl aber auf dem Land,
da zu dieser Stadt gehört, so soll das vermachte Gut diesem übergeben werden.
Wenn sich aber auch auf dem Territorium, das zu dieser Stadt gehört, keine
Kirche dieses Heiligen finden würde, so ist es notwendig, dass das Gut der
Kirche jenes Ortes übergeben werde, in welchem der Testator seinen Wohnsitz
hatte.
- 49 -
S. 403: Kapitel 516. Wenn jemand aus seinem letzten Willen heraus verfügte, dass ein
Gotteshaus erbaut werden soll.
XXVII. Von jenem, der sein Gut einer Herberge überlassen will. - (Der Anfang
über das Vermächtnis zu Gunsten eines Kirchenbaues fehlt hier). Wenn jener
der testiert, sagt, dass er eine Herberge, ein Armenhaus, oder eine ähnliche
Anstalt erstellen lassen wolle, so muss sein Wille befolgt werden. Auch wenn
er die Wahl, was für eine Anstalt errichtet werden solle, dem Willen seiner
Erben überlässt, muss seinem Willen Folge geleistet werden. Es ist jedoch den
Bischöfen erlaubt, die vom Erblasser bezeichneten Herbergen, Armenhäuser
oder sonstigen Anstalten umzuwandeln, falls sie für den Empfang des
Vermächtnisses nicht geeignet erscheinen würden. Dasselbe ist zu beachten,
falls die Erben des Testatoren keinen geeigneten Mann finden würden zur
Betreuung oder Verwaltung dieser Örtlichkeiten.
(Bemerkung: Die Ausdrücke xenodochos und ptochotrophos sind griechisch
und bezeichnen Herbergen und Armenhäuser. Im Ausdruck xenodochos ist das
Wort xenos = Fremder enthalten. Wie diese Institute auch in Rätien gemäss der
Epitome des Julian, Sache der Kirche waren, erhellt aus jenen Xenodochien,
die in ottonischen Urkunden erwähnt werden).
Kapitel 517. Vom Loskauf der Gefangenen und von der Speisung der Armen.
XXVIII. Von jenem, der sein Gut zum Loskauf von Gefangenen hinterlässt. -
Wenn jemand sein Gut zum Loskauf der Gefangenen oder zur Speisung der
Armen hinterlässt, so sind die Erben gehalten, das was der Testator befiehlt,
auszuführen. Wenn der Testator nicht zum Ausdruck brachte, an welchem Orte
den Armen Unterstützungen gegeben werden sollen, so verteilt der Bischof
jener Gegenden die hinterlassene Menge an die Armen jenes Ortes, in der der
Testator seinen Wohnsitz hatte. Gleicherweise ist das, was zum Loskauf von
Gefangenen hinterlassen wurde, entweder von jenen zu verwalten, die der
Erblasser dazu bestimmt hat, oder, falls von ihm Niemand dazu ernannt
worden ist, vom Bischof und seinem Oekonom. Von ihnen werde das Werk
der Barmherzigkeit erfüllt, denn alles was aus Gründen der Barmherzigkeit
getan wird, soll die Bischöfe interessieren, auch wenn die Testatoren oder
Donatoren etwas Gegenteiliges zum Ausdruck bringen würden.
(Bemerkung: Wir möchten hier nochmals an die Bemerkung auf S. 395
anschliessen, wo wir bereits auf die Wohltaten des Bischofs Valentinian von
Chur zu solchen Zwecken hinwiesen.
- 50 -
Hier kommen wir nun zur Frage nach der Form, nach der dieser Bischof etwa
die Gefangenen loskaufte oder die Armen bekleidete. In Anbetracht des hier
vorliegenden Kirchenrechts ist es schon möglich, dass St. Valentinian
möglicherweise durch ein formelles Testament oder durch eine grössere
Schenkung diese Amen unterstützte. Es ergibt sich aus der vorliegenden Quelle
auf jeden Fall, dass
S. 404: die Wohltaten des Churer Heiligen durchaus im Geiste seiner Zeit lagen und
durch das Gesetz und Kirchenrecht eine aktive Ermunterung fanden. Anlass zu
solchen Wohltaten machte ihm, wie Dietze in seinem Buch über Rätien und
seine germanische Umwelt" auf S. 134 sagt, der damals grassierende gotisch-
byzantinische Krieg bieten. "Unter diesen entblössten Scharen haben wir, so
führt Dietze aus, in erster Linie Italiker zu verstehen, die aus ihrem durch die
Kriegswirren furchtbar heimgesuchten Land nordwärts in das gebirgige, mehr
geschützte Rätien geflohen waren". Für die Stützung dieser Aussage verweisen
wir auf Dietze. Wir möchten aber hier nochmals auf die damaligen
Beziehungen Rätiens zu Italien, namentlich in kirchlicher Beziehung
hinweisen. Es ist schon möglich dass hier gerade der Bischof von Chur besser
in der Lage war, lindernd einzugreifen, als die italischen Bischöfe).
Kapitel 518. Wenn Erben fromme Verfügungen nicht zur Ausführung
gelangen lassen wollen.
XXIX. Von den Erben, die nicht gemäss dem Willen des Testatoren handeln. -
Wenn Erben, trotz Mahnung der öffentlichen Persönlichkeiten, den Willen des
Testatoren nicht erfüllen wollen, so soll jeder Gewinn, der durch die Erbschaft
ihnen sonst zu Gute käme, von ihnen samt den Früchten und übrigen
Emolumenten genommen werden, die letzteren nach der halben Zeit berechnet,
die indessen verstrichen ist. Wenn der Bischof eine solche Angelegenheit
vernachlässigt, so ist es auch den Metropolitanen (oder Erzbischöfen) erlaubt,
eine solche Angelegenheit genau zu untersuchen.
(Bemerkung: Aus diesem Kapitel, dass somit in den beiden rätischen Codices
von Udine und Chur- St. Gallen figuriert, sehen wir, dass der Bischof doch
durchaus nicht ganz von seinem Metropoliten, der in unserem Fall in Mai land
residierte, unabhängig war, konnte sich letzterer sogar in einer, wie hier der
- 51 -
Fall, gewiss kleinen Angelegenheit, einmischen. Es ist damit aber möglich
gemacht, dass die Bestimmungen des Julian, möglicherweise auch über
Mailand in Chur Eingang fanden).
Kapitel 519. Wenn die Erben des Testatoren sagen, die Erbmasse sei
ungenügend.
XXX. Von der Erbschaft, die für die vorgesehenen frommen Zwecke nicht
genügt. - Wenn die Erben sagen würden, die vom Testatoren hinterlassene
Menge sei zur Erfüllung des frommen Zweckes ungenügend, so sollen, nach
Aufhebung der Lex Falcidia, jene Güter, die wenigstens vorhanden sind, für
die vom Erblasser vorgesehenen Zwecke verwendet werden, und zwar unter
der aufmerksamen Obhut der Bischöfe der in Frage kommenden Ortschaften.
(Bemerkung: Die Lex Falcidia verlangt, dass trotz der Verfügungen der
Erblasser, wenigstens ein Viertel, quarta pars Falcidiae‚ den gesetzlichen
Erben verbleiben solle. Wir finden diese Falcidia wieder in der Lex Romana
Curiensis und in einigen rätischen Urkunden, die bei Wartmann, Ub. der Abtei
St. Gallen gesammelt sind. Vgl. auch da Testament des Tello).
S. 405: Kapitel 520. Wenn innert sechs Monaten der fromme Wille des Testatoren
nicht erfüllt wäre.
XXXI. Vom vernachlässigten Legat zu Gunsten von Kirchen. -
Wenn die Ausführung eines zu frommen Zwecken von den Erben, von der
Testamentseröffnung an, über sechs Monate hinaus verzögert würde, so sind
diese verpflichtet sämtliche Früchte, Nutzerträge und Emolumente, die sich
seit dem Tod des Erblassers ergeben haben, zu vergüten.
Kapitel 521. Von jährlichen Legatpflichten zu Gunsten vor Gotteshäusern.
XXXII. Vom Annuallegat zu Gunsten einer Kirche. - Wenn ein zu
Jahresleistungen verpflichtendes Legat zu Gunsten eines religiösen Ortes
errichtet worden wäre, so soll das also beibehalten werden, wie es festgesetzt
wurde, sofern der mit dem Legat betraute Ort, oder die mit dem Legat betraute
Person, nahe liegt oder wohnt. Wenn diese aber in der Ferne sich befinden,
dann ist es erlaubt, diese Legatäre auf andere Personen oder Orte zu
übertragen, und das nämlich, auf dass mehr daraus herausschaue, auf dass die
Sache etwa ein Viertel mehr abwerfe, näher liege, fruchtbar und nicht von
allzu hohen Steuern belastet sei.
- 52 -
Es ist auch erlaubt ein solches obbestimmtes Legat während 35 Jahren zu
verkaufen, und den Ertrag, der sich aus diesem Verkauf ergibt, zum Nutzen des
in Frage kommenden Gotteshauses zu verwenden.
