STV 26

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1 STUDIVERSUM | 2009.04 STUDI VERSUM

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Studiversum Ausgabe mit dem Titelthema Guerilla

Transcript of STV 26

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1 STUDIVERSUM | 2009.04

STUDIVERSUM

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2 STUDIVERSUM | 2009.04

© 2009 KPMG Holding AG/SA, a Swiss corporation, is a subsidiary of KPMG Europe LLP and a member of the KPMG network of independent firms affiliated with

KPMG International, a Swiss cooperative. All rights reserved.

Mid-morning coffee in Canary Wharf.

Heading to the second meeting of the day.

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04 LIEBLINGSDING

WaRUM Ich MEInE TaSchE lIEbE

05 INTERNET

bIlDERflUT

06 AUS DEM LEBEN

lUxURIöSE PRoblEME?

08 UMFRAGE

24 STUnDEn UnSIchTbaR: WaS TUST DU?

10 DAS UNIKAT

gUERIlla haUTnah

11 WISSENSCHAFT

hERDE In DER kRISE

27 UNIPOLITIK DaS gRoSSE WaRTEn

28 REPORTAGE olyMPIa füR STUDIS

31 KURZGESCHICHTE aRMEE aDE! ES lEbE DER fRüchTETEE!

33 UNTERHALTUNG SUDokU, kREUzWoRTRäTSEl

34 WIE ANNO DAZUMAL

allTagSTIPP

Liebe Leserinnen und Leser, «Guerillero Heroico» Che Guevara, das Sinnbild der Revolution schlechthin, lebt dank seinen oft idealisierten (Helden)taten wohl für immer in den Köpfen romantischer Rebellen weiter. Guerilla wird zum gerech-ten Befreiungskampf verklärt; wortwörtlich übersetzt bedeutet es «Kleiner Krieg». Doch Gewalt und Heldentum sind nur zwei Säu-len dieses facettenreichen Mythos: Guerilla ist hip. Marina Lienhard hat sich auf den Strassen Zürichs umgehört und ist auf ganz unterschiedliche Formen des ur-banen Guerillas gestossen: auf «Hippieka-cke», radikalen Kommunismus und den Kampf für eine bessere Welt. Die (schein-bare?) Sinnentleerung des modernen Life-style-Protests lässt nicht alle kalt. Und was schreiben wir auf unser Schild?Guerilla ist clever. Raffaela Angstmann hat sich mit Roger Schawinski über seine An-fänge als Medien-Pirat, Radio Energy und das Duzen unterhalten. Einmal mehr zeigt sich: er ist eine Persönlichkeit, die polari-siert. Und genau das macht ihn so erfolg-reich. Der Video-Podcast des ganzen Ge-sprächs ist auf studiversum.ch zu finden.Guerilla ist brutal. Wie der Guerilla-Kampf gefochten wurde und noch immer wird, beschreibt Chris Buchmann in «Die Na-delstichtaktik». Wo liegt die dünne Gren-ze zwischen grausam unterdrückter Zivil-bevölkerung und heldenhafter Befreiung des Volkes?Guerilla zahlt sich aus. Unternehmen müs-sen sich in der bekanntlich schwierigen Wirtschaftslage immer mehr von der Mas-se abheben. Nina Fargahi zeigt auf, wie Gue-rilla-Marketing funktioniert und was Gue-rilla-Kunst damit zu tun hat.Apropos Kunst: Wir freuen uns ganz beson-ders, auf S. 10 in der neuen Rubrik «Das Uni-kat» eine modische Alternative zum Che-Shirt vorzustellen. Das exklusiv für unsere Leser designte Einzelstück ist zu gewin-nen! Und ab sofort könnt ihr im Forum auf studiversum.ch bei allen brennenden The-men mitdiskutieren. Wie Guerilla seid ihr?Eure Anouk N’Guyen

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Rien ne va plus?

«Ich bin kein Pirat mehr»

Die Nadelstichtaktik

Botschaft aus dem Hinterhalt

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1o

EDITORIAL | INHALT

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«Diese Tasche überzeugt mit ihrem einfachen, klassischen und zeitlosen Design. Sie passt deshalb zu fast jedem anlass! Und dank der praktischen Umhängefunktion wird sie auch sportlichen ansprüchen gerecht – sie eignet sich zum beispiel bestens für abenteuerferien.»

Katrin Albrecht, 23, studiert Jus an der Uni Luzern

WaRUM Ich MEInE TaSchE lIEbELIEBLINGSDING

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5 STUDIVERSUM | 2009.04

EIn bIlD füR DEInE SEMInaR-aRbEIT? EIn SchnaPP-SchUSS füR DEn Wg-PaRTy-flyER? STUDIVERSUM VERRäT DIR, Wo DU foToS aUS allER WElT UnD zU jEDEM ThEMa fInDEST.

WWW.flIckR.coM

Diese Bildersuchmaschine ist nicht um-sonst die populärste Adresse. Flickr ist sehr benutzerfreundlich aufgebaut – so ist es möglich, die Fotos nach Stichworten und in Kategorien zu sortieren. Die «Erweiter-te Suche» erlaubt das gezielte Auffinden von Bildern, die dank der «Creative-Com-mons-Lizenz» für diverse, nicht-kommerzi-

elle Zwecke genutzt oder sogar mit Bildbe-arbeitungsprogrammen verändert werden dürfen. Die urheberrechtlichen Nutzungs-bedingungen sind dank dieser Lizenz klar geregelt und du erkennst, welche Bilder du wofür verwenden darfst. Die ganze Über-sicht nach erlaubter Verwendung findest du unter www.flickr.com/creativecommons.

fazit: übersichtliche aufmachung und einfach zu handhaben. hier findest du bestimmt, was du suchst!

WWW.Sxc.hU

Stock.XCHNG ist ein freies Bildarchiv. Auch hier grenzt man die Suche am besten gleich von Anfang an ein, indem auf «Ad-vanced Search» verschiedene Kriterien, wie zum Beispiel die Bildgrösse, festgelegt wer-den. Ausserdem kannst du auch nur inner-halb einer bestimmten Kategorie oder mit einer Kombination von verschiedenen

Schlagwörtern suchen. Die Fotos können für den persönlichen Gebrauch sowie auch für Flyers, Webseiten oder Multimedia-Prä-sentationen genutzt werden. Falls du nicht nach einem bestimmten Foto auf der Suche bist, lohnt sich eine kurze Reise durch die Schnappschüsse in den Rubriken «Most Downloaded» oder «Most Commented».

fazit: Einen klick auf diese Seite wirst du nicht bereuen. gerade die Rubrik «Most Downloaded» macht einen besuch äusserst lohnenswert!

bIlDERflUT

Kategorien wie zum Beispiel «Streetart» oder «Design&Interfaces» bieten eine gute Übersicht über die äusserst vielfältigen In-halte. Und wer weiss, vielleicht findest du hier ja den ein oder anderen Künstler, des-sen Bilder genau deinem Geschmack ent-sprechen.

WWW.DEVIanTaRT.coM

Ganz anders präsentiert sich die Online-Community DeviantART. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf Kunst und Fotogra-fie. Bezüglich der Urheberrechte ist bei Bil-dern von DeviantART jedoch Vorsicht ge-boten, denn erst wenige Werke sind mit Lizenzen ausgestattet. Die verschiedenen

fazit: Wer sich für kunstwerke und fotografien der etwas anderen art inter-essiert, wird hier sicher fündig.

Text Muriel Staub

INTERNET

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ÚSTí naD labEM

Text Raffaela angstmann

Eine Stunde von Prag entfernt. Da liegt Ústí, ein Überbleibsel des Kommunismus.

Wer nach Tschechien geht, der besucht Prag – die goldene Stadt. Golden, weil die Dächer bei Sonnenuntergang majestätisch glänzen. Es ist ein faszinierender Ort, wes-wegen der Tourismus floriert. Kaum einer kennt aber das Tschechien ausserhalb Prags, wie etwa den Norden. Hier, in Ústí nad Labem, an der Elbe, sieht man deutlich die Spuren, die der Kommunismus hinter-lassen hat.

Ärmlich scheint Ústí. Die Natur übersät vom Abfall der Zigeuner. Teure Autos fal-len hier auf. Verwahrloste Häuser, für deren Abriss der Stadt das Geld fehlt, hinterlas-sen einen tristen Eindruck. Leere Trostlo-sigkeit. Von weiter oben sieht man die Fa-briken. Eine ehemalige Industriestadt, die noch heute Lautsprecher in allen Wohnge-bieten hat: um auszurufen, wenn Giftstoffe freigesetzt wurden. Die Bewohner sollten dann die Fenster schliessen.

In Ústí gibt es viele Menschen, die nicht mit ihrer Freiheit umgehen können und absolute Gleichheit bevorzugen. Viele wurden zu spät mit dem Begriff «Freiheit» konfrontiert; nämlich die Tschechen, die im Kommunismus ausgebildet wurden.

Heute dürfen sie Englisch lernen und nicht bloss Russisch. Ausser der Vater war in der kommunistischen Partei. Dann konnte man sich das Englisch schon frü-her aneignen. Heute ist es möglich, in Westeuropa Ferien zu machen, wo ihnen früher vorgepredigt wurde, wie spannend Bulgarien doch sei. Darüber und über ihr Wahlrecht freut sich ein grosser Teil der heute 25- bis 40-Jährigen. Bei den über 60-Jährigen sieht es teilweise ganz anders aus. Sie verstehen nicht, weshalb man plötzlich für einen Arztbesuch bezahlen sollte. Und sowieso geht man da prinzipi-ell einfach nicht hin und bedient sich lie-ber der Medizin für alles: dem Bier. Staro-pramen oder Zlatopramen. Teilweise sogar verschrieben vom Arzt; 3x am Tag. Früher war halt alles besser. Es ging niemandem schlecht, meinen sie. Diskutieren kann man nicht mit ihnen. Sie kannten nie et-was anderes.

Verdienen tut man in Ústí nicht gut. Teilweise wird viele Monate lang hart ge-spart für eine Rundreise durch Deutsch-land.

Im Wahllokal ist es ganz absurd. Sicher-heit geht vor. Keine Fotos. Und niemand kann erklären, weshalb es verboten ist. Nie gekannt, nicht gewusst wie. Da musste ich schmunzeln.

Ein Restaurant mit dem besten Koch des Landes. Darin lasse ich aber total abge-wracktes, unfreundliches Personal servie-ren. Die Preise sind so tief wie in einer Ke-babbude, das Essen himmlisch, das Perso-nal jedoch überaus übel gelaunt, fast schon frech. Zuweilen verzichtet es komplett aufs Servieren und es muss auf Selbstbe-dienung umgestellt werden. («Essen ist fer-tig! Kommen Sie endlich, sonst wird’s kalt, verflucht!»)

Ein fürstlich bezahlter Mitarbeiter fürs Lösen von Kreuzworträtseln und Sudo-kus – wahlweise auch Puzzles mit 100 Tei-len. Den Lohn würde ich im Laufe der Zeit um ein Vielfaches erhöhen, aufgrund der «ausgezeichneten Dienste» und der «steti-gen Verbesserung der Erfolgskennzahlen». Dann den Bonus auf mehrere Millionen an-heben, denn der Mitarbeiter ist auf seinem Gebiet ein «Topdienstleister» und es gilt, ihn davon abzuhalten, zur Konkurrenz zu gehen. Es kursieren bereits dahingehende Gerüchte.

Die Homepage cede.ch kaufen und nur noch eine einzige CD – vorzugsweise der grössten Antikommerz-Band – für fünf Rappen anbieten. Anschliessend so inten-siv Werbung dafür streuen, dass sie in den Charts ganz weit oben landet. Sobald die Band im Radio gespielt wird, etwas resig-niert zur Freundin, zum Arbeitskollegen

oder zur Yogalehrerin sagen: «Gott, sind die Kommerz geworden!» Des Weiteren ei-ne wütende Fanmail mit dem Vorwurf des Ausverkaufs schreiben. («Ich als ehemaliger Fan bin schwer enttäuscht von euch…»)

Einen Monat Urlaub in einer Luxussuite des Burj al Arab – einem der teuersten Ho-tels der Welt – buchen, im Voraus zahlen, aber nicht hingehen. Sobald Erkundigun-gen, warum man denn noch nicht eingetrof-fen sei, eingeholt werden, mit der Begrün-dung absagen, man wäre gerne gekommen, aber man müsse ja noch Bücher in die Bib-liothek zurückbringen und die Ablauffrist falle unglücklicherweise gerade in die Ur-laubszeit. Es sei ja wohl klar, dass man sich keine Mahnungsgebühren einfangen möch-te… Zu dumm, diese elenden Bibliotheken heutzutage – total unflexibel!

