Sedimentologie, Stromatolithen und Fossilführung der ... · Schlußfolgerungen (1) Lakustrine...

1
Schlußfolgerungen (1) Lakustrine Zyklen der „Mittleren Grauen Serie“ beinhalten um- gelagerte Stromatolithe, wohingegen episodische Playasee-Einschal- tungen der „Oberen Bunten Serie“ autochthone Stromatolithe zeigen. (2) Basale Aufarbeitungslagen lakustriner Zyklen mit disartikulierten Vertebratenresten („Bonebeds“) resultierten von Starkregen- ereignissen, welche trockengefallene Landstriche mit verendeter Fauna überfluteten. (3) Während Playasee-Stromatolithen der Oberen Bunten Serie von Evaporation geprägte Kohlen- und Sauerstoff-Isotopensignale auf- weisen, zeigen Süß- bis Brackwasser-Stromatolithe der Mittleren Grauen Serie zusätzliche biologische Fraktionierungseffekte (C- Fixierung). Geowissenschaftliches Zentrum der Georg-August-Universität Göttingen Abteilung Geobiologie Sedimentologie, Stromatolithen und Fossilführung der Arnstadt Formation bei Göttingen (Nor, Leinetalgraben, Niedersachsen) Arp, G. 1) , Bielert, F. 2) , Hoffmann, V.-E. 1) & Löffler, T. 3) 1) Geowissenschaftliches Zentrum der Universität Göttingen, Abteilung Geobiologie; 2) Bruchbergweg 7, 38104 Braunschweig; 3) Hermann-Föge-Weg 6, 37073 Göttingen Die Arnstadt Formation („Steinmergelkeuper“, Nor) bei Göttingen Durch den Bau der Autobahn 38 südlich von Göttingen entstanden neue Aufschlüsse lakustriner bis terrestrisch-fluviatiler Sedimente der Arnstadt Formation (Nor). Hier konnten mehrere stromatolith- und fossilführende Horizonte erstmal hier detailliert untersucht werden. Diese sind der „Mittleren Grauen Serie“ und der „Oberen Bunten Serie“ der Arnstadt Formation zuzuordnen. Lakustrine Zyklen Die „Mittlere Grauen Serie“ zeigt Sedimentzyklen perennierender Süß- bis Salzwasserseen (Abb. 1): (1) Basale Aufarbeitungslage (mit Intraklasten, Vertebratenreste), (2) dunkelgraue feinschichtige Tonsteine (mit Estherien, Bivalven), (3) grünlichgraue bis gescheckte, entschichtete Tonsteine, (4) abschließende Dolomikritbank. Die „Obere Bunte Serie“ liegt dagegen in Form rotbunter, vielfach pedogen geprägter Feinklastika von Überschwemmungsebenen vor (Abb. 2), mit nur sporadischen lakustrinen Einschaltungen (Playa- Playasee-System). Stromatolithen Stromatolithen fanden sich aufgearbeitet an einer Zyklenbasis der „Mittleren Grauen Folge“ (Stromatolith-Typ 1; Abb. 1A, 2A) und autochthon als lakustrine Einschaltung in rotbraune Feinklastika von Überflutungsebenen der „Oberen Bunten Folge“ (Stromatolith-Typ 2; Abb. 1B, 2B). Stromatolith-Typ 1 besteht aus dichten Dolomikrit- Lamellen und agglutinierten Lagen aus Quarzsand und plattige Bioklasten (Abb. 3A). Partikelarme Varianten zeigen stattdessen einen Wechsel dichter und poröse Lagen mit erekte Filamentspuren (Cyano- bakterien, höhere Algen; Abb. 3B). Stromatolith-Typ 2 ist dagegen dolomikritisch-peloidal ausgebildet, ohne daß hier strukturelle Reste ehemaliger Cyanobakterien oder Algen erkennbar wären (Abb. 3C). Biofilme der perennierenden Süß- bis Salzwasserseen schließen läßt. Dolomikritisch-peloidale Lamellen des Stromatolith-Typs 2 zeigen dagegen strikt positiv korrelierte δ 13 C- und δ 18 O-Werte, was auf einen dominierenden Evaporationseffekt hinweist (Abb. 4). Fossilführung Basale Aufarbeitungslagen lakustriner Zyklen der „Mittleren Grauen Serie“ enthalten disartikulierte Reste von