STILL LEBEN

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We all have a basic trust in things and happenings. This is because of an inexplicable anticipation of things and processes. Our intuition or our sense of foreboding is omnipresent and it feels natural to have a presentiment. Somehow we crave what is common or better what is intimate, because we’re always looking for the familiar to find familiar. Even our knowledge in science, is not only based on the acquisition of theory, it is an ancient or archaic knowledge, which tempts us to verify that for example gravity makes things fall. Bettina Diel and Roberto Greco are combining in different ways, this phenomenon of familiarities or intimacy.

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Tart Gallery präsentiert

Bettina DielRoberto Greco

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Still Leben

Bettina Diel & Roberto Greco3. Juli bis 2. August 2014

Stillleben, stilles Leben, stillleben! – Ein Widerspruch in sich. Worin liegt die Faszination in der Kunst sorgfältig arrangierte „stille Gegenstände“ darzustellen? Ist es der empfindsame Genuss in ihnen fortwährend Details zu entdecken? Erinnerungen und Assoziationen wachzurütteln? Ist es das sehnsüchtig romantische Bedürfnis einer leichten Melancholie, die in der Einfachheit der Dinge innewohnt und dabei die Harmonie des Seins verklärt? Ist es die Wendung vom zarten Aufblühen des Lebens zur

verwelkten Vergänglichkeit?

Der Begriff „Stillleben“ leitet sich vom niederländischen „still leven“ (stilles Leben) ab.

Es mahnt den Betrachter, sterben zu müssen (memento mori). In den Stilleben des 17. Jahrhunderts wird über Symbole, wie faulendes Obst und Gemüse, welkende Blumen, herabgebrannte Kerzen und vieles mehr, auf die Nichtigkeit allen irdischen Strebens hingewiesen. Das Dargestellte deutet auf etwas nicht Sichtbares im Bild hin. Austern galten als sündige Verlockung und mahnten den Betrachter, sich dem Genuss nicht allzu sehr hinzugeben und sich in Mässigung zu üben. Kerzen spielten im Christentum, vor allem aber in der katholischen Liturgie und bei Prozessionen eine wichtige Rolle. Sie sind das Symbol des heiligen Licht Gottes und des Glaubens, darüber hinaus

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stellen sie die individuelle Seele und das Verhältnis von Geist und Materie dar. Eine erlöschende Kerze steht für das Sterben, eine umgekippte und bereits erloschene, für den Tod. Stillleben sind Sinnbilder, Rätsel und effektverbergende Suggestionen.

Sowohl bei Bettina Diel als auch bei Roberto Grecos Arbeiten, sind diese dynamischen Eigenschaften und effektverbergenden Wirkungen spürbar. Beide wollen etwas hervorrufen, sicht- und spürbar machen, sich in ihren Vermutungen bestätigt wissen. Es verhält sich fast so, als ob sich eine sinnlich-nervöse Sensibilität für den Reiz, die Geste oder die Gebärde ausbildet. Eine Empfindlichkeit für das Dingliche wird hervorgerufen, wobei das Dingliche nicht nur die Gegenständlichkeit anspricht, sondern

auch den tieferen Sinn für Assoziationen.

In den installativen Arbeiten von Bettina Diel, ist dies unteranderem stark über deren Oberflächenbeschaffenheit und Zusammensetzung erkennbar. Sie will durch die haptische Berührung den visuellen Reiz ihrer Vermutung bestätigt wissen. Bettina Diel schaut und beobachtet zweifelsohne durch ihre Hände. Womöglich mag es soweit gehen, dass ihr die Hände mehr verraten, als ihr die Augen anbieten. Die Haptik - somit also das Dingliche - ist die erste Ebene einer Begegnung. In jedem Etwas mag sich somit eine unbegrenzte Fülle an Symbolik und Interpretation verbergen. Das heisst alles, sei es noch das Einfachste kann zum Chiffre des Unbekannten werden, wobei die Vermutung immer zurück bleibt, weil sie von einer intuitiven Annahme gesteuert wird. „Selbst wenn ich die

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Oberfläche ausgiebig befühle, bleiben nur Vermutungen übrig.“ Es ist offensichtlich, dass die Bewegung in den Arbeiten von Bettina Diel unter der Oberfläche schlummert. Sie ist integraler Bestandteil ihrer Kunst ist. Nicht nur, weil vermeintliche Effekte oder wähnende Bewegungsabläufe provoziert werden, sondern auch weil sie den Betrachter zum Involvierten macht. Man steht gespannt davor, wartet ab, will dass etwas passiert und möchte fast den Impuls geben, dass alles in sich zusammenbricht und Chaos entsteht. Denn alles was änderbar ist, somit im Fluss der Bewegung steht, bedeutet Leben, Wandelbarkeit und

