Serie Die Reinigungs-Praxis von Vajrasattva · PDF filenen aus dem Höchsten Yoga-Tantra...

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8 Tibet und Buddhismus • Heft 58 • Juli August September 2001 Serie Die Reinigungs-Praxis von Vajrasattva von Geshe Thubten Ngawang In einem Text von Œåntideva, dem Kompendium der Übungen, werden verschiedene heilsame Übungen erwähnt, die man ausführen sollte, um unheilsames Karma zu reinigen. Dazu zählen insbesondere: HEILSAME ÜBUNGEN ALS GEGENMITTEL 1. Sýtras rezitieren, 2. über die tiefgründige Leerheit meditieren, 3. heilsame Handlungen im Zusammenhang mit der Herstellung und Restaurierung von Bildnissen und Statuen des Buddha durchführen, 4. Darbringung von Opfergaben, 5. Rezitation der Namen oder Namensmantras von Buddhas und Bodhisattvas, 6. Rezitation von Mantras oder sogenannten Dhåra¶ïs (längeren Mantras). ie Vajrasattva-Meditation dient dazu, den Geist von ne- gativem Karma zu reinigen. Sie ist eines der vier Gegenmittel zur Reinigung von vergangenen unheil- samen Handlungen, nämlich das regel- mäßige Praktizieren heilsamer Übun- gen. Die Meditation über Vajrasattva ist ein besonders effektives Mittel, um negatives Karma zu bereinigen, insbe- sondere auch, wenn es sich um Verfehl- ungen gegen tantrische Gelöbnisse handelt. In einem Tantra wird der Bud- dha nach der Wirkung der Vajrasattva- Praxis gefragt. Er zieht folgenden Ver- gleich: Ebenso wie ein Licht in einem Moment die Dunkelheit in einem Raum vertreibt und alles hell erleuch- tet, so vernichtet die Rezitation des Mantras von Vajrasattva und die Meditation über ihn in einem Mo- ment das negative Karma, das man in Äonen, das heißt in unzähligen Leben angesammelt hat. Weiter heißt es dort, daß die Rezitation und Meditation zu Vajrasattva wie ein heftiges Feuer ist, das alle negativen Handlungen und schlechtes Karma verbrennt. Gerade in Verbindung mit der Ethik lodert dieses Feuer heftig auf und verbrennt alles ne- gative Karma. Die Ethik ist wie der Wind und die Rezitation und Medi- tation zu Vajrasattva sind wie das Feu- er. Wenn Feuer und Wind zusam- menkommen, dann können sie ein Feuer entflammen. Die Vajrasattva- Praxis wird in Verbindung mit der Ethik auch mit einem starken Son- nenlicht verglichen, das auf Schnee D

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8 Tibet und Buddhismus • Heft 58 • Juli August September 2001

Serie

Die Reinigungs-Praxis von Vajrasattva

von Geshe Thubten Ngawang

In einem Text von Œåntideva, dem Kompendium der Übungen, werden verschiedene heilsame Übungenerwähnt, die man ausführen sollte, um unheilsames Karma zu reinigen. Dazu zählen insbesondere:

HEILSAME ÜBUNGEN ALS GEGENMITTEL

1. Sýtras rezitieren,2. über die tiefgründige Leerheit meditieren,3. heilsame Handlungen im Zusammenhang mit der Herstellung und Restaurierung von

Bildnissen und Statuen des Buddha durchführen,4. Darbringung von Opfergaben,5. Rezitation der Namen oder Namensmantras von Buddhas und Bodhisattvas,6. Rezitation von Mantras oder sogenannten Dhåra¶ïs (längeren Mantras).

ie Vajrasattva-Meditationdient dazu, den Geist von ne-gativem Karma zu reinigen.

Sie ist eines der vier Gegenmittel zurReinigung von vergangenen unheil-samen Handlungen, nämlich das regel-mäßige Praktizieren heilsamer Übun-gen. Die Meditation über Vajrasattvaist ein besonders effektives Mittel, umnegatives Karma zu bereinigen, insbe-sondere auch, wenn es sich um Verfehl-ungen gegen tantrische Gelöbnissehandelt. In einem Tantra wird der Bud-dha nach der Wirkung der Vajrasattva-Praxis gefragt. Er zieht folgenden Ver-gleich: Ebenso wie ein Licht in einemMoment die Dunkelheit in einemRaum vertreibt und alles hell erleuch-

tet, so vernichtet die Rezitationdes Mantras von Vajrasattva und die

Meditation über ihn in einem Mo-ment das negative Karma, das man inÄonen, das heißt in unzähligen Lebenangesammelt hat. Weiter heißt es dort,daß die Rezitation und Meditation zuVajrasattva wie ein heftiges Feuer ist,das alle negativen Handlungen undschlechtes Karma verbrennt. Gerade inVerbindung mit der Ethik lodert diesesFeuer heftig auf und verbrennt alles ne-gative Karma. Die Ethik ist wie derWind und die Rezitation und Medi-tation zu Vajrasattva sind wie das Feu-er. Wenn Feuer und Wind zusam-menkommen, dann können sie einFeuer entflammen. Die Vajrasattva-Praxis wird in Verbindung mit derEthik auch mit einem starken Son-nenlicht verglichen, das auf Schnee