Mit einem riesigen Arsenal von Schnee-kanonen in die libysche Wüste fahren, dort Frost und heftigen Schneefall simulieren, das ganze akribisch dokumentieren und die Resultate in der Zeitschrift «Advances in Geodesy» unter dem Titel «Klimawandel widerlegt» veröffentlichen. Auf die augen-zwinkernde Frage von Al Gore, warum man sich die ganze Mühe für diesen – doch recht lahmen – Scherz nicht erspart und stattdes-sen eine Computeranimation genommen habe, verdutzt antworten: «Computer? Was ist ein Computer?»

Folgendes würde ich auf keinen Fall kaufen, wenn ich reich wäre: Bentleys, Rolex-Uhren, Eidechsen, Sonderausgaben von Helmut Newton-Fotobänden. Nein! Anderes muss her, Feineres.

EInE VoRSTEllUng Von lUxUS

Text christoph lutz

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AUS DEM LEBEN

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DaS «RIchTIgE» lEbEn

Text yolanda Wittwer

Gestern haben wir das Leben einer Akademikerin in Zahlen festgehalten: 9 Schuljahre + 3 Jahre Gymnasium + 5 Jahre Studium = 17 Jahre Lernen. Und dann?

Bei einem guten Glas Rotwein haben mei-ne Freundin Paloma und ich die Jahre ei-ner Studentin aufgelistet und zusammen-gerechnet: Wenn in ihrem Leben alles nach Plan läuft, hat sie mit 25 Jahren ihr Di-plom im Sack. Das ist wahrlich der Idealfall, denn meistens läuft ja sowieso nicht alles nach Plan. (Zumindest muss ich mir das im-mer wieder selbst sagen, bin ich doch die-sem Alter schon gefährlich nahe, dem Uni-Abschluss hingegen noch weit entfernt.)

Nach der Uni fängt dann das «richtige» Leben an. (Das mit dem «richtig» war Palo-mas Idee, weil es so klingt, als wäre das jet-zige Leben ein Nichts und es unserer Rech-nung einen Schuss Dramatik verleiht.) Im Durchschnitt ist die ehemalige Studentin jetzt 26 Jahre alt und möchte in dieser Le-bensphase nun die Früchte ernten. Im Klar-text bedeutet das, sich endlich mal etwas zu leisten – von den Füssen bis zum Haar alles vom Feinsten. Genau so, wie sie das schon immer wollte und dann halt immer nur die billige Kopie von H&M kaufen konnte. Das «richtige» Leben bedeutet, mit den schönen Schuhen vom teuren Laden zur «richtigen» Arbeit zu gehen. Am Abend geschafft nach Hause zu kommen (ja, auch hier finden sich

endlich «richtige» Möbel), zu müde zum Ko-chen zu sein und sich deshalb vom teuren Inder beliefern zu lassen. Auf dieses Leben freut sich die Studentin und dafür lohnen sich doch auch die vielen Jahre im Vorle-sungssaal und in der Bibliothek.

Was passiert aber nach, sagen wir, fünf Jahren «richtigen» Lebens? Die ehemalige Studentin ist jetzt 31 Jahre alt und hört all-mählich die biologische Uhr ticken. Wenn die nötigen Voraussetzungen gegeben sind (sprich, wenn ein anständiger Mann vor-handen ist), kann die Akademikerin von heute dann in den teuren Schuhen die Win-deln wechseln und das auch noch mit der «richtigen» Arbeit kombinieren? Oder be-findet sie sich dann in einer Zwickmühle, weil das «richtige» Leben sich schon wie-der verabschiedet? Oder beginnt es an die-sem Punkt womöglich erst? Oder sind diese Gedankengänge nur der Beweis dafür, dass sich Mathematik und Wein nicht vertragen? Die Rechnung von Paloma und mir schien jedenfalls an diesem Punkt nicht mehr auf-zugehen, denn irgendwie ist ja doch alles viel komplizierter im Leben der Akademi-kerin. Wir sahen uns schweigend an und nahmen noch einen Schluck Rotwein.

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Kürzlich liess es mein voller Terminkalen-der zu, vor einem abendlichen Treffen mit Freunden noch eine Stunde Sport einzu-schieben. So machte ich mich etwas ange-spannt, aber doch zuversichtlich, auf den Weg nach Zürich. Dort wollte ich in den Räumlichkeiten des Akademischen Sport-verbandes zum ersten Mal seit einem hal-ben Jahr meine Glieder wieder ausgiebig be-wegen. In den Katakomben dieses Gebäu-dekomplexes umhüllte mich dieser beinahe schon historische, ins Mauerwerk eingefres-sene Muff, den so viele in die Jahre gekom-menen Sportanlagen besitzen.

Nachdem ich mich in der saunaarti-gen Kabine durch den viel zu engen Gum-mizug meiner Sporthose gequetscht habe, kam ich mir irgendwie albern vor in dieser Aufmachung. In der Turnhalle, die ich auf dem Weg zu den Fitnessgeräten durchque-ren musste, wurde mal graziös und leicht-füssig, mal ungestüm und holzig Badminton gespielt. Als ich bei den Geräten ankam, be-stätigte sich die Befürchtung, die ich schon beim Betreten der Halle hatte: Alle Gerä-te waren besetzt. Nun gut, ein paar Minu-ten Wartezeit wären ja noch zu verkraf-ten gewesen, aber die Tatsache, dass hin-ter den schweissgebadeten Studis auf den Spinning- und Step-Geräten jeweils ein bis zwei weitere Personen warteten, frustrierte mich. Da hatte ich gerade erst nach monate-langem «Garnichtstun» und «Weihnachts-guetsliverdrücken» endlich den Entschluss gefasst, die überflüssigen Pfunde loszuwer-den, und schon schlug mir die Realität ins Gesicht. So stand ich den Stammbesuchern blöd im Weg herum und versuchte, mich zu Geduld zu mahnen. Nach etwa zwanzig Minuten warteten dieselben Personen, die vor mir an die Reihe sein würden, immer noch. Ich kapitulierte und schlurfte mit ge-beutelter Selbstachtung in Richtung Kabine zurück. Als ich mich dort wieder umziehen wollte, war ich derart entnervt, dass vor lau-ter Aufregungsschweiss eine Dusche doch in Frage kam.

Ein paar Tage nach diesem Flop ver-suchte ich es nochmals – ein Wunder an sich. Diesmal waren die Geräte nicht al-le besetzt. Ich absolvierte brav mein Trai-

ning und ging beinahe schon euphorisch zurück zu den Schliessfächern vor den Ka-binen. Dass mich das Pech in Sachen sport-licher Aktivität förmlich verfolgte, merk-te ich spätestens jetzt: Ich hatte vergessen, mir die Schliessfachnummer zu merken. So brauchte ich eine gute Viertelstunde, um das Kapitel Sport endlich abhaken zu kön-nen. Mission failed. Der Bauch bleibt da!

Text Mauro landolt

Der Blick nach unten zeigt es deutlich: Die Gürtelschnalle ist nicht mehr zu sehen. Der Ent-schluss ist gefasst: Der Bauch muss weg!

DIE baUch-WEg-MISSIonAUS DEM LEBEN

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24 STUnDEn UnSIchTbaR: WaS TUST DU?Beim Chemical Brothers-Konzert im VIP-Bereich stehen? Dem Guard vor dem Bucking-ham Palace einen Kaugummi auf die Nasenspitze kleben? Beim Roulette die Kugel auf die 7 schubsen? StudiVersum wollte wissen, was unsichtbare Studis der Uni Fribourg anstellen würden. r Text und bild Martina zimmermann

«Ich würde in ein flugzeug nach Indien steigen und mich dort mit vielen indischen Spezialitäten und gewürzen eindecken. hoffentlich gelingt mir der Rückflug auch noch, während ich unsichtbar bin…»

Eva Nolfi, 21, Germanistik und Französisch als Fremdsprache

Carmen de la Cuadra, 24, Spanisch«Ich würde in die Umkleidekabine von fussballern reinspazieren – am liebsten bei der spanischen nationalmannschaft!»

«Wäre ich unsichtbar, würde ich mich gerne in der Tierwelt aufhalten. Mich in der Mähneeines löwen vergraben, in einen känguru-beutel schlüpfen, auf einem zebra reiten und mich an einen kuscheligen bären lehnen.»

Nadège von Hansen, 24, Europastudien

«bei Roger federer wäre es sicherlich lohnens-wert, mal privat vorbeizuschauen!»

«Würde ich nebst meiner Unsichtbarkeit auch reell existieren, würde ich mir am liebsten selbst einen Tag lang zugucken: beobachten, was ich tue und wie ich dabei wirke.»

«Einen Einblick in die für mich rätselhafte Männerpsyche zu bekommen wäre interessant! zu gerne würde ich Männer belauschen, wenn sie unter sich sind, zum beispiel im Trai-ning oder am Stammtisch.»

«Es wäre interessant, bei einer bundesrats-sitzung dabei zu sein: zu sehen, was diskutiert und was schlussendlich nach aussen kommuniziert wird.»

«Unsichtbar? Ich würde wohl unbemerkt ‹zleidwerklä› – ich könnte mir durchaus vorstellen, blochers Rede kurz vor seinem auftritt auszutauschen.»

«Ich würde mich bei einem gespräch zwischen carla bruni und nicolas Sarkozy auf der Stuhllehne platzieren. Es interessiert mich echt, was die einander zu sagen haben.»

Julia Bangerter, 21, Sozialanthropologie

Adrian Schori, 24, Mehrsprachigkeit

Kristel Straub, 23, Mehrsprachigkeit

Christiane Ammann-Tinguely, 43, Mehrsprachigkeit

Verena Jezler, 24, Recht

Magalie Desgrippes, 30, Erziehungswissenschaften

UMFRAGE

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24 STUnDEn UnSIchTbaR: WaS TUST DU?

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10 STUDIVERSUM | 2009.04

Du studierst an einer Schweizer fachhochschu-le? Du interessierst dich dafür, was nach Studien-abschluss auf dich zu-kommt? Du willst wissen, mit welchem Einstiegslohn du nach Studienabschluss rechnen darfst? Du willst wissen, wie fh-Ehemalige ihre karrieren gestaltet haben? – Die erste antwort kennst nur du, die ande-ren kennen wir. Die fh SchWEIz vertritt deine zukünftigen Interessen. Wir bieten dir ein breites netzwerk zu anderen absolventinnen und absol-venten von fachhochschu-len. Wir bieten dir news, hintergründe, Dienstleis-tungen und vieles andere mehr. www.fhschweiz.chfragen schickst du an:[email protected]

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Erkundige dich zum Beispiel über die Ak-tivitäten des Alumni-Vereins deiner Fach-hochschule. Diese Vereine organisieren viele interessante Veranstaltungen, bei de-nen du sicherlich gerne gesehen bist. Zu-dem helfen sie dir, deine Kontakte auszu-bauen.

Eine andere Möglichkeit ist das Career Center deiner FH. Eventuell kannst du dort über Kontakte des Mentoring-Programms Absolventen kennenlernen.

Dann kannst du den Kontakt natür-lich auch übers Internet intensivieren. Auf XING hat die FH SCHWEIZ beispielsweise eine eigene Gruppe eingerichtet. Wenn du dieser Gruppe, «FH SCHWEIZ», beitrittst, hast du die Möglichkeit, mit anderen regis-trierten Usern in Kontakt zu treten. Der di-rekte Link zur Gruppe ist www.xing.com/net/fhschweiz.

nach MEInEM kV-ab-SchlUSS MIT bERUfSMa-TURITäT habE Ich DREI jahRE aUf DIESEM bERUf gEaRbEITET. küRzlIch habE Ich EIn fh-STUDIUM In angRIff gEnoMMEn. Ich TRagE nUn MEInE RI-SIkEn SElbER. WaS SollTE Ich bEachTEn? Häufig vergessen Studierende, sich um Angelegenheiten wie Versicherungen zu kümmern. Wichtig ist, dass du den jähr-lichen Mindestbeitrag an die AHV zahlst. Auch musst du bei deiner Krankenversi-cherung die Unfallversicherung wieder dazunehmen. Des Weiteren empfehlen wir dir, deine Situation im Bereich der In-validenversicherung zu überprüfen. Wei-tere Informationen findest du auf unse-rer Webseite. Nun wünschen wir dir viel Spass beim Studium!

