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Staatliches Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis
und den Landkreis Limburg-Weilburg
(Stand 17.12.2015)
Empfehlungen zum Umgang mit Schulabsentismus
Handreichung für Schulen im Landkreis Limburg-Weilburg
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Impressum
Herausgeber Staatliches Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den
Landkreis Limburg-Weilburg
Frankfurter Str. 20-22
35781 Weilburg
Redaktion Abteilung Schulpsychologie im Staatlichen Schulamt
Für Rückfragen:
Dr. Gregor Kuhn ([email protected])
Annette Weber ([email protected])
Version 1. Auflage, Mai 2015
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Empfehlungen zum Umgang mit Schulabsentismus
Handreichung für Schulen im Landkreis Limburg-Weilburg
Arbeitskreis Schulabsentismus im Landkreis Limburg-Weilburg
Teil A: Informationen zum Phänomen Schulabsentismus und Handlungs-empfehlungen
1. Phänomenologie Schulabsentismus
2. Generelle Empfehlungen für eine hohe Anwesenheitsquote von Schülerinnen und Schülern
3. Ablaufplan Schulabsentismus
4. Pädagogisch-psychologische Überlegungen und Erläuterungen zum Ablaufplan
5. Empfehlungen zur Gesprächsführung
Teil B: Unterstützungsangebote und Vereinbarungen mit Institutionen im Landkreis Limburg-Weilburg
Teil C: Weiterführende Informationen und Erläuterungen
1. Rechtliche Rahmenbedingungen und Fußnoten zum Ablauf-plan
2. Übersicht zur Phänomenologie der Schulverweigerung und möglichen Interventionsstrategien
3. Literatur
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Arbeitskreis Schulabsentismus im Landkreis Limburg-Weilburg
Im Jahre 2012 gründete sich im Landkreis Limburg-Weilburg eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zum
Thema Schulabsentismus. Deutlich wurde damals, verschiedene Institutionen (z.B. Erziehungsbera-
tungsstelle, Kinder-u. Jugendpsychiatrie, Sozialarbeit an Schulen) sind zum Teil intensiv mit dem
Thema „S hula se tis us“ beschäftigt, konzeptionell verankerte Formen der Zusammenarbeit exis-
tieren aber noch nicht.
An den hier vorgestellten Empfehlungen zum Umgang mit Schulabsentismus im Landkreis Limburg-
Weilburg haben mitgearbeitet:
Schulpsychologie im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg
Sozialarbeit an Schulen im Landkreis Lim-burg-Weilburg (SaS)
Juristen im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg
Amt für Jugend, Schule und Familie,
Fachdienst Sozialer Dienst des Landkreises
Limburg-Weilburg
Caritas - Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) des Gesundheitsamtes des Landkreis Limburg-Weilburg (Sozialpädiatrie)
Vitos - Kinder- und jugendpsychiatrische Ambulanz sowie Schule für Kranke, Limburg
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Teil A: Informationen zum Phänomen Schulabsen-
tismus und Handlungsempfehlungen
1. Phänomenologie Schulabsentismus
1.1 Schulverweigerung
1.2 Schulschwänzen
2. Generelle Empfehlungen für eine hohe Anwesenheitsquote von Schüle-rinnen und Schülern
3. Ablaufplan Schulabsentismus
4. Pädagogisch-psychologische Überlegungen und Erläuterungen zum Ablaufplan
5. Empfehlungen zur Gesprächsführung
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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1. Phänomenologie Schulabsentismus
Schulabsentismus, das Fernbleiben von Schülern vom Unterricht, hat verschiedene Ursachen und
stellt sich für den Betrachter als schwer durchschaubar und oft mit unklarer Kausalität dar.
Grob kann man die verschiedenen Ursachen und Ausdrucksformen des Schulabsentismus in zwei
klassifikatorische Einheiten unterteilen: Schulverweigerung und Schulschwänzen. Diese stellen je-
doch keine trennscharfen Kategorien dar, so dass sich in der Realität verschiedene Mischformen zei-
gen (siehe hierzu auch 1.3).
1.1 Schulverweigerung
Schulverweigerung
Schulangst
Ursachen:
a) Leistungs - und Prüfungsangst (Wissenslücken, mangelhafte Prüfungsvorbereitungen, Lernschwierigkeiten bzw. Überforderung, hohe elterliche Erwartungen, Lehrer-Schüler-Konflikt etc.)
b) Angst vor Bewertung durch andere Menschen (Furcht zu versagen bzw.sich lächerlich zu machen, selbstunsicher, schüchtern etc.)
Schulphobie
Im Zentrum steht die Angst vor der Trennung von den Eltern; oft diverse psychsomatische Symptome, Ängste um Bezugspersonen, generelle Befürchtungen.
Schulverweigerer bleiben oft mit Wisssen der Eltern der Schule fern!
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1.2 Schulschwänzen
Pädagogen und Kliniker stellen zum Teil recht unterschiedliche Aspekte der Problematik in den Mit-
telpunkt, doch es herrscht Einigkeit darüber, dass Schulabsentismus eine schwerwiegende Bedro-
hung für die weitere Entwicklung von Kindern und Jugendlichen darstellt.
Oft beginnt der Prozess schulabstinenten Verhaltens schleichend. Schüler fehlen stundenweise oder
an vereinzelten Tagen, zeigen eine deutliche Schulunlust oder Verweigerungshaltung bzw. unspezifi-
sche Verhaltens- oder Leistungsveränderungen. Häufig lassen sich diese veränderten Verhaltenswei-
sen retrospektiv als erste Anzeichen einer inneren Abkehr von Schule interpretieren.
Eine Sensibilisierung von Pädagogen für diese ersten Warnzeichen und frühe Interventionsmöglich-
keiten sind wesentliche Gelingensbedingungen, um einer Manifestation bzw. Chronifizierung schul-
abstinenter Verhaltensweisen entgegenwirken zu können.
Schulschwänzen
Schülerinnen und Schüler halten sich oft nicht zu Hause auf, schwänzen häufig mit anderen zusammen (Verstärkung durch schulaversiv eingestellte Peer-Group)
pot. Ursachen: bildungsfernes Elternhaus, mangelnde eigene Zukunftsperspektive, generelle Schulunlust, Delinquenz, Sucht (stoffgebunden und stoffungebunden) etc.
"Schulschwänzer" bleiben der Schule oft ohne das Wissen der Eltern fern.
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2. Generelle Empfehlungen für eine hohe Anwesenheitsquote von Schüle-rinnen und Schülern
Schulen haben durch ihren Umgang mit An- bzw. Abwesenheit entscheidenden Einfluss auf das
Schulbesuchsverhalten ihrer Schülerinnen und Schüler (SuS).
Das Fernbleiben von der Schule hat selbstverstärkenden Charakter bzw. wird durch Faktoren wie
Angstreduktion, Anerkennung durch die Peer-Group etc. verstärkt. Interventionen, die erst mit gro-
ßer zeitlicher Latenz eingesetzt werden oder die Strategie des Ignorierens eignen sich nicht, um
schulvermeidende Verhaltensweisen zu reduzieren, sondern verstärken diese z.T. sogar. Unregel-
mäßige Anwesenheitskontrollen und unklare Konsequenzen von unerlaubtem Fehlen legitimieren
aus Si ht der S hüler s hula sti e tes Verhalte . La ge Fehlzeite is hi zu ei e „Herausfalle “ aus der Schule führen letztlich zu einer gravierenden Einschränkung der sozialen und psychischen
Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen. Es drohen psychische Störungen, das Abgleiten
in die Arbeitslosigkeit sowie Kriminalität.
Wünschenswert und notwendig ist ein Umdenken hin zu einer Schulkultur, in der die Anwesenheit in
der Schule bestärkt wird, denn isoliertes Sanktionieren von Schulversäumnissen führt selten langfris-
tig zu lernförderndem und beziehungsstiftendem Verhalten.
„Das este Mittel gege S huls h ä ze ist ei U terri ht, ei de die S hüler A gst ha e et as zu ersäu e , e sie i ht hi gehe .“ Verband für Bildung und Erziehung, Baden-Württemberg).
Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Schulentwicklung:
A. Schulleitung muss sich der Problematik schulabstinenter Schüler mit Deutlichkeit zuwenden, dies als eines ihrer Qualitätsmerkmale definieren!
Der Schulleiterin/ dem Schuleiter obliegt die Pflicht, Sorge für die Erfüllung der Schulpflicht zu
tragen, §88 Absatz 3 Nr. 2 Hessisches Schulgesetz (HSchG).
Hilfreiche Fragen zur Erfassung des Ist-Standes
• Wie ist die Schulleitung zu dieser Thematik eingestellt und wie vermittelt sie dies ihrem
Kollegium?
• Ist das Kollegium für das Thema sensibilisiert und weiß z.B., wie Frühwarnzeichen zu er-
kennen bzw. welche Ursachen häufig sind?
• Welchen Stellenwert hat das Thema in der Lehrerschaft/bei einzelnen Lehrpersonen?
• Wie groß ist die Bereitschaft, sich aktiv einzusetzen?
• Herrscht eine Atmosphäre im Kollegium vor, die Lehrer motiviert, sich um Schüler zu
kümmern, die häufig fehlen bzw. sich innerlich abzuwenden beginnen?
• Wie ist der Austausch untereinander, auch bzgl. Fehlzeiten? Gibt es verbindliche Rege-
lungen?
• Wird bei Schulvermeidung (oder auch Konflikten, Mobbing etc.) konsequent hinge-
schaut und gehandelt? Welche Haltung trägt die Lehrperson diesbezüglich an die Schü-
lerschaft?
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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B. Entwicklung eines transparenten, einheitlichen und verbindlichen schulischen Konzepts im Umgang mit Fehlzeiten!