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trifft und diesen in einem Momentzum Schmelzen bringt. Die verschiede-nen heilsamen Eigenschaften undMeditationen verstärken sich gegensei-tig. Die Verbindung von ethischerLebensführung und der Vajrasattva-Meditation bringt eine besonders star-ke Kraft hervor, unheilsames Karma zubeseitigen. Sobald ein heilsamer Faktorim Geist vorhanden ist, werden auchdie anderen positiven Faktoren ge-stärkt. Das gleiche gilt leider auch fürdie unheilsamen Eigenschaften wieVerblendung, Begierde, Haß etc. Jestärker eine Leidenschaft ist, um somehr werden auch die anderen an-wachsen. Beschäftigen wir uns mit derVajrasattva-Praxis, sollten wir es mit derMotivation tun, unseren Geist von ne-gativem Karma zu reinigen. Ähnlichwie ein Mond am Vollmondtag er-strahlt, wenn der Himmel wolkenlosist, so sollten wir denken, daß wir dieTugenden unseres Geistes erstrahlenlassen und uns von den hinderndenEigenschaften reinigen wollen.

Voraussetzung für die Durchfüh-rung dieser Meditation ist die Initiati-on. Einige haben schon große Initiatio-nen aus dem Höchsten Yoga-Tantra er-halten, z.B. Kålacakra-Initiation,Guhyasamåja, Yamåntaka, Cakrasaþ-vara, oder aus dem Kriyå-Tantra wieAvalokiteœvara, Tårå oder Vajrasattva.Wenn wir die folgenden Erklärungenzu Vajrasattva lesen und die Praxis aus-üben möchten, sollten wir uns vorneh-men, irgendwann die entsprechendeInitiation zu nehmen.

der Furcht vor den Leiden des Daseins-kreislaufes und mit dem Vertrauen, daßdie drei Juwelen Schutz vor diesen Lei-den bieten können. Als nächstes den-ken wir an die unendlich vielen füh-lenden Wesen, die den ganzen Raumdurchdringen, die unzählige Male un-sere Mütter gewesen sind, denen wirviel Freundlichkeit und Hilfe zu ver-danken haben und die jetzt auf unsereHilfe angewiesen sind. Wir bringenden Wunsch hervor, die Wesen aus denGefahren des Daseinskreislaufes unddes persönlichen Nirvå¶a zu befreienund zur vollkommenen Erleuchtungeines Buddha zu führen. Wir erzeugenden Erleuchtungsgeist in fehlerfreierWeise, vollständig, so daß alle Elemen-te enthalten sind. Der Erleuchtungs-geist besteht in einem zwei-fachen Wunsch: demStreben nach demWohl der Wesen unddem Streben, zu die-sem Zweck die Bud-dhaschaft zu errei-chen. Wenn diese bei-den Faktoren vorhan-den sind, ist derErleuchtungsgeist invollständiger Weiseentwickelt. Außer-dem bedeutet feh-lerfrei, daß wir denWunsch nach Er-leuchtung zum Woh-le der Wesen nichtnur in bloßen Wortenzum Ausdruck brin-gen oder einfach nurherunterrezitieren,sondern daß wir unse-ren Geist auch entsprechend schulenund die Rezitation mit einem echtenGefühl dafür, was der Erleuchtungs-geist bedeutet, ausführen; wir bemühenuns darum, diese Geisteshaltung in ei-ner unverfälschten Weise im eigenenGeist wachzurufen.

Nachdem wir dreimal die Zuflucht-nahme und die Entwicklung des Er-leuchtungsgeistes rezitiert haben, folgtder Hauptteil. Wir denken uns zu Be-ginn, daß eine weiße Silbe PAM aufunserem Scheitel erscheint, und zwarplötzlich, ähnlich wie ein Regenbogen

am Himmel erscheint oder wie imFernsehen plötzlich Bilder eingeblen-det werden; allerdings gibt es einen gra-vierenden Unterschied, nämlich daß esim Fernsehen ganz gewöhnliche Er-scheinungen sind und eine gewöhn-liche Leere, in der die Dinge erschei-nen. Bei der Vajrasattva-Praxis handeltes sich nicht um einen gewöhnlichenleeren Raum, sondern um die end-gültige Realität. Wir rufen in uns dasVerständnis der Leerheit wach, so gutwir können. Wir visualisieren die Gott-heit immer in Verbindung mit demVerständnis, daß alle Erscheinungenleer sind von inhärenter Existenz. Wirführen alle Visualisationen in dem Be-wußtsein der vollkommenen Tugendendurch, die ein Buddha besitzt, und ver-

binden dieses Bewußtsein mitder Erkenntnis, daß all diese

Erscheinungen leer sind voninhärenter Existenz. Sopraktizieren wir die Einheitvon Methode und Weis-heit, wie sie im Tantra aufbesondere Weise erklärtwird.

