Spezialtiefbau-Exkursion 2007 - TU Bergakademie...
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Transcript of Spezialtiefbau-Exkursion 2007 - TU Bergakademie...
Herausgeber:
TU Bergakademie Freiberg Institut für Bergbau und Spezialtiefbau
Gustav Zeuner Strasse 1A 09596 Freiberg
Tel.: +49 3731 392893
Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Uwe Glaubach
Spezialtiefbau – Jahresexkursion 2007 vom 30.September – 06. Oktober 2007 nach Süddeutschland,
Österreich und in die Schweiz
Leitung:
Prof. Dr. W. Kudla und Prof. Dr. H. Konietzky
Organisation:
Prof. Dr. W. Kudla und Dipl.-Ing. U. Glaubach
Teilnehmerliste der Studierenden:
1. Anding, Felix 4. Fachsemester Geotechnik / Bergbau
2. Bonim, Christina 4. Fachsemester Geotechnik / Bergbau
3. Dietrich, Christin 9. Fachsemester Markscheidewesen
4. Dornberger, Roman 8. Fachsemester Technologiemanagement
5. Frank, René 6. Fachsemester Spezialtiefbau
6. Gensel, Martin 7. Fachsemester Spezialtiefbau
7. Gerber, Christian 6. Fachsemester Geotechnik
8. Haupt, Matthias 7. Fachsemester Maschinenbau
9. Klemm, Sabine 6. Fachsemester Spezialtiefbau
10. Köditz, Sindy 4. Fachsemester Geotechnik
11. Löffler, Thomas 4. Fachsemester Maschinenbau
12. Miglio, Marcello 7. Fachsemester Bergbau
13. Mittelbach, Livia 4. Fachsemester Geotechnik / Bergbau
14. Schönknecht, Josefine 6. Fachsemester Geotechnik
15. Thiel, Franziska 7. Fachsemester Spezialtiefbau
16. Tunger, Kristin 9. Fachsemester Markscheidewesen
17. Vejrazka, Claudia 5. Fachsemester Bergbau
18. Zeitler, Enrico 5. Fachsemester Spezialtiefbau
Teilnehmende Mitarbeiter der Universität:
Dipl.- Ing. T. Frühwirt Institut für Geotechnik
Dipl.- Ing. U. Glaubach Institut für Bergbau und Spezialtiefbau
Dr.-Ing. A. Hausdorf Institut für Geotechnik
Prof. Dr. W. Kudla Institut für Bergbau und Spezialtiefbau
Dipl.- Ing. C. Reinhold Institut für Bergbau und Spezialtiefbau
weiterhin:
Dr.-Ing. M. Siegmundt
Inhalt
1. Danksagung ............................................................................................... 5
2. Verlauf der Exkursion ................................................................................. 6
3. Besichtigung des Bauloses 2 der U- Bahn Linie 3 Nord in München.......... 7
4. Besichtigung der Hauptbaumaßnahme H5 Vomp – Terfens .................... 15
5. Baulos H7-1 Tunnel Fritzens .................................................................... 22
6. Neubautrasse der Unterinntalbahn - Baulos H8 (Jenbach) ...................... 28
7. Gotthard-Basistunnel................................................................................ 37
8. Besichtigung Zwischenangriff Amsteg...................................................... 45
9. Mont Terri – Felslabor .............................................................................. 53
Alle in diesem Exkursionsbericht enthaltenen Angaben und Daten wurden von den
jeweiligen Berichterstattern / Berichterstatterinnen nach bestem Wissen erstellt; an
etlichen Stellen wurden von ihnen aber auch fremde Quellen zitiert ohne eine
korrekte Kennzeichnung dieser Zitate.
Inhaltliche Fehler können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Deshalb erfolgen
die nachstehend getroffenen Angaben und mitgeteilten Daten ohne jegliche
Verpflichtung oder Garantie sowohl der Autoren als auch der Exkursionsleitung.
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1. Danksagung
Die Studenten und Mitarbeiter der TU Bergakademie Freiberg danken sehr herzlich
allen Sponsoren für ihre fachliche und finanzielle Unterstützung!
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2. Verlauf der Exkursion
Sonntag, 30.September 2007
17:00 Uhr Abfahrt nach Kinding ins das Altmühltal
Montag, 01.Oktober 2007
9:00 - 12:30 Uhr Besichtigung des Bauloses 2 der U- Bahn Linie 3 Nord in München
12:30 - 14:00 Uhr Mittagessen am Oktoberfest auf Einladung der Fa. Hochtief
14:00 - 17:00 Uhr Besuch des Oktoberfestes und Stadtrundgang
Dienstag, 02. Oktober 2007
8:30 bis 12:00 Uhr Besichtigung des Bauloses H5 in Vomp /Terfens
14:00 bis 17:30 Uhr Besichtigung des Bauloses H7 in Fritzens
ab 19 Uhr Abendessen auf Einladung der Fa. Hochtief in Innsbruck
Mittwoch, 03. Oktober 2007
8:30 bis 12:00 Uhr Besichtigung des Bauloses H8 in Jenbach
ab 14:00 Uhr Fahrt nach Sedrun
Donnerstag, 04. Oktober 2007
8:30 bis 14:00 Uhr Befahrung des Schachtes Sedrun und des Zwischenangriffs Amsteg des Gotthard-Basistunnels in zwei getrennten Gruppen
ab 14:00 Uhr Fahrt nach Basel
Freitag, 05. Oktober 2007
10:00 bis 14:00 Uhr Besichtigung des Felslabors Mont Terri in St. Ursanne
Sonnabend, 06. Oktober 2007
ab 7:00 Uhr Rückfahrt von Basel nach Freiberg
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3. Besichtigung des Bauloses 2 der U- Bahn Linie 3 Nord in München
Von: Roman Dornberger
Matthias Haupt
Felix Anding
Das erste Ziel der Geotechnik- Jahresexkursion 2007 führte nach München –
Moosach, zum Baulos 2 der Baustelle zur U- Bahnlinie 3 Nord.
ProjektDas Gesamtprojekt umfasst die Auffahrung eines etwa 1,7 km langen U-
Bahntunnels vom Olympia- Einkaufszentrum (OEZ) bis zum schon bestehenden S-
Bahnhof Moosach mit einem Zwischenhalt am Moosacher St.- Martins- Platz zur
Verlängerung der Olympia- Linie nach Norden.
Das Projekt ist in zwei Baulose unterteilt: Ein Los erstreckt sich über die S- Bahn-
Querung bis zu einer Wendeanlage für die U- Bahn und eine dort geplante Park &
Ride- Anlage am Memminger Platz.
Das zweite Los umfasst sowohl die bergmännische Auffahrung der Tunnel, den
Bahnhof Moosacher St. Martins- Platz, welcher ursprünglich als „Bahnhof Leipziger
Straße“ geplant war, sowie einen großen Teil des S-Bahnhofs Moosach.
Abbildung 1: Übersicht Verlängerung der U3- Nord
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Dieses Baulos wird gemeinsam von den Firmen Wayss & Freytag Ingenieurbau,
Hochtief Construction und Bauer Spezialtiefbau als „Arge U3 Nord, Baulos 2“ fertig
gestellt; Bauherr, Planung, Projekt- und Bauleitung übernimmt das Baureferat der
Landeshauptstadt München. Die Bauzeit für das Baulos 2 erstreckt sich von Oktober
2004 über 6Jahre. Im Jahr 2010 soll das Projekt voraussichtlich abgeschlossen sein
und somit die 1,7km lange Verlängerung in Betrieb gehen.
Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf ca. 180Mio. Euro, von denen
Bund und Land rund 70% übernehmen.
Geologie und Hydrologie München ist mitten in der zum nördlichen Alpenvorland zählenden
Landschaftseinheit der Münchner Schotterebene gelegen. Diese wird durch
Moränengürtel südlich, östlich und westlich begrenzt, während nördlich das
Tertiärhügelland anschließt. Insgesamt weist die Schotterebene eine Ausdehnung
von etwa 50km in N-S-Richtung und annähernd 40km in O-W-Richtung bei 2 - 20m,
im Süden Vereinzelt bis zu 100m, mächtigen Schotter auf. Des Weiteren ist sie durch
ein S – N - Gefälle von ca. 650m ü. NN auf ca. 430m ü. NN gekennzeichnet, welches
im Stadtgebiet etwa 4 – 5‰ beträgt. Aufgrund dieses Gefälles wird die Münchner
Schotterebene auch Schiefe Ebene genannt.
In der Molasse des Münchner Schotterfeldes sind die einzelnen Horizonte der durch
die Mindel-, Riß- und Würmglaziale eingetragenen Kiese nur durch Sandlinsen mit
teils beachtlichen Ausmaßen unterbrochen, welche aus den Interglazialen stammen.
Die Horizontabfolge im Bereich des Bauloses gliedert sich wie folgt: geringmächtige
Deckschicht aus Auffüllungen(Dreck, Bauschutt, Humus), 8 – 16 m mächtiger
Quartärer Kies, teilweise durchlagert mit Schluff und Sandlinsen mit gespanntem
Grundwasser. Der erste Grundwasserhorizont ist in einer Teufe von 2-3 m
anzutreffen.
Somit befindet sich der gesamte Tunnelvortrieb im Grundwasser.
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Vortrieb
Abbildung 2: Hydroschild beim Projekt „U3 Nord, Baulos 2“
Aufgrund der geologischen und hydrologischen Gegebenheiten wird der
Tunnelvortrieb beim Projekt „Arge U3 Nord, Baulos 2“ mit einem Hydroschild der
Firma Herrenknecht durchgeführt.
Diese Maschine hat einen Durchmesser von 7,35m, eine Gesamtlänge von etwa
80m und wiegt etwa 450t. Das 8m lange Schild, welches sich am Kopf der
Tunnelvortriebsanlage befindet, wird während des Vortriebs entlang der Tunnelachse
vorgeschoben. Zur gleichen Zeit erfolgt der Ausbruch des Erdreiches. Dabei muss
der Schild den Druck des umgebenden Erdreiches widerstehen sowie anstehendes
Grundwasser fernhalten. Hinter dem Schild folgen die vier Nachläufer, auf welchen
wichtige Geräte und Einrichtung für den Vortrieb untergebracht sind.
Während der Hohlraum entlang der Tunnellaibung durch den Schildmantel gesichert
wird, erfolgt die Stützung der Ortsbrust durch eine Stützflüssigkeit. Beim Vortrieb des
Tunnels der U3 Nord wird aufgrund seines bodenmechanischen Verhaltens, seiner
Plastizität und seines Quellvermögens, also seiner thixotropen Eigenschaften,
Bentonit als Stützmedium eingesetzt.
Das flüssige Bentonit dringt in die Ortsbrust ein und verringert dadurch seine
Geschwindigkeit. Dabei bildet sich ein Filterkuchen über den der Stützdruck auf-
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gebaut werden kann. Über ein im Arbeitsraum befindliches Luftdruckkissen kann der
Stützdruck dem, je nach Tiefe anstehenden Wasser- und Erddruck angepasst
werden.
Im Schutz des aufgebrachten Stützdrucks kann nun der vor dem Schneidrad
befindliche Boden gelöst werden. Dieser vermischt sich mit der Suspension im
Abbauraum und wird über Suspensionsleitungen zur Separieranlage transportiert.
Die so anfallenden 1200m³/h werden in 4 Trennstufen (Sieb > 4mm, 2fache
Hydrozyklone 0,18 - 4mm und 0,02 - 0,18mm, sowie Zentrifuge < 0,02mm)
aufgearbeitet und der wieder verwertbare Teil zu neuem Bentonitgemisch angesetzt.
Der Vortrieb bei diesem Projekt wird diskontinuierlich gefahren. Das bedeutet, dass
nach ca. 1,7m gefahrenem Vortrieb die Tunnelbohrmaschine gestoppt und im Schutz
des Schildmantels ein Ring aus 6 Tübbingsegmenten und einem Schlussstein aus
bewehrtem Beton mit Dichtungsprofilen gebaut wird. Insgesamt werden auf diese
Weise 1600, jeweils etwa 1,5m lange Ringe aus Tübbingen der Firma Glass GmbH
mit einer bisherigen Durchschnittsgeschwindigkeit von 8,7Ringen/d verbaut werden.
Abbildung 3: Blick in die fertig gestellte Tunnelröhre [Foto: U. Glaubach]
Die Segmente werden mit einem Vakuum-Erektor aufgenommen, in die richtige
Position gedreht und ausgerichtet. Bevor das Segment gesetzt wird, muss die
jeweilige Vortriebspresse eingefahren werden. Wenn das Segment platziert wurde,
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wird die Vortriebspresse wieder ausgefahren und das Segment temporär
verschraubt. Wenn der ganze Ring eingebaut wurde, stützen sich die Pressen an
dem zuletzt gebauten Ring ab und die Maschine ist bereit zur Weiterfahrt.
Um den Tunnel in Raumkurven bewegen zu können, besitzen die Tübbingringe eine
konische Form.