FH SCHWEIZ

Erlebe Guerilla am eigenen Körper mit dem exklusiv für die StudiVersum-Leser designten T-Shirt von Durchzwei. Dieses Unikat ist zu gewinnen!

Durchzwei sind Tim Engel und Bruce Jost, ein Grafiker und ein Siebdrucker. Die bei-den Berner kennen sich seit Kindheitstagen und haben früh damit begonnen, zusammen zu zeichnen. Mit der Zeit entstand die Idee, ihre Talente in ein gemeinsames Projekt ein-zubringen. Heute entwerfen, gestalten und drucken sie in ihrem Atelier – neu auch für StudiVersum.

Gewinne das erste exklusiv für unse-re Leser designte Unikat, indem du uns ein Bild deines persönlichen Beitrags zum «Guerilla Gardening» schickst! Foto mit Na-me, Adresse und kurzer Beschreibung dei-ner Aktion an [email protected] und vielleicht hängt das T-Shirt zum Thema schon bald in deinem Kleiderschrank. Die kreativsten Bilder werden auf studiversum.ch veröffentlicht. rText yolanda Wittwer, anouk n’guyen, bild Durchzwei

Guerilla hautnahDAS UNIKAT

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11 STUDIVERSUM | 2009.04

herde in der Krise

Die gängigen Theorien und Modelle aus der Volks- und Finanzwirtschaft stossen dieser Tage an ihre Grenzen. Ihre Erklärung, dass Angebot und Nachfrage einander determi-nieren, reicht zur Beschreibung unerwar-teter Ereignisse nicht mehr aus. So können sie beispielsweise nicht aufzeigen, war-um sich Börsenkurse in sehr kurzen zeitli-

chen Abständen – mitunter im Sekunden-takt – verändern. Ganz zu schweigen von einer akkuraten Vorhersage. Dies ruft Na-turwissenschaftler auf den Plan, die sich in Neuroökonomie oder Ökonophysik üben.

Ein grundsätzlicher Unterschied zwi-schen der naturwissenschaftlichen und der sozialwissenschaftlichen Betrachtungswei-se liegt darin, dass die Wirtschaftssubjekte nicht als rationale Individuen, sondern als Agenten gesehen werden. Diese Agenten inter- und reagieren miteinander wie die Teilchen eines Gases. Diese Teilchen wer-den von einer Vielzahl von Faktoren be-einflusst. So kann erstens nicht von einem einzelnen Teilchen auf das Verhalten des ganzen Systems geschlossen werden. Und zweitens ist eine exakte Vorhersage des Teilchenverhaltens praktisch unmöglich. Dennoch: Die Ökonophysik bedient sich Methoden und Modellen aus der Physik, die sich über lange Zeit bewährt haben.

Lawinen und LemmingeDie Physik erlaubt es denn auch, das dyna-mische, hochkomplexe Wirtschaftssystem präzise zu beschreiben und vorhersagbarer zu machen. Der deutsche Physikprofessor Stefan Bornholt räumt zwar gegenüber der FAZ ein, dass das Wirtschaftssystem nie so exakt beschrieben werden könne wie ein physikalisches Modell. Dennoch gäbe

DIE klaSSISchEn ThEoRIEn DER VolkSWIRTSchafT gEhEn DaVon aUS, DaSS DERMaRkT Von angEboT UnD nachfRagE bESTIMMT WIRD. DaS IST zWaR EIn-lEUchTEnD, kann abER aUS-SERgEWöhnlIchE EREIg-nISSE – WIE DIE DERzEITIgE fInanzkRISE – nIchT aUSREIchEnD ERkläREn.

es Prinzipien, die auch in realen sozioöko-nomischen Systemen beobachtet werden könnten. So etwa der Herdentrieb oder La-wineneffekte.

Die Theorie des Herdentriebs – auch «Lemmingeffekt» genannt – besagt, dass sich Investoren und Anleger in ihren Ent-scheidungen folgen. Eine grosse Gefahr in diesem Verhalten sind die «sich selbst er-füllenden Prophezeiungen»: Die Erwar-tungen an eine bestimmte Finanzanlage können das eigene Verhalten so beeinflus-sen, dass sich damit das Herdenverhalten ändert. Durch eine Veränderung in deren Verhalten wiederum können sich dann auch die Fundamentaldaten der Anlage selbst verändern. So verändert sich zum Beispiel der Börsenkurs, wenn viele Anle-ger nahezu zeitgleich auf bestimmte Impul-se reagieren.

Verbesserte RisikoabschätzungStefan Bornholt ist überzeugt, dass der gros-se Nutzen von Modellen aus der Physik in der Verbesserung der Risikoabschätzung liegt. Denn wenn man die statistischen Ei-genschaften von Gesamtsystemen verstün-de, könne man auch die Preismodelle und die Risikoabschätzung für einzelne Finanz-produkte verbessern. Ähnlich wie bei den Lawinen, von denen bekannt ist, dass sie von Vor- und Nachbeben begleitet wer-den.

Auch Neurologen beschäftigen sich mit dem Phänomen Wirtschaft. Sie zielen da-rauf ab, die «Black Box» des menschlichen Gehirns durch bekannte und bewährte Me-thoden aus der Neurologie zu entschlüs-seln. So untersuchen sie mittels bildgeben-der Verfahren, wann welche Hirnareale an welchen Entscheidungsprozessen beteiligt sind.

Präzise Vorhersage nie möglichDiese neuen Ansätze können dabei helfen, unerwartete Ereignisse besser zu verstehen. Fest steht jedoch, dass das Wirtschaftsver-halten der einzelnen Subjekte niemals voll-kommen vorhergesehen werden kann. Ei-nes darf man denn auch nicht vergessen: Der kleinste gemeinsame Nenner des Sys-tems Wirtschaft ist das einzelne Individu-um, das nachweislich nicht immer rational handelt. rText janine Meyer, Illustration anna Unterrassner

zum Thema «Econophysics» betreibt die Universität fribourg ein spannendes forum unter www.unifr.ch/econophysics.

WISSENSCHAFT

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RIEN NE vA PLUS?

alles Mögliche gelten: Schilder, Pappkar-tons, Shirts, Bettlaken. Hauptsache unbe-schriftet und am besten weiss. Wir möch-ten nur ungern mit irgendeiner Organisa-tion oder Gruppe in Verbindung gebracht werden. Wir machen nur Spass, nichts po-litisch Motiviertes!» Die Angst vor der Be-deutung ist grösser als jene vor der Sinn-entleerung. Doch woher diese Lust an der Ästhetik und das Sträuben gegen eine Posi-tionierung? Spricht hier Resignation, Feig-heit oder schlicht Desinteresse? Auf dem Organ der Zürcher Szene, dem Ron Orp Fo-rum, wurde «Zürimprov» zwar von einigen kritisch aufgenommen – Tom192 schreibt empört: «Die Leute haben genug von Blen-dern und gelangweilten Meinungslosen!» – von den meisten aber als Rückkehr des Da-daismus gefeiert.

C’est chic ou c’est choc?Um mir ein besseres Bild davon zu ver-schaffen, wie Zürichs Hippies – Hippie wie Allen Ginsbergs «Hipsters», nicht wie die Blumenkinder von San Francisco – mit Pro-test umgehen, habe ich mich im Café Casa-blanca mit Ian Constable verabredet. Wie es sich für einen Sonntagnachmittag gehört, erscheint der Verantwortliche für das Lied «Hippiekacke», das im Stadtraum innert kürzester Zeit grosse Verbreitung gefunden hat, verkatert zu unserem Gespräch.

Er bestätigt meinen Verdacht: «Ich glau-be, die meisten Leute in der Szene sind nicht wahnsinnig politisch. Klar findet man Blo-cher und die SVP blöd, aber ohne eine diffe-renzierte Meinung zu haben.» Die Szene, so scheint es, besteht eher aus Konsumieren-den als aus Machenden. So ist es zum Bei-spiel hip, an eine Häuserbesetzerparty zu gehen; selbst in einem besetzten Haus zu wohnen, ist aber undenkbar. Die Erst-Mai-Demo ist Kult, aber nicht wirklich Plattform für politische Anliegen. Wie Ian Constab-

Protest hat viele Gesichter, am häufigsten begegnet man aber dem des Che. Alberto Kordas Fotografie, die den Revolutionär mit entschlossenem, in die Ferne gerichtetem Blick zeigt, das Béret mit dem Kommunis-tenstern schräg über seine halblangen Haa-re gestülpt, gehört zu den meist verbreite-ten Fotografien überhaupt. Doch längst ist sie nicht mehr nur auf kommunistischen Flaggen zu sehen: Sie ziert Schals, Socken, Portemonnaies und nicht zuletzt eine Sun-rise Werbekampagne. Hat das ultimative Symbol für Rebellion seine Subversivität verloren und ist nichts mehr als ein auf sich selbst verweisendes Zeichen? Und was die vielleicht wichtigere Frage ist: Gibt es über-haupt noch Subversion in einer Gesell-schaft, in der augenzwinkernd Revolution mit gratis Surfen gleichgesetzt wird?

Dada ist wieder daDemonstrieren ohne Inhalt, gegen und für Nichts? Ja, das geht. Im Aufruf der Grup-pe «Zürimprov», deren Ziel es laut eige-nen Angaben ist, Menschen in ihrem All-tag «auf unbeschwerte Art» zu verwirren, heisst es: «Als ‹Demonstrationsfläche› kann

LIEBER EIN CHE AUF DEM SHIRT ALS EINEN MOLOTOW COCKTAIL IN DER HAND? IST PROTESTIEREN ABSURD GEWORDEN? NICHT ALLEN BEHAGT DIE SINNLOSE LEERE, NICHT ALLE BEGEGNEN DEN WIDER-SPRüCHEN DER GESELLSCHAFT MIT DESINTERESSE. DREI GESPRäCHE ZEIGEN, WIE DER KAMPF GEGEN DIE AKZEP-TANZ HEUTE GEFüHRT WIRD.

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13 STUDIVERSUM | 2009.04

RIEN NE vA PLUS?

Spielhälfte des FCZ-Matchs zu sehen, stellt Ian Constable die Frage, ob in der Schweiz überhaupt politischer Protest existieren müsse, da es dafür ja die Möglichkeit gebe, Initiativen oder Referenda zu ergreifen.

Ganz oder gar nicht!Anderer Meinung ist Max*, seit Jahren Kom-munist und in verschiedenen politischen Gruppierungen aktiv.Ich sehe den Staat nicht als eine Instituti-on, die für das Wohl der Menschen sorgt. Der Staat ist der Organisator der bürgerli-chen Gesellschaft und damit gezwungen, ih-re ökonomische Grundlage mit allen nötigen Mitteln aufrechtzuerhalten. Der Staat hat in seiner Funktion gewisse Spielräume, die er nicht überschreiten kann. Ich kann beispiels-weise nicht darüber abstimmen, ob die Ei-gentumsverhältnisse geändert werden sol-len. Das wäre verfassungswidrig. Diese Din-ge lassen sich nicht auf parlamentarischem Weg verändern.

Und du denkst, sie müssen geändert wer-den?

le singt: «Us Prinzip nöd in McDonald’s/ isch alles Hippiekacke/ nume so Biozügs esse/ isch alles Hippiekacke.» Es geht bei den Züri-Hippies um Lifestyle, um «huufe Lärm und leeri Hülle/ womer tüend mit Al-kohol fülle».

Und welche Rolle spielt das Che-Shirt? «Ich denke, es kommt darauf an, wer es wie trägt. Sieht es modisch aus und der Träger liest dazu Hemingway, dann ist es definitiv hip.» Ziel ist, dabei zu sein, nicht gegen den Strom zu schwimmen. Selbst wenn der ein-zelne Hippie denkt, dass er das tue. «Es gibt Leute, die klug daherreden und glauben, ei-ne eigene Meinung zu haben. Aber im End-effekt ist diese Meinung mit der einer ande-ren Person austauschbar. Alle gehen in die-selbe Stromrichtung.»

Protestiert Ian Constable mit seinem Song gegen diese doch ziemlich kleinkarier-te Szene? «Ich wehre mich dagegen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich bin ja auch Teil dieser Szene. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht zu ernst nimmt und versucht, offener zu sein.» Bevor er mich nachdenk-lich im Café sitzen lässt, um die zweite

Was schreiben wir auf unser leeres Schild?

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Gesellschaft, wie sie jetzt ist, komplett abzu-schaffen.

Fehlt der Protest möglicherweise des-wegen, weil wir ihn nicht (mehr) ernst neh-men? Und ist desillusioniertes Lachen nicht viel bequemer, als sich mit den täglichen Widersprüchen auseinanderzusetzen und Erklärungen oder Alternativen zu suchen?