Die Silbe PAM auf un-serem Scheitel schmilztähnlich wie Butter in derHitze und nimmt die Ge-stalt einer weißen Lotos-blüte mit acht Blättern an;das Zentrum der Blüte istgelblich. Zwischen demInnern und den Blüten-blättern befinden sich dieStaubgefäße, die wir unsebenfalls vorstellen. Auseiner Silbe ÅÇ entsteht

eine waagerechte weißeMondscheibe von der Größe des Zen-trums der Lotosblüte, so daß außenherum nur noch die Blätter zu sehensind. Auf dieser Lotosblüte mit derMondscheibe erscheint dann in einemMoment die weiße Silbe HÝÞ. Dieseschmilzt und wandelt sich in ein wei-ßes Vajra mit fünf Speichen um, dassenkrecht steht. Die fünf Speichen sinddie vier Stege in den vier Richtungenund der Steg in der Mitte dazwischen.Im Zentrum dieses Vajra befindet sichwiederum eine weiße Silbe HÝÞ. Vondem Vajra gehen unzählige Lichtstrah-

Zufluchtnahme undAufbau der Gottheit

Die Praxis beginnt mit der Zuflucht-nahme und der Entwicklung desErleuchtungsgeistes. Wir führen unsdie Vorzüge der drei ZufluchtsobjekteBuddha, Dharma und Sa‡gha vor Au-gen und machen uns klar, daß wir denverschiedenen Gefahren des Daseins-kreislaufes ausgesetzt sind und dauer-haften Schutz benötigen; die drei Ju-welen können diesen Schutz bieten. Soentwickeln wir Vertrauen in sie. Wirnehmen also Zuflucht, basierend auf

HÝÞ ist die Keimsilbevon Vajrasattva.

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len in alle Richtungen aus und vollfüh-ren die zwei Aufgaben: Sie reinigen dieWesen von allem negativen Karma, vonLeiden und Krankheiten und versetzensie in Glückseligkeit. Das Licht gehtdann zu allen Buddhas und Bodhi-sattvas und bringt ihnen Opfergabendar, um sie zu erfreuen. Das Lichtkommt wieder zurück und verschmilztmit dem Vajra. Das Wesentliche isthier, daß wir an die Gottheit denken.Sobald wir uns einen so reinen, voll-kommenen Buddha wie Vajrasattvavergegenwärtigen, erhalten wir im glei-chen Moment Segen, unser Geist wirdgereinigt und wir sammeln gute Ein-drücke an. Das liegt in der vollkom-

menen Natur dieser Gottheit begrün-det.

Von dem Vajra mit der Silbe HÝÞüber dem eigenen Kopf auf Lotos undMond strömt Licht zu den Wesen undreinigt sie, und danach strahlt es zu denBuddhas und Bodhisattvas aus. Es sam-melt sich zuletzt wieder in dem Vajraund der Silbe HÝÞ, diese schmelzenzu Licht, und daraus geht die GestaltVajrasattvas über dem eigenen Kopfhervor. Vajrasattva ist von weißer Kör-perfarbe und hat ein Gesicht und zweiArme; er hält einen Vajra in der rech-ten Hand und in der linken eine Glok-ke. Die Gottheit trägt wunderbareKleidung von göttlicher Seide und ist

mit Juwelen geschmückt. In den dreiZentren der Gottheit erscheinen diedrei Silben, welche Körper, Rede undGeist symbolisieren, nämlich im Schei-tel die weiße Silbe OÞ, in der Kehledie rote Silbe ÅÇ und im Herzen dieblaue Silbe HÝÞ. Man visualisiert Va-jrasattva in der gleichen Blickrichtungwie man selbst. Dies war die Visualisa-tion des Gelöbniswesens, das heißt desvorgestellten Wesens. Vom HerzenVajrasattvas strömt Licht aus, das dieWeisheitswesen einlädt, die dann mitdem vorgestellten Vajrasattva über demeigenen Kopf verschmelzen. Die Weis-heitswesen, die aus allen Richtungenkommen, sind Vajrasattva selbst, sie se-

Visualisierung während derRezitation des Mantras:In Vajrasattvas Herz stellen wiruns die Silbe HÝÞ auf einer fla-chen Mondscheibe vor, umgebenvon dem Hundertsilben-Mantra.