Wenn nun ein neuer Vortrieb beginnt, drücken die Vortriebspressen das Schild mit
einem Anpressdruck von 104000 Tonnen nach vorn. Zur gleichen Zeit wird zwischen
Ringaußenseite und umgebenden Erdreich ein Mörtel gepresst, welcher den Tunnel
auf seiner ganzen Länge einbettet.
Eine Besonderheit bei diesem Projekt war die Anfahrkonstruktion für die
Tunnelbohrmaschine. Extra hierfür wurde eine Technik zur „fliegenden Anfahrt“
entwickelt, bei der man auf eine Rückversteifung verzichten konnte.
Dafür wurde der Schildmantel gegen die Anfahrbrille verspannt und konnte somit den
Anpressdruck zur Anfahrt gegen die Wand der Baugrube aufbringen.
Abbildung 4: fliegende Anfahrt am „Christine- Tunnel“
Nach der Fertigstellung des Christine-Tunnels wird die Tunnelbohrmaschine
demontiert. Dabei wird das Schild aus Gründen des Platzmangels im Tunnelbauwerk
zurückgelassen. Nachdem die Maschine zum Startschacht zurücktransportiert und
mit einem neuen Schild versehen wurde, beginnt der Vortrieb der zweiten
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Tunnelröhre. Der Rücktransport in den Startschacht wird etwa 3 Monate in Anspruch
nehmen.
Weitere Bauverfahren Um die Behinderung des innerstädtischen Straßenverkehrs im Bereich der zu
errichtenden Bahnhöfe auf ein Minimum zu reduzieren, werden diese mittels
Schlitzwand- Deckelbauweise errichtet. Hierfür werden zuerst Schlitzwände im
Boden erstellt. Mit einem Schlitzwandgreifer wird dabei ein meist 2,50m langer, ca.
1,20m breiter und bis zu 30m tiefer Schacht ins Erdreich abgeteuft. Um die Wände
des Grabens abzustützen, ist dieser mit Bentonitsuspension gefüllt. Nachdem ein
vorgeflochtener Bewehrungskorb
in den Schacht hinabgelassen
wurde, wird dieser mit Beton
aufgefüllt. In vielen
Arbeitsschritten entstehen so die
Bahnhofswände, welche bis in
eine wasserundurchlässige
Bodenschicht reichen und somit
einen wasserdichten Trog bilden.
Anschließend wird innerhalb der
Schlitzwände das
Grundwasser abgepumpt und ein
1,6 bis 3,5 m dicker Deckel mit
hohem Bewehrungsgehalt
(120kg/m³) betoniert. Nach dem
Aushärten des Deckels, wird
dieser überschüttet um an der
Oberfläche eine provisorische
Fahrbahn zu errichten. Abbildung 5: Schlitzwand- Deckelbauweise
Zur gleichen Zeit beginnt der Aushub des Erdreiches unter dem Deckel bis zur
Sohle. Bis der Aushub auf die gewünschte Teufe vollzogen und dort die Sohle
betoniert ist müssen mit dem Aushub fortschreitende Aussteifungen eingerichtet
werden um den Gebirgsdruck aufzunehmen.
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Im Bereich des Bahnhofs Moosach kommt vom Grundprinzip her auch die Deckel-
bauweise zum Einsatz. Allerdings werden hier aufgrund der engen Platzverhältnisse
die Seitenwände nicht aus Schlitzwänden sondern aus Bohrpfählen erstellt.
Dabei werden einzelne Großlochbohrungen durchgeführt wobei zur gleichen Zeit ein
Stahlrohr in das das Loch gepresst wird, welches den umgebenden Boden am
nachrutschen hindert. Anschließend kann die Bewehrung in das Rohr hinab gelassen
und Beton aufgefüllt werden. Abschließend wird das Stahlrohr wieder entfernt.
Ein anderes Bauverfahren wurde aus Gründen der Hydrologie angewandt. Der
Bahnhof und die Streckentunnel dieses Projektes liegen quer zum nördlich
gerichteten Grundwasserfluss. Um ein Aufstauen des Grundwassers an der Südseite
der U- Bahn zu vermeiden, werden als Vorsichtsmaßnahme so genannte Düker
errichtet. Durch die Düker wird das in die Horizontalfilterbrunnen anströmende
Grundwasser unter der Bodenplatte der Bahnhöfe beziehungsweise unter dem
Tunnel durchgeleitet, wodurch ein Ausgleich des Grundwassers zwischen Nord- und
Südseite des Tunnelbauwerks erreicht wird. Entlang des gesamten Bauloses
befinden sich insgesamt 18 dieser Dükeranlagen.
Ein weiteres Augenmerk beim Bau der Tunnel liegt auf dem Aspekt der
Fahrdynamik. So erfolgt die Auffahrung des Tunnels nicht in gerader Art und Weise,
sondern die Strecken sacken beim Verlassen der Bahnhöfe etwas nach unten ab,
wodurch einerseits eine für die Passagiere interessante Fahrdynamik erreicht
werden, andererseits aufgrund des Gefälles Beschleunigungsenergie eingespart
werden soll.
Aktueller Baustand Zum Zeitpunkt der Exkursion 2007 war der Hydroschildvortrieb in vollem Gange. Bis
zum Durchbruch waren ca. noch 220 m zu absolvieren.
Bisher ist der Baufortschritt nicht durch Findlinge behindert worden und liegt
insgesamt gut in der Zeit. Der Bahnhof in Moosach wurde als Startschacht für die
Tunnelbohrmaschine gewählt und wird somit durch Mörtelmischanlage, Gleisbetrieb
und andere Anlagen als Umschlagplatz für den Vortrieb genutzt. Erst nachdem die
zweite Tunnelröhre von Moosach ausgehend aufgefahren wurde, kann mit dem
endgültigen Ausbau zum Bahnhof begonnen werden.
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AusblickIm Einzugsbereich der beiden neuen Bahnhöfe wohnen 17.000 Einwohner, 10.000
Arbeitsplätze liegen in unmittelbarer Nähe. Allein im Bahnhof Moosach werden
täglich 20.000 Ein-, Aus- und Umsteiger erwartet. Insgesamt werden für die Strecke
38.000Fahrgäste prognostiziert, was 15Millionen PKW-Kilometer und 1,5 Millionen
Buskilometer pro Jahr vermeiden soll.
Somit entsteht für die Einwohner des Münchner Nordwestens mit der Verlängerung
der Olympia- Linie U3 eine schnelle und zuverlässige Anbindung an das S- Bahn-
Netz, insbesondere an die Flughafenlinie S1.
Außerdem bietet die Neubaustrecke Fahrgästen aus Moosach künftig eine attraktive
Schnellbahnverbindung Richtung Olympiapark, Schwabing und in die Innenstadt. Am
Kreuzungsbahnhof "Olympia-Einkaufszentrum" entsteht eine zusätzliche
Umsteigemöglichkeit zur U1.
Besuch der Wies’n Zum Abschluss des ersten Exkursionstages stand der Besuch des Münchner
Oktoberfests auf dem Programm. Für einige Exkursionsteilnehmer war dies die erste
Möglichkeit das Flair des größten deutschen Volksfestes hautnah zu erleben.
Wir bedanken uns hiermit bei der Hochtief Construction AG für die Einladung zum
Oktoberfest und den äußerst angenehmen und interessanten Tag auf der Baustelle
der U3 Nord.
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4. Besichtigung der Hauptbaumaßnahme H5 Vomp – Terfens
Von: Christina Bonim
Livia Mittelbach
EinleitungIm Rahmen der diesjährigen Exkursion für die Studiengänge Spezialtiefbau und
Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg besichtigten wir am 02.10.2007 das
Hauptbaulos H5 im Unterinntal bei den Gemeinden Vomp, Terfens und Schwaz im
österreichischen Tirol. Dieses Baulos H5 gehört zum Ausbau der Zubringerstrecke
zum Brennerbasistunnel (Innsbruck - Bozen), welcher als Teil von einer der sechs
großen Alpentransversalen Bestandteil des TEN-Projektes ist. Die
Transeuropäischen Netze, kurz TEN, ist ein Programm der EU zur Verbesserung
und Entwicklung des europäischen Binnenmarktes. Dazu gehören neben dem
Ausbau von Straßen und Binnenwasserstraßen auch die Fertigstellung der
Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin - Palermo, das TEN-Projekt Nr. 1.
Ein Teil dieser Eisenbahnachse ist die Alpentransversale von München nach Verona,
auf deren Strecke im Herbst dieses Jahres auch mit den Bauarbeiten des
Brennerbasistunnels begonnen wird. In Österreich liegt die Verantwortlichkeit des
Ausbaus bei der 1996 gegründeten Brenner Eisenbahn GmbH (BEG), die auch die
Ausschreibungen für die einzelnen Baulose machte.
Abbildung 6: Lage des Bauloses H5 im Unterinntal [www.beg.co.at]
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Das Hauptbaulos H5 zwischen Vomp und Terfens gehört zur neuen Bahnstrecke im
Unterinntal zwischen Kufstein und Innsbruck, von der der größte Teil aufgrund der
beengten Platzverhältnisse im Unterinntal und auf Druck der Bevölkerung als
Bahntunnel hergestellt wird. Das Tiroler Unterinntal ist aufgrund der
Verkehrsüberlagerung der Alpen querenden Transits in Nord-Süd- (München –
Verona) und Ost-West-Richtung (Zell am See – Arlberg) und dem Regionalverkehr
eine der Hauptverkehrsachsen Europas. Die zunehmenden Verkehrströme führten
dazu, dass sich die Bestandsstrecke heute an ihrer Auslastungsgrenze befindet.
Aktuelle Verkehrsdaten zeigen, dass beispielsweise zwischen den Städten Wörgl
und Innsbruck die maximale Kapazität von 300Zügen pro Tag mit einer Auslastung
von 103% und somit über dem gesetzlichen Rahmen liegt. Ziel ist es daher, die
Kapazität der Eisenbahnlinie durch die nach Bauende viergleisige Strecke in diesem
kritischen Bereich zu erweitern.
Mit 8,48km ist das Baulos H5 der längste Teilabschnitt und wird von der Baufirma -
der Arbeitsgemeinschaft STRABAG, ZÜBLIN Tunnelbau und HOCHTIEF
Construction AG - größtenteils im klassisch-konventionellen Tunnelbau aufgefahren
und der Übergang zur Galerie Terfens wird in offener Bauweise hergestellt. Das
Sicherheitskonzept für den zukünftigen Bahntunnel umfasst neben drei
Rettungsschächten und drei Seitenstollen auch noch einen parallel verlaufenden,
5,6km langen Rettungsstollen.
Die Bauarbeiten am Tunnel Vomp-Terfens begannen im Oktober 2003 als erste in
Ausführung stehende Hauptbaumaßnahme der Unterinntaltrasse und werden
voraussichtlich bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Die Inbetriebnahme der Strecke
soll 2012 erfolgen.
Zum Zeitpunkt unserer Besichtigung fehlen noch 110 m bis zum letzten Durchschlag,
d.h. 99 % der Durchfahrt sind bereits fertig gestellt Beim Ausbau der Innenschale
fehlen nur noch 15 % und die Arbeiten im Rettungsstollen sind ebenfalls zu 85 %
abgeschlossen.
GeologieDas Unterinntal wird im zentralen Projektgebiet beiderseits von aus Karbonaten
aufgebauten Gebirgszügen eingerahmt.
Der Tunnelvortrieb des Baulos H5 erfolgt sowohl im Lockergestein, mit
Überdeckungen von 0 – 20 m, als auch auf einer Länge von ca. 3,3 km im
Festgestein mit bis zu 120 m mächtigen Überdeckungen.
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Abbildung 7: Geologischer Längsschnitt von NE nach SW [HOCHTIEF Construction AG]
Folgt man dem Verlauf des Tunnels von Nord-Ost nach Süd-West, kommt man
zunächst vom Baulos H4-3 aus den Eisrandsedimenten in den Hauptdolomit,
welcher von schräg einfallenden Störungszonen durchzogen ist. Nach etwa zwei
Kilometern beginnt der Bereich, der durch den Wechsel von Raibler Schichten und
Wettersteinkalk gekennzeichnet ist und sich über eine Länge von etwa 1,2km
erstreckt. Die Raibler Schichten enthalten Kalke, Dolomite, Sand- und Tonsteine
sowie Gips und Anhydrit. Auch dieser Bereich ist durch Störungszonen geprägt. Der
Gesamte Vortrieb findet hier im Festgestein des Südrandes der Nördlichen Kalkalpen
im Gesteinssockel des Vomper Berges statt. Danach erfolgt der Verlauf wieder im
Lockergestein – durch quartäre Ablagerungen: Deltaschotter und Terrassen-
sedimente des Inns, wobei die Überdeckung stetig abnimmt.
