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Sonja A. Sackmann (Hrsg.) Mensch und Ökonomie

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Sonja A.Sackmann (Hrsg.)

Mensch und Ökonomie

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Menschund ÖkonomieWie sich Unternehmen das Innovationspotenzial dieses Wertespagats erschließen

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Bibliografische Information Der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 1980

1. Auflage 2008

Alle Rechte vorbehalten© Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008

Lektorat: Maria Akhavan-Hezavei | Sascha Niemann

Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.www.gabler.de

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Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, WiesbadenDruck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, HeusenstammGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-8349-0683-0

Prof. Sonja A. Sackmann ist Vorstand des Instituts für Personal- und Organisationsforschung derUniversität der Bundeswehr München sowie Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologiean der Universität St.Gallen und Partnerin am Malik Management Zentrum St.Gallen.

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Widmung 5

Widmung

Dieses Buch ist Rainer Marr anlässlich seines 65. Geburtstages gewidmet. Rainer Marr hat sich während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit stets bemüht, den Menschen in das öko-nomische Denken zu integrieren. In seiner Rolle als Gründungsdekan hat er mit der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der Bundeswehr Mün-chen eine wirklich interdisziplinäre Fakultät geschaffen. In seiner mehrmaligen Rolle als Dekan dieser Fakultät, in seiner Funktion als Professor für Entscheidungstheorie und Perso-nalwirtschaft im Bereich der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, als Gründer und Vorstand des Instituts für Personal- und Organisationswissenschaften wie auch in seinen vielfältigen Gremienverantwortlichkeiten, z.B. als Vorsitzender des Fakultätentages, hat er sich stets bemüht, nicht nur zwischen den verschiedenen Disziplinen zu vermitteln, sondern den Dialog über Disziplingrenzen hinweg aufrecht zu erhalten und zu forcieren. Denn in solchen grenz-überschreitenden Dialogen liegt für ihn ein großes Innovationspotenzial, das sowohl für den wissenschaftlichen Diskurs als auch für die Lösung wirtschaftlicher Probleme notwendig ist. In diesen Dialogen war und ist er immer darauf bedacht, die Werte-Basis und Werte-Orien-tiertierung – im doppelten Sinne des Wortes – nicht aus den Augen zu verlieren. Entscheider wie auch Personen mit Führungsverantwortung müssen sich ihrer sozialen und ethischen Verantwortung bewusst sein und so mit den ihnen anvertrauten Ressourcen verantwortungsvoll und nachhaltig wirtschaften. Dafür, Rainer Marr, sind wir Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.

Prof. Sonja Sackmann, Ph.D. München, im Juli 2007

Die Suche nach einer neuen Orientierung im Bereich der Human Ressources ist eine der ausschlaggebenden Tendenzen zum jetzigen Zeitpunkt und konkret hierbei hat Prof. Rainer Marr mit Sicherheit einen der wichtigsten Beiträge der letzten Jahrzehnte geleistet. Rainer Marr hat seine ganze Kraft in diesem Prozess der fortdauernden Innovation im Bereich der Organisationen eingesetzt, aber insbesondere in dem Bereich der Human Ressources, was die konstante Suche nach der Position des Menschen in den unternehmerischen Institutionen und in der Wirtschaftsordnung, hauptsächlich in der deutschen Wirtschaftsordnung möglich ge-macht hat.

Eine seiner attraktivsten Fähigkeiten ist die des hervorragenden Brückenbaus zwischen der Wissenschaft und der Praxis bei dieser gemeinsamen Suche nach Werten, Mitteln und In-strumenten, die die Konsolidierung der Institutionen und der Personen in der Wirtschaft und im Unternehmen ermöglichen und zwar immer durch die Entwicklung der Person. Die Hu-

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6 Widmung

man Ressources und die Sorge von Rainer Marr sind immer wie das steckengebliebene Fach, das fortschreitet, das neue Formen annimmt, aber das ständig aufs neue attraktiv erscheint bei der Suche nach der noch nicht erreichten theoretischen und praktischen Konsolidierung. Aber für Rainer Marr ist das grundlegende Ziel klar: Die Person und ihre Entwicklung.

Persönlich ist er für mich ein glänzendes Beispiel gewesen, nicht nur wegen seiner großen wissenschaftlichen Berufung, seiner Sensibilität der Unternehmensrealität gegenüber und wegen seines großen Freundschaftssinnes, sondern weil er all dies in den großen Humanis-mus und in die universitäre Berufung, die ihn ausmachen, einbringt. Vielen Dank. Ich drücke Ihnen mit meinem Beitrag meine ehrliche Dankbarkeit aus.

Prof. Dr. Dr. Santiago García Echevarría Universidad de Alcalá

Rainer Marr ist ein hervorragender Wissenschaftler, ein großartiger Mensch und ein guter Freund. Ich hoffe auf noch viele spannende und schöne gemeinsame Stunden: Ad multos annos!

Dr. Hans Böhm DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung

Wir sehen in den Werken von Rainer Marr eine Art der betriebswirtschaftlichen Forschung, die dem Pluralismus entspricht, für den wir in unserem Beitrag appelieren. Rainer Marr hat immer wieder auf die Rolle von Werten für die betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis hingewiesen. So bezieht beispielsweise die von ihm und seinen Schülern propagierte diffe-rentielle Personalwirtschaftslehre Werte als konstitutives Element der betriebswirtschaft-lichen Forschung mit ein. Dasselbe gilt für seine Forschungsarbeiten zum psychologischen Vertrag. Dabei werden Werte nie als etwas Vorgegebenes behandelt sondern sind in seinen Arbeiten Gegenstand kritischer Reflektion. Es ist diese Koorientierung, die es für uns zu einer Freude macht, einen Beitrag in dem ihm gewidmeten Band verfassen zu dürfen.

Prof. Dr. Werner Kirsch Ludwig-Maximilians-Universität München

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Danksagung 7

Danksagung

Solch ein Band kann nur mit der aktiven Unterstützung und Mitwirkung Vieler entstehen.

Zunächst möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die zunächst ein-mal sehr spontan zugesagt haben, an diesem Band zu Ehren von Herrn Rainer Marr mitzu-wirken und die dann mit viel Disziplin und vor allem auch zeitgerecht ihren Beitrag bei uns abgeliefert haben. Beides ist nicht immer selbstverständlich! Ulrich Loth und Rainer Marr möchte ich für die sehr interessanten Gespräche danken, die wir hier aus Platzgründen nur in ihren wesentlichen Auszügen abgedruckt haben. Dank geht auch an Herrn Sascha Niemann, der sich beim Gabler Verlag um die letzte Umsetzung gekümmert hat und vor allem an Frau Maria Akhavan, die mit ihrem Interesse am Thema erst die Realisierung dieses Buches er-möglicht hat.

Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei meinen Mitarbeitern Silke Agricola, Cecily French und Martin Friesl, die mich tatkräftig bei der Entstehung dieses Bandes unterstützt haben – Cecil French bei der Übersetzung der Beiträge von Roger Blakeney und Bob Gra-ham, Martin Friesl bei der inhaltlichen Bearbeitung und Silke Agricola bei der gesamten Organisation, technischen und graphischen Bearbeitung der Texte sowie der Transkription der beiden Gespräche. Zuletzt gebührt auch unserer Fakultät und Universität Dank, da die Fertig-stellung dieses Bandes in dem mir gewährten Forschungsfreiraum erfolgt ist.

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Inhaltsverzeichnis 9

Inhaltsverzeichnis

Widmung ....................................................................................................................................5

Danksagung................................................................................................................................7

Einführung................................................................................................................................13Sonja Sackmann

Teil IDer Mensch im Wirtschaftssystem

Wo bleibt der Mensch in unserer Wirtschaftsordnung? ...........................................................23Santiago Garcia Echevarría

Der Mensch in den neuen Beschäftigungsformen in Russland – Konflikt der sozialen und wirtschaftlichen Werte ....................................................................47Riorita Kolosova

Emotionen in der Ökonomie und Ökonomik der Emotionen ..................................................58Friedrich L. Sell

Medizin und Ökonomie: Konkurrierende oder komplementäre Zielsetzungen?.....................75Günter Neubauer

Teil IIDer Mensch im Unternehmen

Mensch und Ökonomie – Perspektiven im Wandel der Zeit .............................................................................................87Sonja Sackmann

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10 Inhaltsverzeichnis

Ein führungspolitisches 5-Faktoren-Konzept zur Motivation ............................................... 101Rolf Wunderer

„Mensch, Controller …“ Bedingungen und Möglichkeiten personalwirtschaftlicher Integration von Controlling...... 125Ekkehard Kappler

Mobilitätsverhalten von Fach- und Führungskräften: Mythos und Realität ......................... 147Cordula Barzantny / Stefan Kaduk / Tímea Bíró

