Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Dialekt vs. Akzent Dozent: René Ronz M.A.
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Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014
Dialekt vs. Akzent
Dozent: René Ronz M.A.
Dialekt
Verschiedene Bezeichnungen
• Dialekt (griech. διαλέγομαι ˈsich unterhaltenˈ)
• Mundart (Verdeutschung von Dialekt aus dem 17. Jh.)
• Platt (im niederdt. umgangssprachlich für Dialekt)
• Idiom (griech. ἰδίωμα ˈBesonderheit, Eigenartˈ, ˈMundartˈ)
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Eigenschaften von Dialekten (nach Bußmann1)
• partielle wechselseitige Verständlichkeit
• geringe kommunikative Reichweite
• begrenzte räumliche Geltung
• keine Standardisierung (Schriftlichkeit, Grammatik)
Definition
„a schprach is a dialekt mit an armej un flot.“ 2
(Max Weinreich 1945)
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Standardsprache 1,2
• Eine Varietät wird zum Standard erklärt (Hochsprache)
• Plurizentrismus = mehrere Standardsprachen (Englisch)
• Standardvarietät = Plansprache
• Kodifizierung• Polyvalenz• Allgemeinverbindlichkeit• stilistische Differenzierung
• Impliziert: Substandard, Nonstandard
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Anwendungsbereiche von Dialekten
• familiärer Kontext, enges Umfeld
• Vereinsleben
• Mundartdichtung
• besondere Anlässe (Karneval)
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Dialektniveau
Sprecher 1 Sprecher 2
• starker/ schwacher Dialekt
• Unterschiedliche Distanz zur Standard- bzw. Dachsprache
• Häufigkeit der Anwendung dialektspezifischer phonologischer Regeln im alltäglichen Gebrauch
• Umfang des dialektspezifischen Wortschatzes
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Ausblick
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Verschwinden Dialekte (systematisch)?
• Verdrängung der Dialekte aus dem öffentlichen Bereich
• dialect-leveling: Dialekte verlieren Merkmale, die Sie von benachbarten Dialekten
unterscheiden 4
• Koinéziation: Minderheitenvarianten von Merkmalen werden zugunsten von
(prestigebesetzteren) Mehrheitsvarianten aufgegeben 4
• Mangel an Neologismen
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NDF (new dialect formation) 4
Aus einem Mix aus Dialekten ergibt sich ein neuerDialekt, der sich von seinen Inputvarietäten unterscheidet
• Schritt 1: dialect-leveling• Schritt 2: extreme variability /leveling• Schritt 3: focussing
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Akzent
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A B
Akzent 5
Unintendierte Übertragung von muttersprachlichen Sprachmustern auf eine Zielsprache
• foreign accent
• regional accent / geographical accent
• social accent
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Phonologische Interferenz / Transfer
Beeinflussung eines Sprachsystems durch das Muttersprachliche Lautsystem
Englisch mit deutschem Akzent:
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Alveolisierung von dentalen Frikativen [ðis] → [zis]
Insertion von Glottal-Stops im Wortanlaut
[oɪl] → [ʔoɪl]
Gebrauch anderer Vokalqualtitäten [ˈno:weɪ] → [ˈnɔrvæɪ]Auslautverhärtung [ˈdʌbstɛp] → [ˈdɐpstɛp]
Grammatische Interferenz / Transfer
Beispiel
Deutsch unter dem Einfluss der türkischen Grammatik
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Suffigierung des Personalpronomens Ich mache/ Ich tue → Machich/ tuich
Redundanz von Kardinalia bei Pluralmarkern
ein Foto → Foto
Akzent als Phänomen des Spracherwerbs
• "Unvollständiger" Erwerb der Zielsprache
• Akzent unterliegt stetigem Wandel 6,7
• Lenisierung des foreign accent durch Lernfortschritte
• Fossilierung 1
• own-ness: Jeder hat einen persönlichen Akzent, der darauf hinweist wer er (der Sprecher) ist. 8
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Sprachdefizit 9
"…Ein sehr großer Teil der Kinder mit Migrationshintergrund weist im Vorschulalter Sprachdefizite auf und dürfte daher ohne zusätzliche Förderung Probleme haben, dem Schulunterricht zu folgen…"
(Doris Schröder-Köpf, niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, gegenüber dem Handelsblatt)
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Foreign accent syndrome (FAS) 10
• seltene neuronale Störung nach Schlaganfällen oder Hirnerkrankungen
• Nach einem neuronalen Ereignis scheint der Sprecher mit einem ausländischen Akzent zu sprechen
• betrifft hauptsächlich Intonation, VOT, Reduktion von Artikulation zu artikulatorischen Gesten
Der Schibboleth 2
"…sprachliche Besonderheit durch die sich ein Sprecher einer bestimmten sozialen Gruppe zuordnen lässt…"2
"…Wenn nun die Flüchtigen Ephraims sprachen: Laß mich hinübergehen! so sprachen die Männer von Gilead zu Ihm: Bist du ein Ephraimiter? Wenn er dann antwortete: Nein! 6 hießen sie ihn sprechen: Schiboleth; so sprach er Siboleth und konnte es nicht recht reden; alsdann griffen sie ihn schlugen ihn an den Furten des Jordans, daß zu der Zeit von Ephraim fielen zweiundvierzigtausend." (Richter Kap. 12 5-6)
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Fazit
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Die Begriffe Dialekt und Akzent sind voneinander abzugrenzen: Akzent bezieht sich lediglich auf die
phonologischen Merkmale der Aussprache, wohingegen der Terminus Dialekt alle Bereiche der Grammatik und
das Lexikon einschließt.
Literatur:
6 Berroth, Daniela. 2001. Altersbedingter Mundartgebrauch: Wandel und Kontinuität in einem mittelschwäbischen Dialekt. Stuttgart: Steiner.
1Bußmann, Hadumod. 2005. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner.
8 Esling, John H. 2012. Everyone Has an Accent Except Me. In: Language Myths. Hrsg.: Trudgill, Peter; Bauer, Laurie. S.169-175.
9 www.handelsblatt.com/politik/deutschland/sprachdefizite-schroeder-koepf-will-migrantenkinder-staerker-foerdern/8268830.html
7 Harrington, Jonathan. 2006. An Acoustic Analysis of ‘happy-tensing‘ in the Queen‘s Christmas Broadcast. In: Journal of Phonetics 34. S. 439-457.
4 Hickey, Raymond. 2003. How do Dialects Get The Features They Have? In: Motives vor Language Change. Hrsg.: Hickey, Raymond. S. 213-240
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Literatur II:
10 Kathleen M. Kurowski, Sheila E. Blumstein, Michael P. Alexander. 1996. The Foreign Accent Syndrome. A Reconsideration. In: Brain and Language, Band 54 S. 1–25.
5 Lippi-Green, Rosina. (1997). English with an Accent: Language, Ideology, and Discrimination in the United States. New York: Routledge.
Røyneland, Unn. 2009. Vertical convergence of linguistic varieties in a language space. In: Language and Space, Band 1. S. 275-295. Hrsg.: Auer, Peter; Schmidt, Jürgen-Erich. Berlin: De Gruyter
Veith, Werner 20052. Soziolinguistik – Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr.
2www.Wikipedia.org
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