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(aus Geshe Rabten: Auf demWeg zur Geistigen Freude.)

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hen genauso aus wie er. In manchenTexten werden die Silben JA HÝÞBAM HOH rezitiert, um anzuzeigen,daß die Weisheitswesen kommen, mitdem visualisierten Vajrasattva ver-schmelzen und ohne Unterschied einsmit ihm werden. Dann geht nochmalsLicht von der Silbe HÝÞ im HerzenVajrasattvas aus und lädt dieInitiationsgottheiten ein, welche Ritu-alvasen mit Nektar tragen und die In-itiation erteilen. Dabei rezitieren sie dasMantra OÞ SARVA TATHAGATAABISHEKATA SAMAYA SHRIYEHÝÞ. Natürlich ist ein Vajrakörper,wie Vajrasattva ihn besitzt, völlig reinund bedarf keinerlei Waschungenmehr. Da wir selbst jedoch von falschenVorstellungen geprägt sind, mangeln-des Vertrauen und unreine Wahrneh-mungen in bezug auf die Buddhas undBuddha-Körper haben, wird die Initia-tion oder Waschung durchgeführt. Sieweist uns darauf hin, daß die Gottheitkeinerlei Befleckungen hat. Vajrasattvawird ganz angefüllt mit dem Weisheits-nektar, von dem ein Rest auf dem Kopfübrigbleibt, der die Gestalt von Bud-dha Akæobhya annimmt.

len. Wer keine große Initiation erhal-ten hat, kann sich Vajrasattva über demeigenen Scheitel vorstellen.

Wir sollten uns bewußt machen,daß unser Geist seit anfangsloser Zeitunter dem Einfluß von Leidenschaftenund negativen Geisteszuständen wieHaß, Begierde und Unwissenheit steht.Es gibt keine Leidenschaft, die nochnicht in uns entstanden ist oder dienicht bei den Wesen aktiv wäre. Moti-viert von negativen Geisteszuständenhaben wir selbst und die anderen We-sen eine Vielzahl von unheilsamenHandlungen angehäuft. Die Anlagendaraus sind mit unserem Geist verbun-den, und wenn wir uns nicht von ih-nen befreien, sie bereinigen, dann be-steht die große Gefahr, daß sich im Todein solches unheilsames karmisches Po-tential auswirkt und wir in sehr leid-volle Zustände geraten. Wir entwickelnan diesem Punkt starke Reue über un-sere unheilsamen Handlungen der Ver-gangenheit und eine starke Erkenntnisihrer negativen Natur.

Im Herzen von Vajrasattva über demeigenen Kopf befindet sich eine Mond-scheibe, die einen strahlenden Glanzund kühlendes Licht hat. Den Mondsollten wir uns als eine flache Scheibevorstellen und darauf senkrecht ste-hend die Silbe HÝÞ visualisieren. DieSilbe HÝÞ ist von weißer Farbe undumgeben von den 100 Silben des Va-jrasattva-Mantras, die im Uhrzeiger-sinn um die Silbe aufgebaut sind. Wirstellen uns diese Buchstaben nicht wienormale, geschriebene Buchstaben vor,in dem Sinne, daß jemand sie mit Tin-te auf die Mondscheibe geschriebenhätte oder daß dort aus irgendwelchenMaterialien gefertigte Buchstaben wieFiguren aufgestellt wären, sondern wirvergegenwärtigen uns, daß dort dashöchste Weisheitsbewußtsein des Bud-dha Gestalt annimmt in Form der Sil-ben, die Lichtnatur haben. Die Silbensind konkret sichtbar, so daß wir sierichtig anfassen könnten, wenn wir inder Nähe wären, aber sie haben keinefeste, massive Gestalt. Der bloße An-blick dieser Buchstaben hat schon ei-nen großen Segen und löst Freude undGlück im Geist aus; wir sammeln da-durch gute Eindrücke, die für die Be-freiung förderlich sind. Da das Mantra,die Mondscheibe und die Silbe HÝÞalle weiß visualisiert werden, mag essein, daß wir sie nicht auseinanderhal-ten können. Dazu wird in den mündli-chen Anweisungen der Lamas der Hin-weis gegeben, daß wir uns die verschie-denen Dinge in leicht unterschiedlicherweißer Farbe vorstellen können, etwaVajrasattva selbst in der Farbe von Kri-stall, die Mondscheibe in der Farbe vonMuscheln und die Mantrasilben miteinem leicht silbrigen Glanz. Die SilbeHÝÞ ist umgeben von einer Art Per-lenkette, wobei die einzelnen Perlenwie Lichtperlen sind.

