Sozialraumorientierung in der Stadt Graz im Bereich ...
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Sozialraumorientierung in der Stadt Graz im Bereich Jugendwohlfahrt – Einführung eines
Sozialraumbudgets
Fachlich–konzeptionelle, organisatorisch-strukturelle und budgetäre Grundlagen (Grundlagenkonzept)
Mai 2009
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Inhaltsverzeichnis
0. Zusammenfassung ................................................................................................. 3 1. Fachlich-konzeptionelle Grundlagen ...................................................................... 4 2. Organisatorisch-strukturelle Grundlagen ................................................................ 7 3. Budgetäre Grundlagen ........................................................................................... 8 4. Projektdaten ..........................................................................................................10 Beilage 1: Aufteilung der Sozialräume .......................................................................13 Beilage 2: Organigramm ............................................................................................14 Beilage 3: Matrixorganisation ....................................................................................15 Beilage 4: Sozialraum-Trägertypen: Unterscheidungsmerkmale ...............................16 Beilage 5: Begriffsdefinitionen ...................................................................................17 Beilage 6: Kooperationskriterien ................................................................................20 Beilage 7: Sozialräumliche Trägeraufstellung ............................................................24 Beilage 8: Sozialraumbudget (ohne SR- Budget zentral) ..........................................26 Beilage 9: JWF Ausgaben, Prognose bis 2012 .........................................................27 Beilage 10: Fallzahlentwicklung (= Zahl der Hilfen, die im jeweiligen Jahr abgerechnet wurden) .................................................................................................28 Beilage 11: Qualifizierungsmodule und Kurzkonzept ................................................29 Beilage 12: Inhalte und Themen einer Qualifizierungsreihe im Rahmen der SRO in Graz ...........................................................................................................................30
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0. Zusammenfassung Im derzeitigen Hilfesystem der Jugendwohlfahrt bestimmt das vorhandene Angebot
an Hilfen, welche Maßnahme („Lösung“) der/die Hilfesuchende erhält. Dieser
Grundsatz wird mit dem hier beschriebenen Projekt umgekehrt. Im Fachkonzept
Sozialraumorientierung gilt, dass das Hilfesystem den Bedarfen der KlientInnen
folgen muss und nicht umgekehrt die KlientInnen der Logik des Hilfesystems. Die im
Hilfesystem vorhandenen Maßnahmen müssen flexibel auf die Bedarfe der
Betroffenen angepasst werden, so dass die von den Betroffenen benötigten und
ihnen gesetzlich zustehenden Hilfen passgenau – speziell auf den Einzelfall
zugeschnitten – erbracht werden.
Derzeitiges Verfahren:
Entsprechend dem Jugendwohlfahrtsgesetz wird ein Leistungsbedarf festgestellt, der
von den am Hilfeplanverfahren beteiligten ProfessionalistInnen eingeschätzt und
diagnostiziert wird. Auf dieser Grundlage übernimmt die öffentliche Hand die
Finanzierung des „Falls“. Dies bedeutet:
1. Die öffentliche Hand finanziert genau das, was verhindert werden soll – nämlich
die Entstehung und Bearbeitung von „Fällen“.
2. Es gibt keinerlei Steuerungsmöglichkeit bezüglich Fallmenge und Falldauer.
Zudem fließt das Jugendwohlfahrtsbudget vornehmlich in die Bearbeitung bereits
bestehender Fälle, ohne dass Prävention und frühzeitige Unterstützung in
schwierigen Lebenssituationen entsprechend berücksichtigt werden. Dies führt zu
fachlich falschen Entscheidungen und nicht vertretbaren Mehrausgaben. Es kommt
zu regelmäßigen Kostensteigerungen und einem wachsenden Markt an
Leistungserbringern, die von „Fällen“ leben.
Die Alternative:
Die Leistungserbringer (freie Träger, die derzeit pro „anfallenden Fall“ finanziert
werden) erhalten jährlich ein fixes Budget, mit dem sie möglichst alle in einem
bestimmten Gebiet (Sozialraum) entstehenden Jugendwohlfahrtsaufgaben
bearbeiten müssen. Daraus ergibt sich folgendes:
1. Da der Träger nicht verbrauchtes „Fallgeld“ für Vorfeldmaßnahmen im Sozialraum
einsetzen kann, besteht der Anreiz, das Budget nicht nur einzuhalten, sondern es
nach Möglichkeit zu unterschreiten. Um das zu erreichen, wird
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2. der Träger zum einen die Bearbeitungszeit der Fälle straffen und zum anderen
möglichst frühzeitig Maßnahmen zur Verhinderung von Fällen ergreifen wollen –
selbstverständlich unter Einhaltung der vorgegeben fachlichen Standards.
3. Dazu wird der Träger seine bisher „starren“ vorgehaltenen Angebote
flexibilisieren und sie passgenau (wie einen „Maßanzug“) auf die jeweiligen Ziele
der KlientInnen abstimmen.
Die Steuerung vom bisherigen Verfahren hin zur oben beschriebenen alternativen
Vorgehensweise erfolgt über eine Veränderung der Finanzierungsformen. Statt der
bisherigen Fallfinanzierung gibt es künftig eine Budgetfinanzierung im Sinne von
fixen „Globalbudgets“, die Trägern Planungssicherheit, Flexibilität und stärkere
Autonomie bei der Fallbearbeitung ermöglichen.
Das im Folgenden ausgeführte Konzept versteht sich als integraler Bestandteil zum
Stadt-Land-Vertrag für das Pilotprojekt „Sozialraumorientierung in der Stadt Graz im
Bereich Jugendwohlfahrt – Einführung eines Sozialraumbudgets“.
1. Fachlich-konzeptionelle Grundlagen Sozialraumorientierung ist ein wissenschaftlich anerkanntes und in der Praxis
vielfach erprobtes Fachkonzept für soziale Arbeit. Ziel ist es, Menschen in
schwierigen Lebenssituationen unter Nutzung individueller und sozialräumlicher
Ressourcen schnell und flexibel zu unterstützen und ihnen eine individuelle, genau
auf ihre Lebenslage zugeschnittene Hilfestellung zu geben. Es geht um den
sogenannten „Maßanzug“ anstatt „Hilfen von der Stange“.
Das Konzept Sozialraumorientierung besteht primär darin, dass sich Fachkräfte der
sozialen Arbeit am Willen der Betroffenen orientieren (die KlientInnen werden als
ExpertInnen für ihr Leben ernst genommen), die Selbsthilfekräfte der Menschen
(„Hilfe zur Selbsthilfe“) aktivieren und sich verstärkt der Kooperation und
Koordination mit anderen Institutionen und Vereinen im Sozialraum und somit dem
nahen Lebensumfeld der Betroffenen widmen.
Das Fachkonzept Sozialraumorientierung setzt also in erster Linie am Willen
(=eigene Motivation für Veränderung) der BürgerInnen an. Aus dem Willen entstehen
von den Betroffenen formulierte Ziele, die möglichst kleinteilig und überprüfbar sind.
Die Aufgabe der Fachkräfte besteht darin, gemeinsam mit den Betroffenen deren
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Willen herauszufinden, festzulegen und die darauf aufbauenden Ziele zu formulieren,
damit die Betroffenen diese Ziele möglichst selbst erreichen können bzw. im Bedarfs-
fall von Fachkräften darin unterstützt werden. Im Mittelpunkt steht daher immer die
Frage: „Was kann ich tun, um mein Ziel zu erreichen?“ Lebensweltnahe Ressourcen,
wie z. B. Nachbarn, Verwandte, Freunde etc., können professionelle Hilfen
verhindern bzw. ergänzen. Darüber hinaus hat jeder „Sozialraum“, also jede
Lebenswelt, spezifische Ressourcen, die es zu erkennen und zu nutzen gilt.
Die wesentlichen Prinzipien des sozialräumlichen Arbeitsansatzes sind:
1. Ausgangspunkt jeglicher Arbeit sind der Wille/ die Interessen der
leistungsberechtigten Menschen. Sie sind „ExpertInnen“ für ihr Leben und werden
von professionellen ExpertInnen beim Definieren und Erreichen ihrer persönlichen
Ziele im Hinblick auf ihre Lebensgestaltung unterstützt.
2. Aktivierende Arbeit hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit.
3. Bei der Gestaltung einer Hilfe spielen personale und sozialräumliche Ressourcen
eine wesentliche Rolle, wobei diesen der Vorrang gegenüber professionellen bzw.
institutionellen Ressourcen gegeben wird.
4. Aktivitäten sind immer zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt, d. h. sie
sind nicht ausschließlich und primär auf einen Einzelfall fokussiert, sie kommen
aber immer unmittelbar bzw. mittelbar dem tatsächlichen bzw. potentiellen
Zielgruppen der Jugendwohlfahrt zugute.