Es geht mich etwas an!Ebenfalls unzufrieden mit dem Status quo ist Lisa*. Sie engagiert sich seit zwei Jahren fürs «Bleiberecht», ein Kollektiv, das sich für die Rechte der abgewiesenen Flüchtlin-ge in der Schweiz einsetzt.

Wenn die Globalisierung zur Folge hat, dass Güter, Inhalte und Arbeitskräfte über Grenzen hinweg transportiert werden kön-nen, diese Grenzen zum eigenen Vorteil abge-baut werden dürfen, aber diese selben Gren-zen für einige Menschen undurchdringlich bleiben – oder sogar immer undurchdring-licher werden – dann widerspricht das mei-nem Gerechtigkeitsempfinden! Ich habe ein

Natürlich lesen und diskutieren wir in unse-rer Gruppierung viel zusammen über Theo-rie, aber mit der Perspektive, dass diese an-wendbar ist. Ziel ist, die Welt zu erklären, da-mit eine Veränderung stattfinden kann.

Das hat nichts mit Lifestyle zu tun?Ich habe keine moralischen Vorstellungen, die besagen, dass der McDonald’s schlim-mer ist als ein Kebabstand. Ich gehe arbeiten, ich zahle Steuern. Es gibt einen Widerspruch zwischen meiner Theorie und dem, was ich praktisch mache. Das ist aber das Problem der Realität, nicht meines.

Dieser Widerspruch ist schwer zu ertra-gen.Er führt bei vielen Leuten dazu, dass sie ir-gendwann die Theorie aufgeben. Es ist ein Widerspruch, den man aushalten muss. Ei-nige Leute haben mir gesagt, dass das Wis-sen darum, dass sie ökonomisch ausgebeu-tet werden, ihnen das Arbeiten erschwert. Für mich ist es eher eine Hilfe, weil ich sehe, dass die Probleme, die ich mit dieser Gesell-schaft habe, eigentlich gesellschaftliche Pro-bleme sind.

Definierst du dich über deine politische Haltung?Würdest du das auch einen FDP-Politiker fragen?

Für mich birgt der Kommunismus mehr ro-mantisches Potenzial als Liberalismus. Re-bellentum sells – solange es nicht zu ernst genommen wird.Es gibt die Tendenz dazu, Kommunisten als schräge Vögel oder Abenteurer darzu-stellen. Dabei geht es nicht darum, ein Che Guevara-Shirt zu tragen und die Faust zu erheben. Es geht um politische Inhalte. In diesem Punkt besteht zu FDP-Politikern kein Unterschied. Der Kommunismus ist ei-ne politische Entscheidung. Als Revolutio-när bist du kein Ausserirdischer, der nichts mit dieser Gesellschaft zu tun hat, sondern du bist in den gleichen Widersprüchen ver-strickt und in der gleichen gesellschaftlichen Situation wie zum Beispiel Menschen, die der FDP angehören. Natürlich sind die Mit-tel, die zur Umsetzung der politischen Zie-le eingesetzt werden, andere. Die FDP lebt in einem System, das ihren Vorstellungen mehr oder weniger entspricht, während für einen Kommunisten die Umsetzung der po-litischen Einstellung bedeuten würde, die

Demonstrieren ohne Inhalt, gegen und für Nichts.

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privilegiertes Leben. Aufgrund jener Zusam-menhänge sehe ich nicht ein, wieso Privilegi-en nach Ländergrenzen verteilt werden soll-ten. Dass ein Mensch aus den EU-Staaten ohne weiteres in die Schweiz einreisen darf, aber jemand aus Asien oder Afrika nicht – daher kommt mein Antrieb.

Stärkt die Hilfeleistung, die du anbietest, nicht letztendlich das System, das die Un-gerechtigkeit hervorbringt, die du zu be-kämpfen suchst?Das ist ein Widerspruch mit dem man sich auseinandersetzen muss. Mit dem Flüchtling-scafé, das den Menschen Essen, Unterkunft, Deutschkurse, rechtliche Hilfe und vieles mehr anbietet, machen wir so etwas wie So-zialhilfe. Aber wir schaffen auch einen Raum, in dem sich die Menschen politisch äussern und ermächtigen können. Dieses Projekt funktioniert, weil wir es mit politischen For-derungen und Kampagnenarbeit verbinden. Ich bin keine Marxistin in dem Sinn, dass ich glaube, dass es viele kleine Schritte und nicht eine Eskalation braucht. Ich glaube, da-für geht es den Leuten, die Flüchtlinge natür-lich ausgenommen, einfach zu gut.

Was für Max das Bedürfnis nach dem Verstehen der grossen Zusammenhänge

und deren Veränderung ist, äussert sich bei Lisa im kleinen Konkreten. Auch bei ihr ste-hen globale Beziehungen im Zentrum, aber durch das Anpacken an einem Punkt gelingt es ihr, das Ohnmachtsgefühl zu bekämpfen, das sie überkommt, wenn sie die Ungerech-tigkeit aus der Distanz betrachtet.

Ich muss mich mit diesen Dingen ausei-nandersetzen und verstehe nicht, wie andere Leute die Augen davor verschliessen können. Auch wenn es winzige Schritte sind, die man unternimmt, so muss ich meine Utopie den-noch verfolgen. Einfach dazusitzen und zuzu-sehen würde mich verreissen.

Ihre Aussage ist weder absurd noch leer

und kommt bestimmt nicht aus dem Drang, sich von der Masse abzuheben. Sie ist ein-fach ehrlich.

Vielleicht ist es an der Zeit, das Vaku-um, das der Tod Gottes – oder sollte ich sa-gen Ernesto Guevaras – hinterlassen hat, zu überwinden. Vielleicht sollten wir auf-hören, gegen Windmühlen zu kämpfen und beginnen, Verantwortung für unser Welt-verständnis zu übernehmen. Vielleicht fällt uns dann ja etwas ein, das wir auf das lee-re Schild schreiben könnten. rText Mari-na lienhard, bilder barbara graf

* Namen von der Redaktion geändert.

Ist der heutige Mensch des Protests überdrüssig oder sind mit dem Ist-zustand einfach alle zufrieden? Was schreibst du auf das leere Schild? Deine Meinung ist gefragt! Diskutiere im neuen forum auf www.studiversum.ch, nachdem du dich mit Ian constables «hippiekacke» in Stimmung gebracht hast. Sein musikalisches Statement hörst du unter www.myspace.com/ianconstable. Das im beitrag er-wähnte forum der zürcher Szene von Ron orp findest du auf www.ronorp.net und unter www.zuerimprov.ch gibt‘s Infos zu den sinnentleerten Demonstrationen.

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An Sie wird man sich sicher noch lange er-innern.Das ist jetzt nicht das, was mich am meis-ten beschäftigt. Andere Leute meinten, ich sei Teil der Schweizer Geschichte, weil ich als erster das Rundfunkmonopol gebro-chen habe. Ich hatte eigentlich viel kleine-re Brötchen backen wollen, aber je grösser der Widerstand wurde, desto bedeutender wurde das alles.

«Heavy lies the crown.» Sie machten die Anfänge. Tragen Sie damit eine Bürde?Ich habe natürlich eine Verantwortung und das spüre ich.

Radio Energy erhielt keine Konzession: Unterstützen Sie die Bemühungen von Ra-dio Energy für eine zusätzliche Konzessi-on, obwohl es gemäss UVEK sehr schlecht aussieht?Das ist nicht meine Aufgabe und es gab bei der Ausschreibung eine klare Anzahl Kon-zessionen. Radio Energy hatte sich sogar im Vorfeld dagegen ausgesprochen, dass es mehr Konzessionen gibt. Und jetzt, wo sie keine bekommen haben, wollen sie die Regeln hinterher ändern. Zusätzlich haben sie eine Beschwerde beim Bundesverwal-tungsgericht eingelegt, um uns zu verhin-dern. Sie spielen also ein doppeltes Spiel.

Finden Sie es nicht schade, dass es jetzt nicht mehr Platz für alle hat? Radio Energy ist praktisch aus dem Spiel.Das war nicht meine Entscheidung.

Klar.Der UKW-Bereich ist nun mal beschränkt. Ich hätte es seltsam gefunden, wenn ein-fach diejenigen, die schon immer da wa-ren, die Konzessionen bekommen hätten. Dann hätte man sich das ganze langwieri-

«ICH BIN KEIN PIRAT MEHR»

Guerillakämpfer brachten Sie auf die Idee der Radiorevolution. Die Karibik als Inspi-rationsquelle. Wurde da der Traum des Re-volutionärs geboren?Also, ich war an einer Revolution auf ei-ner Karibikinsel namens Grenada, wo ein paar junge Akademiker einen üblen Dikta-tor stürzten. In der Schweiz geschieht das nicht oft, dass man aufsteht und eine Re-volution vorfindet. Das Radiostudio war da der wichtigste Teil des Geschehens, und als junger Journalist ging ich da natürlich hin und realisierte dann: Das Radio kann eine wichtige Kommunikationsrolle spie-len. In der Schweiz hatten wir zu diesem Zeitpunkt ein Monopol und Radio war out. Als ich mit «Radio 24» nach Italien ging, hatte dies zu meiner Überraschung explo-sive Wirkungen. Die Hüter des Monopols, Bundesrat und SRG, taten alles, um mich daran zu hindern.

Der Widerstand trieb sie weiter an.Das ist klar. Wenn man mal mittendrin ist, gibt es nur einen Weg; nämlich nach vorn. Ich brauchte gar nicht viel Mut. Ich hat-te dort alles investiert: mein Geld, meine Zeit, mein Prestige und so weiter und sagte immer: «Wenn es nur ein Prozent Chance gibt, um erfolgreich zu sein, dann muss ich das nutzen.» Und genauso war‘s.

vON GUERILLAKäMPFERN INSPIRIERT, IST ER ENDE DER 70ER jAHRE ZUM MEDIEN-REvOLUTIONäR GEWORDEN. jETZT MISCHT ROGER SCHAWINSKI WIEDER IN DER RADIOLANDSCHAFT MIT. GESPRäCH MIT EINEM MACHER.

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«ICH BIN KEIN PIRAT MEHR»

ge und teure Verfahren ja sparen können. Radio Energy behauptet, sie hätten 59 Mit-arbeiter, aber davon sind nur sechs Redak-toren für den Inhalt abgestellt. Bei uns sind es doppelt so viele. Energy ist vor allem ein Marketing-Produkt. Sie konzentrieren ih-re Kräfte vor allem auf Promotionen. Bei uns steht hingegen das Programm ganz klar im Zentrum. Wir haben zwölf Redak-toren. Und es sind viel erfahrenere, besse-re Leute.

Ich habe das Gefühl, bei Energy war man sich von Anfang an zu sicher. Im Prin-zip haben sie es selber vergeben. Ich bin der Meinung, dass man gerade junge Leu-te, die Energy vor allem ansprechen will, optimal informieren sollte. So habe ich es früher bei Radio 24 gehalten. Das war mir sehr wichtig, denn darin sehe ich als Medi-enmacher eine besondere Verantwortung. Man muss sich in diesem Bereich echt Mü-he geben und immer ein bisschen mehr bieten, als von dieser Klientel eigentlich verlangt wird. Das ist auch der Ansatz von Radio 1. Deshalb haben Regierungsrat und Stadtrat unser Gesuch klar unterstützt. Die waren zum Teil genervt über Radiore-daktoren, die nicht einmal Grundkennt-nisse haben, und denen sie alles erklären müssen. Bei mir wusste man, dass ich ganz andere Ansprüche stelle. Und wenn sich Energy wie wir auch für die kleine Kon-zession beworben hätte, so hätten sie die-se mit Sicherheit bekommen. Da gab es schon eine gewisse Arroganz.

Radio 1 ist nur für «Erwachsene». Welchen Sender würden Sie den Jugendlichen denn empfehlen?Unter anderem uns. Weil beispielsweise gerade Studierende auch junge Erwachse-ne sind, wie wir es verstehen. Sie haben Ansprüche und wollen nicht vor allem

«Radio 1? Mir ist kein besserer Name eingefallen.»

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Ich glaube, da habe ich einen spannenden, viel versprechenden Ansatz gefunden, der mich völlig euphorisiert.

