REPUBLIK ÖSTERREICH OBERLANDESGERICHT WIEN
Transcript of REPUBLIK ÖSTERREICH OBERLANDESGERICHT WIEN
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen der Widersprüche
gegen die Marken
1. AT 280627 (= 133 R 66/17d),
2. AT 280626 (= 133 R 67/17a),
3. AT 280625 (= 133 R 68/17y) und
4. AT 280624 (= 133 R 69/17w)
über die Rekurse der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen die Beschlüsse der
Rechtsabteilung des Patentamts jeweils vom 28.11.2016,
1. WM 37/2015 (= 133 R 66/17d),
2. WM 38/2015 (= 133 R 67/17a),
3. WM 39/2015 (= 133 R 68/17y) und
4. WM 40/2015 (= 133 R 69/17w),
in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
1. Die Rechtsmittelverfahren 133 R 66/17d, 133 R 67/17a, 133 R 68/17y und 133 R
69/17w werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 133 R
66/17d.
2. Beiden Rekursen gegen den Beschluss WM 37/2015-7 wird nicht Folge gegeben.
3. Beiden Rekursen gegen den Beschluss WM 38/2015-7 wird nicht Folge gegeben.
4. Beiden Rekursen gegen den Beschluss WM 39/2015-7 wird nicht Folge gegeben.
5. Beiden Rekursen gegen den Beschluss WM 40/2015-7 wird nicht Folge gegeben.
6. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000.
7. Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die Antragstellerin beruft sich in sämtlichen durch das Rekursgericht miteinander
verbundenen Verfahren auf diese Wortmarke IR 905525 (Widerspruchsmarke) mit dem
Registrierungsdatum 28.7.2006 und der Priorität vom 30.1.2006 (DE 30606014.0/41):
LOOK,
eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen
16 Printed matter, bookbinding material;
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
REPUBLIK ÖSTERREICHOBERLANDESGERICHT WIEN
1 von 23
38 Services in the field of telecommunications; services in the field of telecommunications, namely transmission of information to third parties over the Internet; services in the field of telecommunication, namely dissemination of information in wireless or wire-bound networks; content provider services, namely provision of access to platforms or information on the Internet, broadcasting of radio and (cable) television programmes, including digital data dissemination;
41 Education, training, entertainment, especially radio and television entertainment, services of a publishing house (excluding printing); publishing and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class); sporting and cultural activities; publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs, [only] also in the form of electronic media, in particular audio books and multimedia products (included in this class).
(Die durch Fettdruck und Farbe hervorgehobenen Teile bezeichnen jene
Dienstleistungen, in Bezug auf die das Patentamt von einer Benützung durch die
Antragstellerin ausging. Der letzte Teil der Klasse 41 ist dabei so zu verstehen, dass das
Patentamt – anders als im Dienstleistungsverzeichnis – nur die Benützung in Bezug auf
„Veröffentlichung und Herausgabe von Verlagsdruckerzeugnissen, die aus Texten und/oder
Musik und/oder Sprache und/oder Bildern und/oder Filmen und/oder Computerprogrammen
bestehen, und zwar ausschließlich in Form von elektronischen Medien, insbesondere
Multimediawerke [soweit in dieser Klasse enthalten]“ als gegeben ansah. Im
Warenverzeichnis endet dieser Satz mit „auch in Form von elektronischen Medien,
insbesondere Hörbücher, Multimediawerke ...“).