Entwicklung - Neubeginn. In den Arbeiten von Bettina Diel, wohnt also dieses starke Verlangen inne, herauszubrechen. Eine noch verborgene Geste wird zurückgehalten, manipuliert und „still“ gelegt. Dennoch zeichnet sie klar ihre Absicht auf, flüchtig zu werden, die geordnete Ebene zurückzulassen, Aufmerksamkeit zu erlangen und die Vielfalt der Verwandlung zu preisen. Die Werte von Ordnung zerrinnen zu lassen und aus der Ruhe bestehender und fixangelegter Dinge neue Erfahrungen des Seins zu eröffnen. Denn, wir wissen: jedes Objekt bewegt sich und steht mit seiner Umgebung in Wechselwirkung. Den Ort des Gleichgewichts und absoluten Stille bzw. Ruhe gibt es nicht. Die Bewegung ist der Veränderung gleichzusetzen und somit auch das allgemeinste Attribut des Daseins. Still Leben? Wer kann still Leben? Bedeutet

Leben nicht immer Bewegung und Unstetigkeit? Auch die Stillleben von Roberto Greco, weisen in paradoxerweise eine lebhafte Dynamik auf. Man mag Stillleben als klischeehaft betrachten, die Geschichte aber, die sie von Ausbeutung,

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Eitelkeit, Gier, Zwang und Macht zu erzählen vermögen, hallt durch die Jahrhunderte und ist bemerkenswert aktuell. Roberto Greco, distanziert sich in seiner Umsetzung keineswegs von der traditionell, allegorischen Dimension alter Meister. Auch er schafft ein Übergangsmoment von Irritation, Suggestion und Täuschung. Er lenkt das Auge des Betrachters ab (trompe d’oeil), indem er Details aufbläst und dadurch die Suche nach Sinn und Bedeutung förmlich zelebriert. Er führt uns erzählerisch durch leidenschaftliche Opulenz, die zynisch, irritierend und anziehend zugleich ist. Die auf den ersten Blick stereotypwirkenden Stillleben, brechen Traditionswerte des klassischen Stilllebens. So werden in Roberto Grecos Arbeiten beispielsweise Jagdtrophäen durch Haustiere ersetzt. Mag sein, dass im Genre Fotografie, die Schwelle erotisch sexueller Anspielungen offensichtlicher erscheint, aber auch hier bedient sich der Künstler von alten

Klassikern. Die Fähigkeit, aus den Dingen Geschichten herauszulesen, sie metaphorisch umzusetzen, abzulichten und sie als Vehikel für komplexverwobene Gedanken zu benutzen, mag ein simples aber sehr wirkungsreiches Konzept sein. Denn dem Betrachter wird eine schier nicht endend wollende Spielwiese an Interpretationsmöglichkeiten geboten. Dinge, die wir besitzen, benutzen, behalten oder wegwerfen definieren uns. Wir – die Gesellschaft und der Mensch als Individuum – bewerten unser Gegenüber über Dinge, die besessen werden. Roberto Greco zeigt in seiner Serie „still lifes“, durch die schamlose Benutzung verschiedenster an alte niederländische Meister erinnernde Requisiten, dass genau diese „Besitzbarkeit von Dingen“ durch

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die Jahrhunderte mitschwang und sich bis heute abzeichnet. In jüngerer Vergangenheit kann man dieses Phänomen auch bei Fotografen wie Dave LaChapelle oder Marian Drew und Robyn Stacey entdecken. Jedoch beziehen diese Künstler, anders als bei Roberto Greco moderne, zeitgenössische Elemente mit ein und beladen sie stark mit dem Gedanken einer konsumorientierten Gesellschaft. Ihre Werke können also nicht mit den Originalgemälden „verwechselt“ werden. In Roberto Grecos Arbeiten aber, scheint genau das eine Rolle zu spielen. Eine Wahrnehmungstäuschung - ein zeitgenössisches „trompe d’oeil“. Ist es nun eine Fotografie, eine Gemälde oder gar eine Fotografie eines alten Meisters? Verfolgt er am Ende den gleichen Gedanken wie die frühen Meister? Nämlich den Sinn und die Verwunderung zu wecken, das Handwerk, die Hingabe und die aufwändige Herstellung solcher Arrangements zu würdigen?