Kapitel 523. Von der gesetzlichen Erbfolge eines Bischofs, eines Klerikers
oder eine andern Religionsperson.
XXXIII. Von jenen, die ohne Testament dahinscheiden. - Wenn ein Bischof,
ein Kleriker oder sonst eine Person kirchlichen Amtes ohne Testament und
Verwandtschaft dahinscheiden würde, so fällt seine Erbschaft nicht an den
Fiskus, sondern vielmehr an die Kirche. Das Gleiche gilt auch von der
Diakonissin.
(Bemerkung: Im römischen Recht spielte das Testament die grössere Rolle als
der legitime Erbgang. Diese Auffassung erhellt auch noch klar aus den obigen
Bestimmungen, denen gegenüber die Lex Romana Curiensis schon viel
weniger charakteristisch ist. Die Lex Romana Curiensis steht diesbezüglich
schon zwischen dem reinen römischen und dem germanischen Recht. Die
römische Auffassung wirkt aber auch noch in einigen wenigen noch erhaltenen
rätischen Schenkungen auf Ableben hin nach, so nebst dem Testament des
Tello in einigen Urkunden bei Wartmann, Ub. der Abtei St. Gallen, aus
Niederrätien.
Wir haben hier nur einige Stücke aus dem julianischen Auszug, der für Rätien
speziell in Betracht fällt, etwas beleuchtet. Wie weiter oben dargetan, liegen
aber auch noch Gesamtausgaben der Epitome Iuliani aus rätischem Bereich
vor. Dazu kommen noch diverse, auch bereits aufgezählte justinianische
Stücke in Betracht. Die in allen diesen Quellen aufgeführten Institute sollten
also noch zum vergleichenden Studium zu den späteren rätischen
Rechtsquellen, kirchlicher und weltlicher Natur, herangezogen werden, doch
das gäbe eine grosse Dissertation).
S. 406: Beschreibung des Codex.
Vgl. hier vorerst die Anmerkungen zu den Nr. 130 und 136 dieser Sammlung.
Auf jene Dinge kommen wir hier nicht mehr zurück.
Dieser Codex Nr. 722 aus der Stiftsbibliothek St. Gallen trägt aussen auf dem
Deckel eine von späterer Hand gemachte Aufschrift "Constitutiones
(J)ustiniani (et?) aliorum Imperatorum, Compendium novellarum Sententiae
…" = "Konstitutionen Justinians und anderer Kaiser.
- 53 -
Kompendium der Novellen. Sentenzen..." Dann folgt die Etiquette "722", also
die heutige Bibliotheknummer. Unter diesen neueren Aufschriften findet sich
die alte, die also lautet: (DECRE)TA IUT(STI)NIANI. IMPER. Darüber
geklebt in der Mitte ist eine Etiquette aus dem 15. Jahrhundert mit der Zahl
"II".
Auf Seite 1 findet sich Folgendes:
"D. n. 184 (rot:) 722
Continent in hoc antiquissimo codice:
1. Constitutiones Justiniani Imperatoris de rebus ecclesiaticis numero XXXIII
(33 Konstitutionen des Kaisers Justinian über kirchliche Dinge).
2. Authentica, seu Constitutiones variorum imperatorum (Authentica, oder
Konstitutionen verschiedener Kaiser. Gemeint sind die ersten 16 Bücher der
Lex Rom. Cur.).
3. Compendium Novellarum (Bücher 17-21 der Lex Rom. Cur).
4. Sententie Pauli et Caij J.(uris) C(onsultorum) Romanorum (Sentenzen der
römischen Juriskonsultoren Paul und Gajus. Gemeint ist der Rest der L. R. C.).
P. P. K. 1753 (= Pater Pius Kolb, 1753)"
Auf Seite 2: "Incipiunt capitula Iustini imperatoris sacra privilegia concilii
Vizaceni", wie in Nr. 136 dieser Sammlung veröffentlicht.
Auf. S. 3, "Fol. 1" numeriert, beginnen die weissen Blätter, ein Quaternio
umfassend. Sie enthalten die hier ab S. 378 veröffentlichten Bestimmungen,
die wir hiemit nach dem St. Galler Codex 722 zum ersten Mal wiedergeben. In
Klammer führen wir zur Sinneserklärung und auch als Vergleichsstoff für die
stechenden Fälle, den Wortlaut der Epitome Iuliani, wie sie Hänel
veröffentlicht hat (Ep. I oder E. I) und des Utinenser Codes (C. U.) bei. Wir
haben uns erlaubt zwecks leichterer Lektüre bisweilen in Klammer
Interpunktionszeichen einzuschalten. Sonst geben wir auch diese Zeichen, wie
sie im Codex enthalten sind. Die aus anderen Codices übernommenen
Zwischentitel mögen dem Leser als Führer dienen. Alles also was nicht in
Klammern gesetzt ist, findet sich im Codex 722 von St. Gallen, Nur ist zu
bemerken, dass dieser statt v, beständig u. hat. Uns über das Kürzungssystem.
dieses Codex zu verbreiten ist nicht unsere Aufgabe. Der oben veröffentlichte
Text des Julian reicht bis Seite 16 oder fol. 8b
- 54 -
Fol. 9 ist leer. Es gehört bereits schon zum braunen Buchteil mit der
Palimpsestschrift "S. Hilarii expositio psalmorum", die wir in Nr. 130
behandelt haben. Wir sind der Ansicht, dass dieser zweite Buchteil, beim
Ursprung der hier in Betracht fallenden Schriften, vom ersten vorab getrennt
gewesen sei.
S. 407: Auf Fol. 10 beginnt die Lex Romana Curiensis, die den Hauptbestandteil
dieses zweiten Buchteiles, ja der ganzen Sammlung überhaupt ausmacht. An
sie schliessen sich die Kapitularien des Bischofs Remedius von Chur an.
Weiteren Aufschluss bei Zeumer im Vorwort zu seiner Veröffentlichung der
Lex Romana Curiensis in Monumenta Germaniae historica, Legum tomus V.
Bedeutung des vorliegenden kirchenrechtlichen Auszuges aus der Epitome des
Julian.
Haenel: Über ein unediertes Gesetz des Kaisers Justinus II sowie über eine
Sammlung von Stellen der Julian'schen Epitome Novellarum, in "Berichte
über die Verhandlungen der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften
zu Leipzig, Philologisch-Historische Classe, IX. Bd. 1857, S. 11 f:
Über das zweite in diesem Titel aufgezählte Stück, das wir ja hier behandeln,
bemerkt Haenel: "… auch in dem St Gallener Codex Nr. 722 (denn er
behandelt den Utinenser Codex) sowohl dies Stück als auch die Capitula
Iustiniani Imp. Sacra Privilegia Concilii Vizaceni (das wir in Nr. 136
behandelten), aber auf einem der Handschrift vorgesetzten Quaternio des 11.
Jahrhunderts (die erörterten weissen Blätter) sich befinden, jedoch mit dem
Unterschiede, dass daselbst nur das Inhaltsverzeichnis der Capitula steht und
sich an diese unmittelbar der Text der Constitutiones Iustiniani Pro Diversis
Capitulis (d.h. der obbehandelte kirchenrechtlich Auszug des Julianus
Antecessor) anschliesst... Es enthalten nun zwar diese Constitutiones dem
Inhalte nach nichts Neues (Wobei aber noch nicht gesagt ist, dass sie für die
rätische Geschichte heute doch noch als etwas Neues erscheinen‚ indessen sind
sie ein Zeugnis für die schon von Biener, Geschichte der Novellen Justinians
S. 232 ff. gründlich dargestellte Benutzung, de Julian'schen Auszugs der
Novellen. Gleich wie nämlich Auszüge von Stellen aus Justinians Novellen
gemacht worden sind, namentlich de rebus ecclesiasticis, ebenso hat in
ähnlicher Weise ein Ungenannter, vielleicht bewogen durch die angeführten
- 55 -
Gesetze pro Privilegia Concilii Byzaceni, aus Julian Const. 111, 115 und 119
auf die Kirche und die Geistlichkeit sich beziehende Sätze ausgezogen,
zusammengestellt und ihnen mittels Hinzufügung von Überschrift und
Nachschrift das Ansehen eines abgeschlossenen Werkchens gegeben. (Sollten
ihm aber tatsächlich die Beschlüsse für das Konzil von Byzacenum dazu die
Anregung gegeben haben, so ergäbe sich daraus Folgendes: Diese Konzilien-
bestimmungen waren einst doch irgendwie auch für die kirchlichen Zustände
Rätiens massgebend. Weit einschneidender aber noch der Auszug aus Julianus
Antecessor. Bald machten sich die Privilegien des Konzils von Byzacenum nur
noch sekundär bemerkbar und verloren dem Julianusauszug gegenüber endlich
vollends ihr Gewicht. So käme es, dass diese Privilegia im St. Galler Codex
nur noch in ihren Titelrubriken angeführt werden). - Es wirft dasselbe (nämlich
der Julianusauszug) neues Licht auf die Behandlung des Julian in Italien (aber
auch in Rätien) aus der Vorzeit der Glossatoren und beweist, dass man schon
damals Julian auszuziehen und teilweise zu kürzen begonnen habe".