Aber es sind doch nicht alle anderen Radio-sender grundsätzlich schlecht?Nicht schlecht, aber vielleicht etwas weni-ger ambitiös. Wir bieten mehr Hintergrund-informationen, mehr Service-Informatio-nen und mehr Korrespondenten. Wir bewe-gen uns mehr im Informationsbereich und sind dabei mindestens so schnell wie das In-ternet. Und zusätzlich liefern wir Emotio-nen und grossartige Musik. Das Duzen, das ich damals eingeführt habe, habe ich nun wieder abgeschafft. Dieses flächendecken-de Duzen ging mir immer mehr auf den Wecker. Ich empfinde es oft auch als anbie-

«Bei zu wenig Wettbewerb schlafen alle ein.»

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doofe Hörerspiele und aufdringliche Pro-motionen für eine Unzahl von Veranstal-tungen über sich ergehen lassen. Und es wird ja bald ein neues Jugend-Radio in Zü-rich geben. Und dann hat es noch Virus und Dutzende von Sendern im Internet. Das Angebot wird nicht kleiner, sondern ständig grösser.

Wie ist der Entscheid gefallen, vom Fern-sehen wieder zurück zum Radio zu gehen? Seit Radio 24 liegen ja einige Jahre dazwi-schen.Fernsehen habe ich für mich in der Schweiz abgeschlossen. Das Privatfern-sehen kann sich hier nicht entwickeln. Die SRG dominiert klar und die Schweiz ist fast das einzige Land in der Welt, das solch ein Monopol hat. Das ist politisch so gewollt, was ich sehr bedaure. Daher entschied ich mich, für einige Jahre nach Deutschland zu gehen. Ich war Geschäfts-führer bei Sat 1 und fand das sehr span-nend: neues Personal, neue Bühne, neue Möglichkeiten, neuer Job. Nicht mehr als Unternehmer, sondern erstmals als Mana-ger. Als die Bedingungen für mich dann nicht mehr stimmten und alle angefangen haben, reinzureden, habe ich aufgehört.

Die Idee mit dem Radio war die Chance auf etwas Neues in der Schweiz.

Zurück zu den Anfängen: Dazumal waren es vor allem die Jungen, die Sie unterstützt haben. Sie wollten etwas Neues. Heute set-zen Sie auf die Erwachsenen.Ich wollte ein Radio, das ich auch selbst hö-re. Damals war ich jung und machte genau das Radio, das ich hören will. Jetzt werde ich bald 64 und will das intelligente Radio für den Grossraum Zürich. Die vielen gut aus-gebildeten und interessierten Menschen an den Universitäten, in den Banken, in Ser-vice-Industrien, die wurden bisher von kei-nem Zürcher Radio richtig angesprochen, das auch noch qualitativ hochstehende Mu-sik spielt und den ganzen Schrott auslässt.

Giorgio Behr geb. 1948 I verheiratet, Vater von vier Söhnen I 1970 Tenente fucilieri di montagna I 1971 Lizenziat & Handelsschullehrer I 1972 Berufsein-stieg bei KPMG I 1973 Aufstieg NLA Handball als Spieler I 1974 Doktorat & Vorprüfung WP I 1975 Rechtsanwalt I 1978 dipl. Wirtschaftsprüfer I 1979 Aufstieg NLB Handball als Trainer, dann Forschungsaufenthalt University of Washington, Seattle I 1982 Controlling & Restrukturierungen in der Industrie I 1984 Aufbau eigener Beratungsgesellschaft, später Verkauf an Partner I 1989 Professur Universität St. Gallen I 1991 Aufbau des eigenen Industrieunterneh-mens I 2005 Schweizer Meister Handball als Präsident I 2006 Präsident der Treuhand-Kammer I Hobbys: Tauchen, Museums-Bahn und Handball I

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Wirtschaftsprüfung: Wo Karrieren geboren werden. www.treuhand-kammer.ch

« Die breite Erfahrung des Wirtschaftsprüfers

hält Ihnen unzählige Wege offen. » Prof. Dr. Giorgio Behr, dipl. Wirtschaftsprüfer, Unternehmer, Schaffhausen

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dernd. Vielleicht ist es Zeit, hier wieder et-was selektiver vorzugehen.

Macht es das Radio nicht unpersönlicher, wenn man das Duzen abschafft?Im Gegenteil. Es ist ehrlicher. Der Zeitgeist ändert sich eben immer wieder – und ich glaube, dass ich ihn immer recht gut erfasst habe. Wenn alle das eine tun, dann muss ich nicht wie andere hinterher hecheln. Dann überlege ich mir, wie ich innovativ sein kann.

Fühlen Sie sich noch immer als Pirat, ob-wohl Sie heute das politische Spiel wun-derbar beherrschen?Heute bin ich kein Pirat mehr. Das ist auch keine Aufgabe für ein ganzes Leben. Aber ich bin auch bewusst nicht Teil des Estab-lishments geworden. Der Piratengeist, der sich gegen die Mächtigen auflehnt, ist im-mer noch in mir drin. Das bringe ich wohl nie ganz weg. Und das ist gut so.

Der Traum des Revolutionärs. Haben Sie bereits alle Ziele erreicht? Oder gibt es et-was, das Sie noch erreichen möchten?Ich setze mir keine theoretischen Ziele. Ich will heute etwas machen, das mir ent-

spricht. Ich habe meine Firma damals ja auch deswegen verkauft, weil sich alles im-mer wiederholt hat. Ich hatte einfach eine Überdosis «Talk Täglich», zu viel Christoph Blocher, zu oft Nella Martinetti. Am Schluss konnte ich einfach nicht mehr. Nach sieben Jahren Interviewerpause sind meine Batte-rien jetzt wieder voll geladen.

Wie denken Sie heute über Radio 24, ihr «Baby»? Noch hörbar oder ist es zu sehr auf junge Leute ausgerichtet?Es ist ein professionelles Radio. Leider ist es im eigenen Anspruch zurückgefallen. Der Pioniergeist ist in diesem Tamedia-Kon-zernradio vollständig verloren gegangen, ebenso gibt es die langen, ambitiösen Wort-sendungen wie «Pulsnehmer» oder «Dop-pelpunkt» nicht mehr. Ich bin natürlich im-mer stolz auf die Geschichte von Radio 24 und freue mich, wenn der Sender weiter-hin Erfolg hat. Und ich weiss, dass das Ra-dio noch heute sehr stark vom Image profi-

tiert, das wir damals aufgebaut haben. Und ich glaube, eine gute Konkurrenz ist das Beste, was Radio 24 passieren kann.

Was denken Sie, welches Image haben Sie sich selber geschaffen über all die Jahre?Wenn ich so durch die Strassen gehe, ha-be ich das Gefühl, die Leute schätzen mich eher mehr als früher, und zwar für alles, was ich getan habe. Und dass ich nach all den vielen Jahren noch nicht abgesackt bin, son-dern immer noch den Kämpfergeist in mir trage. Ich hoffe, dass dies viele andere mo-tiviert, es ebenso zu machen. Denn das Le-ben geht viel länger, als man es sich als jun-ger Mensch vorstellen kann.

Und wenn ein Viktor Giacobbo Sie als selbstbezogen imitiert, können Sie das mit Humor sehen?Das nehme ich als Kompliment. rText Raf-faela angstmann, bilder Reto loser, bar-bara graf

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DIE NADEL-STICHTAKTIK

sche Fahrzeuge, Überfälle auf einzelne Mi-litärstützpunkte bis hin zur vorübergehen-den Besetzung kleiner Ortschaften.

Die ersten Guerillakämpfe, die auch diesen Namen trugen, fanden während des spanischen Unabhängigkeitskrieges gegen die französischen Truppen Napoleons an-fangs des 19. Jahrhunderts statt. Den unter-legenen spanischen Truppen schlossen sich immer mehr Zivilisten an, um in klei-nen Kampftrupps und mit primitiven Mit-teln gegen das französische Heer zu kämp-fen. Im Häuserkampf sollen sich Frauen teilweise mit kochendem Wasser zur Wehr gesetzt haben.

Unter ZivilistenHier zeigen sich zwei typische Eigenschaf-ten des Befreiungskampfes durch Guerilla-krieger: Der Widerstand, oftmals aus ein-zelnen Personen und Gruppen zu einer Bewegung gewachsen, steht einer formel-len Armee gegenüber, die militärisch über-legen ist. In diesem Zusammenhang wird auch von «asymmetrischer Kriegsführung» gesprochen. Auf der einen Seite steht eine aufgerüstete Militärmaschinerie, auf der anderen Seite ist oftmals bereits die Be-schaffung von einfachen Waffen eine Her-ausforderung.

Ein weiteres Merkmal der Guerilla ist die Verschmelzung von Kämpfenden und Zivilisten. Im positiven Fall bedeutet das: Die Guerilla ist der militärische Arm einer politischen Bewegung, die gegen die Un-terdrückung der eigenen Regierung oder einer Besetzungsmacht kämpft. Da der re-guläre politische Weg aussichtslos scheint, unterstützen die Zivilisten den Wider-stand und bilden somit das Rückgrat der Bewegung. Sie stellen Geld, Unterschlupf und Informationen zur Verfügung oder nehmen aktiv an den Kampfhandlungen teil.

Im ersten Buch Samuel kämpft der kleine, aber flinke David gegen den scheinbar übermächtigen Goliath. Hätte der bibli-sche Kampf in der Neuzeit stattgefunden, wäre David wohl als Guerillakämpfer in die Geschichte eingegangen. Und die Kriegsexperten würden seine geschickte asymmetrische Kriegsführung analysie-ren. Denn der metaphorische Kampf Da-vids liefert ein Bilderbuchbeispiel für die Vorgehensweisen eines Guerilleros.

Mobilität gewinntIm einfachsten Sinn beschreibt Guerilla ei-ne militärische Taktik. Ganz im Gegensatz zu den früheren Grabenkämpfen agieren die Kämpfer in kleinen selbstständigen Einheiten. Entscheidend ist, dass sie sich auf diese Weise sehr flexibel im Gelände bewegen, zeitweise als Kämpfer von der Bildfläche verschwinden und dem Feind mit Überraschungsangriffen Schaden zu-fügen können. Ziel ist nicht der unmittel-bare grosse Coup, sondern die langwierige Zermürbung des Gegners. Jeder kleine An-griff ist ein Nadelstich in die Haut des Fein-des; wer nur lange genug sticht, trifft ir-gendwann auch seine Kampfmoral und so-mit sein Herz. In der Praxis heisst das: Anschläge aus dem Hinterhalt auf gegneri-

GUERILLAKRIEGE STEHEN FüR MyTHEN-HAFTE BEFREIUNGSKäMPFER UND KRIMINEL-LE REBELLENGRUPPEN. SELTEN LäSST SICH DAZWISCHEN EINE KLARE LINIE ZIEHEN. EINE RUNDSCHAU vON CHE GUEvARA üBER SCHWEIZER NOTFALLSZENARIEN BIS ZUM KRIEG GEGEN DEN TERROR.

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DIE NADEL-STICHTAKTIK

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ermöglichen, veröffentlichte er 1961 seine Erfahrungen aus der kubanischen Revolu-tion. Zentraler Baustein ist die sogenann-te Fokus-Theorie «Foquismo». Damit pos-tuliert Che unter anderem die These, dass eine erfolgreiche Revolution nicht so lange warten muss, bis die notwendigen Bedin-gungen in der Zivilbevölkerung herrschen. Vielmehr können diese Bedingungen durch gezielte Revolte einer ursprünglich kleinen Guerillagruppe geschaffen werden.

Dass seine Analyse grundlegende Fehler aufwies, bezahlte Che Guevara sechs Jahre später mit dem Leben. Nachdem er der Po-litik des postrevolutionären Kubas den Rü-cken zugekehrt hatte, versuchte er mit we-nigen Weggefährten, eine Revolution in Bo-livien anzuzetteln. Doch die Unterstützung der bolivianischen Bevölkerung blieb weit-gehend aus: weder die indigene Landbe-völkerung noch die Bergarbeiter noch die kommunistische Partei schlossen sich sei-ner militärischen Bewegung an. Die Opera-tion endete nicht einmal neun Monate nach deren Anfang mit Che Guevaras Exekution durch das bolivianische Militär.

Schweizer PräzisionsanleitungKuba, Kambodscha, Kolumbien – stereoty-pe Schauplätze von Guerilla-Aktivitäten. Ein nicht unwesentlicher Beitrag zu den Betrachtungen der Guerilla-Kriegsführung stammt aber aus der Schweiz. Die Eidgenos-senschaft war während des Zweiten Welt-krieges gerade noch mit dem Schrecken da-vongekommen, als sich nach dem Kriegs-ende bereits ein neues Besetzungsszenario am (östlichen) Horizont abzeichnete. Der ungewisse Verlauf des Kalten Krieges ver-anlasste Hans von Dach, Major der Schwei-zer Armee, eine detaillierte Guerilla-Anlei-tung zu verfassen. Er ging ganz einfach von der Annahme aus, dass feindliche Gruppen grosse Teile der Schweiz einnehmen wür-den und stellte sich die naheliegenden Fra-gen: «Was tun die Soldaten? Was tun die Zi-vilisten?»

