Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und...

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Uber Intelligenzpriilungen (nach der Methode yon Binet und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. Von Dr. Ernst Bloch, Nervenarzt in Kattowitz, O.-S. (Eingegan~en am 5. April 1913.) Gebrauch~e Abkiirzungen: B.S. ~ Binet-Simon, I. P. ~ Intelligenzpriiftmg, Test --~ ein in sich abgeschlossener Versuch zur Intelligenzpriifung. Er besteht in der Regel aus mehreren Fragen. L.A. ~ Lebensalter, A. St. = Altersstufe, I. A. -- Intelligenzalter, V. P. ~ Versuchsperson, 2. ~ Intelligenz. Der franz6sische Psychologe Binet (gestorben 1911) und der Arzt Dr. Simon haben zusammen eine neue Methode angegeben, mit deren Hilfe man imstande ist, ziemlich sicher und sehr schnell die In- telligenz des Schulkindes festzustellen. Die erste Ver6ffentlichung yon B. S. stammt aus dem Jahre 1905 land ist in der Annie psychologique von diesem Jahre enthalten; sie haben diese Methode dann immer weiter ausgebaut und in mehreren Schriften niedergelegt, die letzte Ver6ffentlichung datiert aus dem Jahre 1911, ebenfalls in der Annie psychologique. Die Kenntnis und An- wendung dieser Methode blieb anfangs, bis zum Jahre 1910, ziemlich unbeachtet, die erste fremdlgndische Arbeit fiber dieses Thema ist eine russisehe (S c h u ber t), daun folgen mehrere englisehe, dann eine italienische und zuletzt einige deutsche, yon Bobertag fiber Intelli- genzprfifungen an normalen Kindern, yon Chotzen fiber I.P. an Hilfsschulkindern und yon Bloch und PreiB wieder an normalen Kindernl). Ich selbst habe nun Ausgang Winter und Frfihjahr 1912 Unter- suchungen nach der Methode B. S. an 150 normalen Volksschulkindern und an 71 Hilfsschulkindern der Stadt Katto,vitz (O.-S.) angestellt. Meine erhaltenen Resultate m6chte ieh an d i e s e r Stelle ver6ffentliehen, mn sie zur allgemeineren Kenntnis der N e u r ol o ge n und Ps y c hi at e r zu bringen: denn die bisher erschienenen Ver6ffentliehungen sind an einem, ich m6chte fast sagen etwas versteckten Platze gesehehen; 1) Die drei ]etztgenannten Arbeiten sind in der Zeitschrift fiir angewandte Psycholo~e, herausgegeben yon William Stern und Otto Lipmann, Leipzig, Ver- lag yon Johann Ambrosius Barth, Bd. VI, Heft 5/6 ersehienen. In diesem Heft befindet sich aueh eine Ubersicht der bisher ersehienenen Literatur, zusammen- gcstellt yon Bobert~g.

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Uber Intelligenzpriilungen (nach der Methode yon Binet und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern.

Von

Dr. Ernst Bloch, Nervenarzt in Kattowitz, O.-S.

(Eingegan~en am 5. April 1913.)

Gebrauch~e Abki i rzungen: B . S . ~ Binet -Simon, I. P. ~ Intel l igenzpri i f tmg, Tes t --~ ein in s ich abgeschlossener Versuch zur Intel l igenzpri ifung. E r bes t eh t in der Regel aus mehre ren Fragen. L . A . ~ Lebensal ter , A. St. = Altersstufe, I. A. - - Intel l igenzal ter , V. P. ~ Versuchsperson, 2. ~ Intel l igenz.

Der franz6sische Psychologe B i n e t (gestorben 1911) und der Arzt Dr. S i m o n haben zusammen eine neue Methode angegeben, mit deren Hilfe man imstande ist, ziemlich s i c h e r und sehr s c h n e l l die In- telligenz des Schulkindes festzustellen.

Die erste Ver6ffentlichung yon B. S. s t ammt aus dem Jahre 1905 land ist in der Annie psychologique von diesem Jahre enthalten; sie haben diese Methode dann immer weiter ausgebaut und in mehreren Schriften niedergelegt, die letzte Ver6ffentlichung datiert aus dem Jahre 1911, ebenfalls in der Annie psychologique. Die Kenntnis und An- wendung dieser Methode blieb anfangs, bis zum Jahre 1910, ziemlich unbeachtet, die erste fremdlgndische Arbeit fiber dieses Thema ist eine russisehe (S c h u b e r t), daun folgen mehrere englisehe, dann eine italienische und zuletzt einige deutsche, yon B o b e r t a g fiber Intelli- genzprfifungen an normalen Kindern, yon C h o t z e n fiber I . P . an Hilfsschulkindern und yon B l o c h und P r e i B wieder an normalen Kindernl).

Ich selbst habe nun Ausgang Winter und Frfihjahr 1912 Unter- suchungen nach der Methode B. S. an 150 normalen Volksschulkindern und an 71 Hilfsschulkindern der Stadt Katto,vitz (O.-S.) angestellt. Meine erhaltenen Resultate m6chte ieh an d i e s e r Stelle ver6ffentliehen, mn sie zur allgemeineren Kenntnis der N e u r ol o ge n und P s y c hi a t e r zu bringen: denn die bisher erschienenen Ver6ffentliehungen sind an einem, ich m6chte fast sagen etwas versteckten Platze gesehehen;

1) Die drei ]etztgenannten Arbeiten sind in der Zeitschrift fiir angewandte Psycholo~e, herausgegeben yon William Stern und Otto Lipmann, Leipzig, Ver- lag yon Johann Ambrosius Barth, Bd. VI, Heft 5/6 ersehienen. In diesem Heft befindet sich aueh eine Ubersicht der bisher ersehienenen Literatur, zusammen- gcstellt yon Bobert~g.

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24 E. Bloch: Uber Intelligenzprtlfungen (nach der :Methode yon Binet

die Zeitschrift fiir angewandte Psychologie iCt nur einem begrenzteren Kreise zugis und es wiire sehr schade, wenn diese bisher erreichten Resultate zwar fiir die Allgemeinheit nicht ganz verloren gingen -- das w~re natiirlich zu viel gesagt - , so doch aber ihren gebiihrenden Platz an der Wissenschaft erst sehr spi~t erhielten; ist man doch mit Hilfe der B.S.-Methode imstande, nach einer 20 Minuten bis eine halbe Stunde dauernden Priifung das I n t e l l i g e n z a l t c r eines Schulldndes sofort zu bestimmen, eine Bestimmung, welche einen " d r e i f a c h e n Wert hat : Einmal fiir die friihzeitige Erkennung von g e i s t i g e n S t s - r u n g e n , zweitens fiir die Aussonderung fiir die H i l f s s e h u l e und endlich fiir das Sehmerzenskind aller Neurologen und t)svchiater, fiir die ~rztliche S a c h v e r s t ~ n d i g e n t / i t i g k e i t vor Gericht.

ErSrterungen fiber diese 3 Punkte sollen am SchluB der Arbeit ihren Platz linden.

I m iibrigen zerf~illt die 4rbeit in 2 Teile: I . Die B in e t - S i m o n schen Intelligenzpriifungen an normalen

Kindern, und I I . die B i n e t - S i m o n schen Intelligenzpriifungen an Schiilern der

Hilfsschule. I.

Da die Anwendung des B.S.schen Verfahrens Anfang 1911 fiir Deutschland noch so gut wie unbekannt war - - B o b e r t a g s 1) Arbeit war die einzige damals erschienene - - , so haben wir, einer Anregung von S t e r n - B r e s l a u folgend, erprobt, inwiefern sieh die B.S .schen Tests f i b e r h a u p t fiir Schulkinder eignen. Zum zweiten aber hat sieh bei unseren Untersuchungen, gleiehsam als zuf/illiger Neben- befund, ein verh~,ltnism/s Unterschied einmal zwisehen der Bres- lauer Grof~stadtbevSlkerung und unserer IndustriebevOlkerung ergeben, zum anderen aber eine ganz bedeutende Differenz zwischen Knaben und M~dehen derselben A. St.

Letzterer Unterschied zwischen Knaben und M~dchen ist auch sehon von e n g l i s e h e r Seite festgestellt worden. Ob man nun aus dem Zurfickbleiben tier MKdehen, namentlich auf den A. St. von 9 und 10 Jahren auf eine gewisse intellektuelle Inferioriti~t der M~dehen - - in gewissem Alter - - sehliel~en soll, dafiir scheinen mir doch noch nicht genug Beobachtungen vorzuliegen: es scheint aber fast schon so zu sein, denn T e r m a n 2) empfiehlt, bei einer Fortsetzung der I. P. fiber das 12. Jahr h i n a u s die Stufenleiter der Intelligenz in z w e i parallellaufende Zweige (branches) zu teilen.

1) Zeitschr. f. angew. Psyehol. 5, H. 2. 2) L. M. Te rm an and I-I. G. Childs, A Tentative Revision and Extension

of the Binet-Simon Measuring Scale of Intelligenc I--IV. (Journal of Educationel Psychology 3 (2--5). 1912.

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Doch hier ist weniger der Ort, dariiber zu sprechen; das Wichtigste ist bei den einzelnen Tests gesagt.

Unser Material setzte sich zusammen aus Volksschiilern der Stadt Kattowitz, welche aus dem oben angefiihrten Grunde das SchulprKdikat ,,geniigend" aufwiesen. Solche, welche wenig geniigende oder bessere Schulleistungen aufzuweisen batten, waren von den I. P. ausgeschlossen. Es waren im ganzen 150 Kinder, 79 Knaben und 76 M~dchen; dieselben verteilen sich naeh Lebensalter und Sehuljahr folgendermal~enl):

Lebensalter in Jahren Knaben M~dchen 7 8 6 8 21 14 9 9 17

10 20 16 11 4 11 12 9 12 13 8 --

79 76

Schu lj ahr Knaben M~dchen I. 31 18

II . 15 18 III . 16 17 IV. - - 12 V. 17 12

79 76 Die Berechnung des I n t e l l i g e n z a l t e r s eIfolgt nun auf folgende

Weise: Die richtigen LSsungen jedes einzelnen Tests - - bei den Tests, welche aus mehr wie einer Frage bestehen, miissen immer zwei richtig beantwortet sein, um eine richtige LSsung darzustel]en - - werdeD mit A- versehen, die falsehen mit - - . Die idealste Methode wKre nun natiir- lich die, dab die Reihe der Tests unterhalb des L. A. des Kindes und die Reihe, welehe dem L . A . entsprieht, alle positive Vorzeichen h~tte, dal] dann die Sache an irgendeinem Punkte plStzlieh abbrKche und die negativen Vorzeiehen an die Reihe kKmen.

In praxi aber sieht die Reihe so aus, dab erst lauter -~-Zeiehen kommen, dann wechseln ~-- mit ---Zeichen ab, und zuletzt kommen die ---Zeiehen dran.

Das hat folgenden Grund: Die allgemein als ,,Intelligenz" bezeich- nete Seelent~tigkeit setzt sich bekanntlieh aus sehr vielen Funktionen unseres Gehirns zusammen, von denen Ged~ehtnisleistung, Aufmerk- samkeit, Merkf~higkeit, Urteilsf~higkeit, Sehnelligkeit im Gedanken-

1) Das halbe Jahr ist immer flit roll gerechnet, also ein Kind mit 8 Jahren 2 Monaten z/ihlte immer ffir 8 Jahre. mit 8 gahren 7 Monaten als 9j/~hriges.

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ablauf, F~higkeit, seine Gedanken in Worte umzusetzen und diese auszusprechen, die bedeutendsten sind. Da sich nun die Tests bald an die eine, bald an die andere dieser eben genannten F~higkeiten wenden, und bei einem Kinde diese, bei dem andern die andere F~hig- keit mehr hervortri t t , so ist es ganz unmSglich,, dab gerade an e i n e m Punkte die ~--Vorzeichen aufhSren und ~egativen Platz machen, son- dern es wird eine Reihe yon Tests kommen, wo ~- und - - so lange abwechselt, bis die - - iiberwiegen.

Da man nun, um zu einem brauchbaren Resultat zu kommen, mit einer Reihe yon Tests beginnen mul~, die u n t e r h a lb der betreffen- den A. St. liegen, so kann es vorkommen, sehr se]ten bei normalen Kindern, sehr hi~ufig abet bei Schwachbegabten, dab ein Kind bei einer Reihe yon Tests unterhalb der betreffenden A. St. versagt, in seiner A. St. und darilber hinaus sich durchaus als positiv erweist. Als feste Regel mug man annehmen, dal~ ein Kind auf dem intellek- tuellen Niveau derjenigen A. St. steht, deren sKmtliche Aufgaben es richtig gelSst hat.

Aber es gibt F~lle,' wo diese Regel nicht ausreicht, namentlich dann, wenn die Reihe derjenigen Tests, wo die + - und - - -Zeichen abwechseln, sehr ausgedehnt ist. Dann behilft man sich nach Bi n e t (1. c.) folgender- maBen: Nachdem man das I. A. eines Kindes naeh der hSchsten Stufe, wo s ~ m t l i c h e Tests gelSst sind, bezeichnet hat, reehnet man ibm 5 weitere -~-Zeichen als ein Intelligenzjahr zu, 10 weitere +-Zeichen als 2 Intelligenzjahre zu.

Da sowohl B .S . wie B o b e r t a g s ~ m t l i c h e Kinder, gleichgfiltig ob normal oder aus der ttilfsschule genommen sind, bei ihren Unter- suchungen zusammengenommen haben, so ist es klar, dab wir bei unseren, ausschlieBlich normalen Kindern zu ganz anderen Zahlen ge- kommen sein miissen.

B i n e t verlangtl), dab zwischen den Kindern, deren I . A . grSl~er ist als da~ Lebensalter, und den Kindern, deren I. A. hinter dem Lebens- alter zurilckbleibt, ein gewisses G l e i c h g e w i c h t bestehen muB; in Zahlen ausgedrilckt :

Von 365 Kindern waren 87 ihrem Lebensalter voraus, sog. ,,Avanc6s", 102 ihrem Lebensalter zuriick, sog. , ,Retard6s" und 148 normal, sog. ,,R6guliers". In Prozenten wiirde sich ergeben:

Avanc6s . . . . . . . . . . . . . 23O/o Retard6s . . . . . . . . . . . . 28O/o R6guliers . . . . . . . . . . . . 49~o

Sa. 100~) Aber man erh~lt diese Prozentzahlen n u r , wenn man die Gesamt-

summe a l l e r gepriiften Schiller berechnet, bei den einzelnen A. St.

