Therapie der Kopfschmerzen nach rhinologischen Operatione, besonders Septumresektionen

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(Aus der Laryngologischen Abteilung des Pester israelitischen Spitals [Chefarzt: Privatdozent Dr. Elemdr Pollatschek].) Therapie der Kopfschmerzen nach rhinologischen Operationen, besonders Septumresektionen. Von Dr. G~za HalAsz. (Eingegangen am 22. November 1932.) Die Septumresektion ist eine der Nasenoperationen, die man ohne psychische L/~sion. des Patienten in Lokalan/isthesie ausffihren kann. Nach Pinselung der Schleimh/~ute mit EphraimlSsung empfindet der Kranke die nachfolgende Infiltration mit NovokainlSsung nicht mehr, und wenn diese L6sung mSglichst nach hinten und oben appliziert wird, so dab sie zwischen Septumknorpel-, Knochen- und Periost kommt, wird keine Phase des operativen Eingriffs schmerzhaft empfunden. Um so unangenehmer wirken dann die nach der Operation einsetzenden Kopfschmerzen, die fast gleichzeitig mit der Tamponade beginnen und erst nach Entfernen des Tampons, also im allgemeinen nach 48 Stunden, aufh6ren. Die allgemein fiblichen schmerzlindernden Mittel, deren Ver- abreichung natfirlich begrenzt ist, kOnnen den Kopfschmerz bis zu einem gewissen Grade mildern, ohne ihn vollsti~ndig zu beseitigen. Sucht man nach einer Erkl/~rung ffir die Entstehung der Kopf- sehmerzen naeh der Septumresektion, so f~llt auf, dab die Lokalisation des Sehmerzes nicht den Nervenbahnen entspricht. Die sensiblen Nerver~ der iNase geh.Sren dem Trigeminus, und zwar dem Nervus supraorbitalis und Nervus infraorbitalis an. Untersuehen wit die Empfindlichkeit bei septumresezierten Kranken, so sehen wir, dai] die Austrittspunkte dieser beiden Nerven nut selten empfindlieh sind, wi~hrend der Kranke dagegen fiber Sehmerzen des Seh/~deldaches, der Okzipitalgegend und fiber in die Augen ausstrahlende Schmerzen und Druckempfindlichkeit klagt. Eine Erkl/~rung hierffir finden wir, wenn wir die Gef~Bversorgung der NasenhShle betrachten. Bei der Septumresektion wird eine groBe Reihe yon kleinen Gef/~Ben entweder verletzt oder infolge der Tamponade komprimiert und gestaut. Sie gehSren zum Gebiet der Arteria ophthalmiea, maxillaris externa und filterna, meningea media usw.

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(Aus der Laryngologischen Abteilung des Pester israelitischen Spitals [Chefarzt: Privatdozent Dr. Elemdr Pollatschek].)

Therapie der Kopfschmerzen nach rhinologischen Operationen, besonders Septumresektionen.

Von

Dr. G~za HalAsz.

(Eingegangen am 22. November 1932.)

Die Septumresektion ist eine der Nasenoperationen, die man ohne psychische L/~sion. des Patienten in Lokalan/isthesie ausffihren kann. Nach Pinselung der Schleimh/~ute mit EphraimlSsung empfindet der Kranke die nachfolgende Infiltration mit NovokainlSsung nicht mehr, und wenn diese L6sung mSglichst nach hinten und oben appliziert wird, so dab sie zwischen Septumknorpel-, Knochen- und Periost kommt, wird keine Phase des operativen Eingriffs schmerzhaft empfunden. Um so unangenehmer wirken dann die nach der Operation einsetzenden Kopfschmerzen, die fast gleichzeitig mit der Tamponade beginnen und erst nach Entfernen des Tampons, also im allgemeinen nach 48 Stunden, aufh6ren. Die allgemein fiblichen schmerzlindernden Mittel, deren Ver- abreichung natfirlich begrenzt ist, kOnnen den Kopfschmerz bis zu einem gewissen Grade mildern, ohne ihn vollsti~ndig zu beseitigen.

Sucht man nach einer Erkl/~rung ffir die Entstehung der Kopf- sehmerzen naeh der Septumresektion, so f~llt auf, dab die Lokalisation des Sehmerzes nicht den Nervenbahnen entspricht. Die sensiblen Nerver~ der iNase geh.Sren dem Trigeminus, und zwar dem Nervus supraorbitalis und Nervus infraorbitalis an. Untersuehen wit die Empfindlichkeit bei septumresezierten Kranken, so sehen wir, dai] die Austrittspunkte dieser beiden Nerven nut selten empfindlieh sind, wi~hrend der Kranke dagegen fiber Sehmerzen des Seh/~deldaches, der Okzipitalgegend und fiber in die Augen ausstrahlende Schmerzen und Druckempfindlichkeit klagt. Eine Erkl/~rung hierffir finden wir, wenn wir die Gef~Bversorgung der NasenhShle betrachten.

Bei der Septumresektion wird eine groBe Reihe yon kleinen Gef/~Ben entweder verletzt oder infolge der Tamponade komprimiert und gestaut. Sie gehSren zum Gebiet der Arteria ophthalmiea, maxillaris externa und filterna, meningea media usw.