Vertebraten, darunter Fischschuppen, Haifischflossen-Stachel, Lungenfischzähne, Haut- knochenplatten von Plagiosauriern sowie Hautknochen, Schädelreste und Zähne von Archosauriern (Abb. 5). Diese „Bonebeds“ resultierten vermutlich von Starkregenereignissen, welche trockengefallene Landstriche mit verendeter Fauna überfluteten. Darauffolgende dunkle, feinschichtige Tonsteine enthalten zusätzlich Estherien und unionide Bivalven (Abb. 5) und dokumentieren damit eine vorübergehende Süßwasserphase, während entschichtete Tonsteine und Dolomitsteine am jeweiligen Zyklentop äußerst fossilarm sind. Abb. 1. Detailprofile stromatolithführender Zyklen der Arnstadt Formation (Mittlerer Keuper) südlich von Göttingen. A. Autobahneinschnitt Krähenberg, „ Mittlere Graue Serie“. B. Autobahneinschnitt Elkershausen, „Obere Bunte Serie“. Abb. 2. Stromatolithe der Arnstadt Formation bei Göttingen. A. Anschliff eines Stromatolith-Horizontes aus Ablagerungen perennierender Süß- bis Salzwasserseen der „Mittleren Grauen Serie“, Krähenberg. B. Geländeaufnahme eines Stromatolith- Horizontes der Playa-Playasee-Ablagerungen der „Oberen Bunten Serie“, Elkershausen. Abb. 3. Dünnschliffbilder der Stromatolithen. A. Agglutinierte Fischschuppen in dolomikritischen Lamellen des Stromatolith-Typs 1, Krähenberg. B. Erekte Filamentspuren von Cyanobakterien in partikelarmen Variante von Stromatolith-Typ 1, Krähenberg. C. Wechsel von dolomikritischen und peloidalen Lamellen ohne erkennbare Reste filamentöser Mikroorganismen im Stromatolith-Typ 2, Elkershausen. Abb. 4. δ 18 O-δ 13 C-Kovarianz-Plot. Während die Werte vom Stromatolith-Typ 1 eine starke Streuung zeigen, ist bei den Werte von Stromatolith-Type 2 eine strenge positive Korrelation zu beobachten. Abb. 5. Makrofossilien der Arnstadt Formation („ Mittlere Graue Serie“) vom Autobahneinschnitt Krähen- berg südlich von Göttingen. A. Lungenfischzahn Ceratodus sp., Schicht 1-16. B. Zahn eines Archosauriers (?Teratosaurus sp.). Schicht 1-28. C. Zahn eines Phytosauriers. Schicht 1-29. D. Schädelfragment eines Phyto- sauriers. Schicht 1-29. E. Süßwassermuschel Uniokeuperinus, Schicht 1-29. A B A B A B C A B C Stabile Isotopen Dichte und poröse Lamellen der Stromatolithe Typ 1 zeigen eine nur schwache Kovarianz von δ 13 C- und δ 18 O-Werten der einzelnen Lamellen (Abb. 4.). Teilweise sind δ 13 C- und δ 18 O-Werte sogar negativ korreliert, was auf einen wirksamen biologischen Fraktionierungseffekt (z.B. niedrigere Produktivität und 13 C-Entzug bei saisonal höheren Salinitäten; vgl. Woo et al. 2003) in der Wassersäule oder innerhalb A B C D E 1 m Literatur Kellner, A. (1997): Das Typusprofil der Arnstadt-Formation (ehem. Steinmergelkeuper, Obere Trias) Thüringens. - 71. S., Diplomarbeit Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Vath, U. (im Druck): Der Keuper im südlichen Niedersachsen bei Göttingen. - In: Stratigraphische Subkommission Deutschlands: Stratigraphie von Deutschland. Keuper. - Courier Forschungsinstitut Senckenberg Woo, K.S., Lee, K.C., Khim, B.K. & Yoon, H.S. (2003): Paleosalinity and paleoproductivity fluctuations recorded in the Cretaceous lacustrine stromatolites, Gyeongsang Basin, Korea. - Geological Society of America Abstracts with Programs 35 (6): 507.

Transcript of Sedimentologie, Stromatolithen und Fossilführung der ... · Schlußfolgerungen (1) Lakustrine...

