Schnittstellen Ambu Stationär
Transcript of Schnittstellen Ambu Stationär
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SACHVERSTNDIGENRAT zur Begutachtung der Entwicklung
im Gesundheitswesen
Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationrer
Gesundheitsversorgung
Sondergutachten 2012
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Sondergutachten 2012
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Inhaltsbersicht
Vorwort 5
Gliederung 7
Verzeichnis der Tabellen im Text 11
Verzeichnis der Abbildungen im Text 13
Abkrzungsverzeichnis 16
Teil I: Wettbewerb mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung
1. Problemstellung und Schwerpunkte des Gutachtens 23
2. Wettbewerb als Instrument zur Realisierung einer effizienten und effektiven Gesundheitsversorgung 35
3. Voraussetzungen fr einen zielfhrenden Wettbewerb im Gesundheitswesen 65
Teil II: Grundlegende Probleme und Lsungsanstze an der Schnittstelle zwischen ambulantem und stationrem Sektor
4. Sicherstellung von Versorgungskontinuitt als Kernaufgabe des Schnittstellenmanagements 137
5. Sektorenbergreifender und populationsorientierter Qualittswettbewerb 177
6. Wettbewerbsbedingungen an der Sektorengrenze zwischen ambulant und stationr 237
7. Effizienz- und Effektivittsverbesserungen durch selektive Vertrge 309
8. Wettbewerb im Leistungsbereich und Zusatzbeitrag 387
Anhang 428
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Vorwort
Mit diesem Gutachten kommt der Sachverstndigenrat dem Auftrag des Bundesministers fr Gesundheit vom Dezember 2010 nach, ein Sondergutachten zum Thema Wettbewerb an den Schnittstellen der Gesundheitsversorgung zu erstellen. Das vorliegende Sondergutachten konzen-triert sich dabei vor allem auf die Schnittstelle zwischen ambulanter und stationrer Gesund-heitsversorgung.
Im Rahmen der Erstellung des Gutachtens hat der Rat eine Vielzahl von Gesprchen gefhrt und wertvolle Anregungen erhalten. Er konnte jederzeit fachkundige Informationen im Bundes-ministerium fr Gesundheit einholen. Auch der Austausch mit Mitarbeitern von weiteren Bundes- und Landesministerien, Verbnden und Institutionen war beraus hilfreich fr die Erstellung des Gutachtens. Der Rat dankt auch den Mitarbeitern an den Lehrsthlen und Institutionen der Ratsmitglieder.
Fr wichtige Anregungen und Hinweise bedankt sich der Rat besonders bei Dr. Stefan Bales, Bundesministerium fr Gesundheit; Prof. Dr. Ulrich Becker, LL.M.(EHI), Max-Planck-Institut fr Sozialrecht und Sozialpolitik, Mnchen; Prof. Dr. med. Matthias Beckmann, Universittsklinikum Erlangen; Dipl.-Soz. Martin Beyer, Institut fr Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universitt, Frankfurt am Main; Dieter Carius, DAK; Prof. Dr. rer. biol. hum. Marie-Luise Dierks, Institut fr Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover; Hendrik Drther, AOK Bundesverband; Dr. rer. pol. Daniel Erdmann; Dr. med. Antje Erler, MPH, Institut fr Allgemeinmedizin, Johann Wolfgang Goethe-Universitt, Frankfurt am Main; Dr. Stefan Etgeton, Bertelsmann Stiftung; Ilona Fallaschek, Kassenrztliche Vereinigung Baden-Wrttemberg; Jrgen Graf, AOK Baden-Wrttemberg; Thomas Graf, Statistisches Bundesamt; Dr. Matthias Gruhl, seinerzeit Senatsverwaltung fr Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Freie Hansestadt Bremen; Dr. Hartmut Gnther, Techniker Krankenkasse; Dr. Kerstin Hmel, Institut fr Pflegewissenschaft, Universitt Bielefeld; Margit Haug, Kassenrztliche Vereinigung Baden-Wrttemberg; PD Dr. Gnther Heller, AQUA-Institut; Stefanie Herrmann, BKK Landesverband Bayern; Helmut Hildebrandt, OptiMedis AG; Gnter Hlling, MPH, Verbund unabhngige Patientenberatung e.V.; Karsten Honsel, Klinikum Region Hannover GmbH; Dr. Urban Janisch, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen; Dipl.-Soz. Christoph Karlheim, Fakultt fr Gesundheitswissenschaften, Universitt Bielefeld; Dr. Hiltrud Kastenholz, Bundesministerium fr Gesundheit; Prof. Dr. Thorsten Kingreen, Universitt Regensburg; Andre Klein-Wiele, Bundesministerium fr Gesundheit; Dr. Andreas Khler, Kassenrztliche Bundes-vereinigung; Dr. Kai Kolpatzik, MPH, AOK-Bundesverband; Dr. Rudolf Ksters, Deutsche Kranken-hausgesellschaft; Dr. Roland Laufer, Deutsche Krankenhausgesellschaft; Christian Leber, Bundes-ministerium fr Gesundheit; Susanne Lilie, Kassenrztliche Vereinigung Baden-Wrttemberg; Jana Lipske, Bundesministerium fr Gesundheit; Prof. Dr. Thomas Mansky, TU Berlin/HELIOS-Kliniken; Hans-Dieter Nolting, IGES Institut; Dirk Ranson, AOK Baden-Wrttemberg; Carsten Redeker, Techniker Krankenkasse; Peter Reschke, Institut des Bewertungsausschusses; Dr. Christa Scheidt-Nave, Robert Koch-Institut; Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler, Unabhngige Patientenberatung Deutschland; Dr. Thomas Schott, Fakultt fr Gesundheitswissenschaften, Universitt Bielefeld; Cordula Schubert, Landesprfungsamt fr Sozialversicherung, Schsisches Staatsministerium fr Soziales und Verbraucherschutz; Karin Schuldt, BKK Landesverband Nordwest; Sabine Schulze, Wissenschaftliches Institut der AOK; Antje Schwinger, IGES Institut; Lioba Sternberg, Institut fr
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6 Sondergutachten 2012
Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherung, Universitt Bonn; Karin Sttzner, SEKIS Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle und Patientenbeauftragte fr Berlin; Dr. Christoph Straub, BARMER GEK; Prof. Dr. med. Joachim Szecsenyi, AQUA-Institut; Dr. Gisela Unger, Senatsverwal-tung fr Gesundheit und Soziales, Berlin; Dr. Thorsten Vogel, Institut des Bewertungsausschusses; Dr. Arne von Boetticher, seinerzeit AOK-Bundesverband; Franz Wagner, M.Sc., Deutscher Pflegerat und Deutscher Berufsverband fr Pflegeberufe; Dr. Klaus Wingenfeld, Institut fr Pflege-wissenschaft, Universitt Bielefeld; Jasmin Winter, AOK Baden-Wrttemberg; Heike Wllenstein, GKV-Spitzenverband; Wolfgang Zller, MdB, Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Dem IGES Institut sei auerdem fr die Bereitstellung des IGES Kompass Gesundheit der Jahre 2009 bis 2011 gedankt.
Im Rahmen dieses Sondergutachtens hat der Rat zu verschiedenen Bereichen eigene Befragungen durchgefhrt. Den hieran teilnehmenden Krankenhusern und Krankenkassen sowie deren Mit-arbeitern ist der Rat zu groem Dank verpflichtet.
Fr die Erarbeitung und Durchsicht wichtiger Teile und fr die Endredaktion des Gutachtens konnte sich der Rat, wie schon in der Vergangenheit, auf die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschftsstelle sttzen. Zu ihnen gehren Herr Kai-Uwe Beger, M.A. (bis April 2012); Frau Sarah Dauven, M.Sc.; Frau Dipl.-Volksw. Viola Henke, B.A.(Hons); Herr Dr. Jan-Marc Hodek; Frau Karin Hppner, M.Sc. (bis Januar 2011); Herr Dipl.-Volksw. Kai Menzel, M.A.; Frau Dr. Dorsay E. Novak (bis Juni 2011); Frau Dr. rer. pol. Ines Verspohl, M.A. und als Leiterin der Geschftsstelle Frau Dr. rer. oec. Birgit Cobbers. Fr ihr auergewhnliches Engagement und ihre sachkundige Untersttzung gebhrt ihnen besonderer Dank. Bis Juni 2011 wirkte Herr Prof. Dr. med. Matthias Schrappe als stellvertretender Vorsitzender des Rates tatkrftig an der Erstellung des Gutachtens mit. Er bereicherte das Gutachten mit wertvollen konzeptionellen Anregungen.
Der Rat dankt auerdem Frau Anette Bender, die mit groer Sorgfalt und Geduld die technische Herstellung der Gutachtenbnde bewltigte. Schlielich dankt der Rat Frau Sabine VanDen Berghe und Frau Annette Wessel fr die Untersttzung der Arbeit des Rates in der Geschftsstelle. Auch den Praktikanten Frau Sibel Altin und Herrn Oliver Haun sei fr ihre Hilfe gedankt.
Wenn im Gutachten bei der Bezeichnung von Personengruppen, Gesundheitsberufen und anderen Kollektiven die mnnliche Form verwendet wird, so sind damit selbstverstndlich Frauen und Mnner gemeint. Die Verwendung der krzeren mnnlichen Form dient ausschlielich der besseren Lesbarkeit. Alle verwendeten Markenzeichen und -namen sind Eigentum der jeweiligen Inhaber. Auf eine weitere Kennzeichnung der Markenzeichen und -namen wurde bei deren Verwendung zum Zweck der besseren bersicht und Lesbarkeit verzichtet.