1) Ann4 psychologique 1908.

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verschiebt sich das Verh~ltnis zwischen Avanc6s und Retard6s bedeutend, so dab yon einem gewissen Gleichgewicht bei einzelnen A. St. nichts mehr zu merken ist.

Meine Zahlen sind folgende: R6guliers 116 Kinder . . . . . . 79O/o Avanc6s 29 . . . . . . . . . 18% Retard6s 5 . . . . . . . . . 3O/o

Sa. 100% Dieses erhaltene Zahlenverh~ltnis spricht natiirlich sehr f i i r die

Brauehbarkeit der B. S.sehen Methode. Da nun die Beobaehtungen des Lehrpersonals sich mit den Re-

sultaten der I . P . in ganz vorzliglicher Weise deckten, so ist es ohne weiteres Mar, dal~ sieh von den Retard~s nut 30/0 der normalen Kinder unter unseren V .P . befanden.

Anders verhi~lt sich die Sache mit den Avanc~s. Es ist eine be- kannte Tatsaehe, dab sich gute I n t e l l i gen z l e i s t u n g en keineswegs immer mit guten oder nur geniigenden Schulleistungen vereint vor- linden, w~hrend bei s e h l e e h t e n Inte]ligenzleistungen wohl regel- mgl~ig aueh sehleehte Schul le is tungen dazu kommen werden: folg- lich hat die gefundene Zahl yon 18~ Avane6s durchaus nichts Ver- wunderliches, denn um es ausdriicklich zu betonen, Schulleistungen als solehe sind bei den B.S.schen Tests ausgesehlossen. Wie man aber bei der gleich folgenden Bespreehung der einzelnen Tests sehen wird, ist dieses Prinzip jedoch nicht iibeiall durehgefiihrt.

Jedenfalls l~13t sieh aber das e ine schon sagen, dai3 die B. S.sche Methode zur Intelligenzpriifung dem zu erreichenden Ideal, d. h. 100% der normalen Kindel, zum mindesten ~ehr n a h e kommt.

Die Zahl der R~guliers, yon 150 Kindern 116, also 790/0, kehrt aueh in der folgenden Tabelle, unserer Ergebnisse wie B o b e r t a g s Zahlen, ann~hernd wieder. Faint man n~mlich die prozentualen Ergebnisse dex einzelnen A. St. unserer Untersuchungen zusammen, so ergibVsich:

fiir die Tests der A. St. 7 Jahre 94% . . . . . . . . . . 8 , , 78% . . . . . . . . . . 9 ,, 69% . . . . . . . . . . 10 ,, 63% . . . . . . . . . . 1 1 , , 65%

Die Gesamtzahl ist 369; diese Zahl dividiert dureh 5 ergibt 73,8%. B o b e r t a g (1. c.) hat fo]gende Zahlen (die Bruchteile sind fortge-

lassen): fiir die Tests der A. St. 7 Jahre 80% . . . . . . . . . . 8 , , 84% . . . . . . . . . . 9 ,, 72% . . . . . . . . . . 10 ,, 72% . . . . . . . . . . 11 ,, 57%

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28 E. Bloch: ('~ber Intelligenzprtifungen 0(ach der Methode yon Binet

Das ergibt wieder als prozentualen Durehsehnitt 365:5 gleich 73~ Der bedeutende Unterschied in den Zahlen der einzelnen A. St.

beruht auf dem weiterhin zu streifenden Unterschied zwisehen unserer und der Breslauer BevSlkerung.

Weiterhin ist noch Rficksicht zu nehmen auf den schon oben be- rfihrten Unterschied zwischen K n a b e n und M~dchen. Auf die An- wendungsweise der einzelnen Tests, auf das Verhalten der U n ~ r - suchenden, auf die eventuelle Anwesenheit Drifter bei den Priifungen usw. usw. kann an dieser Stelle nicht eingegangen werdenl).

Ich lasse nun die B.S.schen Tests selbst folgen und werde bei der Bespreehung der einzelnen Tests unsere Zahlen vergleichsweise mi t den von B o b e r t a g gefundenen Zahlen bringen; sie weichen von- einander nicht unerheblich ab. Das ist aber n ur zu schieben auf die Versehiedenheit der BevSlkerung, denn die Durchschnittszahlen sind bei uns wie in Breslau genau die gleiehen.

Die B.S.sehen Tests sind yon B o b e r t a g (Zeitschr. f. angew. Psychol. 5, Hef t 2) ffir deutsche Verh~ltnisse etwas umgeformt worden; die Abweichungen sind aber nieht erheblicher Natur, ich werde sie bei jedem einzelnen Tests bringen.

Die Testmaterialien (Bilde r, Zahlen, Zeichnungen, Gewichte usw.) kSnnen vom Inst i tut ffir angewandte Psychologie und psychologische Sammelforschung in Neu-Babelsberg bei Berlin zum Preise von 3 M. bezogen werden.

Die Tests fiir die A. St. 3 - -5 Jahre wurden bei unseren I. P., die sich ja nur fiber normale S c h u l k i n d e r erstreekten, nieht angewandt. Ich bringe sie aber doch schon hier im Zusammenhange mit den Tests fiir die A. St. yon 7--12 Jahren, weft wir bei der Prfifung der H i l f s - schulkinder des 5fteren natiirlich auf sie zurfickgreifen muBten.

Dreij~hrige Kinder : 1. Mund, Nase, Auge zeigen. 2. Wiederholenlassen von S~tzen, die 6 Silben enthalten. Siehe A. St. 5, 1. 3. Wiederholenlassen von 2 einstelligen Zahlen. 4. Das Betraehten eines Bildes, Aufz~hlung yon Einzelheiten. Siehe A. St. 7, 1. 5. Angabe des Familiennamens. Vierj~hrige Kinder : 1. Benennen vorgezeigter Gegenstiinde, wie Messer, Schliissel, Pfennig. 2. Wiederholenlassen von 3 Zahlen. 3. Angabe des Gesehlechts. Fiinfjiihrige Kinder : 1. Vergleichen zweier Linien von 5 und 6 em Lange. Es handelt sieh hierbei

um das Verst~ndnis des Begriffs ,,l~nger".

1) Siehe im iibrigen Bober tag (1. c.) und Bloch, Ober I. P. an normalen Volkssehulkindern usw. Letztere Arbeit, die sieh ausfiihrlicher fiber die Anwen- dungsweise des Tests verbreitet, erscheint demni~chst im Archiv fiir Pi~dagogik Leipzig, Brohn und Dbring.

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2. Nachsprechen von S~tzen, die 10 Silben enthalten. Angefangen wurde mit S~tzen, die w e n i g e r Silben enthalten.

Folgende Si~tze wurden angewendet (Bober tag) : 6 8ilben: Ieh bin ein gutes Kind.

Ieh habe einen Hund. 8 Silben: Ich sitze auf einem Stuhle.

Mein Bruder ist fortgegangen. 12 Silben: Ich werde morgen meinen Vater besuehen.

Ich habe mir einen neuen Anzug gekauft. 14 Silben: Wir haben unsere Schularbeiten noeh nieht gemacht.

Wir wollen dann ein Stiiek zusammen spazieren gehen. 16 Silben: Ieh habe meinem Bruder gesagt, dab er reich besuchen soU.

Wenn wir unsere Arbeit gemaeht haben, diirfen wir spielen. 3. Vier Pfennige abzfi~hlen. Es wurden 4 neue Pfennige, mit der Oildseite naeh oben, vor das Kind hin-

gelegt mit der Aufforderung, dieselben l a u t abzuzi~hlen. 4. Vergleiehen zweier Gewiehte. Die Gewichte sind aus der Testserie fiir A. St. 9, 7, we eine Bespreohung im

Zusammenhange stattfindet. 5. Abzeiehnen eines vorgezeichneten Quadrats; es wurde zugleieh ein Urteil

des Kindes fiber seine Leistung.provoziert. 6. Zusammensetzen einer Figur aus zwei Teilen, sog. Geduldspiel. Ein Rechteek aus weiBem Papier wird vor das Kind gelegt mit der Aufforde-

rung, sieh dasselbe genau anzusehen; dann werden Dreiecke vorgelegt, entstanden durch Zerschneiden des Reehteeks in der Riehtung der Diagonale, und zwar so, dal] sie sich den rechten Winkel zukehren: dann erfolgt die Aufforderung an das Kind, die beiden Dreiecke so zusammenzusetzen, dab das Rechteek wieder heraus- kommt.

S e e h s j ~ h r i g e K i n d e r : 1. Ausfiihrung dreier gleichzeitiger Auftr~ge. Der Auftrag wird ungefiihr so formuliert: Hier nimm real den Sehliissel und

lege ihn auf den Stuhl dort; dann geh die Tiir aufmaehen, bloB aufmaehen, weiter nichts; und zuletzt nimm das K~stchen da vonder Bank und bring es mir her.

Dann werden die Auftr~ge noeh einmal kurz wiederholt. 2. Nachsprechen yon S~tzen, die 16 Silben enthatten. Siehe A. St. 5, 2. 3. Angabe des Alters. Will fiir normale Kinder niehts besagen, wohl aber fiir sehwaehbef~ihigte,

siehe Abschnitt II. 4. Vor- und Naehmittag unterscheiden. 5..~sthetiseher Vergleieh. Auf drei Bl~ttern sind je drei Gesichter nebeneinander gezeichnet, yon denen

framer eins ,,sehSn" und das andere ,,h~tl~lich" ist. 6. Erkl~ren yon Begriffen durch Zweckangaben. Sell bei der n~ehsten Altersstufe ausffihrlicher besproehen werden.

S i e b e n j ~ h r i g e K i n d e r : 1. Besehreiben von Bi ldern . Die Bi lder e n t s t a m m e n dem Miinchener Bi lderbogen der , ,Pech-

voge l" und sind des lebhaf te ren E ind rucks wegen kolor ie r t geha l ten ; B i n e t ve rwende t andere Bilder .

Die unser igen stellen d a r :

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30 E. Bloch: Ober Intelligenzprtifungen (nach der Methode yon Binet

L Ein Mann kommt aus der Haustiir, zieht einen Jungen bei den Haaren und zeigt mit der anderen Hand auf eine zerbroehene Fensterseheibe bin. Im Vordergrunde sitzt unter schneebedeekten Brettern ein anderer Junge, der in der einen Hand drei Sehneeb~lle h~lt, mit der anderen eine lange Nase zleht.

II. Mehrere Personen spielen Blindekuh und ein Mann mit verbundenen Augen will ein M~dehen haschen, reiBt aber aus Versehen das Tisehtueh mit dem Kaffeegeschirr herunter.

III. Ein Herr grfiBt zu zwei Damen am Fenster hinauf und sieht dabei einen Jungen nicht, den er umgeworfen hat. Dem Jungen eilt eine Frau zu Hilfe.

Von den A. St. bis zum 6. Jahre etwa wird nun verlangt eine A u f z ~ h l u n g der Einzelheiten, die A. St. 7 bis etwa zum 8. Jahre mul~ten schon eine Beschreibung geben, auf den hSheren Stufen wird verlangt, eine Zusammenfassung und eine vollst~ndige B e s c h r e i b u ng und Erkl~rung der Bilder, also fiir die letzte Stufe: Der Junge, den der Mann an den H a a r e n zieht, hat die Scheibe entzwei gemachtl) ; die Leute auf dem 2. Bride spielen Blindekuh und der Mann reiBt aus Versehen das Geschirr vom Tische, und endlich auf dem 3. Bride isg der Junge yon dem Manne umgeworfen worden, weil er zu den Frauen herauf gegriil~t hat.

Eine Zusammenstellung s~mtlicher Erkl~rungen ffir die A. St. 5- -12 Jahre finder sich bei B o b e r t a g (1. c.).

Prozentual lassen sich gerade bei diesem vo~ziiglichen Test, der auch bei I. P. anderer Art eine grol~e Rol]e spielt, ich nenne die Namen H e i l b r o n n e r und E b b i n g h a u s , nicht geben, weft das Beschreiben yon Einzelheiten und das Zusammenfassen von Ti~tigkeiten wie das richtige Beschreiben der Bilder bereits hiiufig auf einer viel friiheren Stufe kam, als es verlangt wurde, h~ufig aber wiederum auf einer sp~,teren Stufe.

Es ist dabei zu unterscheiden zwischen s p o n t a n e n u n d p r o v o - z i e r t e n Erkl~rungen, z. B. wurde auf den untersten Stufen regel- m~Big gefragt, wer glaubst du, hat die Scheibe eingeworfen, oder warum liegt der Junge auf der Erde usw. Die provozierten Er- kl~rungen hatten fiir die Berechnung des I. A. denselben Wert wit die spontanen.

V o l l s t ~ n d i g versagt haben von meinen V. P. nur 3 Knaben yon 7 Jahre~, yon denen aber nur einer ein Minus an I. zeigte; bei den beiden anderen war ihr Versagen wohl nur auf anf~ngliche Schfichtern- heir zu schieben, denn die iibrigen Tests waren durchaus positiv.

Dieser Test wurde immer zu Anfang der I. P. gew~hlt, well er ein- mal ein vorziigliches Mittel darstellt, duJch Vorzeigen der ,,schSnen" Bilder die anf~ngliche Schiichternheit der Kinder zu bek~mpfen, zweitens, well man sich gleich von Anfang an ein gutes Bild yon der I. des betreffenden Kindes machen kann, freilich nur bei normalen V. P.,

1) N~ch Bober tag geniigt diese Erklarung schon.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 31

bei den Schwachbegabten erlebt man gerade bei diesem Test Uber- rasehungen.

2. Naehspreehen von 5 Zahlen. Da nach B o b e r t a g die Zahlenreihen yon gleicher L~nge nicht

immer die gleiehe Schwierigkeit darbieten -- Ursaehe davon sind die Differenzen in der Zahlenreihe selbst -- , so wurden folgende, bei den Untersuehungen der Breslauer Kinder erprobte Zahlenreihen genommen:

714 3681 51 942 250 841 9 640 518 286 2964 64 853 573 916 7 384 261 539 8527 93 718 095 827 5 928 037

Da dieser Test ebenfalls ffir alle Altersstufen Verwendung findet, so sollen gleieh die Angaben fiir 6 und 7 Zahlen sowie fiir die A. St. bis zum 11. Jahre folgen.