Empfehlungen zum Umgang mit Fehlzeiten
• Systematische Erfassung von Fehlzeiten in Klassenbüchern oder -listen
• regelmäßige Sichtung der Fehlzeiten durch Klassenlehrkräfte (Empfehlung: 1x pro Wo-
che)
• regelmäßiger Austausch zwischen Fach- und Klassenlehrkräften
• systematische Betrachtung von Fehlzeiten: Wann genau fehlt die Schülerin bzw. der
Schüler? (Randzeiten, bestimmte Fächer, Wochentage etc.)
• Stärkung der Beziehung zwischen Elternhaus und Schule – transparenter Informations-
fluss
• aber auch: die Verbindlichkeit der Schulpflicht gegenüber den Eltern thematisieren (vgl.
Art. 6 Abs. 2 GG sowie § 1 Abs. 2 SGB VIII2)
• Einheitliches Vorgehen im Umgang mit Fehlzeiten (siehe Ablaufplan)
• Konsequente Umsetzung aller beschlossenen Maßnahmen
• ggf. Abklärung medizinischer Ursachen
Die langfristig positiven Effekte – sowohl für den einzelnen gefährdeten Schüler als auch für das Sys-
tem Schule (Reduktion von Mahnschreiben und Krisengesprächen, Verbesserung von Schulklima,
Beziehungsqualität und Leistungsniveau, aber auch: positive Außenwirkung und guter Ruf der Schule
wenn sorgfältig und wertschätzend mit der Thematik umgegangen wird) rechtfertigen den Arbeits-
aufwand der regelmäßigen Fehlzeitenerfassung.
C. Gestaltungsmöglichkeiten der Rückkehr bzw. Rückführung von schulabstinenten Schülern in die Klasse bzw. Schule müssen in das pädagogische Konzept mit eingebunden sein!
Anregungen für eine gelingende Reintegration
• rechtzeitige Vorbereitung der Rückkehr mit Klasse und Kollegium (Fachlehrer!)
• Möglichkeiten einer zunächst schrittweisen/ stundenweisen Beschulung andenken
• Bedürfnisse/ Wünsche des betroffenen Schülers im Vorfeld eruieren
• Mitschüler und Kollegium für Verhaltensweisen sensibilisieren, die eine erfolgreiche
Reintegration erschweren könnten
• Wer steht neben Schulleitung und Lehrkräften noch zur Unterstützung zur Verfügung
(Sozialarbeit an Schulen, BFZ-Kräfte, Schulpsychologie etc.)?
• Welche außerschulischen Unterstützungsmöglichkeiten könnten wichtig sein?
2 Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland sowie (wortgleich) § 1 SGB VIII:
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
Ablaufplan Schulabsentismus für Schule (08.01.15)
d
Angebot der Einbeziehung externer Institutionen
Aktivierung der Ressourcen innerhalb Schule
1. Schüler/in fehlt unentschuldigt (ggf. auch nur stundenweise) oder
2. es bestehen Zweifel an der Glaubwürdig-keit der Entschuldigungen bzw. der Atteste
Elternkontakt (Telefon/ggf. Formbrief) Klassen-lehrkraft
Klassen-lehrkraft
Ein Bußgeld-verfahren kann in der
Regel jeder-zeit und auch
neben den genannten
kommunikati-ven und päda-
gogischen Maßnahmen eingeleitet werden.
ggf. zusammen mit dem Staatli-chen Schulamt (SSA) prüfen ob Abklärung wei-terer Fragen sinnvoll oder notwendig:
Schulfähigkeit oder andere medizinische Fragestellung? ► Schularzt
ggf. zusammen mit SSA prüfen ob weitere Maßnahmen sinnvoll:
Schulzwang und Zuführung? ► Jurist SSA ► Ordnungsamt
Strafanzeige? ► Jurist SSA
Klassen-lehrkraft,
Schulleitung
Schulleitung, Klassen-konferenz
Klassenlehr-kraft
Einladung Eltern & Schüler/in (Telefon/ggf. Formbrief)
Gespräch findet statt: - Ursachenforschung, lösungsorientiert - Planung des Wiedereinstiegs - verbindliche Vereinbarungen werden schrift-
lich festgehalten - ggf. Hausbesuch durch Schule (Vorbeugen-
de Maßnahme)
Gespräch findet nicht
statt
Gespräch zwischen allen Beteiligten (Eltern, Schüler/-in, Klassen-konferenz, BFZ, Sozialarbeit): Analyse der Ausgangslage & Bedin-gungen, Mobilisierung aller schulischer Veränderungsmöglichkeiten & Ressourcen, Möglichkeit der Beratung durch Schulpsychologie
1. Schriftliche Schulbesuchsmahnung & evtl. Attestpflicht
2. Einleitung des Bußgeldverfahrens
- Einladung zum Helfergespräch zwischen allen Beteiligten (El-tern, Schule, BFZ, Schulpsychologie, zuständiger Fachdienst des Jugendamtes, Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psycho-therapie, Sozialarbeit, Schularzt, Erziehungsberatungsstelle)
- In der Folge Kooperation zwischen Schule und beteiligten ex-ternen Institutionen (bei Vorliegen einer Schweigepflichtentbin-dung durch die Sorgeberechtigten)
Ziel ist die Vernetzung der schulischen und außerschulischen
Unterstützungsmaßnahmen und das gemeinsame Treffen verbindlicher Vereinbarungen
Zuständigkeit
Phase 1
1. - 3. Tag
Kein Schulbesuch
Kein Schulbesuch
Kein Schulbesuch
Phase 2
4. – 10.
Tag
Phase 3
2. - 3. Woche
Phase 4
4.
Woche
Zeit Empfohlene Vorgehensweise
Phase 0
Systematische Erfassung der Anwesenheit!
Ablaufplan in Schule transparent kommunizieren!
Schulleitung, Schule
Generell kommen weitere Interventionsstufen über das Bußgeldverfahren hinaus (Schulzwang/Zuführung, Mitteilung Ju-gendamt, Strafanzeige/Anrufung Familiengericht) nur dann in Betracht, wenn der schulische Handlungsrahmen gänzlich
und Stufe für Stufe ausgeschöpft wurde!
Kein Schulbesuch
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4. Pädagogisch-psychologische Überlegungen und Erläuterungen zum Ab-
laufplan
Phase 0: Prävention
Um Schulabsentismus vorbeugen und im Einzelfall zeitnah und nachvollziehbar reagieren zu
können, bedarf es eines schulintern abgestimmten Systems zur Fehlzeitenerfassung. Kom-
plementiert wird dieses von einem mit dem Kollegium transparent kommunizierten Ablauf-
plan, der Handlungsschritte gestuft verbindlich festlegt, so dass ein einheitliches Vorgehen
ermöglicht wird.
Auch gegenüber den Eltern und SuS wird der schulinterne Umgang mit Fehlzeiten transpa-
rent kommuniziert.
Idealerweise werden die Fehlzeiten aller SuS regelmäßig wochenweise erfasst und an einem
zentralen Ort zusammengetragen (z. B. Klassenbuch), so dass unentschuldigte Abwesenhei-
ten früh sichtbar werden. Dies sollte als Routineverfahren von der Klassenleitung und ggf.
den beteiligten Lehrkräften umgesetzt werden.
Die grundlegende pädagogische Werthaltung hinter dem systematischen Fehlzeitenerfas-
sungssystems sollte geprägt sein von ei er „Kultur des Willko e s“ S hülerorie tieru g, Akzeptanz, Wertschätzung), so dass (u.a.):
o die Ko trolle der Fehlzeite i ht als „Ko trolle“ sondern als Fürsorge erlebbar wird
o krisenhafte Entwicklungen von SuS frühzeitig, d.h. bereits zu Beginn des „Prozesses
der i ere A kehr o S hule“ eist orauslaufe de Phase i Prozess der S hul-
vermeidung), wahrgenommen werden können.
Das Kollegium sollte umfassend über die verschiedenen Erscheinungsformen und mögliche
Hintergründe von Schulvermeidung informiert sein (vgl. A 1) und in der Lage sein, die jeweils
notwendigen Handlungsschritte zu veranlassen bzw. umzusetzen.
Phase 1: Frühe Intervention - Kontaktaufnahme und erste Beratung durch Klassenleitung
Wenn ein Schüler unentschuldigt fehlt oder Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Entschuldi-
gungen bzw. Attesten bestehen, versucht die Klassenleitung die Eltern telefonisch zu kon-
taktieren. Ist dies nicht möglich, so erfolgt die Kontaktaufnahme per Formbrief (schulintern
zu erarbeiten).
Hinweise zur Gesprächsführung und -gestaltung finden sich im Anschluss (vgl. A 5).
Fehlt nach Kontaktaufnahme und erster Beratung die Schülerin bzw. der Schüler weiterhin
unentschuldigt, sollten weitere Beratungsgespräche und parallel die Einleitung einer Ord-
nungswidrigkeitsanzeige, d.h. eines Bußgeldverfahrens erfolgen (ggf. ist den Eltern aufzuge-
ben, bei jedem Fehlen ein ärztliches/amtsärztliches Attest nach Maßgabe des § 2 Abs. 2
VOGSV vorzulegen).
Falls Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Entschuldigungen bestehen, sollte die Klassenkon-
ferenz eine Attestpflicht (nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 VOGSV) beschließen.
Somit wird parallel zu Beratungsgesprächen mit dem Ziel, die Kooperation zwischen Schule,
Eltern und SuS zu fördern und die Compliance für einen Schulbesuch zu erhöhen, bereits in
dieser Phase eine Konfrontation der Eltern und SuS hinsichtlich eventueller schulrechtlicher
Konsequenzen notwendig. Allen Beteiligten muss bewusst werden, dass wiederholt uner-
laubtes Fernbleiben von der Schule ein Bußgeldverfahren nach sich ziehen kann.