Bettina Diel und Roberto Greco widmen sich beide auf unterschiedlichste Art und Weise weltlicher Dinge und Handlungen. Dinge bedeutet die Welt. Es sind Begebenheiten, Handlungen, Geschichten, Gesten und können ein Attribut für Schutz und Geborgenheit sein. Sie können als Geschaffenes einen Raum des Vertrauens aufbauen, auch können sie Chiffre des Unbekannten werden, Annahmen ausprägen, in der Schwebe bleiben, in dem sie die geheimen Bezüge verbergen. Sie können uns also das menschlichst Nächste sein oder aber sich, in das unenträtselbare Unbekannte entziehen. Was sie aber sicherlich

niemals sind, ist „still“.

Catrina Sonderegger

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Pear and Fly , 60 x 70 cm , Lambda print + pvc 4mm

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Time and motion study of a mango under pressure in regard

to «Gurke und Mango».

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Still Life with rats

130 x 105 cm

Lambda print + pvc 4mm

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Camouflage-Bomb

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Girl and Grapes , 60 x 70 cm , Lambda print + pvc 4mm

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Object-Sketch for «About dealing with…».

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Still Life with Discus fish

130 x 105 cm

Lambda print + pvc 4mm

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Drinking-Bird (Schluckspecht)

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Förrlibuckstr. 62, 02.06.2014 | 2014

Table, Oak-Laths, Jurastone, Drinking Bird

5,50 m x 1,10 m x 0,90 m

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Rat and Hydrangeas , 60 x 70 cm , Lambda print + pvc 4mm

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Stauffacherstrasse 10, 23.6.2014 (Springonion, Männchen, Rubber)

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Rat and Hourglass , 60 x 70 cm , Lambda print + pvc 4mm

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Gurke und Mango (Gherkin, Mango Mohair Wool) , 25 cm x 150 cm x 10 cm

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Budgie and Pomegranate , 60 x 70 cm , Lambda print + pvc 4mm

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Gurken

Time and motion study of a cucumber under pressure in regard to «Gurke und Mango».

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Detail of «Black and White» (Plaster, Tape, Edding, Vulcaniser-Tape)

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Tart Vorbereitungen

In the studio of Bettina Diel preparing the Show «Still Leben» for Tart Gallery

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Flower #1 , 150 x 122,5 cm , lambda print + alu + pvc

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Flower #3 , 150 x 122,5 cm , lambda print + alu + pvc

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Flower #2 , 150 x 122,5 cm , lambda print + alu + pvc

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Flower #4 , 150 x 122,5 cm , lambda print + alu + pvc

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Pat und Patachon (Plaster, Spray Paint)

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Bettina Diel

Das Beziehungsverhalten von Menschen, deren Prozesse der Anpassung, Veränderung und der Abkehr beschäftigen Bettina Diel (*1975, München). Ihre fragilen, feinen Arrangements und Installationen bestehen häufig aus Alltagsgegenständen. Die dabei entstehenden räumlichen Spannungsfelder verhandeln auf poetische und abstrakte Weise die prekären Gleichgewichtsmomente ungleicher Kräfte. Bettina Diel hat ihren Master in Fine Arts an der Züricher Hochschule der Künste absolviert und arbeitet in verschiedenen Medien. Sie lebt und arbeitet in Zürich und München.

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Roberto Greco

Roberto Greco (*1984) arbeitet farbgewaltig, provokant aber auch humorvoll und kritisch. Es scheint fast so, als ob er stets auf Distanz zu seinen Motiven bleibt, die zu gleissen scheinen, da sie nicht selten stark von Licht überstrahlt werden. Dem Betrachter offenbaren sich fantastisch, teils übersteigerte und erzählerische Inszenierungen. Das Urteil über die von ihm dokumentierten Motive überlässt er seinem Publikum. Er lädt den Betrachter durch seine äusserst ästhetisch ansprechenden Arbeiten auf eine allzu einfache Interpretation ein, schafft es aber gleichzeitig mit feinster Präzision alle Ambivalenzen existenzieller Fragen aufzuwerfen. Seinen Bachelor in visueller Kommunikation und Fotografie erlangte er an der ECAL in Lausanne. Er lebt und arbeitet in Genf und Paris.

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I M R A H M E N D E R AUSSTELLUNG «STILL LEBEN» VON BETTINA DIEL UND ROBERTO GRECO PUBLIZIERT DIE TART GALERIE ZÜRICH EIN

WERKKATALOG. KONZEPTIDEE UND TEXTE STAMMEN VON CATRINA SONDEREGGER. JUNI 2014

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