Teil IIIDer Mensch als Triebfeder für Innovation

Einflussfaktoren für Innovation im Projektmanagement: Reflexion einer Produktentwicklung ..................................................................................... 167Robert J. Graham (Aus dem Englischen übersetzt von Cecily French)

Transfer neu gewonnenen impliziten Wissens von Auslandsbeschäftigungen zurück in das „heimatliche System“..................................... 174Roger N. Blakeney (Aus dem Englischen übersetzt von Cecily French)

Werte und Innovation – Überlegungen vor dem Hintergrund einer trilateralen Wissenschaftskonzeption ................. 190Werner Kirsch / Dominik van Aaken / David Seidl

Innovationswert von Netzwerkbeziehungen ......................................................................... 207Alexander Fliaster / Josef Spieß

Innovation durch Musterbruch – Plädoyer für eine „leise“ Management-Revolution.......... 223Hans A. Wüthrich

Organisation von Innovation – Koordination und Motivation von Open-Source-Software-Projekten................................... 236Arnold Picot / Marina Fiedler

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Inhaltsverzeichnis 11

Teil IVDer Mensch im Mittelpunkt der Unternehmensführung

Werte und Unternehmensführung ..........................................................................................255Wolf Schäfer

Von „Machern“ und „Führern“...............................................................................................264Hans Böhm

Führung als Profession ...........................................................................................................276Sebastian Schuh

Ökonomie und Unternehmenskultur: Unternehmenskultur ein wichtiger Baustein für den Erfolg? ................................................294Heinz Fischer

Führung in Hochleistungssystemen .......................................................................................303Peter Pawlowsky

Leistungsträger Mensch: Reflexionen über eine menschorientierte Hochleistungsorganisation ...................................317Interview mit Ulrich Loth

Individuelle Führung in organisatorischen Führungssystemen..............................................336Ralf Reichwald / Kathrin Möslein

Teil VDer Mensch im Mittelpunkt werteorientierten Personalmanagements

Der Mensch als größtes Wertschöpfungspotenzial – ein Beispiel wirksamer Einbindung .......................................................................................351Rudolf Kast

Alternde Belegschaften – Risiko oder Chance für eine mitarbeiterorientierte Unternehmenspolitik? ...........................369Klaus Hofmann

Gesamtvergütungssysteme für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung: keine Effizienz ohne Gerechtigkeit. .......................................................................................380Frank Hurtmanns

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12 Inhaltsverzeichnis

Bemerkungen über die Lebensphasenorientierte Personalpolitik ......................................... 394Artur Wollert

Teil VIResumée

Mensch und Ökonomie – Innovationspotenziale einer integrativen Perspektive ................. 413Gespräch mit Rainer Marr

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Einführung 13

EinführungSonja Sackmann

Ökonomisches Denken und Handeln ist nicht nur für unser Wirtschaftsleben charakteristisch, sondern hat inzwischen alle Lebensbereiche durchdrungen. Der St. Gallener Wirtschaftsethi-ker Ulrich Thielemann (2004) argumentiert beispielsweise, dass die Menschen immer mehr nach den Maßstäben „ihrer ökonomischen Performance betrachtet und bewertet werden, d.h. gemäß ihren Leistungen, ihrer „Effizienz“, ihrer Zahlungsfähigkeit, usw. Eine zunehmende Ökonomisierung beobachtet er auch in der Politik und zwar dann, wenn sich Reformbestre-bungen lediglich auf Anpassungen an die Zwänge der globalen Märkte beziehen. Diese Öko-nomisierung der Gesellschaft ist vor allem dann problematisch, wenn die ökonomische Rati-onalität nicht als eine Form von Rationalität neben einer Vielzahl möglicher Rationalitäten verstanden wird. Dies lässt sich in den letzten Jahren in der zunehmenden Fokussierung auf den homo oeconomicus und eine damit verbundene reduzierte und einseitige ökonomische Sichtweise erkennen. Aber auch die durch Spekulation und Bilanzbetrug ausgelösten Firmen-zusammenbrüche von Unternehmen wie der Barings Bank, Enron, Worldcom und Parmalat sind das Ergebnis einer einseitigen und überzogenen Fokussierung auf ökonomische Werte.

So ist es nicht verwunderlich, dass das Vertrauen der Bevölkerung in Wirtschaftsunternehmen auf einem niedrigen Stand angelangt ist. Im Zuge dieses Vertrauensverlusts und zunehmen-den Ökonomisierung werden daher ethische und soziale Werte heraufbeschworen und von Seiten der Unternehmen ein höheres Maß an „Corporate Social Responsibility“ und „Corpo-rate Citizenship“ gefordert und propagiert. In der Aufarbeitungsphase der „Enrons“ wird hinterfragt, wie solches Verhalten entstehen konnte und durch welche Maßnahmen es künftig vermieden werden könnte. Wie lässt sich mit den Dilemmata umgehen, dass Unternehmen Profit machen müssen, um zum Global Player zu werden und sich als Global Player zu be-haupten? Dass sie gleichzeitig an „teuren“ Standorten möglichst viele Arbeitsplätze erhalten, in Innovationen und Entwicklungen für die Zukunft investieren und dennoch profitabel arbei-ten sollten? Dass sie sich dem „war of talents“ stellen, ohne dabei die weitere Entwicklung ihrer langgedienten Mitarbeiter vernachlässigen? Dass sie ihre Top Manager möglichst im internationalen Vergleich attraktiv kompensieren, um sie dem Unternehmen zu erhalten, ohne dass diese dabei von der breiten Öffentlichkeit als gierig betrachtet werden? Dass sie ihre Identität bewahren, ohne dabei zu verkrusten und vom agileren Wettbewerb überholt zu wer-den?

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14 Sonja Sackmann

Diese Überlegungen haben auch Implikationen für Attraktivität junger Talente, für die Rekru-tierung jener Mitarbeiter, die das Unternehmen in die Zukunft führen sollen. Aktuelle Studien zeigen diesbezüglich, dass hoch qualifizierte Bewerber ihre Wunscharbeitgeber nicht aus-schließlich nach finanziellen Kriterien, sondern zunehmend auch danach auswählen, inwie-fern sie persönliche Ziele und Neigungen verwirklichen können, bzw. inwiefern sie eigene Werthaltungen durch das Unternehmen repräsentiert sehen. Diesen Trend bestätigen auch Wettbewerbe und Aktionen wie z.B. ‚Great Place to Work’, ‚Attraktive Arbeitgeber’ oder ‚Fair Company’, welche für die Unternehmen als Medium zur Signalisierung ihres Arbeits-klimas und ihrer Unternehmenskultur dienen.

Darüber hinaus ist das angesprochene Dilemma ebenfalls auf der Folie aktueller gesellschaft-licher Mega-Trends zu betrachten. In demographischer Hinsicht lässt sich eine alternde Ge-sellschaft beobachten, in welcher nach heutigen noch vorherrschenden Maßstäben der Anteil an Menschen im erwerbsfähigen Alter zunehmend sinkt und der zu versorgende Anteil steigt. Und nicht zuletzt wird die zunehmende Heterogenität der Gesellschaft im Sinne unterschied-licher Kulturen, Religionen, Sprachen, Interessen und Lebensentwürfen die Zusammenarbeit in den Unternehmen und das Zusammenleben maßgeblich prägen.

Die Beiträge in diesem Buch adressieren solch aktuelle Themen bzw. Dilemmata, die sich mit der Ökonomisierung unserer Wirtschaft im Hinblick auf gesellschaftliche Werte ergeben aus verschiedensten Blickwinkeln. Sie diskutieren die daraus resultierenden Herausforderungen für unsere Gesellschaft, für Unternehmen, für Führungskräfte in Unternehmen und für das Personalmanagement insgesamt. Die verschiedenen Beiträge machen deutlich, dass das Spannungsverhältnis von Mensch und Ökonomie sowohl auf der Ebene der Gesellschaft, der Wirtschaftsforschung, als auch für die Gestaltung von Unternehmen und ihrer verschiedenen betrieblichen Funktionen wie das Controlling und das Personalmanagement von enormer Bedeutung ist und natürlich auch die Prinzipien der Mitarbeiterführung durchdringt. Dabei wird der handelnde Mensch nicht auf den homo oeconomicus reduziert, sondern in seiner Komplexität und Widersprüchlichkeit berücksichtig. Gerade aus solch vermeintlichen Wider-sprüchen können bei einer alternativen Perspektive neue Gestaltungsmöglichkeiten und Inno-vationspotenziale für die Zukunft entstehen. Diese werden in den einzelnen Beiträgen zur Diskussion gestellt. Als gestandene Führungskräfte und langjährige Forscher wissen die Au-torinnen und Autoren, wovon sie schreiben und gewähren einen Einblick in ihre reflektierte Arbeitspraxis.