5. Vernetzung und Integration der verschiedenen sozialen Dienste, sowohl innerhalb
als auch außerhalb des Amtes für Jugend und Familie, sind Grundlage für
funktionierende Einzelhilfen.
Profis verfügen über Prozesskompetenz und operationalisieren gemeinsam mit den
Betroffenen den Willen der leistungsberechtigten Personen. Diese Basis ermöglicht
den Betroffenen in einer Win-Win-Situation ihre Willensumsetzung.
Das Grazer Fachkonzept zur Sozialraumorientierung im Bereich der
Jugendwohlfahrt:
Das Grazer Fachkonzept Sozialraumorientierung im Bereich der Jugendwohlfahrt
stellt eine Weiterentwicklung des Qualitätskataloges der Grazer Jugendwohlfahrt
vom Jänner 2000 dar und verfolgt insbesondere nachstehende Ziele:
1. Entwicklung passgenauer, integrierter und wohnortnaher Hilfen (sowohl seitens
des Jugendamtes wie von Seiten der freien Träger).
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2. Stärkere Kooperation und Interaktion aller Jugendamts-Leistungen sowie weiterer
institutioneller Ressourcen im Sozialraum.
3. Vereinfachung von administrativen Abläufen zu Gunsten stärkerer
Lebensweltnähe der Fachkräfte und intensiverem kollegialen Dialog.
4. Erweiterung des Anteils aktivierender (statt betreuender) Arbeit.
Segmente der sozialen Arbeit:
Soziale Arbeit wird künftig in folgenden Segmenten geleistet: 1. Unter fallspezifischer Arbeit wird die Fallarbeit bezogen auf Einzelpersonen
bzw. Familien verstanden.
2. Fallübergreifende Arbeit meint die Arbeit mit mehreren Personen, die sich in
einer ähnlichen Problemlage befinden oder ähnliche Ziele haben (z. B.
Organisieren und Bereitstellen von mobiler Frühförderung für mehrere in einem
Asylantenheim wohnende Kinder durch eine Fachkraft oder Organisieren und
Durchführen von Deutschkursen für Schülergruppen mit nicht deutscher
Muttersprache anstatt Sozial- und Lernbetreuung als Einzelmaßnahme).
3. Fallunspezifische Arbeit hat zunächst keinen bestimmten Fall im Fokus, nimmt
aber mittelbar Bezug zu potentiellen bzw. tatsächlichen Zielgruppen der
Jugendwohlfahrt. Im Mittelpunkt der Arbeit steht hier der soziale Raum bzw. seine
Stärkung. Über fallunspezifische Arbeit werden die Ressourcen des Sozialraums
unabhängig von konkreter Fallarbeit erschlossen, um in Folge bei Bedarf für die
Fallarbeit abrufbar zu sein.
Durch frühzeitig abgestimmte Hilfeplanung und Flexibilisierung der Hilfen werden die
Unterstützungsformen „passgenauer“ und entsprechend besser den Bedarf der
Familien angepasst. Unter passgenauer Hilfe ist jegliche Form von Hilfe zu
verstehen. Darunter fallen alle Hilfen im ambulanten und stationären Bereich
(inklusive Pflegekinderwesen) wie auch Kombinationen verschiedener professioneller
und nicht-professioneller sowie kommunikativer wie materieller Hilfen.
Voraussetzung dafür ist eine flexible Handhabung der bisherigen Versäulung der
Hilfen, und zwar im Rahmen der StJWG-DVO. Neben aufsuchenden und
nachgehenden Angeboten werden verstärkt (präventive) „Vorfeld-Maßnahmen“ (im
Sinne von fallübergreifender und fallunspezifischer Arbeit) gesetzt.
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2. Organisatorisch-strukturelle Grundlagen Die Stadt Graz hat sich österreichweit als bisher einzige Bezirksverwaltungsbehörde
zu einer Umstrukturierung der sozialen Arbeit im Rahmen des Projekts
„Sozialraumorientierung in Graz“ entschlossen. In den „Grazer Weg der
Sozialraumorientierung“ flossen u. a. Erfahrungen von den Städten wie Stuttgart,
Rosenheim, Zürich und Berlin ein, die ihrerseits das Fachkonzept in ihren
Verwaltungen umgesetzt haben.
Sozialraumorientierung in Graz im Bereich der Jugendwohlfahrt:
Um den Prozess der Neuorientierung der sozialen Arbeit in der Jugendwohlfahrt auf
Basis des Fachkonzepts Sozialraumorientierung im Amt für Jugend und Familie zu
unterstützen, haben umfangreiche inhaltliche, strukturelle und organisatorische
Veränderungen stattgefunden.
• 30.4.2004: Projektstart
• 2005: Ernennung von provisorischen SozialraumleiterInnen (2007 definitive
Bestellung), Einteilung des Stadtgebietes von Graz in vier Sozialräume
(siehe Beilage 1: Aufteilung der Sozialräume) und personelle Zuteilung der
MitarbeiterInnen des Amtes für Jugend und Familie zu den Sozialräumen.
Neu ist, dass die Zusammenarbeit in einem multiprofessionellen Team, das
sich aus DiplomsozialarbeiterInnen, mindestens einer Ärztin, mindestens
einem/r Psychologen/in, einer Jugendhilfereferentin und sonstigen
MitarbeiterInnen zusammensetzt, von Anfang an gemeinsam erfolgt statt wie
zuvor häufig erst hintereinander. (Siehe Beilagen 2 und 3: Organigramm und
Matrixorganisation)
• 2006: Bestellung von vier Sozialraumleitungen. Diese haben die Funktion der
operativen Jugendamtsleitung für die Erbringung der Jugendwohlfahrtsarbeit
im jeweiligen Sozialraum. Änderungen in der Aufbauorganisation in Richtung
Matrixorganisation („Wechsel von Fachabteilungsverantwortung zu
Prozessverantwortung“). (Organigramm siehe Beilage 2)
• 2007: Eröffnung des ersten Sozialraumzentrums in der Grazbachgasse 39
(weitere Zentren befinden sich in Planung – Vollausbau ist eines pro eines
pro Sozialraum), weitgehende Zusammenführung der Fall- und
Finanzverantwortung (d.h. in einem ersten Schritt erfolgte die formale
Zusammenführung der Bewilligung und die Kostenübernahme einer Hilfe,
beides wird durch ein und dieselbe Person, nämlich die
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Jugendhilfereferentin, durchgeführt).
• 2008: Hilfeplanverfahren und Dokumentationssystem, sozialräumliches
Sachbudget, Trägerbudget
- Intensive Zusammenarbeit mit den freien Trägern der Jugendwohlfahrt und
mit dem Steirischen Dachverband der offenen Jugendarbeit seit März 2008.
- Sozialräumliche Gestaltung der Trägerlandschaft (siehe Beilagen 4 bis 7:
Sozialraum-Trägertypen:Unterscheidungsmerkmale, Begriffsdefinition,
Kooperationskriterien, Sozialräumliche Trägeraufstellung)
3. Budgetäre Grundlagen Im Rahmen des beabsichtigten Pilotprojektes wird das Sozialraumbudget –
basierend auf den bisherigen Ausgaben/Sozialraum und anhand der
Fallzahlen/Sozialraum – den 4 Sozialräumen zugeordnet.
Dies heißt im Einzelnen:
• Der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger hat in jedem Sozialraum einen fixen
Partner in Form eines oder mehrer freier Träger für alle Leistungen der
Jugendwohlfahrt.
• Das Sozialraumbudget wird basierend auf den bisherigen
Jugendwohlfahrtsausgaben (rechnerische Bezugsgröße stellt der
Rechnungsabschluss 2008 dar) berechnet. Davon wird das Trägerbudget
(=Personalkostenfinanzierung des Kernteams) dem Kernteam vierteljährlich
aliquot im Vorhinein zur Verfügung gestellt. Die assoziierten Träger sollen
nach Echtkosten bezahlt werden.
• Der Partner verpflichtet sich auf Basis einer Kooperationsvereinbarung1, alle
notwendigen ambulanten und stationären Hilfen der Jugendwohlfahrt, die
(fallspezifische, fallübergreifende und fallunspezifische Hilfen) im jeweiligen
Sozialraum anfallen, abzudecken bzw. für die Abdeckung Sorge zu tragen.
• Der Einsatz von budgetären Mitteln ist somit nicht mehr strikt an den Einzelfall
gekoppelt. Jedoch haben auch alle fallübergreifenden und fallunspezifischen
Hilfen letztlich das Ziel, den Einzelfall zu unterstützen.