Fr Fehler und Mngel des Gutachtens trgt der Rat die Verantwortung. Bonn, im Juni 2012
Ferdinand M. Gerlach Wolfgang Greiner Marion Haubitz
Doris Schaeffer Petra Thrmann Gregor Thsing
Eberhard Wille
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Gliederung Teil I: Wettbewerb mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung
1 Problemstellung und Schwerpunkte des Gutachtens 231.1 Die Leistungsfhigkeit des deutschen Gesundheitswesens im Widerstreit der
Meinungen 231.2 Inhalt und Aufbau des Gutachtens 291.3 Literatur 332 Wettbewerb als Instrument zur Realisierung einer effizienten und effektiven
Gesundheitsversorgung 352.1 Der Wettbewerb als Element unterschiedlicher Allokationsmechanismen 352.2 Ebenen von Effizienz- und Effektivittspotenzialen 372.3 Ziele und Leitbilder der Gesundheitsversorgung 412.4 Wettbewerbsfelder im Gesundheitswesen 432.5 Preis- und Qualittswettbewerb 462.6 Grundlegende Aspekte des Kartell- und Vergaberechts 472.6.1 Wettbewerbsschutz durch Kartellrecht im Gesundheitswesen 472.6.2 Die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf die gesetzlichen Krankenkassen 542.6.3 Zum Verhltnis von Kartell- und Vergaberecht Umfassende Anwendung des GWB auf
die gesetzlichen Krankenkassen macht Vergaberecht nicht entbehrlich 592.7 Literatur 613 Voraussetzungen fr einen zielfhrenden Wettbewerb im Gesundheitswesen 653.1 Die bestehenden Wettbewerbsparameter der Krankenkassen 653.2 Umfang und Struktur der Beschftigten aus wettbewerblicher Sicht 703.2.1 Determinanten des Fachkrftebedarfs 713.2.2 Die Situation der Fachkrfte vor dem Hintergrund der demografischen Alterung 723.2.3 Projektionen der Fachkrfteentwicklung im Gesundheitswesen 783.2.4 Handlungsanstze zur Sicherung der fr einen Qualittswettbewerb notwendigen
Fachkrfte 863.2.5 Fazit und Empfehlungen 933.3 Strkung der Nutzerkompetenz als Voraussetzung eines zielfhrenden
Wettbewerbs 943.3.1 Informationsasymmetrien auf Leistungsmrkten 953.3.2 Wachsende Bedeutung der Patienten-/Nutzerinformation und -beratung 98
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3.3.3 Patienten-/Nutzerinformation und -beratung in Deutschland 1013.3.4 Fazit und Empfehlungen 1143.4 Literatur 121Teil II: Grundlegende Probleme und Lsungsanszte an der Schnitt-
stelle zwischen ambulantem und stationrem Sektor
4 Sicherstellung von Versorgungskontinuitt als Kernaufgabe des Schnittstellenmanagements 137
4.1 Herausforderungen des Schnittstellenmanagements und wettbewerbliche Aspekte 1374.2 Gesetzlicher Rahmen 1394.3 Schnittstellenmanagement vonseiten der rzte 1404.4 Entlassungsmanagement durch den Sozialdienst und die Pflege 1584.5 Fazit und Empfehlungen 1664.6 Literatur 1705 Sektorenbergreifender und populationsorientierter Qualittswettbewerb 1775.1 Qualittsindikatoren 1785.2 Stand der Qualittsmessung und -transparenz 1845.2.1 Qualittssicherung im stationren Sektor 1855.2.2 Qualittssicherung in der vertragsrztlichen Versorgung 1875.2.3 Qualittssicherung in der Pflege 1905.2.4 Sektorenbergreifende Qualittssicherung 1915.2.5 Qualittssicherung durch Follow up-Erhebungen 1925.2.6 Qualittstransparenz (Public Reporting) und Wettbewerb 1955.3 Wettbewerb um die Qualitt sektorengleicher Verfahren 1995.3.1 Qualittsvergleich niedergelassener Fachrzte und Krankenhuser 1995.3.2 Risikoadjustierung 2005.3.3 Risiken der Qualittstransparenz 2005.3.4 Empfehlung zu sektorengleichen Leistungen 2025.4 Wettbewerb um sektorenbergreifende Versorgung 2025.4.1 Populationsbezogene Indikatoren 2035.4.2 Sterblichkeit 2055.4.3 Regionale Varianzen in der verringerbaren Sterblichkeit 2095.4.4 Indikatoren fr die ambulante Versorgung 2155.4.5 Vermeidbare Krankenhauseinweisungen 2165.4.6 Regionale Varianzen in den vermeidbaren Krankenhauseinweisungen 221
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5.5 Soziokonomische Risikoadjustierung 2235.6 Organisation und Verantwortung 2255.7 Fazit und Empfehlungen 2265.8 Literatur 2296 Wettbewerbsbedingungen an der Sektorengrenze zwischen ambulant und
stationr 2376.1 Potenziale ambulanter Leistungserbringung 2376.2 Effizienzsteigernder Wettbewerb aus theoretischer Sicht 2426.3 Zielorientierter Wettbewerb im Bereich der ambulanten spezialfachrztlichen
Versorgung nach 116b SGB V 2466.4 Zielorientierter Wettbewerb im Bereich des ambulanten Operierens 2816.5 Zielorientierter Wettbewerb im Bereich MVZ 2916.6 Zielorientierter Wettbewerb im Bereich belegrztlicher Leistungen 2996.7 Fazit und Empfehlungen 3016.8 Literatur 3047 Effizienz- und Effektivittsverbesserungen durch selektive Vertrge 3097.1 Eingeschrnkte Vertragsfreiheit infolge von berregulierung 3097.2 Weiterentwicklung und Erweiterung der selektiven Vertragsoptionen 3127.3 Gezielte Frderung von Versorgungsinnovationen und Versorgungsforschung 3167.4 Bereinigung der ambulanten rztlichen Vergtung 3207.4.1 Grundzge der kollektivvertraglichen ambulanten rztlichen Vergtung 3207.4.2 Ordnungspolitische Notwendigkeit eines Bereinigungsverfahrens 3227.4.3 Aktuell gltige Bereinigungsverfahren 3267.4.4 Alternative Bereinigungsverfahren 3347.5 Zuweisung gegen Entgelt 3387.6 Ergebnisse einer Befragung zur integrierten Versorgung nach 140 a-d SGB V 3407.6.1 Befragung der Krankenkassen 3407.6.2 Befragung der Krankenhuser 3647.7 Liberalisierung der europischen Gesundheitsmrkte 3757.7.1 Die Wanderarbeitnehmerverordnung 3767.7.2 Die Rechtsprechung des EuGH 376
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Sondergutachten 201210
7.7.3 Die Reaktionen auf die Rechtsprechung des EuGH von Seiten des deutschen und des europischen Gesetzgebers 377
7.7.4 Ambulante und stationre Behandlung Zwei Geschwindigkeiten bei der grenzberschreitenden Inanspruchnahme 378
7.7.5 Zwischenfazit 3797.8 Fazit und Empfehlungen 3797.9 Literatur 3838 Wettbewerb im Leistungsbereich und Zusatzbeitrag 3878.1 Der Zusatzbeitrag als Wettbewerbsparameter der Krankenkassen 3878.2 Die Intensivierung des Krankenkassenwechsels durch den Zusatzbeitrag 3908.3 Empirische Befunde zur Krankenkassenwahl 3948.4 Die wettbewerbspolitischen Perspektiven des Zusatzbeitrages 4218.5 Literatur 426Anhang zu Kapitel 4 428Anhang zu Kapitel 7.6 429Anhang zu Kapitel 8.3 432
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Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 1: Gesundheitsquote, Gesundheitsausgaben und BIP des Jahres 2009 .................................. 24Tabelle 2: Beschftigte und Vollzeitquivalente (VZ) in Pflegeberufen (2000 und 2009) .................... 77Tabelle 3: Projektionsergebnisse zum Ersatzbedarf fr die vertragrztliche Versorgung sowie fr
den ambulanten und stationren insgesamt (in Klammern) .................................................. 79Tabelle 4: Fachkrftemangel in der Pflege Ergebnisse verschiedener Studien .................................. 83Tabelle 5: Gesamtbedarf an Beschftigten (VZ) in ambulanten und stationren
Pflegeeinrichtungen (nach SGB XI) ...................................................................................... 84Tabelle 6: Einflussfaktoren auf einen zuknftigen rztemangel............................................................. 90Tabelle 7: Beispiel fr die Entwicklung von leitlinienbasierten Indikatoren .......................................... 180Tabelle 8: Beispielrechnung: Patientin mit Brustkrebs, Diagnose im Screening, neoadjuvante
Chemotherapie, sekundre Operation, postoperative Radiatio im Rahmen der Studie, Nachsorge und Qualittssicherung* .................................................................................... 195
Tabelle 9: Indikatoren potenziell verringerbarer Sterblichkeit .............................................................. 208Tabelle 10: Indikatoren potenziell vermeidbarer Krankenhauseinweisungen ........................................ 220Tabelle 11: Verweildauer von aus dem Krankenhaus entlassenen vollstationren Patienten/-innen
(einschlielich Sterbe- und Stundenflle) nach Anzahl der Verweildauertage im Jahr 2010 .................................................................................................................................... 238
Tabelle 12: Durchschnittliche Verweildauer, Anzahl stationrer Behandlungsflle, Anzahl Kurzlieger, Anzahl ambulante Operationen im Krankenhaus im Zeitverlauf ........................ 240
Tabelle 13: Reprsentativitt der erhobenen Stichprobe ....................................................................... 251Tabelle 14: Leistungserbringung von Krankenhusern im Bereich 116b SGB V ................................ 252Tabelle 15: Grnde fr oder gegen einen Antrag auf Zulassung zur ambulanten
spezialfachrztlichen Leistungserbringung (Mehrfachantwort mglich) .............................. 254Tabelle 16: Anzahl der Zulassungen (und Klagen) je Indikation (bundesweit) Stand September
2011 .................................................................................................................................... 257Tabelle 17: Vergleich des 116b-Geschehens nach Bundeslndern (dargestellt sind %-Anteile
der Krankenhuser) ............................................................................................................ 261Tabelle 18: Anteile von Antrgen und Zulassungen je Bettengrenklasse, n=984 Antrge ................. 263Tabelle 19: Fallzahl je Krankenhaus, Erls je Fall dargestellt je Bettengrenklasse ........................ 263Tabelle 20: Anteile von Antrgen und Zulassungen je Siedlungsstrukturtyp, n=985 Antrge ................ 265Tabelle 21: Formen der Leistungserbringung von Krankenhusern an der Schnittstelle ambulant-
stationr (%-Anteil von Krankenhusern > 50 Betten) ........................................................ 267Tabelle 22: Anzahl ambulanter Operationen im Krankenhaus, Zahl teilnehmender Krankenhuser
sowie Fallzahlen je Haus (im Zeitverlauf) ............................................................................ 284Tabelle 23: Anzahl und Fallzahlen bei Krankenhusern, die ambulante Operationen nach 115b
SGB V erbringen (im Jahr 2010) ......................................................................................... 285Tabelle 24: Anteil ambulanter Operationen an allen Operationen (bezogen auf ein definiertes
Vergleichskollektiv) im internationalen Vergleich ................................................................. 287
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Sondergutachten 201212
Tabelle 25: Verschiedene Kennzahlen zu Medizinischen Versorgungszentren im Zeitverlauf (auer 2011 jeweils zum Stand Ende eines Jahres) ........................................................... 294
Tabelle 26: Anzahl Belegrzte und Belegbetten ber den Zeitverlauf ................................................... 300Tabelle 27: Krankenkassenartenbezogene Rcklaufquoten ................................................................. 342Tabelle 28: Versichertenbezogene Rcklaufquoten .............................................................................. 343Tabelle 29: Entwicklung der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V ........................................ 345Tabelle 30: Anteile und Anzahl der Teilnehmer nach Krankenkassenart (2010) .................................... 348Tabelle 31: Anteil an den Gesamtausgaben dr intergrierte Versorgungsformen nach
Kassenarten ....................................................................................................................... 350Tabelle 32: Zusammensetzung der Ausgaben fr integrierte Versorgung nach 140a-d SGB V
(nach KJ1, korrigiert) .......................................................................................................... 350Tabelle 33: Hauptdiagnosegruppen (MDC) der beendeten Vertrge in Anlehnung an das DRG-
System ................................................................................................................................ 357Tabelle 34: Entwicklung der besonderen ambulanten Versorgung nach 73c SGB V ......................... 362Tabelle 35: Motive fr die Teilnahme an Vertrgen nach 73c SGB V ................................................. 363Tabelle 36: Teilnahmequoten an der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V nach
Subgruppen ........................................................................................................................ 365Tabelle 37: Anteil der Krankenhuser mit einer bestimmten Zahl von Vertrgen zur integrierten
Versorgung nach 140a-d SGB V in verschiedenen Jahren .............................................. 367Tabelle 38: Kompensationspotenziale verschiedener Services und Leistungen in Euro ....................... 393Tabelle 39: Grnde fr einen mglichen Krankenkassenwechsel, Angaben in Prozent; n = 374
Mitglieder (die ber einen Krankenkassenwechsel nachdenken) ....................................... 397Tabelle 40: Versicherte in den verschiedenen Wahltarifen nach 53 SGB V ....................................... 399 Tabelle A-1 Leistungserbringung von Krankenhusern (Prozentanteil von allen Krankenhusern
mit ber 50 Betten) ............................................................................................................. 428
Tabelle A-2 Einfluss der Bettenzahl ....................................................................................................... 428
Tabelle A-3 Einfluss der Trgerschaft .................................................................................................... 428
Tabelle A-4 Grnde fr die Beendigung von Vertrgen (ungewichtet) ................................................... 429
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Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Lebenserwartung von Frauen im Jahr 2009 in ausgewhlten OECD-Lndern .............. 25
Abbildung 2: Lebenserwartung von Mnnern im Jahr 2009 in ausgewhlten OECD-Lndern ............ 25
Abbildung 3: Mittlere jhrliche Wachstumsrate der Lebenserwartung von Frauen, 1960-2009, ausgewhlte OECD-Lnder ........................................................................................... 27
Abbildung 4: Mittlere jhrliche Wachstumsrate der Lebenserwartung von Mnnern, 1960-2009, ausgewhlte OECD-Lnder ........................................................................................... 27
Abbildung 5: Wettbewerbsfelder im Gesundheitswesen ..................................................................... 44
Abbildung 6: Selektives Kontrahieren in den besonderen Versorgungsformen ................................... 67
Abbildung 7: Entwicklung der Vertrags- und Krankenhausarztzahlen (1993-2010) ............................. 74
Abbildung 8: Komplikationsindex bei Knie-TEP mit Routinedaten .................................................... 193
Abbildung 9: Aufwand der Dokumentation und Qualittssicherung bei Brustkrebs ........................... 194