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Phase 2: Weitere Beratungsgespräche mit Eltern und Schüler/in
Klassenleitung, SuS und Eltern versuchen in gemeinsamen Gespräche (n) eine Lösung zu fin-
den und Schulbesuch wieder herzustellen. Wichtig in dieser Phase ist, das zugrunde liegende
Problem so weit wie möglich zu verstehen. Im Teil C (Abschnitt 2) sind Informationen zu den
verschiedenen Ursachen von Schulabsentismus zu finden, die die „Ursa he fors hu g“ er-
leichtern sollten. Ein Verständnis der Beweggründe ist unabdingbare Voraussetzung dafür,
dass die Klassenleitung die SuS und die Eltern bei der Problemlösung konstruktiv unterstüt-
zen kann.
Um den SuS den Wiedereinstieg zu erleichtern, darf und sollte die Schule pädagogische
Spielräume umfänglich nutzen bzw. auch prüfen, ob erleichternde Bedingungen in dieser
Phase geschaffen werden können (z.B. reduzierte Stundenzahl, Unterricht zunächst nur in
bestimmten Fächern, erleichternden Bedingungen in Klassenarbeiten/Nachteilsausgleich)
Primäres Ziel in dieser Phase ist die (Wieder)-Herstellung eines guten Kontaktes zur Schule,
d.h. schulannähernde Verhaltensweisen der SuS sollten verstärkt werden. Wichtig sind posi-
tive Botschaften, die SuS motivieren und die Tendenz, wieder in die Schule zu gehen, bestär-
ken. Schulische Leistungen sollten von nachrangiger Bedeutung sein.
Um die Verbindlichkeit von Absprachen aus den Beratungsgesprächen zu erhöhen, werden
diese schriftlich festgehalten. Die Eltern, die betroffenen SuS und die Klassenkonferenz wer-
den über die Vereinbarungen informiert.
Die Dokumentation von Fehlzeiten wird mit Blick auf das Bußgeldverfahren weitergeführt.
Maßgebend für die die Erfassung der Fehlzeiten sind die schriftlich festgehaltenen Vereinba-
rungen zum Schulbesuch.
Die Schulleitung ist über die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen nach dem schuli-
schen Ablaufplan zu informieren. Die Schulleitung stellt den Antrag auf Einleitung eines Buß-
geldverfahrens. Der Antrag auf Einleitung eines Bußgeldverfahrens ist generell ab dem 10.
unentschuldigten Fehltag möglich. Er sollte parallel zu den Gesprächen und pädagogischen
Maßnahmen angesteuert werden sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Phase 3: Aktivierung innerschulischer Ressourcen
In dieser Phase arbeiten SuS, Eltern, Klassenleitung und innerschulische Helfer (BFZ, Sozialar-
beit an Schulen, Schulpsychologie) an einer Lösung.
Im Rahmen von gemeinsamen Gesprächen (Runde Tische, Helferrunden etc.) wird die Aus-
gangslage analysiert und Gelingensbedingungen für einen regelmäßigen Schulbesuch disku-
tiert. Vereinbarungen werden schriftlich dokumentiert.
Die Schulleitung ist hinsichtlich der Umsetzung vereinbarter Maßnahmen nach dem schuli-
schen Ablaufplan informiert. Ab dem zehnten unentschuldigten Fehltag leitet sie unter Be-
zugnahme auf das Hessische Schulgesetz automatisch ein Bußgeldverfahren ein.
Bußgeldverfahren erhöhen in Fällen von Schulabsentismus den Handlungsdruck und tragen
nachweislich dazu bei, dass SuS seltener fehlen (vgl. Brettfeld et al., 2005).
Falls auch durch diese Maßnahmen kein regelmäßiger Schulbesuch erreicht wird, erfolgen
weitere schriftliche Schulbesuchsmahnungen.
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Phase 4: Einbeziehung externer Institutionen
In dieser Phase arbeiten Schüler, Eltern, Klassenleitung, innerschulische Helfer und Mitarbei-
ter/innen externer Institutionen (Jugendamt, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Familienbera-
tungsstelle, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst etc.) zusammen. Eine Kurzvorstellung der
potentiellen Netzwerkpartner in dieser Phase finden Sie in Teil B.
Ziel dieser Kooperation ist, gemeinsame Lösungswege zu finden, Unterstützungsmaßnahmen
zu koordinieren, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu klären und fallbezogene Ver-
einbarungen zu treffen.
Das Jugendamt entscheidet fallbezogen, ob eine Unterstützung (Jugendhilfemaßnahme, Er-
ziehungshilfe, Sozialpädagogische Familienhilfe) zielführend ist.
Im Rahmen des Bußgeldverfahrens werden durch die Klassenleitung ggf. Fehlzeiten nachge-
meldet.
Weitere Handlungsstufen über die Ordnungswidrigkeitsanzeige (bzw. Bußgeldverfahren) hinaus
Falls die Schule nach vier Wochen trotz Beratungsgesprächen, verbindlicher Absprachen und
Unterstützung durch interne und externe Hilfssysteme keinen regelmäßigen Schulbesuch
wiederherstellen konnte, sind über das Bußgeldverfahren hinaus weitere rechtliche Schrit-
tein Betracht zu ziehen. Zu den Möglichkeiten zählen eine Anzeige beim Familiengericht, eine
Meldu g „Verda ht auf Ki des ohlgefährdu g“ ei der Fa hstelle Ki ders hutz des Juge d-
amts oder ei e „z a gs eise )uführu g“ des Schülers, die im Einvernehmen mit dem Staat-
lichen Schulamt angeordnet werden kann.
Im Rahmen des Unterstützernetzwerks sollte darüber beraten werden, inwiefern diese wei-
teren rechtlichen Schritte im Einzelfall angemessen und zielführend sind.
Im Ablaufplan Schulabsentismus für Schule sind die hier beschriebenen Phasen und Interventionsstu-
fen zusammengefasst.
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5. Empfehlungen zur Gesprächsführung
5.1 Allgemein
genügend Zeit einplanen, geeigneten Raum organisieren
positive Gesprächsatmosphäre schaffen
Wertschätzende Haltung gegenüber den Eltern einnehmen, Bemühungen anerkennen
Keine Schuldzuweisungen, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen
5.2 Phasen
1. Phase – Warming up: Begrüßen Sie jedes Familienmitglied, wobei Sie eine positive Rück-
eldu g ge e sollte Sti h ort: Werts hätzu g , z.B. „S hö , dass Sie es ei ri hte ko n-
te “ oder „ Es freut i h, dass Sie ko e ko te “ et . ei ei e Gespräch in der Schule.
)u Hause ei de Elter äre „Da ke, dass Sie si h die )eit ge o e ha e “ oder „Es freut i h, dass der Ter i zusta de geko e ist“ ögli h. Authe tizität ist hier ei eso ders
wichtig. Wenn der betreffende Schüler beim Gespräch anwesend ist, sollte dieser gesondert
a gespro he erde „…u d es freut i h eso ders, dass du heute au h hier ist“ o.ä.
2. Phase - Gesprächseröffnung: Benennen Sie den Anlass und das formale Gesprächsziel,
o ei Sie statt „Pro le e“ oder „S h ierigkeite “ eher „Sorge “ u d kei e Vor ürfe er a-
lisieren sollten. Dies drückt Verständnis/Anteilnahme aus, die Formulierung wird nicht als
Schuldzuschreibung verstanden und aufgrund dessen fällt die Bereitschaft zur Kooperation
seitens der Eltern häufig höher aus. Signalisieren Sie den Eltern Zuversicht und Aufrichtigkeit,
indem Sie z. B. betonen, dass auch Ihnen die Klärung sehr wichtig ist. Legen Sie den vorgese-
henen Ablauf und den zeitlichen Rahmen dar.
3. Phase - Klärung des Sachverhalts: Beide Seiten sollten nun die gemeinsamen und unter-
schiedlichen Sichtweisen darstellen und klären. Fragen Sie den Schüler persönlich nach dem
Gru d des S hula se tis us „I h ha e e erkt, dass du häufiger i ht i der S hule arst. Deine Eltern und ich machen uns Sorgen deswegen und fragen uns, was der Grund dafür sein
kö te.“ Erkundigen Sie sich u. a.:
o was die Eltern über die Schulverweigerung Ihres Kindes wissen
o was Sie bisher unternommen haben
o wie Sie auf die Abwesenheit in der Schule reagiert haben (Druck, Verständnis, Bestra-
fu g, Appelle a die Ver u ft…
o welche Erwartungen seitens der Eltern bestehen
o welche Form der Unterstützung gewünscht ist etc.
o was zu Hause geschieht, wenn das Kind nicht in die Schule geht
o was das Kind vermeiden oder erreichen will etc.
Alle Informationen werden zusammengetragen. Das gegenseitige Hinhören und Nachfragen
ist in dieser Phase von besonderer Bedeutung. Ebenso ein affekt- sowie schuldfreier Umgang
mit der Situation.
4. Phase - Zielfindung: Klären Sie sowohl die gemeinsamen, als auch die unterschiedlichen
Ziele. Häufig stellt sich der aktuelle Gesprächsanlass nur als "Aufhänger" für ein weit größe-
res Problem dar.
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5. Phase - Lösung: Sammeln Sie gemeinsam Ansätze für die Problembewältigung (für zu Hau-
se und in der Schule) und überlegen, ob die Lösungen realisierbar sind und welche Konse-
quenzen sich daraus ergeben. Evtl. ist der Einbau von Versicherungsstrategien nötig (z.B.