S. 408: Ac. L. Richter, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts,
Leipzig 1886, S. 145, Note 2 über die Sammlungen aus dem weltlichen Recht
für die Kirche zwischen dem 4. und 9. Jahrhundert:
"Das römische Recht wurde in Italien für das Gebiet der Kirche aus dem
justinianischen Codex und der Epitome Novellarum Iuliani geschöpft (Vgl.
Savigny, Römische Rechtsgeschichte, Bd. II S. 205 ff, Graf Reisach in
Theiners Disquisitionen, S. 219 ff.). Doch gab es auch besondere
Zusammenstellungen für die Kirche (Vgl. Maasen, Geschichte der Quellen,
Bd. I. § 937 ff.), Dann führt Richter als Beispiel die von uns oben
veröffentlichte Quelle, nämlich der Auszug aus der Epitome des Julian an.
Dann: "Im Frankenreich dagegen waren der Theodosianische Codex und die an
ihn anschliessenden Novellen (Die in Rätien ebenfalls eine Rolle spielten, was
aber besser bekannt ist), das westgotische Breviar mit der Interpretation (das ja
aus dem theodosianischen Codex hervorgeht), der justinianische Codex und
der Novellenauszug Julians im Gebiete der Kirche im Gebrauche (Darüber
Savigny, Bd. II. S. 83 ff.)".
- 56 -
Das passt nun ausgezeichnet für Rätien‚ das wirklich zwischen Italien und dem
Frankenreiche lag, das politisch bis ca. 537 oder 539 auf jeden Fall zu Italien
gehörte, nachher diesbezüglich in eine Zeit italisch-fränkischer Schwankungen
eintrat und endlich ganz zum Frankenreich gehörte. Noch in karolingischer
Zeit gehörte Rätien politisch zwar zum Frankenreiche, kirchlich aber zu
Italien. Es liegt also mehr Aussicht vorhanden, dass Rätien von Italien her zu
diesem kirchenrechtlichen Julianusauszug kam, verweist ja gerade auch der
Codex von Udine auch dahin, so wie die Tatsache, dass endlich das
Frankenreich auch diese julianischen Kapitel aus Italien empfangen hat.
Das Wichtigste für uns ist aber dies: Es ist bis jetzt nicht einmal aufgefallen,
dass die beiden einzigen Exemplare des vorliegenden Julianusauszuges,
nämlich die von Udine und St. Gallen, in rätischen Codices figurieren, wie der
paleographische Befund lehrt. Gewiss leugnen wir nicht ab, dass Julianus
Antecessor in Italien eine viel grössere Bedeutung hatte als etwa in Rätien. Wir
glauben aber, abgesehen von der Natur der Codices gerade deshalb, dass der
Julianusauszug, wie er hier vorliegt die spezifisch rätische Bearbeitung der
Epitome Iuliani darstelle. Dieses Werkchen ist also eine rätische Arbeit. Damit
sagen wir aber wiederum nicht, dass nur jene Bestimmungen des Julianus
Antecessor, die in dieser Sammlung enthalten sind, etwa in Rätien allein
bekannt gewesen seien, denn dagegen sprechen jene rätisch geführten Codices,
die wir weiter oben besprochen haben und welche die ganze Epitome Iuliani
enthalten, Jene Bestimmungen, die im Auszug aber nicht enthalten sind,
mochten im Vergleich zu diesen Auszugsbestimmungen, immerhin doch etwas
wie bloss eine sekundäre Bedeutung gehabt haben, denn umsonst wird man
den Auszug an Hand des Gesamtwerkes auch nicht ausgezogen haben.
Weiteres darüber bei Conrat, Gesch. d. Quellen und Lit. dos röm. Rechts,
S. 148, wo er das Werkchen "Brevis libellus de rebus ecclesiae" betitelt.
S. 409: 146. Italische Fragmente aus St. Gallen enthalten einige Kapitel der
Epitome Iuliani. Entstehung der Gesetzesbestimmungen:
Mitte des 6. Jh. der Fragmente: 7. Jh.
Es handelt sich hier um den Codex San Gallensis 1395. Ildephons von Arx
sammelte seinerzeit Fragmente aus alten Manuskripten in zwei Bänden unter
- 57 -
dem Titel "Veterum Fragmentorum Manuscriptis Codicibus Detractorum. Tom
I et II". Im zweiten Band dieses Werkes befinden sich sechs Fragmente aus
einem Codex des Julianus aus dem VII. Jahrhundert. Sie figurieren auf den S.
394-409 des erwähnten Sammelbandes und enthalten die Kapitel 346-362 der
Epitome. Diese Texte sind aber überaus stark beschädigt und zerrieben, da sie
früher zur Verklebung in Buchrücken dienten. Die Lettern sind quadratisch,
aber vermischt mit halbunzialen Typen. Sie differieren nicht stark von denen,
durch die sich die Bücher von Bobbio. auszeichnen, Haenel glaubt deshalb,
dass sie auch wirklich aus dem Kloster Bobbio stammen, wo ja bekanntlich die
Epitome des Julian auch eine Rolle spielte. Auch andere Autoren glauben, er
stamme aus der Lombardei. Lombardische Anklänge in rätischen Schriften
haben wir aber schon bei den Nr. 121, 127 und 130 angetroffen. Es ist sehr
wohl möglich, dass der hier vorliegende Julianus Codex einst zum praktischen
Gebrauch für Niederrätien angeschafft wurde, wenn nicht zwecks kirchen- und
zivilrechtlichen Studien der Mönche von St. Gallen.
Folgendes sind die Rechtsmaterien, die in diesen Fragmenten noch enthalten
sind:
Cap. 346 Ut proprietas dotis vel ante nuptias danationis mortua alterutra
persona fillis communibus consevetur,
Cap. 347 Ut repudio vel bona gratia soluto matrimonio id, quod alterutra
persona lucrata est, fillis suis conservet, et de alendis liberis a
parentibus suis.
Cap. 348. De reis promittendi.
Cap. 349 De dote cauta et non numerata.
Cap. 350 De potestate constitutionis in tempore.
Cap. 351-55 De curialibus.
Cap. 356 De officio moderatoris Arabiae.
Cap. 357 De officio proconsulis Palaestinae.
Cap. 358 De officis quaestoris.
Cap. 359 De consulibus.
Cap. 360 De nautico foenere.
- 58 -
Cap. 361-62 De voluntatibus parentum in distributione patrimonii faciendis.
Es sind dies namentlich Bestimmungen über Eherecht, Erbrecht in der Familie
und über Beamtenwesen, neben einigem unbrauchbar gewordenem.
Bibliographisches bei Haenel, Ausgabe der Ep. Iul.
S. 410: 147. Weitere justinianisch-julianische Codices und allgemeine
Besprechung dieser Rechtstradition in Rätien.
A. Vervollständigung der Handschriftenliste.
1. Codex: Mediolanensis (Mailand), früher des Hauses Belgioiso,
Stammt aus dem 9. Jahrhundert.
2. Codex Haenelii I. Gehörte früher einem Petruzzio in Rom, noch früher der
Kirche des hl. Kreuzes in Jerusalem, im 16. Jh. den Kloster Sta. Maria de
Casamari, ist aber im 10. Jahrhundert in der Lombardei entstanden.
3. Codex Taurinensis = Codex der Bibliothek des Athenaeums in Turin.
Stammt aus dem späten Mittelalter.
4. Codex Haenelii II. Stammt aus der Lombardei, aber aus dem späteren
Mittelalter.
5. Codex Bibliothecae Nationalis Parisiensis (Codex der Nationalbibliothek
von Paris) Nr. 4568, früher der kgl. Bibliothek Nr. 5187 und 546. Der
Codex stammt aber aus der Lombardei und zwar aus dem 8. oder 9.
Jahrhundert.
6. Codex Bibl. Nat. Parisiensis 4566, früher der kgl. Bibliothek Nr. 5183,
noch früher mehrerer Privater. Enthält neben der Epitome des Julian die
Lombarda, stammt aber erst aus dem 13. Jahrhundert.
7. Codex Bibliothecae Municipalis Turonensis (Codex der Stadtbibliothek
von Tours) Nr. 665, früher der Bibliothek des dortigen Klosters Saint
Martis Nr. 259. Stammt erst aus dem 14. Jh. enthält aber u.a. die
Lombarda.
8. Cod. Bibl. Nat. Parisiensis Nr. 4418, früher der kgl. Bibl. Nr. 4496, noch
früher des Colbert 82, noch früher eines Thuani. Stammt aus dem 10. Jh.
9. Cod. Bibl. Nat. Parisiensis 4714, früher der kgl. Bibl. Nr. 5944.
Stammt aus dem 12. Jahrhundert.