Abbildung 10: Durch Frherkennung potenziell verringerbare Sterblichkeit bei Krebserkrankungen ...................................................................................................... 210
Abbildung 11: Durch verbesserte Behandlung potenziell verringerbare Sterblichkeit bei akuten Infektionskrankheiten ................................................................................................... 211
Abbildung 12: Durch verbesserte Behandlung potenziell verringerbare Sterblichkeit bei Infektionen und Parasiten ohne Sepsis, Leistenbruch, Influenza und Blinddarmentzndung (Appendizitis) ............................................................................ 212
Abbildung 13: Durch verbesserte Behandlung potenziell verringerbare Sterblichkeit bei chronischen Erkrankungen I ......................................................................................... 213
Abbildung 14: Durch verbesserte Behandlung potenziell verringerbare Sterblichkeit bei chronischen Erkrankungen II ........................................................................................ 214
Abbildung 15: Amputationen an den unteren Extremitten bei Diabetes mellitus ............................... 222
Abbildung 16: Soziale Schichtung der Krankenversicherungsmitglieder ............................................. 223
Abbildung 17: Anteil der Mitglieder mit krperlichen Einschrnkungen ............................................... 224
Abbildung 18: Durchschnittliche Verweildauer, Anzahl stationrer Behandlungsflle, Anzahl Kurzlieger, Anzahl ambulante Operationen am Krankenhaus im Zeitverlauf als Indexwert (Index: Basisjahr 2002) ................................................................................ 239
Abbildung 19: Internationaler Vergleich zur Hufigkeit von stationren Fllen im Verhltnis zu Kosten pro stationrem Fall im Jahr 2008 (in US$-KKP) ............................................. 240
Abbildung 20: GKV-Ausgaben fr ambulante rztliche Behandlungen im Krankenhaus ( 116b SGB V), ber den Zeitverlauf in Euro ........................................................................... 249
Abbildung 21: Dauer des Prfverfahrens bis zur Entscheidung ber Leistungserbringung nach 116b SGB V; nach Einschtzung der Krankenhuser (in % der Krankenhuser mit Erfahrung einer Antragsstellung, n=173 Krankenhuser) ....................................... 255
Abbildung 22: Vergleich der 116b-Bewilligungsanteile nach Indikationen, n=988 Antrge ............... 258
Abbildung 23: Anzahl 116b SGB V-Zulassungen und Anzahl anhngiger Klagen nach Bundeslndern (Stand 09/2011) ................................................................................... 259
Abbildung 24: Vergleich der 116b-Bewilligungsanteile nach Bundeslndern, n=991 Antrge .......... 260
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Sondergutachten 201214
Abbildung 25: Anteil Krankenhuser mit 1.) geeignetem Leistungsspektrum, 2.) mindestens einer erfolgten Antragsstellung, 3.) mindestens einer erteilten Zulassung (laut Selbstauskunft) dargestellt nach Bettengrenklassen, n=624 Krankenhuser ....... 262
Abbildung 26: Anteil Krankenhuser mit 1.) geeignetem Leistungsspektrum, 2.) mindestens einer erfolgten Antragsstellung, 3.) mindestens einer erteilten Zulassung (laut Selbstauskunft) dargestellt nach Siedlungsstrukturklassen, n=628 Krankenhuser ............................................................................................................. 264
Abbildung 27: Anteil der Krankenhuser mit Aktivitt in verschiedenen Formen der ambulanten Leistungserbringung dargestellt nach Bettengrenklassen .................................... 268
Abbildung 28: Anteil der Krankenhuser mit Aktivitt in verschiedenen Formen der ambulanten Leistungserbringung dargestellt nach Siedlungsstrukturklassen ............................... 269
Abbildung 29: Anzahl ambulanter Operationen sowie teilstationrer, vorstationrer und nachstationrer Leistungen im Krankenhaus ber den Zeitverlauf .............................. 283
Abbildung 30: GKV-Ausgaben fr ambulante Operationen ber den Zeitverlauf ................................ 283
Abbildung 31: Anzahl Medizinischer Versorgungszentren im Zeitverlauf (insgesamt und unter Beteiligung eines Krankenhauses) ............................................................................... 294
Abbildung 32: Anzahl Medizinischer Versorgungszentren je KV-Bezirk (Stand 1. Quartal 2011) ........ 295
Abbildung 33: Komponenten der Gesamtbruttovertragszahlen in den Jahren 2008 bis 2011 ............ 346
Abbildung 34: Anteile an den Gesamtvertragszahlen nach Krankenkassenarten im Jahr 2010 ......... 347
Abbildung 35: Zustzliche Manahmen zur Gestaltung der Schnittstelle zwischen dem ambulanten und dem stationren Sektor im Rahmen der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V .................................................................................................. 353
Abbildung 36: Grnde fr die Beendigung von Vertrgen (ungewichtet) ............................................ 355
Abbildung 37: Wichtigkeit verschiedener Aspekte fr die Teilnahme an der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V und Erfllung der Erwartungen (ungewichtet) ....... 359
Abbildung 38: Regulierungsbedingte Hemmnisse fr den Abschluss zuknftiger Vertrge (ungewichtet) ............................................................................................................... 360
Abbildung 39: Grnde fr das Scheitern erfolgversprechender Konzepte zur besonderen ambulanten rztlichen Versorgung (vor und nach Vertragsabschluss) ........................ 364
Abbildung 40: Im Rahmen der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V zustzlich angewandte Qualittssicherungsmanahmen ............................................................. 368
Abbildung 41: Grnde fr die Nichtteilnahme an der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V 369
Abbildung 42: Initiatoren von Vertragsbeendigungen in % ................................................................. 371
Abbildung 43: Grnde fr die Beendigung von Vertrgen ................................................................... 372
Abbildung 44: Wichtigkeit verschiedener Aspekte fr die Teilnahme an der integrierten Versorgung nach 140a-d SGB V und Erfllung der Erwartungen ............................. 374
Abbildung 45: Bedeutung verschiedener Instrumente zur Kostensenkung aus Sicht der Krankenkassen (ungewichtet) ...................................................................................... 403
Abbildung 46: Instrumente zur Steigerung der Versorgungsqualitt und der Zufriedenheit der Versicherten (ungewichtet) .......................................................................................... 408
Abbildung 47: Instrumente zur Steigerung der Versorgungsqualitt und der Zufriedenheit der Versicherten (Gewichtung nach Versicherten) ............................................................. 409
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Abbildung 48: Beabsichtigte Nutzung der Mglichkeiten zum Angebot neuer Satzungsleistungen (ungewichtet) ................................................................................................................ 410
Abbildung 49: Prferenzen fr Satzungsleistungen versus Wahltarife ................................................ 411
Abbildung 50: Effizienz verschiedener Instrumente der Krankenkassen (ungewichtet) ...................... 413
Abbildung 51: Effizienz verschiedener Instrumente der Krankenkassen (Gewichtung nach Versicherten) ................................................................................................................ 414
Abbildung 52: Einstellungen der Krankenkassen zum Zusatzbeitrag (ungewichtet) ........................... 415
Abbildung 53: Von den Krankenkassen gewnschte Handlungsmglichkeiten .................................. 418
Abbildung 54: Nutzungsabsicht der Krankenkassen fr verschiedene (potenzielle) Handlungsoptionen in % .............................................................................................. 419
Abbildung 55: Zustimmung zu verschiedenen Varianten des selektiven Kontrahierens bei Krankenhusern und Krankenkassen in Prozent ......................................................... 420
Abbildung A-5 Grnde fr die Beendigung von Vertrgen (Gewichtung nach Versicherten) ............... 429
Abbildung A-6 Wichtigkeit verschiedener Aspekte fr die Teilnahme an der integrierten Versorgung und Erfllung der Erwartungen (Gewichtung nach Versicherten) .............. 430
Abbildung A-7 Regulatorische Hemmnisse fr den Abschluss zuknftiger Vertrge (Gewichtung nach Versicherten) ....................................................................................................... 431
Abbildung A-8 Beabsichtigte Nutzung der Mglichkeiten zum Angebot neuer Satzungleistungen (Gewichtung nach Versicherten) .................................................................................. 432
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Sondergutachten 201216
Abkrzungsverzeichnis
ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbnde
AEUV Vertrag ber die Arbeitsweise der Europischen Union
AGnES Arztentlastende, Gemeindenahe, E-healthgesttzte Systemische Intervention
AHRQ Agency for Healthcare Research and Quality
AMNOG Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz
AMTS Arzneimitteltherapiesicherheit
AOK Allgemeine Ortskrankenkasse
AOP-Vertrag Vertrag nach 115b Abs. 1 SGB V ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus
ApoG Apothekengesetz
AQUA-Institut Institut fr angewandte Qualittsfrderung und Forschung im Gesundheitswesen
AQUIK Ambulante Qualittsindikatoren und Kennzahlen
rzte-ZV Zulassungsverordnung fr rzte
ZQ rztliches Zentrum fr Qualitt in der Medizin
BA Bundesagentur frArbeit
BAGP Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen
BK Bundesrztekammer
BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BGB Brgerliches Gesetzbuch
BIBB Bundesinstitut fr Berufsbildung
BIP Bruttoinlandsprodukt
BKK Betriebskrankenkasse
BMBF Bundesministerium fr Bildung und Forschung
BMG Bundesministerium fr Gesundheit
BMV-/EKV Bundesmantelvertrge (Vereinbarung ber Vordrucke fr die vertragsrztliche Versorgung)
BPflV Bundespflegesatzverordnung
BQS Bundesgeschftsstelle fr Qualittssicherung
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BVA Bundesversicherungsamt
BVerfG Bundesverfassungsgericht
CDSS Clinical Decision Support System
COPD Chronic obstructive pulmonal disease (Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung)
CPOE Computerized Physician Order Entry
DAK Deutsche Angestellten Krankenkasse
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17
DIMDI Deutsches Institut fr Medizinische Dokumentation und Information
DIN ISO Deutsches Institut fr Normung/International Organization for Standardization
DKG Deutsche Krankenhausgesellschaft
DKI Deutsches Krankenhausinstitut
DMP Disease Management-Programm
DNQP Deutsches Netzwerk fr Qualittsentwicklung in der Pflege
DRG Diagnosis Related Groups
E. Einwohner
EBM Einheitlicher Bewertungsmastab
ECA European Community Atlas
eFA Elektronische Fallakte
EG Europische Gemeinschaften
eGK Elektronische Gesundheitskarte
EU Europische Union
EPA Elektronische Patientenakte
EuGH Europischer Gerichtshof
F+E Forschung und Entwicklung
GA Gutachten des SVR
G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss
GBE Gesundheitsberichterstattung
GbR Gesellschaft brgerlichen Rechts
GEK Gmnder ErsatzKasse
GG Grundgesetz
GKV Gesetzliche Krankenversicherung
GKV-FinG GKV-Finanzierungsgesetz
GKV-VStG GKV-Versorgungsstrukturgesetz
GKV-WSG GKV-Wettbewerbsstrkungsgesetz
GmbH Gesellschaft mit beschrnkter Haftung
GKV-GMG GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz
GO Gebhrenordnung fr rzte
GSG Gesundheitsstrukturgesetz
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen
HEDIS Healthcare Effectiveness Data and Information Set
HeimG Heimgesetz
HIV Humanes Immundefizienz-Virus
HLS-EU European Health Literacy Survey
HMO Health Maintenance Organization
HNO Hals-Nasen-Ohren(-Heikunde)
-
Sondergutachten 201218
Hrsg. Herausgeber
HTA Health Technology Assessment
ICD International Statistical Classification of Diseasases and Related Health Problems
IGES Institut fr Forschung und Beratung
IKK Innungskrankenkasse
InBA Institut des Bewertungsausschusses
InEK Institut fr das Entgeltsystem im Krankenhaus
IOM Institute of Medicine
IQM Initiative Qualittsmedizin
IQWiG Institut fr Qualitt und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
ISTC Independent Sector Treatment Centres
IuK Informations- und Kommunikationstechnologien
JG Jahresgutachten des SVR
KBV Kassenrztliche Bundesvereinigung
KH Krankenhuser
KHEntgG Krankenhausentgeltgesetz
KKP Kaufkraftparitt
KTQ Kooperation fr Transparenz und Qualitt im Gesundheitswesen
KV Kassenrztliche Vereinigung
KVWL KV Westfalen-Lippe
LSG Landessozialgericht
MBO (Muster-)Berufsordnung fr die in Deutschland ttigen rztinnen und rzte
MDC Major Diagnostic Categories
MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
MGV morbidittsbedingte Gesamtvergtung
MRT Magnetresonanztomographie
MVZ Medizinisches Versorgungszentrum
NCQA National Committee for Quality Assurance
NHS National Health Service
OECD Organisation fr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
GD ffentlicher Gesundheitsdienst
OPS Operationen- und Prozedurenschlssel
OTC Over the Counter
PCI Percutaneous coronary intervention
PKV Private Krankenversicherung
PZN Pharmazentralnummer
QALYs Quality adjusted life years
QEP Qualitt und Entwicklung in Praxen
-
19
Qes-RL Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenbergreifenden Qualittssicherung
QISA Qualittsindikatorensystem fr die ambulante Versorgung
QM Qualittsmanagement
QUIPS Qualittsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie
QZV qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen
RKI Robert Koch Institut
RL Richtlinie
RLV Regelleistungsvolumen
Rn Randnummer
Rs Rechtssache
RSA Risikostrukturausgleich
SG Sondergutachten des SVR
SGB Sozialgesetzbuch
SGG Sozialgerichtsgesetz
SMR standardisierte Mortalittsratio
SOEP Sozio-oekonomisches Panel
StGB Strafgesetzbuch
StPO Strafprozeordnung
SVR Sachverstndigenrat
TEP Totalendoprothese
TK Techniker Krankenkasse
TKG Telekommunikationsgesetz
UAE unerwnschte Arzneimittelereignisse
UPD Unabhngigen Patientenberatung Deutschland
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VAGen Vertragsarbeitsgemeinschaften
VndG Vertragsarztrechtsnderungsgesetz
VdEK Verband der Ersatzkassen (neuer Name des ehem. VdAK/AEV seit 2009)
VHitG Verband der Hersteller von IT-Lsungen fr das Gesundheitswesen e.V.