1 Die Kooperationsvereinbarungen werden zwischen dem öffentlichen JWF-Träger und dem jeweiligen
Schwerpunktträger pro Sozialraum abgeschlossen und beinhalten die Bedingungen und die
Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im Rahmen des Pilotprojekts.
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Über die Auswahl und Gestaltung der notwendigen Maßnahmen wird (nach
eingehender Beratung mit den Betroffenen) in den Sozialraumteams unter
Letztverantwortung des Jugendamtes entschieden. Die Teams setzen sich aus den
im Sozialraum tätigen Fachkräften des Amtes für Jugend und Familie
(=Jugendamtsteam) und der im Sozialraum die Leistungen erbringenden freien
Träger bzw. Trägerkooperationen (=Kernteam) zusammen. Ziel der Zusammenarbeit
zwischen MitarbeiterInnen der öffentlichen und freien Träger ist die Vermeidung der
„doppelten Fallrahmung“. Bislang haben die SozialarbeiterInnen den potentiellen Fall
diagnostiziert, ein Gutachten erstellt und intern im Team beraten, welche Maßnahme
bewilligt werden soll. Danach wurde ein freier Träger als Leistungserbringer bestellt.
Falls dieser die Diagnose des Amtes für Jugend und Familie nicht teilte, nahm er
eine eigene Fallanamnese vor (d. h. er rahmte den Fall ein zweites Mal ein). Die
Betroffenen waren dadurch oft unterschiedlichen fachlichen Sichtweisen ausgesetzt,
was in Zukunft vermieden wird. Frühzeitige und effektive Zusammenarbeit trägt dazu
bei, die Ressourcen zu schonen und gezielter einzusetzen.
Die Sozialraumteams (MitarbeiterInnen des öffentlichen und der freien Träger)
arbeiten auf der Grundlage einer Geschäftsordnung, welche die Basis für die künftige
Zusammenarbeit zwischen den Fachkräften der öffentlichen und freien Träger (bzw.
Trägerkooperationen) darstellt.
Finanzkonzept Sozialraumbudget:
Die Einführung von Sozialraumbudget stellt eine alternative Form der
Budgetsteuerung als einen Versuch einer Gegensteuerung zur reinen
Marktorientierung dar. Diese Budgetierungsform dient der Unterstützung der
fachlichen Ziele der Sozialraumorientierung. Sie wird für das gesamte Stadtgebiet
von Graz eingeführt und für die Dauer von 3 Jahren (1.1.2010 – 31.12.2012 = Dauer
des Pilotprojekts) erprobt (siehe dazu Beilage 8: Sozialraumbudget).
Nach der Budgetlogik werden nicht unmittelbar Einzelfälle finanziert, sondern den am
Pilotprojekt beteiligten Trägern bzw. Trägerkooperationen wird – wie bereits erwähnt
– ein fixer Betrag als Trägerbudget zur passgenauen Erbringung aller notwendigen
Hilfen zur Verfügung gestellt. Im Gegensatz zum bisherigen Jugendwohlfahrtsbudget
können durch das Sozialraumbudget die finanziellen Mittel flexibel eingesetzt
werden. Auch die Verwendung der Mittel für „präventive“ Vorfeld-Arbeit (im Sinne
von fallübergreifender und fallunspezifischer Arbeit) ist zulässig. Nicht verbrauchte
Budgetmittel führen nicht automatisch zu einer Kürzung im nachfolgenden Budget,
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sondern werden in die Folgejahre fortgeschrieben. Über die Verwendung potentieller
nicht verbrauchter Gelder eines Sozialraumbudgets entscheidet das Amt für Jugend
und Familie nach Absprache mit dem jeweiligen Sozialraumteam.
Nach der bisherigen Budgetlogik wurden jene Träger „belohnt“, die einen Fall
zugewiesen bekamen und diesen möglichst lange „hielten“. Dies ist nicht nur
unwirtschaftlich, sondern steht auch im Widerspruch zur sozialarbeiterischen
Intention, dass die Menschen so rasch wie möglich unabhängig von öffentlichen
Leistungen werden sollen. Nach der neuen Budgetlogik ist die Fallvermeidung bzw.
ihre rasche und kompetente Beendigung, sofern diese fachlich vertretbar ist, ein
wesentliches Ziel. Gelingt es einem Träger, Fälle zu vermeiden oder sie möglichst
schnell und gut zu bearbeiten, steht ihm mehr Geld für andere Projekte zur
Unterstützung der Fallarbeit zur Verfügung. Die Zuweisung eines fixen Budgets
bringt den Trägern zusätzliche Planungs- und Budgetsicherheit.
Die Stadt Graz erwartet sich durch die Einführung des Sozialraumbudgets sowohl
eine Abfederung der kontinuierlichen Kostensteigerung im Bereich der
Jugendwohlfahrt als auch eine Erhöhung der Kostenverantwortung und
Kostentransparenz und eine höhere Wirksamkeit des öffentlichen Mitteleinsatzes, bei
gleichzeitiger Weiterentwicklung der fachlichen Standards (siehe dazu Beilagen 9
und 10: Jugendwohlfahrtsausgaben, Prognose bis 2012, Fallzahlenentwicklung).
4. Projektdaten Das Pilotprojekt ist ein gemeinsames Projekt des Landes Steiermark und der Stadt
Graz, wobei beide Gebietskörperschaften Auftraggeber für das Projekt sind. Weiters
sind die im Projekt beteiligten freien Träger der Jugendwohlfahrt Projektpartner, mit
denen das Projekt gemeinsam durchgeführt wird.
Das Projekt umfasst neben den im Konzeptpapier ausgeführten Inhalten weiters
folgende Arbeitspakete: Wissenschaftliche Begleitung (Prof. Dr. Hinte), Fortbildung
(SB-Praxisberatung Training Forschung – Stefan Bestmann), Evaluierung (FH
Joanneum Graz). Die Projektauftraggeber übernehmen die Finanzierung dieser 3
Arbeitspakete von rund 200.000,-- Euro während der Projektdauer und in der
Vorbereitungsphase 2009 zu je 50 Prozent.
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Wissenschaftliche Begleitung:
Die wissenschaftliche Begleitung umfasst folgende Aufgaben:
• Kontinuierliche wissenschaftsgestützte Konzeptentwicklung und Anpassung
• Fachliche Begleitung beim Aufbau der relevanten Verfahren und des
Formularwesens
• Aufbau eines Controllings unter Einbezug von Erfahrungen aus deutschen
und Schweizer Gebietskörperschaften
• Fachberatung und Coaching sowohl von Führungskräften und von
MitarbeiterInnen des Amtes für Jugend und Familie sowie der freien Träger.
Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch Prof. Dr. Wolfgang Hinte vom Institut
für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung (ISSAB) an der
Universität Duisburg-Essen.
Fortbildung:
Inhalte und Themen der Qualifizierungsreihe im Rahmen der Sozialraumorientierung
in Graz sind:
• Themenblock 1: Lösungsfokussierung
• Themenblock 2: Falleingabe-Falldarstellung-Fallbesprechung entsprechend
dem Grazer Modell
• Themenblock 3: Partizipation von jungen Menschen und Familien in der
Hilfeplanung
• Themenblock 4: Aushandlungsprozesse und Zielerarbeitung in
Kontraktgesprächen
• Themenblock 5: Ressourcen- und Sozialraumorientiertes Arbeiten/
fallunspezifische Arbeit
(siehe Beilagen 11 und 12: Qualifizierungsmodule und Kurzkonzept, Inhalte und
Themen einer Qualifizierungsreihe im Rahmen der Sozialraumorientierung in
Graz)
Evaluierung und Controlling:
Im neuen System sind die zentralen Steuerungsdimensionen Ziele, die auf der
Grundlage des Willens (persönliche Motivation zur Veränderung) der Betroffenen
aktenmäßig festgehalten und mit den Betroffenen kontraktiert wurden. Insofern muss
sich jedes Controlling an dieser Dimension ausrichten und – darauf bezogen –
weitere flankierende Dimensionen benennen, die es zu erheben gilt. Im Einzelnen
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wird es sich insbesondere um folgende Merkmale handeln:
• Dokumentation des Willens der beteiligten Personen bzw. Personengruppen
• Häufigkeit der im Hilfeplan festgelegten, am Ende der Hilfe erreichten Ziele
• Umfang und Tiefe der Beteiligung der Betroffenen sowohl an der Zielformu-
lierung als auch an der Hilfedurchführung
• Zahl und Qualität der in den Akten benannten Ressourcen, sowohl individuell
als auch sozialräumlich
• Passgenauigkeit der Hilfesettings im Hinblick auf die kontraktierten Ziele
• Anzahl der betreuten Minderjährigen
• Anzahl der im Sozialraum bearbeiteten Fälle (im Vergleich zu den nach außen
vergebenen Fällen)
• Dauer der Betreuungszeit
• Zahl der abgeschlossenen Fälle
• zeitlicher und finanzieller Aufwand pro Fall
• Umfang der Umsteuerung von fallspezifischen hin zu fallübergreifenden und
fallunspezifischen Hilfen.