Mutter ist über Handy erreichbar oder sitzt noch eine Weile im Auto vor der Schule o.ä.),
welche sukzessive ausgeschlichen werden sollten. Bereits angewandte Lösungsversuche sei-
tens der Eltern sollten anerkennend gewürdigt werden.
Beispiele für Lösungsansätze mit dem betreffenden Schüler:
Könntest du dir vorstellen, stundenweise in die Schule zu kommen (allmähliche Stei-
gerung der Stundenanzahl)?
Wer könnte dich abholen, um es dir leichter zu machen? Wer könnte dich unterstüt-
zen?
Wäre es für dich machbar, die Schule erst einmal außerhalb der Schulzeit aufzusu-
chen?
Was wünschst du dir von deinem Lehrer/Klassenkameraden/Eltern?
Welche Nachteile träten ein, wenn du wieder regelmäßig in die Schule gehen wür-
dest?
Wie würde ein guter Tag mit Schule aussehen?
Was möchtest du?
Beispiele in Bezug auf die Eltern:
Beschäftigung des Kindes zu Hause während der eigentlichen Schulzeit mit schuli-
schen Dingen oder Haushalt, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, wie PC, Fern-
sehen, Treffen mit Freunden etc. sollten in dieser Zeit nicht zur Verfügung stehen
Kind für das gewünschte Verhalten belohnen
6. Phase - Entscheidung: Treffen Sie gemeinsame Vereinbarungen, sprechen Sie konkrete
Veränderungen ab, und halten Sie diese schriftlich fest.
7. Phase - Fassen Sie das Ergebnis zusammen: Geben Sie sich gegenseitig Feedback, fassen
Sie die Vereinbarungen, sowie Veränderungen noch einmal zusammen, damit diese für beide
Gesprächspartner eindeutig sind und schließen Sie mit einem Ausblick bzw. einem 2. Ge-
sprächstermin ab, um zu überprüfen, was und warum sich etwas verändert hat oder auch
nicht. Verabschieden und bedanken Sie sich für das Gespräch.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Teil B: Unterstützungsangebote für Schulen und Ver-einbarungen im Landkreis Limburg-Weilburg
1. Schulpsychologie im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg
2. Juristen im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den Landkreis Limburg-Weilburg
3. Caritas – Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Limburg
4. Vitos – Kinder- und Jugendpsychiatrische Ambulanz sowie Schule für Kran-ke, Limburg
5. Sozialarbeit an Schulen im Landkreis Limburg-Weilburg (SaS)
6. Amt für Jugend, Schule und Familie, Fachdienst Sozialer Dienst des Land-
kreises Limburg-Weilburg
7. Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGG) der Abteilung Gesundheit des Landkreises Limburg-Weil urg „S hulärztli her Die st“
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1. Schulpsychologie im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und den
Landkreis Limburg-Weilburg
Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen gehören dem Staatlichen Schulamt an. Ihre Tätigkeit
umfasst nach § 94 Abs. 3 HSchG die Bereiche präventive und systembezogene Beratung sowie die
psychologische Beratung von Schulen, Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler. Schulpsy-
chologinnen und Schulpsychologen können von Schulleitungen, Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und
Schülern sowie auch amtsintern angefragt werden. Bei Bedarf kooperiert die Schulpsychologie mit
anderen Institutionen wie Jugendamt, Jugendhilfe, Beratungsstellen, Polizei, Ärzten und Therapeu-
ten. Schulpsychologische Beratung ist freiwillig und kostenfrei. Schulpsychologinnen und Schulpsy-
chologen unterliegen der Schweigepflicht.
Unterstützungsangebote im Zusammenhang mit Schulvermeidung
Schulen sollten ein schuleigenes Schulabsentismuskonzept erarbeiten, in dem z.B. Maßnahmen zur
Prävention, Umgang mit Fehlzeiten, Interventionsansätze, etc. beschrieben sind. Schulpsychologin-
nen und Schulpsychologen können die Schulen bei der Entwicklung von präventiven Maßnahmen
unterstützen, z.B. im Rahmen eines pädagogischen Tages, durch schulinterne oder schulübergreifen-
de Beratungsangebote zu Themen des Schulabsentismus, durch Coaching und Kollegiale Fallbera-
tung.
Die verschiedenen Ursachen von Schulabsentismus müssen in jedem Fall individuell geprüft werden,
um zielgerichtet zeitnah eingreifen zu können. Die Verantwortung für die Überwachung der Schul-
pflicht liegt bei der Schule. Die Schule oder die Erziehungsberechtigten können Beratung durch die
Schulpsychologie anfragen, die z.B. in folgenden Punkten unterstützen kann:
Diagnostik: Sammeln und Sichtung von Vorinformation aus den Bereichen Schule und El-
ternhaus, von evtl. vorhandenen Gutachten und Befunden; ggf. Durchführung schulpsycho-
logischer Diagnostik.
Intervention: Entwicklung von Hypothesen über die Ursachen von Schulabsentismus; Erar-
beitung von Interventionsansätzen mit Schülern für den häuslichen und schulischen Bereich;
Erarbeitung von Interventionsansätzen mit Eltern für den häuslichen Bereich; Erarbeitung
von Interventionsansätzen mit Lehrkräften und Schülern für den schulischen Bereich; Ab-
stimmung und Zusammenführung der Interventionen von Eltern und Schule (Runder Tisch);
weitere Prozessbegleitung (z.B. durch Fallmanagement mit Zuschreibung von Verantwort-
lichkeiten); Abstimmung mit Schulpsychologie vor Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsver-
fahrens oder einer zwangsweisen Schulzuführung.
Vernetzung mit externen Institutionen: ggf. Einbeziehung externer Institutionen zur weiter-
führenden Diagnostik; ggf. Empfehlung therapeutischer Maßnahmen; Kooperation mit wei-
teren Unterstützungssystemen.
Wiedereingliederung: Beteiligung bei der Vorbereitung der Wiedereingliederung nach län-
gerfristiger Abwesenheit; Beratung der Lehrkräfte; Beratung von Eltern und Schülern.
Evaluation: Überprüfung der Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen nach vorher de-
finierten Zeiträumen.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
19
Kontaktmöglichkeiten und besondere Absprachen im Zusammenhang mit Schulabsentismus
Jeder Schule ist eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe zugeordnet. Wer für welche Schule
zuständig ist finden Sie auf der Homepage: www.schulamt-weilburg.hessen.de (Über uns -> Zustän-
digkeiten -> Schulpsychologie -> pdf-Dokument „Schulliste“ . Die S hulpsy hologie si hert ei e tele-
fonische Beratung der Schule im Fall von Schulabsentismus und Rücksprache bei Anfrage von Eltern
mit diesem Stichwort innerhalb von einer Woche zu. Kontakt zu den zuständigen Schulpsychologin-
nen und Schulpsychologen können Sie über Email, Telefon oder Fax aufnehmen.
Zentrale Telefonnummer: 06471/ 328 215.
2. Juristische Abteilung im Staatlichen Schulamt für den Lahn-Dill-Kreis und
den Landkreis Limburg-Weilburg
Schulaversives bzw. schulvermeidendes Verhalten von Schülerinnen und Schülern ist in erster Linie
als ein im Rahmen der pädagogischen Handlungskompetenz und des pädagogischen Auftrags zu be-
arbeitendes Problem zu sehen.
Die Konzepte zum Umgang mit Schulvermeidern umfassen dabei regelmäßig drei Schwerpunkte:
• Prävention (Vermeidung von schulaversivem Verhalten)
• Intervention
• Reintegration (Eingliederung von Langzeitschulvermeidern in den Schulalltag)
Bei schulaversivem Verhalten von Schülerinnen und Schülern sind die Juristen (sog. verwaltungsfach-
liche Aufsichtsbeamte) in den Staatlichen Schulämtern im o.g. zweiten Bereich, also der Intervention,
tätig, und zwar wie im Folgenden zusammengefasst dargestellt:
Grundsatz:
Nach § 88 Abs. 3 Ziffer 2 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) ist die Schulleiterin oder der Schullei-
ter verpflichtet, Sorge für die Erfüllung der Schulpflicht zu tragen. Für die Lehrkräfte bedeutet dies,
dass sie der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer, erforderlichenfalls auch der Schulleiterin oder
dem Schulleiter, über unregelmäßigen Schulbesuch einzelner Schülerinnen und Schüler zu berichten
haben (§ 6 Abs. 2 der Dienstordnung).
Wird unregelmäßiger Schulbesuch festgestellt, sollte im Rahmen der pädagogischen Handlungskom-
petenz versucht werden, durch individuelle Einwirkung und Beratung das Problem einer Lösung zuzu-
führen.
Dies kann in die Einleitung konkreter Maßnahmen, wie z. B. der Einleitung eines Ordnungswidrig-
keitsverfahrens nach § 181 Abs. 1 und 2 HSchG, münden:
Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Schulpflichtige oder Schulpflichti-
ger nach Vollendung des 14. Lebensjahres seine Schulpflicht verletzt, oder wer die ihm obliegende
Pflicht, die Schulpflichtigen zur regelmäßigen Teilnahme am Unterricht und an Unterrichtsveranstal-
tungen anzuhalten, verletzt. Die letzte Alternative richtet sich in der Regel an die Eltern.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
20
Ein solches Ordnungswidrigkeitsverfahren, das in der Regel in einer Geldbuße mündet, wird von der
jeweiligen Schule beim Staatlichen Schulamt mittels eines speziellen Antragsformulars beantragt.
Teilweise wird die Geldbuße durch die Ableistung von Sozialstunden ersetzt; bei Nichtableistung der
Sozialstunden wird in Einzelfällen von der Möglichkeit des Jugendarrestes Gebrauch gemacht. Dem
Staatlichen Schulamt obliegt die Einleitung und Durchführung dieses Ordnungswidrigkeitsverfahrens,
wobei die Juristen hier federführend tätig sind.