Im ersten Teil des Buches diskutieren verschiedene Beiträge die Rolle des Menschen im Wirtschaftssystem. Santiago García Echevarría greift dabei das Spannungsverhältnis von Mensch und Ökonomie auf, indem er die Stellung des Menschen in unserer Wirtschaftsord-nung untersucht. Er identifiziert den Verlust humanistischer Inhalte im Rahmen der wirt-schaftlichen und sozialen Ordnung seit Mitte der 1990er, im Zuge einer zunehmenden Orien-tierung am Shareholder Value. Er zeigt jedoch auch auf, dass sich in den letzten beiden Jahren eine Entwicklung beobachten lässt, die er als Renovierungsprozess der Wirtschafts-ordnung betitelt und welche die zunehmende Anerkennung des Menschen als soziales Wesen und die Bedeutung von Vertrauen für die effektive Koordination wirtschaftlicher Austausch-beziehungen beinhaltet.

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Einführung 15

Im Anschluss daran skizziert Riorita Kolosova aktuelle marktwirtschaftliche Entwicklungen in Russland und dabei insbesondere die Stellung des Arbeitnehmers in den neu entstehenden Beschäftigungsformen wie Leiharbeit, informelle Beschäftigung und Telearbeit. Als Beglei-terscheinung dieser neuen Beschäftigungsformen identifiziert sie darüber hinaus eine zuneh-mende Divergenz wirtschaftlicher Effizienz einerseits und sozialer Effizienz andererseits. Darauf aufbauend formuliert Riorita Kolosova Maßnahmen und Handlungsmöglichkeiten,um den negativen Effekten dieser neuen Beschäftigungsformen entgegenzuwirken.

Friedrich Sell untersucht in seinem Beitrag „Emotionen in der Ökonomie und Ökonomik der Emotionen“ mögliche Beiträge der Volkswirtschaftslehre zur Erforschung von Emotionen im Wirtschaftssystem. Er thematisiert damit die Kritik am Menschenbild des homo oeconomi-cus, welcher als emotionsfreier Agent lediglich auf Basis rationaler Abwägungen handelt. Dabei wird zum einen die Bedeutung von positiven und negativen Emotionen in ökonomi-schen Wahlhandlungen wie z.B. dem Eingehen von Kooperationsbeziehungen betrachtet. Zum anderen stellt Friedrich Sell die Frage nach einer Wirkungslehre von Emotionen, indem verschiedene Emotionen wie Zorn, Neid, Mitgefühl, Gier, usw. auf ihre Bedeutung in öko-nomischen Fragestellungen untersucht werden.

Ebenfalls aus einer ökonomischen Perspektive beleuchtet Günter Neubauer das Spannungs-feld von Ökonomie und Medizin. Im Rahmen einer Aufarbeitung der konfliktären Erkennt-nisziele und Handlungsmaximen von Ökonomie und Medizin zeigt Günter Neubauer, dass dem Verlangen des Arztes nach einer best möglichen Behandlung, der ökonomische Impera-tiv einer optimalen Behandlung gegenübersteht. Dies wird anhand von drei Konfliktfeldern näher erläutert. Aufbauend darauf leitet Günter Neubauer Chancen und Risiken einer Öko-nomisierung der Krankenversorgung ab und formuliert abschließend die Forderung nach einer gemeinsamen Ethik der Ökonomie und Medizin, welche in der Lage ist, das Span-nungsfeld von Krankheit und Knappheit zu bewältigen.

Im Teil II werden verschiedene Facetten des Menschen im Unternehmen beleuchtet. Im ers-ten Beitrag diskutiert Sonja Sackmann das Verhältnis von Mensch und Ökonomie im Wandel der Zeit und zeigt auf, welche Bedeutung der Mensch zum einen in verschiedenen Phasen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung und zum anderen in unterschiedlichen Management- und Organisationstheorien einnimmt. Sie argumentiert, dass die derzeitigen und künftigen Herausforderungen nur mit mit-denkenden, mit-organisierenden und mit-gestaltenden Menschen gemeistert werden können und plädiert für von Menschen gestaltete, den Menschen gerechte und ökonomisch erfolgreiche Unternehmen.

Einem wesentlichen Einflussfaktor auf die Leistung von Mitarbeitern geht Rolf Wunderernach – der Motivation. Zielsetzung und gleichzeitig Ausgangspunkt der Untersuchung ist die führungspolitische Reflexion einflussreicher Motivationsfaktoren. Anknüpfend an aktuellen Forschungsergebnissen diskutiert Rolf Wunderer dabei ein 5-Faktoren-Konzept der Motivati-on, bestehend aus fünf Elementen: Eigenmotivation erkennen, Commitment fordern, Situati-onsmotivation steigern, Demotivation reduzieren und Umsetzung fördern. Im Zuge dessen wird der Begriff der Eigenmotivation, da Teil der Persönlichkeitsstruktur, als Fundament jeder Leistungsbereitschaft herausgearbeitet.

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16 Sonja Sackmann

Ekkehard Kappler betrachtet den Menschen in der Unternehmung am Beispiel seiner Rolle als Controller. Er entlarvt dabei weit verbreitete Vorurteile die Controller ausschließlich als Denunzianten und Bestrafungsvorboten sehen. Er formuliert Controlling vielmehr explizit als Managementaufgabe und identifiziert dabei eine Innovationskraft des Controlling, die in dem Hinterfragen bisheriger Denkgewohnheiten und eingespielter Verhaltensweisen liegt. Ekke-hard Kappler wendet sich damit gegen die Einengung einer Berufsgruppe als „Knüppel aus dem Sack“ und plädiert für die Anerkennung des strategischen Potenzials systematischer Kritik und engagiertem Widerstandes.

Der nachfolgende Beitrag thematisiert ein angesichts aktueller gesellschaftlicher und ökono-mischer Entwicklungen wichtiges Problem. Die geographische Mobilität von Mitarbeitern und die daraus resultierenden Herausforderungen für Unternehmen. Cordula Barzantny, Stefan Kaduk und Timea Biró beleuchten vor dem Hintergrund einer zunehmend globalisier-ten Welt, inwiefern der Mythos des internationalen Managers der Wirklichkeit entspricht. Argumentiert wird dabei auf Basis einer Studie der Mobilität in europäischen Industriekon-zernen. Aufbauend auf dieser Diskussion entwickeln die Autoren Ansätze für eine verbesserte Mobilitätsstrategie von Unternehmen.

Der Teil III des Buches fokussiert Innovation und die treibende Rolle des Menschen im Rah-men des Innovationsprozesses. Sechs Beiträge sind diesem Themenblock gewidmet. Robert Graham reflektiert in seinem Beitrag einen Produktentwicklungsprozess und beschreibt dabei zehn Einflussfaktoren, deren Berücksichtigung essenziell im Rahmen des Projektmanage-ments kreativer Prozesses ist. Dazu gehören der Wunsch Neues zu schaffen, vorbereitet zu sein, sich mit den zu verbindenden Aspekten zu befassen, eine Vision zu entwickeln, die Inkubationszeit zu berücksichtigen, Zwänge zu überwinden, Unterstützung durch das Mana-gement, Entwicklung von Prototypen, Fristen einzuhalten, aber gleichzeitig dem Zufall eine Chance zu geben.

Roger Blakeney identifiziert in seinem Beitrag ein Innovationspotenzial, welches aus dem Wertekonflikt von Heimat- und Gastkultur resultiert, mit welchem Expatriates regelmäßig konfrontiert sind. Leider wird dieses Potenzial nur äußerst selten genutzt und damit Innovati-on und organisationales Lernen verhindert. Roger Blakeney nimmt diese Erkenntnis zum Anlass um den Wissensfluss von Repatriates zurück zur Unternehmung einer detaillierten Analyse zu unterziehen. Teil dieser Analyse sind dabei Faktoren, welche die Motivation zur Wissensweitergabe, sowie die Fähigkeit des Heimkehrenden zum Wissenstransfer beeinflussen.

Werner Kirsch und Mitarbeiter gehen dem Zusammenhang von „Werten und Innovation“ anhand einer wissenschaftstheoretischen Betrachtung auf den Grund. Ihre Argumentation baut dabei auf Galtungs’ Konzept einer trilateralen Wissenschaft auf, die dem Ziel folgt, zu einer Konsonanz von Aussagen über die beobachtete, die vermutete und gewünschte Welt zu gelangen. Werte werden damit explizit in die betriebswirtschaftliche Forschung einbezogen, ihr Innovationsbeitrag resultiert in der Veranlassung des Forschers nach Drittvariablen zu suchen, welche das Potenzial besitzen bestehende Invarianzen zu brechen.