Auf der Grundlage dieser durch das Controlling regelmäßig erhobenen Daten wird in
Kooperation mit der FH Joanneum eine Evaluation durchgeführt, die zeitgerecht
Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage über eine etwaige Weiterführung bzw.
Ausdehnung des Pilotprojektes liefern wird.
Die Vorgabe des Landes ist es, bei der Evaluierung besonders die Bereiche
Steuerung und Wirkung der Finanz- und Leistungsströme zu berücksichtigen.
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Beilage 1: Aufteilung der Sozialräume
Sozialraum 1 Bezirke: Innere Stadt, St. Leonhard, Geidorf, Waltendorf, Ries, Mariatrost, Andritz Sozialraum 2 Bezirke: Jakomini, Liebenau, St. Peter Sozialraum 3 Bezirke: Gries, Wetzelsdorf, Straßgang, Puntigam Sozialraum 4 Bezirke: Lend, Gösting, Eggenberg
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Beilage 2: Organigramm
Abteilungsvorständin
Amt für Jugend und Familie
Finanzen
Selbstst. Referat* für
allgemeine Frauen-
KundInnen-Information
Personalmanagement
Innere Organisation
Informations-
management
Controlling
Reporting
Leitung Jugendamt
Graz-Nordost
Sozialraumteam 1
Graz-Nordost
SozialarbeiterInnen,
Referentin, Ärztin,
PsychologIn,
MitarbeiterInnen
Leitung
Jugendamt
Sozialraumteam 2
Graz Südost
SozialarbeiterInnen,
Referentin, Ärztin,
PsychologIn,
MitarbeiterInnen
Leitung
Jugendamt
Sozialraumteam 4
Graz-Nordwest
SozialarbeiterInnen,
Referentin, Ärztin,
PsychologIn,
MitarbeiterInnen
Leitung
Kinderbildung und
Kinderbildung und
-betreuung
Heilpädagogischer
Bereich
Tageseltern
Heilpäd. Kindergarten
ABS
KIWOKI
WeGeLEBEN
JWG 1
YAP
Leitung Jugendamt
Graz-Südwest
Sozialraumteam 3
Graz-Südwest
SozialarbeiterInnen,
Referentin, Ärztin
PsychologIn,
MitarbeiterInnen
Legende:*Das Frauenreferet ist ein selbständiges Referat, das inhaltlich direkt von der zuständigen Stadträtin gesteuert wird, jedoch organisatorisch dem Amt für Jugend und Familie zugeordnet ist. FBL = Fachbereichsleitung, JWF = Jugendwohlfahrt, JWG = Jugendwohngemeinschaft, Ref. = Referat;. Farbgebung: blau = Jugendwohlfahrt und Familienförderung, grün = offene Kinder- und Jugendarbeit, gelb = Amtsleitung und Stäbe, pink = Kinderbildung u. -betreuung, violett = Ärztlicher Dienst. In Kraft gesetzt am 18. 9. 2008 von Mag. Ingrid Krammer.
Stadtrat Magistratsdirektor
Psychologischer Dienst Kinderkrippen
Kindergärten
Horte
Organigramm 18 09 2008
Leitung Offene Kinder
und Jugendarbeit
Adoption,
Rechtsvertretung und
Kontoführung,
Pflegekinderwesen,
Jugendschutz,
Sozialpädiatrie
Leitung
Jugendwohlfahrt/
Leitung
Ärztlicher Dienst
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Beilage 3: Matrixorganisation
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Beilage 4: Sozialraum-Trägertypen: Unterscheidungsmerkmale
Schwerpunktträger Kernteamträger assoziierteTräger Träger mit zentralem Leistungsangebot
Personal Personal arbeitet nur in einem SR
Personal arbeitet nur in einem SR
Personal arbeitet in einem SR und außerhalb
von Graz wie bisher
Finanzierung Dienstpostenfinanzierung Dienstpostenfinanzierung Bezahlung nach Aufträgen auf Basis von Echtkosten
wie bisher (nach StJWG-DVO)
sozialräuml. Fortbildung Pflicht Pflicht freiwillig freiwillig
Teilnahme an Teamsitzungen ja ja nein nein
rechtl. Vereinbarung mit dem Jugendamt mit dem Schwerpunktträger keine gesonderte Vereinbarung
keine gesonderte Vereinbarung
zuständig für adminstrative -
Abwicklung
sozialräumlich arbeitende Teams:
erweitertes Sozialraumteam: Sozialraumteam + assoziierte Träger Sozialraumteam: Jugendamtsteam + Kernteam Kernteam: Schwerpunktträger + Kernteamträger
Jugendamts-team
Sozialraum:
assoz.Träger
assoziierteTräger
assoz.Träger
assoz.Träger
Kernteamträger
Schwerpunktträger
Kernteamträger
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Beilage 5: Begriffsdefinitionen
I.
Begriffsdefinitionen
1) freie Träger:
• Für das Personal im Kernteam (= Schwerpunktträger und Kernteamträger) gilt
das in den Kooperationskriterien festgelegte Anforderungsprofil, d.h. etwa 2/3
des Stammpersonals müssen die Akademie für Sozialarbeit oder die FH
Sozialarbeit absolviert haben oder eine andere psychosoziale Ausbildung im
akademischen Status von mindestens 6 Semestern aufweisen.
a) Schwerpunktträger:
• Pro Sozialraum gibt es einen Schwerpunktträger zur Erbringung der
notwendigen Hilfen.
• Die Schwerpunktträgerschaft in mehr als einem Sozialraum ist
ausgeschlossen.
• Der Schwerpunktträger ist neben der Erbringung der notwendigen Hilfen auch
noch für Koordinationsaufgaben und für administrative Belange auf
Trägerseite zuständig.
• Das im Sozialraum eingesetzte Personal des Schwerpunktträgers darf nur in
diesem Sozialraum arbeiten (keine Arbeit in einem zweiten Sozialraum
möglich), es darf auch nicht außerhalb von Graz arbeiten.
• Es besteht die Verpflichtung zum sozialräumlichen Arbeiten und die
Verpflichtung zur sozialräumlichen Fortbildung.
• Die Fachkräfte des Schwerpunktträgers nehmen an den Sitzungen des
Sozialraumteams teil.
• Es besteht Dienstpostenfinanzierung.
• Der Schwerpunktträger schließt mit dem Amt für Jugend und Familie eine
Kooperationsvereinbarung ab.
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b) Kernteamträger:
• Kernteamträger kann es zusätzlich, muss es aber nicht unbedingt in den
einzelnen Sozialräumen geben. Geplant ist, dass es neben dem
Schwerpunktträger möglichst wenige Kernteamträger gibt.
• Der Kernteamträger erbringt gemeinsam mit dem Schwerpunktträger die
notwendigen Hilfen im Sozialraum.
• Das im Sozialraum eingesetzte Personal des Kernteamträgers darf nur in
diesem Sozialraum (keine Arbeit in einem zweiten Sozialraum möglich)
arbeiten, es darf auch nicht außerhalb von Graz arbeiten.
• Es besteht die Verpflichtung zum sozialräumlichen Arbeiten und die
Verpflichtung zur sozialräumlichen Fortbildung.
• Die Fachkräfte der Kernteamträger nehmen an den Sitzungen des
Sozialraumteams teil.
• Es besteht Dienstpostenfinanzierung.
• Der Kernteamträger schließt mit dem Schwerpunktträger eine zivilrechtliche
Vereinbarung ab.
c) Assoziierte Träger:
• Sie dürfen lediglich in einem Sozialraum tätig werden.
• Es besteht die Verpflichtung zum sozialräumlichen Arbeiten, die Teilnahme an
der sozialräumlichen Fortbildung ist erwünscht, aber freiwillig.
• Für diese Träger pro Sozialraum ist insgesamt ein Auftragsvolumen von in
etwa 20 % in Bezug auf alle im jeweiligen Sozialraum erbrachten ambulanten
Hilfen im Jahr 2008 angestrebt unter Bezugnahme auf den eigenen Umsatz
pro Sozialraum. Die Bezahlung erfolgt nach Aufträgen auf Basis von
Echtkosten.
• Das im Sozialraum eingesetzte Personal darf auch außerhalb von Graz nicht
aber in einem anderen Sozialraum arbeiten.
• Die Fachkräfte dieser Träger nehmen nicht an den Sitzungen des
Sozialraumteams teil.