Anzahl der Alter Zahlen 7 8 9 10 11

5 69% 80% 88% 0% 6 6% 15% 24% 63% 65% 7 31% 1%

Besonders interessant sind A. St. 9 und 10 Jahre: W~ihrend 9 Jahre mit 5 Zahlen ganz plStzlich aufhSrt, steigt die A. St. l0 beim Nach- spreehen yon 6 Zahlen um fast 40%.

Die Zahlen aus Breslau sind b e d e u t e n d besser, stellenweise um 38%; einen triftigen Grund dafiir ist mir nicht mSglich anzufiihren.

3. Abzeiehnen eines Rhombus. Von unseren V. P. haben a l le den Test erffillt, w~hrend B o b e r t a g

nur 61% hat. 4. Abz~hlen von 13 Pfennigen. Wurde ebenso ausnahmslos yon unseren V.P . gel5st, ebenso von

den Kindern in Breslau. 6. Zahl der 10 Finger angeben. Meinen Beobachtungen nach viel zu leicht ffir die A. St. 7. Abschreiben geschriebener Worte. Kurze, einfache S~tze, z. B. der kleine Paul, miissen mit Tinte und

Feder deutlich abgeschrieben werden. Da nun normale Kinder bereits in der ersten H~lfte des Schuljahres

bereits imstande sein m i i s sen , geschriebene Worte leserlieh abzu- schreiben, so haben natfirlich alle me]ne V. P. diese Forderung erfiillt. Anders bei den Hilfsschulkindern.

8. Kenntnis der gangbarsten Mfinzen bis 1 Mark. Bei uns kannten s~mtliehe Kinder den Unterschied aller Mfinzen

-- B o b e r t a g hat das 3-Mark-Stfick und das 25oPfennig-Stiiek nicht vorgelegt -- bis zu 5 M. Goldmiinzen haben wir wegen der sozialen Stellung der Eltern weggelassen; wo wir aber danach fragten, etwa

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32 E. Bloch: [~ber Intelligenzprilfungen (nach der Methode von Binet

in einemViertel der F~lle, kannten das 10-Mark-Stiiek a l le , das 20-Mark- Stiick reichlieh die H~lfte der Gefragten.

Dieser Test fiel sehr zugunsten unserer BevSlkerung aus; der Grund ist der, dal3 Kinder der IndustriebevSlkerung sehr viel friiher selbst~ndig zum Einholen gesehickt werden als die Kinder der Grol3stadt.

9. Liicken in Zeichnungen erkennen. Die yon B i n e t angegebenen Zeichnungen sind 3 Gesiehter, auf

denen je die Nase, Augen und Mund fehlen, sowie eine ganze weib- liehe Figur, auf der die H~nde fehlen.

Meine V .P . haben alle bis auf eine die Liicken erkannt, B. 1) hat nur 77%.

10. Erkl~rung von Begriffen durch Zweckangaben. Es wird gefordert eine Erkl~rung yon Gabel, Stuhl, Puppe, Pferd,

Soldat, Kuchen, Semmel usw. Da dieser Test bis zur A. St. 10 Jahre verlangt wird, so sei eine

n~here Erkl/trung gleich hier gegeben. Mit 6, 7 Jahren geniigt es, wenn geantwortet wird: ein Stuhl ist zum Sitzen, eine Gabel ist zum Essen, ein Pferd ist zum Ziehen usw.

Vom 8. Jahre etwa angefangen mul~ mit Oberbegriffen geant- wortet werden: Eine Gabel ist ein EBger~t, eine Puppe ist ein Spiel- zeug, ein Pferd ist ein Tier usw.

Sehr h~ufig jedoch kamen die Oberbegriffe schon viel friiher, am h~ufigsten bei Pferd, Rose und Puppe, w~hrend andere V. P. die Zweek- begriffe noch bis zum 8. Jahre festhielten.

Eine vom nationalSkonomischen Standpunkt sehr interessante Tat- sache ist uns aufgefallen: Von den 76 MKdchen unserer V .P . hat te ungefKhr ein Drittel k e i n e Puppe

A c h t j ~ h r i g e K i n d e r : 1. Beschreiben yon Bildern. 2. Nachsprechen yon Zahlen. 3. Erkli~ren von Begriffen durch Zweckangaben. 1--3 wurde bereits bei der vorigen A. St. abgehandelt und wird

im folgenden fortgelassen werden. 4. Diktat sehreiben. Es wurde den Kindern ein einfacher Satz diktiert, z. B. die Sonne

seheint. Siehe die Bemerkung bei A. St. 7, 7. 5. Zusammenziihlen yon neun Pfennigen. Es wurde den Kindern 3 Einpfennigstiieke und 3 Zweipfennig-

stiicke mit der Zahl naeh oben, vorgelegt mit der Aufforderung, diese zusammenzuzi~hlen.

Da der Zahlenkreis yon eins bis zehn bereRs in der e r s t e n H~lfte des ersten Schuljahres behandelt wird, so ist dieser Test zu leicht.

z) B. heil3t von jetzt an immer Bobertag.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern, 33

6. Von 20 an riickws z/ihlen. Von s/imtlichen V. P. gelSst, w/ihrend B. nuI 85~ h~t. 7. Bencnnung der 4 Hauptfarben. Verwendet wurden die vier Hauptfarben Rot, Gelb, Griin und Blau,

welche in :Form von farbigen Papierstreifen auf grauem Karton hinter- einander aufgeklebt waren. Das Benennen der Farben muB fehlerlos und rasch geschehen; ein gewisses ZSgern ist gestattet, da wit ebenso wie B. die Beobachtung machen konnten, dab die Kinder noch eine •arbennuance herauszubekommen suchten wie feuerrot, hellgriin usw.

Es wurde dann regelms noch gefragt, um zu sehen, ob die Kin- der die :Farben wirklich beherrschten, welche :Farbe hat day Blur, das Gras und die Kornblume.

Alle meine V. P. mi~ 7 Jahren benannten die :Farben richtig, ws rend B. nur 57~/o hat.

B. meint, dab es auch dutch Beobachtungen an anderen Volksschul- kindern bestiitigt werde, dab die 7js nur etwa zu 50% die Farben richtig benennen k6nnten; unsere Beobachtung wiirde dies n i e h t be- sts Auch dab Kinder ,,gebildeter Eltern in bezug auf Farben- kenntnis . . . den Kindern aus den arbeitenden Klassen weit voraus sind" (B., 1. c., S. 161) k6nnen wir, was den letzten Punkt anbetrifft, nicht zugeben, denn unsere V .P . s tammten aus Grubenarbeiter-, Handwerker- und Unterbeamtenkreisen.

8. Vergleichen zweier Gegensts aus dem Ged/ichtnis. Verlangt wurde der Unterschied zwischen :Fliege und Schmetter-

ling, Knochen und :Fleisch, Holz und Glas, Pappe und Papier. Da den Kindern das Wort ,,Unterschied" natiirlich nicht gel/iufig

war, so wurde gefragt: Du kennst doeh einen Knochen, nicht? Und :Fleisch kennst du doch auch, nicht ? I s t das dasselbe ?

Unsere Zahlen, die mit B. (allerdings ohne die Trennung yon Kna- ben und Ms iibereinstimmen, sind folgende:

7js Knaben 60~o , Ms 50%. 8j/i, hrige Knaben 80~ Ms 55%. Auffallend is t das Stehenbleiben der Ms eine Tatsache, der

wir ffir die A. St. 8 und 9 noch 6fters hegegnen werden. 9. Angaben zweier Erinnerungen an Gelesenes.

Binet 1/iBt die Erz/ihlung yon einer groBen Feuersbrunst verlesen: Trois maisons en feu. - - Chs 5 septembre. Un immense incende a detruit, la nuit derni6re s Chs trois immeubles situ~s au centre de la ville. ])ix-sept menages sont sans abri. Les pertes dSpassant 150 000 francs. En sauvant un enfant au bereeau, un garcon coiffeur, s ~t$ serieusement bless~ aux mains.

Bober tag benutzt eine andere ,,Zeitungsnachrieht": Am ersten Feiertage zeigte der Werkarbeiter Hugo Nitschke seinem zweij~hrigen Sohne, den er auf dem Arme hielt, den Christbaum, wobei er in der anderen Hand die Petroleumlampe hielt. Als Nitschke um den Weihnaehtsbaum herumging, stolperte er und fiel mit

Z. f. d. g. Neur. u. Psych, O. X V I I . 3

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34 E. Bloch: (~ber Intelligenzprtifungen (nach der Methode yon Binet

Kind und Petroleumlampe hin, wobei die Lampe zerbrach. Die herbeieilenden Nachbam 15schten zwar den sofort entstandenen Brand, Nitschke und das Kind erlitten aber solche Brandwunden, dab sie nach Einlieferung in das Krankenhaus beide starben.

Diese ganze Geschichte l~13t sich in 25 sogenannte logische Einheiten einteilen, yon denen 2 Erinnerungen gefordert werden.

Wit haben nun die Geschichte zum sehr grol3en Teil n i c h t vorlesen lassen, und zwar aus dem Grunde, well das Vorlesenlassen sich zu einer Qual fiir beide Teile, V. 1). wie 1)rfifende gestaltete; woran digs ]iegt, weiB ich nicht, jedenfalls war das Minus beim Lesen bei un- sern V. 1 ). vorhanden. Daher kommt es wohl sicher auch, dab wir so viel bessere 1)rozentzahlen erhalten haben als B l u e t und B o b e r t a g .

Sie verlangen yon der A. St. 8 die Wiedergabe yon 2 Erinnerungen, yon der A. St. 9 mindestens 6 Erinnerungen, und so welter bis zu den 12j/ihrigen, welche die Geschichte mit s ~ m t l i e h e n logischen Eirheiten wiedergeben miissen.

Unsere Zahlen sind: o/ A. St. 7 zu 40~o 5 Erinnerungen, A. St. 8 Knaben zu 80/o, M/~dehen

zu 28~ die Erz~hlung richtig wiedergaben, w~hIend die A. St. 9 be- reits s ~ m t l i c h die Geschichte nacherz~hlte.

Zum erstenmal zeigt sich bei der A. St. 8 das bedeutende (Jberwiegen der Knaben, trotzdem die Bedingungen fiir die Wiedergabe der Erz~h- lung fiir beide Geschlechter natfirlich gleich war.

N e u n j ~ h r i g e K i n d e r : Test 1--3 ist schon besprochen worden. 4. 80 Pfennig auf 1 Mark hreausgeben. Man sagt dem Kinde: Je tz t wollen wir mal Kaufmann spielen und

gibt ihm mehrere Geldstficke angefangen vom 5-1)fennig-Stiick bis herauf zum 2-Mark-Stfick und ffigt hinzu, dab kS fiber das ganze Geld verfiigen kSnne. Seine Ware stellen die bei Test 6 dieser A. St. zu erw~hnenden 1)appkartons dar; man verabredet dann einen 1)reis ffir einen Karton, meist 20 Pfennig, dann gibt man dem Kinde eine Mark und sagt: Nun gib mir das iibrige heraus.

Dieser Test wurde bereits yon s~mtlichen 8j~hrigen prompt gelSst, w~hrend die Zahlen aus Breslau sind:

A. St. 8 Jahre . . . . . . . . . . . 61~o, A. St. 9 Jahre . . . . . . . . . . . 74%.

Siehe Bemerkung bei Test 8 A. St. 7. 5. Aufsagen der Wochentage. Wurde sehon mit 8 Jahren geleistet. Dieser Test hat gar keinen

Wert ffir die I-Leistung, da kS sich nur um fest im GedKchtnis sitzende Wortreihen handelt. 1)

1) Wohl aber fiir Schwachsinnige. Dasselbe gilt fiir das Aufz~hlen der Monate.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 35

6. Angabe des Tagesdatums. Siehe Bemerkung bei A. St. 7 Test 7. Die Angabe des Tagesda-

turns wird sehon auf der u n t e r s t e n Stufe in der Schule geiibt. 7. Ordnen von 5 Gewichten. Benutzt wurde eine Serie yon 5 K~stchen im Gewicht yon 5, 6,

9, 12 und 15 Gramm, hergestellt aus steifem, dunkelblauem Papier. Die K~stchen miissen der Reihe nach dem Gewichte vor dem Kinde

stehen; Verwechslungen zwischen 1 und 2, 3 und 4 sind gestattet. Wir haben bei 7j~hrigen mit 3 Gewichten angefangen und haben

erhalten: Knaben 73%, M~lchen 330/0 . Mit 4 Gewichten:

Knaben 38%, M~dchen 11% . Dann mit 5 Gewiehten:

Alter . . . . . . . . . . . . 8 9 10 11 Knaben . . . . . . . . . . . 56% 66% 70% 77% M~dehen . . . . . . . . . . 0% 29% 44% 42%

B. gibt die Zahlen nicht getrennt, nur Knaben und M~dchen zu- sammen, aber die Zahlen im ganzen genommen stimmen iiberein.

Man beachte, wie die Knaben im ganzen nur um 20O/o steigen, die M~dchen dagegen um 42%, aber doch weir hintei den Knaben zuriick- bleiben; das hat sicher den Grund, daI~ Knaben an Handfertigkeiten mehr Interesse haben als Miidchen.

Dieser Test ist einer der besten. Nicht allein, dal~ das Sprach l i ehe vollkommen dabei ausgeschaltet ist, wie ich nachher kurz streifen werde, kam das Sprachliche gerade bei unsern V.P. sehr in Frage, kann man vor allen Dingen aus dem mehr oder weniger schnellen Ver- st~ndnis der Aufgabe, aus dem mehr oder weniger groBen Interesse, das die Kinder diesem Versuche entgegenbrachten, aus den einzelnen Bewegungen beim Abwiegen usw. einen ganz guten Eindruck erha]ten yon der I. der V. P.

Am besten war dies zu erkennen aus der Antwort, die gegeben wurde auf die letzte Frage, welche an die Kinder regelmgBig gerichtet wurde. Es wurde n~mlich immer zuletzt gefragt: Bist du fertig ?