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Einführung 17

Ebenfalls mit dem Aspekt der Innovation beschäftigen sich Alexander Fliaster und Josef Spieß, jedoch aus der Perspektive der sozialen Beziehungen von Wissensarbeitern. Ausge-hend von der Granovetterschen Unterscheidung zwischen starken und schwachen Netzwerk-beziehungen, sowie der Transaktionskostentheorie, wird in diesem Beitrag ein theoretisches Modell ausgearbeitet, mit dem der Einfluss von Beziehungen unterschiedlicher Stärke auf die Innovationsaktivitäten von Wissensarbeitern analysiert werden kann. Thematisiert werden dabei auch die Herausforderungen, die aus der Aufrechterhaltung dieser Beziehungen resul-tieren.

Der Beitrag von Hans Wüthrich befasst sich mit einer veränderten Sichtweise auf die Ent-wicklung von Unternehmen – Innovation durch Musterbruch. Unter Muster versteht Hans Wüthrich Denkschemata, welche das Handeln und die Entscheidungen von Führungskräften maßgeblich beeinflussen. Diese Muster, er benennt 7 klassische Führungsmuster, erweisen sich jedoch immer häufiger als untauglich angesichts einer zunehmend komplexer werdenden Welt. Er plädiert deshalb dafür, bestehende Prämissen zu hinterfragen und eigene Denkmus-ter zu verändern. Dieser Denkmusterwechsel besteht darin, nicht nur im, sondern am System zu arbeiten, Management Experimente zuzulassen, sowie an der eigenen Haltung zu arbeiten.

Arnold Picot und Marina Fiedler untersuchen in ihrem Aufsatz die Organisation von Innova-tion, am Beispiel der Open-Source-Software Projekte Linux und MySQL. Die Autoren zeigen verschiedene Koordinations- und Motivationsbedingungen dieser Projekte auf, die als organi-satorische Rahmenbedingungen fungieren. Die Entwicklung von Open-Source-Software vollzieht sich letztlich in einem Spannungsverhältnis von geplantem Management und spon-tanem, selbst organisiertem Wandel. Die spezielle Organisation dieser Projekte erlaubt dabei die simultane Erfüllung organisationaler, als auch individueller Ziele.

Im Teil IV behandeln sieben Beiträge verschiedene Facetten des Menschen im Mittelpunkt der Unternehmensführung. Wolf Schäfer identifiziert in seinem Aufsatz einen Wandel in der Betrachtung des Unternehmers, dessen unternehmerisches Handeln in der aktuellen Diskus-sion zu einem moralischen Problem stilisiert wird. Unter Berücksichtigung einer zunehmend globalisierten Welt, stellt er die Frage nach einer moralisch legitimierten Unternehmensfüh-rung im Rahmen eines marktwirtschaftlichen Systems. Der Vorteil moralischen Handelns wird in der Generierung verlässlicher, gegenseitiger Verhaltenserwartungen gesehen.

Hans Böhm sieht die Führung einer Unternehmung den Grundwerten der sozialen Marktwirt-schaft und der lernenden Organisation verpflichtet. Dazu entwickelt er 10 Kernthesen in Bezug auf kompetente Führung und Zusammenarbeit in Organisationen. Lernende Organisa-tionen sind Vertrauensorganisationen, die, obwohl sie nicht auf Planungs- und Kontrollpro-zesse verzichten, dem Individuum doch genügend Freiräume geben. Um dies Umzusetzen benötigen Unternehmen eine Professionalisierung der Auswahlentscheidungen für das Top Management, die neben der Fachkompetenz zusätzlich die werte- und kulturbezogenen An-forderungen berücksichtigt.

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Die Verortung des Menschen in den Mittelpunkt der Führung von Unternehmen bedarf auch eines neuen Verständnisses von Führung. Sebastian Schuh argumentiert in seinem Beitrag, dass die Führung komplexer Systeme nicht durch eine Weiterentwicklung tayloristisch orien-tierter Führung möglich ist. Führung muss seiner Meinung nach zur Profession werden. Im Rahmen seines Beitrags identifiziert Sebastian Schuh verschiedene Elemente und Anforde-rungen einer Führung als Profession. Die Analyse mündet in drei Aspekten professioneller Führung: Klarheit über das Führungsverständnis, Rollenklarheit und Professionsbewusstsein.

Heinz Fischer beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Frage, inwiefern Unternehmenskul-tur ein Baustein für nachhaltigen Unternehmenserfolg ist und welche Möglichkeiten das Personalwesen besitzt, diesen Erfolgsbeitrag zu unterstützen. Dazu geht Heinz Fischer auf eine Spurensuche um mögliche Bausteine zur Erklärung der gestellten Fragen zu identifizieren.

Die Arbeit in Sondereinsatzkommandos der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Unfallme-dizin verlangt Höchstleistung. Diesbezüglich ist ein eigener Forschungsbereich entstanden, der sich mit der Arbeit in Hochleistungssystemen auseinandersetzt. Peter Pawlowski befasstsich mit der Führung in solchen Hochleistungssystemen und spannt den Bogen hin zu einer Übertragbarkeit der Ergebnisse der Hochleistungsforschung auf Wirtschaftsorganisationen. Diese Übertragbarkeit scheint aufgrund der Dynamik und Komplexität, welche viele Wirt-schaftsunternehmen mit Hochleistungsorganisationen gemeinsam haben, gewährleistet zu sein.

Ulrich Loth reflektiert in einem Gespräch seine langjährige Erfahrung in einer Hochleis-tungsorganisation. In seiner Rolle als Associate, Sponsor und Leader bei Gore sieht er diese Höchstleistung im Leistungswillen der Menschen begründet, die diesen durch die spezifische Art der Gestaltung und Führung von Gore voll entfalten können.

Der Beitrag von Ralf Reichwald und Kathrin Möslein zeigt auf, wie Führung als eine Form der zwischenmenschlichen Interaktion über Systeme, Strukturen und Instrumente unterstützt werden kann, um letztlich Führungsexzellenz zu erreichen. Die Autoren berichten dabei aus einer aktuellen Studie über Führungssysteme und Leadership Frameworks, welche in 37 Unternehmen in Deutschland, England, den Niederlanden und den USA durchgeführt wurde. Die Analyse zeigt, dass die herrschenden Führungssysteme vor allem auf der Annahme stabi-ler Rahmenbedingungen basieren und sich deren Vorteile auch nur unter diesen Bedingungen realisieren lassen.

Die vier Beiträge im Teil V beleuchten unterschiedliche Aspekte eines werteorientierten Personalmanagements, das den Menschen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten in den Mittelpunkt stellt. Der Beitrag von Rudolf Kast beschreibt zentrale Aspekte des Personalma-nagements der SICK AG, in der der Mensch als größtes Wertschöpfungspotenzial angesehen wird. Hierbei ist ein Schwerpunkt der SICK AG, die gezielte Förderung ihrer Mitarbeiter. Dabei thematisiert Rudolf Kast u.a. die Notwendigkeit der zielgerichteten Qualifizierung und Weiterbildung des Personals im Vorfeld des demografischen Wandels. Diesbezüglich wird auch die Arbeitszeitpolitik, Gesundheitsmanagement und die Problematik des Wissenstrans-fers angesprochen.

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Einführung 19

Der demographische Wandel in der Bevölkerung stellt das betriebliche Personalmanagement vor enorme Herausforderungen. Klaus Hofmann analysiert dazu die Risiken und Chancen einer alternden Belegschaft, für eine mitarbeiterorientierte Unternehmenspolitik. Am Beispiel der EADS formuliert Klaus Hofmann ein Plädoyer für die integrative Nutzung des Potenzials unterschiedlicher Altersgruppen. Mögliche Handlungsfelder sind dabei die Laufbahngestal-tung und der Wissenstransfer von älteren auf jüngere Mitarbeiter. Klaus Hofmann argumen-tiert, dass die Klassifizierung einer alternden Belegschaft als Risiko, bereits methodisch falsch ist, zum Risiko wird dies nur, wenn die sich dadurch ergebenden Chancen nicht ge-nutzt werden.

Einem zentralen Thema des Personalmanagements widmet sich Frank Hurtmanns – der Gestaltung von Gesamtvergütungssystemen als Beitrag für eine nachhaltige Unternehmens-entwicklung. Frank Hurtmanns diskutiert dabei am Beispiel der BayWA AG, sowohl Chancen als auch Risiken variabler Vergütungssysteme unter expliziter Berücksichtigung ökonomi-scher Sinnhaftigkeit und sozialer Gerechtigkeit. Um diese Gratwanderung zu meistern, sind sowohl die Tarifparteien gefordert, als auch die Wissenschaft, indem sie Vorschläge zur sozia-len Effizienz von Vergütungssystemen erarbeitet.