Bauverfahren Das nach Amtsvorschlag ausgeschriebene Bauverfahren für das Hauptbaulos H5
sieht einen klassischen konventionellen Vortrieb vor, nach dem die 3.300 m im
Festgestein im Sprengvortrieb aufgefahren und die 5.040 m im Lockergestein mittels
Tunnelbagger vorangetrieben werden. Die letzten 100 m zur Galerie Terfens sollen
in offener Bauweise entstehen. Außerdem wird der bereits aufgefahrene
Erkundungsstollen von 5,6 km Länge zum Rettungsstollen ausgebaut.
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Die Arbeitsgemeinschaft hat diesen Amtsvorschlag so übernommen und musste nur
am Portal Terfens eine Querschnittsverlegung vornehmen damit eine bestehende
Förderbandanlage nicht versetzt werden musste.
Um schnellstmöglich mit der bergmännischen Herstellung des Tunnels
Voranzukommen, erfolgt die Auffahrung an drei Abschnitten gleichzeitig: vom
Zwischenangriff Vomp (Zugangskaverne Grube Derfeser) nach West und Ost und
vom Portal Terfens in Richtung Ost.
Von Terfens aus beginnt der Vortrieb im Lockergestein der Flussschotter mit Hilfe
von Tunnelbaggern, wobei die Überdeckung am Anfang 0 m beträgt und im Verlauf
bis 20 m ansteigt.
Abbildung 8: Kalottenvortrieb mit Bagger
Während des Vortriebs erfolgt eine kontinuierliche Messung der Setzungen von über
und unter Tage. Um einen Zusammenbruch der Ortsbrust zu verhindern, erfolgt
zunächst eine Voraussicherung mittels Rohrschirm oder Spieße. Der Rohrschirm
besteht aus 38 bis 50 Stahlrohren von je 18m Länge und 139mm Durchmesser, die
mit Zement verfüllt werden. Zeigt das Gestein schon eine gewisse Festigkeit, ist die
Sicherung durch 3 – 4m lange Spieße ausreichend. In ist der Rohrschirm im Bereich
der Tunnelkontur zu sehen. Die Herstellung des Tunnels beginnt nun mit dem
Kalottenvortrieb. Dazu wird die Ortsbrust immer rund einen Meter tief kleinflächig
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geöffnet und dann sofort mit einer Lage Baustahlgitter und einer Schicht
Nassspritzbeton gesichert. Zusätzlich wird ein Gitterträger zur Bewährung
angebracht und Anker in die Wände zur Stabilisierung eingetrieben. In einem
Abstand von 4 bis 6m zur Ortsbrust wird die besonders tiefe Kalottensohle hergestellt
und mit Baustahlgittern und Nassspritzbeton gesichert, um die herrschenden Drücke
aufnehmen zu können. Danach folgen der Strossenvortrieb und die Herstellung der
Tunnelsohle.
Vom Zwischenangriff Vomp erfolgt der Vortrieb in Ost- und Westrichtung im
Festgestein. Man bohrt dafür 120 bis 170 Sprenglöscher mit mittleren Tiefen
zwischen 2,00m und 2,20m und verfüllt diese mit dem Sprengstoff, eine
Pumpenemulsion aus zwei Komponenten. Nach der Sprengung wird das
Gesteinsmaterial abtransportiert und die Wände mit Nassspritzbeton gesichert. Unter
dem Vomper Berg wird der Tunnel über eine Länge von 2,7km zu einer dreigleisigen
Röhre erweitert, welche später als Überholbahnhof dienen soll. Ist ein Teil der
Tunnelröhre im „Rohzustand“ fertig gestellt, erfolgt in größerem Abstand zur
Ortsbrust die Tunnelisolierung und der Ausbau der Innenschale.
Abbildung 9: Tunnelabdichtung mit dem Schalwagen im Hintergrund [Foto: U. Glaubach]
Als Isolierung dient eine Regenschirmabdichtung, d.h. hinter einer 2mm starken
PVC-Folie befindet sich eine Drainage, durch die das anstehende Wasser an den
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Wänden in Filterrohre abgeleitet wird und schließlich aus dem Tunnel abfließt. Zum
Schutz der Drainage befindet sich zwischen ihr und der Betonwand ein Schutzvlies.
Nach der Isolierung erfolgt mit Hilfe eines Schalenwagens die Herstellung der
Innenschale aus 14m langen Betonblöcken, wobei sich zwischen zwei einzelnen
Blöcken immer ein Fugenband befindet. Die Blöcke sind aus Brandschutzgründen
mit Kunststofffasern bewährt. Somit soll ein Abplatzen von Beton im Falle eines
Brandes verhindert werden. Im Festgestein befindet sich bergseitig im
Achsenabstand von 30m der 5,6km lange Erkundungsstollen, welcher schon vor
dem Haupttunnel zu Erkundungszwecken aufgefahren wurde. Er diente beim
Vortrieb des Haupttunnels als „großes Drainagerohr“, was die Entwässerung
während der Bauarbeiten sehr erleichterte. Auch dieser ist isoliert und mit einer
Innenschale versehen. Die beiden Tunnel sind alle 250m durch Querschläge
miteinander verbunden.
Von der Arbeitsgemeinschaft wurde noch ein Zusatzauftrag des Auftraggebers
übernommen. An der Ostseite des Hauptbauloses soll ein 750 m langer Vortrieb aus
dem Fels ins Lockermaterial der Innschotter erfolgen.
Abbildung 10: Druckluftvortrieb an der Ostseite [HOCHTIEF Construction AG]
Aufgrund der anfangs starken Überdeckungen von 120m sollen die ersten 270m
unter Druckluft und anschließend 350m mit vorauseilender Entwässerung
vorangetrieben werden. Mit Deckelbauweise soll der letzte Abschnitt bis zum
Hauptbaulos H4-3 hergestellt werden. Auch dieses ausgeschriebene Bauverfahren
wird von der Arbeitsgemeinschaft übernommen. Dazu wird zuerst ein 120m langer
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Schacht hergestellt, um 300 m3 Frischluft pro Minute von der Oberfläche in den
Stollen zu leiten. Im Arbeitsbereich an der Ortsbrust wird damit ein Überdruck von
0,3 – 0,5bar erzeugt. Unter diesen Bedingungen können natürlich nur elektrisch
betriebene Fahrzeuge und Geräte eingesetzt werden. Nach zwei Monaten Vortrieb
mit einer Überdeckung von noch 20m kommt es allerdings zum Zusammenbruch der
Ortsbrust und nachfolgendem Übertagebruch. Gesteinsmaterial wird auf 70m im
Tunnel bis 1m unter die Firste zurückgeschoben. Nachfolgende Untersuchungen
ergeben, dass der anstehende Grundwasserspiegel nicht durchgehend ist, d.h. die
ursprünglich horizontal gelagerten Bodenschichten knicken an einer Kante ab. In der
angefahrenen Kammer stand also eine Wassersäule von etwa 20m an, die von der
Druckluft nicht mehr zurückgehalten werden konnte.
KostenDie Kosten für die ausgeschriebenen Baumaßnahmen des Hauptbauloses H5 und
des Zusatzauftrages wurden von der Arbeitsgemeinschaft auf 167Millionen Euro
prognostiziert.
Letztendlich werden aber Kosten in Höhe von 195Millionen Euro erwartet. Zum einen
liegt dies an der Querschnittsänderung am Portal Terfens und zum anderen an dem
Zusammenbruch der Ortsbrust beim Druckluftvortrieb im Ostabschnitt, wodurch ein
Zusatzaufwand für die Beseitigung der Gesteinsmassen und die Sicherung des
Bereiches unter und über Tage entstand.
Alle Kosten werden vom Auftraggeber, der Brenner Eisenbahn GmbH, übernommen,
weil die Ursachen an den angetroffenen geologischen Verhältnissen lagen, die nicht
mit den Erkundungsergebnissen übereinstimmen.
Wir möchten uns bei der HOCHTIEF Construction AG und besonders bei Herrn
Thöni für die Besichtigung der Baustelle vor Ort mit ausführlichen Beschreibungen,
die zur Verfügung gestellte Präsentation, das gestellte Mittagessen sowie die
Stadtführung durch Innsbruck mit Abendessen recht herzlich bedanken.
QuellenInformationsbroschüre zum Hauptbaulos H5, Herausgeber Brenner Eisenbahn
GmbH
Power-Point-Präsentation zum Hauptbaulos H5 vom 02.10.2007, Herr Thöni
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http://www.beg.co.at/informationszentrum/unterinntalbahn-live/baustellen-mit-
fortschrittsanzeige/hauptbaumassnahme-h5
Wikipedia: Brennerbasistunnel, Transeuropäische Netze
http://ilf.com/fileadmin/user_upload/publikationen/28_Der_Tunnel_Vomp-
Terfens_von_der_Variantenstudie_bis_zur_Bauausf_hrung_01.pdf
5. Baulos H7-1 Tunnel Fritzens
Von: Martin Gensel
Franziska Thiel
Allgemeine Beschreibung Wie auch das zuvor besuchte Baulos H5 ist das Hauptbaulos H7 Bestandteil der
künftigen Brennerzulaufstrecke, die zur Eisenbahnachse München – Verona gehört.
Die Strecke verläuft zwischen Baumkirchen und Fritzens. Das Baulos H7 schließt
sich im Osten an das Los H6 mit der Galerie Terfens an. Im Westen bindet die
künftige Trasse an die Südumfahrung Innsbrucks an.
Die Brenner Eisenbahngesellschaft (BEG) hat der Dacharge H7-1 Tunnel Fritzens
bestehend aus Hochtief AG, Strabag und Ed. Züblin AG den Zuschlag für das
Bauvorhaben mit einem Auftragsvolumen von ca. 139 Mio. € erteilt. Darunter gibt es
eine Arge für den Tunnelbau (Strabag, Hochtief AG und Züblin AG) und eine für den
Spezialtiefbau (Strabag und Bauer AG).
Im März 2005 wurde mit den Arbeiten begonnen, die im Dezember 2009 planmäßig
abgeschlossen werden sollen.
Die Trasse zwischen Fritzens und Baumkirchen wird als Unterflurstrecke hergestellt.
Die Neubaustrecke verläuft nahezu parallel zur Bestandsstrecke und wird am
Bahnhof Fritzens in diese eingebunden.
Aufgrund der komplexen Baugrundverhältnisse kommen bei diesem Bauvorhaben
verschiedene Verfahren für den 5,285 km langen Tunnel zum Einsatz.
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Der größte Teil, 2520 m der Trasse, wird in Deckelbauweise unter Druckluft
hergestellt. 1614 m Strecke werden in offener Bauweise mit Kasten- bzw.
Wannenquerschnitt gebaut. Ein relativ geringer Teil (430 m) wird im Bereich des
Bahnhofs Fritzens in bergmännischer Weise aufgefahren, wobei auch hier wegen
des hoch anstehenden Grundwassers Druckluft zum Einsatz kommt. 721 m werden
als freie Strecke gebaut.
Geologie und Baugrund Die Trasse wird vollständig im unmittelbaren Inntal geführt. Der Baugrund dort
besteht ausschließlich aus rolligen Böden. Die sandigen und weitgestuften Kiese
setzten sich hauptsächlich aus Inn-Schottersedimenten und Schwemmfächer-
ablagerungen von Bärenbach und Fallbach zusammen [1].
Darüber lagert eine mehrere Meter mächtige Schicht von Ausanden.
Der Grundwasserspiegel steht in unmittelbarer Nähe zum Inn, nur wenige Meter
unter der Geländeoberkante an. Durch die hydraulische Koppelung mit dem
Innwasserspiegel schwankt der Grundwasserspiegel mit bis zu 3 m stark.
Bindige und damit dichte Schichten sind in der Nähe des Bauhorizontes nicht
vorhanden. Die wasserführende Schicht reicht also sehr tief und hat eine
verhältnismäßig hohe Durchlässigkeit mit einem kf – Wert von ca. 10-2 bis 10-4 m/s.
Diese Umstände stellen für die Bauausführung eine hohe Herausforderung dar.
BauausführungFür die Auffahrung des Tunnels wurden zwei Startgruben ausgeschachtet. Von der
Grube Ost werden in westliche Richtung 520 m in Deckelbauweise aufgefahren. Von
der westlichen Startgrube aus werden insgesamt 1890 m Tunnel ebenfalls in
Deckelbauweise in beide Richtungen vorgetrieben. In östliche Richtung folgen dann
noch 430 m in bergmännischer Bauweise und Richtung Westen wird in offener
Bauweise ein Wannenquerschnitt hergestellt, aus dem die Trasse wieder nach
obertage führt.
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Abbildung 11: Offene Bauweise (Foto: M. Gensel)
Im Folgenden werden die angewandten Bauverfahren im Einzelnen erläutert:
Offene Bauweise:
Insgesamt 1520 m Tunnel werden in offener Bauweise hergestellt. Davon werden
930 m als Kastenquerschnitt und 590 m als Wannenquerschnitt gefertigt.