Die meisten Kinder begniigten sich mit der Antwort: Jawohl, nur sehr wenige haben auf die Frage hin die Kgstchen noehmal abge- wogen.

Nur drei yon den ganzen 150 V. P. haben, als sie fertig waren, ohne die Frage abzuwarten, die K~stchen selbst~ndig noeh einmal durchgewogen: ieh erblicke darin, ebenso wie B., geradezu eine G]anz- leistung.

Die I.-Leistung liegt nun darin, daI3 unterschieden wird zveisehen den Begfiffen ,,leichter" und ,,schwerer".

Die meisten Kinder haben die K~stchen gewogen, indem sie eine

3*

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36 E. Bloch: lJber Intelligenzprtifungen (nach der Methode von Binet

Hand, die rechte, benutzten; nur zweimal sahen wir die linke Hand benutzen. Es wurde natiirlich gleich am Schlufl des Versuchs gefragt, ob Linksh/indigkeit vorliege, beide Male wurde die Frage verneint.

Diejenigen V. P., welche beide Hi~nde benutzten, gaben diesen Versuch als nutzlos bald wieder auf und begniigten sich mit einer Hand; das wiirde ganz genau entspreehen, was man dureh neuere Un- tersuchungen bekanntlich einwaadfrei festgestellt h a t , dab die Un- terschiedsempfindliehkeit beim Abwiegen mit einer Hand entschieden grSBer ist als beim Abwiegen mit beiden H/s

Z e h n j ~ h r i g e K i n d e r : 1. und 2. siehe A. St. 7, I, 2. 3. Siehe A. St. 8, 9. 4. Aufsagen der Monate. Siehe A. St. 9, 6. 5. Kenntnis ss Miinzen. Siehe A. St. 7, 8. 6. Drei leichte Verstandsfragen. a) Was mul3 man machen, wenn man den Zug verpaBt hat ? b) Was mu$ man maehen, wenn man etwas entzwei gemacht hat, was einem

nicht gehSrt ? c) Was mul3 man machen, wenn man in die Sehule geht, und man merkt

unterwegs, dal~ es sehon spater ist als gewShnlieh ? Binet und Simon haben anstatt Frage e) folgende: Lorsqu'on ~ 6t6 frapp6

par un camarade, sans qu'il l'ait expr~s, que faut-il faire ?

Bei Frage a) wurde erst die Vorfrage gestellt: Du bist doch sehon mal mit der Eisenbahn gefahren ? Wurde die Frage verneint - - was was bei ungefiihr 10~ der Kinder der Fall war, darunter bei der Tochter tines Lokomotivfiihrers, hat te es natiirlich gar keinen Zweck, die Hanpt - frage zu stellen.

Der Ausdruek ,,verpassen" sties auf Schwierigkeiten, erst als er dureh ,,Verss ersetzt wurde, erfolgte die prompte Antwort. NS- here Besprechung des Grundes siehe beim folgenden Test.

Die Frage c) wurde zuerst damit yon den meisten V. P. beant- wortet: Ieh werde mich nachher entsehuldigen; als darauf die Frage mit besonderer Betonung des Wortes ,,unterwegs" wiederholt wurde, erfolgte die prompte Antwort l ) :

Meine Zahlen sind: Knaben Madchen 8 Jahre . . . . . . . . . . . . . 81% 55% 9 Jahre . . . . . . . . . . . . . 90% 760/0 10 Jahre . . . . . . . . . . . . 100% 100%

Aueh bei diesem Test ein geringes Zuriickbleiben der M~dchen fiir die A. St. 8 und 9 Jahreo

1) Der Test ist entsehieden zu leieht, w/~hrend Test 7 wohl zu sehwer fiir diese A. St. ist.

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und Simon) an normalen Volksschulkindem und Hilfsschulkindern. 37

B.s Zahlen sind nur fiir die A. St. 10 etwas abweichend, er hat nur 870/0 beide Geschlechter zusammen.

7. Drei schwere Verstandesfragen.

a) Was muB man maehL~n, wenn man von einem Freunde (einer Freundin) aus Versehen gesehlagen worden ist?

b) Was muff man machen, ehe man etwas Wiehtiges untemimmt? e) Denk dir real, es fragt dich jemand naeh deiner Meinung fiber einen Men-

sehen, den du nut wenig kennst, was wiirdest du dann sagen ? d) Warum entsehuldigt man eine bSse Tat, die im Zorn ausgefiihrt ist, eher

als eine biise Tat, welche nieht im Zorn ausgefiihrt ist? e) Warum sou man einen Mensehen mehr nach seinen Handlungen beurteilen

als naeh seinen Worten ?

Diese Fragen deeken sich mit den yon B i n s t angegebenen, nur dab er s tat t Frage a) die leichte Verstandesfrage e) hat, wofiiz B o b e r - t a g die von B i n e t als leicht bezeiehnete Frage a) heriibergenommen hat.

Frage d) und e) wurde von uns nicht gesteUt; sie ist zu schwer, wie wir durch Stiehproben bestKtigen kSnnen: selbst v o n d e r A. St. 12 wurde die lq'rage nur zum vieIten Teil beantwortet.

Wir haben nun eine sozusagen ,,persSnliehe" Note in die Fragen hineingebracht. u dazu war folgendes: Bei der Frage a) der schweren Verstandesfragen bekamen wir regelm~Big als Antwort zu hSren: ,,Ich werde ihn um Verzeihung bitten", eine Antwort, welche uns viel Kopfzerbrechen bereitet hat. Erst als das Wort ,,man" er- setzt wurde durch ,,du", geschah eine richtige Aptwort.

Dal] dies auf Rechnung des s p r a c h l i c h e n Verstgndnisses und nicht auf den Mangel an I. zu setzen ist, geht daraus hervor, dab beide Ant- worten, falsche sowohl wie richtige, ganz prompt erfolgten. ~ ~

Ebenso stiel] bei Frage a) der leichten Verstandesfragen der Aus- druek ,,verpassen" auf Schwierigkeiten, ebenso wie der ihn ersetzende Ausdruek ,,vers~umen": erst als gesagt wurde: Was wirst du tun, wenn du den Zug nicht ,,kriegst", wurde eine richtige Antwort ge- geben.

Das h~ngt aufs engste damit zusammen, dab die Umgangssprache unserer V. P., auch der von Hause aus Deutschen, nun einmal po l - n i s c h ist; das Kind wird also dadurch vSllig auBerstand gesetzt, Aus- driieke, welche n i c h t der Umgangsspraehe angehSren, zu verstehen: und das s p r a e h l i e h e VerstKndnis muB man doch erst voraussetzen, ehe man daran denken kann, eine Antwort fiir die V .P . auszunutzenl).

Die schweren Verstandesfragen wurden erst mit 9 Jahren vorgelegt, da sie viel sehwerer sind als die leichten. Wurden zwei von ihnen richtig beantwortet, so galt der Test als gelSst. Meine Zahlen sind:

1) Siehe im fibrigen Bloch (1. e.), wo sich Oenaueres fiber den Unterschied zwischen Deutseh und Polniseh findet.

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9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre Knaben . . . . . . . . . . 25% 70% 70% M~dchen . . . . . . . . . 41% 80% 80%

Man beachte das diesmalige minimale l~berwiegen der M~dchen. Unsere BevSlkerung ist der Breslauer, besonders fiir die A. St. 10 vor- aus. B. (fiir die A. St. 9 gibt er keine Zahlen) hat: A. St. 10 42~ A. St. 11 64%.

8. Bilden eines Satzes mit drei Worten. B i n e t hat Paris, ruisseau, fortune, B. hat Breslau, FluB, Geld, was

mir noeh etwas pr~ziser erscheint als fortune. Letztere drei Worte erscheinen uns nicht grade als za schwer, aber,

wenn ieh mich so ausdriicken soU, dem Gesichtskreis der Kinder nicht ganz angemessen. Wir haben nun im Einverst~ndnis mit S t e r n (Breslau) die drei Worte genommen: Kattowitz, Stral3e und B~ume.

Es wurde den Kindern gesagt: Ich werde dir jetzt real drei Worte sagen, Kattowitz, Strai3e und B~ume, daraus sollst du mir einen Satz sagen, wo diese drei Worte drin vorkommen. Gefragt wurde zuerst gewShnlich: du weii3t doch, was ein Satz ist ?

Bei den Knaben stieBen wit nun auf entsehieden mehr Verst~ndnis als bei den M~dchen, denn yon der A. St. 9 beantworteten 70~o, yon der A. St. 10 82~/o den Test riehtig. Bei den M~dchen haben wir uns zu folgendem entschliel3en mfissen, da die oben angegebene Fragestellung entweder gar kein Resultat zutage fSrderte oder die Worte in zwei oder gar drei S~tze untergebracht wurden:

Nach Beantwortung der Vorfrage wurden die Kinder aufgefordert, einen Satz zu bilden, meist erfolgte dann auch ganz prompt ein Satz mit e inem Dingwort; darauf wurde gesagt, in dem Satz, den du mir ge- bildet hast, kommt ein Dingwort vor, nicht wahr ? Nun werde ich dir real einen Satz bflden, da kommen drei DingwSrter vor, also paB real auf: Die Sonne scheint durch die Fenster der Stube, nicht wahr ? Hast du reich verstanden ? Dann kam: Nun sollst d u mir mal einen Satz bilden mit dre i DingwSrtern, die ich dir nennen werde, aus Kattowitz, Strafle und B~ume. Hast du mich verstanden ?

Auf dieses, etwas umst~ndliche Verfahren erfolgte die richtige Ant- wort oder sie blieb ganz aus.

Ich gebe noch einmal vergleichsweise die Zahlen von Knaben und M~klchen: Die llj~hrigen antworteten durchweg korrekt, yon der A. St. 10 stehen den 82O/o Knaben 40~/o M~dchen gegenfiber, auf der A. St. 9 den 70O/o Knaben 38% M~dehen gegenfiber. B. hat (Knaben und M~dchen zusammen) fiir die A. St. 10 nur 39~/o.

Diese Zahlen sprechen wohl dafiir, da[3 Kattowitz, StraBe und B~ume Teile eines Ganzen sind und daher unseren Kindern entschieden n~her liegen als Breslau, Flul3 und Geld.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 39

B. hs diesen Test fiir sehr gut, ich meine dcch, dab in gewisser Weise Schulkenntnisse dabei mitsprechen; ich mSchte diesen Test mit B i n e t erst fiir l l js fiir geeignet halten.

E l f j s K i n d e r : 1.--3. Schon besprochen. 4. Siehe A. St. 10, 8. 5. Erkls von abstrakten Begriffen. B i n e t verlangt die Erkl~rung von charit6, justice und bont6, B.

von Mitleid, Neid und Gerechtigkeit. Die Frage nach einer Definition yon Gereehtigkeit ist naturgemiiB

am sehwersten, wurde aber doeh yon der H~lfte unserer V. P. richtig beantwortet.

Unsere Resultate sind b e s s e r wie die B.s. A. St. 10 . . . . . . . . . . . . . . 50% B. 31% A. St. 11 . . . . . . . . . . . . . . 84% B. 51%

Zwischen Knaben und Ms war kein Unterschied zu erkennen; nut fiel uns bei der Erkls von ,,Neid" auf, dab die Knaben meist sagten: Wenn einer etwas besser kann wie ich, wenn einer mehr hat wie ich, wenn einer ein schSneres Messer hat wie ich, dann bin ich nei- disch, wiihrend yon den M~dchen fast ausnahmslos gesagt wurde : Wenn eine ein besseres Kleid anhat wie ieh, wenn eine einen sehSneren Hut oder bessere Schuhe anhat wie ich, bin ieh neidisch (mit besonderer Betonung des persSnliehen Fiirworts). - - Also pr~igt sieh der Unter- schied der beiden Geschlechter schon in solchen Kleinigkeiten aus.

6. Worte zu einem Satz ordnen. Es wurden den Kindern drei Wortgruppen vorgelegt:

ein verteidigt wir Ferien 1-Ierrn mutig Hund gereist sind das in

guter seinen Land den ich habe Lehrer

meine verbessern gebeten zu Arbeit meinen

und die Kinder aufgefordert, die Worte so zu ordnen, dab ein richtiger Satz herauskommt. Erfolgte nun keine oder eine unrichtige Antwort, so macht man es dem Kinde vor, indem man aus der ersten Wortgruppe einen Satz maeht und dem Kinde die Worte mit dem Bleistift anzeigt. Erfolgt dann bei der zweiten Gruppe keine oder eine unriehtige Antwort, gibt man den Test auf.

Umstellungen oder Auslassungen auch nur eines einzigen Wortes sind nicht gestattet.

Die erhaltenen Zahlen sind dieselben wie die in Breslau: A. St. 11 : Knaben 70%, M~dchen 33~/o.

Das MiBverhKltnis zwisehen Knaben und Miidchen kommt meines Erachtens daher: Wer nicht drei Worte zu einem Satz ordnen kann,

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40 E. Bloch: ~ber IntelligenzprUfungen (nach der Methode yon Binet

der kann auch nicht ungeordnet stehende Worte zu einem Satz ordnen Siehe d~s l~eim vorigen Test Gesagte.

Von den 10j~hrigen V. P. haben nur zwei, ein Knabe und ein M~d- chen, diesen Test ann~hernd gelSst. Aueh ich mSchte diesen Test fill zu schwer halten.

7. Kri t ik absurder S~tze. B.s Verfahren weicht hier von dem Bine t schen , meiner Ansieht

naeh sehr riehtig, ab. B i n e t kfindigt seinen V. P. jedesmal an: P~Bt auf, jetzt kommt eine Dummheit , nun sagt mir, worin dieselbe besteht. B. und wir haben diese Ankilndigung weggelassen und die S~tze einfaeh langsam und ein- und ausdrucksvoll vorgetragen und dann die Wirkung auf das Kind abgewartet. Die Leistung ist sieher dadurch etwas sehwerer geworden, aber das Herumr~ten des Kindes wird da- durch vermieden.