• Mit diesen Trägern wird keine gesonderte Vereinbarung abgeschlossen,
sodass das Procedere wie bisher bleibt (Fall wird an Träger übergeben →
Vertrag und Abrechnung über Einzelfall.
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d) Träger mit zentralem Leistungsangebot:
• Diese bieten für das gesamte Stadtgebiet und darüber hinaus eine StJWG-
DVO-Leistung an.
• Sie arbeiten nicht sozialräumlich.
• Die Bezahlung erfolgt aus dem Sozialraumbudget des jeweiligen
Sozialraumes (nach StJWG-DVO).
• Die Fachkräfte dieser Träger nehmen nicht an den Sitzungen des
Sozialraumteams teil.
• Die Teilnahme an der sozialräumlichen Fortbildung ist erwünscht, aber
freiwillig.
• Mit diesen Trägern wird keine gesonderte Vereinbarung abgeschlossen.
2) Teams:
Pro Sozialraum gibt es:
a) Jugendamtsteam = Fachkräfte des öffentlichen Trägers.
b) Kernteam = Fachkräfte des Schwerpunktträgers und – falls im Sozialraum
vorhanden – der Kernteamträger.
c) Sozialraumteam = Jugendamtsteam + Kernteam.
d) Erweitertes Sozialraumteam = Sozialraumteam + Fachkräfte der assoziierten
Träger.
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Beilage 6: Kooperationskriterien
E N T W U R F Stand 11.5.2009
Kriterien für die Kooperation zwischen
freien und öffentlichen Trägern2 (kurz: Kooperationskriterien)
Stadt:
1. Jeder Träger, der bereits mit dem Amt für Jugend und Familie der Stadt Graz kooperiert hat (also bereits Umsatz mit der Stadt erzielt hat), kann sich grundsätzlich am Pilotprojekt beteiligen. Irrelevant ist dabei die bisherige Umsatzhöhe. Für jene Träger, die sich am Pilotprojekt beteiligen, wird ab 2010 ein Budgetvolumen angestrebt, das sich auf folgender Basis errechnet: Honorarnoten für im Jahr 2008 erbrachte ambulante Leistungen, die bis spätestens 16.1.2009 beim öffentlichen Träger eingelangt sind. Um wirtschaft-liche Härten weitgehend zu vermeiden, gilt dieses angestrebte Budget-volumen auch für Zusammenschlüsse von Einzelpersonen zu Trägern bzw. Anerkennungen von Einzelpersonen als Träger wie sie 2008 hauptsächlich im Bereich der Erziehungshilfe und der Sozialbetreuung stattgefunden haben. Mit diesem angestrebten Budgetvolumen ist untrennbar die Bereitschaft des jeweiligen Trägers bzw. der jeweiligen Trägerkooperation verbunden, sozialräumlich zu arbeiten und das Fachkonzept Sozialraumorientierung umzusetzen. Das angestrebte jährliche Budgetvolumen gilt – vorbehaltlich einer vorzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit – für die gesamte Dauer des Pilotprojekts (1.1.2010 – 31.12.2012).
2. Ein grundsätzlicher finanzieller Anreiz besteht für den Träger bei fachlich indizierter Übernahme von Fällen von Minderjährigen, die im Sozialraum ihren Wohnsitz haben, jedoch außerhalb des Sozialraumes stationär untergebracht sind.
3. Das Sozialraumbudget des jeweiligen Sozialraums bietet die Möglichkeit, auch fallunspezifische Arbeit finanzieren zu können.
2 Zur passgenauen Erbringung der notwendigen Hilfen gibt es pro Sozialraum einen fixen Vertrags-partner (Schwerpunktträger).
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4. Ein potentieller Überschuss, der aufgrund des sozialräumlichen Arbeitens entsteht, wird für die Folgejahre weiter fortgeschrieben und verbleibt daher im Entscheidungsbereich des Amtes für Jugend und Familie in Absprache mit dem jeweiligen Sozialraumteam.
5. Möglichst viele Fälle eines Sozialraumes werden bereits 2009 an die freien Träger/-kooperationen des erweiterten Sozialraumteams zugewiesen bzw. von diesen bearbeitet.
6. Das Sozialraumbudget des jeweiligen Sozialraums ist mehrjährig und bietet den Vorteil einer Planungs- und Budgetsicherheit.
7. Die Letztentscheidung hinsichtlich der Auswahl und Aufstellung der am Pilotprojekt beteiligten Träger/Trägerkooperationen obliegt dem Amt für Jugend und Familie der Stadt Graz. Es wird bei der Auswahl ein breiter Konsens mit den anerkannten freien Trägern der Jugendwohlfahrt, die sich am Pilotprojekt beteiligen wollen, angestrebt. Das Amt für Jugend und Familie behält sich das Recht vor, während der Projektdauer bei allfälligen nicht auszuräumenden Problemen und Schwierigkeiten zwischen den freien Trägern untereinander bzw. zwischen dem Amt für Jugend und Familie und einem freien Träger, die Zusammenarbeit mit einzelnen freien Trägern oder auch mehreren vorzeitig zu beenden.
Träger:
1. Die Anerkennung des Trägers durch das Land Steiermark muss vor dem 1.1.2009 erfolgt sein.
2. Der Träger darf grundsätzlich nur in einem Sozialraum arbeiten, im Ausnahmefall ist die Arbeit in einem anderen Sozialraum auf Wunsch des Amtes für Jugend und Familie denkbar.
3. 2009 ist eine Übergangsphase: Der Träger sollte 2009 den Fokus seiner Arbeit bereits auf den Sozialraum legen, für den er aufgestellt ist. Für stationäre Einrichtungen soll es zur Vermeidung von Beziehungsabbrüchen eine Übergangsphase geben.
4. Die Anzahl der MitarbeiterInnen ist veränderbar im Rahmen des sozialräumlichen Arbeitens. Bei Anstieg der Fälle ist eine Verteilung auf das eigene – nicht sozialräumlich arbeitende – Personal jedoch nicht möglich, sondern es ist eine Arbeitszuweisung an jene Personen vorzunehmen, die bereits im Sozialraum arbeiten. Vorrangig ist das nicht vollzeitbeschäftigte Personal, das sozialräumlich arbeitet, aufzustocken.
5. Die sozialräumliche Fortbildung des Sozialraumteams3 ist verpflichtend. Sie
3 Das Sozialraumteam besteht aus: Jugendamtsteam- und Kernteam.
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beginnt 2009 (Ausmaß: insgesamt 4 Tage im ersten Durchgang pro Sozialraum und zwischen 4 – 6 Tagen in weiteren Durchgängen). Binnen 3 Jahren müssen alle im Rahmen des Pilotprojekts eingesetzten und einzusetzenden MitarbeiterInnen sozialräumlich geschult sein. Für die Basisschulung übernehmen die Stadt Graz und das Land Steiermark den Großteil der Kosten. Die Träger/-kooperationen erklären sich jedoch bereit, anteilig dazu beizutragen. In weiterer Folge sind die Schulungen durch die Träger/-kooperationen selbst zu organisieren und zu bezahlen.
6. Jene MitarbeiterInnen des Trägers/der Trägerkooperation, die im Rahmen des Pilotprojektes im Kernteam (Schwerpunktträger und Kernteamträger) eingesetzt sind, müssen prioritär sozialraumorientiert arbeiten (d.h. es sollen von diesen keine Fälle anderer Bezirksverwaltungsbehörden nach der „alten Logik“ betreut werden). Andere Geschäftsbereiche des Trägers (z.B. BHG) bleiben davon selbstverständlich unberührt.
7. Bereitschaft der im Kernteam vertretenen Träger zur Akzeptanz folgender Anstellungserfordernisse für das Personal:
Etwa 2/3 des Stammpersonals müssen die Akademie für Sozialarbeit oder die FH Sozialarbeit absolviert haben oder eine andere psychosoziale Ausbildung im akademischen Status von mindestens 6 Semestern aufweisen.
MitarbeiterInnen, die eine psychosoziale Ausbildung von weniger als 1.500 Stunden aufweisen oder Personen, die Laiendienst versehen, dürfen nur unter der Anleitung einer ausgebildeten Fachkraft arbeiten.
8. Verpflichtende Teilnahme der Fachkräfte des Kernteams an den Teamsitzungen des Sozialraumteams.
9. Bereitschaft zur Mitwirkung beim Fach- bzw. Finanzcontrolling. 10. Das Kernteam soll möglichst viele Fälle übernehmen und Krisenfälle sofort
bearbeiten können. 11. Breites, möglichst flexibles ambulantes und stationäres Angebot zur
passgenauen Erbringung von Hilfen durch den Träger/die Trägerkooperation. 12. Flexibilität im Bereich der vollen Erziehung (im Sinne von „nachgehender“
Betreuung, d.h. die „Säule“ folgt dem/den KlientInnen): Das Personal der stationären Einrichtungen des Trägers/der Trägerkooperation hat die notwendigen passgenauen Hilfen nicht nur in den Einrichtungen selbst sondern – falls erforderlich – auch ambulant zu erbringen. Dies bedarf – in Kooperation mit den öffentlichen Trägern – einer Umstellung bzw. Anpassung der rechtlichen, personellen und organisatorischen Strukturen.