Da der Baugrubenverbau vom Bauherrn nicht vorgeschrieben wurde, wählte die
ArGe einen Spundwandverbau mit einer Unterwasserbetonsohle.
Zunächst wurden die Bohlen für die Spundwand eingerammt, vergurtet und
verankert. Darauf folgte der Erdaushub unter Wasser. In einem weiteren Schritt
wurden in einem 3 x 3 Raster Gewi-Pfähle1 in die Sohle gerüttelt. Die Sohle wurde
mit Unterwasserbeton betoniert und mit Hilfe der Gewi-Pfähle rückverankert. Die
Baugrube wurde gelenzt und eine Filterschicht eingebracht.
Die Herstellung des Kasten- bzw. Wannenquerschnitts erfolgt konventionell mit
einem Schalungsbauwerk.
1 Stahlstäbe, die zur Rückverankerung in den Boden eingebracht werden
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Deckelbauweise unter Druckluft:
Von 2410 m Strecke werden 1890 m unter Druckluft hergestellt.
Für die Baugrube wurde wieder der Spundwandverbau gewählt und die Grube
anschließend nur teilweise ausgehoben, da 2 gegenüberliegende überschnittene
Bohrpfahlwände hergestellt werden sollten. Darauf wurde der Deckel mit einem
Schalwagen betoniert. Danach wurden die Abdichtung und ein Schutzbeton
aufgebracht. Nach der Überschüttung des Deckels mit Erdmaterial konnten die
Spundwände gezogen werden.
Daher konnte der weitere Erdaushub untertage erfolgen.
Nun musste die Druckschleuseneinrichtung installiert werden. Die Schleuse besteht
aus einer Personen- und einer Materialschleuse.
Die Aushubarbeiten erfolgten unter maximalen Drücken von 1,35 bar.
Bergmännischer Vortrieb:
Die Strecke, die unter dem Bahnhof Fritzens verläuft, muss in bergmännischer
Bauweise hergestellt werden. Die Überdeckung von maximal 3 m stellt hierbei eine
besondere Herausforderung dar. Es wurden nur sehr geringe Verformungen von
maximal 20 mm Hebungen und 50 mm Setzungen zugelassen, damit die übertage
liegenden Gleise nicht beeinträchtigt werden. Dazu wurde ein empfindliches
messtechnisches Überwachungssystem installiert. Bei einer Verformung von 12 mm
erfolgte eine Alarmierung und der Schienenverkehr musste gestoppt werden.
Um die Hebungen und Setzungen so gering wie möglich zu halten, wird die Strecke
im Schutze eines kombinierten DSV2- und Manschettenrohrschirms aufgefahren.
Der obere Schirm über der Kalotte wird aus 14–18 Manschettenrohren gefertigt, die
18 m lang sind. Der Rohrschirm wird mit einer Zement-Bentonit-Suspension
verpresst. Neben den Manschettenrohren werden Entlastungsbohrungen
durchgeführt, um die Gefahr der Hebungen zu minimieren.
Für den darunter liegenden DSV1)-Schirm werden 50–60, 15m lange, horizontale
Säulen gedüst. Dazu werden perforierte Rohre in den Boden gebohrt. Durch die
rotierenden Rohre wird das Injektionsgut in die Erde gepresst. Auch an den Ulmen
werden solche Injektionsschirme hergestellt.
Eine weitere Sicherung wird durch ein so genanntes Niederduckdichtschott erreicht.
Dazu wird von der Ortsbrust aus eine 1,5 m dicke Wand injiziert.
2 Düsenstrahlverfahren; gleichbedeutend mit Hochdruckinjektion (HDI)
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Dann kann der Vortrieb mit einer Abschlagslänge von 1,20 m erfolgen. Der
Querschnitt wird mit Gitterbögen und Stahlmatten gesichert. Zusätzlich werden die
Firste und die Ortsbrust mit Nassspritzbeton und Ankern gefestigt.
Abbildung 12: Baugrube mit Druckluftschleuse (Foto: M. Gensel)
Tunnelabdichtung:
Das Tunnelbauwerk wird mit einem komplexen 2-Schicht-Dichtsystem abgedichtet.
Das heißt, es werden sowohl außen- als auch innenliegende Fugenbänder
eingebaut.
Auf den Deckel werden 3 mm dicke Kunststoffdichtungsbahnen aus PVC inklusive
eines Schutzvlieses aufgebracht. Weiterhin werden Dehnfugen- bzw.
Abschlussfugenbänder in die Blockfugen eingebaut. Auch die Arbeitsfugen werden
mit entsprechenden Fugenbändern in Tunnellängsrichtung abgedichtet. Sämtliche
Fugenbänder sind aus PVC gefertigt.
Nach dem Einblasen von Druckluft untertage kam es zu einer Hebung des
Schutzbetons im Deckel um 1,5 m, da die Fugenbänder nicht luftdicht sind. Zur
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Lösung dieses Problems wurde ein Entlüftungssystem in das Dichtsystem eingebaut,
bei dem Luftüberdruck abgelassen werden kann.
Stand der Baustelle Die Besichtigung des Bauloses erfolgte im Oktober 2007, also nach Ablauf einer
Bauzeit von zweieinhalb Jahren, was etwas mehr als der Hälfte der geplanten
Bauzeit entspricht.
Die Übertage-Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Deckelbauweise waren zu
diesem Zeitpunkt fast abgeschlossen; die untertägigen Arbeiten zur Deckelbauweise
waren bereits auf einer Länge von ca. 1000 m ausgeführt, dies entspricht einem
Baufortschritt von fast 50 % der Arbeiten in der Deckelbauweise. Ebenfalls weit
voran geschritten waren die Abschnitte, welche in offener Bauweise erstellt werden,
hier sind bereits 2/3 fertig gestellt.
Die Arbeiten an der westlichen Baulosgrenze (Wannenbauwerk und Verknüpfung mit
der Bestandsstrecke in Baumkirchen) sind hingegen noch nicht weit fortgeschritten,
aber die Erstellung des Wannenbauwerkes ist zurzeit in vollem Gange. Bei der
Besichtigung dieses Bauabschnitts konnten wir uns ein Bild von den verschiedenen
Arbeitsschritten, die für die Erstellung des Wannenbauwerks erfoderlich sind
(Herstellung der UW-Betonsohle, Lenzen der Baugrube), machen.
KostenDie festgelegte Auftragssumme beträgt wie bereits erwähnt 139 Mio. €. Der
Sondervorschlag der Arbeitsgemeinschaft, im Bereich des Bahnhofes Fritzens die
offene Bauweise zu wählen, wurde abgewiesen. Lediglich die Wahl eines geeigneten
Baugrubenverbaus wurde dem Auftragnehmer überlassen.
Den Ausführungen des Vortragenden war zu entnehmen, dass die angetroffenen
geologischen Gegebenheiten für die Bauausführung etwas schwieriger als erwartet
angetroffen wurden, so dass sich die Gewinnmarge der Bauunternehmen verkleinern
könnte.
AusblickDie Realisierung des Brenner-Basistunnels ist noch in weiter Ferne, vor allem, weil
die Finanzierung und der wirtschaftliche Nutzen noch nicht abgesichert sind. Doch
auch ohne den Brennerbasistunnel erfüllt die neue Unterinntalbahn ihren
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Hauptzweck, da sie vor allem die dringend benötigte Kapazitätserweiterung der
Eisenbahnstrecke zwischen Wörgl und Baumkirchen bringen soll. Dieser Abschnitt
zwischen Wörgl und Baumkirchen gilt schon lange als ein Nadelöhr, weil die
Bestandsstrecke hier nur zweigleisig verläuft und schon heute fast zu 100 %
ausgelastet wird. In Zukunft wird jedoch mit einer deutlichen Erhöhung des
Schienenverkehrs gerechnet.
Ein weiterer wichtiger Grund für den Bau der großen Anzahl an Tunnels im
Unterinntal ist die Lärmreduzierung, der vor allem durch die Güterzüge verursacht
wird, wovon wir uns selbst überzeugen konnten. Dies ist für die weitere Entwicklung
der Tourismus-Wirtschaft in der Ferienregion Unterinntal ein weiterer entscheidender
wirtschaftlicher Aspekt.
Quellenverzeichnis:
Brenner Eisenbahn GmbH, Internetpräsenz
6. Neubautrasse der Unterinntalbahn - Baulos H8 (Jenbach)
Von: Claudia Vejrazka
Marcello Miglio
Die Hauptbaumaßnahme H8 für die Eisenbahnstrecke der Brennerzulaufstrecke
Nord erstreckt sich von der Verknüpfungsstelle Stans in unmittelbare Nachbarschaft
der Stadt Jenbach im Westen über eine Gesamtlänge von etwa 5190m bis östlich
von Jenbach, wo die Neubaustrecke in das Baulos „Tiergartentunnel“ (H3-6), einen
in konventioneller Tunnelvortriebsweise erstellten Bauabschnitt, übergeht. Der
Bauauftrag hat ein Gesamtauftragsvolumen von 150,8Mio. Euro und wurde von der
Brenner Eisenbahngesellschaft (BEG) an die Arge „Tunnel Jenbach“ bestehend aus
den Firmen Züblin, Hochtief und Strabag vergeben. Hierbei hält die Strabag die
technische, Hochtief die kaufmännische sowie Züblin die cotechnische
Geschäftsführung. Die Arge „Tunnel Jenbach“ wiederum setzt als Subunternehmer
eine Arge bestehend aus den Firmen Insond und Bauer zur Koordinierung der
Belange des Spezialtiefbaues ein, wobei Bauer für die Spundwand- und
Ankerarbeiten zuständig ist und Insond die Injektionsmaßnahmen koordiniert.
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GeologieDer überwiegende Teil des Bauloses H8 liegt in den schluffig-sandigen Lagen der
Innkies-Schotterflächen (braun, Abbildung 13). Nur im östlichsten Teil des Bauloses
variiert die Geologie beträchtlich. Zunächst werden Schluffe und Tone angetroffen,
die sich extrem problematisch auf die Aufbereitung der Bentonit-Austragsgut-
Suspension auswirken, da es nur mit sehr hohem Aufwand bzw. teilweise gar nicht
möglich ist, die Tone (blau) aus der Suspension rückzugewinnen. Auf den letzten
260 Metern des Vortriebs werden zudem linksseitig am Hydroschild Wettersteinkalke
(rosa) angetroffen, die eine rechtsseitige Injektion erforderlich machen, um das
Abdriften von der vorgegebenen Vortriebsrichtung des Hydroschildes zu verhindern.
Die Überdeckung des zukünftigen Tunnels liegt zwischen etwa drei Meter und 19m,
wobei allerdings zu bedenken ist, dass die gewachsene Überdeckung teilweise
erheblich weniger beträgt. So etwa im Bereich des Bahnhofes Jenbach, wo nur etwa
zehn Meter der Überdeckung aus gewachsenem Material besteht.
Abbildung 13: Geologisches Profil und Tunnelverlauf im Baulos H8 [ARGE Jenbach, 2007]
Bauverfahren Im Wesentlichen kommen zwei verschiedene Bauverfahren zur Anwendung. Der
westliche Teil des Bauloses wird in offener Bauweise als Tunnel bzw. Rampe auf
840m Länge ausgeführt. Die restlichen 3467m werden im Hydroschildvortrieb mit
einer Tunnelbohrmaschine (TBM) der Firma Herrenknecht bewältigt.
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Offene Bauweise
Der Ablauf zur Herstellung der Rampe in offener Bauweise im westlichen Bereich
des Bauloses, deren Funktionalität darin besteht den Zugverkehr ausgehend von der
Verknüpfungsstelle Stans wieder in den Untergrund zu leiten, gestaltet sich
folgendermaßen: Zuerst werden in kastenförmiger Geometrie angeordnete
Spundwände in den Boden gerammt und das anstehende Material, in diesem Falle
die fluviatilen Sedimente des Inns, bis zur gewünschten Endteufe ausgebaggert
(Abbildung 14). Anschließend wird in der so entstandenen Baugrube, die bis zum
Grundwasserspiegel mit Wasser gefüllt ist, Unterwasserbeton eingebracht. Hierbei
werden zuvor noch vertikale Mikropfähle (Gewiss) in den Baugrund eingebaut, um
den auf die Betonsohle wirkenden Auftriebskräften im Grundwasserhorizont
entgegenzuwirken. Nachdem der Unterwasserbeton fünf Tage ausgehärtet ist, kann
die fertige Baugrube entstehen, indem das Baugrubenwasser abpumpt wird und
durch die erhärtete rückverankerte Unterwasserbetonsohle kein Grundwasser mehr
nachsickern kann. Um die Statik der Baugrube weiter zu verbessern werden auch die
Spundwände rückverankert und durch rundherum angebrachte Stahlprofile verstärkt
– man spricht deshalb von gegurteten Spundwänden.