Die S~tze, welche sich genau mit denen von B i n e t decken, sind folgende :

a) Ich habe drei Brfider, Paul, Ernst und ich; kann man so sagen? b) Neulich land man in einem Walde eine Leiche, die in 18 Stiicke zerteilt

war; manche Leute glauben, es liegt ein Selbstmord vor. Ist das mSglich? c) Gestern verunglfickte ein Radfahrer ~uf der Strafe, so dab er sofort tot

war, man brachte ihn in ein Krankenhaus, wo man hofft, ihn bald entlassen zu kSnnen. Was sagst du dazu ?

d) Vorhin las ich in der Zeitung yon einem Eisenbahnunglfick. Es war aber kein schwercs, es waren blo] 48 Tote. Ist das mSglich?

e) Neulich kam ein Freund zu mir, der klagte, es ginge ihm so sehr schlecht, und sagte, er wiirde sich n~chstens erschie~en; aber nicht an einem Freitag, denn das ware ein Unglfickstag ffir ihn; was meinst du dazu ?

Frage c) wurde nicht aufgegeben, da wir uns ebenso wie B. davon iiberzeugt haben, dab der Begriff ,,Unglfickstag" den Kindern fremd war. Von den andern vier Fr~gen mu~ten mindestens drei gelSst sein.

Knaben 77%, M~dehen 40% haben diesen Test riehtig gelSst; Kna- ben sind also in unserer BevSlkerung ,,gerissener" als die M~dchen, eine Beobaehtung, die sich auch bei Erwaehsenen durchsehnittlieh be- st~tigt.

Aufgefallen ist mir, dal3 der erste der absurden S~tze: Ieh habe drei Briider usw. von den K n a b e n meist nicht, wohl aber von vielen der M~dchen richtig beantwortet wurde. Dagegen waren 60~o M~dchen, welehe auf die andem drei Fragen keine Antwort wul~ten, namentlieh war der Begriff , ,Selbstmord" den M~dehen fremd.

Sprachliche Schwierigkeiten kSnnen der Grund n i e h t sein, denn ich sah oft das Gesicht der Jungen ein vielsagendes L~cheln iiberziehen, ehe noch die Frage ganz bis zu Ende gesprochen war.

8. In drei Minuten 69 Worte nennen.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschnlkindern. 41

Es wurde der V. P. gesagt: Ich werde dir mal jetzt ein paar Mi- nuten Zeit geben, und da sollst du mir so viel Worte sagen, als dir irgend einfallen, ganz gleieh, was fiir Worte, nur recht viele und recht sehnell. Ich werde es dir real vormaehen, also Tisch, Stuhl, Schrank, Zimmer n s w .

Mit der Uhr in der Hand wird dann beobachtet, bis die 3 Minuten urn sind.

Fast alle Kinder fangen damit an, Gegenstiicke, die vor ihren Augen liegen, zu nennen; dann kommen entfernt liegende Gegen- stEnde im Zimmer an die Reihe, dann die StraBe, die Wohnurig (be- senders die Einrichtung des Schlafzimmers ist uns sehr hiiufig mit sEmtlichen Details besehrieben worden), endlieh Feld, Wald usw.

Aber eins ist uns ebenso wie B. aufgefallen : Wer nicht sys t e m a t i s c h zu Werke geht, kommt nicht auf 60 Worte, wer also beliebige Gegen- stEnde, wie sie ihm grade einfallen, nennt, diese Aufz~hlung nicht mit seinem Gesiehtssinn kontrolliert, bleibt darunter.

Wir fanden die gleichen Zahlen wie B. bei Knaben 76%, bei M~id- chert 500/o. Also auch bei diesem Test das ~dberwiegen der Knaben, der grSBere Wortschatz entschieden auf ihrer Seite, obwohl man naeh den Erfahrungen an Erwaehsenen eigentlieh das Gegenteil vermuten sollte. Die Zahl der iiberhaupt genannten Worte schwankte bei den Knaben yon 40--91, bei den M~dchen ebenfalls von 40--106, eine Ausnahme, welche lediglich die Regel bestEtigt. Den Leistungen von 91 resp. 106 produzierten Worten entsprach auch sonst eine durehaus gute I. Lei- stung.

Dieser Versueh, m a t er auch fiir die I. wenig genug besagen - - nut wenn systematisch vorgegangen wird, hat er Wert -- , hatte fiir mieh und aueh fiir jeden andereh Neurologen, m a g e r zur Wiener Sehule stehen wie er will, unstreitig den grSBten Wert. Was kam bei diesem Test nicht alles zutage: Erinnerungen an wehl schon 1Engst verschwun- dene Erlebnisse und Ereignisse, an Reisen, die schon liingere Zeit zu- riicklagen, an GegenstEnde, die die V.P. einmal in ihrem Leben be- sessen hatten usw. usw. 1) Dieser Versuch verdiente meiner Beobach- tung naeh ein ganz besonderes Studium.

Ich will hier nur an das Verfahren yon F r e u d , Wien, und seiner Schiller bei der Psyehotherapie erinnern: Sie lassen den Patienten eine Reihe von Worten, wie sie ihnen grade dureh den Kopf gehen, nennen und ziehen daraus ihre Schliisse.

F i i r 12j~ihrige K i n d e r : 1--3 schon besprochen.

1) Eine Zusammenstellung der interessantesten Dinge, die bei diesom Test zutage kamen, ist im Zentralbl. f. Psyehanalyse III. Jahrg., Heft 4/5, Wiesbaden 1913 erschienen.

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4. Naehspreehen yon S~tzen mit 26 Silben fanden wir auch zu leicht

fiir 12 Jahre alte, da unsere 9i~hrigen fast alle diesen Test schon erfiillt

haben.

5. I n einer Minute mindes tens drei Reime l inden. Erfolgt auf diese Frage noch niehts, so maeh t ma n es den V. P. vor

an einigen Beispielen, also Hand , Land, T a n d usw. Unsere Zahlen s t immen mi t denen B.s iiberein, A.St. 11 34%, A.St.

12 50%. W e n n ein K i n d ruhig Worte nenn t , die sich n i c h t reimen, so kSnn te

m a n daraus j a eigentl ieh einen SchluB auf seine I. ziehen, obwohl es bei

uns des 0fteren vorkam, dal~ Kinde r bei diesem Test einfach versagten,

welehe die i ibrigen recht gut bes t anden h a t t e n ; wir mSehten daraus

sehlieBen, dab dieser Test doch wohl zu schwer sein diirfte.

6. Erg~nzung von Liicken in e inem Text .

Dem K i n d wird eine Geschichte vorgelesen und es vorher darauf auf- merksam gemacht, dab es da, wo der Vortragende eine Pause macht ,

das Wor t einzusetzen h~tte. Der Text l au te t : Als meine Eltern vorigen Monat verreist waren, wurde mein Bruder pldtzlich

sehr krank. Ich schickte daher sofort zum - - - - - - und lieB ihn sorgf~ltig pflegen. Nach zwei Tagen kamen die Eltern zuriick. Als sie yon der Erkrankung meines Bruders hSrten, waren sie sehr - - - - - - ; als sic aber sahen, daI~ ieh fiir seine Pflege gesorgt hatte, haben sie sich bald wiedcr - - - - - - und haben mieh deswegen - - - - - - . Es stellte sieh iibrigens heraus, dal] mein Bruder kurz vorher eine Menge unreifes Obst gegessen hatte. Damit hatte er sich natiirlich - - - - - - Die Eltern sagten daher zu ibm: Sei in Zukunft nicht so - - - - - - . Ich hoffe, er wird den Eltern - - - -

B. weieht hier yon Binet vollst~ndig ab. Dieser fordert n~nl ich n u r die Bean twor tung zweier Fragen, ein sog. Probleme de fairs divers, wie

er es nenn t . Sie l au ten : 1. Une personne, qui se promenait dans le for6t de Fontainebleau s'est arr6t6e

tout/~ coup tr~s effray~e et courue ehez le eommissionaire de police le plus voisin pour l'avertir quelle venait de voir s une branehe d'arbre un . . . . Un quoi?

2. Mon voisin vient de recevoir de singuliers visites. I1 a recu tour s tour un m6diein, un notaire, un pr6tre. Que se passe-t-il done chez mon voisin ?

B. gibt keinen Grund fiir sein Verhal ten an. Meine Zahlen sind besser wie die B.s, W~hrend er f f r diese A.St. nu r 41% hat , babe ich 80% ge-

funden. Man mul~ sich allerdings in acht nehmen, dab ma n n ich t durch

unbewu~tes Heben oder Senken der S t imme die richtige LSsung in das

K i n d hineinsuggeriert , was uns wohl n icht immer gelungen ist. B i n e t 1) ha t n u n folgende Tests, die schon wie aus dem Vorher-

gehenden einleuchtet , sicher als zu leicht resp. als zu schwer erschienen,

weggelassen resp. auf eine andere A. St. verschoben bzw. ganz neue Tests

eingefiihrt. Ganz weggelassen sind:

1) B ine t , Nouvelles recherches sur la mesure du niveau inteUeetuelle chez les enfants d'ecole. Ann6e psychologique I~'. 1911.

Page 21: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern). 43

A.St . 6: Angabe des Alters , Nachsprechen yon 16 Silben. A.St . 7: Zahl der F inger , K e n n t n i s yon 5 Miinzen, das Abschre iben

von geschr iebenen Wor t en . A.St . 8: Das Dik ta t schre iben , die Zei tungsnot iz . A.St . 9: Zei tungsnot iz , Aufz~hlen der Wochentage . I n der fo lgenden Tabel le l inden sich d ie jenigen Tests, die versehoben

worden sind zugleich mi t den ~ n d e r u n g e n von B o b e r t a g l ) .

Test Binet Binet Bobertag 1908 1911

Rechts - - links . . . . . . . . . . . . 6 7 7 3 Auitriige . . . . . . . . . . . . . . . 6 7 6 13 Pf. abzi~hlen . . . . . . . . . . . . 7 6 6 Rhombus abzeichnen . . . . . . . . . . 7 6 7 Liicken erkennen . . . . . . . . . . . . 7 8 7 5 Zahlen wiederholen . . . . . . . . . . 7 8 7 9 Pf. zusammenziihlen . . . . . . . . . 8 7 7 Farben bennenen . . . . . . . . . . . . 8 7 8 Datum . . . . . . . . . . . . . . . . 9 8 9 Alle Miinzen . . . . . . . . . . . . . . 10 9 10 Monate aufz~hlen . . . . . . . . . . . . 10 9 10? Leichte InteUigenzfragen . . . . . . . . 10 9 8 5 Gewichte ordnen . . . . . . . . . . . 9 10 10 Absurde S~tze . . . . . . . . . . . . . 11 10 11

Dazu habe ich folgendes zu bemerken : Nach meinen Er fah rungen an

150 Kindern , welehe j a n ich t an die von B i n e t und B o b e r t a g un te r - suchte Anzah l von K i n d e r n heranre ichen, aber meines E rach t ens nach doeh in gewisser Weise zur L6sung des P rob lems be i t ragen, s t imme ich den beiden Au to ren bis auf einige P u n k t e u n b e d i n g t zu. Zuers t d ie Tests , d ie nach B i n e t de r A.St . 6, 7 und 9 (naeh den Fes t s t e l lungen von 1911) zuer te i l t werden miissen, es s ind dies das Abzeichnen eines Rhombus , die Benennung von F a r b e n und die le ichten Inte l l igenzfragen. Diese Tests s t immen mi t den Er fah rungen B i n e t s i iberein, n ich t mi t denen B o b e r - t a g s .

F e r n e r miii3te die Angabe des Da tums , das Aufz~hlen der Wochen- t age und der Mona te meines E rach tens nach auf die A.St . 7 gesetz t wer- den, da diese dre i Dinge - - welche m a n doch als ein Ganzes auffassen mul~ - - bei uns schon auf der un te r s t en Stufe des Schu lun te r r i ch t s ge- l ehr t wird.

Die K e n n t n i s s~mtl~cher Miinzen miifl te fiir unsere Bev61kerung wenig- s tens ebenfal ls auf die )~.St. 7 gesetz t werden; die Gri inde daf i i r s ind schon bei dem bet ref fenden Tes t angef i ihr t .

Aber es b le iben t ro tz der Ube re in s t immu ng mi t B i n e t -B o b e r t a g doch noch v i e r Tests - - wobei ich das Wiedergeben der Zei tungsnot iz und das Bi lden eines Satzes aus drei W o r t e n wegen der viel le icht e twas

a) B S b e r t a g , Zeitschr. f. angew. Psychol. 5 (2). 1911.

Page 22: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

44 E. Simon: (~ber Intelligenzprllfungen (nach der Methods yon Binet

leichteren Anordnung des Versuchs weglasse - - iibrig, in denen unsere BevSlkerung entschieden vor der Breslauer v o r a u s ist. Es sind dies:

Test B i n e t 1911 B l o c h u n d B o b e r t a g

Riickw~irts z~hlen . . . . . . A. St. 7: 46% A. St. 8: 85% 100%

Kaufmann spielen . . . . . . A. St. 8: 61~o 100% A. St. 9: 74%

Schwere Verstandesfragen . . - - A. St. 9: 33~o A. St. 10: 42% 75% A. St. 11: 64% 75%

Abstrakte Dinge . . . . . . . A. St. 10: 31% 50% A. St. l l : 56% 84%

Dann hat B i n e t eine Umstellung von folgenden Tests vorgenommenZ) : Die Tests fiir l lj~hrige, mit Ausnahme der absurden Fragen sind fiir 12jahrige angesetzt, die der 12jahrigen fiir 15jahrige.

Es sind ferner zwei neue Tests aufgenommen worden: fiir 12j~hrige das Kopieren von Zeiehnungen aus dem Ged~chtnis und fiir 10j~hrige der Widerstand gegen die ,,Liniensuggestion": es werden mehrmals hin- tereinander je 2 nebeneinander gezeichnete Linien vorgezeigt, von denen erst die linke immer kiirzer ist als die reehte, aber immer weniger, bis beide schliel31ich ganz gleich sind: diese sollen dann als gleich erkannt werden.

SchlieBlich hat B i n e t noeh die Berechnung des I .A. bequemer und gleichm~Biger gemaeht, indem fiir jede A. St. die gleiehe Anzahl yon Tests, namlich 5, angenommen wird, und als Ausgangspunkt die Stufe ange- nommen wird, auf der alle 5 Tests gelSst werden, also die eine gestat tete Ausnahme soll fortfallen. Bei der Umreehnung unserer V. P. naeh der neuen Methode ergibt sich dann (die Versehiebung mul3 natiirlieh das I.A. der V.P, etwas zuriickdriicken) in Prozenten ausgedriickt:

Retard~s . . . . . . . . . . . 4% Avanc6s . . . . . . . . . . . 15% R6guliers . . . . . . . . . . . 81%

also weicht die Zahl fiir die normalen Kinder nicht viel v o n d e r vorher gefundenen ab.