Page 1: Sedimentologie, Stromatolithen und Fossilführung der ... · Schlußfolgerungen (1) Lakustrine Zyklen der „Mittleren Grauen Serie“ beinhalten um-gelagerte Stromatolithe, wohingegen

Schlußfolgerungen(1) Lakustrine Zyklen der „Mittleren Grauen Serie“ beinhalten um-gelagerte Stromatolithe, wohingegen episodische Playasee-Einschal-tungen der „Oberen Bunten Serie“ autochthone Stromatolithe zeigen.(2) Basale Aufarbeitungslagen lakustriner Zyklen mit disartikulierten Vertebratenresten („Bonebeds“) resultierten von Starkregen-ereignissen, welche trockengefallene Landstriche mit verendeter Fauna überfluteten. (3) Während Playasee-Stromatolithen der Oberen Bunten Serie von Evaporation geprägte Kohlen- und Sauerstoff-Isotopensignale auf-weisen, zeigen Süß- bis Brackwasser-Stromatolithe der Mittleren Grauen Serie zusätzliche biologische Fraktionierungseffekte (C-Fixierung).

Geowissenschaftliches Zentrum der Georg-August-Universität GöttingenAbteilung Geobiologie

Sedimentologie, Stromatolithen und Fossilführung der Arnstadt Formation bei Göttingen (Nor, Leinetalgraben, Niedersachsen)

Arp, G.1), Bielert, F.2), Hoffmann, V.-E.1) & Löffler, T.3)1) Geowissenschaftliches Zentrum der Universität Göttingen, Abteilung Geobiologie; 2) Bruchbergweg 7, 38104 Braunschweig; 3) Hermann-Föge-Weg 6, 37073 Göttingen

Die Arnstadt Formation („Steinmergelkeuper“, Nor) bei GöttingenDurch den Bau der Autobahn 38 südlich von Göttingen entstanden neue Aufschlüsse lakustriner bis terrestrisch-fluviatiler Sedimente der Arnstadt Formation (Nor). Hier konnten mehrere stromatolith- und fossilführende Horizonte erstmal hier detailliert untersucht werden. Diese sind der „Mittleren Grauen Serie“ und der „Oberen Bunten Serie“der Arnstadt Formation zuzuordnen.

Lakustrine ZyklenDie „Mittlere Grauen Serie“ zeigt Sedimentzyklen perennierender Süß-bis Salzwasserseen (Abb. 1):(1) Basale Aufarbeitungslage (mit Intraklasten, Vertebratenreste),(2) dunkelgraue feinschichtige Tonsteine (mit Estherien, Bivalven),(3) grünlichgraue bis gescheckte, entschichtete Tonsteine, (4) abschließende Dolomikritbank.

Die „Obere Bunte Serie“ liegt dagegen in Form rotbunter, vielfach pedogen geprägter Feinklastika von Überschwemmungsebenen vor (Abb. 2), mit nur sporadischen lakustrinen Einschaltungen (Playa-Playasee-System).

StromatolithenStromatolithen fanden sich aufgearbeitet an einer Zyklenbasis der „Mittleren Grauen Folge“ (Stromatolith-Typ 1; Abb. 1A, 2A) und autochthon als lakustrine Einschaltung in rotbraune Feinklastika von Überflutungsebenen der „Oberen Bunten Folge“ (Stromatolith-Typ 2; Abb. 1B, 2B). Stromatolith-Typ 1 besteht aus dichten Dolomikrit-Lamellen und agglutinierten Lagen aus Quarzsand und plattige Bioklasten (Abb. 3A). Partikelarme Varianten zeigen stattdessen einen Wechsel dichter und poröse Lagen mit erekte Filamentspuren (Cyano-bakterien, höhere Algen; Abb. 3B). Stromatolith-Typ 2 ist dagegen dolomikritisch-peloidal ausgebildet, ohne daß hier strukturelle Reste ehemaliger Cyanobakterien oder Algen erkennbar wären (Abb. 3C).

Biofilme der perennierenden Süß-bis Salzwasserseen schließen läßt. Dolomikritisch-peloidale Lamellen des Stromatolith-Typs 2 zeigen dagegen strikt positiv korrelierte δ13C- und δ18O-Werte, was auf einen dominierenden Evaporationseffekt hinweist (Abb. 4).