Seine Antwort umfasst sieben Bände, wovon vor allem der erste Band «Der tota-

rund um Pol Pot ein Leichtes, die Landbe-völkerung für ihre kommunistische Idee zu gewinnen. Im Urwald bauen sie ihre Guerillabewegung «Rote Khmer» auf und kontrollieren bereits Ende der 60er Jahre den Norden des Landes. Am 17. April 1975 wird die Hauptstadt Phnom Penh einge-nommen und der grösste Teil der kambo-dschanischen Bevölkerung freut sich an diesem Tag auf eine bessere Zukunft.

Nicht einmal vier Jahre später sind um die zwei Millionen Kambodschaner tot. Da-mit die Bevölkerung für die ehemalige Gue-rillabewegung und spätere Partei keine Be-drohung darstellt, werden die Städte nach der Revolution innert Tagen entvölkert und die Menschen auf die Felder zur Arbeit ge-trieben. Das Regime entwickelt immer pa-ranoidere Züge und lässt potentielle Geg-ner und Verräter aus den eigenen Reihen zu Tausenden umbringen – während die Bevölkerung auf den Feldern ackert, hun-gert und stirbt. Der anfängliche Wunsch nach verbesserten Lebensumständen hat-te sich nach wenigen Jahren zum Albtraum entwickelt.

Che, der Übervater der GuerillerosSo ging Pol Pot als Kriegsverbrecher und nicht als Held des Guerillakampfes in die Geschichte ein. Dieser Platz gehört einem anderen: Che Guevara. Sein Engagement im Befreiungskampf um Kuba an der Sei-te von Fidel Castro macht ihn zum Sinn-bild des Guerillas. Sein Leben wurde nach seinem Tod zur Legende hochstilisiert und hätte der Guerillakampf eine Corporate Identity, würde sie bestimmt das Konterfei von Che Guevara zeigen. Was nicht heissen soll, dass auch Che bei Misstrauen gegen-über Mitstreitern vor eigenhändigen Exe-kutionen nicht zurückschreckte.

Che Guevara konnte jedoch nicht nur mit Waffen, sondern auch mit dem Schreib-zeug etwas anfangen. Wie andere bekannte Revolutionäre, etwa Mao Zedong oder Ho Chi Minh, verfasste er theoretische Schrif-ten zum Guerillakrieg. Mit der Absicht, weltweit erfolgreiche Befreiungskämpfe zu

Vielerorts jedoch trügt diese harmoni-sche Vorstellung und die grausame Reali-tät des Guerillakampfes zeigt ein vollkom-men anderes Bild. Schon während des spa-nischen Unabhängigkeitskrieges nutzten die Gruppierungen ihre gewaltsame Stär-ke und zogen auf Kosten der Zivilbevöl-kerung als Räuberbanden durch das Land. Auch heutzutage gilt: Hat die Guerilla eine gewisse Grösse erreicht, wird die Unterstüt-zung durch die Zivilbevölkerung wo nötig auch mit purer Waffengewalt erzwungen. Das Eintreiben von Steuern und Schutzgel-dern gehört in den durch die FARC kont-rollierten Gebieten Kolumbiens zum Tages-geschäft und aus dem Gazastreifen mehren sich die Berichte, wonach Hamas-Gegner gezielt umgebracht würden.

Revolution als AlbtraumWie dünn die Linie zwischen herbeige-sehntem Machtwechsel und Missbrauch der Zivilbevölkerung durch die Guerilla ist, zeigt die Geschichte Kambodschas wie keine Zweite. 1963 ist Kambodscha zwar seit fast zehn Jahren unabhängig, doch die Lage der Bevölkerung ist schlecht und die Wut auf die reiche und korrupte Regie-rungselite dementsprechend gross. In die-sem Umfeld ist es für die jungen Studenten

«In Brand stecken ist die beste Methode. Ergibt Totalscha-den. Sprengen ist eine gute Methode. Es werden wesentliche Teile zerstört.»

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le Widerstand – Kleinkriegsanleitung für Jedermann» als Standard-Werk der Gue-rilla-Kriegsführung gilt. Akribisch genau werden mögliche Organisationsformen, Angriffstaktiken, Bewaffnungsmöglichkei-ten und viele weitere Aspekte des Wider-stands gegen die Besatzungsmacht aufge-zeigt. Eine kurze Leseprobe: «Motorfahr-zeuge werden zerstört durch: a) in Brand stecken; b) sprengen; c) über einen Ab-hang stürzen. In Brand stecken ist die bes-te Methode. Ergibt Totalschaden. Sprengen ist eine gute Methode. Es werden wesentli-che Teile zerstört. Über einen Abhang stür-zen ist eine unsichere Methode. Bei kleine-ren Böschungen werden eventuell nur ge-ringfügige Schäden verursacht.» Auf diesen Abschnitt folgen genaue Anleitungen, um obere Methoden umzusetzen. Da erstaunt es nicht, dass dieses Buch bei Verhaftungen von RAF-Terroristen in Deutschland mehr-fach gefunden wurde und das Werk in eini-gen Ländern zeitweise nicht verkauft wer-den durfte.

Guerilla vs. TerrorismusDas politische Szenario, die Ausrüstung der Kämpfer und die technischen Kommuni-kationsmöglichkeiten, die Hans von Dachs

Buch zu Grunde liegen, scheinen aus euro-päischer Sicht heute veraltet zu sein. Tat-sache ist jedoch, dass aktuell rund um den Globus mit sehr ähnlichen Methoden Wi-derstand geleistet wird und Terrorattacken ausgeführt werden. Denn auch Terroristen führen einen asymmetrischen Krieg und bedienen sich demzufolge gerne und erfolg-reich den Taktiken und Mitteln der Guerilla. Dabei dient der einzelne Anschlag weniger einer militärischen Strategie als dem Ziel, durch Angst und Schrecken Druck aufzu-bauen und so die politischen Ziele zu errei-chen. Die selbstgebastelte Bombe wird zum Kommunikationsmittel. Eine theoretische Abgrenzung von Terrorismus und Guerilla-kampf ist durchaus möglich, doch der Grau-bereich dazwischen bleibt riesig. Galten die tamilischen «Tigers» vor einigen Monaten noch als erfolgreiche Guerilla-Armee, wer-den sie nun immer öfters als brutale Terror-organisation verschrien. Und wenn sich im Irak der nächste islamistische Selbstmor-dattentäter gegen die US-Besatzung in die Luft jagt, reduziert sich die Frage nach Ter-rorismus oder Guerillakampf schliesslich darauf, aus welcher Perspektive der Kon-flikt betrachtet wird. rText chris buch-mann, bild Mathias Walther

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BOTSCHAFT AUS DEM HINTERHALT

Schräge Aktionen sorgen für FuroreAuch in Schweizer Städten haben Aktio-nen in Banksy-ähnlichem Stil für rote Köp-fe gesorgt. Im Februar dieses Jahres hat zum Beispiel ein junger Künstler mehrere Strassenschilder in der Region Luzern an-gebracht. Darauf stand geschrieben: «Bei Rot bitte über sich nachdenken» oder «You are beautiful». In Zürich wurden Sitzbänke mit Beschriftungen wie «Nur für Christen» oder «Nur für Steuerzahler der Stadt Zü-rich» gesichtet; die Verantwortlichen wur-den strafrechtlich verfolgt. Für Aufruhr sorgte auch der Aktions-künstler Johannes Gees: An verschiede-nen Kirchtürmen in St. Gallen, Zürich und Bern hatte er Lautsprechanlagen ange-bracht, woraus mittels MP3-Player die Rufe eines Muezzins über die Städte hallten. Vor dem Obergericht begründete er seine Akti-on damit, dass er im Hinblick auf die Mina-rett-Initiative seinen Teil gegen das Verbot beitragen wollte und den Bürgerinnen und Bürgern somit die Augen (und Ohren) zu öffnen gedachte.

Guerilla-Marketing in der PolitikEin weiteres Beispiel hat die Abstimmung zur Personenfreizügigkeit im Februar gelie-fert. Verschiedene Jungparteien haben sich zusammengeschlossen und innovative Ide-en für den Wahlkampf auf den Strassen ent-wickelt. So wurden im Rahmen der über-parteilichen Jugendkampagne «dabei-blei-ben.ch» kurz vor dem grossen Tag rund 5‘000 europablaue Überzüge über Fahrrad-sättel gestülpt mit der Aufschrift: «Auch dein Arsch ist bilateral. Schützen wir ihn.»

Ein bekannter Vertreter der Guerilla-Kunst ist Banksy, der seit Mitte der 90er Jahre die Strassen Londons und andere Orte rund um den Globus «verziert». Dass er die Auf-merksamkeit von Millionen Menschen auf sich zu ziehen vermag, liegt vermutlich da-ran, dass er paradoxe Inhalte auf humor-volle Art aufeinanderprallen lässt: Da wirft ein vermummter Demonstrant mit Blumen statt mit Steinen, die Skulptur eines Guan-tánamo-Häftlings steht mitten im Disney-land, die Mona Lisa trägt eine Panzerfaust zum Anschlag und im Londoner Zoo hat er «Fisch langweilt uns» ins Gehege der Pingu-ine geschrieben.

Banksys gesellschaftskritische Strassen-kunst hat sich trotz (oder wegen) aller Ille-galität ins Bewusstsein der Passanten ge-brannt und sich vom rebellischen Vanda-lismus in hochbeachtete Kunst verwandelt. Viele seiner Werke werden bei Auktionen renommierter Kunsthäuser zu Spitzenprei-sen versteigert. Er bricht mit allen Regeln des Kunstmarktes und schafft den Spagat zwischen Strasse und Galerie.

GUERILLA-STRATEGIEN HALTEN SOWOHL INKUNST UND POLITIK ALS AUCH IN DER WERBEBRANCHE EINZUG: MIT PREISWERTEN, ABER EFFIZIENTEN MITTELN UND EINER ZüNDENDEN IDEE WIRD vERSUCHT, BEI DER ZIELGRUPPE AUF MAxIMALE RESO-NANZ ZU STOSSEN.

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BOTSCHAFT AUS DEM HINTERHALT

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Die Guerilla-Werber bewegen sich oft an der Grenze der Legalität, wodurch sie das medi-ale Interesse auf sich ziehen.

Die Kunst zielt mit ihrer eigenen Sprache und Kreativität oft ins Herz der politischen und gesellschaftlichen Diskussion, wobei deren Grenzen zum (Polit-)Marketing im-mer fliessender werden, wie obiges Beispiel erkennen lässt. Ideen und Standpunkte wer-den zu einfachen Worten komprimiert, mit einer Dosis Provokation versehen und durch geeignete Mittel in den Alltag einer möglichst breiten Masse gespritzt.

Alternative Werbekanäle gesuchtSo wie sich Banksy den Gesetzen des Kunst-marktes widersetzt, bricht auch das Gue-rilla-Marketing mit den herkömmlichen Werbemitteln. Mitten in Amerikas Unter-nehmenskrise der 80er Jahre erschien Jay Conrad Levinson auf der Bildfläche. Mit sei-nem Bestseller «Guerilla Marketing» traf er den Nerv der Zeit: Es gelang ihm, ein revo-lutionäres Verkaufssystem zu entwickeln, das auf unkonventionellen Methoden be-ruht und den Widerspruch auflöst, effizien-tes und gleichzeitig kostengünstiges Marke-ting zu betreiben. Jay Conrad Levinson zeigt auf, dass ein Guerillero-Werber mit origi-nellen Ideen, Kreativität und Einsatz weit mehr zu erreichen vermag, als viele Marke-tingprofis in den üppigen PR-Abteilungen zahlreicher Unternehmen.