Im Rahmen des Personalmanagements existieren Bestrebungen, bei der Gestaltung des Sys-tems Arbeit nach unterschiedlichen Kriterien zu differenzieren, wie z.B. sozio-demographischen Merkmalen und persönlichen Merkmalen der Mitarbeiter. Artur Wollert stellt in seinem Bei-trag eine lebensphasenorientierte Personalpolitik vor. Systematisch analysiert er dabei die Aufgaben der Personalarbeit in sechs unterschiedlichen Lebensphasen des Menschen von der Kindheit bis zum Alter. Die Ausführungen zeigen, dass eine Einteilung in jüngere und ältere Mitarbeiter den verschiedenen Anforderungen in den jeweiligen Lebensphasen nicht gerecht wird.

Der letzte Teil VI zieht ein Resumée in Form eines Gespräches mit Rainer Marr. Konfrontiert mit der Frage nach den möglichen Innovationspotenzialen der Dichotomie Mensch und Öko-nomie berichtet er über seine langjährigen Bemühungen, diese vermeintliche Dichotomie in eine integrative Perspektive über zu führen. Seiner Meinung nach liegen gerade in solche einer integrativen Perspektive und dem dafür notwendigen aktiven Dialog verschiedener Disziplinen, die größten Innovationspotenziale.

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Einführung 21

Teil I

Der Mensch im Wirtschaftssystem

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Wo bleibt der Mensch in unserer Wirtschaftsordnung? Santiago Garcia Echevarría Universidad de Alcalá

1. Einführung

Der Bereich der Human Ressources stellt eine der gegenwärtig wichtigsten Fragen dar, mit einer wachsenden Auswirkung sowohl auf den Bereich der Unternehmen als auch auf den eigentlichen Entwurf der Wirtschaftsordnung und dessen Umsetzung in die verschiedenen Wirtschaftspolitiken. Dies ist verständlich, da der Mensch den eigentlichen Kern der Wirt-schaft und des Unternehmens darstellt. In der gegenwärtigen Öffnung und Globalisierung der Wirtschaft wird der Mensch zu einem unersetzbaren Teil der sich weiter entwickelnden Wis-sensgesellschaft und deshalb auch zu einer unersetzbaren Voraussetzung für Kreativität und Innovation sowie für jenes Verhalten, das eine radikale Kostenreduktion in der Koordination zwischen Institutionen und Mensch ermöglicht. Damit ist der Mensch grundlegender Bau-stein der Wirtschaftsordnung, der Wirtschaftspolitik und der Unternehmenspolitik. Die Suche nach einer neuen Orientierung im Bereich der Human Ressources ist derzeit eine der aus-schlaggebenden Tendenzen, zu denen Rainer Marr mit seinen Arbeiten einen der wichtigsten Beiträge der letzten Jahrzehnte geleistet hat.

2. Die Wirtschaftsordnung in der gegenwärtigen Diskussion

Das deutsche (genauer gesagt, das mitteleuropäische, wenn man seinen Einflussraum in Be-tracht zieht) wirtschaftliche Denken basiert traditionell auf der Konzeptualisierung der „Wirt-schaftsordnung”. Dieses Fundament charakterisiert die deutsche wirtschaftliche Kultur, die

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sich bei der Formulierung der Wirtschaftspolitik sowohl stark an philosophischen Begriffen als auch an durchführbarem Inhalt orientiert. Die lateinischen bzw. angelsächsischen wirt-schaftlichen Kulturen haben dagegen ein anderes Verständnis der Konzeptualisierung des unternehmerischen Umfelds, d.h. des Rahmens, in dem sich die wirtschaftliche und soziale Tätigkeit entfaltet. Sie schreiben diesem Bereich der Wirtschaftsordnung mehr den Charakter eines Instruments, eines Werkzeugs zur Bestimmung der Normen zu, die das Verhalten der Institutionen und der Menschen im wirtschaftlichen Bereich prägen.

Dementsprechend existieren zwei Auslegungen bezüglich des „Wie“ der Wirtschaftsordnung einer Gesellschaft: Einerseits die mitteleuropäische, auf Werten und Grundsätzen beruhende, und andererseits die lateinische und angelsächsische, vorrangig instrumentale und pragmati-sche, auf Rechtsnormen begründete Wirtschaftsordnung. Diese Thematik steht in engem Zusammenhang mit der philosophischen Diskussion über “Kategorien” und mit der ethischen Auslegung der Wirtschaft1, die m.E. besonders stark dazu beitragen, den Wandelprozess zu verstehen, der heutzutage in Wirtschaft und Gesellschaft sowie mit Blick auf die Rolle des Menschen in der Wirtschaftsordnung stattfindet.

Utz2 unterscheidet in diesem Zusammenhang drei Kategorien:

Der ersten Kategorie ordnet er den Bereich der Werte zu, deren Realität der Mensch ist.

Auf der zweiten Ebene befindet sich die „wirtschaftliche und soziale Ordnung“, in deren Rahmen sich diese Werte institutionell in einer Ordnung der wirtschaftlichen und sozialen Institutionen manifestieren, die es ermöglichen, die sozialen Dimensionen und die zwi-schenmenschlichen Verhältnisse zu etablieren, um

zu der dritten Kategorie beizutragen, in der sich die Werkzeuge bzw. die Normen befinden, denen die Personen nachkommen müssen, damit die Werte der ersten Kategorie verwirk-licht werden können.

Der dritten Kategorie ist ein starker pragmatischer Realismus zuzuordnen, den wir in der wirtschaftlichen und sozialen Realität wiederfinden. Das Problem ist, dass dieser pragmati-sche Realismus durch das institutionelle Umfeld bestimmt wird, weshalb die Gestaltung dieses Umfeldes einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Effizienz haben wird. Aber diese „Ordnung“ ist ihrerseits durch die korrekte Umsetzung der Werte der ersten Kategorie in den Bezugsrahmen bzw. in die wirtschaftliche Ordnung bedingt. Mit dieser wirtschaftlichen Ordnung hängen auch die Normen, die Gesetze, die Kultur und alles das zusammen, was es dem Menschen erlaubt, sich an eine realistische Situation anzupassen.

In diesen drei Kategorien, in ihrer Umsetzung und Verinnerlichung durch die Personen, kön-nen die oben erwähnten kulturellen Unterschiede festgestellt werden – zwischen einer wirt-schaftlichen Ordnung, die auf Werten beruht einerseits und einer pragmatischen, wirtschaftli-chen Ordnung, mit einer starken instrumentalen oder funktionalistischen Orientierung, die vorwiegend auf Normen der dritten Kategorie beruht, andererseits. Es handelt sich um zwei verschiedene Konstruktionen der wirtschaftlichen Ordnung, die zu verschiedenen wirtschaft-lichen und sozialen Dialogen und zu verschiedenen Verhaltensweisen führen.

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Tuchtfeldt3 definiert sehr gut diese Auslegung, indem er darauf hinweist, dass eine wirt-schaftliche und soziale Ordnung an erster Stelle auf Werten beruht und diese wiederum auf der Freiheit des einzelnen Menschen. Wenn die Soziale Marktwirtschaft nur eine soziale Technik wäre, dann würde es ausreichen, der Person „Freiheitsgrade“ zur Anpassung ihres Verhaltens anzuerkennen. Die Freiheit der Person hätte dann nur eine instrumentale Bedeu-tung. Aber eine wirtschaftliche und soziale Ordnung muss als solche „eine Ordnung nach dem Maße des Menschen“4 sein. Das bedeutet, dass es Werte und nicht Instrumente sind, die die wirtschaftliche Ordnung begründen, wenn sie an der Person orientiert sein soll und nicht auf einer rein vertraglichen Dimension verbleiben will. Die anderen Wirtschaftsordnungen, die primär an instrumentalen Normen orientiert sind, z.B. an vertraglichen Beziehungen, sind Ordnungen mit einem deutlich „funktionalistisch-bürokratisierenden“ Inhalt. Zudem haben sie ein geringeres Niveau an Kreativität und Innovation.

Aus einer ethischen, wie auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive, sprechen wir darüber, wie man das Verständnis, die Entwicklung und die Umsetzung einer „wirtschaftlichen und sozialen Ordnung“ in einer offenen, wettbewerbsfähigen Gesellschaft gestalten muss. Auf dieser Ordnung beruhen der Entwurf der Institutionen und folglich die Regelungen, die das Verhalten der Personen sowie die lebensnotwendigen Freiheitsräume, über die Institutionen wie auch Personen verfügen müssen, bestimmen.

Die vorrangige Aufgabe einer wirtschaftlichen und sozialen Ordnung ist zweifelsohne das Schaffen von Vertrauen als Schlüsselwert einer Wirtschaft, der es erlaubt, Kosten der Bezie-hungen zwischen Ressourcen und Personen sowie der Beziehungen zwischen Personen zu reduzieren. Wie Müller-Armack5 formuliert: „Das, was den Erfolg der sozialen Marktwirt-schaft in der immerhin kurzen Phase eines Vierteljahrhunderts ausmachte, war die Tatsache, dass sie ausging von dem, was wir in der vorfindlichen Welt antrafen: Den Markt, die einzel-nen, die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Gruppen, den Staat.“ Es handelt sich also um Beziehungen, die in erster Linie auf Werten beruhen und erst auf einer dritten Ebene als Normen gestaltet werden.