FossilführungBasale Aufarbeitungslagen lakustriner Zyklen der „Mittleren Grauen Serie“ enthalten disartikulierte Reste von Vertebraten, darunter Fischschuppen, Haifischflossen-Stachel, Lungenfischzähne, Haut-knochenplatten von Plagiosauriern sowie Hautknochen, Schädelreste und Zähne von Archosauriern (Abb. 5). Diese „Bonebeds“ resultierten vermutlich von Starkregenereignissen, welche trockengefallene Landstriche mit verendeter Fauna überfluteten. Darauffolgende dunkle, feinschichtige Tonsteine enthalten zusätzlich Estherien und unionide Bivalven (Abb. 5) und dokumentieren damit eine vorübergehende Süßwasserphase, während entschichtete Tonsteine und Dolomitsteine am jeweiligen Zyklentop äußerst fossilarm sind.

Abb. 1. Detailprofile stromatolithführender Zyklen der Arnstadt Formation (Mittlerer Keuper) südlich von Göttingen. A. Autobahneinschnitt Krähenberg, „ Mittlere Graue Serie“. B. Autobahneinschnitt Elkershausen, „Obere Bunte Serie“.

Abb. 2. Stromatolithe der Arnstadt Formation bei Göttingen. A. Anschliff eines Stromatolith-Horizontes aus Ablagerungen perennierender Süß- bis Salzwasserseen der „Mittleren Grauen Serie“, Krähenberg. B. Geländeaufnahme eines Stromatolith-Horizontes der Playa-Playasee-Ablagerungen der „Oberen Bunten Serie“, Elkershausen.

Abb. 3. Dünnschliffbilder der Stromatolithen. A. Agglutinierte Fischschuppen in dolomikritischen Lamellen des Stromatolith-Typs 1, Krähenberg. B. Erekte Filamentspuren von Cyanobakterien in partikelarmen Variante von Stromatolith-Typ 1, Krähenberg. C. Wechsel von dolomikritischen und peloidalen Lamellen ohne erkennbare Reste filamentöser Mikroorganismen im Stromatolith-Typ 2, Elkershausen.

Abb. 4. δ18O-δ13C-Kovarianz-Plot. Während die Werte vom Stromatolith-Typ 1 eine starke Streuung zeigen, ist bei den Werte von Stromatolith-Type 2 eine strenge positive Korrelation zu beobachten.

Abb. 5. Makrofossilien der Arnstadt Formation („ Mittlere Graue Serie“) vom Autobahneinschnitt Krähen-berg südlich von Göttingen. A. Lungenfischzahn Ceratodus sp., Schicht 1-16. B. Zahn eines Archosauriers (?Teratosaurus sp.). Schicht 1-28. C. Zahn eines Phytosauriers. Schicht 1-29. D. Schädelfragment eines Phyto-sauriers. Schicht 1-29.E. Süßwassermuschel „Unio“keuperinus, Schicht 1-29.

A B

A B

A B CA B C

Stabile IsotopenDichte und poröse Lamellen der Stromatolithe Typ 1 zeigen eine nur schwache Kovarianz von δ13C- und δ18O-Werten der einzelnen Lamellen (Abb. 4.). Teilweise sind δ13C- und δ18O-Werte sogar negativ korreliert, was auf einen wirksamen biologischen Fraktionierungseffekt (z.B. niedrigere Produktivität und 13C-Entzug bei saisonal höheren Salinitäten; vgl. Woo et al. 2003) in der Wassersäule oder innerhalb

A B C

D E

1 m

LiteraturKellner, A. (1997): Das Typusprofil der Arnstadt-Formation (ehem. Steinmergelkeuper, Obere Trias) Thüringens. -

71. S., Diplomarbeit Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Vath, U. (im Druck): Der Keuper im südlichen Niedersachsen bei Göttingen. - In: Stratigraphische Subkommission

Deutschlands: Stratigraphie von Deutschland. Keuper. - Courier Forschungsinstitut SenckenbergWoo, K.S., Lee, K.C., Khim, B.K. & Yoon, H.S. (2003): Paleosalinity and paleoproductivity fluctuations recorded in

the Cretaceous lacustrine stromatolites, Gyeongsang Basin, Korea. - Geological Society of America Abstracts with Programs 35 (6): 507.