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Es maeht dies wahrseheinlich, da6 der der Septumresektion folgende Augen- und Kopfschmerz eine vasomotorische Grundlage hat, die ver- mutlich die Folge einer Funktionsst6rung der Gef/~Be ist. Die Schmerzen sind /ihnlich denen bei der 1Vfigriine oder wie sie nach psychischer oder physischer Einwirkung entstehen kSnnen. Man geht also wohl nicht fehl, wenn man, wie dies wohl im allgemeinen bei der echten Migrtine heute geschieht, die Blutgef/~Be in den Vordergrund des Krankheits- " bildes und der Schmerzen stellt. Es lassen sich aul3erdem noch Ana- logien anffihren, die dell Zusammenhang zwischen Schmerz und Ver- /~nderung der Lumen oder Hohlorgane, wie es die Gef/iBe ja auch dar- stellen, dartun. So sind die Schmerzen bekannt, die bei mechanischer Erweiterung der BlutgeftiBe oder yon Hohlorganen des K6rpers auf- treten; ebenso verursachen ~nderungen des Druckes, unter denen die Arterien, Kapillaren und Venen stehen, Schmerzempfindung, besonders wenn damit eine Raumverengerung verbunden ist. Bei entziindungs- freien Verletzungen sind meist nur die Venen der verletzten Partie empfindlich.

Es ist dementsprechend naheliegend, zur Beseitigung der im An- schluB an die Septumresektion auftretenden Kopfschmerzen das Gef/~ft- system therapeutisch anzugreifen. Von den hierffir zur Verfiigung stehenden pharmazeutischen Mitteln kommen in Analogie zu den oben- erwiihnten Erkrankungen der Migr/~ne usw. die organischen Nitro- verbindungen in Betracht. Von ihnen ist bekannt, dab sie elektiv auf die GeftiBe des Kopfes bzw. der oberen K6rperh/ilfte dilatierend ein- wirken.

Die Nitroverbindungen sind nur begrenzt haltbar und es ist zweck- mtil3ig, eine Verabreichungsform zu w/ihlen, die eine genaue Dosierung und eine bequeme Einnahme des Medikamentes erm6glicht. Als ganz besonders geeignet haben sich die Moloidtabletten (Hersteller S/ichsisches Serumwerk A.-G. Dresden) erwiesen. Sie enthalten pro Tablette 1 mg Nitroverbindungen, sind sehr angenehm zu nehmen und werden fort- laufend auf ihren Gehalt an wirksamen Nitroverbindungen im Tier- versuch gepriift.

Ich verabreichte meinen Kranken unmittelbar nach der Septum- resektion 1 mg dieser Nitroverbindungen in Form der ~oloidtabletten und weiterhin im Abstand yon 5 Stunden je I mg also pro Tag etwa 4--5 Tabletten. Am 2. Tag konnte die Dosis bis auf eine Tablette herabgesetzt werden. In manchen F/tllen war eine Medikation nicht mehr n6tig. Die Kranken blieben beschwerdefrei. Die Wirkungsdauer einer Tablette ist bei den einzelnen Individuen verschieden. Bei manchen Patienten geniigen weniger als die 4 5 oben angegebenen Tabletten am 1. Tag. Die Behandlungsmethode erm6glicht es uns, dab die 1)atienten nach der Septumresektion keine Einschriinkung ihres Wohlbefindens erfuhren. Die Kopfschmerzen wurden vollst/indig unterdriickt. Auch

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nach rhinologischen Operationen, besonders Septumresektionen. 179

die Mundatmung nach der Septumresektion war v611ig ungest6rt. Bett- ruhe war nicht n6tig, auch eine Einschr~nkung der geistigen Arbeit t rat nicht ein. Der Schlaf war gut. Konjunktivitiden wurden nicht beobachtet.

])er Angriffspunkt der Nitroverbindungen liegt, wie oben erw~hnt, in den Blutgef~Ben des Kopfes. N[an kann sich vorstellen, dal~ es zu einer Equilibrierung der Gef~Be kommt, so dab das Funktionieren des GroBhirns ungest6rt bleibt. Die Nitroverbindungen wirken ver- mutlich gleichzeitig auf alle Gef~l~kaliber (Arterien, Kapillaren, Venen). Der Effekt t r i t t rasch ein und h~lt lange an. Eine Permeabilit~ts- erh6hung der Kapillaren t r i t t wohl bei dieser Therapie nicht ein. Dem- zufolge ist auch mit einer Exsudation in das Gehirngewebe nieht zu rechnen. Man wird klinisch den Erfolgen am besten gereeht, wenn man annimmt, dab die so ins Gleichgewicht gesetzten Gef~Bgebiete den mechanisehen Sch~digungen, wie sie als Folge einer Septumresektion auftreten, entgegenwirken.

Dieser Schutz der Gef~l~e des Seh~dels findet nicht nur bei der Septumresektion start, sondern er spielt auch bei all den anderen rhino- logischen Operationen eine Rolle, bei denen am Schlul~ die Nase mittels Tamponade versperrt wird, bzw. bei denen auf die Nasenh6hle ein Druck ausgeiibt wird, so z. B. aueh bei der Bellocqschen Tamponade.

Hierzu ist noch zu bemerken, dab die mit den Nitroverbindungen behandelten Kranken niemals einer erg~nzenden N[edikation vom Hyp- notieis oder Analgeticis bediirfen.

Zusammenfassung. l . Die Ursache fiir den infolge der Tamponade nach Septumresektion

auftretenden Kopfschmerz wird in einer St6rung des Gleichgewiehts der Blutgefs erblickt.

2. Diese Auffassung wird gestiitzt durch die Feststellung, dab die Kopfschmerzen dutch Verabreichung der Nitrok6rper verhindert werden k6nnen, wie dies analog bei der Migrs der Fall ist.

3. Nebenwirkungen wurden bei der Verabreichung der Nitrok6rper (Moloidtabletten) nicht beobachtet. Anwendung yon Analgeticis, Nareo- ticis usw. wurde durch sie iiberfliissig.