Damit die wirtschaftliche und soziale Ordnung funktioniert, ist es jedoch notwendig, dass die Koordination der Märkte, der wirtschaftlichen und sozialen Agenten und der zwischen-menschlichen Beziehungen transparent ist. Der Mangel an Transparenz und das Aufkommen von Misstrauen reduzieren die ökonomische und die soziale Effizienz, denn sie senken Moti-vation und Flexibilität und erschweren die Zusammenarbeit. Genau diese Probleme lösen heutzutage viele werteleere Konzepte der „Reformen“ aus. Was dagegen benötigt wird, ist mehr Gewissheit aufgrund von Transparenz – und dies ist nur möglich, wenn Vertrauen er-zeugt wird und dementsprechend Institutionen geschaffen werden, die es erlauben, das ge-suchte Vertrauensniveau zu erreichen.

Abbildung 1 zeigt, wie hoch bspw. das Niveau an Misstrauen in der amerikanischen Gesell-schaft ist.

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50

40

30

20

10

0

19951995 20022002

Meinung zu Ehrlichkeit und ethischen Standards der Vorgesetzten* (in %)

* Fragebogenuntersuchung, März 1995 und 25. Febr.-10. März 2002

Quelle: Harvard Business School; Pew Research Centre Abbildung 1: Misstrauen gegenüber den Unternehmenslenkern in den USA

Die gegenwärtige Problematik der „wirtschaftlichen und sozialen Ordnung“ findet auch in anderen Formen ihren Ausdruck, beispielsweise in der Diskussion über die „wirtschaftlicheLogik und soziale Verantwortung”.6 Um mit einem hochrangigen Unternehmensvertreter zu sprechen: „Die wirtschaftliche Logik bedeutet nicht, dass sich die Verantwortung der Unter-nehmer allein auf das Hauptziel, Gewinn zu erwirtschaften, reduzieren lässt. Jeder Unter-nehmer ist gut beraten, nicht nur dem Shareholder Value einen hohen Stellenwert einzuräu-men, sondern auch, die wohlverstandenen Interessen anderer Gruppen, anderer Stakeholders, zu berücksichtigen“.

Diese Problematik betrifft jedoch nicht nur das mitteleuropäische kulturelle Umfeld, das stark durch die deutsche wirtschaftliche Kultur geprägt ist, sondern sie spiegelt sich auf einem globalen Niveau wider. In diesem Sinne ist auch die Äußerung von Davis, dem Präsidenten von McKinsey & Company zu deuten:7 „More than two centuries ago, Rousseau’s social contract helped to seed the idea among political leaders that they must save the public good, lest their own legitimacy be threatened. The CEO’s of today’s big corporations should take the opportunity to restate and reinforce their own social contracts in order to help secure, for the long term, the invested billions of their shareholders.“

Mit dem Jahr 2005 wurde ein ganzes Jahrzehnt der Dominanz der „Shareholder“-Kulturbeendet, die m. E. als eine neue Version des „homo oeconomicus“ zu verstehen ist, die in ihrer gegenwärtigen Auslegung in der globalisierten Welt zu einem ernsthaften Vertrauensver-lust geführt hat. Dieser Vertrauensverlust verursacht wachsende Forderungen nach einem neuen Interventionismus auch mit Blick auf die Führung von Unternehmen, aber auch von anderen Institutionen in Bereichen wie Bildung, Gesundheitswesen usw.

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Seit Mitte der neunziger Jahre ist ein sehr bedeutsames Problem zu diagnostizieren, nämlich der Verlust der humanistischen Inhalte in der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung. Er wird begleitet von einer wachsenden Instrumentalisierung der Werte – von Pragmatismus – und führt zur Schaffung von Rechtsnormen, die das Verhalten der Personen regeln. Damit wird der „vitale Raum“ der menschlichen Freiheit reduziert, um lediglich solche Optionen zu wählen, die die effizienteste Nutzung der verfügbaren Mittel anstreben. Keinesfalls verbessert dieser Instrumentalisierungsprozess auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, was, wie man heute sehen kann, zu Situationen wachsender institutioneller und persönlicher Verwir-rung führt.

Verhaltenskodizes oder körperschaftliche Normen (die dritte oben genannte Kategorie) für die verschiedenen Institutionen nützen nichts, weil sie keine Werte beinhalten, sondern nur reine normative, instrumentalisierte Bestandteile. Vertrauen beruht auf Werten, währendInstrumente nur der Messung, Bewertung, dem Dialog sowie der Rationalisierung der Alter-nativen bei der Umsetzung dieser Werte dienen können. Der Mensch befindet sich in den Werten und nicht in den Instrumenten.

Diese humanistische, soziale Dimension der wirtschaftlichen Ordnung, die lebenswichtig für eine offene, auf der Marktwirtschaft basierende Gesellschaft ist, steht nicht im Gegensatz zur wirtschaftlichen Logik, wie heute häufig behauptet wird. Vielmehr ist sie die eigentliche Essenz einer sozialverantwortlichen Wirtschaft. Man kann dementsprechend behaupten, dass die Jahre 2005 und 2006 ein Jahrzehnt der Vernachlässigung einer wirtschaftlichen Ordnung beenden, in dem durch den Verlust der Wertorientierung die humanistischen Bestandteile verlorengegangen sind und man so zu einer neuen Auslegung des homo oeconomicus ge-kommen ist.8 Die moderne Auslegung des homo oeconomicus ist vor allem die Auslegung des Shareholder Value im Kontext der Globalisierung und Öffnung der Wirtschaft. Sie öffnet zwar neue Geschäftsmöglichkeiten, aber durch sie ist auch eine Leere an Werten entstanden.

Die Wirtschaftsordnung muss heute die Grundlagen für neue Formen der Institutionalisierung in der globalisierten Wirtschaft aufgrund von Werten schaffen, die mit der Intensivierung von Netzwerken verbunden sind.9 In den Jahren 2005-2006 beginnt ein Umwandlungsprozess der Wirtschaftsordnung, der den Werten als wirtschaftliches und soziales Koordinationsmittel eine höhere Priorität zuerkennt. Es ist die einzige mögliche Antwort auf die Anforderungen der Globalisierung.

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3. Die menschliche Dimension der Wirtschaftsordnung

Wie bereits angedeutet, ist das Vertrauen bzw. das Schaffen von Vertrauen die zentrale Achse einer jeden wirtschaftlichen und sozialen Ordnung. Vertrauen wiederum ist nur möglich, wenn eine größere Transparenz der Institutionen erzeugt wird. Dafür müssen diese in ihrem körperschaftlichen Entwurf die Werte übernehmen, die Freiheitsräume schaffen und die not-wendige Gewissheit im wirtschaftlichen Leben erzeugen.

Auf der anderen Seite erzeugt jede vorwiegend instrumentale Wirtschaftsordnung viel Unge-wissheit. Das Risiko und die Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen beruhen grundsätzlich auf den normativen Kategorien oder Marktmechanismen und nicht auf Werten. Echte soziale und wirtschaftliche Gewissheit und die Möglichkeit eines freien Handelns hinsichtlich ver-schiedener wirtschaftlicher und sozialer Alternativen schafft nur die Tatsache, dass der zur Verfügung stehende Raum durch gemeinsame Werte abgegrenzt wird. Dies ist die Grundlage für eine effiziente und hochproduktive wirtschaftliche und soziale Tätigkeit.

Von daher basiert die soziale und wirtschaftliche Ordnung auf zwei Stützpfeilern der wirt-schaftlichen Gesellschaft. Einerseits geht es um die Entwicklung von Institutionen. Das be-deutet, dass die Institutionen über einen auf Werten beruhenden Raum verfügen, der es ihnen erlaubt, die körperschaftliche Dimension so zu gestalten, dass Transparenz geschaffen wird, die zur Erleichterung der interinstitutionellen Beziehungen auf dem Markt oder im sozialen Bereich notwendig ist. Ihr Ziel ist es, die Kriterien für niedrige Koordinationskosten zu schaf-fen, damit die effiziente Integration der sozialen und wirtschaftlichen Institutionen erleichtert wird. Das ist der Grundgedanke von Müller-Armack10 beim Gestalten einer sozialen Markt-wirtschaft.

Andererseits muss eine soziale und wirtschaftliche Ordnung die Entwicklung der Personen in Bezug zu den Institutionen antreiben, und dieser Antrieb muss im Bereich der zwischen-menschlichen Beziehungen, d.h. der Eigenschaft des Menschen als „soziales Wesen“, die ethische Dimension der Wirtschaft erzeugen.