23
Die Punkte Stadt 1., 2., 3. 4., 5. und die Punkte Träger 2., 3., 4., 5., 6., 7., 8., 10., 11., 12. gelten nicht für Träger mit zentralem Leistungsangebot. Die Punkte Träger 4., 5., 6., 7., 8., 10. gelten nicht für assoziierte Träger. Die Punkte Stadt 2., 3., 4. und der Punkt Träger 11. können in Randbereichen für die assoziierten Träger schlagend werden, müssen es aber nicht.
24
Beilage 7: Sozialräumliche Trägeraufstellung
Stand:21.4.09 SR Schwerpunktträger Kernteamträger assoziierte Träger
Sozi
alra
um 1
Institut für Familienförderung Czerwinka&Czerwinka OEG "Comon"
Institut Dr. Grohs
New Line Erziehungs-und Lebenshilfe OG
Verein VIDEF
Sozi
alra
um 2
Institut für Kind, Jugend, Familie Verein INPUT alpha nova Betriebsgesellschaft mbH DIALOG - Jugend, Familie und Soziales OG Eltern-Kind-Zentrum JOTA OG SIM-SALAMANDER OG Sozialmanagement Steiermark Verein FFFGraz Frauen für Frauen Verein IKEMBA Verein für Erziehungshilfe und sozialraumorientierte Jugendarbeit Verein SOLIDEIA 4You e.U.
Sozi
alra
um 3
Jugend am Werk Steiermark GmbH Caritas - Diözese Graz-Seckau Amica OG Institut für Kind, Jugend, Familie BAUmannSTEINer OG Die Kinderfreunde Steiermark EH&SOB e.U. InstEBB - Institut für erlebnisorientierte Beratung IPG - Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit e.U Scheidl- Magerl OG Steigel, Geyer Golds OG Ges. für Erziehungsarbeit und Beratung Stützrad - Verein für Jugend- und Familienarbeit
25
Verein Omega Verein zur Förderung der sozialen Kompetenz Vision4You
Sozi
alra
um 4
Pflegeelternverein Pronegg-Schleich Soziale Dienste KG AIS - Jugendservice gem. GmbH
Die Lili Popp e.U. gemma OG I.M.V. OG inspeOG SOS-Kinderdorf Verein Tandem
Verein zur Entwicklungsförderung für Kinder, Jugendliche und Familien
Zagoda & Partner KG Die rechnerisch finanziellen Bezugsgrößen des Rechnungsabschlusses 2008 sind bzw. werden mit den jeweiligen Trägern besprochen.
26
Beilage 8: Sozialraumbudget (ohne SR- Budget zentral)
Trägerbudget Budget für
assoziierte
Träger
Budget für
fallunspezifische
Arbeit
Budget für
Sonderkosten
Budget für langfrist. Volle Erziehung,
Pflegeelterngeld
& zentrale Leistungen
Budgetgegenstand
Dienstposten
Overhead
vereinbartes
Leistungskontingent
(Echtkosten)
Projektarbeit mit
mittelbarem
Fallbezug
tatsächlich
anfallende
Sonderkosten
wie bisher , DVO- Leistung
Auszahlungsmodus
vierteljährlich im
Voraus
laufend nach
erbrachter Leistung
nach
Projektbewilligung
nach Genehmigung
wie bisher; laufend
nach erbrachter DVO-Leistung
Abrechnungsmodus
Dokumentation
der erbrachten
Leistung
nach
Rechnungslegung
tatsächliche Kosten
nach Abschluss
Rechnungslegung
wie bisher, Rechnungslegung
nach erbrachter
DVO-Leistung
Sozialraumbudget = SR - Budget 1-4 + SR - Budget zentral SR - Budget 1 (bzw. SR - Budget 2, SR - Budget 3, SR - Budget 4) = Trägerbudget + Budget für assozziierte Träger + Budget für fallunspezifische Arbeit +Budget für Sonderkosten + Budget für langfristige Volle Erziehung, Pflegeelterngeld & zentrale Leistungen + Budget für Sonstiges SR - Budget zentral = Budget für soziale Dienste + Ausgleichsfonds + Kostenübernahme Dritter + Budget für Sonstiges
Trägerbudget
Budget für langfristige volle Erziehung, Pflegeelterngeld & zentrale Leistungen
Budget für assoziierte Träger
Budget für fallunspezifische Arbeit
Budget für Sonderkosten
Budget für Sonstiges
Budget für soziale Dienste
Ausgleichsfonds
Kostenübernahme Dritter
Budget für Sonstiges
27
Beilage 9: JWF Ausgaben, Prognose bis 2012 Sonstige Einnahmen von Rückersätzen von Verpflichteten und Krankenkassen sind dabei nicht berücksichtigt. geschätzte Ausgabenentwicklung beim Arbeiten in der bisherigen Logik: angenommenen Steigerung von 25 % ab dem Jahr 2010
2007
(lt. RA 2007) 2008
(lt. RA 2008) 2009
(VA 2009) 2010
(+25 % Schätzung) 2011
(+25 % Schätzung)2012
(+25 % Schätzung)
JWF Ausgaben 16.327.000 21.407.000 22.328.000 27.910.000 34.887.000 43.609.000dv. 40 % Stadt Graz 6.531.000 8.563.000 8.931.000 11.164.000 13.955.000 17.444.000dv. 60 % Land Stmk. 9.796.000 12.844.000 13.397.000 16.746.000 20.932.000 26.165.000 geschätzte Ausgabenentwicklung bei sozialräumlichem Arbeiten ab dem Jahr 2010: angenommene Valorisierung von 3,4 % ab dem Jahr 2010 2007 2008 2009 2010 2011 2012 JWF Ausgaben 16.327.000 21.407.000 22.328.000 22.888.000 23.666.000 24.470.000dv. 40 % Stadt Graz 6.531.000 8.563.000 8.931.000 9.155.000 9.466.000 9.788.000dv. 60 % Land Stmk. 9.796.000 12.844.000 13.397.000 13.733.0004 14.200.000 14.682.000Legende:
Auf Basis der Fallzahlsteigerungen, Valorisierungen und Tagsatzerhöhungen ließ sich über die vergangenen Jahre eine kontinuierliche budgetäre Steigerung
feststellen. Die 25 %ige Steigerung bezieht sich auf die gesamten Kosten des JWF-Budgets. Bei einem Arbeiten in der alten Logik ist mit einem entsprechenden
Anstieg auch weiterhin zu rechnen, was zu einem geschätzten Anstieg auf € 26.165.000,-- des 60 %igen Anteils des Landes Stmk. im Jahr 2012 führt.
Mit Einführung des Sozialraumbudgets ab dem Jahr 2010 würde der 60 %ige Anteil des Landes Stmk. am JWF-Budget im Jahr 2012 € 14.682.000,- betragen,
wobei für die Jahre des Pilotprojektes 2010 – 2012 von einer gleichbleibenden Valorisierung von 3,4 % (ausgehend von 2008) ausgegangen wird.
D. h. durch die Einführung des Trägerbudgets würde es auf Basis der zugrunde gelegten Berechnungen nahezu zu einer Halbierung des JWF-Budgets kommen,
wobei vorauszusetzen ist, dass diese Budgetlogik nur in untrennbarer Kombination mit den fachlichen Standards als zielführend erscheint.
4 € 13.733.000 = Summe ohne Gegenrechnung der Einnahmen aus Rückersätzen (von Verpflichteten, Krankenkassen, u.a.). 60 %-iger Landesanteil netto nach Berücksichtigung
von geschätzten Einnahmen aus Rückersätzen = € 13.382.830,72.
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Beilage 10: Fallzahlentwicklung (= Zahl der Hilfen, die im jeweiligen Jahr abgerechnet wurden)
Fallzahlentwicklung über die Jahre 2003 - 2008
Jahr Sozialer Dienst Unterstützung d. Erziehung
Volle Erziehung gesamt
Steigerung gegenüber
Vorjahr/Fälle
Steigerung gegenüber
Vorjahr/Prozent
2003 687 1456 685 2828 2004 732 1889 743 3364 536 19,0%
2005 562 2400 792 3754 390 11,6%
2006 447 2514 795 3756 2 0,1%
2007 508 3330 807 4645 889 23,7%
2008 492 3994 804 5290 645 13,9%
Cognosdaten 28.01.2009
Diese Hilfen verteilen sich
im Jahr 2003 auf 2.093 Minderjährige,
im Jahr 2004 auf 2.373 Minderjährige,
im Jahr 2005 auf 2.461 Minderjährige,
im Jahr 2006 auf 2.682 Minderjährige,
im Jahr 2007 auf 3.146 Minderjährige,
im Jahr 2008 auf 3.635 Minderjährige.