VZ Vollzeitquivalent
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband
WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation)
WIdO Wissenschaftliches Institut der AOK
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Sondergutachten 201220
-
21
Teil I: Wettbewerb mit dem Ziel einer bedarfs-gerechten Versorgung
-
Sondergutachten 201222
-
Kapitel 1
23
1 Problemstellung und Schwerpunkte des Gutachtens
1.1 Die Leistungsfhigkeit des deutschen Gesundheitswesens im Widerstreit der Meinungen
1. Hinsichtlich der Leistungsfhigkeit des deutschen Gesundheitswesens im internationalen Ver-gleich beherrschen hufig zwei diametral entgegengesetzte Einschtzungen die politischen Diskus-sionen. Nach der einen These fallen die Kosten der deutschen Gesundheitsversorgung im Vergleich zu den mit ihnen erzielten gesundheitlichen Outcomes, d. h. Lebenserwartung und Lebensqualitt, zu hoch aus. Die auch gemessen an der Leistungsfhigkeit von Gesundheitssystemen vergleichbarer Lnder berproportionalen Effizienz- und Effektivittsreserven kommen pointiert in dem Bild zum Ausdruck, dass die deutschen Brger bzw. Versicherten fr ihre Gesundheitsversorgung zwar den Preis eines Mercedes entrichten, dafr aber im Ergebnis nur einen Golf erhalten. Diese These sttzt sich empirisch u. a. auf einen internationalen Vergleich der sog. Gesundheitsquote, d. h. der gesamten Gesundheitsausgaben eines Landes in Relation zu dem entsprechenden Bruttoinlands-produkt (BIP), mit der jeweiligen Lebenserwartung auf der Basis von Daten der Organisation fr Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Nach der gegenteiligen These besitzt Deutschland das beste Gesundheitswesen der Welt, dessen hohe Leistungsfhigkeit kaum noch Potenzial zum Schpfen von Effizienz- und Effektivittsreserven bietet. Als empirische Belege dienen hier zunchst der universelle Krankenversicherungsschutz, das nahezu flchendeckende Angebot an Gesundheitsleistungen, der hohe Versorgungsstandard und die freie Arztwahl. Diese Argumente ergnzen dann noch Hinweise darauf, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), auch im Vergleich mit den sozialen Krankenversicherungssystemen anderer Lnder, einen umfangreichen Leistungskatalog mit einer geringen Selbstbeteiligung und einer guten Erreichbarkeit vorhlt und ihre Versicherten bzw. die Patienten kaum mit Rationierun-gen konfrontiert, wie z. B. lange Wartezeiten bei zeitkritischen medizinischen Eingriffen. Schlielich belege auch die Tatsache, dass deutsche Patienten bei Krankheitsfllen im Ausland auch unab-hngig von Sprachproblemen eine Verlegung bzw. Versorgung im Inland vorziehen, die hohe Leistungsfhigkeit des deutschen Gesundheitswesens.
2. Die erste These setzt die Gesundheitsquote als Inputgre in ein kausales Verhltnis zur Lebenserwartung bei Geburt als Outcomeindikator. Demnach besa Deutschland, wie Tabelle 1 ausweist, auf Basis der OECD-Daten im Jahre 2009 hinter den USA, den Niederlanden und Frankreich die vierthchste Gesundheitsquote, schnitt aber unter wirtschaftlich vergleichbaren
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Sondergutachten 201224
Lndern bei der Lebenserwartung von Frauen und Mnnern nur unterdurchschnittlich ab (Abbildung 1 und 2). Die Gesundheitsquote, die sich am Bruttoinlandsprodukt orientiert und bei der Deutschland im Jahre 1997 sogar auf Platz 2 rangierte (vgl. GA 2000/2001, I Ziffer 20) bildet den Ressourceneinsatz, der in die Gesundheitsversorgung fliet, allerdings nicht valide ab. Sie hngt nicht nur vom Niveau der Gesundheitsausgaben, sondern auch von der Hhe des Inlandsproduktes ab und liegt ceteris paribus umso hher (niedriger) je niedriger (hher) das Inlandsprodukt ausfllt.
Gesundheitsquote Pro-Kopf-Ausgaben (US-$-KKP)
Pro-Kopf-BIP (US-$-KKP)
1 USA 17,4 USA 7 960 Luxemburg 85 521
2 Niederlande 12,0 Norwegen 5 352 Norwegen 55 730
3 Frankreich 11,8 Schweiz 5 144 USA 45 797
4 Deutschland 11,6 Niederlande 4 914 Schweiz 45 150
5 Dnemark 11,5 Luxemburg 4 808 Niederlande 41 085
6 Kanada 11,4 Kanada 4 363 Australien 39 924
7 Schweiz 11,4 Dnemark 4 348 Irland 39 652
8 sterreich 11,0 sterreich 4 289 sterreich 38 823
9 Belgien 10,9 Deutschland 4 218 Kanada 38 230
10 Neuseeland 10,3 Frankreich 3 978 Dnemark 37 706
11 Portugal (in 2008) 10,1 Belgien 3 946 Schweden 37 155
12 Schweden 10,0 Irland 3 781 Island 36 655
13 Grobritannien 9,8 Schweden 3 722 Deutschland 36 328
14 Island 9,7 Island 3 538 Belgien 36 287
15 Norwegen 9,6 Grobritannien 3 487 Grobritannien 35 656
16 Griechenland (in 2007) 9,6 Australien (in 2008) 3 445 Finnland 35 237
17 Irland 9,5 Finnland 3 226 Frankreich 33 763
18 Spanien 9,5 Italien 3 137 Italien 33 105
19 Italien 9,5 Spanien 3 067 Japan 32 431
20 Finnland 9,2 Neuseeland 2 983 Spanien 32 254
21 Australien (in 2008) 8,7 Japan (in 2008) 2 878 Griechenland 29 310
22 Japan (in 2008) 8,5 Griechenland (in 2007) 2 724 Neuseeland 28 985
23 Luxemburg 7,8 Portugal (in 2008) 2 508 Portugal 25 079
24 Trkei (in 2008) 6,1 Trkei (in 2008) 902 Trkei 14 106
OECD-Durchschnitt 10,3 3 863 38 082
Tabelle 1: Gesundheitsquote, Gesundheitsausgaben und BIP des Jahres 2009
Quelle: OECD 2011a
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Kapitel 1
25
Abbildung 1: Lebenserwartung von Frauen im Jahr 2009 in ausgewhlten OECD-Lndern
(Italien mit Wert aus dem Jahr 2008) Quelle: OECD 2011b
Abbildung 2: Lebenserwartung von Mnnern im Jahr 2009 in ausgewhlten OECD-Lndern
(Italien mit Wert aus dem Jahr 2008) Quelle: OECD 2011b
80,6
81,1
82,5
82,7
82,8
82,8
83,2
83,283,3
83,4
83,5
84,4
84,5
84,6
86,4
77,0 78,0 79,0 80,0 81,0 82,0 83,0 84,0 85,0 86,0 87,0
USA
Dnemark
Grobritannien
Niederlande
Deutschland
Belgien
sterreich
Norwegen
Durchschnitt-14
Schweden
Finnland
Frankreich
Italien
Schweiz
Japan
Jahre
75,7
76,6
76,9
77,3
77,6
77,7
77,878,1
78,3
78,5
78,7
79,1
79,4
79,6
79,9
73,0 74,0 75,0 76,0 77,0 78,0 79,0 80,0 81,0
USA
Finnland
Dnemark
Belgien
sterreich
Frankreich
Deutschland
Durchschnitt-14
Grobritannien
Niederlande
Norwegen
Italien
Schweden
Japan
Schweiz
Jahre
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Sondergutachten 201226
Die vergleichsweise hohe Gesundheitsquote geht insofern mageblich auf das schwache Wachs-tum des deutschen Bruttoinlandsproduktes in den 1990er Jahren zurck, als Deutschland hinsicht-lich der Wachstumsdynamik nahezu das Schlusslicht innerhalb vergleichbarer Lnder bildete. So nahm Deutschland unter den OECD-Lndern auch im Jahre 2009 beim kaufkraftbereinigten Sozialprodukt pro Kopf nur den 13. und bei den kaufkraftbereinigten Pro-Kopf-Gesundheitsaus-gaben den 9. Rang ein. Zudem vernachlssigt die in Tabelle 1 ausgewiesene Gesundheitsquote die Einflsse, die von der deutschen Wiedervereinigung auf das Verhltnis von Gesundheitsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt ausgingen. Bei einer Veranschlagung dieser Effekte um einen Prozent-punkt fllt Deutschland bei der Gesundheitsquote von 11,6 % auf 10,6 % und damit auf Rang 10 zurck und erreicht dann eine hnliche Position wie bei den kaufkraftbereinigten Gesundheits-ausgaben pro Kopf. Diese bilden unter Outcomeaspekten den adquaten Inputindikator, sofern man Erkenntnisse ber den Ressourceneinsatz in Verbindung mit der Leistungsfhigkeit eines Gesund-heitswesens gewinnen mchte. Die Gesundheitsquote spiegelt dagegen mit der Relation von Gesund-heitsausgaben zu Bruttoinlandsprodukt eher den nationalen Stellenwert der Gesundheitsversorgung und damit die entsprechenden Prferenzen der Brger fr Gesundheitsleistungen im Vergleich zu anderen Gtern und Diensten wider.