10. Cod, Bibl. Nat. Parisiensis 4713, früher der kgl. Bibl. 6942,2.2, noch
früher des Colbert 3528. Stammt aus dem 12. Jh.
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11. Cod. Bibl. Municipalis Trecensis = Code de la Bibliothèque de la villa de
Troyes, Nr. 1171, früher Q. XI, früher des Oratorianerkollegiums Troyea,
noch früher des Pithou II.2. Stammt aus dem späteren Mittelalter.
12. Cod. civitatis Coloniae Agrippinae (der Stadtbibliothek Köln) X, 8, früher
des Chorherrn Wallraf, Stammt aus dem 11. oder 12. Jh.
13. Codex membranaceus Regiae Bibliotheca Berolinensis (der einstigen kgl.
Bibliothek Berlin) Ms. Lat. Fol. 271, früher Cat. Acc. 879, früher des
Franzosen Rosny Nr. 2394, noch früher seines Landmanns Pithou.
Stammt aus dem späteren Mittelalter.
14. Codex Bibliothecae Matritensis (Codex der öffentlichen Bibliothek
Madrid) I. D. 23. Enthält auch spanisches Kirchenrecht und stammt aus
dem Ende des 13. Jh.
S. 411: 15. Codex Collegii Orielensis quod Oxonii est A. 2.7 in England.
Stammt aus dem späteren Mittelalter.
Auszüge aus diesen Epitomes des Julien findet man aber noch viel zahlreicher
in vielen kanonischen Rechtsbüchern, namentlich aus Italien und Frankreich.
Bemerkung: Wir haben die obige Liste gebracht, da sie für die rätische
Rechtsgeschichte ein Argument ist. Wir haben weiter oben gesehen, dass
julianische Bestimmungen dereinst auch in Rätien niedergeschrieben wurden.
Hier aber sehen wir, dass sie darüber hinaus namentlich in Italien und
Frankreich verbreitet waren. Dass aber auch die französische Julianus-
Tradition aus Italien stamme, erhellt daraus, dass ihre Codices bisweilen
entweder aus Italien stammen oder dann die Lombarda enthalten. Anderseits
haben wir aber auch gesehen, dass umgekehrt in der Lombardei später
bisweilen auch spärliche salische Bestimmungen vorkommen. Der fränkische
Einfluss macht sich aber etwa seit dem 8. Jh. in Rätien noch viel bemerkbarer
als in Italien, sodass wir hier dann eine typische Mischkultur erhalten, die
Rätien gewiss zu einer italisch-fränkischen Vermittlerrolle befähigte. Das
Vorhandensein der Julianus-Codices im Strich Lombardei-Rätien-Zentral- und
Nordfrankreich und das Nichtvorhandensein solcher Codices im Strich
Ligurien-Südfrankreich, zeigt in aller Schärfe dass Rätien diese Vermittlerrolle
schon im 6. und 7. Jahrhundert spielte, und dass Julian über Rätien nach
Frankreich gelangen musste‚ lag er für Rätien aus kulturellen und politischen
Gründen ja vorab sowieso näher als für das Frankenreich.
- 60 -
B. Besprechung der justinianisch-julianischen Rechtstradition mit
besonderer Berücksichtigung Rätiens.
I. Julian und sein Werk
1. Die Person Julians. Über Julians Abkunft und Familie ist nichts bekannt.
Aus seinem Beinamen Antecessor zu schliessen war er Rechtsprofessor zu
Constantinopel. Nach den Quellen trug er auch den Titel eines "clarissimus".
Aus seinem Namen und aus seiner Sprache lässt sich auch schliessen, dass er
Abendländer, also Lateiner, nicht Grieche war. Er soll sich aber nicht nur in
der Rechtswissenschaft, sondern auch in den freien Künsten und in der
Beredsamkeit ausgezeichnet haben. Seine Sprache ist gut und klar, aber nicht
frei von den Mängeln der justinianischen Zeit und von Hellenismen. Seine
Bildung befähigte ihn also wie keinen andern zur Übertragung der
oströmischen Gesetzgebung ins Lateinische. Er erreichte den Höhepunkt seines
Wirkens um die Mitte des 6, Jahrhunderts und lebte auf jeden Fall bis in die
späteste justinianische Zeit (ca. 565).
S. 412: 2. Julians Werk:
Die Epitome der Novellen des Justinian. Wir kennen von Julianus Antecessor
ein einziges Werk: die "Epitome Latinae Novella Iustiniani". Er verfasste diese
zwischen den Jahren 551 und 554 (Haenel), also kurz um die Mitte des 6.
Jahrhunderts. Das ganze Werk gibt 122 kaiserliche Konstitutionen in 124
Nummern, die wiederum in Kapitel eingeteilt sind und alle möglichen
Rechtsbereiche umfassen. Diese Konstitutionen stellen Verkürzungen der
lateinischen und griechischen Originale dar. Dazu finden wir in den
überlieferten Handschriften noch Indices, Scholien Summen, Paratitlen und
Appendices oder Anhänge
a) Die Summen. Man unterscheidet ältere und jüngere Summen oder Lemmata.
Das hohe Alter der ersteren "wird insbesondere dadurch erwiesen, dass sie sich
schon in den Fragmenten von St. Gallen aus dem 7. Jh. finden (Conrat,
Geschichte der Quellen und Literatur des römisches Rechts im früheren
Mittelalter, 1. Band, 1891). Nicht alle diese Summen oder Bemerkungen der
Zusammenfassungen stammen aber von Julian selbst.
- 61 -
Diesen älteren Summen steht eine Reihe jüngerer aus den 10. Jh. gegenüber,
welche auch in den uns interessierenden Codices von Salzburg und Vercelli
angebracht sind.
b) Glossen haben die Codices von Salzburg-Wien, Vercelli, Leipzig (Haenel I)
und Köln. Die Paratitlen des Wiener-Codex enthalten Zusätze aus dem Codex
von Udine (Conrat, op. cit. p. 192, Note 3).
c) Appendices. Vgl. die Verzeichnisse zu den obigen Nummern 141- 144
dieser Sammlung. Es gibt indes zwei Arten Appendices oder Anhänge (A. und
B.). Beide haben indes nur die Novelle 143 gemein. In den uns
interessierenden Appendices kommt die zweite Gattung (B.) vor. Dieser
Appendix nicht ganz gleichmässig, weder in der Reihenfolge, noch im
Umfange. Stereotyp ist eine Reihe original-lateinischer Novellen (34, 114,
143), lateinische Summen bez. Epitomes griechischer (121, 134, 138) oder
lateinischer Novellen (65) in mehreren Handschriften kommen hinzu das
Dicdatum de Consiliariis, die Lex Dei, Übersetzungen von Novelle 117 (praef.
c. 1 und 2) und 134, die Collectio de tutoribus die Paratitlen. Sodann hat eine
jede der älteren Handschriften wieder ihre Zusätze. Diese Zusätze zum Julian
erscheinen zum Teil mit fortlaufenden Kapitelnummer der Epitome. Auch eine
Benutzung des Appendix in dieser zweiten Gestalt lässt sich nachweisen"
(Conrat, op. cit. p. 130). Conrat hält die gemeinsamen Appendices für sehr alt.
Sie dürften bis in die 2. Hälfte des 6. Jh. zurückreichen. Die besonderen
Zusätze der einzelnen Handschriften könnten indes leicht jünger sein. Teile
von App. A. im 2. Teil des C. Utin. Weiteres über diese Dinge mag uns hier
nicht mehr speziell interessieren.
3. Die Ausbreitung der Epitome des Julian.
a) In Constantinopel - Julianus Antecessor lehrte in Constantinopel. Man irrt
nicht, wenn man annimmt, dass seine Schüler grösstenteils Italiker und andere
Abendländer gewesen seien.
S. 413: So meint die eine von den zwei diesbezüglich vorhandenen Versionen
(Haenel) Julian sei durch diese Akademiker in Italien verbreitet worden.
b) In Italien. - Eine zweite Version hingegen sagt, dass der Kaiser Justinian
nach seiner Eroberung Italiens, den Julianus beauftragt hätte, seine Epitome für
das dem Römertum zurückgewonnene Abendland zu schreiben.
- 62 -
Auf jeden Fall ist sicher, dass nach dem beendigten byzantinisch-gotischen
Krieg (-554) Julians Epitome in Italien rasch Verbreitung fand. Eine eigene
justinianisch-julianische Schule entstand da. Man hat ihren Brennpunkt früher
in Rom oder Ravenna gesucht. Aber vergebens, denn sämtliche italienische
Codices stammen aus Oberitalien, an die sich dann wieder, wohl schon durch
die nachbarliche Anregung, die rätischen angliedern. Brennpunkt und Zentrum
dieser justinianisch-julianischen Auffassung war das Kloster Bobbio (Haenel).