29
Beilage 11: Qualifizierungsmodule und Kurzkonzept
Qualifizierungsmodule: Pro erweitertem Sozialraumteam (öffentlicher und freier Träger) finden in einem
ersten Durchgang 2 Module (zweitägig) statt. Insgesamt gibt es 7 Teams, eines im
Sozialraum 1, jeweils zwei in den Sozialräumen 2, 3 und 4. Pro Team werden
maximal 25 TeilnehmerInnen fortgebildet, wobei die Zusammensetzung je zur Hälfte
aus MitarbeiterInnen des öffentlichen bzw. des freien Trägers sind.
Die Inhalte der „Basisschulung“ sind die Prinzipien des sozialräumlichen
Arbeitsansatzes
- Wille (= Eigensinn)
- Ziele
- Ressourcen
und nach Möglichkeit die Methode der kollegialen Beratung.
30
Beilage 12: Inhalte und Themen einer Qualifizierungsreihe im Rahmen der SRO in Graz
Inhalte und Themen einer Qualifizierungsreihe
im Rahmen der Sozialraumorientierung in Graz
Kurzkonzept für die SRO - Qualifizierung in der Landeshauptstadt Graz
durch die SB Praxisberatung & Training Berlin
Anbieter: SB – Praxisberatung – Training – Forschung
Stefan Bestmann
Am Weihenhorst 4 D-10318 Berlin
mobil 0173-9796857
Berlin, den 24. November 2008
31
Inhalte und Themen
einer Qualifizierungsreihe
im Rahmen der Sozialraumorientierung in Graz
Themenblock 1: Lösungsfokussierung
Den Willen der Adressatinnen und Adressaten als Ausgangspunkt für Veränderungen erkennen und nutzen
Den Prozess der Zielerarbeitung und Lösungsfindung auf Grundlage des Willens der Adressatinnen und Adressaten ressourcenorientiert gestalten
Klare Auftrags- und Kontraktgestaltung Lösungen, Ziele und ableitbare Handlungsschritte präzise, konkret und
kleinschrittig formulieren entsprechend sog. wohlformulierter Ziele Lösungsfokussierung als professionelle Haltung Ausnahmen als Ressourcenschatz Setting und Ablauf einer lösungsorientierten Beratung mit Familien Adressat/innen als Lösungsexpert/innen Die Fertigkeit des Nicht-Wissens lösungsfokussierte Kommunikations- und Beratungstechniken ausweiten, vertiefen
und trainieren (Skalierungen, zirkuläre Fragen, Coping Fragen, Wunderfrage) Einsatz von lösungsorientierter Beratung in besonderen Settings entsprechend
den Interessen der Teilnehmenden z.B. Lösungsorientierung und Kinderschutz, unfreiwillige Adressat/innen, Krisen, konfligierende Ziele etc. Themenblock 2: Falleingabe~Falldarstellung~Fallbesprechung entsprechend dem Grazer Modell zur Hilfeplanung
Kriterien für eine gute schriftliche Falleingabe nach dem Grazer Hilfeplanverfahren erarbeiten
Effektiv und klar Fälle in der Fallbörse präsentieren Ausarbeitung einer eindeutigen Aufmerksamkeitsrichtung Visualisierungstechniken sinnvoll einsetzen Methoden einer konstruktiven und effektiven Fallbesprechung kennen lernen und
üben Ressourcen fördern in der Fallbesprechung kreative Ideen für potenzielle Lösungen entwickeln konkrete Handlungsschritte und Vorgehensweisen herausarbeiten Fallunspezifische Aspekte in der Fallbesprechung/ Zusammenhang zwischen
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Einzelfall und Stadtteil klären Hilfreiche und unterstützende Dokumentation einer Fallbesprechung nach dem
Grazer Hilfeplanverfahren Themenblock 3: Partizipation von jungen Menschen und Familien in der Hilfeplanung
der konsequente Ansatz am Willen und den Interessen der Adressat/innen die aktivierende Arbeit und Förderung von Selbsthilfe Kinder und Jugendliche als eigenständige Persönlichkeiten ernst nehmen Entwicklungs- und altersgemäße, kreative Möglichkeiten ihrer Beteiligung
im Rahmen der Hilfe zur Erziehung erarbeiten. Formen aktiver Einbeziehung von Kindern, Jugendlichen und Familien in
Kontraktgespräche erweitern und üben Methoden zur direkten und kontinuierlichen Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen am Prozess der Hilfegestaltung kennen lernen Themenblock 4: Aushandlungsprozesse und Zielerarbeitung in Kontraktgesprächen
Vorbereitung und Rahmenbedingungen für gelingende Kontraktgespräche Kriterien für gelingende Kontraktgespräche erarbeiten Fertigkeiten im Umgang mit Aushandlungsprozessen, mit dem Erarbeiten von
Zielen, Handlungsschritten und Vereinbarungen trainieren Für jeden Einzelfall neu zu entwickelnde Unterstützungsrahmen gemeinsam
erarbeiten Der Kontrakt bzw. der ausgehandelte Hilfeplan als zentrale und orientierende
Lösungswegekarte für die von den Adressat/innen erarbeitete Veränderung Das Generieren sogenannter ‚wohlformulierter Ziele’, die realisierbar sind sowohl
aufgrund der selbstinitiierbaren Ressourcen, des lebensweltlichen Kontextes sowie der nachvollziehbar und überschaubaren Handlungsschritte
Durch klare und spezifische, realistische und damit realisierbare sowie primär eigeninitiierbare Handlungsschritte die gewollten Veränderungen hin zu einem ‚Stattdessen’ planbar machen.
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Themenblock 5: Ressourcen- und Sozialraumorientiertes Arbeiten / fallunspezifische Arbeit
Konsequente Ressourcenorientierung als roter Faden Unterschiedliche Ressourcenpotenziale mobilisieren und nutzen Elemente und Techniken ressourcenorientierten Arbeitens gezielt und
situationsgerecht einsetzen Professionelle Haltung zu sozialräumlichem Arbeiten und fallunspezifischer
Arbeit klären Klärung der Handlungsdimensionen und des Zusammenspiels
einzelfallspezifischer, einzelfallübergreifender, Ressourcen mobilisierender sowie fallunspezifischer Arbeit
Entwickeln von Kompetenzen fallunspezifischer Arbeit Kompetenzen im Umgang mit Stadtteilakteuren trainieren
Themenblock 6: (Bei Bedarf) Moderation für Fallbesprechungen/ Gesprächsführung
Fertigkeiten der Moderation in Fallbörsen, Kontraktgesprächen, Arbeitsgruppen etc. trainieren
Rollenklarheit in der Moderation von Fallbörsen gewinnen Lösungs- und ressourcenorientiert moderieren Moderationsmethoden passgenau und effizient einsetzen
Themenblock 7: (Bei Bedarf) Berufliches Selbstverständnis, neue Rollen und Aufgaben sowie Teamfindung.