Beide Dimensionen, die Entwicklung der Institutionen und die der Menschen, sind der Schlüssel zur Entfaltung von Innovation und Kreativität und leisten damit einen grundlegen-den Beitrag zur Entwicklung der Person sowie zum Gesamtwohl der sozialen Gruppe (vgl. Abbildung 2).

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Wo bleibt der Mensch in unserer Wirtschaftsordnung? 29

Wirtschaftliche und soziale OrdnungWirtschaftliche und soziale Ordnung

fördert

InnovationInnovation

KreativitätKreativität

BeitragBeitrag

Entwicklungder Institutionen

Entwicklungder Institutionen

Entwicklungder MenschenEntwicklung

der Menschen

InstitutionelleKoordinationskosten

InstitutionelleKoordinationskosten

Mensch als„soziales Wesen“

Mensch als„soziales Wesen“

Individuelle EntwicklungIndividuelle Entwicklung „Gemeinwohl“„Gemeinwohl“

Abbildung 2: Die Wirtschaftsordnung und ihr Auftrag

Wie man in Abbildung 3 sehen kann, schafft eine auf Werten beruhende wirtschaftliche und soziale Ordnung die Grundlage für die organisatorische und instrumentale Dimension und stützt sich hauptsächlich auf das Humankapital, auf die Person und ihre Innovationsfähigkeit.Dies ist der große Beitrag einer wirtschaftlichen und sozialen Ordnung, die der Entwicklung der Person und der Institutionen keine Hürden stellt.

Innovationsprozesse

Innovation„human capital“Person/Mensch

Wirtschaftliche und soziale

Ordnung

Wertesystem

InstitutionOrganisation

InnovationsprozesseInnovationsprozesse

InnovationInnovation„human capital“Person/Mensch„human capital“Person/Mensch

Wirtschaftliche und soziale

Ordnung

Wertesystem

InstitutionOrganisation

Wirtschaftliche und soziale

Ordnung

Wirtschaftliche und soziale

Ordnung

WertesystemWertesystem

InstitutionOrganisation

InstitutionOrganisation

Abbildung 3: Wirtschaftsordnung, Wertesystem und Innovation

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30 Santiago Garcia Echevarría

Das grundlegende Problem in der Wirtschaft ist der Mensch, der über Potenziale verfügt, die man in den Institutionen entwickeln muss. Aufgrund dieser Potenziale deckt der Mensch seine vitalen und kulturellen Bedürfnisse, um sein Zufriedenheitsniveau zu erhöhen und seine Lebensziele zu erreichen.

Um diese Bedürfnisse zu befriedigen, benötigt der einzelne Mensch aber, wie man anhand der Abbildung 4 erkennen kann, Kooperation. Das ist die Dimension, die wir „soziales We-sen“ genannt haben und die es dem Menschen ermöglicht, durch das Teilen seiner Potenziale, seiner Kenntnisse, seiner Werte, seiner Fähigkeiten bei niedrigen Koordinationskosten seine Bedürfnisse besser zu decken. Das ist es, was Müller-Armack als zentrale Achse einer sozia-len Marktwirtschaft betrachtet, nämlich die zwischenmenschlichen Beziehungen als substan-zieller Bestandteil des Kooperationsprozesses.11

fordert Kooperationfordert Kooperation

MenschMensch PotentialePotentiale

vertraglich(Koordinationskosten)

vertraglich(Koordinationskosten)

gemeinsame Werte(Koordinationskosten)gemeinsame Werte(Koordinationskosten)

befriedigt vitale und kulturelle Bedürfnisse befriedigt vitale und

kulturelle Bedürfnisse

wirtschaftliche und soziale Ordnung

wirtschaftliche und soziale Ordnung

individuelle Ethikindividuelle Ethik

InstitutionMarkt

InstitutionMarkt

gemeinsameKenntnisse

gemeinsameKenntnisse

institutionelleEntwicklunginstitutionelleEntwicklung

sozialeEthik

sozialeEthik

Abbildung 4: Bedürfnisse und alternative Kooperationsformen

Wenn man zwei gegensätzliche Wirtschaftsordnungen betrachtet, in denen die Kooperation in verschiedenen Formen stattfinden kann, stellt man fest, dass der Mensch einerseits Koopera-tion im Rahmen einer vertraglichen Wirtschaftsordnung realisieren oder sich andererseits zu einer sozialen Wirtschaftsordnung bekennen kann. Die letztere beruht darauf, dass die zwi-schenmenschlichen Beziehungen auf gemeinsamen Werten aufgebaut werden, was eine con-ditio sine qua non für das Vorliegen von gemeinsamen Zielen ist. In jeder Wirtschaftsordnung kommen verschiedene Niveaus der Koordinationskosten zwischen Personen und zwischen Institutionen sowie verschiedene Arten der Kostengestaltung zustande. Die Wahl der einen oder der anderen Ordnung bestimmt die Effizienz, mit der die menschlichen Kenntnisse sowie Kreativitäts- und Innovationsfähigkeiten von Institutionen genutzt werden. Und folg-lich hängt auch der Erfolg der Art und Weise, in der die menschlichen Bedürfnisse gedeckt werden sollen, von der Wahl der Ordnung bzw. der spezifischen Art, die Kooperation zu organisieren, ab.

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Die vertragliche Dimension bringt eine klare Vorherrschaft der Macht mit sich, was einen starken instrumentalen Akzent unserer wirtschaftlichen und sozialen Ordnung zur Folge hat. Niemand ist besser geeignet als ein herausragender Unternehmer wie Mohn12, um auf Fol-gendes hinzuweisen: „Nach dem letzten Krieg begann der Ausbau der Sozialen Marktwirt-schaft, die nachweislich viele Jahre funktionierte. Heute ist sie durch Schutzmaßnahmen und Solidarmaßnahmen überfordert und von den Grundgedanken des eigentlichen Konzeptes weit entfernt. Veränderungen sind zwingend, und hier lassen sich führungstechnische Analogien finden: Managementtheorien“. Diese Kooperationsform beruht auf der Entwicklung einer individuellen Ethik, die die individuellen Verhaltensweisen den die Institutionen und den Markt regelnden Normen anpasst. Diese normkonforme individuelle Ethik orientiert das Verhalten grundsätzlich an der oben genannten dritten Kategorie.13 Dabei geht es um die Verhaltenskodizes, ob sie nun extern auferlegt wurden oder durch Selbstregulation entstanden sind. Die individuelle Ethik versucht sich nach diesen vertraglichen Normen zu richten.

Andererseits kann eine wirtschaftliche Ordnung so gestaltet werden, dass die Kooperation auf gemeinsamen Werten beruht. Das bedeutet die Orientierung an der ersten Kategorie, an den Werten und folglich auch am Menschen. Es handelt sich um eine wirtschaftliche und soziale Ordnung, in der Kenntnisse und Werte beim Entwurf der Institutionen und beim eigentlichen Entwurf der wirtschaftlichen Ordnung geteilt werden, was eine körperschaftliche Entwick-lung der Institutionen aufgrund von Werten begründet. Somit wird die Erzeugung von Ver-trauen und Transparenz gefördert, die ihrerseits eine gemeinschaftliche Ethik im Sinne des Gemeinwohls ermöglicht. Das bedeutet, dass in der Beziehung zwischen Mensch und Ge-meinschaft ein größeres Vertrauen geschaffen werden kann. Die Transformationsprozesse und die Forderung von Flexibilität sowie der Beitrag zum Gemeinwohl durch jedes Mitglied der Gemeinschaft sind das Schlüsselelement für eine effiziente Antwort auf die Koordinations-frage, so dass sich die vitalen und kulturellen Bedürfnisse des einzelnen Menschen mit gerin-geren Koordinationskosten befriedigen lassen.