Gegen die erste These lsst sich zudem einwenden, dass sich der absolute Wert der Lebens-erwartung bei einem internationalen Vergleich weniger als das Wachstum der Lebenserwartung als Outcomeindikator eignet. So wies die Bevlkerung in den einzelnen Lndern nach dem Krieg einen deutlich voneinander abweichenden durchschnittlichen Gesundheitszustand auf und es existierten sehr unterschiedliche Voraussetzungen fr den Auf- und Ausbau einer effizienten und effektiven Gesundheitsversorgung. Aus dieser Perspektive berrascht es nicht, dass Deutschland bei der mittleren jhrlichen Wachstumsrate der Lebenserwartung im Zeitraum von 1960 bis 2009 bei Frauen und Mnnern deutlich oberhalb des Durchschnitts vergleichbarer Lnder liegt und jeweils den 4. Rang erreicht (siehe Abbildung 3 und 4). Den gleichen Rang belegt Deutschland auch jeweils bei der mittleren jhrlichen Wachstumsrate der ferneren Lebenserwartung 80-jhriger Frauen bzw. Mnner.
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Kapitel 1
27
Abbildung 3: Mittlere jhrliche Wachstumsrate der Lebenserwartung von Frauen, 1960-2009, ausgewhlte OECD-Lnder
(Italien mit Werten von 1961 bis 2008) Quelle: OECD 2011b
Abbildung 4: Mittlere jhrliche Wachstumsrate der Lebenserwartung von Mnnern, 1960-2009, ausgewhlte OECD-Lnder
(Italien mit Wert aus dem Jahr 2008) Quelle: OECD 2011b
0,176
0,185
0,189
0,200
0,220
0,230
0,260
0,263
0,271
0,280
0,289
0,294
0,298
0,319
0,425
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50
Dnemark
Norwegen
Niederlande
USA
Schweden
Grobritannien
Durchschnitt-14
Belgien
Schweiz
Frankreich
Finnland
Deutschland
sterreich
Italien
Japan
in %
0,180
0,191
0,193
0,223
0,262
0,284
0,291
0,298
0,303
0,309
0,320
0,321
0,333
0,350
0,405
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50
Dnemark
Niederlande
Norwegen
Schweden
USA
Durchschnitt-14
Grobritannien
Belgien
Frankreich
Schweiz
Finnland
Deutschland
Italien
sterreich
Japan
in %
-
Sondergutachten 201228
Bei einem Vergleich der kaufkraftbereinigten Gesundheitsausgaben pro Kopf mit Position 9 und der Wachstumsrate der Lebenserwartung mit jeweils Rang 4 schneidet das deutsche Gesund-heitswesen innerhalb der betrachteten Lnder somit keineswegs schlecht ab, was zumindest auf der Grundlage dieser Daten und Indikatoren die These von den im internationalen Vergleich hervorstechenden Ineffizienzen und Ineffektivitten nicht zu besttigen vermag. So weist Deutschland z. B. niedrigere Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben als Norwegen, die Niederlande und Dnemark auf, gleichzeitig aber deutlich hhere Wachstumsraten der Lebenserwartung als diese Lnder.
3. Der empirische Befund, dass eine Analyse der OECD-Daten gegen die These von der unter-durchschnittlichen Leistungsfhigkeit des deutschen Gesundheitswesens spricht, bedeutet anderer-seits nicht, dass es in qualitativer Hinsicht eine internationale Spitzenposition einnimmt, die Fragen nach den Ineffizienzen und Ineffektivitten der Versorgung erbrigt. Zunchst erzielen Japan, sterreich und Italien noch hhere Wachstumsraten der Lebenserwartung, wobei die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben Italiens erheblich unter denen Deutschlands liegen. Zudem stellt die Lebens-erwartung zwar einen validen und relevanten Outcomeindikator dar, der aber nur einen Teil des Zielspektrums der Gesundheitsversorgung abbildet (siehe hierzu 2.3). Sie bercksichtigt z. B. nur im Ansatz1 bzw. unzureichend den komplexen und heterogenen Zielbereich der Lebensqualitt und klammert Verteilungsaspekte von Versorgungsergebnissen vllig aus (vgl. GA 2000/2001, I, Ziffer 104). Doch fllt noch strker ins Gewicht, dass die Gesundheitsausgaben und mit ihnen das gesamte Gesundheitswesen nur einen begrenzten Einfluss auf die Lebenserwartung ausben. Niveau und Anstieg der Lebenserwartung hngen wesentlich strker von Faktoren auerhalb des Gesundheits-wesens bzw. transsektoralen Einflussgren ab. Hierzu gehren insbesondere die kologische Umwelt, die Verkehrssicherheit, die Wohnverhltnisse, die Arbeitswelt, das Bildungsniveau, die sozialen Verhltnisse und vor allem der Lebensstil der Bevlkerung. Die Gesundheitsausgaben allein vermgen schtzungsweise nur 10 bis hchstens 40 % der Lebenserwartung und ihres Anstiegs zu erklren (vgl. GA 2000/2001, I, Ziffer 79ff.). Daraus folgt, dass international vergleichende Analysen selbst auf der Grundlage valider Outcomeindikatoren keine kausalen Schlsse ber die Leistungsfhigkeit der jeweiligen Gesundheitssysteme erlauben.
4. Bei einem internationalen Vergleich der Leistungsfhigkeit von nationalen Gesundheits-systemen gilt es schlielich zu bercksichtigen, dass alle realen Gesundheitssysteme in allen Berei-chen und auf allen Ebenen mehr oder weniger ausgeprgte Defizite aufweisen (vgl. auch 2.2). Es gibt insofern kein nationales Gesundheitswesen, das auf der Grundlage signifikanter Kausalbeziehungen zwischen validen Input- und Outcomeindikatoren hinsichtlich seiner Leistungsfhigkeit weltweit eine eindeutige Spitzenposition einnimmt. Feststellbare Unterschiede in Niveau und Wachstum von Indikatoren der Lebenserwartung und der Mortalitt erlauben angesichts der komplexen Beziehun-gen zwischen den Input- und Outcomeindikatoren noch nicht den Schluss, ein bestimmtes Land verfge ber ein besseres Gesundheitswesen als ein anderes. Es handelt sich zumeist um gewachsene Gesundheitssysteme, die sich selbst bei wirtschaftlich vergleichbaren Lndern mit Unterschieden hinsichtlich ihrer historischen Entwicklung, ihrer geographischen Gegebenheiten, ihrer demografi-
1 Lebenserwartung und Lebensqualitt knnen zwar vor allem am Lebensende - divergieren, hufig weisen aber
beide in die gleiche Richtung. Der Outcomeindikator Lebenserwartung beinhaltet insofern auch einen Teil der Lebensqualitt, als z. B. ein Brger, der ein Alter von 85 Jahren erreicht, mit 80 Jahren in der Regel eine hhere Lebensqualitt besitzt als ein Brger, der mit 82 Jahren verstirbt. Defiziten in der Lebensqualitt versucht der Ansatz der qualittsbereinigten Lebensjahre (Quality adjusted life years QALYs) bei der Nutzenbewertung Rechnung zu tragen.
-
Kapitel 1
29
schen Struktur und der Prferenzen bzw. der Erwartungshaltung ihrer Brger konfrontiert sehen. Obgleich sich somit aus internationalen Vergleichen nicht unmittelbar schon gar nicht in quantita-tiver Hinsicht Ineffizienzen und Ineffektivitten nationaler Gesundheitssysteme ableiten lassen, knnen auffllige Abweichungen wertvolle Ansatzpunkte fr nachfolgende Analysen der nationalen Gesundheitsversorgung bieten. Zudem erffnen Vergleiche mit den Gesundheitssystemen anderer Lnder die Mglichkeit, Erkenntnisse ber deren Strukturen, Strategien und Instrumente zu gewinnen und deren Eignung fr das nationale Gesundheitswesen zu berprfen. Umsetzbare Lern-effekte versprechen daher weniger die Gesundheitssysteme anderer Lnder als solche, als vielmehr ihre einzelnen fr eine bertragung erfolgversprechenden Elemente.
5. Vor dem Hintergrund dieser berlegungen hat der Rat seit seinem umfangreichen Gutachten ber Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit (GA 2000/2001) wiederholt betont, dass das deutsche Gesundheitswesen unbeschadet seiner vielfltigen Vorzge, die auch aus internationaler Perspektive hervorstechen, in Form von ber-, Unter- und Fehlversorgung noch ein beachtliches Potenzial zur Erhhung von Effizienz und Effektivitt der Gesundheitsversorgung aufweist, das es aus normativer Sicht sowiet wie mglich auszuschpfen gilt (siehe z. B. GA 2003, Ziffer 5; GA 2005, Ziffer 1; GA 2007, Ziffer 1; SG 2009, Ziffer 1; im Ergebnis hnlich Sachverstndigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2011, Ziffer 548; Porter/Guth 2012). Dabei bilden die Schnittstellen zwischen den Leistungssektoren und hier vor allem die mangelnde Inte-gration zwischen der ambulanten und der stationren Gesundheitsversorgung eine der zentralen Schwachstellen des deutschen Gesundheitssystems (vgl. GA 2003, Ziffer 674ff.; GA 2005, Ziffer 473ff.; GA 2007, Ziffer 275ff.; SG 2009, Ziffer 858ff.) Diesen Problemen widmet sich das vorliegende Gutachten und sucht im Anschluss an eine Mngelanalyse auf breiter Basis nach Lsungs-mglichkeiten. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob und inwieweit der Wettbewerb bzw. seine Intensivierung zu einem Abbau von Ineffizienzen und Ineffektivitten beizutragen vermag. Diese Frage- bzw. Problemstellung erfordert auch eine grundstzliche Analyse des Instruments Wettbewerb und der Voraussetzungen fr seine zielfhrende Koordination im Gesundheitswesen. In diesem Kontext interessiert vor allem, welche Rolle der Qualitts- im Verhltnis zum Preiswettbewerb tatschlich spielt und welche Bedeutung ihm aus zielorientierter Perspektive zukommt.
1.2 Inhalt und Aufbau des Gutachtens
6. Das Gutachten umfasst acht Kapitel, in denen analysiert wird, ob und inwieweit eine Strkung des Wettbewerbs an der Schnittstelle zwischen dem ambulanten und dem stationren Sektor zu einer Verbesserung von Effizienz und Effektivitt der Gesundheitsversorgung beizutragen vermag. Das folgende zweite Kapitel stellt neben mglichen Ansatzpunkten und Erscheinungsformen des Wettbewerbs die instrumentale Funktion, die er aus normativer Sicht gegenber den hherrangigen Gesundheitszielen einnimmt, in den Vordergrund. Zunchst bildet der Wettbewerb, wenn auch in unterschiedlicher Ausprgung und Intensitt, ein Element verschiedener Koordinations- bzw. Allokationsmechanismen, d. h. er beschrnkt sich nicht auf den Markt- und Preismechanismus. Sodann existieren im deutschen Gesundheitswesen auf verschiedenen Ebenen bzw. in bestimmten Bereichen Effizienz- und Effektivittspotenziale, an denen wettbewerbliche Prozesse im Prinzip ansetzen knnen. Diese Betrachtung rckt bereits die Schnittstelle zwischen der ambulanten und der stationren Gesundheitsversorgung in den Fokus der Bemhungen um mehr Effizienz und Effektivitt. Die sich anschlieende Darstellung von Zielen und Leitbildern der Gesundheits-
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Sondergutachten 201230
versorgung dient dazu, einer inputorientierten oder rein instrumentalen Betrachtung vorzubeugen und zugleich einen strkeren Zielbezug der Gesundheitspolitik anzumahnen. Dieser Zielbezug stellt sich in den verschiedenen Wettbewerbsfeldern, die u. a. auch den Versicherungsbereich der GKV und den privaten Gesundheitsmarkt umfassen, in unterschiedlichen Maen und fr die politischen Entscheidungstrger mit divergierenden Herausforderungen dar. Schlielich bedarf ein funktions-fhiger Preis- und Qualittswettbewerb einer rechtlichen Rahmenordnung, was Ausfhrungen zu grundlegenden Aspekten des Kartell- und Vergaberechts thematisieren.