Kennenlernen, Kontakt und Kommunikation in der Lerngruppe des Teams der Fallbörse ermöglichen
Sich mit den neuen Rollen und Aufgaben im Kontext des Fallbörse und des Projekts auseinandersetzen
Das eigene berufliche Selbstverständnis in der neuen Arbeitsform klären Eigene Ressourcen erkunden
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Methodische Umsetzung Im Rahmen einer teilnehmer/innenbezogenen Qualifizierungsplanung werden die unterschiedlichen Ausgangslagen der Mitarbeitenden (z.B. Erfahrungen, Kenntnisse, Arbeitsbereiche) berücksichtigt. Die Gestaltung der Trainingsinhalte zeichnet sich durch teilnehmer/innenorientierte und praxisrelevante Methoden aus. Neben theoretischen Impulsen stehen insbesondere praxisnahe, aktivierende Methoden für konkrete Fälle im Mittelpunkt. Es besteht insbesondere die Möglichkeit, in Trainingssituationen bestehende und ggf. neue Handlungsansätze und -kompetenzen zu erproben und weiterzuentwickeln. Die Bereitschaft zur aktiven Teilnahme in Übungssituationen wird daher vorausgesetzt. Für jeden Themenkomplex werden einerseits die notwendigen Impulse und Unterlagen als Handouts durch die Trainer zur Verfügung gestellt. Andererseits werden im Prozess erarbeitete Erkenntnisse entsprechend zeitnah dokumentiert und den jeweiligen Teams zur Verfügung gestellt. Das Jugendamt stellt im Gegenzug sämtliche notwendigen Schriftstücke, Formulare des Berichtswesens, Verfahrensabläufe etc. den Trainern zur Verfügung. und Ablauf Qualifizierungsmodule Pro SozialraumTeam (öffentlicher + freier Träger) > finden mehrere Module (in der Regel zweitägig) in einer noch zu klärenden Anzahl statt. Die genaue Reihenfolge der inhaltlichen Themenblöcke wird mit den Teams jeweils geklärt. Training on the Job-Einheiten Pro SozialraumTeam (öffentlicher + freier Träger) > werden mehrere Tage als Training on the Job-Einheiten durchgeführt, wobei ganz Tage halbierbar sind, wenn an einem Arbeitstag zwei halbe Tage aus zwei Teams organisiert werden können. Die Inhalte dieser Einheiten beziehen sich auf die komplette Arbeitsalltagspraxis der Mitarbeitenden und beziehen sich daher auf sämtliche o.g. Themenkomplexe (nicht nur auf Themenblock 2). Sofern einzelne Mitarbeitende in ihrer Praxis begleitet werden, werden die relevanten Erkenntnisse in den entsprechenden Teams in der Folge gemeinsam reflektiert und diskutiert. Leitungskräftemodule Zudem können für die Leitungskräfte (öffentlicher + freier Träger)
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sozialraumübergreifend entsprechende Leitungskräftemodule stattfinden. Inhalte sind u.a. Leitungsverständnis und Leitungshandeln im Kontext SRO-Umbau sowie im Prozess entstehende, notwendige Abstimmungsthemen. Reflexionsschleifen Nach jedem Trainingsmodul finden Reflexionsschleifen statt, idealer Weise direkt im Anschluss unter Beteiligung der Sozialraumleitung, Amtsleitung, Personalvertretung sowie Mitarbeitenden sowohl seitens des A 6 als auch der freien Träger, wobei hier darauf zu achten ist, ob die Mitarbeitenden entsprechend der Berufsgruppen vertreten sein sollen. Die Trainer sind nicht Teilnehmende der Reflexionsgruppe, bekommen aber die für sie relevanten Rückmeldungen, sowohl bezogen auf die Inhalte als auch atmosphärisch. Zudem gibt es nach jedem Trainingsblock die anonymisierte Rückmeldemöglichkeit über einen Kurzfragebogen. Sozialraumübergreifende Tagesveranstaltungen Bei Bedarf kann eine stadtweite Auftaktveranstaltung für die Qualifizierungsreihe durchgeführt werden. Ebenso können bei Bedarf weitere, stadtweite Tage realisiert werden.
36
Epilog
Ziele der Sozialraumorientierung
in der Landeshauptstadt Graz ergänzende Anregung durch Stefan Bestmann 18.11.08
Orange markiert sind die Aspekte, die in Graz bereits ausformuliert sind
Grundsätze der Sozialraumorientierung (nach W.Hinte 2007) Konsequenter Ansatz am Willen und den Interessen der Wohnbevölkerung
Die Hilfen und Angebote der Jugendwohlfahrt gehen vom Willen und den Interessen der Betroffenen aus.
Sie erfüllen weder Wünsche der Kinder, Jugendlichen bzw. der Familien noch setzen sie bei den Vorstellungen der Helfer bzw. Mitarbeitenden darüber an, was der Betroffene aus Sicht der Fachkraft braucht. Die Idee ist, dass eine Person, die etwas will, auch etwas dazu beiträgt und aktiv wird, um das zu bekommen, was sie will. Von daher ist das Andocken und Herausarbeiten an den Zielen der Menschen der Schlüssel für einen gelingenden Prozess. Aktivierende Arbeit und Förderung von Selbsthilfe
Die Betroffenen erreichen größtmöglich eigenaktiv ihre Ziele. Die leitende Frage für die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie der Beratung von Familien ist daher sehr oft, was sie selbst dazu beitragen können, um die Probleme zu lösen und ihre Ziele zu erreichen. Konzentration auf die Ressourcen der im Sozialraum lebenden Menschen sowie der materiellen Struktur des Sozialraumes
Es werden die Ressourcen der Menschen, ihrer Beziehungen und die des Sozialraumes beteiligt, genutzt und ggf. gefördert. Der Fall im Feld und das Feld im Fall
Bürgernähe, Lebenswelt- und Ressourcenorientierung bedeuten eine Verknüpfung individueller Lebenslagen mit den Themen, Bedarfslagen und Ressourcen in einem Sozialraum. Zielgruppen- und bereichsübergreifender Ansatz
Der Ansatz bedingt eine zielgruppen- und bereichsübergreifende Arbeit, die sich entgegen einer sich spezialisierenden und versäulten Jugendwohlfahrt aus den Lebenswelten der Menschen heraus abstimmt: Nicht das Angebot bestimmt den Bedarf, sondern der Bedarf formt jeweils flexibel das Angebot. Kooperation und Abstimmung der professionellen Ressourcen
Das Konzept ermöglicht die Kooperation sowie Koordination innerhalb von Netzwerken, die von den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Beteiligten ausgehen.
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Daraus abgeleitete Qualitätsziele einer sozialraumorientierten Jugendwohlfahrt
für die Landeshauptstadt Graz
Passgenaue und am Willen der Menschen orientierte Hilfen Flexibilisierung: „Individueller Bedarf statt Standardisierung“
• Bedarfsfeststellung orientiert sich nicht am vorhandenen Angebot, sondern primär an individuellen Entwicklungs- und Versorgungsbedürfnissen. • Individuell zusammengestellte Betreuungsarrangements. • Möglichst wenig Beziehungsabbrüche. • Hilfen müssen sich immer weder neu an den individuellen Bedarf anpassen. • Funktionierende Kooperation aller Jugendwohlfahrtsleistungserbringer, sowie anderer sozialräumlicher Ressourcen und Institutionen im Sozialraum. • Flankierung der einzelfallbezogenen Hilfen durch Kontakte und Ressourcen aus fallunspezifischer Arbeit. • Problemloser Wechsel zwischen verschiedenen Hilfe- und Angebotsformen.
Soviel Partizipation und Selbstwirksamkeit wie möglich • Kinder, Jugendliche, Eltern sind Koproduzenten für eine erfolgreiche und nachhaltige Zusammenarbeit bzw. Hilfe. • Stärken und Ressourcen der Adressat/innen sind Ansatzpunkt der Hilfe • Orientierung am Willen und an den Vorstellungen der Nutzer/innen • Stärkung ganzer Familien vor Symptombehandlung Einzelner
Qualitätssicherung und –entwicklung • Vereinfachung und Verschlankung von administrativen Abläufen zu Gunsten einer lebensweltnäheren Arbeit und mehr kollegialem Dialog. • Weiterentwicklung eines aussagekräftigen aber schlanken Dokumentations- systems, dass die fachliche Arbeit, die Projektziele und die Evaluation unterstützt. • Konkrete und präzise Formulierung von Zielen, Maßnahmen und Indikatoren für die Zielerreichung • Sprache in den Dokumenten genügt fachlichen Anforderungen und ist zugleich verständlich für die Familien/ Nutzer/innen der Hilfen • Ressourcenorientierte Fallverlaufsdokumentation (identisch bei öffentlichen und freien Trägern) • Hilfen werden nur dann gewährt, wenn Ziele der Betroffenen und Ressourcen im Akt genannt sind • Prozessorientierte Evaluation und lernende Optimierung im Projekt. • Personalentwicklungskonzepte schaffen, die den „Maßanzügen“ Rechnung tragen.
38
Integration statt Ausgrenzung Regeleinrichtung vor Sondereinrichtung
• Möglichst wenig Ausschlüsse aus Kindergärten und Regelschulen. • Stärkung des Systems der Regelleinrichtungen vor Behandlung Einzelner in Spezialsettings • Enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Handlungsfeldern des Amtes für Jugend und Familie
soviel Lebensweltorientierung wie möglich • Die Hilfen integrieren die lebensweltlichen Ressourcen des Sozialraums • Mobilisierung von Ressourcen im Sozialen Raum fallübergreifend und einzelfallbezogen • Mehr Vorsorge – weniger Nachsorge d.h. die Stärkung der Lebenswelten muss gefördert werden, sowohl im einzelfallbezogenen Kontext (bspw. durch möglichst frühzeitige Information und Kooperation) aber auch einzelfallunabhängig bzgl. der strukturellen Unterstützung im Stadtteil.
wohnortnahe Hilfen • Alle Hilfen werden in der Region durchgeführt, wenn fachlich nichts dagegen spricht.