Bald wurde die Epitome des Julian als eine wahre Rechtsquelle, als ein
Fundort von Rechtsgrundsätzen betrachtet, die jenen der Barbaren gegenüber
weit vollkommener, und jenen des Theodosius gegenüber, weit moderner
erscheinen mochten. Das justinianische Recht trug ja in Italien bekanntlich
schliesslich den Sieg über das theodosianische. Es ist nun auch zu begreifen,
warum diese Epitome des Julian auch so fleissig exzerpiert wurde.
c) In Frankreich. - Ganz frühe Handschriften des Julian in fränkischen Reiche
sind selten. Es sind dies nur der Codex von Paris Nr. 4418, sowie jene Codices,
die man besser als rätisch anspricht. Allerdings lassen sich in alten Bibliothek-
Katalogen noch verschwundene alte Codices nachweisen. Weniger spärlich
sind die neueren Handschriften. "Auch fehlt es ja auf fränkischem Boden
durchaus nicht an Bezugnahmen seitens des Klerus... Den Eindruck, welchen
man aus allen diesen Daten empfängt, ist zweifellos der, dass im Frankenreich
Julians Epitome nur eine geringe Beachtung gefunden hat. Man geht dann
vielleicht nicht fehl, wenn man sie auf den kirchenrechtlichen Inhalt
beschränkt sein lässt, denn sämtliche Entlehnungen aus Julian tragen diesen
Charakter" (Conrat, op. cit, p. 39 f). So könnte man auch die beiden
kirchenrechtlichen Julianusauszüge aus Rätien, das ja schliesslich auch zum
Frankenreich gehörte, erklären. Doch trotz diesen Auszügen, die eben das
gangbarste Recht enthielten, muss in Rätien Julian eine grössere Rolle gespielt
haben als im übrigen Frankenreich.
d) In Rätien. - Wir haben aus Rätien 3 Gesamtausgaben des Julian (141, 144
und 146 dieser Sammlung), 2 dazu eng verwandte Gesamtausgaben aus der
Nachbarschaft (142 und 143 dieser Sammlung und 2 kirchenrechtliche
Auszüge (144 und 145 dieser Sammlung. Es ist dies gewiss nicht wenig,
gegenüber den alten fränkischen Codices! Im Übrigen verweisen wir hier
nochmals auf unsere Ausführungen auf S. 411 oben.
- 63 -
4. Die Autorität des Julian, besonders in Rätien.
Wir verweisen hier vorerst nochmals auf S. 413 oben, Ziff. b). Julian war also
vor allem ein ideales Recht, das imponieren mochte. Gesetzliche Gültigkeit
sprechen wir ihm indes nicht zu. Wohl aber mochte er in seinen Belangen
mehr oder weniger ins juristische Brauchtum eingehen, auch dort wo das
justinianische Recht
S. 414: keine gesetzliche Kraft hatte, wie in jenen Gebieten die durch Justinian dem
römischen Reich wieder zurückgewonnen wurden. Betreff Rätien ist es der
verworrenen politischen Lage wegen, schwer hier diesbezüglich etwas zu
sagen. Sicher ist, dass seit dem Zusammensturz des weströmischen Reiches,
Rätien an der oströmischen Rechtsentwicklung keinen Anteil mehr hatte, dass
also da das theodosianische Recht massgebend war (Vgl. darüber Nr. 123 und
Nr. 129 dieser Sammlung). Dem blieb auf jeden Fall so bis zum Untergang des
ostgotischen Reiches. Jetzt aber eröffneten sich für Rätien neue Möglichkeiten
(Vgl. hier etwa die Ausführungen zu den Nr. 135 und 136). Die Räter mochten
die Schwäche der Franken benutzen um mit einem Auge zum kulturell
verwandten Italien und Ostrom zu schauen, sofern sie den Franken vorab
überhaupt etwas nachzufragen hatten, was wir immerhin doch glauben. Aber,
wenn das zweite, nämlich das östliche Rätien wirklich eine Zeit lang zum
byzantinischen Reiche gehört hätte, so läge eine diesbezügliche Beeinflussung
nicht allzu ferne. Auch halte man sich nochmals vor Augen, dass die rätischen
Metropolitanstädte zum oströmischen Italien gehörten. Es kam jetzt also zum
mindesten in kirchlicher Beziehung eine Zeit, die eine Rezeption justinianisch-
julianischen Rechts unbedingt fördern musste. Und zwar glauben wir, dass
Rätien den grössten diesbezüglichen Antrieb im 6. und 7. Jahrhundert erlebte,
bevor die Franken ihre Macht schärfer fühlbar machten. In diese Zeit hätte man
die Architypi der ältesten julianischen rätischen Gesamtschriften anzusetzen,
denn nur da konnten sie praktisch die grösste Bedeutung haben. Aus dieser
Tradition her entstand dann später die auf uns überlieferten rätischen
Julianushandschriften, deren Vorkommen man sich doch irgendwie erklären
sollte. Diese justinianische Tradition vermochte aber - im Gegensatz zu Italien
- die theodosianische Urtradition nie zu töten.
- 64 -
Auch diesbezüglich hätte Rätien damit genau in der Mitte zwischen Frankreich
und Italien gelegen. Wie in Frankreich vermochten sich auf die Länge im
Kampf mit dem theodosianischen Recht, das von Westen her, dem
justinianischen gegenüber, alle Unterstützung fand, mit der Zeit nur mehr die
kirchlichen Bestimmungen julianischer Färbung halten, da solch kirchliche
Bestimmungen im Frankenreich ja sowieso Aufnahme fanden, während die
weltlichen von Anfang an abgewiesen wurden, und da Rätien kirchlich ja
sowieso zu Italien gehörte. Es lag also da kein Grund vor, dass Rätien in dieser
Beziehung eine andere Entwicklung genommen hätte als Italien. So mochte
man dazu kommen, das julianische Kirchenrecht in jene Werklein auszuziehen,
wie sie aus Udine und St. Gallen vorliegen. Das war immer noch mehr getan,
als man im Frankenreich tat. Gerade deshalb mochte auch die schriftliche
Gesamt-tradition noch länger angeregt bleiben, als dem herrschenden
theodosianischen Laienrecht gegenüber angezeigt war. Mit dem kräftigen
Eingreifen der Franken im 8. Jahrhundert musste dieses theodosianische Recht
wieder allein zum Durchbruch kommen - immer allein in weltlichen Belangen
betrachtet - und so zur Fixierung führen, die in der Lex Romana Curiensis
vorliegt, die das römische Recht wieder in einem viel jüngeren Stadium
darbietet. Besser ging es dem justinianisch-julianischen Recht in Italien, wo
dessen Tradition sich bis in die Zeit de Glossatoren zu halten vermochte.
S. 415: II. Anderweitige justinianische Rechtsbestimmungen, die in unseren
Codices des Julian beiläufig sind.
1. Aus dem Codex Iustiniani: V. 7l, ex lib. VII. tit. 2: VII. 2.9.10.14, VII.
4.8.12, VII. 7.1, VII. 10.4.5.6.7, VII. 38.
Unter Kaiser Diokletian entstand der Codex Gregorianus (284-365). Der
Codex Hermogenianus scheint eine Vervollständigung dieses ersteren zu sein.
Er enthält kaiserliche Konstitutionen aus der Zeit von 291-365. Den ersten
offiziellen Codex erliess aber erst Kaiser Theodosianus II. im Jahre 438 (Über
all dies siehe die Nr. 123 und 129, S. 283 dieser Sammlung). Im Jahre 529
veröffentlichte nun Kaiser Justinian einen Codex, der alle diese drei in einem
Band vereinigte. Im Jahre 534 gab Justinian aber bereits eine Neuausgabe
dieses Codex heraus.
- 65 -
Die Codexüberlieferung im Abendland ist jedoch eine dürftige. Wir besitzen
davon keine einzige vollständige Handschrift. "Handschriften älteren Datums
mit versprengtem Texte aus dem Codex, gibt es nur eine kleine Zahl. Es sind
dies der Codex Vercellensis und der Codex Utinensis des Julian", nebst zwei
anderen, die Rätien nicht berühren (Vgl. Conrat, op. cit. p. 54). Es ist für
Rätien aber schon viel, von vier Handschriften zwei davon zu besitzen. Eine
Anwendung des Codex lässt sich für Italien allerdings nachweisen.
2. Den Digesten oder Pandekten: Liber I.-VII (Prota) und L. 12, 22,5 de
Testibus.
Nachdem Justinian im Codex die Leges, d.h. die Gesetze des römischen
Reiches gesammelt hatte, ging er daran auch das Jus, d.h. die
Rechtswissenschaft der Juriskonsulten in einem einheitlichen Werk
zusammenzustellen. Dieses Werk wurde in Jahre 533 vollendet, veröffentlicht
und in Kraft gesetzt.