Wir können uns viele Manifesta-tionen von Vajrasattva vorstellen, eineGestalt auf dem Kopf eines jeden füh-lenden Wesens, das man um sich her-um visualisiert. Von der Silbe HÝÞ imHerzen von Vajrasattva über dem ei-genen Kopf gehen Lichtstrahlen aus; ander Spitze eines jeden Lichtstrahls be-findet sich eine weitere Manifestationvon Vajrasattva. Wir können so medi-

Vajra und Glocke sind At-tribute tantrischer Medita-tionsgottheiten. Sie sym-bolisieren die altruistischeMethode und die Weisheitder endgültigen Realität al-ler Erscheinungen.

Vorbereitung derMantra-Rezitation

Nun folgt die Mantra-Rezitation mitden speziellen Visualisationen zur Rei-nigung. Wer eine große Initiationerhalten hat, kann sich in der Meditati-on selbst als Gottheit hervorbringenund sich dann zusätzlich Vajrasattvaüber dem eigenen Kopf vorstellen, wiees beschrieben wurde. Die Besonder-heit ist nun, daß wir uns in unserergewöhnlichen, zu läuternden Gestaltinnerhalb des Tropfens über der SilbeHÝÞ im Herzen der Gottheit visuali-sieren. Wenn wir können, stellen wiruns hier auch noch andere Wesen vor,für die wir diese Meditation durchfüh-ren, am besten alle fühlenden Wesen.Wir denken uns also uns selbst zusam-men mit den anderen Wesen in demTropfen auf der Silbe HÝÞ, sofern wirdazu in der Lage sind. Es reicht aller-dings auch aus, wenn wir uns allein indem Tropfen der Silbe HÝÞ vorstel-

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tieren, wenn wir dazu in der Lage sind.Aus der Silbe HÝÞ im Herzen vonVajrasattva gehen weitere Lichtstrahlenaus, an deren Ende sich Götter be-finden, die vielfältige Opfergaben inden Händen tragen und diese den Bud-dhas und Bodhisattvas in allen Rich-tungen darbringen. Die Lichtstrahlennehmen den Segen aller Buddhas an,die von diesen Opfergaben erfreut sind,sammeln sich und kommen zurück, sodaß sich der Segen aller Buddhas in derSilbe HÝÞ im Herzen Vajrasattvasüber dem Kopf sammelt. Dadurchnimmt Vajrasattva eine besonderePracht und Ausstrahlung an, da er denSegen aller Buddhas in sich absorbierthat. All dies sind Vorstellungen, diedazu dienen, die eigene unreine Sichtder Gottheit zu reinigen und deutlichins eigene Bewußtsein zu rufen, welcheerhabenen Qualitäten sie besitzt. Wirdenken, daß Vajrasattva die vollendeteKraft und Fähigkeit hat, unheilsamesKarma zu beseitigen. Mit dieser Visu-alisation führen wir dann die Rezi-tation des Mantras durch.

der massiven Anhäufung von nega-tivem Karma. Ich werde sie der Reihen-folge nach erklären.

Die Ausspülung der Negativitätenvon oben nach unten: Aus der SilbeHÝÞ im Herzen des Vajrasattva überdem Scheitel fallen Ströme von Nektarherab, die durch die eigene Fontanellein uns einfließen, durch die ver-schiedenen Kanäle des Körpers und dieCakras. Wenn wir unsere Perspektiveerweitern wollen, denken wir, daß ebensolche Ströme von Nektar von denEmanationen Vajrasattvas über denKöpfen der anderen Wesen ausgehenund sie auf die gleiche Art mit Nektarangefüllt werden. Durch das Ein-strömen des Nektars werden die ver-schiedenen Hindernisse beseitigt: dieAnlagen von den negativen unheilsa-men Handlungen sowie die Befleckun-gen, die sie zurückgelassen haben, aberauch die verschiedenen Verfehlungenund Übertretungen von den Gelübdenund Verpflichtungen, die man auf sich

genommen hat. Wir denken, daß diesenegativen Potentiale von oben nach un-ten herausgewaschen werden. Sie ver-

lassen den Körper in Form schwarzerFlüssigkeiten wie Tinte durch die unte-ren Ausscheidungsorgane und durchdie Poren des Körpers. Das geschiehtbei einem selbst und bei allen anderenWesen. Wir entwickeln die Über-zeugung, daß wir vollständig gereinigtwerden. Der Nektar ist keine gewöhn-liche Flüssigkeit, sondern die Manife-station der Vollendung von Methodeund Weisheit, die der Buddha erlangthat. Das höchste Weisheitsbewußtseindes Buddha, frei von allen Fehlern,nimmt die Gestalt von Nektar an, undweil der Nektar diese Natur hat, ist inihm alle Kraft, negatives Karma zu be-seitigen. Am Ende ist unser Körperstrahlend wie ein Kristall – von außenund innen völlig rein.