Eine weitere Möglichkeit ist das zwangsweise Zuführen zum Schulunterricht:
Nach § 68 HSchG kann der Schule zwangsweise zugeführt werden, wer seiner Schulpflicht nicht
nachkommt, insbesondere dann, wenn andere pädagogische Mittel, wie z. B. persönliche Beratung,
Hinweise an die Eltern, die Kinder- und Jugendhilfe, den Ausbildenden, den Arbeitgeber oder ge-
meinsame Gespräche der Beteiligten, erfolglos geblieben sind. Die Entscheidung darüber, ob man zu
einer Maßnahme des Schulzwangs greifen will, obliegt der Schulleiterin oder dem Schulleiter. Dabei
muss das Einvernehmen mit dem Staatlichen Schulamt herbeigeführt werden.
Bei der Zuführung kann die Hilfe der für den Wohnsitz, für den gewöhnlichen Aufenthaltsort oder für
den Beschäftigungsort der oder des Schulpflichtigen örtlich zuständigen Verwaltungsbehörde in An-
spruch genommen werden. Dies ist der Gemeindevorstand/Magistrat.
Darüber hinaus kann nach § 44 Abs. 2 Ziffer 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ord-
nung (HSOG) zum Schutz der Personen, die die zwangsweise Zuführung vornehmen, die Hilfe der
Vollzugspolizei in Anspruch genommen werden, wenn mit Widerstand der Betroffenen (Eltern, Schü-
lerinnen oder Schüler) zu rechnen ist.
In besonders hartnäckigen Fällen gibt es im Hessischen Schulgesetz zusätzlich die Möglichkeit eines
Strafantrages:
Nach § 182 Abs. 1 HSchG kann hier mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis
zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft werden, wer einen anderen der Schulpflicht dauernd oder
hartnäckig wiederholt entzieht. Aus der Formulierung dieser Straftatbestimmung ergibt sich, dass
dieser Strafantrag nicht gegen Schülerinnen und Schüler gerichtet wird, sondern die El-
tern/Erziehungsberechtigten betrifft. Die Strafanzeige/ Strafantrag werden von den Juristen der
Staatlichen Schulämter gefertigt.
Kontaktmöglichkeiten:
Jeder Schule ist eine Juristin bzw. ein Jurist zugeordnet. Wer für welche Schule zuständig ist kann
erfragt werden über das Staatliche Schulamt in Weilburg.
Zentrale Telefonnummer: 06471 – 328 215
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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3. Caritas – Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche (ein Angebot
der öffentlichen Jugendhilfe)
Überlegungen zum Vorgehen bei Schulabsentismus in der Erziehungsberatung
Die Klienten bekommen zeitnah (ca. 2 Wochen) einen Termin zur offenen Sprechstunde. Bei der An-
meldung im Sekretariat wird nach dem Anlass der Anfragen nachgefragt.
In der Regel kommen die Eltern (meist die Mütter alleine) mit dem Kind / Jugendlichen zum Erstge-
spräch.
Bei Schulabsentismus gibt es unterschiedliche Zuweisungskontexte (Schule, schulpsychologischer
Dienst, Jugendamt, Eltern kommen aus eigener Motivation).
Bei Jugendlichen Bereitschaft zur Mitarbeit erforderlich, freiwillig, gezwungen?
Auftragsklärung:
Wer hat Anregungen zum Termin gemacht? Eigenmotivation/geschickt/empfohlen.
Wer hat welches Interesse an einer Problemlösung? (Schule, Eltern, Kind / Jugendlicher etc.).
Welche Institutionen sind noch beteiligt?
Grenzen der Beratung? Wann erfolgt ein Wechsel in ein klinisches Setting (Tagesklinik, statio-
när)? - Therapie nicht ersetzen.
Geschichte des Problems:
Wie lange geht das Kind / Jugendlicher nicht mehr zur Schule / unregelmäßig zur Schule?
Was war der Anfang / Anlass?
Welche Häufigkeit?
Wie haben die Eltern und die Schule darauf reagiert?
Wann haben die Eltern / Schule darauf reagiert?
Welche Intervention haben geholfen / nicht geholfen?
Fragen nach dem familiären Zusammenleben / Klima in der Familie
Wie ist der (morgendliche) Tagesablauf in der Familie?
Wer ist nachmittags nach der Schule zu Hause?
Wen stört es am meisten / wenigsten, dass der Jugendliche nicht mehr zur Schule geht?
Wie bedeutsam wird Schulbesuch eingeschätzt?
Wie wird mit Leistung / Regeln in der Familie umgegangen?
Wie wird in der Familie mit Angst umgegangen?
Wer ist, wie, wann konsequent / inkonsequent?
Was ist der „Ge i “ des Pro le s: Frage a h Fürsorge, gege e e falls Aufpasse auf ei Fa-
ilie itglied, „Drü ke “ or Leistu gsa forderu ge , „Drü ke “ or s h ierige soziale Aus-
einandersetzungen.
Gab es Verluste in der Familie?
Fragen nach Stärken / Ressourcen in der Familie / Kind / Jugendlicher?
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Welche Probleme wurden in der Vergangenheit gut bewältigt?
Was hat genau geholfen?
Was wäre für die jetzige Problemlösung übertragbar.
Fragen nach dem sozialen Umfeld / Freunde / soziale Unterstützungssysteme
Lösungsstrategien
Aufbau als konkreten Planes wie ein Schulbesuch (wenn auch anfänglich nur stundenweise) er-
reicht werden kann (sehr genau und überprüfbar)
Wer kann / soll überprüfen?
längerfristiges Arbeiten an familiären Konflikten / Ressourcen / längerfristiges Arbeiten an Bewäl-
tigungsformen beim Kind / Jugendlichen
Einbeziehung anderer Institutionen / Vernetzungen
Kontaktmöglichkeiten
Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Caritas
65549 Limburg, Schiede 73 Nebenstelle: 35781 Weilburg, Kruppstr.4
Tel. 06431/ 2005 – 30 06471/ 30358
[email protected] [email protected]
4. Vitos – Kinder und jugendpsychiatrische Ambulanz sowie Schule für Kran-
ke, Limburg
Behandlungskonzept Schulabsentismus in der Außenstelle Limburg
Wir unterscheiden Schulphobie, Schulangst und Schulschwänzen bzw. entsprechende Mischformen.
Die störungsspezifische Behandlung bezieht sich auf die Herstellung eines Arbeitsbündnisses im am-
bulanten Bereich, wobei wir uns bemühen den Familien einen vorgezogenen Termin innerhalb von
vier Wochen in unserer Ambulanz anzubieten bzw. innerhalb von vierzehn Tagen, wenn die Familie
bereits in der Caritas-Beratungsstelle Limburg vorstellig wurde und von dort die Vorstellung bei uns
empfohlen wurde. Im Vorfeld soll der Schulpsychologische Dienst involviert worden sein, auch die
frühe Einbindung des Jugendamtes ist uns wichtig.
Im Rahmen der ambulanten vorstationären Behandlung bemühen wir uns um eine angstreduzieren-
de Vorbereitung. Ein sogenanntes Vorschaltgespräch bieten wir innerhalb von vier Wochen nach
dem Erstgespräch in unserer Ambulanz an.
Liegt schwerpunktmäßig Leistungsangst vor, geht es um ein realistisches Einschätzen und Be-werten
der eigenen Leistungsfähigkeit und deren Grenzen sowie um eine Anpassung an ein entsprechendes
schulisches System.
Liegt die Schulphobie zentral vor, geht es um die Fähigkeit der Herstellung von Trennung des Kindes
von den wichtigsten Bezugspersonen inklusive der Entwicklung dieser Fähigkeit.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Bei Schulschwänzen mit dissozialen Tendenzen oder im Rahmen einer hyperkinetischen Störung des
Sozialverhaltens wird zunächst ein stabiler Rahmen geschaffen, innerhalb dessen verbindliche Struk-
turen und schrittweise Eigenverantwortlichkeit erübt werden.
Eine Aufnahme in der Tagesklink bzw. in der Vitos Klinik Rehberg erfolgt im vorgezogenen Modus
innerhalb eines Zeitraumes von ca. zwei bis sechs Wochen mit einem anschließenden teil- oder voll-
stationären Behandlungskonzept mit stufenweiser Exposition je nach Angstcharakter.
Bei besonders stark isoliertem Schulverweigern kann es notwendig sein, in Kooperation mit dem
Jugendamt und den Eltern sowie der Klinik gemeinsam eine konzentrierte Aktion durchzuführen.
Innerhalb dieser wird dann eine Genehmigung der geschlossenen Unterbringung aufgrund §1631b
BGB initiiert.
Ziel der Behandlung ist es, sowohl auf der Realitätsebene (Schule bis hin zur externen Schule) und
der innerhalb der intrapsychischen und interpersonellen Ebene des Einzelnen und seiner Familie
verstehende und korrigierende Erfahrung zu verknüpfen, um die Verhaltensveränderung affektlo-
gisch abzusichern. Entsprechend der Angststörung bzw. bei depressiver oder psychosenaher Symp-
tomatik werden entsprechende Psychopharmaka nach ausführlicher Erläuterung und Einverständnis
der Betroffenen fakultativ gegeben.
Limburg, den 06.11.2014
Dr. med. M. Runge
Leitende Ärztin
Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie
und –psychotherapie
Kontaktmöglichkeiten
65549 Limburg, Saarlandstraße 2
Sekretariat Ambulanz Tel. 06431/ 219 776 - 0
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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5. Sozialarbeit an Schulen im Landkreis Limburg-Weilburg
Arbeitskreis Schulvermeider – Ablauf bei Schulversäumnissen (2015)
Kontaktmöglichkeiten: direkt an der jeweiligen Schule vor Ort
Schüler bleibt der Schule fern (Wie lange,
unregelmäßig, Verdacht
auf?