Abbildung 14: Ausgehobene Baugrube vor Ablassen des Grundwassers [Foto: C. Vejrazka]
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Anstelle des eingesetzten Spundwandverbaus wurde in der Startbaugrube für die
TBM, dass etwa zwanzigmal teurere Bohrpfahlverfahren genutzt, wobei die
Spundwände durch bewehrte Betonbohrpfähle ersetzt werden. Die Bewehrung
erfolgt hier mit Glasfasern. Dies bietet den Vorteil, dass die Bohrpfahlwand beim
Andrehen der TBM problemlos durchfahren werden kann, ohne das es zu vermehrter
Abnutzung der Schildwerkzeuge mit den damit verbundenen
Instandsetzungsmaßnahmen kommt, wie es im Falle einer Stahlbewehrung zu
erwarten wäre.
Schildvortrieb
Die Schildauffahrung wird von der Startbaugrube am östlichen Teil des offenen
Abschnittes aus weiter in östliche Richtung mit einem Durchmesser von 13m
ausgeführt, wobei ein Ringspalt zwischen Hydroschild und umliegenden Boden von
etwa 15cm entsteht, der später mit einer Zementsuspension verpresst wird. Da
Flussschotter durchfahren werden, wurde das Schild, welches zuvor auf einer
Tunnelbaustelle in Kuala Lumpur tätig war, bei der Revision auch darauf ausgelegt
größere Felsblöcke zu zerkleinern. Aufgrund der geringen Überdeckung ist nur mit
relativ niedrigen Wasserdrücken zu rechnen. Deshalb wird mit Arbeitsdrücken
zwischen 2,5bar bis etwa 3.5bar in der Druckkammer des Hydroschildes gearbeitet.
Jedoch ist zu beachten, dass durch die räumliche Nähe der Baustelle zum Inn die
gesamte Auffahrung im Grundwasser erfolgt. Die gesamte installierte Leistung zur
Betreibung des Schildvortriebs und der dazu gehörigen Aufbereitungsanlage beträgt
zehn Megawatt mit einen Jahresverbrauch von etwa 45GWh, der jedoch mit den
vorgefundenen Bodengegebenheiten, besonders den Anteil an tonigen Materialien,
variieren kann.
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Abbildung 15: Blick entlang der TBM in Richtung Schneidrad [Foto: U. Glaubach]
Das Schild wird „fliegend“ angefahren, ein Verfahren, welches bei 13m Schilden bis
jetzt noch nicht eingesetzt wurde. Es wurden Widerlager in der Startbaugrube
installiert (Abbildung 15), über die sich das Hydroschild beim Anfahren abdrücken
kann. Um die nach dem Anfahren anstehende geringe Überdeckung, mit der auch
die Inntalautobahn A12 unterquert wird, zu meistern, soll eine DSV-Haubeninjektion
erfolgen, welche neben der Stützfunktion auch verhindern soll die unter Überdruck
stehenden Bentonitsuspension ins Nebengestein oder sogar bis zur Tagesoberfläche
entweichen zu lassen. Um dieses zu vermeiden wird bei Schildvortrieben
normalerweise darauf geachtet, dass die Überdeckung mindestens einen
Schilddurchmesser, also in diesem Fall 13m, beträgt. Aufgrund der baulichen
Erfordnisse ist dies hier nicht möglich und es müssen die entsprechenden
Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Der 250m lange Bereich der
Autobahnunterquerung wird zudem mit einem Schlauchwagenmesssystem
überwacht, welches bei einer Setzung zwischen einem und fünf Millimeter eine
Vorwarnung sendet. Dies ist in sofern sehr sicher, da davon ausgegangen wird, dass
Setzungen bis etwa einen bis zwei Zentimeter problemlos vom Unterbau der
Autobahn ausgeglichen werden können.
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Nach der Unterquerung der Inntalautobahn verläuft der Tunnel in direkter
Nachbarschaft zum Inn. An dieser Stelle betragen die seitlichen Überdeckungen bis
zum Fluss teilweise nur sechs bis sieben Meter, so dass die richtige Regulierung des
Arbeitsdruckes in der Arbeitskammer in diesem Bereich besonders wichtig ist. Gleich
im Anschluss an diesem Bereich erfolgt die Unterquerung eines TIWAG-
Unterwasserkanals, welcher ebenfalls mit einer Injektionshaube gegen Setzungen
gesichert wird.
Daraufhin erfolgt eine weitere Autobahnquerung, welche jedoch im Gegensatz zur
ersteren erheblich unbedenklicher ist, da die Überdeckung an dieser Stelle größer
ausfällt. Eine weitere Injektionshaube ist nochmals im Bereich der Bahnstrecke an
der Grube Gubert notwendig. Zuletzt sind noch die bereits oben beschriebenen
Injektionsbohrungen zur Erhöhung des rechtsseitigen Schildwiderstandes im Bereich
des Wettersteinkalkes notwendig.
Abbildung 16: Besichtigung im Innern des Schildes [Foto: U. Glaubach]
Im Nachgang des Vortriebs setzt das Hydroschild gleichzeitig die sieben 50cm
dicken Tübbinge (13t) und den Schlussstein (2,5t), die als erster Ausbau eingebracht
werden. Später erfolgt noch die Betonierung einer 25cm dicken Brandschutzschale
aus Ortbeton. So entsteht letztendlich ein lichter Querschnitt des Tunnels von elf
Metern.
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Als Flucht- und Rettungswege werden über die Tunnellänge des Bauloses verteilt
sieben Rettungsschächte in offener Bauweise ähnlich dem oben beschriebene
Tunnelabschnitts erstellt. Die Anbindung der Rettungsschächte an den Haupttunnel
erfolgt mittels Rettungsstollen von denen sechs im Rohrvortrieb und ein
Rettungsstollen in bergmännischer Auffahrung, d.h. mittels Bohr- und Sprengvortrieb
erstellt werden. Alle Stollen haben einen Durchmesser von 5m. Die Stollen im
Rohrvortrieb werden ebenfalls mittels eines kleineren Hydroschildes aufgefahren,
wobei der Ausbau als ganze Rohrsegmente vom Schacht aus in den Stollen
gepresst wird. Somit ist in den Rettungsstollen zwar kein Bewehrungs-, aber doch
zumindest ein Dichtungsanschluss vorhanden. Zusätzlich verbleiben die
Verschraubungen zwischen den Rohrsegmenten als ergänzende
Sicherungsmaßnahme.
BefahrungZur Zeit unserer Befahrung am 3.Oktober 2007 befand sich die TBM in der
Endmontage in der Startbaugrube und das Andrehen war für Ende dieses Jahres
geplant. Zudem war ein Teil der Baugruben in offener Bauweise unmittelbar westlich
der Startbaugrube bereits ausgehoben, welche jedoch bis auf die unmittelbar
angrenzende Baugrube noch mit Grundwasser gefüllt waren. Westlich der
Baustellenanschlussstelle der Inntalautobahn befanden sich weitere Baugruben in
Vorbereitung bzw. bereits im Aushub. Desweiteren befand sich auch die
Aufbereitungsanlage für die Stützflüssigkeit des Hydroschildes noch im Aufbau. Zur
Aufbereitung werden Rüttelsiebmaschinen, Zyklone und für die Feinstfraktionen
Zentrifugen und Bandpressen im Einsatz sein.
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Abbildung 17: Hydro-Zyklone zur Aufbereitung der Stützsuspension [Foto: U. Glaubach]
Zudem wird die Suspension bei zu starker Verunreinigung mit tonigen Bestandteilen
durch Zugabe von Frischsuspension wieder aufgewertet. Das abgepumpte Wasser
aus den Absetzbecken muss vor der Einleitung in den Vorfluter mit CO2 versetzt
werden um es zu neutralisieren und die Umwelt damit möglichst wenig zu belasten.
Die abgeschiedenen Kiese werden an die Betonindustrie als Zuschlagsstoffe
verkauft, wobei sie allerdings aufgrund der Bentonitreste eine relativ geringe Qualität
aufweisen.
Nachdem wir uns ein Bild von der Situation auf der Baustelle machen konnten,
bestand noch die Möglichkeit die Produktionsanlage für die Tübbinge in unmittelbarer
Nähe der Baustellte zu befahren. Die Anlage verfügte über 24 Formen mit denen
gleichzeitig drei vollständige Tübbingringe hergestellt werden können. Dazu werden
die geflochtenen Stahlbewehrungen in die entsprechenden Formen gegeben, welche
später mit Beton der Festigkeitsklasse B60 und einem Wasser/Zement – Verhältnis
von 0,4 unter Rüttelbewegungen und mit Zuhilfenahme eines Betonfließmittels zur
Vermeidung von Hohlräumen aufgefüllt werden. Nachdem die Tübbinge vollständig
erhärtet sind, werden in die seitlichen Fugen Gummidichtungen angeklebt
(Abbildung 18) um später ein Eindringen von Wasser durch die Fugen in den Tunnel
zu vermeiden. Die sieben Tübbinge plus Abschlusstübbing bilden zusammengebaut
- 35 -
einen konischen Ring mit etwa drei Zentimeter Breitendifferenz über den Ring
verteilt. Damit wird es möglich durch die entsprechende Anordnung der Tübbinge
sämtliche notwendigen Raumkurven im Tunnel zu realisieren.
Abbildung 18: Anbringen der Gummidichtung an den Tübbing [Foto: C. Vejrazka]
Obwohl diese Baustelle besonders aus ingenieurtechnischer und auch geologischer
Sicht, wegen der dort vorherrschenden extremen Randbedingungen und der damit
verbundenen Probleme des Tunnelvortriebes sehr interessant ist, sollte dennoch
nicht vergessen werden, dass die ausführenden Bauunternehmen versuchen mit
diesem Projekt einen Gewinn zu erwirtschaften. Der heutige Konkurrenzdruck
verbunden mit den damit notwendigen knapp bemessenen Kalkulationen in der
Vergabephase, die selten einen Riskozuschlag beinhalten, führen allerdings dazu,
dass gerade bei Projekten, die an die Grenzen des heute technisch machbaren
stoßen, Gewinne eher die Ausnahme als die Regel bedeuten. In diesem Sinne ist
den beteiligten Unternehmen nur zu wünschen, dass alle technischen
Herausforderungen gut gemeistert werden. Dazu ein herzliches Glück Auf von den
Studenten des Institutes für Bergbau und Spezialtiefbau der TU Bergakademie
Freiberg, verbunden mit dem Dank, dass uns die Befahrung dieses interessanten
Projektes des europäischen Eisenbahnfernverkehrs ermöglicht wurde.
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7. Gotthard-Basistunnel riffs Sedrun (4. Oktober 2007)
Von: Thomas Löffler
Enrico Zeitler
ortlich für das gesamte
hiene sollen nicht nur der zeitweilig
berlastete Gotthard-Straßentunnel sondern die gesamte Nord-Süd-Achse vom stark
Schachtfüßen werden nach Norden und Süden je zwei Tunnelröhren sowie alle
Besichtigung des Zwischenang
AllgemeinesDer Gotthard-Basistunnel wird nach seiner voraussichtlichen Fertigstellung Ende
2016 mit 57 km der längste Tunnel der Welt sein. Verantw
Projekt ist die AlpTransit Gotthard AG, welche eine hundertprozentige
Tochtergesellschaft der Schweizerischen Bundesbahnen ist.
Ziel des Projektes ist es, die Transportleistung auf der Schweizer Nord-Süd-Achse
auf 40 Mio. Tonnen Güter nahezu zu verdoppeln. Gleichzeitig erfolgt die
Umgestaltung zur Flachbahn. Der Scheitelpunkt der derzeitigen Strecke liegt etwa
600 m höher als der des Gotthard-Basistunnels. Dadurch kann die Nutzlast der
Güterzüge erheblich erhöht werden und es werden durch den Wegfall größerer
Steigungen keine zusätzlichen Schlepplokomotiven mehr nötig sein. Durch diese
Umverlagerung des Güterverkehrs auf die Sc
ü
wachsenden Schwerverkehr entlastet werden.
Neben dem Nordportal in Erstfeld und dem Südportal in Bodio gibt es noch drei
Zwischenangriffe in Amsteg, Sedrun und Faido (von Nord nach Süd).
Der Teilabschnitt Sedrun mit seinen zwei rund 7,5 km langen Tunnelröhren stellt eine
besondere Herausforderung im Rahmen des Tunnelprojektes dar. Sowohl der
Vortrieb in schwierigen geologischen Zonen als auch die Versorgung der Baustelle
über einen Vertikalschacht von 800 m Tiefe stellen hohe Anforderungen an Mensch
und Maschine. Seit Februar 2004 steht ein zusätzlicher Schacht, der ebenfalls mit
einer Schwerlastförderanlage ausgerüstet ist, zur Verfügung. Der zweite Schacht hat
den Vorteil, dass der Abtransport des Ausbruchmaterials vom Transport der
Maschinen, Geräte und des Baumaterial entkoppelt werden konnte. An den
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320 m Querschläge konventionell ausgebrochen. Der Vortrieb erfolgt im wenig
standfesten Fels des Tavetscher Zwischenmassivs bei ca. 2000 m Überlagerung. Im
Teilabschnitt Sedrun entsteht gleichzeitig eine der beiden Multifunktionsstellen des
neuen Gotthard-Basistunnels. Diese dient als Nothaltestelle und beherbergt
bahntechnische Einrichtungen.