Die Reinigung von unten nachoben: Wir selbst und alle anderen We-sen werden von dem Nektar, der vonVajrasattva kommt, angefüllt vomScheitel bis zur Sohle. Das negativeKarma, das wir seit anfangloser Zeitangesammelt haben, wird in Gestaltschwarzer Flüssigkeiten von dem Nek-tar von unten nach oben gespült undverläßt den Körper durch die oberenÖffnungen und die Poren des Körpers.Es ist ein ähnlicher Vorgang, wenn wireinen Behälter, der mit Gras gefüllt war,reinigen wollen. Wenn wir Wasserhineinspritzen, werden die Rückständenach oben geschwemmt. Am Ende stel-len wir uns wieder vor, daß wir ganzrein gewaschen sind.

Die Reinigung der massiven Anhäu-fung: Alle Negativitäten, also allesschlechte Karma, Übertretungen vonGelübden und Disziplin und ähnli-

DIE DREI ARTEN DER REINIGUNG

Bei der Rezitation des Mantras können wir uns den Reinigungs-vorgang wie folgt vorstellen:

1. Nektar tritt durch den eigenen Scheitel ein und reinigt denKörper von oben nach unten. Schwarze Substanzen als Symbolfür alle Negativitäten werden nach unten ausgeschieden.2. Nektar tritt durch den eigenen Scheitel ein und reinigt denKörper von unten nach oben. Schwarze Substanzen werdennach oben gespült und verlassen den Körper durch die oberenKörperöffnungen.3. Alle Negativität sammelt sich als schwarze Masse im eigenenHerzen. Nektar fließt vom Scheitel herab und trifft auf dieseMasse. Die schwarze Masse wird durch die Poren ausgeschie-den.

Visualisationder Reinigung

Es gibt drei verschiedene Arten, dieReinigung zu meditieren: erstens dieAusspülung der Negativitäten vonoben nach unten, zweitens von untennach oben und dritten die Beseitigung

OÞ VAJRASATTVA SAMAYAM ANUPÅLAYA VAJRASATTVA-TVENOPATIÆ¡HA D¢ÐHO ME BHAVA SUTOÆYO ME BHAVASUPOÆYO ME BHAVA ANURAKTO ME BHAVA SARVASIDDHIÞ ME PRAYACCHA SARVAKARMA SUCA ME CITTAÞŒREYAÇ KURU HÝÞ HA HA HA HA HOÇ BHAGAVAN SARVA-TATHÅGATAVAJRA MÅ ME MUÑCA VAJRÏBHAVA MAHÅ-SAMAYASATTVA ÅÇ HÝÞ PHA¡

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Die Silben des Mantras von Vajrasattva

Die erste Silbe ist OÞ. OÞ be-steht aus den drei Buchstaben

Å, O und MA. Sie symbolisierenKörper, Rede und Geist der Bud-dhas, hier speziell von Vajrasattva.Durch Aussprechen der Silbe OÞzu Beginn des Mantras ruft manVajrasattva an, man bittet quasi umseine Aufmerksamkeit und seineHilfe. Weiter lautet das MantraOÞ VAJRASATTVA SAMAYAMANUPÅLAYA. VAJRASATTVA ist der Name der GottheitVajrasattva. SAMAYA heißt „Gelübde, Gelöbnis, Verspre-chen“; man erinnert Vajrasattva damit an sein Gelöbnis,zum Wohle der Wesen zu wirken. ANUPÅLAYA heißt:„halte, behüte [dein Gelöbnis]“.

VAJRASATTVATVENOPATIÆ¡HA bedeutet: „Vajra-sattva, sei mir nah“ oder „bleibe bei mir“. D¢ÐHO MEBHAVA: „Verleihe mir eine stabile, feste Natur“. SU-TOÆYO ME BHAVA: SUTOÆYO heißt „große Freude“,insgesamt bedeutet es „verleihe mir die Natur von großerFreude.“ SUPOÆYO ME BHAVA hat eine ähnliche Bedeu-tung wie der vorhergehende Satz: „Verleihe mir die Naturder höchsten Freude.“ ANURAKTO ME BHAVA: ANUR-AKTO heißt wörtlich „anhaften, anhängen“. Wenn wir sa-gen, „verleihe mir die Natur der Anhaftung“, ist hier jedochnicht die gewöhnliche Begierde gemeint, sondern das Mit-gefühl und die reine liebevolle Zuneigung des Buddha. Wirbitten Vajrasattva, uns die Natur von reiner, liebevoller Zu-neigung zu verleihen. SARVASIDDHIÞ ME PRAYAC-CHA: SARVA bedeutet „alle“, SIDDHI bezieht sich auf dieSiddhis oder Verwirklichungen auf dem Pfad, ME ist derDativ von „ich“, und PRAYACHA bedeutet „gewähre mir“.So liest sich der ganze Satz: „Gewähre mir alle Siddhis.“