7. Das dritte Kapitel beschftigt sich mit den Voraussetzungen fr einen zielfhrenden Wett-bewerb im Gesundheitswesen. Am Beginn steht ein kursorischer berblick ber die derzeit beste-henden Wettbewerbsparameter, der die noch recht bescheidenen Mglichkeiten der Krankenkassen, sich wettbewerblich zu differenzieren, aufzeigt. Ein funktionsfhiger Wettbewerb setzt aufseiten der Leistungserbringer ein in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausreichendes Angebotspotenzial voraus. In diesem Kontext stellt sich vor allem die Frage, ob derzeit und vor dem Hintergrund der absehbaren demografischen Entwicklung auch knftig Umfang und Struktur der im Gesund-heitswesen Beschftigten ausreichen, um einen funktionsfhigen Preis- und Qualittswettbewerb zu ermglichen. Fehlen diese Voraussetzungen, sieht sich die Gesundheitspolitik vornehmlich mit der Aufgabe konfrontiert, eine qualitativ hinreichende Versorgung flchendeckend sicherzustellen. Die Sicherstellung des notwendigen Fachkrfteangebots in den einzelnen Gesundheitsberufen liegt insofern auch im Interesse einer wettbewerbsorientierten Gesundheitspolitik.
Neben einem hinreichenden personellen Angebotspotenzial bildet die Kompetenz der Nutzer von Gesundheitsleistungen eine weitere bedeutsame Voraussetzung fr einen zielfhrenden Wettbewerb. Die Patienten-/Nutzerinformation und beratung gewinnt im Gesundheitswesen vor allem ange-sichts der Informationsasymmetrien auf den einzelnen Leistungsmrkten eine besondere Relevanz. Diese nimmt noch zu, wenn Krankenkassen versuchen, sich voneinander zu unterscheiden und bei den Versicherten und Patienten mit speziellen Versorgungsprogrammen und Satzungsleistungen werben. Fr wettbewerbliche Reaktionen bei Krankenkassen und Leistungserbringern reicht es zwar in der Regel aus, wenn nur ein vergleichsweise geringer Teil der Versicherten bzw. Patienten eine hinreichende Transparenz ber die alternativen Angebote besitzt und entsprechend seiner Prferen-zen eine Auswahl trifft. Die brigen Versicherten und Patienten ziehen aber aus diesen Angeboten keinen unmittelbaren Nutzen, sodass hier potenzielle Wohlfahrtsgewinne nicht eintreten knnen. Um diese gleichwohl zu ermglichen, bedrfen diese Nutzer einer informativen beratenden Unter-sttzung und das Gutachten zeigt hierzu erfolgversprechende Wege auf. Auch der Stand der Entwick-lung und die anstehenden Herausforderungen werden diskutiert.
8. Teil II des Gutachtens errtert grundlegende Probleme und Lsungsanstze an der Schnitt-stelle zwischen dem ambulanten und dem stationren Sektor. Dabei setzen die berlegungen bei grundlegenden Defiziten des geltenden Systems an und unterbreiten zunchst Reformvorschlge, die auch schon im derzeit dominierenden kollektiven Vertragssystem zur Anwendung kommen knnen, d. h. auch ohne speziellen Bezug zu einer selektiven Vertragsgestaltung Effizienz- und Effektivitts-gewinne versprechen. Das vierte Kapitel widmet sich den Problemen eines mangelhaften Schnitt-stellenmanagements, uner welchen vor allem chronisch und mehrfach erkrankte Patienten leiden, Dabei weist die Arzneimittelversorgung gerade an dieser Schnittstelle erhebliche Schwachstellen auf. Es erfolgt in diesem Zusammenhang dann eine Prfung, ob und inwieweit der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien diese Nachteile zu beseitigen bzw. abzumildern vermag. Das Entlassungsmanagement umfasst als multidisziplinre Aufgabe auch die Sozialdienste
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Kapitel 1
31
und die Pflege, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels im Fokus der Betrachtung steht. Speziell die in den letzten Jahren erprobten Innovationen in der Pflege werden thematisiert.
9. Das fnfte Kapitel analysiert mit sektoenrbergreifender und populationsorientierter Schwer-punktsetzung den Qualittswettbewerb im deutschen Gesundheitswesen. Der Qualittswettbewerb fristet in der deutschen Gesundheitsversorgung auch im Vergleich zum Preiswettbewerb, der immerhin in einigen Leistungsbereichen, wie z. B. bei Generika, einsetzte bzw. sich intensivierte, noch immer ein Schattendasein. Dies liegt zum einen an methodischen Problemen, denn es gilt hier, valide Indikatoren der Prozess- und Ergebnisqualitt zu finden und zudem ihre kausalen Beziehungen zu den jeweiligen medizinischen Behandlungen zu analysieren. Sodann setzt ein funktionsfhiger Qualittswettbewerb voraus, dass die Nutzer hinreichende Informationen ber die bestehenden Qualittsunterschiede besitzen und entsprechend ihre Auswahl unter den Leistungs-erbringern treffen, wobei ihnen Krankenkassen oder andere unabhngige Institutionen zur Seite stehen knnen. Das Gutachten differenziert dabei u. a. zwischen einem Wettbewerb um die Qualitt sektorengleicher Verfahren und einem Wettbewerb im Rahmen einer sektorenbergreifenden Versorgung. Ohne einen funktionsfhigen Qualittswettbewerb im Leistungsvergleich dominiert im Versicherungsbereich weiterhin einseitig der Preiswettbewerb, d. h. die wettbewerblichen Prozesse beschrnken sich weitgehend auf den Zusatzbeitrag.
10. Die anschlieend im sechsten Kapitel behandelten ordnungspolitischen Defizite an der Sektorengrenze zwischen dem ambulanten und dem stationren Sektor schlagen sich u. a. darin nieder, dass im Rahmen der deutschen Gesundheitsversorgung relevante Potenziale ambulanter Leistungserbringung unausgeschpft bleiben, worauf auch internationale Vergleiche hindeuten. Dabei interessiert besonders der Bereich der ambulanten spezialfachrztlichen Versorgung, den das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) mit Wirkung zum 1. Januar 2012 einschlielich der Rahmenbedingungen neu konzipierte. Die ambulante spezialfachrztliche Versorgung, die sich zwischen dem fachrztlichen und dem stationren Leistungsbereich befindet, steht besonders im Fokus einer Schnittstellenanalyse. Zur Lsung von Schnittstellenproblemen knnen grundstzlich aber auch das ambulante Operieren, die medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und die belegrztlichen Leistungen beitragen. In dem Kontext zeigen schlielich die Ergebnisse einer Befragung zur ambulanten Leistungserbringung von Krankenhusern u. a. interessante Unterschiede zwischen den einzelnen Bundeslndern auf.
11. Bei der im siebten Kapitel gestellten Frage nach den Effizienz- und Effektivittsverbesserun-gen durch selektive Vertrge steht zunchst zur Diskussion, ob die bestehenden gesetzlichen Mg-lichkeiten eine funktionsgerechte wettbewerbliche Rahmenordnung darstellen. Unter diesem Aspekt erfolgt u. a. eine kritische Diskussion der hausarztzentrierten Versorgung nach 73b, der besonderen ambulanten rztlichen Versorgung nach 73c, der strukturierten Behandlungsprogramme nach 137f-g und den integrierten Versorgungsformen nach 140a-d SGB V. Da bei den beiden letzten dieser besonderen Versorgungsformen die finanziellen Anreize Ende 2008 ausliefen, interessiert hier auch, wie sich die entsprechenden Aktivitten anschlieend, d. h. ohne spezielle finanzielle Frde-rung, entwickelten und ob und wenn, in welcher Form andere Rahmenbedingungen und neuer-liche finanzielle Anreizstrukturen fr innovative integrierte Versorgungsprogramme erforderlich erscheinen. Die Ergebnisse einer Befragung des Rates zu den integrierten Versorgungsformen weisen u. a. auf die Bedeutung hin, die eine Bereinigung der ambulanten rztlichen Vergtung in diesem Kontext fr die Krankenkassen spielt. Angesichts der immer noch sehr begrenzten selektiven Vertragsoptionen liegt es nahe zu prfen, ob sich unter Zielaspekten noch weitere Leistungsbereiche,
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Sondergutachten 201232
wie z. B. die spezialfachrztliche Versorgung sowie der Arzneimittel- und Krankenhausbereich ebenfalls fr eine selektive Vertragsgestaltung anbieten. Schlielich kann auch eine Liberalisierung der europischen Gesundheitsmrkte mit wettbewerblichen Impulsen fr das deutsche Gesundheitswesen einhergehen.
12. Vom Preis- und Qualittswettbewerb im Leistungsbereich knnen vielfltige Einflsse auf den Wettbewerb im Versicherungsbereich ausgehen, die Kapitel 8 thematisiert. Zunchst ermgli-chen Vorteile beim Preiswettbewerb einer Krankenkasse, ihr Leistungsangebot auf dem Versi-cherungsmarkt kostengnstiger, d. h. zu geringeren (Zusatz-)Beitrgen, anzubieten. Bei gleichen (Zusatz-)Beitrgen knnen sichtbare Erfolge bei Qualittswettbewerb oder prferenzgerechte Sat-zungsleistungen dazu dienen, bisherige Versicherte zum Bleiben zu bewegen und neue zu attra-hieren. Je nach den Prferenzen der Versicherten knnten im Prinzip besondere Versorgungsquali-tten und spezielle Satzungsleistungen auch die Wirkungen von etwas hheren (Zusatz-)Beitrgen (ber-)kompensieren. Die Ausfhrungen stellen den Zusatzbeitrag zunchst als Wettbewerbspara-meter der Krankenkassen dar und beschreiben auf empirischer Basis die Intensivierung des Kran-kenkassenwechsels durch den Zusatzbeitrag. Daran schliet sich ein berblick ber Befragungen von Versicherten zu den entscheidendenden Grnden ihrer Krankenkassenwahl an. Zudem prsen-tiert ein Exkurs die Ergebnisse einer Befragung des Rates zu den Wettbewerbsparametern der Krankenkassen. Da die Krankenkassen, die bisher Zusatzbeitrge erhoben, diese aufgrund der gnstigen finanziellen Entwicklung derzeit abschaffen knnen, stellt sich die Frage nach den Perspektiven dieses Finanzierungsinstrumentes. Dabei geht es dem Rat darum, dass knftig neben dem Zusatzbeitrag, der im Finanzierungsbereich jenseits der Stigmatisierung (als Indikator fr Unwirtschaftlichkeit) als Preissignal dient, die Implementierung und Strkung eines Qualittswett-bewerbs im Leistungsbereich gelingt.
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Kapitel 1
33
1.3 Literatur
OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) (2011a): Health Data: Health expenditure and financing: OECD Health Statistics (zuletzt aktualisiert am 12.07.2011), Paris.
OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) (2011b): Health Data: Health Status: Life expectancy in years (zuletzt aktualisiert am 05.07.2011), Paris.
Porter, M.E. und Guth, C. (2012): Chancen fr das deutsche Gesundheitssystem. Von Partikularinteressen zu mehr Patientennutzen, Berlin, Heidelberg.
Sachverstndigenrat fr die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2002): Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit, Gutachten 2000/2001, Bd. I, Nomos, Baden-Baden.
Sachverstndigenrat fr die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (2003): Nutzenorientierung und Qualitt, Gutachten 2003, Nomos, Baden-Baden.
Sachverstndigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2006): Kooperation und Qualitt im Gesundheitswesen, Gutachten 2005, Nomos, Baden-Baden.
Sachverstndigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2008): Kooperation und Verantwortung, Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung, Bd. I, Gutachten 2007, Nomos, Baden-Baden.
Sachverstndigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2010): Koordination und Integration Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des lngeren Lebens, Sondergutachten 2009, Bd. I und II, Nomos, Baden-Baden.
Sachverstndigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2011): Verantwortung fr Europa wahrnehmen. Jahresgutachten 2011/12, Paderborn.
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Kapitel 2
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2 Wettbewerb als Instrument zur Realisierung einer effizienten und effektiven Gesundheitsversorgung
2.1 Der Wettbewerb als Element unterschiedlicher Allokationsmechanismen
13. Da auch im Gesundheitswesen die verfgbaren Ressourcen niemals ausreichen, um alle Ansprche und Bedrfnisse der Brger zu befriedigen, bedarf es eines Koordinations- bzw. Alloka-tionsmechanismus2, der im Zuge eines Selektionsprozesses die begrenzten Mittel den verschiedenen Verwendungen bzw. konkurrierenden Plnen zuordnet. Das Allokationsproblem wurzelt somit in der Knappheit der verfgbaren Ressourcen. Der daher notwendige Allokationsmechanismus fhrt zwangslufig zu einem Ausschluss von eventuell berechtigten Vorhaben, die bei unbegrenzten Ressourcen zur Durchfhrung gekommen wren. Bei knappen Ressourcen und weit darber hinaus gehenden potenziellen Projekten reicht es jedoch nicht aus, wenn diese einen positiven Bruttonutzen aufweisen. Er muss vielmehr die Opportunittskosten des Projektes bersteigen, die dadurch anfal-len, dass die Ressourcen, die das Projekt bindet, in kein anderes Vorhaben flieen und dort Nutzen stiften knnen. Die Benchmark fr die Ermittlung des Nettonutzens bildet fr jedes Vorhaben somit das beste unterbliebene alternative Projekt.
Es gibt drei zentrale gesamtwirtschaftliche Koordinationsmechanismen, die diese allokative Funktion bernehmen knnen:
der Markt- und Preismechanismus,
die ffentliche Planung bzw. budgetre Willensbildung und
die korporative Koordination.
14. Whrend im Verteidigungsbereich die ffentliche Planung, bei Gtern des tglichen Bedarfs der Markt- und Preismechanismus und im Rahmen von Tarifverhandlungen die korporative Koordi-nation als Allokationsmechanismus dominiert, bildet das Gesundheitswesen auch aus internationaler Perspektive ein mixtum compositum (Wille 1999). Es finden sich zwar in steuerfinanzierten Gesundheitssystemen mehr Elemente ffentlicher Planung, in beitragsfinanzierten eine strkere
2 Es hat sich hierfr der Begriff Allokationsmechanismus durchgesetzt, wobei sich die Analysen zumeist nicht
auf allokative Aspekte beschrnken, sondern auch distributive und stabilittspolitische mit einbeziehen.
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korporative Koordination und in preis- bzw. prmienfinanzierten eine etwas strkere Rolle des Marktmechanismus, aber nirgendwo wirkt nur ein Allokationsmechanismus in reiner Form.
Verglichen mit anderen Wirtschaftssektoren weist das deutsche Gesundheitswesen die ordnungs-politische Besonderheit auf, dass auf seinen Teilmrkten auch im Detail, d. h. ber allgemeine Tarif-vereinbarungen hinaus, jeweils unterschiedliche Allokationsmechanismen dominieren. So bilden im stationren Sektor die ffentliche Planung, im ambulanten Bereich die korporative Koordination die dominierenden Allokationsmechanismen, whrend bei Arznei- und Hilfsmitteln sowie medizinischen Gerten der Marktmechanismus eine vergleichsweise grere Rolle spielt. Letzteres gilt mit Ausnahme der Selbstmedikation allerdings nur fr die Angebotsseite dieser Mrkte. Da die Nachfrager bzw. Patienten in umfassenden Krankenversicherungssystemen fr die erhaltenen Gesundheitsleistungen kein spezielles Entgelt entrichten mssen, sehen sie sich nicht gezwungen, ihre individuelle Zahlungsbereitschaft fr die jeweiligen Leistungen zu offenbaren. Im Vergleich zur blichen marktwirtschaftlichen Koordination besteht hier somit ein entscheidender Unterschied, der auch die Notwendigkeit bzw. Rechtfertigung einer besonderen staatlichen Regulierung3 dieser Mrkte begrndet.
15. Der Wettbewerb zwischen einer Vielzahl von verschiedenen Anbietern stellt neben anderen Bedingungen eine wesentliche Voraussetzung fr einen funktionsfhigen Markt- und Preismechanis-mus dar. Wettbewerbsprozesse bilden somit ein konstitutives Element eines funktionsfhigen Markt- und Preismechanismus, sie beschrnken sich jedoch nicht auf diesen Allokationsmechanismus (vgl. Rebscher 1993; Demmler 1994). Infolge der knappen Ressourcen beinhalten zumindest implizit auch die beiden anderen zentralen Allokationsmechanismen wettbewerbliche Elemente (vgl. Wille 1999, 2008a; GA 2005, Ziffer 44). So konkurrieren im Rahmen der ffentlichen Planung bei der admi-nistrativen Steuerung zunchst der Bund und die Bundeslnder letztere auch untereinander und dann die einzelnen Ministerien und darunter die einzelnen Abteilungen und Referate um die vor-handenen Mittel zur Realisierung der von ihnen geplanten Projekte. Darber hinaus nutzte, worauf schon Walter Eucken hinwies, die Zentralverwaltungswirtschaft Wettbewerbe zwischen den Betrie-ben [] als Mittel der Leistungssteigerung, whrend die Lenkung des Wirtschaftsprozesses durch zentrale Planstellen erfolgt(e) (Eucken 1960: 249). Im Rahmen der staatlichen Landes- bzw. Bedarfs-planung stehen Krankenhuser im Wettbewerb um die Zulassung zur Versorgung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und auf Mikroebene, vor allem in berversorgten Gebieten, im Wettbewerb um Patienten.
16. Die korporative Koordination beruht auf Vereinbarungen, die Organisationen als private Verbnde oder Krperschaften des ffentlichen Rechts mit unterschiedlichen Verbindlichkeiten fr ihre Mitglieder schlieen. Im deutschen Gesundheitswesen geht die korporative Koordination im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung und insbesondere der ambulanten Behandlung auf mehreren Ebenen mit wettbewerblichen Prozessen einher (vgl. Herder-Dorneich 1986). Die Wahlen innerhalb der gemeinsamen Selbstverwaltung, die z. B. die Preisrelationen innerhalb des Einheit-lichen Bewertungsmastabes (EBM) beeinflussen knnen4, lassen sich als Wettbewerbsprozesse interpretieren. Ferner konkurrieren auch bei gegebenen Preisstrukturen die niedergelassenen rzte
3 Auf der Grundlage einer allgemeinen staatlichen Rahmenordnung laufen die marktwirtschaftlichen Prozesse in
allen Wirtschaftszweigen ab. 4 So hingen z. B. in der Vergangenheit die Preisrelationen zwischen technischen und beratungsintensiven vertrags-
rztlichen Leistungen auch davon ab, ob beim Konkurrenzkampf um Mandate die Allgemein- bzw. Hausrzte oder die Fach- bzw. Gebietsrzte obsiegten.
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Kapitel 2
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um Patienten bzw. Behandlungsflle. Schlielich kann auch eine Kassenrztliche Vereinigung (KV) mit Hilfe von qualitativen Anforderungen in Verbindung mit einer divergierenden Vergtung innerhalb ihrer rzteschaft einen Qualittswettbewerb implementieren.
17. Diese kursorische Betrachtung der drei zentralen Allokationsmechanismen zeigt bereits, dass der Wettbewerb zwar ein konstitutives Element, aber keine spezifische Besonderheit der marktwirt-schaftlichen Koordination darstellt. Daraus folgt, dass ein allgemeines Pldoyer fr mehr Wett-bewerb auch keine Schlsse ber den zugehrigen Allokationsmechanismus erlaubt. Da alle drei Allokationsmechanismen ihre spezifischen Vor- und Nachteile aufweisen, d. h. es gibt konstitutive Mngel in der marktwirtschaftlichen, staatlich-administrativen und korporativen Koordination, kommt es auf die komparative Leistungsfhigkeit des jeweiligen Allokationsmechanismus an5 (siehe hier speziell zur korporativen Koordination GA 2005, Ziffer 38ff.; Wille 2006).
Eine Intensivierung des Wettbewerbs erfordert in allen Allokationssystemen tendenziell eine Zunahme der Aktionsparameter bzw. Instrumentvariablen der Handlungstrger und eine Dezentrali-sierung der Entscheidungsebene (siehe GA 2007, Ziffer 288; Wille 2010). Dies gilt insbesondere fr die korporative Koordination, bei der eine strkere Wettbewerbsorientierung bedingt, dass an die Stelle des gemeinsamen und einheitlichen Handelns auf Makroebene dezentrale Verhandlungen auf der Mikroebene treten. Dies bedeutet, das gemeinsame und einheitliche Handeln bundesweit agierender Spitzenverbnde bzw. Organisationen und auch korporative Vereinbarungen auf Landes- oder KV-Ebene weit mglichst, d. h. soweit zielfhrend, durch dezentrale Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zu ersetzen, zumindest aber durch wettbewerbliche Elemente zu ergnzen (siehe Beitrge in Wille/Knabner 2011). In ordnungspolitischer Hinsicht bedrfen diese dezentralen wettbewerblichen Prozesse allerdings einer bundesweit geltenden Rahmenordnung in Verbindung mit einer zentralen wettbewerblichen Aufsicht. Andernfalls drohen Wettbewerbsverzerrungen, u. a. zwischen regional und bundesweit ihre jeweiligen Beitrge kalkulierenden Krankenkassen.
2.2 Ebenen von Effizienz- und Effektivittspotenzialen
18. Effizienz- und Effektivittspotenziale bestehen im Sinne der konomischen Allokations-theorie immer dann, wenn sich mit den eingesetzten Ressourcen ein hherer Nutzen bzw. mehr Wohlfahrtsgewinne bei den Leistungsempfngern oder das erreichte Nutzen- bzw. Wohlfahrtsniveau mit einem geringeren Ressourceneinsatz realisieren lassen. Sie implizieren im Gesundheitswesen insofern ein suboptimales Verhltnis zwischen den volkswirtschaftlichen Kosten bzw. Ausgaben6, die in die Gesundheitsversorgung flieen, und den durch sie gestifteten Nutzen bzw. Wohlfahrtsgewinn. Da die gesundheitlichen Outcomes, d. h. Lebenserwartung und qualitt, den abstrakten und nicht
5 So gelangt Haveman beim Vergleich von allokativem Markt- und Staatsversagen zu dem Schluss: The choice
must be based on a case-by-case appraisal. In some cases, the market with its failures will dominate the public sector with its failures. In other cases, collective failure will be preferred (Haveman 1980: 154).