Die Umsetzung dieser Guerilla-Ideen im Marketingbereich findet sich heute über-all: in öffentlichen Toiletten, im Lift, auf den grünen Robidog-Boxen und auf dem Pizza-schachtel-Deckel. Selten bleibt eine Flä-che vor der Werbung verschont. Und diese soll den Kunden unerwartet treffen, über-all und mit voller Wucht. So hat die Schwei-zer Werbeagentur «Face» angefangen, ihre Werbung für Hygieneartikel auf dem stil-len Örtchen zu platzieren. «Klommunika-tion» nennt es die Agentur selbst und ver-folgt ein Prinzip im Stil von «Werbung, an der keiner vorbeikommt, weil jeder dran vorbeikommt». Auch andere Agenturen haben diese Technik für sich entdeckt und ziehen mit. Die Berner Kleinagentur «Go-

rillas» versteht sich als «Querdenkeragen-tur» und hat sich zum Ziel gemacht, durch «freche und rebellische Werbung nachhal-tigen Eindruck beim Zielpublikum zu hin-terlassen».

Die Werbung schlägt aus der Lauer-stellung zu und trifft den Strassenpassan-ten, den Restaurant- und Kinobesucher so-wie die Bus- und Zugfahrer. Hauptsache ist, dass Produkt, Kundschaft und Location zu-einander passen.

Werbung durch GesetzesbrücheIn einer schnellen Zeit der knappen Auf-merksamkeit wollen die Werber von kultu-rellen Organisationen, kommerziellen Un-ternehmen und anderer Einrichtungen mit originellen Ideen bestechen – und bewe-gen sich dabei oft an der Grenze der Lega-lität. Es gilt: Je spektakulärer die Aktion ist, desto mehr gibt sie zu reden und wird auch von den Medien aufgenommen und gratis weiterverbreitet. Da lässt das schwedische Möbelhaus Ikea ein Bett mit darin schlum-mernder Prinzessin durch die Stadt Zü-rich schieben, und Luzern Tourismus lässt auf den Strassen mehrere Tausend Briefta-schen liegen, die mit Gutscheinen gefüllt

sind. Die Passanten meinen, einen Geld-beutel gefunden zu haben und entdecken die Werbung beim Öffnen des Portemon-naies. Solche Aktionen sind in den meisten Schweizer Städten verboten, was den Ver-antwortlichen zwar bewusst ist, doch neh-men sie das Risiko einer Busse in Kauf. Die Gesetzesbrüche ziehen wiederum das me-diale Interesse auf sich, was zusätzliche Pu-blicitiy bringt.

Guerilla-Marketing bald überreizt?Der Reichtum an Ideen in der farbigen Werbewelt kennt fast keine Grenzen. So hat vor einiger Zeit ein Jugendlicher aus Nebraska seine Stirn auf dem Internet-markt Ebay als Werbefläche angeboten. Ge-gen eine Entschädigung von einigen Tau-send Franken trägt er jetzt Werbung für ein Anti-Schnarchmittel über seinen Augen-brauen. Auch in Deutschland wurde die-se Idee des lebendigen Aushängeschildes aufgenommen: Studierende in finanziellen Nöten können sich eine Werbeschrift auf die Stirn aufmalen lassen und sich für ein paar Euros einige Stunden lang in der Stadt lächerlich machen. Der Wirkungsgrad der Werbung sei dahingestellt.

Im Krieg um die Gunst und die Auf-merksamkeit der Kunden sind, wie es scheint, alle Mittel recht. «Der Zweck hei-ligt die Mittel», wie es schon der Kriegsstra-tege Nicolo Machiavelli vorgemacht hat. Doch genau so wie die klassischen Wer-bemittel der Reizüberflutung zum Op-fer gefallen sind, könnte auch die Strate-gie des Guerilla-Marketing ermatten. Was jedoch den wohl entscheidenden Unter-schied ausmacht, wurzelt in der Ideologie selbst: Kernpunkt des Guerilla-Marketing und aller damit vernetzten Theorien ist, die Themen und das Produkt aus einem neu-en und unkonventionellen Blickwinkel zu betrachten. rText nina fargahi, bild ni-cole bräm

neugierig geworden? Eine auswahl von banksys bemerkenswerter Strassenkunst ist unter www.banksy.co.uk zu finden, weiterführende Informationen zu jay conrad levinsons guerilla-Marketing unter www.gmarketing.com.

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Land. Jonathan hatte bereits alle Hoffnung verloren, bis ihn eines Tages die frohe Bot-schaft erreichte: «4 – kein Kommentar.»

Jonathan ist kein Einzelfall. Fehlen-de Transparenz bei der Benotung von Prü-fungen und Semesterarbeiten, verspätete Rückmeldungen oder fehlendes Feedback können für die Studierenden ein grosses Ärgernis sein. Was viele nicht wissen: Kor-rekturfristen sind in den Wegleitungen der meisten Studienrichtungen an den Schwei-zer Hochschulen klar geregelt. Studis haben ein Recht auf zeitnahe Korrektur und ein angemessenes Feedback.

Schriftlicher Kommentar obligatorischDie Studienordnungen halten in der Regel fest, innerhalb welcher Frist Seminararbei-ten von den Dozierenden kommentiert und bewertet werden sollen. In der Wegleitung zum Studienfach Geschichte an der Univer-sität Basel heisst es zum Beispiel: «Der oder die Dozierende legt den Abgabetermin fest und korrigiert, kommentiert und bewertet die Arbeit innerhalb von sechs Wochen. Zusätzlich zum schriftlichen Kommentar können Stärken und Schwächen der Ar-beit auch mündlich erläutert werden.» Ein schriftlicher Kommentar zur Arbeit ist ex-plizit vorgesehen.

Bei Master- oder Lizenziatsarbeiten sei die Korrekturfrist durch das jeweilige Prü-fungssemester gegeben, sagt Heidi Moor, Dekanatssekretärin des Philosophischen Dekanats der Universität Zürich. Die ent-sprechenden Kreditpunkte müssten zu ei-nem vorgegebenen Zeitpunkt eingegeben werden. Im Studienfach Geschichte an der Uni Basel muss der Entscheid über Annah-me oder Ablehnung innerhalb von zwei Wochen nach Abgabe der Arbeit erfolgen. «Masterarbeiten sind in der Regel innerhalb von zwei Monaten zu korrigieren», sagt hin-gegen Esther Ziegler vom Studiendekanat der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakul-tät der Uni Basel. Auch die Praxis bezüg-

Wenn hartnäckigkeit nicht mehr hilft, können die studentischen körperschaften an den Universitäten, welche die Interessen der Studierenden vertreten, bei Streitigkeiten über arbeiten und Prüfungen helfen. Die jeweiligen fachgruppen der verschiedenen Studienrichtungen sind bei Unklarheiten eine gute an-laufstelle. Die fachgruppen sind über die Studien-ordnungen ihres Studiengangs informiert und können deshalb dazu beitragen, lösungen zu finden.

Diesen artikel findest du auch im forum unterwww.studiversum.ch. Diskutiere mit und teile deine Erfahrungen rund ums Warten auf die benotung deiner arbeit!

lich Einsicht in Prüfungen kann sich von Fakultät zu Fakultät unterscheiden. In der Philosophischen Fakultät Zürich besteht ein Recht auf Prüfungseinsicht nur dann, wenn diese nicht bestanden wurde. Die Ju-ristische Fakultät in Luzern hingegen scannt Prüfungen ein und stellt diese zur Einsicht für die Studis ins Internet.

Studis brauchen HartnäckigkeitExpliziter sind die Regeln bei der Benotung der Arbeiten. Die Betreuer der Master- oder Lizenziatsarbeiten müssen ein Gut-achten erstellen. «Selbstverständlich müs-sen die Betreuer die Arbeit dann auch mit dem oder der Studierenden besprechen», sagt Heidi Moor. Die Note der Masterarbeit ergibt sich aus dem Notendurchschnitt der beiden Gutachten von Referent und Kore-ferent, wobei die Prüfungskommission ein zusätzliches Gutachten einfordern kann, wenn die beiden Referenten mit ihren Be-wertungen mehr als eine Note auseinander liegen. Auf diese Weise soll die Transparenz bei der Benotung der Arbeiten gewährleis-tet werden.

Anders als bei Liz- und Masterarbeiten gibt es bei regulären Semesterarbeiten und Semesterprüfungen teilweise mehr Spiel-raum. Die Benotung ist den Dozierenden überlassen und die Korrekturfristen sind je nach Studienrichtung weniger klar festge-legt. Die Fachgruppen verschiedener Stu-dienrichtungen erklären jedoch auf An-frage, dass es unter dem Strich ziemlich wenige Reklamationen über zu lange War-tezeiten und fehlendes Feedback gebe. Es komme eher selten vor, dass Semesterar-beiten erst nach langem Warten und dazu noch kommentarlos retourniert würden. Dagegen hilft dann oft nur eine gehörige Portion Hartnäckigkeit – beim Prof nach-zuhaken lohnt sich mit Sicherheit! rText Marco luterbach, Illustration Rita Peter

* Vollständiger Name der Redaktion bekannt

UNIPOLITIK

Jonathan* hat einen ganzen Monat von Sonnenauf- bis -untergang gearbeitet, und manchmal auch danach. Dann, endlich, wa-ren die Früchte seiner Arbeit reif und es be-gann das grosse Warten. Monate gingen ins

das Grosse WartenlangE WaRTEzEITEn bEI DER koRREkTUR Von SEMESTERaRbEITEn, fEh-lEnDES fEEDback UnD MangElnDE TRanSPaREnz bEI DER bEnoTUng Von PRüfUngEn SInD füR STUDISEIn gRoSSES äRgERnIS. In SolchEn fällEn gUT zUWISSEn: STUDIEREnDE habEn REchTE, aUf DIE SIE PochEn könnEn.

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zer war Dimitri Cuche (bis letzte Saison im B-Kader) – der Neuenburger siegte im Rie-senslalom und Slalom. Mit Christoph Bo-ner (Bronze in Abfahrt und Super-G), Mire-na Küng (Silber in der Abfahrt), Eliane Vol-ken (Silber im Slalom) und Manuel Eicher (Bronze im Skicross) gehören auch die wei-teren Medaillengewinner zu jenen Schwei-zer Skitalenten, die den Durchbruch noch vor sich oder ihre Karriere zu Gunsten des Studiums etwas zurückgestellt haben.

Austausch zwischen den NationenDie Universiade ist eine Art «Olympische Spiele der Studierenden». Vieles ist mit Olympia vergleichbar, einiges wesentlich lockererer: So leben Teilnehmenden in ei-nem «Olympischen Dorf», wo der Aus-tausch zwischen den verschiedenen Sport-arten und Nationen nicht zu kurz kommt. Vor einem Wettkampf ist der Fokus natür-lich voll auf den jeweiligen Einsatz gerich-tet, aber danach geht man auch mal zusam-men ein Bier trinken. Die grosse Party steigt

Die Universiade ist (nach den Olympischen Winterspielen) der zweitgrösste Winter-sportanlass der Welt – in Harbin waren in den 44 Delegationen total 2‘366 Studieren-de dabei. Das Disziplinenspektrum deckt sich bis auf wenige Ausnahmen (zum Bei-spiel Bob, Rodeln, Skeleton) mit dem olym-pischen Programm, das sportliche Niveau ist in den meisten Disziplinen mit dem Weltcup vergleichbar. Viele Sportler sam-meln in diesem Rahmen ihre ersten Gross-anlass-Erfahrungen, die ihnen im weite-ren Verlauf ihrer Karriere an Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften zu Gu-te kommen. Wie zum Beispiel Sandro Bo-ner (Swiss Ski, B-Kader), der in den alpinen Skidisziplinen drei Goldmedaillen gewann. Oder Tamara Wolf (ebenfalls B-Kader): Seit ihrem Abfahrtssieg an der Junioren-WM 2003 konnte die Engadinerin nie mehr ei-nen Winter gesund beenden. Sie erlebte mit der Universiade 2009 ihren ersten Gross-anlass und gewann die beiden Speed-Dis-ziplinen. Der dritte goldgekrönte Schwei-

olympia fur studis EnDE fEbRUaR IST DIE 85-köPfIgE SchWEIzER DE-lEgaTIon Von DER 24. WInTERUnIVERSIaDE aUS haRbIn (chIna) zURück-gEkEhRT. ES WaR EInE SEhR ERfolgREIchE MISSIon: DIE SchWEIzER aThlETIn-nEn UnD aThlETEn gE-WannEn ToTal 14 MEDaIl-lEn – So VIElE WIE noch nIE zUVoR.

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jeweils in der Schlussnacht, wenn alle ihre Wettkämpfe abgeschlossen haben. Am an-deren Morgen sehen die meisten älter aus als jene 28 Jahre, die als Alterslimite für ei-ne Universiadeteilnahme gelten.