Die Digesten im Abendland. - "Für das Zeitalter Justinians, bis in den Beginn
des 7. Jahrhunderts, fehlt es nicht an belegen einer Beschäftigung mit den
Pandekten. Demselben Zeitabschnitt mögen das Dictatum de Consiliariis, die
Collectio de tutoribus, die Scholien und Paratitlen zum Julian angehören,
welche Schriften auch die Digesten herbeiziehen. Nach dem 7. Jahrhundert
aber geraten die Digesten im Abendland bis ins 11. Jahrhundert soviel wie in
Verschollenheit. Die Spuren der Digesten sind da fast gleich Null. Es ist da
umso interessanter‚ dass sich solche auch wieder gerade auf den Gebieten, die
uns interessieren, finden. Schon früher wurde gezeigt, dass sich in dem Codex
von Wien 2160, einer Handschrift aus dem Ende des 10. Jahrhunderts, im
Appendix des Julian unter der Rubrik de numero testium und durch
Konstitutionen und Kapitelziffer als zur Epitome gehörig charakterisiert, zwar
ungenau, aber doch unverkennbar der Pandektentext von der Zweizahl der
Zeugen (22.5.2) verzeichnet findet". So Conrat, (op. cit. S. 70 f.) der dies
sofort also abzuschwächen sucht: "Denn gewiss hat jener Kompilator des
Appendix zum Julian, indem er der Digestenstelle die laufende Konstitutionen-
und Kapitelziffer der Epitome und die Rubrik de numero testium gab, weder
selbst den Ursprung der Stelle gekannt oder gar aus dem Rechtsbuche
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S. 416: geschöpft, noch seiner Quelle vermerkt gefunden, dieser Umstand, sowie die
starken Abweichungen in der Überlieferung berechtigen zu der Annahme, dass
die Ausscheidung das Fragments aus dem Rechtsbuch, weit älteren Datums
ist". Nun findet sich noch in dem (rätischen) Codex, Berol. Lat. fol. n. 269 ein
Stück aus dem 9. Jahrhundert eingeschaltet, welches neben und hinter dem
Schlusstück der Institutionen, den Anfang der Pandekten, nämlich bis in den
siebten Titel, enthält. Die Handschrift, die nach einem alten Exemplare verfasst
ist, scheint nach der Art, wie sie das Griechische überliefert, nicht im Orient
geschrieben zu sein (!) Die Digesten tragen keine Überschrift, für die Rubriken
ist mit Ausnahme der ersten beiden rubricierten Titel, der hierfür bestimmte
freie Raum unausgefüllt geblieben, mitten inne fehlt ein grosses Stück des
Pandektentextes (1.5.24 ad Sabinum bis 1.6.8 pr. in potestate) bei fortlaufender
Schrift, wodurch der Zusammenhang völlig unterbrochen ist. Spuren eines
späteren Gebrauchs trägt die Handschrift nicht. Wir haben es somit dem
Anschein nach, mit einer Kopie zu tun, welche unvollendet geblieben, die von
einem Schreiber rein mechanisch aus der Vorlage abgeschrieben und in
Verschollenheit geraten ist. Ich nehme an, dass der Abschreiber lediglich die
Institutionen kopieren wollte und durch seine alte Vorlage, in welcher sich die
Pandekten den Institutionen anschlossen, in die ersteren hineingeriet". So
Conrat (op. cit. p. 72).
3. Den. Institutionen: 4, 18 § 5-12 samt Überschrift und IV. 2 § 1.
Während Justinian die komplizierteren Rechtsbücher ausarbeiten liess, betraute
er die Juristen Tribonianus, Theophilos und Dorotheos auch mit der
Bearbeitung eines kurzen Elementarrechtsbuches für die Schulen. Dieses Werk
kam noch im November des Jahres 533 zu Ausgabe.
Die Institutionen erfreuten sich im abendländischen Frühmittelalter nur eines
geringen Gebrauches, abgesehen etwa noch beim Klerus. Die handschriftliche
Überlieferung ist dürftig. In Handschriften anderer Rechtsbücher sind nur
wenige Stücke versprengt. "Es ist der Fall bei dem Codex Utinensis des Julian
(vgl. Haenel Jul. p. X, sub VI). Ob die Schlussätze der Institutionen in Cod.
Berol. Lat. fol. Nr. 269 S. IX (vgl. Haenel a.a.O. p. IV, Krüger, Inst. p. V)
einer vollständigen Handschrift angehörten, steht dahin" (Conrat, op. cit. p.
57). Auf jeden Fall ist all das, namentlich da ja auch der letztere Codex rätisch-
italisch ist, für uns interessant.
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Wenn das zutrifft, hätte Rätien - wenn wir in diesem Fall nicht nach Italien
blicken wollen - einen Institutionencodex gehabt. Jedenfalls stammen die
Institutionenbruchstücke in anderweitigen Codices vorab aus Rätien.
4. Den Novellen Justinians: 5, 34, Summe der Nov. 65 und Auszug davon
Nov. 114, 117 cap. 1 und 2, 134, Epitom von derselben, Nov. 123 und Summe
von deren cap. 8, Nov. 138, 140 und Summe davon, Nov. 143, Summe der
Nov. 211.
Schon bei der zweiten Herausgabe des Codex verkündigte Justinian, dass er
die Constitutionen, die er weiterhin erlassen werde, später in einem eigenen
Band zur Herausgabe bringen werde.
S. 417: Bis zum Tod seines juristischen Mitarbeiters Tribonius, im Jahre 545, brachte
er tatsächlich fortwährend solche Novellen zur Herausgabe, aber vereinzelt.
Die Sammlung dieser Novellen überliess er späteren Männern. Solche spätere
Novellenausgaben gab es drei: a) die oben besprochene Epitome Julian mit 124
Novellen. b) Das Authenticum corpus Novellarum oder kurz Authentica mit
134 Novellen und endlich c) die griechische Ausgabe aus dem Ende des 6.
Jahrhunderts mit 138 Novellen, von denen aber sieben nachjustinianisch sind.
Die grösste Verwendung der justinianischen Gesetzgebung fanden im
Abendlande die Novellen und das durch Julian, der sich ja mit diesem Stoff
befasst. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass unter den Extravaganten seines
Werkes namentlich Novellen vorkommen. Über Julian und seine extravaganten
Novellen siehe oben und bei Conrat op. cit. p. 58. Es ist dies seit dem
ausgehenden 9. Jahrhundert bis ins spätere 11. Jahrhundert, sogar die einzig
überlebende römische Rechtstradition justinianischer Färbung. Die Benutzung
dieses Rechts lässt sich für Italien durchaus nachweisen. Über die Codices
dieses Rechts, namentlich in Rätien, siehe oben unter Nr. 141 ff. dieser
Sammlung. - Daneben kommen aber als ausserjulianische Novellentradition
für das Abendland in Betracht vornehmlich das Authenticum‚ das eine getreue
Übersetzung der Novellen aus dem Griechischen ins Lateinische darstellt und
selbe viel getreuer wiedergibt als die Epitome des Julian. Hier kommen einmal
in Betracht die oberwähnten Novellen 117 und 134, denn "die soeben
erwähnten Versionen dieser Novellen im Appendix des Julian, stimmen mit
der Überlieferung des Authenticum (112, 127) überein.
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Andere mögen für Rätien ohne Bedeutung sein. Eine Meinung will, diese
Authentica seien, neben Julian, speziell für Italien herausgegeben worden,
während sie andere für Illyrien, wo man damals noch lateinisch sprach,
destiniert wissen wollen.
Eine gesonderte Betrachtung verdient hier die "Sanctio pragmatica pro
petitione Vigilii vom Jahre 554, welche sich wie es scheint, als Epitome einer
Konstitution charakterisiert". Man wird vermuten dürfen, "dass das
ausschliesslich für Italien bestimmte, im wesentlichen nur Übergangs-
bestimmungen enthaltende, gewiss originallateinische Gesetz nicht lange nach
seinem Inslebentreten in Italien epitomiert worden ist" (Conrat, op. cit. S. 131).
Was dieses Gesetz, das in unseren Codices zwar vorkommt, zu Rätien für
Beziehungen hat, sieht man vorab nicht. Interessant mag sein, dass gerade hier
eine lateinische Sammlung der Novellen für den Westen angekündigt wird.
5. Vom Dictatum de Consiliariis. "Diese Schrift ist in mehreren Handschriften
des Appendix (B.) zum Julian, darunter auch in dem (räto-italischen) Cod.