SARVAKARMA SUCA ME: SARVA heißt „alle“ undKARMA ist die „Handlung“. SARVAKARMA SUCA MEbedeutet „Gewähre mir alle Handlungen.“ CITTAÞŒREYAÇ KURU: CITTA ist der „Geist“ und ŒREYAÇbedeutet „Herrlichkeit, Pracht“, KURU: bitte mache. Zu-sammen rezitieren wir hier: „Bitte versetze meinen Geist ineinen Zustand der Pracht und Herrlichkeit.“ Danach wirddie Silbe HÝÞ ausgesprochen; sie symbolisiert die Quali-täten des Geistes des Buddha, das Vajra des unerschütterli-chen Buddha-Geistes. Dieser hat verschiedene Aspekte, dieman auch die fünf Weisheiten nennt, welche durch die Sil-ben HA HA HA HA HOÇ repräsentiert werden.

BHAGAVAN ist der „Gesegnete“. Das tibetische WortTschom-dän-dä (bCom ldan ‘das) besteht aus drei Silben:tschom heißt „zerstören, vernichten“; dän bedeutet „verse-hen sein mit / im Besitz sein von“, und dä steht für „etwashinter sich gelassen haben“. Der Buddha ist jemand, der

alle Arten von Übel beseitigt hatund der mit allen Qualitäten aus-gestattet ist, insbesondere werdenin diesem Zusammenhang sechsQualitäten genannt. Der Buddhahat den Daseinskreislauf und dasrein persönliche Nirvå¶a überwun-den. Den Begriff Bhagavan kannman allgemein verstehen für alleFahrzeuge des Buddhismus. Spezi-ell im tantrischen Zusammenhang

würde man darauf hinweisen, daß der Buddha alle Hinder-nisse aufgegeben hat, die im Tantra zu überwinden sind,auch die subtilen Hindernisse in Form der gewöhnlichenErscheinungs- und Beurteilungsweisen, und schließlich allebegrifflichen Bewußtseinszustände, selbst die subtilsten, dieman die weiße Erscheinung, die rote Zunahme und dasschwarze nahe Erreichen nennt.

SARVATATHÅGATAVAJRA heißt „alle Vollendeten“,also alle Buddhas, „..., die wie ein Vajra sind.“. MÅ MEMUÑCA: MÅ ist ein Negationspartikel, ME „mich“, undMUÑCA bedeutet „aufgeben“. So heißt der Satz: „All dieTathågatas, die wie ein Vajra sind, mögen mich nicht aufge-ben.“ oder „All Ihr Tathågatas mit Vajra-Natur, bitte gebtmich nicht auf.“ VAJRÏBHAVA bedeutet Vajra-Natur, undMAHÅSAMAYA heißt „großes Gelöbnis“ und SATTVA istdas Wesen. Wenn man also rezitiert: VAJRÏBHAVAMAHÅSAMAYASATTVA ruft man damit Vajrasattva undalle Buddhas als diejenigen mit Vajra-Natur und mit demgroßen Gelöbnis an.

Die Silbe ÅÇ ist die Keimsilbe, die die vajragleiche Rededer Buddhas symbolisiert, die Qualitäten der Rede der Bud-dhas. Außerdem symbolisiert die Silbe ÅÇ die Leerheit, dieEntstehungslosigkeit, bzw. das nicht inhärente Entstehenaller Phänomene. Die Silbe HÝÞ symbolisiert das höchsteWeisheitsbewußtsein der Buddhas oder die höchste Weis-heit, die die Natur von großer Glückseligkeit hat. Die SilbePHA¡ am Ende ist ein Laut der Zerstörung von negativenKräften. Durch diese Silbe kommt zum Ausdruck, daß mitden Qualitäten, wie sie dem Geist eines Buddha zueigensind, alle negativen Kräfte zerstört werden. Man spricht dieLaute aus als Symbol dafür, daß alles schlechte Karma undalle Hindernisse beseitigt werden. In den tantrischen Kom-mentaren steht, daß die Silbe PHA¡ ein Laut ist, der zumAusdruck bringt, daß alle negativen Kräfte zusammen mitihren „Begleitern“ oder Begleiterscheinungen, den Leiden-schaften wie Haß, Gier und Verblendung, zerstört werden,denn alle negativen Geisteszustände fördern wieder anderenegative Geisteszustände, die wiederum begleitet werdenvom begrifflichen Denken, das auf den höchsten Stufenvöllig überwunden wird.