Daniela Meuli mit von der PartieWie die Stimmung an der Universiade ist, zeigt das Beispiel von Daniela Meuli: Die Snowboarderin, die 2006 an den Olympi-schen Spielen von Torino den Parallel-Rie-senslalom gewonnen und danach ihre Kar-riere beendet hatte, gab für die Universiade 2007 (ebenfalls in Torino) ein «Mini-Come-back»: Daniela Meuli bewegte sich in Bar-donnecchia während einer Woche uner-kannt durch dasselbe Olympische Dorf, in dem sie ein Jahr zuvor nach ihrem Olympia-sieg kaum mehr Ruhe fand. An der Univer-siade plauderte sie – wie alle anderen – mit den Studierenden. Sie erlebte Begegnungen auf gleicher «Augenhöhe» und fühlte sich nicht als Star, der wie eine Statue auf einem hohen Sockel steht. An der Universiade in China war Daniela Meuli übrigens wieder mit von der Partie: Sie übernahm als Diszi-plinenchefin die Leitung der Sparte Snow-board. Eine völlig neue DimensionAber auch für das organisierende Land kann eine Universiade das Sprungbrett für Olympia sein. So erhielt China im Sommer 2001, als die Sommer-Universiade in Bei-jing durchgeführt wurde, den Zuschlag für die Durchführung der Olympischen Spiele 2008. Nun liebäugelt man in China mit den Winterspielen 2018 oder 2022, die Univer-siade in Harbin ist dazu eine perfekte Vi-sitenkarte. Denn im organisatorischen Be-reich haben die Chinesen für Universia-de-Verhältnisse neue Massstäbe gesetzt: mit 100‘000 freiwilligen Helferinnen und Helfern, 10‘000 Polizisten, Armee- und Si-cherheitsdienstangehörigen, über 1‘000 ak-kreditierten Medienschaffenden, über 100 Stunden Live-TV-Übertragung, einer gigan-tischen Eröffnungs- und Schlussfeier sowie riesigen Investitionen in Sportanlagen und Infrastruktur.

Über 100 Millionen TV-Zuschauer in ChinaDie Verkehrsverbindung vom Zentralort Harbin, einer für ihre Eis-Skulpturen be-kannten 9-Millionen-Stadt, in die 200 Ki-

lometer entfernte Skistation Yabuli erfuhr ein grösseres Upgrade für die Universia-de: So wurde eine Eisenbahnlinie ausge-baut und verlängert sowie ein Autobahn-zubringer erstellt. Die Skistation entstand innert vier Jahren quasi von null auf: Heu-te gibt es in den Bergen oberhalb der Klein-stadt Yabuli mehrere Hotelkomplexe, ein Wettkampfzentrum in der Grösse ei-ner Dreifachturnhalle, moderne Sessellif-te und Beschneiungsanlagen sowie Pisten, Loipen und Sprungschanzen nach FIS-Nor-men. Karl Frehsner, der frühere Erfolgstrai-ner der Schweizer Skiteams, stand den in Sachen Wintersport noch recht unerfah-renen Chinesen als Berater zur Seite. An der Universiade war der Österreicher in ei-ner Doppelfunktion dabei: als Sicherheits-experte bei den Wettkampforganisatoren und als Coach im Schweizer Alpinteam, wo die von ihm betreute Tamara Wolf nach zweijähriger Verletzungspause ihr Come-back gab. Sie war in Yabuli der grosse Star und erfüllte nach den Siegerehrungen ge-duldig Autogramm- und Fotowünsche der chinesischen Fans. Diese Universiade setz-te nicht nur in organisatorischer Hinsicht neue Massstäbe, auch die Begeisterung der Bevölkerung erreichte bisher ungekannte Dimensionen: 100 Millionen chinesische Fernsehzuschauer verfolgten beispielswei-se die Liveübertragung des Frauen-Eisho-ckeyfinals.

Schweizer Kandidatur für 2017 oder 2019Auch wenn die Chinesen die Latte sehr hoch gelegt haben, lässt sich der Schweizer Hochschulsportverband (SHSV) nicht be-irren und will in acht oder zehn Jahren die Winteruniversiade in der Schweiz durch-führen. Für die Schweiz wäre es die zwei-te Ausrichtung nach 1962, als die damals noch viel kleinere Universiade in Villars zu Gast war. Zurzeit laufen die Gespräche mit möglichen Partnern, Zentralorten und Austragungsregionen. Allzu viele Mög-lichkeiten gibt es bei der Ortswahl jedoch nicht, denn die maximalen Fahrzeiten dür-fen nicht mehr als zwei Stunden betragen, und innerhalb dieser Distanz müssen ge-mäss Vorgaben nicht weniger als fünf Eis-bahnen liegen. Und solche gibt es in der Schweiz deutlicher weniger als Skigebie-te und Langlaufloipen. rText und bild Ro-land Eggspühler

auf dem bild sind zwei «goldgräber» der Schweizer Delegation in der Eis-Skulpturen-landschaft von harbin zu sehen: Tamara Wolf, abfahrt und Super-g; Sandro boner, abfahrt, Super-g und kombination.

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Seit über zwei Stunden sitze ich im Wachlokal. Verant-wortlich für den sorgenfreien Schlaf von hundert ande-ren WK-Soldaten. Auf dem Tisch vor mir liegt ein Sta-pel Bücher. Von Tolstois «Anna Karenina» bis «Die Hei-lerin vom blauen Schloss» habe ich alle zu Ende gelesen. Einzige Ausnahme: die Autobiographie von Bushido. Da starre ich lieber die weisse Wand an. Das ist ergiebi-ger.

Rechts vom Bücherstapel steht ein Telefon. Tri-tel Luzern. Wahrscheinlich eine Leihgabe des Histori-schen Museums Altdorf. Links steht ein Teekrug. Noch fast voll. Nach einem Selbstversuch weiss ich weshalb. Früchtetee! Ekelhaftes Gebräu.

Direkt vor mir liegt das Gefechtsjournal. Darin macht man Notizen, falls etwas passiert. Zum Beispiel ein spontanes Gefecht eben. Mit randalierenden Hooli-gans des FC Altdorf. Oder mit Peer Steinbrück, der hier unversteuerte deutsche Vermögen vermutet. Oder mit Wüstensohn Gaddafi und seinem wüsten Sohn. Auf je-den Fall muss man auf alles gefasst sein. Gerade in Alt-dorf. Und vor allem um vier Uhr morgens unter der Woche. Da kann es schnell mal heikel werden.

Ja, die Tätigkeit eines Wachsoldaten ist nicht zu unterschätzen. Schliesslich steht die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung auf dem Spiel. 7,7 Millionen vertrauen darauf, dass ich gewissenhaft meinen Dienst versehe. Nicht auszudenken, wenn da plötzlich Zweifel aufkämen, ob der Soldat Gerber seiner Aufgabe wirk-

lich gewachsen ist. Da würden sich bestimmt Bürger-wehren formieren und besorgte Mütter müssten näch-telang ihre verängstigten Kinder beruhigen.

Plötzlich spüre ich die immense Verantwortung, die auf meinen Schultern lastet. Zum Glück bin ich bewaff-net. Mit ausreichend Giftgasfürzen des Typs «Chili Con Carne 09». Leider schiesst man sich mit diesem Waf-fensystem ab und zu selber ab. Friendly Fire eben. Ist im Irak selbst der US Army passiert. Nach uns immer-hin die zweitbeste Armee der Welt.

Viele denken, Maurers Vision von der besten Ar-mee der Welt lasse sich ohnehin nicht umsetzen. Ich sehe das anders. Die Realisierung ist sogar sehr simpel: Man ersetzt einfach die GESAMTE Schweizer Armee. Beginnen könnte man mit dem Scheiss-Früchtetee. Weiterfahren mit all den demotivierten Soldaten, un-nützen Bunkern, überzähligen Panzern und den zahl-reichen Nefs, die immer noch da sind. Aufhören mit Ueli Maurer.

Noch effizienter wäre natürlich die umgekehrte Rei-henfolge: Ueli zurück zum Hanfpflanzen nach Hinwil schicken, alle Nefs freistellen, Panzer einmotten, Bun-ker sprengen, Soldaten entlassen. Bliebe am Schluss nur noch der Früchtetee. Und damit, lieber Ueli, wä-re dein Traum von der besten Landesverteidigung der Welt bereits erfüllt. Denn wer würde es schon wagen, ein Land anzugreifen, in dem man Tonnen von gebun-kertem Früchtetee vermutet?

Text: André Bähler

ARMEE ADE! ES LEBE DER FRÜCHTETEE!

KURZGESCHICHTE

Zivilschutzanlage Altdorf, 11. März 2009, 03:44

Aus Beats Tagebuch:

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HERAUSGEBERIN:

StudiMedia GmbHEschenring 2CH-6300 Zug (Hauptsitz)

CHEFREDAKTORIN:

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REDAKTOREN DIESER AUSGABE:

Raffaela Angstmann, André BählerChris Buchmann, Roland EggspühlerNina Fargahi, Mario FuchsMauro Landolt, Marina Lienhard Marco Luterbach, Christoph LutzJanine Meyer, Anouk N’GuyenMuriel Staub, Yolanda WittwerMartina Zimmermann

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BILDREDAKTION:

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StudiVersum erscheint sechs Mal jährlich in einer Auflage von 30 000 Exemplaren an allen Universitäten und Fachhochschulen der Deutschschweiz. Alle Rechte vorbehal-ten; Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste und Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Roms etc. nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Herausgeberin.

IMPRESSUM | 2009.04

Schwierigkeitsgrad der Sudokus: MittelMehr Sudokus auf www.studiversum.ch

SudokuSudoku Nr. 458612 (knifflig) / vorgegebene Felder: 28

Lösung zu Sudoku Nr. 458612

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SudokuSudoku Nr. 458615 (knifflig) / vorgegebene Felder: 24

Lösung zu Sudoku Nr. 458615

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allTagSTIPPStatt Kaffee

Ende Februar, am ersten schönen Tag im neuen Jahr, sass ich nachmittags konzen-triert in der Vorlesung, als eine Studen-tin neben mir plötzlich einnickte. So wie die Stunde zu Ende war und sie noch im-mer friedlich vor sich herschlummerte, be-schloss ich, das junge Frölein zu wecken. «Da hat Sie wohl die Frühlingsmüdigkeit befallen», sagte ich schmunzelnd und deu-tete auf ihren Kaffee. «Und das bringt eben meistens nichts.»

In der Tat, denn – und das hat mir mein Hausarzt Dr. Oetterli erklärt – eine Tasse Kaffee weckt zwar kurzfristig auf, aber jede weitere Tasse macht eher müder. Ausser-dem entzieht Kaffee dem Körper Wasser. Dabei wäre viel trinken äusserst wichtig, um nachmittags nicht zu ermatten. Min-destens zwei bis drei Liter pro Tag emp-fiehlt Dr. Oetterli.

Ich pflege zudem täglich ausgiebig zu frühstücken und achte darauf, dass mein Frühstück viel Eiweiss enthält. Mittags al-lerdings bevorzuge ich ein leichtes Menu, oft gar nur einen Salat. Und auch bei Scho-kolade bin ich vorsichtig: Ähnlich wie beim Kaffee wecken Süssigkeiten zwar kurzfristig auf – wenig später kehrt sich die Wirkung jedoch ins Gegenteil um. Hingegen schwö-re ich auf Vitamine: Eine oder zwei frische Orangen nach dem Essen wirken Wunder.

Aber auch ich komme nach dem Mittag-essen manchmal nicht recht in die Gänge. Wenn ich zu Hause bin, lege ich mich dann jeweils kurz aufs Ohr, aber nie länger als ei-ne halbe Stunde. Oft hilft mir auch ein kur-zer Spaziergang. Bewegung und frische Luft regen den Kreislauf an. Und zudem erhellt es das Gemüt.Horst

horst, 73, ist allzeit bereit: ob im haushalt oder in der garage, beim Einkaufen oder an der Uni, horst hilft! als hörer besucht er regelmässig Vorlesungen und weiss daher bestens bescheid, was den jungen von heute unter den nägeln brennt.

Seine Tipps sind längst schon keine geheimtipps mehr. Deshalb: horst ausschneiden, an den kühlschrank oder die Pinnwand heften, dann kann nichts mehr schief-gehen.

horsts weise Ratschläge gibt es zudem als gesammelte Werke im StudiVersum-forum unter www.studiversum.ch zum nachlesen. hast du noch bessere Ideen gegen das Einschlafen im hörsaal? Dann gib deine Tipps im forum ab!

WIE ANNO DAZUMAL

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Stefano Lembo, Steuer- und Rechtsberatung,PricewaterhouseCoopers Genf

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36 STUDIVERSUM | 2009.04

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