Berol. Latin. fol. 269 aus dem 9. oder 10. Jh. in sehr verderbter Überlieferung
erhalten. Sie trägt den Charakter eines Repertoriums, indem sie an einer
Anzahl Materien die bezüglichen Stellen der justinianischen Rechtsbücher
nachweist. Die in bezug genommenen Stellen gehören dem Codex, den
Pandekten und den Novellen an. Da durchgängig weder die Zahlenangaben
S. 418: noch jene Stichworte auf die Epitome Iuliani oder eine andere Sammlung
passen, so ist, wie es scheint, eine besondere lateinische Sammlung benutzt,
von welcher wir im Übrigen nichts wissen (Conrat, op. cit. p. 138 f.). Es ist
dies insofern von Belang, weil, da dieses Diktat auch im räto-italischen Codex
von Berlin vorkommt, somit auf diesem Boden noch eine weitere uns
unbekannte Novellensammlung gangbar sein muss, was natürlich die
Bedeutung des justinianischen Rechts auf unserem Boden erhöht. Das umso
mehr, da der Schreiber unseres Diktats einmal (nämlich anlässlich der dem
Codex Iustiniani entsprechenden Stelle 2,53,4) bemerkt, dass man ihn häufig
zitiere. Auch der Zweck der Schrift spricht für eine erhöhte Bedeutung
derselben. "Die Schrift scheint zur Orientierung, für Praktiker geschrieben zu
sein, hierfür spricht der Umstand, dass die besonders empfohlenen Titel
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prozessualischer Art sind, vor allem kriminalprozessualischer, Wendungen wie
"quod si…." angetroffen werden, sowie dass schliesslich der Titel, Dictatum de
Consiliariis, eine solche Beziehung vermuten lässt " (Conrat, loc. cit.). Dass
Julian der Autor der Schrift ist, ist wie gesagt, nicht anzunehmen. Die
Benutzung einer lateinischen Novellensammlung macht es sehr möglich, dass
sie im Westen geschrieben worden ist. Die Entstehung fällt wohl in
justinianische Zeit (Über all das Conrat, loc. cit).
6. Von der Collectio de tutoribus. "Die kleine Schrift ist in mehreren
Handschriften, darunter auch im (räto-italischen) Cod. Berol. Lat. fol. 269 aus
dem 10. Jh., als Stück des Appendix (B) des Julian erhalten. Sie bietet eine
kurze Erörterung über divisa und indicisa tutela. Die in Bezug genommenen
Stellen des justinianischen Rechts sind aus dem Codex und den Pandekten"
(Conrat, op. cit. p. 140). Was den Zweck, Autor und Entstehungszeit
anbelangt, liegt ähnlich wie beim Dictatum de Consiliariis, nur mit weniger
Klarheit (Darüber Conrat, loc. cit.). Diese Quelle stützt also das, was wir
betreff Rätien anlässlich der Obigen gesagt haben.
III Kirchenrechtliche Bestimmungen in unseren Julianushandschriften
Es handelt sich hier nicht um jene kirchenrechtlichen Bestimmungen, die zum
Corpus der Epitome Iuliani selbst gehören, denn diese sind Legion. Julianus ist
eine Fundgrube für das kanonische Recht im Frühmittelalter. Es ist u. E. kaum
daran zu zweifeln, dass er auch zur Bildung der kanonischen Zustände Rätiens
eine grundlegende Rolle gespielt haben muss, wie der in Nr. 146 dieser
Sammlung publizierte Spezialauszug beweist. Doch darauf, dass Julianus für
das kirchliche Recht eine bedeutend grössere Bedeutung hatte, als für das
zivile, kommen wir nicht mehr zurück. Es handelt sich hier vielmehr um jene
kirchenrechtlichen Splitter, die in unseren Julianushandschriften so nebenbei
aufgeführt werden. Es kommen da in Betracht:
1. Die Sacra Privilegia Concilii Vizaceni. Vgl. darüber Nr. 136 di Sammlung
und Haenel, in "Berichte über die Verhandlungen der kgl. sächs. Ges. der
Wiss., Phil.-hist. Classe, IX. Bd. 1857, S. 3 f. und 7 ff.
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S. 419: 2. Lateinisches Gesetz Justinus II. aus dem Jahre 568‚ über den gleichen Stoff
wie das Obige, aus dem rätischen Codex aus Udine, der den Julian und die Lex
Romana Curiensis enthält. Wir hoffen darüber uns später einmal verbreiten zu
können, Vorläufig vgl. Haenel, an dem oben unter Ziff. 1 zitierten Ort, S. 1 ff.
3. Die Sirmondischen Constitutionen Es gibt eine ältere und eine jüngere
Redaktion dieser Konstitutionen. Die ältere soll sogar weiter zurückreichen, als
die Abfassung des Codex Theodosianus (Vgl. Nr. 123 dieser Sammlung). So
sagt Conrat in seinem hier öfters zitierten Werk auf S. 146: "Ich habe oben (S
94) die Existenz einer älteren, vermutlich zwischen den Jahren 4245 und 438
veranstalteten Sammlung angenommen, welche 15 Gesetze römischer Kaiser.
von Constantin, (321) bis Theodosius II. und Valentinian III. (425) enthält, die
zwar zum Teil im Codex Theodosianus wiederkehren, indes nicht aus
demselben geschöpft sein können. Auch ist erwähnt, dass nicht diese Gestalt,
wohl aber eine Form erhalten ist, in welcher dem Corpus jener 18 Gesetze zum
Schluss zwei Konstitutionen angehängt sind, die sich als Excerpte aus dem
Codex Theodosianus geben." Diese zweite Fassung der Konstitutionen fällt ins
6. Jahrhundert, die erste auf uns überlieferte Handschrift ins 3. (Cod. Philipps
1745). Im 6. Jh. entlehnte man solche Gesetze aber gewöhnlich schon dem 16.
Buch des Cod. Theod. oder des Alaricianischen Breviars, die ja gerade
ausserhalb Italiens, im Abendland massgebend waren. "Übrigens wird sich mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen lassen, dass, wie die Sammlung,
so auch die erweiterte Redaktion in Gallien entstanden ist (die Handschriften
derselben sind in Gallien geschrieben). Frühzeitig sind die ersten
Konstitutionen oder einzelne Konstitutionen der Sammlung dem 16 Buch des
Cod. Theod. im Breviar Alarichs beigefügt. Überwiegend in dieser Gestalt ist
die handschriftliche Überlieferung (Conrat, loc. cit.).
Die Sirmondianischen Konstitutionen finden sich auszugsweise auch im räto-
italischen Codex von Berlin der Epitome des Julian, sowie im Codex
Vercellensis. Es kommt nun dazu eine Überlegung. Der Cod. Vercellensis
gehört der gleichen Gruppe an, wie jener aus Salzburg-Wien und jener aus
Churrätien oder Italien, der heute in Berlin liegt und den wir soeben im Auge
haben.
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Sonst stammen aber die Handschriften der Sirmondianischen Konstitutionen
aus Gallien. Const 6, mit der Adresse Amatio V. I Praefecto Praet. Galliarum
enthält, wie es scheint, die Ausfertigung der Konstitution an den Präfekten von
Gallien. Schliesslich ist die Sammlung nur in Schriften gallischen Ursprungs
benutzt worden (Über alldas mit bibliographischen Angaben Conrat, loc. cit. p.
146 Note 9). Da aber alldas nach Gallien verweist, und da diese Konstitutionen
auch im Berliner Codex figurieren, so möchte man eher glauben, dass dieser
Berliner Codex also nicht Italien angehöre, sondern Churrätien, wo da
theodosianische Recht durchs ganze Frühmittelalter in Kraft blieb, enthalten
die Konstitutionen ja theodosianisches Recht.
S. 420: Da der churrätische Codex zu Berlin aber sonst justinianisch-julianisches
Recht enthält, so zeigt er den eine Zeit lang in Rätien vorhandenen
Parallelismus zwischen theodosianischem und justinianischem Recht in Rätien
auf, Parallelismus von dem wir weiter oben bereits schon einmal gesprochen
haben. So etwas war geradezu nur in Rätien so gut möglich, das damals
bekanntlich eine problematische Stellung zwischen Gallien und Italien
einnahm. Die Sache ist aber noch von einer anderen Seite aus interessant. Die
Sirmonianischen Konstitutionen geben uns nämlich einen Einblick auf die
Entwicklung des theodosianischen Rechts in Rätien in ganz alter Zeit. Wir
hätten da somit eine Tradition die auf dem Codex fusst, und eine
kirchenrechtliche, die neben diesem einhergeht. Dazu kommt dann noch jene
des Breviars (Darüber in Nr. 129 dieser Sammlung). Der Prototyp der späteren
Lex Romane Curiensis wäre somit gar nicht so einfach. Und gewiss kam nicht
alles in diese Lex hinein, was in Rätien gang und gäbe war. Von julianischen
Nachwirkungen im Lande wollen wir hier aber nicht reden. Man dürfte hier
aber vielleicht doch nicht zu simplizistisch sein. Das sind alles Studien, die
noch gemacht werden sollten. Wir können hier nur anregen.
4. Die Lex Die. Was die Lex Die anbelangt, so ist bekanntlich eine Anzahl
dem früheren Mittelalter, dem 9. und 10. Jh., angehöriger Handschriften dieser
Sammlung, der (churrätisch- italische) Cod. Berol. Lat. fol. 269, (und die dazu
verwandten) Cod. Vindob. (Wien) 2160 und Vercelli auf uns gekommen".
(Conrat, op. cit. p. 87).
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Schon das ist für Rätien wichtig, denn nur von neuerer Hand ist in Cod. Paris.