Info von Klassenleitung an Schul-
sozialarbeit, kollegialer Austausch,
aktuelle Situation des Schülers?
Lehrer lädt Eltern zum Gespräch (Anruf od schriftlich); Schulsoz. bietet Teilnahme am Gespräch an bzw. Angebot an die Eltern/ den Schüler
zum alleinigen Gespräch. Neutralität der Schulsoz. Nutzen (Schweige-
pflicht)
innerhalb
einer
Woche
Es kommt kein Ge-
spräch zustande
Seitens der Schulsoz. Angebot zum Hausbesuch/ Abholen des Schülers (ange-kündigt, ohne Klassenleitung). Ziel: lösungsorientiertes Gespräch mit Eltern/
Schüler; Aufklärung über die möglichen Unterstützungsmaßnahmen: Ressour-
cen, Hilfsmöglichkeiten (intern und extern)
Evaluation mit allen Prozessbetei-
ligten nach zwei Wochen
Schüler besucht die Schu-
le wieder regelmäßig Fehlzeiten bestehen weiter:
Einschalten der Schulleitung, Ju-
gendamt u. Schulpsychologie; Klas-
senkonferenz einberufen.
Schulsoz. bietet Schüler Begleitung zu Gesprächen an
Prozessverantwortung liegt generell
bei Klassenleitung, es sei denn an-
ders vereinbart
Für die Schulsozialarbeit:
Es ist ein freiwilliges Angebot,
welches an den Schüler gestellt
wird und von der Schulsoz. an-
genommen werden kann!
Das Angebot ist unabhängig
vom zuständigen Schulamt
(ausgenommen bei schon be-
stehender Zusammenarbeit)!
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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6. Amt für Jugend, Schule und Familie, Fachdienst Sozialer Dienst, Landkreis Limburg-Weilburg
Das Amt für Jugend, Schule und Familie hat die Verantwortung für die Sicherstellung der Leistungen
und Aufgaben des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch). Eine unmittelbare Verantwortlich-
keit der öffentlichen Jugendhilfe in Fällen von Schulabsentismus besteht nicht.
Dennoch können sich Berührungspunkte mit Schulen ergeben und im Einzelfall die Notwendigkeit
einer Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Jugend, Schule und Familie und den Schulen entste-
hen. Bleibt eine Schülerin, ein Schüler zum Beispiel langfristig unentschuldigt dem Schulbesuch fern,
so kann dies die Annahme auf eine Kindeswohlgefährdung erhärten. Die enge Kooperation zwischen
Jugendhilfe und Schule ist bei diesen Fällen von Bedeutung.
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die vom Kreistag am 2. Oktober 2015 beschlossene
Konzeption für die „S hulsozialar eit i La dkreis Li urg-Weil urg“. Aus diesem Grundlagenpa-
pier gehen Aufgaben / Leistungen der Schulsozialarbeit hervor.
Als wesentliche Aufgabenbereiche der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern wird dort
die sozialpädagogische Intensivbegleitung benannt. Diese beinhaltet unter anderem:
Begleitung und Betreuung in Krisensituationen
Unterstützung und Begleitung bei Schulvermeiderinnen und Schulvermeidern, Schulverwei-
gererinnen und Schulverweigerern, Schulabstinenzlerinnen und Schulabstinenzler.
Der Landkreis Limburg-Weilburg unterstützt und fördert die Schulsozialarbeit ganz erheblich.
Eine weitere verbindliche Handlungsgrundlage stellt die am 9. November 2015 vom Jugendhilfeaus-
schuss verabschiedete „Verei aru g zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gemäß § 4 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz) i.V.m. § 8b Abs. 1 SGB VIII (Sozialge-setz u h VIII “ dar.
Diese Vereinbarung regelt ein standardisiertes Verfahren zwischen dem Staatlichen Schulamt/der
Schule sowie dem Landkreis Limburg-Weilburg als Träger der örtlichen Jugendhilfe.
I Rah e der ‚Herausforderu g S hula se tis us‘ ilde die „Ko zeptio für die S hulsozialar eit im Landkreis Limburg-Weil urg“ so ie die „ Verei aru g zum Schutz von Kindern und Jugendli-
he “ e e de SGB VIII au h die Gru dlage für die öffe tli he Juge dhilfe.
Kontaktmöglichkeiten:
Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg
Amt für Jugend, Schule und Familie
Fachdienst Sozialer Dienst
Schiede 43
65549 Limburg
Tel. 06431/ 296 664
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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7. Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) des Gesundheitsamtes des
Landkreises Limburg-Weilburg (Sozialpädiatrie)
Der Auftrag des KJGDs ist es, die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu
schützen und zu fördern sowie Eltern und Institutionen zu beraten. Dies gilt insbesondere für ent-
wicklungsverzögerte, chronisch kranke, behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder und Ju-
gendliche. Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst soll den medizinischen Beratungsbeitrag liefern,
welcher notwendig ist, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (hier: Schule) zu ermöglichen oder
zu verbessern.
Die Maßnahmen sind folgende: präventive Maßnahmen, wie Beratungen, Untersuchungen und
„ a hgehe de Fürsorge“ a er au h Beguta htu ge i Auftrag a derer Behörde . Die Ar eit it dem Kind oder dem Jugendlichen geschieht in der Regel mit Zustimmung und meist im Beisein der
Elter z . der Erziehu gs ere htigte . Der KJGD ar eitet als „Ver ittler u d Ü ersetzer“ z is he edizi is he , pädagogis he u d juristis he Strukture . Er ersteht si h a er au h als „Fürspre-
her“ für die gesu dheitli he Bela ge u d als „Betrie sarzt für die S hüleri e u d S hüler“. Der KJGD unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht und benötigt für Informationsweitergaben Erlaubnis-
erklärungen und entsprechende schriftliche Entbindungen.
Gesetzliche Grundlagen: § 71 und § 149 HSchG, § 2 VOGSV, § 10 HGöGD
Für einen amtlichen Untersuchungstermin im Auftrag der Schule zur Abklärung einer Erkran-
kung im Rahmen des § 2 VOGS, ist ein schriftlicher Auftrag der Schule notwendig. Es erfolgt eine
Einladung, eine Untersuchung und eine schriftliche Stellungnahme.
Unterstützungsangebote im Zusammenhang mit Schulvermeidung Einzelfallberatung von Lehrkräften, Eltern und Schülern (anonym und persönlich)
S hriftli he Stellu g ah e u d „sozial edizi is her Beratu gs eitrag“
Sozialmedizinische Anamnese und Körperliche Untersuchung: medizinische Beurteilung des
Entwicklungsstandes, Seh- und Hörüberprüfung, Screening, Diagnostik
Klärung medizinischer Sachverhalte mit behandelnden Ärzten und Therapeuten
Übersetzung in allgemein verständliche Sprache
im Einzelfall Teilnahme an Runden Tischen und an Netzwerkarbeit
Kontaktmöglichkeiten:
Der KJGD ist erreichbar über:
Tel.: 06431/ 296 613,
Fax: 06431/ 296 334
Mail: [email protected]
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Teil C: Zusätzliche Informationen und Erläuterungen
1. Rechtliche Rahmenbedingungen und Erläuterungen zum Ablaufplan
1.1 Ablaufplan Schulabsentismus
1.2 Erläuterungen zum Ablaufplan
2. Übersicht zur Phänomenologie der Schulverweigerung und möglichen Interventionsstrategien
3. Literatur
Ablaufplan Schulabsentismus für Schule (08.01.15)
d
Angebot der Einbeziehung externer Institutionen
Aktivierung der Ressourcen innerhalb Schule
1. Schüler/in fehlt unentschuldigt (ggf. auch nur stundenweise) oder
2. es bestehen Zweifel an der Glaubwürdig-keit der Entschuldigungen bzw. der Atteste
Elternkontakt (Telefon/ggf. Formbrief) Klassen-lehrkraft
Klassen-lehrkraft
Ein Bußgeld-verfahren
6
kann in der Regel jeder-zeit und auch
neben den genannten
kommunikati-ven und päda-
gogischen Maßnahmen eingeleitet werden.
ggf. zusammen mit dem Staatli-chen Schulamt (SSA) prüfen ob Abklärung wei-terer Fragen sinnvoll oder notwendig:
Schulfähigkeit oder andere medizinische Fragestellung? ► Schularzt
8
ggf. zusammen mit SSA prüfen ob weitere Maßnahmen sinnvoll:
Schulzwang und Zuführung
9?
► Jurist SSA ► Ordnungsamt
Strafanzeige
10?
► Jurist SSA
Klassen-lehrkraft,
Schulleitung
Schulleitung, Klassen-konferenz
Klassenlehr-kraft
Einladung Eltern & Schüler/in (Telefon/ggf. Formbrief)
Gespräch findet statt3:
- Ursachenforschung4, lösungsorientiert
- Planung des Wiedereinstiegs - verbindliche Vereinbarungen werden schrift-
lich festgehalten - ggf. Hausbesuch durch Schule (Vorbeugen-
de Maßnahme)
Gespräch findet nicht
statt
Gespräch zwischen allen Beteiligten (Eltern, Schüler/-in, Klassen-konferenz, BFZ, Sozialarbeit): Analyse der Ausgangslage & Bedin-gungen, Mobilisierung aller schulischer Veränderungsmöglichkeiten & Ressourcen, Möglichkeit der Beratung durch Schulpsychologie
1. Schriftliche Schulbesuchsmahnung & evtl. Attestpflicht5
2. Einleitung des Bußgeldverfahrens6
- Einladung zum Helfergespräch zwischen allen Beteiligten (El-tern, Schule, BFZ, Schulpsychologie, zuständiger Fachdienst des Jugendamtes, Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psycho-therapie, Sozialarbeit, Schularzt, Erziehungsberatungsstelle)
- In der Folge Kooperation zwischen Schule und beteiligten ex-ternen Institutionen (bei Vorliegen einer Schweigepflichtentbin-dung durch die Sorgeberechtigten)
Ziel ist die Vernetzung der schulischen und außerschulischen
Unterstützungsmaßnahmen und das gemeinsame Treffen verbindlicher Vereinbarungen
Zuständigkeit2
Phase 1
1. - 3. Tag
Kein Schulbesuch
Kein Schulbesuch
Kein Schulbesuch
Phase 2
4. – 10.