Abbildung 19: Schematische Darstellung des Zwischenangriffs Sedrun [Grafik: Alptransit]
wichtigsten Informationen des Abschnitts Sedrun kurz
Länge im Abstand von 50 m
ltestellen
Amsteg): 17.10.2007
aulosgrenze
en)
Fertigstellung der Betonarbeiten und Innenausbau: bis 2010
Im Folgenden die
zusammengefasst:
2 Tunnelröhren mit rund 7,5 km
Querverbindungen alle 320 m
Multifunktionsstelle mit 2 Notha
Auftragssumme: 1,4 Mrd CHF
Personalbestand: max. 650 Mitarbeiter
Installationsarbeiten: Mai 2002 bis Oktober 2003
Beginn Sprengvortrieb: Juli 2003 (Nord) und August 2004 (Süd)
Durchschlag im Norden (Richtung Teilabschnitt
(Weströhre), Oströhre wenige Meter vor Durchschlag
Durchschlag im Süden: voraussichtlich 2010 (Verschiebung der B
um 1 km nach Süden, um Rückstand in Faido zu kompensier
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Geologische Verhältnisse Der Teilabschnitt Sedrun führt durch das Tavetscher Zwischenmassiv sowie durch
Teile des Aar- und des Gotthard-Massives. Die Massive bestehen aus so genanntem
erfuhr in der alpinen Gebirgsbildung im nördlichen Teil starke
Deformationen.
Altkristallin (vorwiegend Gneise) und sehr alten eingedrungenen Granitkörpern.
Das Tavetscher Zwischenmassiv setzt sich aus unterschiedlichen Gesteinen
zusammen: Gneise (Quermuskovit-Gneis) wechseln mit weichen Phylliten und
Schiefern ab. Sie ergeben eine steil stehende, sandwichartige Abfolge weicher und
harter Gesteine. Dieses Massiv ist zwischen dem Aar- und dem Gotthardmassiv
eingeklemmt. Es
Abbildung 20: Verlauf der Geologie im Bereich des geplanten Basistunnels
Südlich des Tavetscher Zwischenmassivs befindet sich die Urseren-Garvera-Zone,
das aus deformierten Sedimentgesteinen besteht. Diese Meeresablagerungen
bedeckten ursprünglich als Sediment das Gotthard-Massiv. Durch intensive
tektonische Bewegungen während der Gebirgsbildung wurde dieses Gestein wie ein
Keil zwischen dem Tavetscher Zwischenmassiv und dem Gotthard-Massiv
e
eingeklemmt.
Die intensiven Wechselfolgen von weichen und härteren, zum Teil tektonisch
zerbrochenen kristallinen Gesteinen im Tavetscher Zwischenmassiv sind für di
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Tunnelbauer die größten Herausforderungen beim Bau des Gotthard-Basistunnels.
Abbildung 21: Über assiv in der nordwestlichen Tunnelröhre [Foto: U. Glaubach]
eschuttert. Im Folgenden eine kurze Erläuterung der einzelnen
rbeitsschritte:
gang vom Tavetscher Zwischenmassiv zum standfesteren Aar-M
VortriebIm Gebirge mit mittlerer bis hoher Festigkeit arbeiten sich die Tunnelbauer mit
Bohren und Sprengen durch den Fels. Diese klassische Vortriebsart, welche auch
als konventioneller Sprengvortrieb bezeichnet wird, beinhaltet Bohren, Laden,
Sprengen, Lüften, Schuttern und Sichern. Je nach Gesteinsqualität wird erst nach
dem Sichern g
A
Bohren
Mit Hilfe von mehrarmigen, elektronisch gesteuerten Bohrjumbos wurden ca. 4 m
lange Löcher in die Ortsbrust gebohrt. Insgesamt werden 120 bis 140 solcher
ohrlöcher nach einem definierten Sprengschema angeordnet. B
Laden
Parallel zum Bohren wird Emulsionssprengstoff in die Bohrlöcher gepumpt. Der
Sprengstoff besteht aus drei Komponenten, die aus Sicherheitsgründen erst an der
- 40 -
Ortsbrust gemischt werden, und wird von einem Spezialfahrzeug befördert.
Sprengen
Bei der eigentlichen Sprengung erfolgen die ersten Zündungen in der Mitte der
Ortsbrust, um einen Sprengkern herzustellen. Danach folgen innerhalb von
Sekundenbruchteilen weitere in Kreisbahnen um den Kern angeordnete Ladungen.
ie Sprengungen erfolgen üblicherweise zu den Schichtwechseln. D
Lüften
Da die Luft in der Umgebung der Ortsbrust nach der Sprengung einen geringen
Sauerstoffgehalt und eine erhöhte Konzentration giftiger Gase aufweist, erfolgt eine
verstärkte Bewetterung an der Ortsbrust. Deren Aufgabe ist es, die Mineure mit
rischluft zu versorgen sowie Staub und giftige Gase abzuführen. F
Schuttern
Das Ausbruchmaterial wird mit Fahrladern aufgenommen und in Schutterwagen der
Stollenbahn verladen zum Schachtfuß gefördert und Übertage gefördert
(Nordvortriebe). Bei den Südvortrieben erfolgt die Förderung zu den
chachtaufzügen mittels Förderbandanlagen. S
Sichern
Der durch die Sprengung geschaffene Hohlraum wird mittels Anker und Spritzbeton
gesichert. Die Anker können bis zu 9 m lang sein und werden mit Hilfe von
Bohrjumbos ins Tunnelgewölbe eingebracht, um die Tragwirkung des Gebirges zu
verstärken. Das Aufbringen des Spritzbetons versiegelt die Oberfläche und
e Hohlräume
die Tendenz zeigen, sich ohne Gegenmaßnahme wieder zu schließen.
verbessert das Gebirgstragverhalten.
Im Tavetscher Zwischenmassiv Nord wurden aber zudem noch Spezialvortriebe
nötig, um die druckhaften Zonen überhaupt durchfahren zu können. Vor allem die
Ausbruchsicherung musste deutlich erweitert werden, da ausgebrochen
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Abbildung 22: Sicherungsarbeiten an der Ortsbrust der nordöstlichen Tunnelröhre [Foto: U. Glaubach]
Bei der kreisförmigen Ausbruchgeometrie erfolgte ein radialer Mehrausbruch von bis
zu 70 cm, um kontrollierte Deformationen zuzulassen. Dies führte teilweise zu einer
Verdopplung der Ausbruchquerschnitten gegenüber dem Normalfall auf bis zu
135 m². Die Ortsbrust wurde systematisch mit langen Horizontalankern gesichert. Die
erste Ausbruchsicherung erfolgte mit zwei ineinander liegenden Stahlringen, die über
Gleitverbindungen miteinander verbunden wurden und den Tunnelquerschnitt
abstützen sollen, wobei gewisse Deformationen zugelassen werden konnten.
Außerdem wurden zusätzliche Anker in die Tunnelwand eingebracht. Nach dem
Abklingen der Deformationen, die sich teilweise über Tage hinweg erstrecken
können, wurden starre Stützmittel in Form von Spritzbeton mit Bewehrung eingebaut.
Im rückwärtigen Teil wurden systematisch Zusatzanker gesetzt und es erfolgte ein
zusätzlicher Stahleinbau.
Das gewählte Konzept des deformierbaren Stahleinbaus wurde bisher in diesen
Dimensionen noch nirgends umgesetzt. Um dazu bessere Erkenntnisse zu erhalten,
wurden auf der Baustelle umfangreiche Großversuche durchgeführt.
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Logistik, Materialbeschaffung und UmweltschutzDer Zwischenangriff Sedrun stellt nicht nur wegen den schwierigen geologischen
Verhältnissen, sondern auch aufgrund der anspruchsvollen Logistik für die
Tunnelbauer eine besondere Herausforderung dar.
Abbildung 23: Der Zugang über 2 Schächte stellt eine große logistischer Herausforderung dar [Foto: U. Glaubach]
Materialien wie Zement oder Stahl werden mit der Eisenbahn auf die Baustelle
Sedrun gebracht. Dadurch werden zusätzliche Lärm- und Abgasemissionen für die
umliegenden Dörfer vermieden.
Das für den Vortrieb und den Tunnelausbau benötigte Material sowie die
eingesetzten Maschinen und Geräte werden über den 1 km langen Zugangsstollen
und die 800 m tiefen Schächte I und II in die Schachtfußkaverne transportiert. Der
Schacht II wurde mit einer Schwerlastförderanlage ausgerüstet, damit der Betrieb
des Schachtes I durch den Transport sperriger Materialien wie Gleise, Rohre,
Maschinen und Geräte nicht behindert wird.
Die Wagen mit dem ausgebrochenen Material werden am Schachtfuß
vollautomatisch in den Lift geschoben und anschließend nach oben zum Schachtkopf
gefördert. Für die 800 m benötigt der Lift mit seinem leistungsstarken Antrieb
lediglich 1 Minute 20 Sekunden. Beim Schachtkopf werden die Wagen wieder
zusammengekoppelt und von einer Lokomotive durch den Zugangsstollen ins Freie
- 43 -
transportiert, wo das Ausbruchmaterial in eine Brechanlage gekippt wird. Die leeren
Wagen werden über den Lift wieder zum Schachtfuß gebracht.
Rund 4,3 Mio. Tonnen Ausbruchmaterial fallen beim Bau des Teilabschnittes Sedrun
an. Davon werden rund 1,8 Mio. Tonnen vor Ort zu hochwertigen
Betonzuschlagsstoffen verarbeitet und als Rohstoff für die Zubereitung von Spritz-
und Ortbeton verwendet.
Das Ausbruchmaterial, welches nicht als Zuschlagstoff aufbereitet werden kann, wird
mit Förderbändern ins Val Bugnei transportiert.
Die Luft wird untertage durch Staub, Sprengschwaden und Abgase von
Baumaschinen und Geräten belastet. Neben den üblichen Lüftungsanlagen wird
deshalb durch den Einsatz von Russpartikelfilter und schwefelarmen Treibstoff
versucht, die Luftbelastung im Tunnel möglichst niedrig zu halten.
Da das in den Tunnel eintretende Bergwasser durch die Vortriebsarbeiten
verschmutzt wird, muss es gereinigt werden, bevor es in den Freispiegelstollen des
Kraftwerkes Vorderrhein eingeleitet werden kann. Dazu wird das Bergwasser von
den Vortrieben zum Schachtfuß gepumpt. Dort wird das Wasser entschlammt und in
großen Stapelbecken gesammelt, bevor es mittels Hochdruckpumpen zum
Schachtkopf gepumpt wird. Übertage erfolgt in einer Aufbereitungsanlage dann die
definitive Reinigung des Bergwassers.
Ein herzliches Dankeschön an Herr Schellig von IG GBTS (Bauleitung Sedrun) und
Frau Dr. Heidenreich von der Lombardi AG, die uns bei der Führung untertage
einmalige Einblicke in die Arbeiten am Gotthard-Basistunnel ermöglichten und offen
für unsere Fragen waren.
An dieser Stelle sei auch der AlpTransit Gotthard AG für die Einladung zum
Mittagessen gedankt.
- 44 -
8. Besichtigung Zwischenangriff Amsteg
Von: Christian Gerber
René Frank
Sabine Klemm
Der Gotthard Basistunnel soll die Orte Erstfeld im Norden und Bodio im Süden auf
einer 57km langen Neubaustrecke verbinden. Somit wird es der längste Tunnel der
Welt. Zusammen mit dem Zimmerberg Basistunnel und dem Ceneri Basistunnel wird
ein zeitgemäßer Alptransit verwirklicht.
Die Einteilung der Bauabschnitte erfolgte beim GBT in 5 Teillose, wobei der
Zwischenangriff Amsteg den zweiten Abschnitt darstellt. Er befindet sich südlich von
Erstfeld und verbindet die Strecke mit Sedrun. Auf einer Länge von 11,4km wird eine
maximale Überdeckung von 800m erreicht. Dies führt zu Gebirgstemperaturen von
bis zu 40°C. Der Gotthard Basistunnel wurde notwendig, da die bereits vorhandene
Strecke mit 170 Zügen pro Tag zum Teil stark überlastet ist. Mit Fertigstellung der
drei Tunnel wird die Kapazität auf täglich 300 Züge erhöht; darunter Personen- &
Güterverkehr (Mischbetrieb).
Abbildung 24: Bauabschnitt Amsteg [Grafik: Alptransit]
Ferner ergibt sich aus der neuen Streckenführung zwischen Zürich und Mailand eine
Zeitersparnis von über einer Stunde, was etwa einem Drittel der jetzigen Fahrzeit
entspricht.