Auffallend ist und bleibt das Zuriickstehen der M ~ d c h e n gegen die Knaben; ich stelle am Sehlusse der Ergebnisse der Intelligenzpriifungea an Normalen die Zahlen zugleieh mit den Altersstufen noch einmal zu- sammen :

Test A. St. Prozentzahlen Knaben M~dchen

3 Gewichte . . . . . . . . . . . . 7 73~o 33~o 4 Gewichte . . . . . . . . . . . . 7 38% 11% Vergleichen . . . . . . . . . . . . 7 60% 50%

1) Vgl. F. Chotzen, Die Intelligenzpriifungsmethode von Binet-Simon bei schwaehsinnigen Kindern. Zeitsehr. f. angew. Psychol. 6, Heft 5/6.

Page 23: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfssehulkindern). 45

Test A. St.

Erinnerungen . . . . . . . . . . . . 8 5 Gewichte . . . . . . . . . . . . 8 Leiehte V . . . . . . . . . . . . . . 8 Vergleichen . . . . . . . . . . . . 8 5 Gewichte . . . . . . . . . . . . 9 Leichte V . . . . . . . . . . . . . . 9 Bilden eines Satzes . . . . . . . . . 9 5 Gewichte . . . . . . . . . . . . 10 Bilden eines Satzes . . . . . . . . . 10 5 Gewichte . . . . . . . . . . . . l I Ordnen yon Worten . . . . . . . . 11 60 Worte . . . . . . . . . . . . . 11 Absurdit~ten . . . . . . . . . . . . 11

Prozentzahlen Knaben Mi~dchen 8o% 28% 56% 0% 81% 55% 80% 55% 66% 29% 90% 76% 70% 38% 70% 4~% 82% 40% 77% 42% 70% 33% 76% 50% 77% 40%

Eine be s t immte Ordnung odor Stufenle i ter oder bes t immtes Verhii l t- nis 1EBt sieh aus dieser Tabel le na t i i r l ieh n ich t e rkennen : dazu s ind die Zahlen bei 150 V. P. zu goring.

I I .

Von Oktober bis Weihnach ten 1912 habe ich 71 K inde r der Hilfsschule der S t a d t K a t t o w i t z nach der Methode B i ne t - S i m o n durchgepr i i f t . Die Untersuchungsergebnisse kSnnen und sollen ebenfalls nur Mate r ia l zur Kl i i rung dieses Prob lems geben: aber es haben sich doeh schon einige fes ts tehende Ta t sachen herausgeste l l t , welche fiir d ie Brauehba rke i t des angewand ten Sys tems sprechenl ) .

Zun~ichst waren die K inde r nach Klassen ver te i l t wie fo lg t :

Klasse Knaben M~dchen I 7 6

I I 7 5 I I I 6 6 IV 6 7 V 15 6

41 30

Das Zahlenverh~iltnis der 6 M~idchen zu 15 K n a b e n yon Klasse V kSnnte etwas auffgllig erseheinen: aber sie en t sp r ich t dem Verhgl tnisse yon K n a b e n zu Mgdchen i i b e r h a u p t yon Klasse V: diese be t rgg t 20 K n a b e n und 8 Mgdchen.

Die folgende Tabel le zeigt die K i n d e r nach dem L e b e n s a l t e r ge- ordnet .

1) Siehe auch Bloch und L i p p a , Uber Intelligenzpriifungen nach der Me- thode yon Binet und Simon an 71 Hilfssehulkindern der Stadt Kattowitz. Die Arbeit wird demni~ehst in der Zeitsehr. f. angew. Psychol. 5 erseheinen.

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46 E. Bloch: Uber Intelligenzpriifungen (nach der Methode yon Binet

Lebensalter in Sahren Anzahl der Kinder

8 6 8,5 8 9 4 9,5 6

10 3 10,5 5 11 8 11,5 3 12 9 12,5 4 13 3 13,5 1 14 2 14,5 7 15 2

71 Unser Material setzte sich vorwiegend aus Grubenarbeiter-, Gelegen-

heitsarbeiter- und Hfittenarbeiterkindern zusammen. Zu den folgenden Angaben fiber persSnliche Verh~ltnisse unserer

V. P. ist zu bemerken, dab die Anamnese yon dem Lehrpersonal der Hi]fs- schule aufgenommen wordea ist, infolgedessen besonders bei der Benen- hung yon Krankheiten mit medizinischen :Fachausdrfieken mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen ist. Gleichwohl bieten die folgenden An- gaben, die ich den Personalbogen entnommen habe, ein gutes Bild.

Heredit~re Belastung war bei 26 Kindern festzustellen, also bei 36,5% also bei fiber einem Drittel; yon diesen waren yon den beiderseitigen Eltern her 4 belaste~, und zwar: Bei einem Knaben sol[ der Vater (~-) geisteskrank gewesen und die Mutter sehwaehsinnig sein, bei einem anderen hatten die Eltern beide schwer gelernt, bei dem dritten war der Grol]vater ein Trinker und der Vater schwaehsi~nig, und endlich bei dem letzten M~dchen sollen beide Eltern an ,,Hysterie" leiden. Die Mutter dieses Kindes soll auch bei der Geburt des Kindes eklamptische Anf~lle geh~bt haben.

Bei 2 Kindern sollen die Gesehwister geisteskrank sein. Bei den fibrigen lag bei 4 Sehwaehsinn yon seiten des Vaters, bei

5 Sehwaehsinn yon seiten der Mutter vor; bei 8 Potus des Vaters, bei einem yon seiten der Mutter, ein Vater sell gestottert haben, ein anderer endete dutch Selbstmord.

Sehwere Geburten sell bei 4, Frfihgeburt bei einem vorgelegen haben ; yon 8 Kindern besuehten die Gesehwister ebenfalls die Hilfssehule, dar- unter yon zweien je 2 Brfider, yon 5 sollen die Gesehwister ebenfalls ,,sehleeht" gelernt haben, yon einem Kinde die Kusine mfitterlieherseits.

3 Kinder waren unehelieh, bei 11 Kindern werden die Verh~ltnisse zu Hause als besonders sehlechte bezeichnet.

Kopftrauma wird bei 9 angeschuldigt, davon 4 F~lle mit l~nger

Page 25: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 47

dauernder Bewu~tlosigkeit; Meningitis sollen 4 gehabt haben, darunter bei einem auch die Geschwister. Bei 6 wird ausdrfieklich angegeben, dab sie epileptisehe Kr~mpfe in frfihester Jugend batten, eins soll noch an Epilepsie leiden.

Bei 2 Kindern wird frfiheres Bettn~ssen angegeben, bei 2 anderen soll es jetzt noch bestehen.

Mittelohrentzfindung sollen 3 gehabt haben, 3 sollen infolge yon Masern und Seharlaeh noeh heute aD Kopfsehmerzen leiden. Strabismus liegt bei 5 vor, adenoide Vegetationen bei 7, ein Kind hat Hutchinson- sche Z~hne, eins ist schwerhSrig und eins ist linksh~ndig.

Die Zahl der Fglle, wo Rachitis vorlag resp. noeh vorliegt, betr~gt 37% und zwar verteilen sich dieselben wie folgt:

Sp~t laufen gelernt haben 14 Kinder Sp~t sprechen gelernt haben 23 Kinder Sp~t Z~hne bekommen haben 3 Kinder Rachitisehe Kopfbildung 1 Kind.

Sprachst6rungen (Lispeln, Stammeln, Stottern) lagen bei 15 Kindern vor.

Als skrophulSs werden 3 Kinder, als schw~chlich 6 angegeben; 3 hat- ten einen Leistenbrueh, ein Kind war schwachsichtig, eins ,,hysteriseh" bei einem wird ein schwerer Scharlaeh vermerkt mit Taubstummheit und Blindheit fiber ein Jahr andauernd. Ein Kind soll eine sehwere Lungen- entzfindung durchgemacht haben, 2 hatten eine Kyphoskoliose, eins einen einseitigen Klumpfu[~.

5 hatten Ungeziefer bei der Aufnahme in die Hilfsschule, ein Kind soll naeh von Zeit zu Zeit an Ungeziefer leiden.

Bei 43 Kindern land sich in den Personalbogen Notizen fiber ihr jetziges geistiges Verhalten. Es waren bezeichnet als:

Traurig, still . . . . . . . . . . . . . 9 Miide, matt . . . . . . . . . . . . . 3 Neigung zum Liigen . . . . . . . . . 4 (2 Knaben, 2 M~idchen) Neigung zum Bummeln . . . . . . . . 3 (1 Knabe, 2 M~ktchen) Schlechtes sittliches Verhalten . . . . . 4 M~dchen Widersetzlich . . . . . . . . . . . . . 2 Miidchen Boshaft . . . . . . . . . . . . . . . 2 Madchen Neigung zur Grausamkeit . . . . . . . 1 Knabe Konflikt mit dem Strdfgesetz . . . . . 1 Knabe Musikalisches Geh5r . . . . . . . . . 1 M~dchen

Bei den 15 Kindern land sich nur die kurze Notiz ,,gutmfitig und willig".

Aus diesen Bemerkungen fiber den Geisteszustand kSnnte man, be- sonders bei den M~dchen, eine ganz gute Prognose fiber den ferneren Lebensweg stellen. Besonders fiber die M~dchen vgl. die jfingst erschie- nene Arbeit von S i che l ,,Der Geisteszustand der Prostituierten" (Zeit- schrift ffir Neurologie und Psychiatrie Band XIV, Heft 4/5 1913).

Page 26: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

48 E. Bloch: Uber Intelligenzprtlfangen (nach der Methode yon Binet

So vie l f iber das Ma te r i a l unse r e r U n t e r s u c h u n g e n .

Das I .A . de r N o r m a l e n l~Bt sich n u n v ie l l e i ch t e r b e r e c h n e n als das

I .A . de r S c h w a e h s i n n i g e n u n d z w a r aus f o l g e n d e m G r u n d e :

W i e oben a u s e i n a n d e r g e s e t z t , w i r d s ich das I .A . de r N o r m a l e n s ich

auf hSchs t ens d r e i J a h r g s ver te f len . S t e r n 1) b e z e i c h n e t d iese

V e r t e i l u n g v o n P lus u n d Minus als , , S t r e u u n g s b r e i t e " u n d , ,S taf fe l -

s t r e u u n g " .

Diese S t a f f e l s t r e u u n g i s t n u n bei den S c h w a c h b e f s u m 2 bis

3 J a h r g s grSl ter als bei den N o r m a l e n . D ie fo lgende T a b e l l e sol l

dies deu t l i ch m a c h e n .

Test

3 Jahre: Mund usw. zeigen . . . . . . . . . . . 6 Silben nachspreehen . . . . . . . . . 2 Zahlen Angabe des Familiennamens . . . . . .

4 J a h r e :

Gegenst~nde benennen . . . . . . . . . 3 Zahlen naehspreehen . . . . . . . . . Angabe des Gesehleehts . . . . . . . .

5 Jahre: Kiirze und Lt~nge einer Linie angeben . . 10 Silben nachspreehen . . . . . . . . 4 Pf. abzt~hlen . . . . . . . . . . . . . Abzeiehnen eines Quadr~ts . . . . . . . Geduldspiel . . . . . . . . . . . . . . 2 Gewichte . . . . . . . . . . . . . .

6 Jahre: 3 Auftr~ge ausftihren . . . . . . . . . Angabe des Alters . . . . . . . . . . . 16 Silben nachsprechen . . . . . . . . Vor- und Nachmittag unterscheiden . . . Asthetisehe Begriffe . . . . . . . . . . Zweckangabe . . . . . . . . . . . . .

Reehts und Links unterseheiden . . . . .

7 Jahre: Bflder (Aufz~hlung) . . . . . . . . . . 5 Zahlen naehspreohen . . . . . . . . . Zusammenz~Men yon 13 Pf . . . . . . . Rhombus abzeichnen . . . . . . . . . . Zahl der Finger . . . . . . . . . . . . Absehreiben . . . . . . . . . . . . . . Miinzenkenntnis bis 1 Mk . . . . . . . . Liicken . . . . . . . . . . . . . . . .

Lebensalter 14 Jahre 9 Jahre 8 Jahre

§ § + + + + + + + + + +

+ + + - - § - -

+ + §

+ + + - - - - §

§ - - _ _

- - + +

- - + +

+ + +

+ - - + + § §

- - _ _ §

- - + +

- - + +

+ - - +

+ + +

- - - - §

- - - - §

- - - - §

I .A . 5- -6 I .A . 5- -6 I .A . 6- -7

1) S t e r n , Die psychologisehen Methoden der Intelligenzpriifung und deren Anwendung an Schulkindern. Leipzig 1912.

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 49

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, effordert die Priifung Schwach- sinniger, bei welchen die LSsung der einzelnen Tests an und fiir sich schon l~nger dauert, l~ngere Zeit als die Priifung Normaler; die Zeit, die wir mit jeder einzelnen V.P. zugebracht haben, erforderte durchschnittlich 40 Minuten.

Man ersieht aber aus dieser Tabelle noch mehr. Es macht n~mlich sehr oft Schwierigkeit, das gefundene I.A. richtig abzustufen; wit haben uns daher h~ufig damit geholfen, dab wir sagten, das Kind hat das I.A. 61/2, um die Differenz zwischen I.A. und L.A. nicht zu grog werden zu lassen. In den folgenden Betrachtungen ist das halbe Jahr jedoch weg- gelassen, um die erhaltenen Resultate nicht zu sehr zu komplzieren.

Wit haben nun bei unsern 71 V.P. genau dasselbe festgestellt wie C h o t z e n i ) .

Es i s t e ine g u t e M e t h o d e , l e i c h t u n d s c h n e l l f e s t z u s t e l l e n , ob e in K i n d s c h w a c h s i n n i g i s t o d e r n i c h t . M a n k a n n a b e r z u - g l e i c h d e n G r a d des S c h w a c h s i n n s o h n e Miihe u n d o h n e d a b da s K i n d s o n d e r l i c h e r m i i d e t , f e s t l e g e n .