Tag
Phase 3
2. - 3. Woche
Phase 4
4.
Woche
Zeit Empfohlene Vorgehensweise
Phase 0
Systematische Erfassung der Anwesenheit1!
Ablaufplan in Schule transparent kommunizieren!
Schulleitung, Schule
Generell kommen weitere Interventionsstufen7 über das Bußgeldverfahren hinaus (Schulzwang/Zuführung, Mitteilung Ju-
gendamt, Strafanzeige/Anrufung Familiengericht) nur dann in Betracht, wenn der schulische Handlungsrahmen gänzlich und Stufe für Stufe ausgeschöpft wurde!
Kein Schulbesuch
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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1.2 Erläuterungen zum Ablaufplan
1: Systematische Erfassung der Anwesenheit
Für eine i di iduelle pädagogis he I ter e tio ist ei e ge aue Erfassu g o Fehlzeite Fehltage, Verspätu ge , „Wel he Wo he tage z . Stu de si d etroffe ?“ et . so ie die Mögli hkeit, Auffälligkeite a zu ilde , Voraussetzu g. „Für eine effektive und zeitnahe Information der zuständigen Klassenleitung ist es unerlässlich, dass alle Lehrkräfte, die einen
Schüler unterrichten, Unterrichtsversäumnisse sofort in einer Weise erfassen, die allen beteiligten Lehrkräften zugänglich
ist. [...] Entscheidend ist, dass die verantwortliche Lehrkraft – in der Regel die Klassenleitung – den Überblick über die Un-
terri hts ersäu isse eko t, u kritis he Fehlzeite zu e erke u d s h ell reagiere zu kö e .“ gl. Bildu gsser-
ver Hessen: Fehlzeitenerfassung, unter http://schulvermeidung.schule.hessen.de/Fehlzeitenerfassung/index.html
[08.01.2015]).
Es existiert eine Vielzahl ökonomisch einsetzbarer EDV-Systeme zur Erfassung von Anwesenheitszeiten (z.B. System auf der
Basis von Excel, Bildungsserver Hessen, abrufbar unter: http://schulvermeidung.schule.hessen.de/Excel-Datei/index.html
[08.01.15]; elektronisches Klassenbuch Schulfix, Informationen abrufbar unter: http://www.wssoft.de/ [08.01.15]; elektro-
nisches Klassenbuch WebUntis, Demoversion abrufbar unter:
http://www.grupet.at/de/produkte/webuntis/online_demoversion.php [08.01.15])
2: Zuständigkeit
Generell obliegt das Re ht u d die Pfli ht zur Erziehu g der Ki der de Elter : „Pflege und Erziehung der Kinder sind das
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemein-
schaf“ (Art. 6 Abs. 2 GG sowie wortgleich § 1 SGB VIII).
Darüber hinaus obliegt nach § 88 Abs. 3 Nr. 2 des Hessischen Schulgesetzes den Schulleiterinnen und Schulleitern die Sorge
für die Erfüllung der Schulpflicht. Nach § 68 HSchG ist die zwangsweise Zuführung zur Schule möglich, wenn andere päda-
gogische Mittel erfolglos geblieben sind. Daneben kann nach § 181 HSchG ein Bußgeldverfahrens eingeleitet werden.
Im täglichen Ablauf macht es Sinn, diese Aufgabe (Sorge für die Erfüllung der Schulpflicht) an die Klassenlehrerin bzw. den
Klassenlehrer und die in den Klassen unterrichtenden Förderschullehrerinnen und -lehrer zu übertragen. Bei Vorliegen eines
sonderpädagogischen Förderbedarfs übernehmen die Förderschullehrerinnen und Förderschullehrer die Fallführung. Eine
enge Abstimmung zwischen allen in der Klasse unterrichtenden LuL ist wichtig (insbesondere für die Dokumentation der
Anwesenheit). Die Schulleitung muss spätestens nach dem 10. unentschuldigten Fehltag informiert werden (=> auch im
Hinblick auf Einleitung eines Bußgeldverfahren, siehe unten).
3: Gesprächsführung
Siehe Hinweise zur Gesprächsführung (Teil A Abschnitt 5: Hinweise zur Gesprächsführung)
4: Ursachenforschung
Schulabsentismus, das Fernbleiben von Schülern vom Unterricht, hat verschiedene Ursachen und stellt sich für den Betrach-
ter als schwer durchschaubar und oft mit unklarer Kausalität dar. Die Begriffe Schulangst, Schulphobie und Schulschwänzen
beschreiben verschiedene Ursachenfelder. Lesen Sie bitte hierzu die Informationen zur Phänomenologie des Schulabsen-
tismus im Teil A Abschnitt 1 dieser Handreichung).
5: Attestpflicht
Hinweise zu einer möglichen Attestpflicht und ggf. einer schulärztlichen Untersuchung fi de si h i der „Verord u g zur Gestaltu g des S hul erhält isses“ § 2 Abs. 2 VOGSV):
§ 2 Verhi deru g u d Erkra ku g: 2 „I egrü dete Ei zelfälle ka die S hule auf Bes hluss der Klasse ko fere z nach vorheriger Ankündigung verlangen, dass eine Erkrankung durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen
ist; die Kosten haben die Eltern oder die volljährige Schülerin oder der volljährige Schüler zu tragen. In besonders begründe-
ten Einzelfällen kann auch die Vorlage eines amtsärztlichen Attests verlangt werden.
(Für die Schulsportbefreiung gilt: ärztliche Atteste können normalerweise bis zu 3 Monaten ausgestellt werden; § 3 Abs. 3
VOGSV).
6: Bußgeldverfahren
Nach § 181 HSchG kann gegen den (bußgeldmündigen) Schulpflichtigen und/oder dessen Eltern ein Bußgeldverfahren (nach
dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten) eingeleitet werden.
§181 HSchG (Ordnungswidrigkeit):
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. als Schulpflichtige oder Schulpflichtiger nach Vollendung des
14. Lebensjahres die Pflichten nach §§ 60, 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 bis 3 oder § 64 Abs. 1 verletzt, 2. die Pflicht, die Schulpflich-
tigen zur regelmäßigen Teilnahme am Unterricht und an Unterrichtsveranstaltungen anzuhalten und sie bei der zuständigen
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Schule an- und abzumelden oder zur Schulanmeldung vorzustellen (§ 67 Abs. 1), verletzt, 3. die Pflichten nach § 67 Abs. 3
verletzt.
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich Schulpflichtige oder die in § 67 Abs. 1 und 3 genannten Personen durch
Missbrauch des Ansehens, Überredung oder andere Mittel dazu bestimmt, die Vorschriften über die Schulpflicht zu verlet-
zen.
(3) Ordnungswidrig handelt ferner, wer 1. ohne eine nach § 171 Abs. 1 erforderliche Genehmigung eine Ersatzschule oder
entgegen einem Verbot der Fortführung nach § 175 Abs. 3 eine Ergänzungsschule betreibt oder leitet, 2. vorsätzlich oder
fahrlässig gegen die Anzeigepflicht nach § 175 Abs. 2 verstößt, 3. entgegen einem Verbot nach § 177 Abs. 1 Privatunterricht
erteilt.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 603), zuletzt geändert durch Ge-
setz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353), ist die untere Schulaufsichtsbehörde.
Vorgehensweise der Schule:
1. Die Erziehungsberechtigten bzw. die Schülerin/der Schüler werden schriftlich aufgefordert einen regelmäßigen Schul-
besuch sicher zu stellen.
2. Bleibt dies ohne Erfolg: erneutes Schreiben mit Hinweis auf die Rechtswidrigkeit (Verletzung der Schulpflicht) sowie
Hinweis auf die mögliche Einleitung des Bußgeldverfahrens.
3. Bleibt auch dies ohne Erfolg: Schule beantragt beim SSA die Einleitung eines Bußgeldverfahrens (nach § 181 HSchG,
sog. OWI-Verfahren; Antragsformular des SSA: Antrag auf Einleitung eines Bußgeldverfahrens für Allgemeinbildende
Schulen).
Darüber hinaus kann gegenüber den Erziehungsberechtigten eine Strafanzeige (nach § 182 HSchG) dann sinnvoll sein, wenn
diese den Schulpflichtigen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig entziehen. Dies wird als Straftat mit Freiheitsstrafe bis
zu sechs Monaten bestraft werden.
7: Weitere Interventionsstufen
Wenn andere pädagogische Mittel erfolglos geblieben sind, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter im Einvernehmen mit
dem Staatlichen Schulamt (nach § 68 HSchG) eine Entscheidung über die zwangsweise Zuführung zur Schule treffen (siehe
unten).
Darüber hinaus kann nach § 182 HSchG gegenüber den Erziehungsberechtigten eine Strafanzeige dann sinnvoll sein, wenn
diese den Schulpflichtigen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig entziehen. Dies wird als Straftat mit Freiheitsstrafe bis
zu sechs Monaten bestraft werden.