6 Volkswirtschaftliche Kosten und Ausgaben der GKV oder der Privaten Krankenversicherung (PKV) entsprechen sich hufig, aber nicht zwangslufig. So fhrt z. B. eine umfangreichere Dokumentationspflicht der rzte, sofern diese unvergtet bleibt, zwar nicht zu Ausgaben, wohl aber zu Ressourcenverzehr und damit zu volkswirtschaft-lichen Kosten. Umgekehrt verursacht eine Erhhung (Senkung) der Mehrwertsteuer auf Gesundheitsleistungen hhere (niedrigere) Ausgaben, tangiert aber nicht den Ressourceneinsatz und damit nicht die volkswirtschaftli-chen Kosten.
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= Produktionseffizienz
= finanzielle Produktionseffizienz.
= physische Produktionseffizienz.
= allokative Effizienz.
unmittelbar messbaren Nutzen der Empfnger von Gesundheitsleistungen als globale Wohlfahrts-indikatoren vergleichsweise7 valide widerspiegeln, zielt die allokative Effizienz auf ein optimales Verhltnis von
(1) gesundheitliche Outcomes volkswirtschaftliche Kosten
Die Realisierung der allokativen Effizienz setzt somit eine bedarfsgerechte Gesundheitsversor-gung unter Bercksichtigung der eingesetzten Ressourcen8 voraus. Sofern diese Relation global oder in bestimmten Indikationsbereichen offenkundige oder vermutete allokative Ineffizienzen anzeigt, bleibt angesichts ihres weitgefassten Bezuges und des vielfach komplexen Prozesses gesundheitlicher Leistungserstellung allerdings zumeist noch offen, in welchen Bereichen und an welchen Stellen sich die betreffenden Effizienz- und Effektivittsreserven befinden. Die folgende in formaler Hinsicht tautologische Aufspaltung der allokativen Effizienz in einen Produktions- und einen Wirkungs-bereich dient daher dazu, mgliche Ineffizienzen und Ineffektivitten auf bestimmten Input- und Outcome-Ebenen aufzuzeigen und damit vorhandene Rationalisierungsreserven besser lokalisieren und aufspren zu knnen (hnlich Wille 1986; GA 2000/2001, Ziffer 17). Die Produktionseffizienz gibt dabei die Relation zwischen den volkswirtschaftlichen Kosten und dem mit ihnen erstellten Behandlungsangebot an, whrend die Wirkungseffizienz das Verhltnis zwischen diesem Behandlungsangebot und den mit ihm erzielten gesundheitlichen Outcomes beschreibt. Diese ein-fache Aufspaltung der allokativen Effizienz deutet bereits an, dass auch eine produktionseffizient erstellte Gesundheitsleistung bzw. ein kostenoptimales Behandlungsangebot, wie z. B. ein bestimmtes Medikament oder Prventionsprogramm, auf der Wirkungsebene noch nicht zwangslufig zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Outcomes fhrt.
19. Um die Rationalisierungsreserven im Produktionsbereich noch genauer zu spezifizieren, lsst sich das Verhltnis
(2) Behandlungsangebot volkswirtschaftliche Kosten
seinerseits in eine finanzielle und eine physische Produktionseffizienz aufspalten. Dabei beinhal-tet die finanzielle Produktionseffizienz das Verhltnis zwischen den eingesetzten Produktions-faktoren und den durch sie verursachten volkswirtschaftlichen Kosten, d. h.
(3) Produktionsfaktoren volkswirtschaftliche Kosten
Die physische Produktionseffizienz setzt dagegen das erstellte Behandlungsangebot zu den eingesetzten Produktionsfaktoren ins Verhltnis, d. h.
(4) Behandlungsangebot Produktionsfaktoren
7 In den meisten ffentlichen Aufgabenbereichen fllt die Konzipierung valider Wohlfahrtsindikatoren schwerer
als im Gesundheitswesen. Dies gilt vor allem im Verteidigungswesen und im Bereich der inneren Sicherheit, aber auch im Bildungs- und Verkehrswesen.
8 In Abhngigkeit von den jeweils eingesetzten Ressourcen kann es somit auf mehreren Niveauebenen allokative Effizienz im Gesundheitswesen geben, d. h. sowohl bei einer hohen als auch bei einer niedrigen nationalen Gesundheitsquote.
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Kapitel 2
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20. Im Falle von Rationalisierungsreserven zeigt die finanzielle Produktionseffizienz (3) an, dass die zur Erstellung der Gesundheitsleistung bzw. des Behandlungsangebotes eingesetzten Produk-tionsfaktoren zu hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen, d. h. mit zu hohen Preisen bzw. Vergtungen einhergehen. Daneben signalisieren Defizite im Bereich der physischen Produktions-effizienz (4) ein suboptimales Einsatzverhltnis der eingesetzten Produktionsfaktoren, d. h. die gesundheitliche Leistungserstellung erfolgt z. B. an falscher Stelle, mit inadquaten Verfahren, ohne hinreichende Koordination oder mit unzureichender Qualitt.
Im Rahmen der finanziellen Produktionseffizienz geht es, wie bereits angedeutet, um die Verg-tungen ambulanter und stationrer Leistungen, d. h. damit auch um die rztlichen Honorare und Gehlter, sowie um die Preise von Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln und anderen Medizin-produkten. Dabei knnen z. B. die entsprechenden Entgelte in vergleichbaren sozialen Kranken-versicherungssystemen9 als Benchmark dienen. Derzeit konzentrieren sich die gesundheitspoliti-schen Bemhungen um Ausgabensenkungen in diesem Bereich auf die Preise von Arzneimitteln. So drften die Rabattverhandlungen, die Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen nach 130 Abs. 8 SGB V vereinbaren, in der GKV zu jhrlichen Ausgabensenkungen von ca. 1,5 Milliarden Euro fhren.10 Mit der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Frhbewertung des Zusatznutzens von erstattungsfhigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach 35a SGB V strebt die Bundesregierung eine dauerhafte Entlastung der GKV um jhrlich 2,0 Milliarden Euro sowie der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Beihilfe von 0,2 Milliarden Euro an. Eine hnlich kritische Bewertung von Hilfsmitteln, Medizinprodukten und medizinischen Grogerten unter dem Aspekt ihres jeweiligen Zusatznutzens steht derzeit noch aus.
21. Der Bereich der physischen Produktionseffizienz erlaubt aus internationaler Perspektive keine so eindeutigen bzw. aussagefhigen Vergleiche wie jene bei Entgelten, gleichwohl knnen auch hier Regelungen und Erfahrungen aus anderen Lndern Anregungen fr Reformbestrebungen bieten. Bemhungen um Effizienzsteigerungen knnen u. a. an folgenden Schwachstellen ansetzen:
Die ambulante und stationre Behandlung erfolgt vielfach immer noch in suboptimal kleinen Betriebsgren11, die auch eine mangelnde Spezialisierung aufweisen.
Die gesundheitliche Leistungserstellung in ineffizienten Einheiten und die unzureichende Transparenz ber die Qualitt der jeweiligen Gesundheitsleistungen fhren zu qualitativen Defiziten und zu Behandlungen, die sich zu wenig an den Prferenzen der Patienten bzw. Nutzer orientieren, was wiederum kostenintensive Versorgungsprobleme verursachen kann (siehe hierzu unten unter 3.3 und 5).
9 Dabei bieten sich vornehmlich Lnder mit einem hnlich hohen Sozialprodukt und einem vergleichbaren
sozialen Krankenversicherungsschutz an. 10 Entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei diesen Einsparungen der Krankenkassen aus
theoretischer Sicht nicht um allokative Effizienz-, sondern um Verteilungseffekte zwischen den pharmazeutischen Unternehmen und den Krankenkassen bzw. ihren Versicherten. Diese Verteilungseffekte knnen bei den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen allerdings effizienzsteigernde Reaktionen auslsen. Das gilt vor allem fr die Frhbewertung des Zusatznutzens, die bei Medikamenten mit neuen Wirkstoffen innovative Anreize setzt.
11 Diese Feststellung gilt unbeschadet der Tatsache, dass die Anzahl der Vertragsrzte in Gemeinschaftspraxen seit Mitte der 1990er Jahre deutlich berproportional zunahm und auch in medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sprbar ansteigt (siehe Wille/Erdmann 2011).
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= Wirkungseffizienz
= Nutzeneffizienz.
Infolge von Informationsdefiziten der Patienten, aber auch aufgrund von falschen Anreizen durch die Vergtungssysteme unterbleiben vielfach kostengnstige Behandlungen, wie z. B. endosko-pische Eingriffe oder husliche Dialyseverfahren, obgleich diese den Prferenzen der Patienten eher entsprechen wrden als die durchgefhrten alternativen Manahmen
Ordnungspolitische Defizite der wettbewerblichen Rahmenordnung verhindern an der Schnitt-stelle zwischen dem ambulanten und dem stationren Sektor zum einen ein Ausschpfen der Potenziale ambulanter Leistungserbringung und zum anderen einen funktionsgerechten Wett-bewerb an dieser Schnittstelle, die auch infolge des medizinischen Fortschritts knftig quantitativ und qualitativ an Bedeutung zunehmen wird (siehe hierzu ausfhrlich unten unter 6).
Die Gesundheitsversorgung in Deutschland leidet vor allem an einer zu geringen sektorenbergreifenden Steuerung zwischen der ambulanten und der stationren Behandlung sowie Rehabilitation und Pflege. Dieser Mangel betrifft auch das Schnittstellenmanagement (siehe unten unter 4). Trotz einiger positiver Anstze besitzen die einzelnen Vertragspartner noch zu wenige Optionen und zu geringe Anreize, um innovative, integrierte Versorgungskonzepte zu entwickeln und mit Erfolg umzusetzen (siehe hierzu unten unter 7).
22. Analog zum Produktionsbereich erlaubt auch der Wirkungsbereich eine Aufspaltung der dortigen Effizienz in zwei Ebenen, auf denen jeweils unterschiedliche Effizienz- bzw. Effektivittsreserven bestehen. Entsprechend zerfllt die Relation
(5) gesundheitliche Outcomes Behandlungsangebot
in die beiden Kategorien
(6) Nutzungsziele Behandlungsangebot
(7) gesundheitliche Outcomes Nutzungsziele
Im Bereich der Nutzungseffizienz (6) treten immer dann Rationalisierungsreserven auf, wenn ein Behandlungsangebot ungenutzt bleibt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das entsprechende Behand-lungsangebot produktionseffizient erstellt wurde, denn die Verbesserung der gesundheitlichen Outcomes setzt zwingend eine Inanspruchnahme der Gesundheitsleistungen voraus. Beispiele fr Defizite in diesem Bereich bilden z. B. die geringe Teilnahme an angebotenen Prventionsprogram-men und die verweigerte Inanspruchnahme von verordneten Arznei- oder Hilfsmitteln seitens der Patienten infolge mangelnder Adhrenz. Im weiteren Sinne gehrt hierzu auch ein ungenutztes potenzielles Behandlungsangebot, wie z. B. leere Betten im stationren Sektor.12 Unter dem Aspekt des Effizienzprinzips gilt dies auch fr jene Flle, in denen diese berkapazitten ber eine angebots-induzierte Nachfrage zu offenkundigen Fehlbelegungen fhren.
Das Kriterium der Nutzeneffizienz (7) fragt schlielich danach, ob und inwieweit eine in Anspruch genommene Behandlung die gesundheitlichen Outcomes der Versicherten bzw. Patienten beeinflusst und damit effektiv zur Wohlfahrt der Nutzer beitrgt. Dieser Bereich enthlt vor allem Effizienzreserven, wenn bestimmten Behandlungen fr die Patienten mit einem negativen 12 Diese Aussage gilt unter der Einschrnkung, dass die Krankenhuser eine gewisse freie Bettenkapazitt im Sinne
eines Optionskonsums und -nutzens der Brger immer vorhalten sollten.
= Nutzungseffizienz