Eine wirtschaftliche und soziale Ordnung fordert natürlich auch die technische Unterstützung einer vertraglichen Dimension, die aber nicht die grundlegende Orientierung des Kooperati-onsprozesses zwischen Personen und Institutionen ausmachen darf, sondern nur die instru-mentale Dimension, die für jede wirtschaftliche und soziale Ordnung eine notwendige nor-mative Ergänzung darstellt. Die Öffnung von Freiheitsräumen für die Delegation und das Vertrauen in die Institutionen sind ihrerseits die notwendigen Bedingungen, damit die Perso-nen gemäß der Entwicklung ihrer Potenziale zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse sowie zum Gemeinwohl beitragen können. Die "Zurückeroberung" des Gemeinwohls steht der wirt-schaftlichen Logik nicht entgegen. Starbatty weist beispielsweise zu Recht darauf hin, „dass Moral entsteht oder gestärkt wird, in dem man den einzelnen von seinen Interessen abbringen und ihn dahin erziehen will, unmittelbar für das allgemeine Wohl tätig zu sein“, so dass „in-dividuelles Verhalten auf Märkten in Richtung ethischer Prinzipien gesteuert wird“.14

Eines der Merkmale, welche die von der Gesellschaft akzeptierte wirtschaftliche Ordnung ausmachen, ist die institutionelle Dimension, denn „ein soziales oder sonstiges ethisches Anliegen muss über die entsprechende institutionelle Ausgestaltung des Rahmens eingebracht werden“.15

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4. Wirtschaftliche Ordnung und ihre institutionelle Dimension

Wenn wir von Institutionen im sozialen und wirtschaftlichen Bereich sprechen, sprechen wir sowohl von einer körperschaftlichen, „sozialen“ Dimension, die die Institution als gemein-schaftliche Einheit definiert, als auch von einer operationalen oder organisatorischen Dimen-sion, die die Prozesse gestaltet und über bestimmte Ressourcen verfügt.

Starbatty16 zufolge muss sich der soziale, ethische Inhalt im institutionellen Kontext einer Marktwirtschaft in die eigentliche institutionelle Gestaltung sowohl des körperschaftlichen Entwurfs (Institution) als auch des operationalen Entwurfs (Organisation) integrieren. Diese Integration geschieht durch die wirtschaftliche und soziale Ordnung. Die Schlüsselfunktion der körperschaftlichen Dimension der Institutionen ist nicht lediglich die einer stärker an der Subsidiarität, an Normen der dritten Kategorie orientierten körperschaftlichen sozialen Ver-antwortung. Diese Funktion beginnt bereits bei der Gestaltung der eigenen Institution, die Transparenz und Vertrauen schaffen soll. Dies führt zur Senkung der Kosten der Koordinati-on mit den anderen Institutionen. Darin ist ein großer Beitrag zur Gemeinschaft, zum Ge-meinwohl zu sehen. Deshalb schreibt Starbatty: „Institutionelle Arrangements, die die Markt-koordination wegen ethischer Prinzipien ganz oder teilweise außer Kraft setzen, sind in der Regel – ich will mich vorsichtig ausdrücken – mit moralischen Konsequenzen verbunden, die mit einem christlichen Menschenbild nicht übereinstimmen”.17

Das letzte Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung ist die Entwicklung des Menschen durch die Institutionen, die auf den im Vorfeld bestimmten und angenommenen Werten grün-den. Diese Werte müssen von den Personen geteilt werden, damit Kooperation stattfinden kann. So wird die soziale Dimension des Menschen geschaffen, und dieser Prozess wird nicht von bloßen Instrumenten oder Mitteln durchgeführt, sondern von Werten. Dies führt zu einer für das Teilen von Zielen ausschlaggebenden Wertekonvergenz.

Diese, institutionelle Dimensionen schaffende, wirtschaftliche und soziale Ordnung, fordert jedoch von Seiten des Staates eine hochtransparente Rolle.18 Die Rolle des Staates in der modernen wirtschaftlichen Gesellschaft hängt mit drei Grundsätzen zusammen, nämlich dem Eigentum, dem Wettbewerb und seiner Rolle als Sozialstaat. Von ihr hängen auch die Gestal-tung der körperschaftlichen Fähigkeiten der Institutionen und insbesondere die Förderung der Fähigkeit zu teilen ab.19

Der Erfolg der Institutionen und konkret auch der Unternehmen hängt von der Orientierung, die man den Institutionen im wirtschaftlichen und sozialen Rahmen gibt, und der Entwick-lung ihrer drei grundlegenden Dimensionen ab:

Der körperschaftlichen Dimension, die die Frage nach Werten und einer Vision umfasst. Sie wird den Raum bestimmen, in dem die Gewissheit geschaffen wird, damit körperschaft-lich und operational die Menschen in und außerhalb der Institution über genügend Trans-parenz verfügen, um via Delegation zwischen verschiedenen Alternativen wählen zu können.

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Der menschlichen Dimension, bei der die Person im Mittelpunkt steht, speziell ihre Fähig-keit, die Körperschaft zu führen, die Prozesse mit großem Innovationsvermögen zu gestal-ten und dementsprechend Werte zu schaffen.

Der instrumentalen Dimension, d.h. der Regelung, die einen organisatorischen Entwurf, der eine effiziente Koordination der Ressourcen und eine hohe Produktivität, möglich macht.

Wie man aus der Abbildung 5 ablesen kann, hat das gesamte Problem der Produktivität bzw. der Wettbewerbsfähigkeit der Institutionen mit der Frage zu tun, ob diese drei Dimensionen den Menschen in die Lage versetzen, nicht nur Werte, sondern auch organisatorische Entwür-fe zu teilen und die Leadership-Funktion zu übernehmen.

InnovationLeadership Mensch

KörperschaftWerte/Vision

organisatorischerEntwurf

körperschaftliche Dimension

menschliche Dimension

organisatorische Dimension

Institutioneller Erfolg: Orientierung der unternehmerischen Institution

InnovationInnovationLeadershipLeadership MenschMensch

KörperschaftWerte/VisionKörperschaftWerte/Vision

organisatorischerEntwurf

organisatorischerEntwurf

körperschaftliche Dimension

menschliche Dimension

organisatorische Dimension

Institutioneller Erfolg: Orientierung der unternehmerischen Institution

Abbildung 5: Dimensionen und Erfolg von Institutionen

Einer der grundlegenden Aspekte einer hochdynamischen, im Globalisierungsprozess befind-lichen Gesellschaft ist ihre Fähigkeit zur institutionellen Transformation. Dieser Aspekt wur-de oben mit dem Hinweis auf die „Reformen“ bereits angesprochen. Die ersten Fragen, die sich dabei stellen, beziehen sich auf die Rolle des Sozialstaates in den Regulierungsbereichen der Koordinationsprozesse und auch darauf, welche Rolle dem Menschen dabei zukommt. Aus der Abbildung 6 ergibt sich folgendes: Je stärker der Zentralisierungsprozess des Sozial-staats betont wird, desto geringer ist die Orientierung der Institutionen am Menschen und desto stärker ist die Orientierung hin zu den Funktionalitäten und zur Bürokratisierung. Das gilt auch umgekehrt: Je ausgeprägter die Orientierung zum Menschen ist, desto mehr Raum muss der Staat dem Menschen einräumen.

Eine wirtschaftliche und soziale Ordnung bestimmt zu jedem geschichtlichen Zeitpunkt den Prozess der Umwandlung der Institutionen. An dieser Stelle kommt das Problem der Freiheit der Menschen in der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung oder im Kontext einer Institution ans Tageslicht, ebenso wie das Problem der Übernahme von Verantwortung und folglich von

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Risiken. Entsprechend der Orientierung, die man der Institution gibt, werden vollkommen unterschiedliche organisatorische und instrumentale Formen, rechtliche Normen und mensch-liche Verhaltensweisen hervorgerufen, was einen größeren oder kleineren Beitrag zur Wert-schaffung zur Folge haben wird.

Gesellschaft/Staat(technischeStruktur)

Orie

ntie

rung

zum

Sta

at

(+)

(–)

(–) Orientierung zu den Personen/Menschen(Regeln und Grundsätze)

(+) Personen/Dezentralisierung(persönliche Verantwortung/ Haftung)

rechtliche Normen

institutioneller Raum

• Führung der Institution = durch ihre Position bedingt• Integration / Beteiligung/Motivation = durch ihre Position bedingt

×

×

×

A

C

B

Institutioneller (unternehmerischer) Rahmen

Abbildung 6: Dynamik der institutionellen Umwandlung

Jede Institution muss verstehen, dass das Wirtschaftliche und das Soziale gemeinsame Be-standteile einer unzertrennbaren Realität sind. Wenn man in einer ökonomischen Analyse den „homo oeconomicus“ in seiner modernen Fassung, dem oben erwähnten Prinzip des Share-holder Value20 auslegt, resultiert daraus nur eine wenig realistische, einseitige Darstellung. Der wirtschaftliche Erfolg ist der Erfolg des Menschen und folglich auch der Erfolg der sozi-alen Logik.

Beim Entwurf der unternehmerischen oder der meta-unternehmerischen Institutionen ist die Orientierung, die man den Institutionen gibt, ausschlaggebend. Es ist der einzige Weg, damit die Personen Wissen miteinander teilen, sich engagieren und motivieren und sich gleichzeitig in die Prozesse integrieren, die die Umwandlung der Institutionen ermöglichen. Abbildung 7 macht deutlich, dass diese Umwandlung letztendlich eine Neupositionierung zwischen der ethischen und der sozialen Dimension bedeutet, immer innerhalb des Legitimitätsbereiches der Institution oder des ethischen Raums.