Was y o n a n d e r e r Se i te s c h o n l ~ n g s t f e s t s t e h t , was m i t H i l f e de r B.S.schen M e t h o d e im G e g e n s a t z zu a n d e r e n in v e r - h ~ l t n i s m ~ i ~ i g k u r z e r Ze i t zu e r m i t t e l n i s t , i s t f o l g e n d e s :

Die g e i s t i g e E n t w i c k l u n g b e i m S c h w a c h s i n n f o l g t im g r o B e n g a n z e n de r des n o r m a l e n K i n d e s , n u r i s t sie e i n m a l s t a r k v e r z S g e r t , d u r c h s c h n i t t l i c h u m 2 his 4 J a h r e , z u m a n d e r n b l e i b t sie v ie l f r i i h e r s t e h e n .

Als Beweis diene die folgende Zusammenstellung der Resultate. Die erste Reihe zeigt das Jahr an, in welchem die Tests nach B i n e t -

S i m o n 1908 verlangt werden, die zweite Reihe zeigt den Eintritt der richtigen LSsungen an, unabh~ngig yon der Prozentzahl, endlich die dritte Reihe gibt das Jahr an, in welchem 50% und dariiber richtige LSsungen der Tests zustande kamen.

Die Tests steigen yon leichteren zu schwereren auf. Die zusammen- gehSrigen wie Bilder, Nachsprechen yon Zahlen usw, sind auch zusammen aufgefiihrt.

Test Normale Eintritt 50 Prozent u. dariiber

Mund, Nase usw. zeigen . . . . . . . . . 3 J. 8 J. 8 J. Familiennamen angeben . . . . . . . . . 3 8 8 Gegenst~nde benennen . . . . . . . . . . 3 8 8 Geschlecht angeben . . . . . . . . . . . 4 8 8 Abzeichnen eines Quadrats . . . . . . . . 5 8 8 L~nge zweier Linien angeben . . . . . . . 5 8 8 Geduldspiel . . . . . . . . . . . . . . . 5 8,5 12 Rechts und Links unterscheiden . . . . . 6 9 10

1) Chotzen, Die Intelligenzpriifungsmethode yon Binet-Simon bei schwach- sinnigen Kindern. Zeitschr. f. angew. Psychol. 6, Heft 5/6. 1912.

Z. f. d. g. Neur. u. Psych. O. XVII. 4

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5 0 E. Bloch: lJber Inte l l igenzprt i fungen (nach der Methode von Binet

Test Normale Eintritt 50 Prozent u. dar i iber

Begriffe und Oberbegriffe . . . . . . . . 6 8 11 Vor- und Naehmi t t ag un te rsche iden . . . . 6 8 11 J~_sthetische Begriffe . . . . . . . . . . . 6 8 8 3 Auftr/~ge ausffihren . . . . . . . . . . 6 8 8 Angabe des Alters . . . . . . . . . . . . 6 8 9 Abzeichnen eines R h o m b u s . . . . . . . . 7 8 8 Zahl der Finger angeben . . . . . . . . . 7 8 8 Lficken in Zeiehnungen e rkennen . . . . . 7 8,5 8,5 3 Zahlen naehspreehen . . . . . . . . . . 4 8 8,5 4 . . . . . . . . . . . . . . 5 8 12 5 . . . . . . . . . . . . . . 7 8 - - 6 . . . . . . . . . . . . . . 8 1 2 , 5 - -

16 Silben naehsprechen . . . . . . . . . . 6 8 8 22 - - 8 12 B i l d e r ' a u f z ~ h l e n ' : . . : : : : : : : : : : 3 8 8

,, beschreiben . . . . . . . . . . . . 7 8 8 ,, r ichtig erkl/~ren . . . . . . . . . . 12 9,5 12

2 Gewichte o rdnen . . . . . . . . . . . 5 8 8 3 . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 12 4 . . . . . . . . . . . . . . . ? 1 0 - -

5 . . . . . . . . . . . 9 1 1 - -

4 Pf ."abzahlen ' . . . . . . . . . . . . . 5 8 8 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 8,5 8,5

9 ,, zusammenzi~hlen . . . . . . . . . . 8 9 13 Miinzenkenntnis bis 1 Mk . . . . . . . . . 7 9,5 11

fiber 1 Mk . . . . . . . . 10 9,5 12 Herausgeben auf ein grbBeres Geldstiick (Kauf-

m a n n spielen) . . . . . . . . . . . . 9 12 - - Absehre iben eines Satzes . . . . . . . . . 7 8,5 8,5 D ik ta t schreiben . . . . . . . . . . . . . 8 8,5 - - Fa rbenkenn tn i s . . . . . . . . . . . . . 8 8 9 Vergleiehen zweier Gegenst/~nde aus dem Ge-

d/ieht~fis . . . . . . . . . . . . . . . 8 10 14 Von 20 an rfickw/~rts z/~hlen . . . . . . . 8 9,5 12 2 Er inne rungen (kleine Gesehiehten) . . . . 8 9,5 11 Ober 2 Er inne rungen . . . . . . . . . . 10 l0 l l Aufz/ihlen der Wochen tage . . . . . . . . 9 11 12

. . . . Monate . . . . . . . . . . l 0 12 14 Angabe des Tagesda tums . . . . . . . . . 9 12 15 Leichte Vers tandesf ragen . . . . . . . . . 10 12 13 Sehwere , , �9 . . . . . . . . 10 12,5 14 In 3 Minuten 60 Wor te nennen . . . . . . 11 14 - -

D a i n d e r H i l f s s c h u l e n u r K i n d e r v o m 8. L . A . a n w a r e n , so s i n d i n d e r

f o l g e n d e n B e t r a c h t u n g d i e j e n i g e n T e s t s , d e r e n L 6 s u n g y o n N o r m a l e n

v o r d e m 8. L e b e n s j a h r f M l t u n d d i e y o n u n s e r n V . P . m i t 8 J a h r e n b e -

r e i t s g e l 6 s t w u r d e n , f o r t g e l a s s e n .

V o n Z a h l e n w u r d e n 5 u n d 6 Z a h l e n n a e h s p r e e h e n , w a s v o n N o r m a l e n

m i t 7 u n d 8 J a h r e n v e r l a n g t w i r d , n u r y o n 6 % b z w . 3 % u n s e r e r V . P .

g e l e i s t e t .

Page 29: Über intelligenzprüfungen (nach der methode von binet und simon) an normalen volksschulkindern und hilfsschulkindern

und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 51

Ein vorziigliches Priifungsmittel ffir Schwachsinn stellen die Tests mit den verschiedenen Geldmiinzen dar.

Das Abzghlen von 13 Pf., was normalerweise schon mit spgtestens 7 Jahren geschieht, bringen Schwachsinnige erst mit 8,5 Jahren zur Hglfte fertig; das Zusammenzghlen yon 9 Pf., was durchschnittlich auf der- selben A.St. wie das Zusammenziihlen geleistet wird, kam iiberhaupt erst mit dem L.A. 9; fiber 50% konnten es erst mit 13 Jahren.

Miinzenkenntnis bis 1 Mk. (normal 7 Jahre) kam erst mit 9,5; die richtige L6sung war erst mit 11 Jahren zu verzeichnen. Kenntnis yon Geldstiieken fiber eine Mark, wofiir B i n e t 1908 die A.St. 9 ansetzt (nach unseren Erfahrungen were fiir beide die A.St. 7 anzusetzen, s.o.) kam ebenfalls mit 9,5 J., wurde aber zu 50% erst gel6st mit 12,5 J.

Am deutliehsten aber zeigt sieh der kindliche Schwaehsinn beim Herausgeben auf eine gr6Bere Geldsumme, beim Kaufmannspiel. Es kamen zwar die ersten L6sungen ebenfalls, wie bei den Normalen, schon mit 9 J., es haben jedoch nur knapp 13% die Aufgabe riehtig begriffen: die meisten gaben entweder zuviel oder zu wenig wieder, manche auch das ganze Geldstiick.

D ie se s V e r h a l t e n des K i n d e s m i t Ge ld i s t d e s w e g e n b e s o n - de r s w i c h t i g , wei l d a r a n y o n d e n A n v e r w a n d t e n , y o n d e n e n das K i n d s c h o n s e h r f r f i h z e i t i g z u m E i n k a u f e n g e s c h i e k t w i rd , a m f r i i h e s t e n de r e v e n t u e l l e S c h w a c h s i n n des K i n d e s e b e n f a l l s e r k a n n t wird .

Ein ausgezeichneter Test ist das Verhalten mit den Gewichten.

2 Gewichte ordnen 40% 3 . . . . 25% 4 . . . . 11% 5 . . . . 7%

Die grol~e Anzahl der Kinder stellte die Kgstchen vollstgndig wahl- los hin, baute sie iibereinander auf oder verteilte sie auf zwei Reihen usw. Eine ganz geringe Anzahl spielte mit den Kgstchen. Ich mSchte mich der Ansicht B o b e r t a g s anschlieBen, welcher sagt (Zeitsehrift fiir angewandte Psychologie 5, Heft 2, S. 179), dab ein Kind auf der A.St. 8 oder 9, das die 5 Gewiehte richtig nach der Schwere geordnet hinstellen kann, unter allen Umstgnden n i c h t schwa~hsinnig ist. Bet unseren V.P. wurde es mit l l Jahren richtig gemacht.

M. E. nach besteht der Test ,,Ordnen von 3, 4 usw. Gewiehten" eigent- lieh aus zwei ganz verschiedenen Tests. Es war mir schon bei den Nor- malen in gewisser Weise aufgefallen, noch mehr bestgrkt wurde ich bei der Priifung Schwaehsinniger. Es wurden die Gewichte ngmlieh nieht immer der Schwere nach hingestellt, sondern so, dab man erst den Ein- druek hatte, als wiire das Kind mit der Aufgabe nieht fertig geworden:

4*

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52 E. Bloch: ~ber lntelligenzprtifungen (nach der Methode yon Binet

aber auf die Frage : was ist nun das schwerste, das leichteste, das weniger schwere usw. wurden die Gewiehte ganz richtig bezeiehnet. Erst als der V.P. noch einmal gesagt wurde, sie solle sie nun einmal r i c h t i g hin- stellen, geschah es. Die beiden Tests wi~ren einmal die Gewiehte naeh ihrer Schwere richtig auseinanderzuhalten und zweitens sie ihrer Schwere naeh zu o r d n e n .

Das NacherzKhlen einer gelesenen oder erz~hlten Geschichte hat B i n e t in seiner letzten VerSffentlichung yon 1911 w e g g e l a s s e n , nach C h o t z e n (1. c.) und meiner Meinung nach mit Unrecht; bei der Priifung Sehwachsinniger mSchte ich sie nicht missen. Denn abgesehen davon, dab sie eine treffliehe Probe fiir das Gedi~chtnis darstellt, kommt es doeh vorwiegend darauf an, ob das Wesentliche, also der Brand des Baumes (oder in unserer Gesehiehte das Fallenlassen der Flasehe) erfaBt war: yon unseren sehwaehsinnigen V.P. war das nur bei 5 4 o der Fall. Die kleine Gesehichte, die wir den Kindern ohne Ausnahme v o r t r u g e n, war folgende:

Der kleine Paul hatte von seiner Mutter einen neuen Anzug bekom- men; eines Tages wurde er ausgeschiekt, um Essig zu holen, da fiel er hin und zerbraeh die Flasche und beschmutzte seinen neuen Anzug; da g i n g e r naeh tIause zur Mutter und weinte sehr.

Ein paarmal haben wir versucht, die Geschiehte yon dem Weih- naehtsbaum zu erz~hlen: der F~rfolg war negativ, keine einzige V.P. hat gewul~t, worauf es ankam, obwohl die Gesehichte nicht viel 1Knger gefaBt wurde als die vom kleinen Paul: es mug also doch wohl an dem etwas komplizierteren Inhalt liegen, dal~ die Gesehiehte nicht aufgefailt wurde; Bin 13j~hriger Knabe, dem die B.sche Geschichte ebenfalls ange- geben wurde, erz~hlte eine wilde R~ubergeschichte wieder, die mit der aufgegebenen in keinem Zusammenhange stand.

Eine bedeutende VerspKtung zeigte das Unterscheiden von links und rechts: was yon der A.St. 6 verlangt wird, kam erst mit 9 Jahren und wurde gelSst mit 10.

Ein sehr guter Test bei schwachsinnigen Kindern ist das Angeben yon Zweck- und Oberbegriffen. Obwohl einzelne die Aufgabe schon mit 8 Jahren 15sten, war das 11. Jahr doch erst diejenige Stufe, wo 50% der Kinder die Frage richtig beantworteten. Siehe im iibrigen die Bemerkung zu diesem Test bei den Normalen auf A.St. 7.

Das Abschreiben des Satzes wurde sehon mit 8,5 Jahren gelSst, da- gegen war das fehlerlose Nachschreiben naeh Diktat sehr zuriiek: es wurden zwar ebenfalls mit 8,5 Jahren vereinzelte richtige LSsungen ge- bracht, es haben aber nur 18~ unserer V.P. die Aufgabe riehtig zustande gebraeht. Meist handelte es sich bei den fehlerhaften LSsungen um das Auslassen einzelner Buehstaben. Es stellt also das Diktatschreiben eben- falls eine vorziigliche Sehwachsinnsprobe dar.

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Die Angabe der Farben und das Erkennen yon Liicken in Zeichnungen war nur unwesentlieh verzfgert.

Das Aufsagen der Wochentage (normal mit 9 Jahren, viel zu sp~t), kam mit 11 Jahren, wurde richtig gelSst mit 12 Jahren, im ganzen konn- ten es jedoch nur 31%o. Noch schlechter war das Aufz~hlen der Monate, was normalerweise ebenfalls mit 9 Jahren verlangt wird; es kam mit 12, wurde einigermaBen richtig gelSst mit 14, abet nur 15% konnten es iiberhaupt. Jn dieselbe Kategorie wiirde fallen yon 20 an riickw~rts z~hlen: was von 8 j~hrigen Normalen verlangt wird, leisteten unsere V.P. erst mit 9,5 bzw. 14 Jahren. Nur 32% lagen geniigende Leistungen vor.