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Geologie
Abbildung 25: Aufschlussbohrungen Streckenabschnitt Amsteg - Sedrun
Die bei der Bohrung SB 3.2 angetroffene Geologie ist im Wesentlichen
charakteristisch für die Alpen. Es wurden Gesteine des Aar-Massives sowie des
Tavetscher-Zwischen-Massives erbohrt, die wie folgt vorliegen:
Teufe Gestein Eigenschaften / Genese Festigkeit
256m Kakirit
Tektonisch, spröd überprägter Schiefer. Durch spätalpine
Bewegungen wurde das Gestein bis unter die Mineralkorngröße
zerbrochen (Gesteinsmehl).
Fels mit geringer Festigkeit
350m Lehmkakirit
Tektonisch, spröd überprägtes Gestein. Durch spätalpine
Bewegungen wurde das Gestein bis zur Silt- / Tonfraktion
zermahlen (Gesteinsmehl).
Fels mit geringer Festigkeit
557m Migmatitgneis / Quermuskovitgneis
Glimmergneis, der vor rund 50 Mio. Jahren bei mehr als 700°C
und 6-8kbar Druck metamorphisiert wurde.
Standfester, harter Fels
1150m Glimmerschiefer
Ehemals toniges Sedimentgestein, das während
der alpinen Gebirgsbildung umgewandelt wurde.
Fels mit mittlerer bis geringer Festigkeit
Tabelle 1: Aufschluss nach Bohrung 3.2 (laut Informationstafel) A
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Die festen Gesteine, wie Gneis und Glimmerschiefer, treten innerhalb der
Tunnelachse gehäuft auf. Folglich wurden die Tunnelbohrmaschinen auf diese
harten Formationen ausgelegt, was eine Durchfahrung des extrem weichen Kakirits
jedoch erheblich erschwerte. Diese Zonen mussten daher mit extremen
Sicherungsmaßnahmen aufgefahren werden.
Das ausgebaute Material wird zum größten Teil zur Rekultivierung (ca. 75%) wieder
verwendet, oder findet als Betonzuschlagsstoff (ca. 20%) sowie in der Bauindustrie
Verwendung. Die Rekultivierungsmaßnahmen umfassen sowohl das Aufschütten von
Inseln im nahe gelegenen See als auch das Auffüllen von Senken und alten
Steinbrüchen.
Das nicht nutzbare Material wird auf Inertdeponien abgelagert.
Vortrieb
Zur Auffahrung der Teilstrecke Amsteg wurden größtenteils Gripper-
Tunnelbohrmaschinen (TBM) der Firma Herrenknecht AG mit einem
Bohrdurchmesser von 9,58m verwendet.
Diese werden beim tübbinglosen Ausbau eingesetzt, welcher im Falle des Abschnitts
Amsteg mittels Spritzbeton erfolgte. Um dennoch die für den Vortrieb erforderliche
Abstützung zu gewährleisten, werden die Gripper ähnlich wie Bremsbacken an die
Tunnelwandung angepresst. Somit wird ein stabiles Auflager realisiert.
Abbildung 26: Gripper TBM (1 - Gripper, 2 - Rinkerektoren, 3 - Ankerbohrgeräte, 4 - Netzversetzeinrichtung)
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Weiterhin kann die Strecke mit Felsankern, Netzen und Bögen gesichert werden.
Entscheidender Vorteil der Gripper-TBM besteht darin, dass Sicherungsmaßnahmen
direkt hinter dem Bohrkopf ausgeführt werden können. Dazu dient der in Abb. 26
markierte Arbeitsbereich.
Durch den Einsatz von 10 Motoren wurde am Bohrkopf eine Antriebsleistung von
3500kW erzielt, dies entspricht etwa 4750 PS. Somit ist eine Vortriebsleistung von
35-40m pro Tag theoretisch möglich; sie lag im harten Gestein jedoch im Schnitt nur
bei 20m täglich.
Die für die Auffahrung der beiden Röhren in Amsteg eingesetzten TBM (Gabi I und II)
hatten eine Gesamtlänge von 441m und waren mit 62 Disken bestückt.
Die restlichen 185m Tunnelvortrieb wurden in sehr anspruchsvollem Gestein mittels
Bohr- und Sprengverfahren fertig gestellt.
AusbauDer Ausbau der Tunnelstrecke erfolgt in Teilabschnitten:
Auftragen einer 15-25cm dicken Spritzbetonschicht
Einbau einer Ortbetonsohle mit Aussparungen für die Bergwasserleitung
beidseitiges Anbringen der Gewölbedrainage mit Abdichtung
Betonage der Gewölbefüße
Einsetzen der Regenschirmabdichtung
Aufbringen eines Ortbetongewölbes mit dem Schalwagen
Verlegen der Bergwasserleitung in Sohlmitte
Einbringen der Bankette
Montage der restlichen Einrichtung (Beleuchtung, Handlauf, Noteinrichtung)
Aufgrund des umfangreichen Aufbaus besitzt die Sohle letztendlich eine Stärke von
1,90m. Der Innendurchmesser des Tunnels reduziert sich so auf etwa 9m.
Alle 325m befindet sich ein Querschlag zwischen den beiden 40m voneinander
entfernten Röhren, der Rettungszwecken dienen soll und durch Bohren & Sprengen
erschlossen wurde.
Der Ausbau orientiert sich am Lichtraumprofil nach der EBV4 –
Eisenbahnverordnung für internationale Hochleistungsstrecken. Dies ermöglicht den
Einsatz von Neigezügen mit Geschwindigkeiten bis zu 250km/h.
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Stand der Arbeiten
Während unseres Aufenthaltes konnten wir den aktuellen Stand der Arbeiten
begutachten. Dabei fuhren wir über den 1782m langen Zugangsstollen ein, kreuzten
den Kabelstollen und gelangten schließlich in den eigentlichen Tunnel.
Der erwähnte Kabelstollen besitzt einen Durchmesser von 3,70m und dient während
der Bauzeit als Fluchtstollen.
Abbildung 27: Portal des Zugangsstollens in Amsteg
Diese Funktion entfällt später, da hierfür die Querschläge des Gotthard-Basistunnels
dienen. Stattdessen werden die Kabel für die Stromversorgung über eine Länge von
1884m bis zum Kraftwerk Amsteg durch ihn geführt.
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Abbildung 28: Blick in die Weströhre des GBT in Richtung Sedrun
Als nächstes konnten wir den Pumpensumpf mit vier Pumpen betrachten. Er wird
durch die ankommenden Wässer des Bergwasserstollens gespeist. Dieser wurde mit
einer ankommenden Wassermenge von 1600l/s bemessen, welche sich während der
Bauzeit als viel zu groß erwies. Tatsächlich wurden im Schnitt nur etwa 40 bis 50l/s
gemessen; der Stollen sowie die gesamte Entwässerung sind somit
überdimensioniert.
Abbildung 29: Pumpensumpf
Unser Weg führte uns weiter, am Brecher vorbei, zur Fluchtkammer.
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Abbildung 30: Brecher
Noch im Oktober 2007 wird der Durchschlag der Weströhre zum Teilabschnitt
Sedrun erfolgen; zwei Monate darauf soll die Oströhre folgen.
Im bereits ausgebrochenen Teil wurde inzwischen mit den Schal- und
Betonierarbeiten begonnen. Um die erforderliche Leistung von 60m pro Tag zu
erzielen, sind sechs Schalwagen zu je zehn Metern Länge im Einsatz. Der Abschluss
dieser Arbeiten soll in einem Jahr erfolgen.
KostenGenerell liegen uns verschiedene Angaben über die Kosten des GBT vor. Dies ist
vermutlich der Tatsache geschuldet, dass im Laufe des Baus immer neue Probleme
auftraten, wie z.B. Klagen zur Vergabe des Bauabschnitts Erstfeld. Somit verzögerte
sich nicht nur die Eröffnung des Tunnels auf 2016; es kam auch zu erheblichen
Mehrkosten.
Momentan rechnet man mit Kosten in Höhe von 8 Mrd. Franken, was etwa 5 Mrd. €
entspricht. Darin sind bereits Mehrinvestitionen in Höhe von 1,8 Mrd. Franken
enthalten.
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Diese resultieren aus:
Sicherheitsbestimmungen
Stand der Technik
Politik
Verzögerungen
Geologie
Verbesserungen für Bevölkerung und Umwelt
Bauausführung
Die Fananzierung des Projektes wird durch Schwerverkehrsabgaben,
Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer getragen.
Abschließend sei erwähnt, dass sich die Teilstrecke Amsteg in einem Strahlergebiet 3 befindet und daher die Hoffnung auf interessante Mineralienfunde weckt.
Unser Dank gilt dem Konsortium AlpTransit für die Besichtigungsmöglichkeit des
Bauabschnittes Amsteg, sowie der aufschlussreichen Führung.
Quellen
Material aus dem Vortrag zum Bauabschnitt Amsteg
Aushänge im Info-Zentrum Sedrun
Videobericht über den GBT
http://de.wikipedia.org/wiki/Gotthard-Basistunnel (Aufruf: 12.10.2007)
http://www.alptransit.ch/pages/d/ (Aufruf: 12.10.2007)
3 Strahler: besonders in der Schweiz gebräuchlich für alpine Kristall- & Mineraliensucher
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9. Mont Terri – Felslabor
Von: Sindy Köditz
Josefine Schönknecht
EinleitungDas letzte Ziel unserer Exkursion war das Felslabor Mont Terri im Schweizer Kanton
Jura. Es liegt nördlich der Stadt St. Ursanne im Gebiet des Sondierungs- und
jetzigen Sicherheitsstollens des Mont Terri – Autobahntunnels. Das Labor mit seinen
Forschungsstollen und Nischen (siehe Bild) liegt ca. 1,5 km im Berginneren und ist
über ein altes Kalkbergwerk zu erreichen. Da es hauptsächlich zur Untersuchung der
Eigenschaften des Opalinustons errichtet wurde, ist es nahe liegend, dass es mit
seinen insgesamt 300 m Nischen- und Stollenlänge komplett in diesem Tongestein
liegt.
Abbildung 31: Blick in den Sicherheitstollen
Im Felslabor werden In-situ-Experimente im Tongestein von 12 Projektpartnern
durchgeführt. Insbesondere werden Gesteinseigenschaften untersucht, die für die
Beurteilung der Machbarkeit und Sicherheit eines Lagers für radioaktive Abfälle in
Tongestein wichtig sind. Die sichere Einlagerung muss für mindestes 1 Mio. Jahre
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garantiert werden, was in einigen Opalinustonvorkommen möglich ist. Dabei müssen
auch die eventuell noch auftretenden Hebungen (bis zu 300m) und Erdbeben in
dieser Zeitspanne berücksichtigt werden. Auf diese Untersuchungen gehen wir im
Weiteren ein.
Die ersten 8 Nischen wurden 1996 im Sondierungsstollen mittels eines
pneumatischen Hammers ausgebrochen. Sie haben eine Länge bis zu 8 m und sind
4 m hoch. Im Winter 97/98 kamen ein Stollen und weitere Nischen mit einer
Gesamtlänge von 230 m hinzu. Dieser Stollen wurde größtenteils mittels Sprengung
aufgefahren, doch ungefähr 35 m fuhr man mit einer Teilschnittmaschine mit
Rundschaftmeißeln auf (3,6 m Durchmesser), um die Auflockerungszone des
Opalinustons in diesem Bereich zu untersuchen.
Fast alle Auffahrungen sicherte man mit stahlfaserbewehrtem Spritzbeton.
Der Direktor des Mont Terri Felslabors, Paul Bossart, sowie der Projektleiter Paul
Marschall von der NAGRA informierten uns vor Ort über das Labor und die dort
durchgeführten Experimente. Dafür möchten wir uns nochmals recht herzlich
bedanken.
Abbildung 32: schematischer Überblick des Felslabors "Mont Terri"
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Organisation und Finanzierung Das Projekt Felslabor Mont Terri wird von 12 Partnern aus 6 Ländern bestimmt und
finanziert und ist somit einzigartig auf der Welt.
Hinter den 12 Projektpartnern stehen ca. 50 Institute und ca. 50 private Firmen, aber
auch die EU und das BBW(Bundesamt für Bildung und Wissenschaft) beteiligen sich
an der Finanzierung ausgewählter Experimente.
Seit 1996 wurden 42 Mio. CHF investiert. Davon kamen 1/3 aus der Schweiz und 2/3aus den anderen 5 Ländern.
Das BWG (Bundesamt für Wasser und Geologie) übernimmt mit der Abteilung
Landesgeologie die Verantwortung des Projektes gegenüber dem Kanton Jura und
ist für die Koordination des Untersuchungsprogramms und den Felslaborbetrieb
verantwortlich. Denn jedes Experiment, das durchgeführt werden soll, muss erst vom
Kanton Jura bewilligt werden. Das BWG ernennt auch den Direktor des Projektes,
der wiederum für die Projektleiter, die sich um die Organisation und Durchführung
der Experimente und den Laborbetrieb kümmern, verantwortlich ist.