4406 erhalten, Rätien hat also einen ganz ehrenhaften Anteil an dieser
Rechtsüberlieferung. Aber: "Angesichts der reicheren Überlieferung, der
Spuren sonstiger frühmittelalterlicher Handschriften darf es schon nach dem
handschriftlichen Befund für sicher gelten, dass unsere Schrift allgemeiner
benutzt und bekannt gewesen sei. Zudem ist eine freilich geringfügige
glossierende und rubrizierende Bearbeitung der Schrift nachweisbar, welche
man allen Grund hat ins frühe Mittelalter zu versetzen. Auch die Literatur
weist eine Benutzung der Schrift auf, und zwar in Italien nicht minder wie in
Gallien" (Conrat, loc. cit.). Auch das ist wieder für Rätien wichtig, denn Rätien
konnte so aus dieser kirchenrechtlichen Welle gar nicht entgehen. Zwischen
Italien und Gallien muss es einfach darin eingefangen worden sein. Ein
diesbezüglicher churrätischer Codex erklärt sich also sehr wohl. Das Gesetz
selbst ist eine Mischung von alttestamentlichen und römischen Auffassungen.
Schon seine Ordnung, lehnt sich an die des Decalog an, wie später wieder die
Capitula Remedii. Es ist eine frühmittelalterliche Schöpfung.
5. Die Lex episcoporum et ceteris clericorum. "Unter dieser Rubrik enthält der
Appendix des Julian in dem Codex Utinensis aus dem 10. Jahrhundert (der
auch die Lex Romana Curiensis enthält) fünf durch Ziffern als solche
gekennzeichnete Kapitel. Es sind neben zwei Stellen unbekannten Ursprungs
die Konstitution des Theodosius ad Albinum praefectum, Stücke von
S. 421: Novelle 123 c. 8 in der Fassung von Julian (Const. CXV c. 10) und in
eigentümlicher lateinischer Version des griechischen Textes, sowie schliesslich
ein Text aus der Epitome Aegidii (Nov. Mart. 5), Sämtliche Texte betreffen,
wie die Überschrift verkündet, das Recht der Bischöfe und des übrigen Clerus.
Die Zusammenstellung wird im Hinblick auf die Herkunft der Handschrift und
die Benutzung eines Textes der Epitome Aegidii im fränkischen Reiche,
vielleicht auf churrätischem Gebiet erfolgt sein: sie fällt vor die Abfassungszeit
der Handschrift (Conrat, op. cit. S. 257). Für Churrätien würde wiederum
passen die auch hier zu Tage tretende Mischung von theodosianischem und
justinianischem Recht.
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Soweit also die kirchenrechtlichen Bestimmungen, die sich in den für Rätien in
Betracht fallenden Julianushandschriften finden. Es läuft neben diesen
Bestimmungen natürlich noch eine andere Tradition, die vom römischen
Zivilrecht viel unabhängiger ist: wir meinen die eigentlichen kirchlichen
Canones, die mehr die sakralen Gegenstände im Auge haben. Dahin gehört
einmal das im Codex St. Gallensis 348 enthaltene "Sacramentarium
Gelasianum", eine Tradition, die ja auch bis in die Antike zurückreicht. Davon
werden wir aber anlässlich des einschlägigen Codex zu sprechen kommen. Wir
möchten hier bei diesem Anlass vielmehr darauf hin verweisen, dass ein
Decretum Gelasii (XI. Cap.) sich auch im Julianus-Codex von Vercelli findet,
der ja wieder verwandt ist mit jener offenbar rätischen Handschrift eben
desselben Julian, die sich heute in Berlin befindet. Dieser Codex von Vercelli
enthält überdies Kapitel des 4. Konzils von Toledo und des 4. Konzils von
Carthago. Dies kurz über das kanonische Recht in und um Rätien vor dem
berühmten Bischof Remedius (ca. 800).
IV. Anderweitige Bestimmungen in den rätischen Julianushandschriften.
Es ist hier bei solch vereinzelten Spezialbestimmungen nicht statthaft, auch die
Codices aus Rätiens Nachbarschaft herbeizuziehen, so sehr diese sonst den
gleichen Typus aufweisen wie jene, fehlt hier ja jeder Parallelismus im
Gegensatz zu den weiter ausholenden Gesetzen. Aus den streng rätischen
Codices kommen also hier nur mehr in Betracht
a) Aus dem Edictum Theodorici die Artikel 85-87, die im Codex Utinensis, in
dem sich auch die Lex Romana Curiensis befindet, figurieren. Der Ostgoten-
könig Theoderich, der von 488-526 regierte, setzte dieses Edikt zusammen aus
dem Codex Gregorianus, Hermogenianus, Theodosianus, aus einigen späteren
Konstitutionen des Kaiser Theodos und aus den Sentenzen des Paul, stellt also
weströmisch-theodosianisches Recht dar. Nach der Eroberung Italiens durch
die Oströmer ging dieses Edikt spätestens 554 wieder ein. Ob man, in Rätien
aber nicht doch noch einige wenige Bestimmungen weiter behielt ist wieder
eine andere Frage. Auf jeden Fall scheint aus der hier vorliegenden Quelle
doch hervorzugehen, dass das Edikt auch in Rätien zu ostgotischer Zeit
Anwendung fand, will man die drei aufgeführten Artikel nicht bloss als leere
mechanische Arbeit betrachten.
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S. 422: b) Sacrum Pragmaticum Tiberii Augusti (anno 578-582) de Confirmatione
Constitutionis Iustini (565-578) de filiis colonorum et liberorum im eben
besprochenen Codex Utinensis. Also ein byzantinisches Gesetz in einem
rätischen Codex. Hieher gehörte auch die unter Ziff. III. 2. auf S. 419
aufgeführte Quelle, aus dem Jahre 568. Von einem gewissen Interesse sind
noch, obwohl. nicht mehr in streng rätischen Codices enthalten:
c) Lex Salica‚ Tit. 17 de vulneribus, im Codex von Vercelli. Ein Zeichen aus
übervielen andern, die aber nicht hieher gehören, wie sich das fränkische Recht
im römischen Rechtsgebiet einnistete. Bekanntlich ist auch die Lex Romana
Curiensis von solchen Einflüssen gar nicht frei.
d)Ex Langobardorum edicto Rotharit CLIII‚ ebenfalls im Julianuscodex von
Vercelli. Bekanntlich haben sich die Langobarden in Italien seit dem Jahre 568
niedergelassen. Auch Rätien scheint von deren kulturellem Einfluss später
nicht ganz frei.
Noch wären weitere Gesetze zu erörtern, wie eine Novella 143 Iust-Leoni, eine
Justiniani Constitutio de debitoribus in Italia et Sicilia, die Titel 533 und 544
der Epitome des Julian, die ausser dem Codex von Salzburg-Wien, sonstwie
nicht vorkommen, ein Gesetz unbekannten Ursprungs De caecis et debilibus in
ebendemselben Codex, eine Definitio legis und Glossen im Codex von
Vercelli, wo sich noch weitere eigenartige Extravaganten befinden, wie eine
Tabula graduum cognationis, Cod. Greg V. 5.l, Intpr. Cod. Theodos. 8.12
(Original 13,12), Pauli Sent. V. 30 (Coll. 14,2 § 3), was alles theodosianisches
Recht ist. Doch mit diesen Texten haben wir den rätischen Boden bereits
verlassen. -
Befremdend mag auch wirken, dass sogar afrikanische und orientalische
Gesetze in unseren Codices Eingang gefunden haben. Diese Bestimmungen
werden aber schon wieder erklärlicher, wenn man anderseits beachtet, wie sie,
wie überhaupt diese Extravaganten gerne provinziales Recht enthalten. Diese
provinzialen Verhältnisse mochten tatsächlich an vielen Orten einander ähneln.
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Bibliographisches:
Haenel Gustav, Iuliani Epitome Latina Novellarum Iustiniani, Leipzig 1873. -.
Derselbe: Über die Handschrift zu Udine mit der Lex Romana, in "Berichte
über die Verhandlungen der kgl. sächs. Gesellschaft der Wissensch. zu
Leipzig, Phil-hist. Cl. IV. Bd. 1852, S. 65" und "Über ein uneditiertes Gesetz
des Kaisers Justinus II., sowie über eine Sammlung von Stellen der
Julian'schen Epit. Novellarum", ebendaselbst Bd. IX, 1857.
Dr. Max Conrat (Con), Geschichte der Quellen und Literatur des römischen
Rechts im früheren Mittelalter, 1. Band, Leipzig, 1891. - Weitere Angaben
über Quelleneditionen und Literatur wird man in diesem vorzüglichen und
erschöpfenden Werk finden. Diese Angaben nur zur Anregung. Unsere
Aufgabe war es nur, diese Dinge einmal näher für die rätische Geschichte
heranzuziehen.
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Fortsetzung siehe Heft 08.
Internet-Bearbeitung: K. J. Version 05/2017
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