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ches, sammelt sich in der Höhe desHerzens und nimmt die Gestalt einesdichten, schwarzen Ovals an; es siehtaus wie ein Ei und ist wie eine Masseaus negativem Potential. Ströme vonNektar fließen von Vajrasattva herab,treten durch den Scheitel ein und tref-fen auf diese schwarze Masse. Mankann es damit vergleichen, daß man ei-nen harten Wasserstrahl auf einenStaubhaufen richtet; der Staub wird inalle Richtungen aufgewirbelt. Genausostellen wir uns vor, daß durch denStrom von Nektar dieses schwarze Eizerstört wird und alle Negativitäten, diees verkörperte, durch die Poren undAusscheidungsorgane ausgeschiedenwerden, so daß nichts mehr übrigbleibt. So werden wir selbst und alleanderen Wesen völlig gereinigt.

Wenn wir 21 Mantras rezitieren,können wir zu jeder dieser drei Visuali-sationen sieben Mantras sprechen. Wergerne 28 Mantras täglich rezitiert, stelltsich bei den letzten sieben Mantras vor,daß alle drei Reinigungen gleichzeitiggeschehen. Eine Alternative ist, daß wiruns bei der Rezitation vorstellen, zuerstdie negativen Handlungen des Körperszu reinigen, dann die der Rede und diedes Geistes; wir können jeweils siebenMantras sprechen. Wer 28 Mantrasrezitiert, denkt beim vierten Durch-gang, daß er alle verbleibenden Unrein-heiten von Körper, Rede und Geistgleichzeitig läutert.

Schließlich müssen wir uns nochGedanken über die Entsorgung dieserschwarzen Flüssigkeiten machen. Wirkönnen uns vorstellen, wie sich dieErde unter uns öffnet. Sie hat siebenSchichten, und in der unterstenSchicht verweilt der Herr des Todes,der eine Versinnbildlichung von unfrei-willigem Tod und Vergänglichkeit ist,die wir im Daseinskreislauf erleben.Natürlich handelt es sich nicht um einLebewesen, wie wir es manchmal inAbbildungen sehen, sondern der Todverkörpert sich in einem roten Stieroder Ochsen mit weit aufgerissenemMaul. Wir stellen uns vor, wie dieschwarzen Flüssigkeiten aus unseremKörper in seinen Schlund gelangen,und es bereitet ihm großes Vergnügen,alles aufzusaugen. Der Herr des Todes

ist ganz zufriedengestellt, und wir den-ken, daß er uns aufgrund dieser Medi-tation keine Hindernisse für ein langesLeben, für Gesundheit und ähnlichesin den Weg legt.

Am Ende nehmen wir noch einmalZuflucht zu Vajrasattva, dem Halter desVajra. Das Vajra ist ein Symbol für Kör-per, Rede und Geist des Buddha, dienicht zu erschüttern sind, die nicht de-generieren können und niemals ge-trennt sind von der Erkenntnis derendgültigen Realität, die völlig frei istvon allen Hindernissen. Der eigent-liche Vajra ist der Zustand des Buddha.Vajrasattva hält dieses Vajra, er hat die-sen Zustand erreicht, deshalb nenntman ihn Vajra-Halter und Beschützerund Zuflucht aller Wesen. Seine Naturist das große Mitgefühl. Nachdem wirden Vers rezitiert haben, in dem Vajra-sattva seine Freude über unsere Praxisbekundet, stellen wir uns vor, daß er

Zufluchtsobjekt Buddha Όkyamuni: die Zufluchtnahmesteht am Anfang jeder buddhisischen Praxis.

Serie

mit uns verschmilzt und wir mit denVollkommenheiten seines Körpers, sei-ner Rede und seines Geistes ausge-stattet sind. Allerdings sollten nur die-jenigen so meditieren, die schon einmaleine große Initiation erhalten haben.Wer das nicht hat, denkt einfach, daßVajrasattva als Zufluchtsobjekt überseinem Kopf verweilt und daß er selbstvollständig gereinigt und geläutertwird. In jedem Fall sollten wir dieÜberzeugung wachrufen, daß wirdurch die Meditation ganz gereinigtwerden. Zum Schluß rezitieren wir dieWidmung.

Je mehr Mantras wir rezitieren undje intensiver und ausgiebiger wir dieseMeditation durchführen, um so größerist der Nutzen. Wenn wir dann auf derGrundlage eines so geläuterten Geistesmeditieren, dann wird unsere Medita-tion eine größere Kraft haben.Aus dem Tibetischen von Christof Spitz