(Handreichung Schulvermeider, Hessisches Kultusministerium, 2008)
8: Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) des Gesundheitsamtes (Schulärzte/Schulärztinnen)
Der Auftrag des KJGDs ist es, die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu schützen und zu fördern
sowie Eltern und Institutionen zu beraten. Dies gilt insbesondere für entwicklungsverzögerte, chronisch kranke, behinderte
oder von Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche. Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst soll den medizinischen
Beratungsbeitrag liefern, welcher notwendig ist, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (hier: Schule) zu ermöglichen
oder zu verbessern.
Die Maß ah e si d folge de: prä e ti e Maß ah e , ie Beratu ge , U tersu hu ge u d „ a hgehe de Fürsorge“ aber auch Begutachtungen im Auftrag anderer Behörden. Der KJGD kann schriftlich beauftragt werden zu folgenden Fra-
gestellungen: Auswirkungen von körperlichen und seelischen Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen auf die regu-
läre und erfolgreiche Teilnahme am Schulalltag (z.B. bei längerem unklaren Fernbleiben von der Schule aus gesundheitli-
chen Gründen).
Gesetzliche Grundlagen: § 71 und § 149 Hessisches Schulgesetz; § 2 Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses; § 10
Hessisches Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Weitere Informationen zur Arbeit des Schulärztlichen Dienstes sowie Kontaktdaten befinden sich in Teil A dieser Handrei-
chung (Abschnitt 3: Unterstützungsangebote im LDK).
9: Schulzwang bzw. zwangsweise Zuführung
Hessisches Schulgesetz (HSchG):
§ 68 Schulzwang: Wer seiner Schulpflicht nicht nachkommt, kann der Schule zwangsweise zugeführt werden, wenn andere
pädagogische Mittel, insbesondere persönliche Beratung, Hinweise an die Eltern, die Kinder- und Jugendhilfe, den Ausbil-
denden und den Arbeitgeber oder gemeinsame Gespräche der Beteiligten erfolglos geblieben sind. Die Entscheidung über
die zwangsweise Zuführung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde. Bei
der Zuführung kann die Hilfe der für den Wohnsitz, für den gewöhnlichen Aufenthalt oder für den Beschäftigungsort der
oder des Schulpflichtigen örtlich zuständigen Verwaltungsbehörde (Gemeindevorstand) in Anspruch genommen werden.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Zuständig für die Entscheidung über die zwangsweise Zuführung ist gemäß § 68 Satz 2 HSchG der Schulleiter bzw. die Schul-
leiterin, wobei zuvor das Einvernehmen mit dem Staatlichen Schulamt herzustellen ist.
Zentrale Voraussetzung ist die Schulpflicht des betreffenden Schülers. Diese bestimmt sich nach den §§ 56 ff. des HSchG.
Weitere Voraussetzung ist die Verletzung der Schulpflicht. Hierbei ist zu beachten, dass nicht jede Verletzung der Schulbe-
suchspflicht zum Anlass genommen werden kann, nach § 68 HSchG vorzugehen, sondern erst ab einer gewissen Häufigkeit
und Schwere Maßnahmen ergriffen werden sollten. Dies hängt jedoch auch vom jeweiligen Einzelfall ab.
Darüber hinaus ist die zwangsweise Zuführung zum Unterricht erst nach Ausschöpfen aller pädagogischer Mittel der Schule
zulässig. Zu diesen Mitteln zählen die pädagogischen Maßnahmen des § 82 Abs. 1 HSchG, insbesondere auch das Nach-
holen versäumten Unterrichts. Je nach Fallgestaltung kann auch die vorherige Unterrichtung des Arbeitgebers bzw. des
Ausbildenden bei Berufsschülern oder die Einschaltung der Behörden der Kinder- und Jugendhilfe geboten sein.
Bei der Entscheidu g a h § 68 HS hG ha delt es si h u ei e Er esse se ts heidu g „ka “ i Ei zelfall. Die A ord-
nung der zwangsweisen Zuführung muss konkrete Erwägungen enthalten: Alle relevanten einzelfallbezogenen Belange und
Gegebenheiten sind zu berücksichtigen. Kriterien für die Ermessensentscheidung sind in der Anlage 1 der Handreichung
(vgl. Hessisches Kultusministerium, 2008) aufgeführt.
Entscheidet sich die Schulleitung danach für eine zwangsweise Zuführung, so gestaltet sich das weitere Vorgehen wie folgt
(vgl. Handreichung Schulvermeider, Hessisches Kultusministerium, 2008):
Die Schulleitung holt das Einverständnis des Staatlichen Schulamtes ein.
Soweit dieses vorliegt, droht sie den Erziehungsberechtigten die zwangsweise Zuführung des Kindes oder Jugendlichen
unter kurzer Fristsetzung an und informiert die örtlich zuständige Verwaltungsbehörde (Gemeindevorstand bzw. Ma-
gistrat - Ordnungsamt).
Sollte die Androhung erfolglos verlaufen, ordnet die Schulleitung die zwangsweise Zuführung an.
Bei der Zuführung kann gemäß § 68 Satz 3 HSchG die Hilfe des für den Wohnsitz, für den gewöhnlichen Aufenthalt
oder den Beschäftigungsort der oder des Schulpflichtigen örtlich zuständigen Ordnungsamtes in Anspruch genommen
werden (Anlage 4). Dieses Vorgehen stellt den Normalfall dar, da der Schule in der Regel das geeignete Personal für die
notwendigen Maßnahmen fehlt. Die Polizeibehörden leisten den Verwaltungsbehörden gemäß § 44 Hessisches Gesetz
über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) Vollzugshilfe, insbesondere dann, wenn begründete Anhaltspunk-
te dafür vorliegen, dass mit dem Widerstand des Schulpflichtigen, seiner Eltern oder Dritter zu rechnen ist. Insofern ist
das Ordnungsamt gegebenenfalls über solche Anhaltspunkte zu informieren.
10: Strafanzeige/Strafantrag
Eine Strafanzeige nach § 182 HSchG gegenüber den Erziehungsberechtigten kann dann sinnvoll sein, wenn diese den Schul-
pflichtigen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig entziehen. Dies wird als Straftat mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Mona-
ten bestraft werden (Handreichung Schulvermeider, Hessisches Kultusministerium, 2008).
Strafantrag: § 182 (HSchG) Straftaten: (1) Wer einen anderen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig wiederholt entzieht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft. (2) Die
Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Antragsberechtigt ist die untere Schulaufsichtsbehörde. Der Antrag kann zurückgenom-
men werden.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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2. Übersicht zur Phänomenologie der Schulverweigerung und möglichen Interventionsstrategien
Mögliche Ursachen (Handreichung SSA Fulda S. 7)
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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Anzeichen/mögliche Interventionen (Handreichung SSA Fulda S. 9)
Handreichung Schulabsentismus LDK Vorschlag der Schulpsychologie; Stand 10.11.2014
4. Literatur
Bildungsserver Hessen: Fehlzeitenerfassung. Abrufbar unter:
http://schulvermeidung.schule.hessen.de/Fehlzeitenerfassung/index.html
[08.01.2015].
Bildungsserver Hessen: Schulvermeidung. Abrufbar unter:
http://schulvermeidung.schule.hessen.de/ [08.01.2015].
Brettfeld K., Enzmann D., Trunk D., Wetzels P. (2005): Abschlussbericht zur Evaluation des
Niedersächsischen Modellprojekts gegen Schulschwänzen (ProgSs). Bericht an den
Landespräventionsrat Niedersachsen. LPR. Abrufbar unter: http://www2.jura.uni-
hamburg.de/instkrim/kriminologie/Projekte/ProGess/Progess.html [07.01.2015].
Henning, U. & Knödel, U. (2011). Schulprobleme lösen. Weinheim, Basel: Beltz Verlag.
Hessenweite Arbeitsgruppe Schulverweigerung (2015). Empfehlungen für schulische System-
beratung (in Vorbereitung).
Hessisches Kultusministerium (2008). Schulvermeider. Leitfaden zur Intervention in eigenver-
antwortlichen Schulen. Wiesbaden: HKM. Abrufbar unter:
https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/hkm/schulvermeider-
leitfaden_zur_intervention-0801.pdf [07.01.2015].
Jans, T. & Warnke, T. (2004). Schulverweigerung. Monatsschrift Kinderheilkunde, 152, S.
1302-1312.
Knollmann, M., Al-Mouhtasseb, K. & Hebebrand, J. (2009). Schulverweigerung und
psychische Störungen: Merkmale von schulverweigernden Kindern und Jugendlichen
und ihren Familien einer kinder- u d juge dpsy hiatris he „S hul er eigerera u-
la z“. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 58, S. 434-449.
Landkreis Osnabrück (2014): Handreichung für Schulen zum Umgang mit Schulverweigerung.
Maßarbeit: Osnabrück. Abrufbar unter: https://www.landkreis-osnabrueck.de/sites/default/files/downloads/handreichung_schulverweigerung_2014_web_0.pdf
[08.01.2015].
Plasse, G. (2004). Erziehen: Handlungsrezepte für den Schulalltag in der Sekundarstufe.
„Schwänzen“: Eingreifen, nicht wegsehen! Berlin: Cornelsen Verlag.
Ricking, H. (1999). Schulische Handlungsstrategien bei Schulabsentismus. Möglichkeiten der
Prävention von Schulschwänzen und –verweigerung. In: Buchen et al. (Hrsg.).
Schulleitung und Schulentwicklung. Berlin: Raabe Verlag.
Ricking, H., Schulze, G. & Wittrock, H. (Hg.) (2009): Schulabsentismus und Dropout – Erschei-
nungsformen – Erklärungsansätze – Intervention. Paderborn: Schöningh.
Handreichung Schulabsentismus LM/WLB Stand 17.12.2015
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