Sehr gut ist auch der Test: Vergleiche~ zweier Gegenst~nde aus dem Ged~chtnis: Was von dem normalen Kinde auf der A.St. 8 gelei~tet wird, leisteten unsere V.P. mit 10 bzw. 14 Jahren: iiberhaupt gekannt wurde der Unterschied zwischen Fliege und Schmetterling, zwischen Knochen und Fleisch usw. nur yon 15% .

Ebensogut ist das Geduldspiel, das Zusammensetzen eines Reeht- eckes aus 2 Dreiecken: Normal mit 5 Jahren, bei unseren Kindern kamen zwar vereinzelte LSsungen schon mit 8,5 Jahren, im ganzen richtig waren die LSsungen auf der A.St. 12, es konnten aber nur 40%0 die Figur riehtig zusammensetzen.

Vor- und Naehmittag konnten nur 45% unterseheiden: jeder jedoeh, der die Tageszeit richtig nannte, blieb die Antwort auf die Fragen: Wo- ran erkennst d u e s denn? s e h u l d i g ; also beruhte die richtige Antwort - - wie wohl bei sKmtlichen Tests mit der Auswahl zwischen 2 Dingen, wenn nieht der Gr u nd der Erkenntnis gewuBt wird - - mehr oder weniger auf einem Zufall.

Ebenfalls zeigten die leichten Verstandesfragen eine VerzSgerung yon 2 und 3 Jahren; gelSst wurden sie yon 450/0 . Von den sehwereren war nur die erste Frage zu brauchen, diese auch erst, nachdem sie ftir das VerstKndnis der Kinder etwas umgemodelt war, der Ausdruck ,,Ver- sehen" konnten die Kinder nicht verstehen.

Es geht aus vorstehendem klar hervor, dab die Schwachsinnigen vor- zugsweise in den ])ingen gegen die Normalen zuriick sind, welehe das t ~ g l i e h e Leben erfordert, n~mlich im Umgehen mit Geld, im Verhalten gegen leicht und sehwer, in der Wiedergabe yon GehSrtem, im Erkennen des Zwecks einer Sache, im unterschiedliehen Vergleichen yon Gegen- stKnden, und endlich in Fragen, welehe den Verkehr mit ihrer Umgebung betreffen.

S t e r n (1. c. S. 3) sagt sehr treffend: ,,Intelligenz ist die allgemeine Fi~higkeit eines Individuums, sein Denken bewuBt auf neue Forderungen einzustellen; sic ist die allgemeine geistige Anpassungsf~higkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens."

Von S t e r n wird aueh die Einfiihrung des sog. I n t e lli g e n z q u o t i e n-

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54 E. Bloch: 0ber Intelligenzprttfungen (nach der Methode vozl Binet

t e n empfohlen, d.i . das Intelligenzalter dividiert, LebensalterIA/QuA, und daraus ergibt sich alsRegel: Je kleiner der Bruch, um so g rSBer tier Schwachsinn.

Die Intelligenzpriifungen ermfiden nach allgemeiner Erfahrung die V.P. gar nicht, im Gegenteil, durch die mannigfaltige Abwechslung der Fragen, Handfertigkeitsproben und Bilder wird das Interesse der nor- malen zweifellos geweckt und rege gehalten. Anders allerdings bei den Schwachsinnigen :

W~hrend ein normales Kind durch ein zu dem Protokollfiihrer halb- laut ge~uBertes Wort, dutch ein Bl~ttern in den Notizen, durch das An- spitzen eines Bleistiftes usw. sehr leicht abgelenkt wird, war solches bei den Schwachsinnigen V.P. entschieden n i c h t der Fall. Ein Tell von diesen war gar nicht bei der Sache, sah gleichgiltig zum Fenster hinaus, muBte immer wieder zur Aufmerksamkeit ermuntert werdcn, viel mehr als bei den Normalen; ein anderer Teil saB stumpf da, antwortete gar nicht und konnte durch kein Zureden zu einem Antworten veranlaBt werden. Ein anderer Teil wiederum faBte die ganze Sache als eine Unter- haltung auf, lachte andauernd, besonders die Mii~lchen vom 12. Jahre ab. Nut einige waren sehr ~ingstlich, und es bedurfte groBer Miihe, sie iiber- haupt zum Sprechen zu bringen.

Eine nachtr~gliche Korrektur, mit allen Zeichen der Verlegenheit, wie bei den Normalen bei Gelegenheit einer falschen Antwort, kam iiberhaupt nicht vor.

l~ber das IA. 9 ist kein Schwachsinniger hinausgekommen. Dies sind meine Resultate, die sich bei der Priifung von 150 Normalen

und 71 Schwachsinnigen ergeben haben: Die Methode yon B i n e t - Si m o n hat ihre Probe auf das Beste bestanden; denn dab sie bei :No r- m ale n und Schwachsinnigen die gleichen Resultate - - mutatis mutandis natiirlich - - liefert, ist der beste Beweis dafiir, dab es eine Methode der Intelligenzpriifung ist, welche s~mtlichen Anforderungen, die man eine Intelligenzpriifung stellen muir, gerecht wird.

Nun zu den p r a k t i s c h e n Konsequenzen, die eine Methode, die schnell anzustellen ist und sofortige Resultate liefert, besitzt.

Voraussetzung ist natiirlich, dal~ diese Intelligenzpriifungen durch die g a n z e Schulzeit des Kindes hindurch gemacht werden, ja es w~re sogar wiinschenswert, wenn diese Priifungen schon 1--2 Jahre v o r dem Schulbeginn unternommen wiirden. Es milBten diese Intelligenzbogen das Kind dutch die ganze Schulzeit hindurch beg]eiten, damit man jeden Augenb]ick, nur mit Hinzuziehung des Intelligenzbogens, imstande ist, festzustellen, ob ein Nachlassen der Leistungen des Kindes zu schieben w~re auf ein Nachlassen des Fleii]es oder der Intelligcnz.

Den Vorteil davon h~tte einmal die S c h u le, zum zweiten das K i n d , und endlich der Arz t .

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und Simon) an normalen Volksschulkindenl und Hilfsschulkindern. 55

Es ist bekannt, wie sehr ein oder zwei schwachbef~higte Kinder den Unterricht der Normalen hemmen kSn~en: wenn nun ein Kind sehon mit der, wenn ich mich so ausdrfieken daft, ,Minusmarke' der InteUigenz in die Sehule eintritt, und sieh seine Intelligenz im ersten Jahre des Schul- besuehs nicht wesentlich hebt, so kSnnte es, wenn seine Sehwachbef~hi- gung feststeht, schon am Ende des e r s t en Schuljahres der ttilfsschule zugewiesen werden, nicht wie jetzt meist, am Ende des zweiten. Das h~tte das Gute, da~ der Lehrer im zweiten Schuljahr ohne den hemmeR- den Einflul] und Ballast der Schwachsinnigen unterrichten kSnnte und dal~ de~ heilvolle Einflul~ der Hilfsschule schon ein ganzes Jahr friiher einsetzen kSnnte a]s jetzt.

Es gibt aber freilieh eine geringe Anzahl, aber die doeh groB genug ist, um den Unter~icht der Normalen genau so gut zu hemmen wie die Schwachsinnigen : Ich meine diejenigen, welehe in ihrer Intelligenz ihren Altersgenossen v ora us sind, die avanc~s nach B i n e t, die unter meinen 150 V.P. doeh immerhin 18~ betrugen. Diese, fiber dem Durehschnitt der Klasse stehenden werden dem Unterricht nicht mit der gehSrigen Aufmerksamkeit folgen, da das Vorgetragene ihnen meist bekannt sein wird, sie neigen dann zu Ungezogenheiten, stSren ihre Kameraden usw., kurz sie sind ffir den Unterricht genau so ein stiirendes Element, wie die Schwachsinnigen. tIoffentlich wird der Vorsehlag, der von hervorragend p~dagogiseher Seite gemacht worden ist, solche Fortgeschritteneren zu Sonderklassen zusammenfassen, bald Ernst.

Der Lehrer h~tte also sehr wenig Miihe, festzusteUen, aus welehen Griinden ein Nachlassen der Leistungen des Kindes erfolgt; sieht er nun, dai~ er erfolgt durch Nachlassen der Intelligenz, da~ das Kind trotz gro- Ben FleiI~es nicht weiter kommt, dann besteht fiir ihn die absolute Not- wendigkeit, das Kind dem Arzt zuzuweisen" und der wird sehr h~ufig entdeeken, dal3 hinter diesem Naehlassen der Intelligenz eine geis t ige Erkrankung schlummert. Ich denke hier vor allem an den sch]eichenden Ausbrueh der als Dementia praeeox bezeichneten Krankheit. Der Vor- teil l~ge also bei der frfiheren Hinzuziehung des Arztes wieder auf Seiten der Schule, des Kindes and des Arztes.

Nicht wenige yon den Volkssehulkindern und yon den Sehulkindern iiberhaupt stehen in sp~terem Alter vor dem Strafriehter : ist in Deutsch- land doch neueren Statistiken zufolge jeder sechs te Mensch bestraft. Es werden nun oder sol]en wenigstens in jedem einzelnen Falle Nachrieh- ten aus dem vergangenen Leben eingeholt werden, welehe sich aber meist darauf beschr~nken, dab die - - Strafakten verlesen werdem Von dem vergangenen Leben des Angeschuldigten weil~ weder der Richter noeh der eventuell zugezogene Sachverst~ndige etwas.

Wiirden nun zugleich mit den Strafakten die Intel]igenzbogen vom 4.--16. Jahre eingeholt, wfirde sich die T~tigkeit des Sachverst~ndigen

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56 E. Bloch: t3ber Intelligenzpriffungen (nach der Methode von Binet

um vieles erfreulicher gestalten als es jetzt leider geschieht. Denn man wiirde in sehr vielen Fgllen aus den Intelligenzbogen wohl erkennen, dab ein im 20. Jahre wegen Diebstahl, KSrperverletzung usw. bis hin- auf zu den schwersten Verbrechen Angeldagter in seinem 8. Lebensjahr noch auf dem Standpunkt eines 6jghrigen Kindes gestanden hat und beim Verlassen der Schule auf dem Standpunkt eines Neunjs Das wird wohl dem Sachverst~ndigen zu einem klaren und bestimmten Urteil fiber den Geisteszustand des Angeschuldigten verhelfen - - die meisten Urteile der Sachverstgndigen leiden doch eben daran, dab sie sich nicht ldar und bestimmt ausdriicken k S n n e n i andererseits auch dem Richter eine Richtschnm" ffir die Abmessung des Strafurteils an die Hand geben.

Wenn, wie es im Entwurf ffir das neue Strafgesetzbuch fiir das deutsche Reich vorgesehen ist, die v e r m i n d e r t e Zurechnungsfghigkeit in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden sol]te, wozu ahem Anschein ja groBe Wahrscheinlichkeit besteht, so wird es sich sogar als z w i n ge n de Notwendigkeit herausstellen, dab man ein neues Mittel zur Hand hat, um diese verminderte Zurechnungsfs mit Hilfe der Intelligenz- bogen eventuell nachzuweisen.

Doch das ist ja vorlgufig nur Zukunftsmusik: zu begrfiBen ist es j edenfalls, dal~ Bi ne t und Si m o nuns einen ne ue n Weg gewiesen h aben, die I n t e l l i g e n z eines K i n d e s yore 3.--12. Jahre klar und einwandfrei festzustellen.

Kurz zusammengefal~t sind die Resultate yon sgmtlichen ~rzten und Pgdagogen, welehe bis jetzt mit den Bine t -S imonschen Intelligenz- priifungen gearbeitet haben, f i b e r e i n s t i m m e n d folgende:

Die P r i i f u n g s m e t h o d e von B i n e t - S i m o n s t e l l t e in wer t - vo l les Glied in der K e t t e der I n t e l l i g e n z p r i i f u n g e n dar.

Sie g e s t a t t e t , s chne l l und s i che r das j e d e s m a l i g e I n t e l l i - g e n z a l t e r e ines K i n d e s yore 3.--12. J a h r f e s t z u s t e l l e n .

Die Me thode g ib t da r f ibe r A u s k u n f t , wor in n o r m a l e K i n - der die wen ige r i n t e l l i g e n t e n i i b e r t r e f f e n : Die N o r m a l e n s ind de n F o r d e r u n g e n des t g g l i c h e n L e b e n s besser g e w a c h s e n als die S c h w a c h s i n n i g e n . Sie lgl]t f e r n e r e r k e n n e n , daft bei S e h w a c h s i n n i g e n die ge i s t ige E n t w i c k l u n g um 2 bis 4 J a h r e v e r z S g e r t is t , a n d e r e r s e i t s b l e i b t sie au f e i ne r v ie l f r i i h e r e n S tu f e s t e h e n als bei N o r m a l e n .

I m G e g e n s a t z zu m a n c h e n a n d e r e n I n t e l l i g e n z p r f i f u n g e n s t r e n g t sie das K i n d n i c h t an , s o n d e r n sie r eg t im G e g e n t e i I die A u f m e r k s a m k e i t des K i n d e s an, eben d a d u r c h , dal~ sich die Tes t s an v e r s c h i e d e n e F g h i g k e i t e n des K i n d e s wenden . E i n N a c h l a s s e n der A u f m e r k s a m k e i t d u r e h v o r z e i t i g e Er - mf idung des K i n d e s k o m m t gul~erst s e l t e n vor : m a n ha t es

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und Simon) an normalen Volksschulkindern und Hilfsschulkindern. 57

v o l l s t ~ n d i g in der H a n d , der E r m f i d u n g des K i n d e s d u r e h A b w e c h s l u n g der v e r s c h i e d e n a r t i g e n Tests v o r z u b e u g e n .

Sie v e r s p r i c h t end l i ch ein vorzi ig l iehes H i l f s m i t t e l zu werde n bei der viel f r i i h e r e n A u s s o n d e r u n g des schwachbegab- t en K i n d e s fiir die H i l f s s chu l e , als es bis j e t z t scho n gesch ieh t , bei der viel f r i ihe ren E r k e n n u n g yon manche n G e i s t e s k r a n k - h e i t e n u n d ein gu t e s H i l f s m i t t e l fiir den Arzt bei se iner T~- t i g k e i t als S a c h v e r s t ~ n d i g e r vor Gericht .