Ein Lenkungsausschuss, indem ein Delegierter jedes Projektpartners vertreten ist,
legt jährlich das neue Forschungsprogramm fest. Die Projektpartner können jährlich
neue Experimente vorschlagen und auch entscheiden, an welchen sie sich weiter
oder neu beteiligen und welche sie finanzieren wollen.
Besitzer des Mont Terri Autobahntunnels République et Canton du Jura, Département de l'Environnement et de l'Equipement
ProjektleitungSWISSTOPO: Federal Office of Topography, Schweiz
ANDRA: Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs,
Frankreich
BGR: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe,
Deutschland
CRIEPI: Central Research Institut of Electric Power, Japan
ENRESA: Empresa Nacional de Residuos Radioactivos, Spanien
ProjektpartnerFOWG: Federal Office for Water and Geology, Schweiz
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GRS: Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GmbH,
Deutschland
HSK: Swiss Federal Nuclear Safety Inspectorate
IRSN: Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire, Frankreich
JAEA: Japan Atomic Energy Agency, Japan
NAGRA: National Cooperative for the Disposal of Radioactive Waste,
Schweiz
OBAYASHI: Obayashi Corporation, Japan
SCK·CEN: Studiecentrum voor Kernenergie / Centre d’étude de l’Energie
Nucléaire, Belgien
SWISSTOPO: Federal Office of Topography, Schweiz
Projektmanagement IG: Institut Geotéchnique SA, St-Ursanne, Schweiz
GGT: Groupement Grands Travaux, Porrentruy, Schweiz
Unterstützende Forschungseinrichtungen PSI: Paul Scherrer Institut, Villigen, Schweiz
GeologieDas Felslabor Mont Terri liegt im Juragebirge am Übergang vom Faltenjura zum
Tafeljura. Die Gesteine dieses Gebirges wurden im Erdmittelalter vor ca. 300 bis 66
Mio. Jahren gebildet. Es sind vor allem Kalk-, Mergel- und Tonsteine sowie
Gips/Anhydrit, welche sich vor allem im Jura als Sedimente im Meer ablagerten. Vor
ungefähr 10 Mio. Jahren hob sich dann das Juragebirge heraus und es entstand eine
Großfalte, eine so genannte Antiklinale, im Bereich des Mont Terri. Diese ist über
den Tafeljura der Ajoie aufgeschoben, wobei die einst horizontalen
Sedimentschichten 45° nach Südosten geneigt wurden. Durch diese Auffaltung
bildete sich eine Störzone heraus, welche durch den Autobahntunnel, den
Sondierungsstollen und das Felslabor verläuft. Die Stollen des Labors befinden sich
ausschließlich im Opalinuston, der sich vor 180 Mio. Jahren im Dogger bildete.
Südöstlich grenzt Muschelkalk aus dem Malm und nordwestlich Kalkmergelstein des
Lias an. Einen genaueren Überblick über die Geologie des Mont Terri zeigt das
untenstehende Profil längs des Autobahntunnels (Abbildung 33).
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Abbildung 33: geologischer Querschnitt
OpalinustonDer Opalinuston bildete sich vor 180 Mio. Jahren als marines Sediment feiner
Schlammpartikel des Tethys-Ozeans und wurde durch jüngere Sedimentationen zu
Tonstein verfestigt. Seinen Namen hat er von den häufig enthaltenen Ammoniten
„Leioceras opalinum“, deren Schale opalisierend schillert. Die Mächtigkeit des
Tongesteins beträgt durchschnittlich 150m. Es liegt zurzeit in einer Teufe von 320m,
befand sich aber zwischenzeitlich in ca. 1100m Tiefe, weshalb es nun als
überkonsolidiert gilt. Man unterscheidet drei verschiedene Fazies. Die älteste im
Nordwesten ist tonig. Darauf folgt eine ungefähr 15m mächtige sandig-
karbonatreiche Fazies und darüber lagerte sich eine heterogene sandige Schicht mit
Sandeinschaltungen ab.
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Abbildung 34: Schichtung des Opalinustons [Foto: U. Glaubach]
Der Opalinuston wurde als Untersuchungsgegenstand gewählt, da er bestimmte
Eigenschaften aufweist, die für die langzeitliche Lagerung von radioaktiven Stoffen
vorteilhaft sind. Seine Durchlässigkeit beträgt 10-14 m/s, was bedeutet, dass das
Wasser in den Poren stagniert. Dies ist daran zu erkennen, dass noch heute 180
Mio. Jahre altes Meerwasser (20g/l gelöste Feststoffe, heutiges Meerwasser: 37g/l)
enthalten ist. Diese Eigenschaft ist für das Endlager dahingehend gut, da dann kein
Wasseraustausch zwischen Lager und Umgebung erfolgen kann.
Eine Selbstheilung, wie man sie bei Salzen beobachten kann, wies der Opalinuston
zwar nicht auf, aber bei Wasserzutritt fängt der Ton an zu quellen und kann somit
Klüfte und Risse, z.B. aus der Auflockerungszone oder durch Erdbeben entstanden,
selbst abdichten. Dies zeigt auch der Sachverhalt, dass die hydraulische
Durchlässigkeit der Hauptstörung sich nicht von der des ungestörten Gesteins
unterscheidet.
Sollten doch einmal Kontaminationen in das Gestein gelangen, z.B. durch
korrodierende Behälter, werden diese vom Ton adsorbiert, da er durch seine blättrige
Struktur eine sehr große Oberfläche hat (1g Ton hat etwa 600m2) und seine
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Ionenaustauschkapazität aufgrund eines negativen Ladungsdefizits der
Elementarschichten sehr hoch ist.
ExperimenteZurzeit führt man 30 Experimente in Mont-Terri im Zusammenhang mit der
Endlagerung radioaktiver Stoffe und den Eigenschaften des Opalinuston durch,
wobei aber niemals radioaktive Materialien im Labor zum Einsatz kommen dürfen.
Unter anderen laufen gerade Untersuchungen zum Stressverhalten des Tongesteins
(IS-A/B/C), zu seiner Temperaturabhängigkeit (HE-B), zum Difussions- und
Sorptionsverhalten des Tons (DR, HG-A) sowie sein Verhalten gegenüber
Bewetterung (VE). Außerdem werden auch Eigenschaften von möglichen
Verfüllmaterialien, wie z.B. Bentonit, getestet (SB, EB). In Demonstrationsversuchen
werden die komplexen Zusammenhänge zwischen geologischer, geotechnischer und
technischer Barriere untersucht (EB). Während unserer Laborbesichtigung wurden
uns einige der Experimente gezeigt. Meist ist aber nicht viel zu sehen, da die
Versuche größtenteils in Bohrungen laufen und nur die Registriereinheiten der
Messgeräte sichtbar sind. Die Versuche werden außerdem von den Betreibern über
Internet verfolgt und überwacht, weshalb im Labor selbst zwei fest angestellte
Mitarbeiter ausreichen.
Die Experimente, welche wir besichtigten sind in untenstehender Tabelle aufgelistet.
Wir werden hier ein paar näher beschreiben.
Kurzzeichen Beschreibung
DR Radionuclide difussion and rendention
EB Engineered barriers
EZ-B Fracture generation in excavation disturbed zone
HE-B Heater test
HG-A Gas path trough host rock & seals
IS-A In situ stress by overcoring/undercoring
IS-B In situ stress by borehole slotter
IS-C In situ stress by hyraulic fracturing
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SB Self-sealing barriers of clay-sand mixtures
VE Ventilation test
Demonstrationsexperiment „EB-Engineered Barrier Experiment“
Bei diesem Experiment soll ein Konzept für die Einlagerung von radioaktivem Abfall
in horizontaler Lagerung vorgestellt und untersucht werden.
Dazu wurde ein Stahlbehälter in eine horizontale Kaverne mit Hilfe von
Bentonitblöcken und Bentonitgranulat eingebaut. Der Dummy-Behälter hat die
gleichen Abmessungen und das gleiche Gewicht wie ein üblicher Abfallbehälter für
hochradioaktive Abfälle. Der Aufbau der Kaverne ist im Bild gut zu erkennen. Hier
wurde im Fundament Beton benutzt, weil die Feuchtigkeit so hoch ist, dass der
Bentonit das Gewicht des Behälters nicht allein tragen könnte. In einem richtigen
Endlager dürfte wegen des chemischen Gleichgewichts im Ton kein
Beton/Spritzbeton benutzt werden.
Abbildung 35: Versuchsnische des EB- Versuchs [Foto: U. Glaubach]
Außerdem müssen im Experiment 200.000 a Lagerung innerhalb kurzer Zeit simuliert
werden, also sättigt man den Bentonit im Innern der Kaverne künstlich mit
Salzlösung auf, um den Quelldruck zu messen. Da der Opalinuston eine extrem
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niedrige Durchlässigkeit hat, würde der Bentonit erst nach extrem langer Zeitspanne
gesättigt sein. Die Aufsättigung dauert nun 6 Jahre und 20 m3 Salzlösung sind schon
im Bentonit verschwunden, trotzdem stieg der Quelldruck unerwarteterweise nur auf
1,8MPa.
Wichtige Erkenntnisse dieses Experiments waren die richtige Zusammensetzung des
Verfüllbentonits und ein besseres Verständnis des hydromechanischen Verhaltens
des Bentonits und des Tongesteins.
„IS“ In-situ Stressmessung
Abbildung 36: Untersuchungsbohrung zur Bestimmung der Gebirgsspannungen [Foto: U. Glaubach]
In den IS-Versuchen werden mit verschiedenen Methoden Belastungen in das
Gebirge eingetragen und die daraus resultierenden Spannungen gemessen.
Beim IS-B-Test („borehole slotter“) werden Schlitze in die Bohrlochwand gesägt und
die Spannungen in unmittelbarer Nähe registriert.
Während des IS-C-Experiments („hydraulic fracturing“) wird in einem Bohrloch mit
Packern eine Messstrecke abgetrennt und darin Wasser in das Gebirge eingepresst,
wodurch dieses aufgebrochen wird. Die dabei auftretenden Spannungen werden
registriert und ausgewertet.
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Im IS-A-Experiment („overcoring/undercoring“) wird bei bekanntem Elastizitätsmodul
und Poissonzahl das Normalspannungsfeld bestimmt. Bei der overcorring-Methode
wird an einer Bohrlochwand die Spannung, die bei der Belastung durch ein
Überbohren des schon vorhandenen Lochs entsteht, gemessen. Die
Messergebnisse dieser Methode repräsentieren das Nahfeld um einen Tunnel.
Im Gegensatz dazu, werden bei der undercorring-Methode die Messbohrungen
zuerst um das geplante Bohrloch konzentrisch angeordnet. Dann werden die
Spannungen unmittelbar bei der Auffahrung des mittleren Bohrlochs in den Löchern
rundherum registriert. Diese stellen das Fernfeld um einen Tunnel dar. Durch Back-
Analysis kann man aus den beiden ermittelten Spannungsfeldern das
Normalspannungsfeld berechnen.
Dabei hat sich ergeben, dass 1 vertikal, 2 längs und 3 radial zum Bohrloch wirkt.
„VE-Ventilation test“
Abbildung 37: Blick in die Versuchsstrecke des VE-Versuchs
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Von der Auffahrung bis zum endgültigen Verschluss eines Endlagers vergeht meist
viel Zeit, während der das Stollensystem bewettert werden muss. Um die
Veränderungen, vor allem die Austrocknung des Opalinustons durch die
Bewetterung zu untersuchen, simulierte man in einem Microtunnel die Ventilation mit
trockener Luft bei isothermen Bedingungen. Dafür wurden in einem Tunnel mit 1,3m
Durchmesser ein Ventilationssystem sowie verschiedene Messeinrichtungen
installiert. In vier Phasen wurde dann eine Messstrecke von 10m Länge mit Luft
verschiedener Feuchtigkeit mehrere Monate durchströmt. Von 80% relative
Luftfeuchte in der ersten Phase wurde bis auf 1-3% in der dritten Phase
heruntergegangen. Dies war die entscheidende Phase, bei der bis 2m in das Gestein
hinein unter anderem der Wassergehalt und die Geochemie des Tonsteins
aufgezeichnet wurden. In der letzten Phase wurde die Luft wieder voll aufgesättigt
(100% relative Luftfeuchtigkeit) und das Experiment somit beendet. Das Ziel des
Versuchs war es, die Austrocknungszone um den belüfteten Tunnel herum zu
charakterisieren, da die Verringerung des Wassergehalts auch die mechanischen,
hydraulischen und geochemischen Eigenschaften des Tons beeinflussen könnten.
Man stellte aber fest, dass eine längerfristige Belüftung mit trockener Luft und eine
anschließende Wiederaufsättigung nach dem Verschluss eines Endlagers kaum die
Standsicherheit oder die Durchlässigkeitseigenschaften des Opalinustons
beeinträchtigen.
Vielen Dank für die freundliche Führung an Herrn Bossart und Hr. Marshall.
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