Sie widersprach basierend auf dieser Registrierung diesen Wortbildmarken mit dem
Anmeldedatum jeweils vom 4.8.2014
a) (erstangegriffene Marke) AT 280627 (133 R 66/17d):
;
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
2 von 23
b) (zweitangegriffene Marke) AT 280626 (133 R 67/17a):
;
c) (drittangegriffene Marke) AT 280625 (133 R 68/17y):
;
d) sowie (viertangegriffene Marke) AT 280624 (133 R 69/17w):
;
deren Eintragung die Antragsgegnerin jeweils beantragt hatte und die alle in diesen Waren-
und Dienstleistungsklassen mit folgendem Schutzumfang registriert sind:
16 Zeitschriften; gedruckte Zeitschriften; Zeitungen; gedruckte Publikationen; Druckereierzeugnisse; Journale; Magazine; periodisch erscheinende Magazine; Magazine als Beilage von Zeitungen; Fotografien;
35 Abonnementvermittlung für Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen; Werbung; Verbreitung von Werbeanzeigen; Rundfunkwerbung; Dateienverwaltung mittels Computer; Vermittlung von Adressen für Werbezwecke; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von eCommerce; Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke; Herausgabe von Werbetexten; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing (Absatzforschung); Werbung und Marketing im Internet für Dritte; Verkaufsförderung für Dritte; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Ausstellungen und
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
3 von 23
Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Planung von Werbemaßnahmen; Vermittlung von Sponsorverträgen für Werbezwecke; Telemarketing; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vermietung von Werbefläche in Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, auch im Internet (Bannerexchange); Versandwerbung; Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial, nämlich Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben; Werbung durch Werbeschriften; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien zu Werbezwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien;
38 Dienste von Presseagenturen; Übermittlung von Nachrichten, auch im Internet; Sammeln und Übermitteln von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; elektronische Nachrichten- und Datenübermittlung; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Telekommunikation; eMail-Dienste;
39 Austragen und Verteilen von Zeitungen und anderen Drucksorten;
41 Dienstleistungen eines Zeitungsverlages, eines Zeitschriftenherausgebers und eines Zeitungsreporters; Veröffentlichung von Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren, Magazinen, Zeitschriftenheften; Veröffentlichungsdienste für Zeitschriften, Broschüren, Magazine, Zeitschriftenhefte; Veröffentlichung von elektronischen Zeitungen, die über ein weltweites Computernetz zugänglich sind; Ausbildung; Veröffentlichung von Texten, Büchern und anderen Druckereierzeugnissen; Unterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen, Organisation von Veranstaltungen für sportliche und kulturelle Zwecke; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet (online); online Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Herausgabe und Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte); Information über Veranstaltungen (Unterhaltung); Ticketverkauf für Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen für kulturelle Zwecke; Durchführung und Organisation von Weiterbildungsseminaren.
(Die durch Fettdruck und Farbe hervorgehobenen Teile bezeichnen jene Waren und
Dienstleistungen, bei denen entsprechend den angefochtenen Beschlüssen die Registrierung
aufgehoben wurde.)
Zu den jeweils auf den gesamten Schutzumfang der angegriffenen Marken
abzielenden Widersprüchen brachte die Antragstellerin in allen vier Verfahren vor dem
Patentamt mehr oder minder wortgleich zum primär angezogenen Widerspruchsgrund nach
§ 29a Abs 1 iVm § 30 Abs 1 Z 1 MSchG vor, die angegriffenen Marken seien als hochgradig
ähnlich zur Verwechslung mit der Widerspruchsmarke hinsichtlich aller Waren und
Dienstleistungen geeignet. Der Wortteil „SALZBURGERIN“ sei eine bloße
Bestimmungsangabe; die jeweilige grafische Ausgestaltung sei unbedeutend, weil zum
gewöhnlichen Formenschatz gehörend. Der jede der angegriffenen Marken prägende
Wortbestandteil „LOOK!“ greife die Widerspruchsmarke vollständig auf, der durchschnittliche
Kennzeichnungskraft zukomme. Selbst wenn der Widerspruchsmarke nur geringe
Kennzeichnungskraft zukäme, was bestritten werde, so würden die restlichen Bestandteile der
angegriffenen Marken dennoch durch LOOK völlig in den Hintergrund gedrängt. Daraus
resultiere hochgradige Zeichenähnlichkeit bei Identität oder zumindest hochgradiger
Ähnlichkeit der Schutzumfänge, weswegen auch Widerspruch gegen sämtliche Waren und
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
4 von 23
Dienstleistungen erhoben werde, für die die angegriffenen Marken eingetragen sind.
Deswegen werde zusätzlich auch der Widerspruchsgrund nach § 30 Abs 1 Z 2 MSchG
geltend gemacht, bestehe doch die Gefahr dass der Verkehr von einem Serienzeichen
ausgehen könnte. Daneben bestehe aber zusätzlich auch die Gefahr einer gedanklichen
Verbindung zwischen den miteinander zu vergleichenden Zeichen.
Sie habe zudem die Widerspruchsmarke auch geltungserhaltend benutzt; soweit
andere Gesellschaften des Konzerns, dem auch sie angehöre, dieses Zeichen benutzt hätten,
sei dies mit ihrer Zustimmung erfolgt.
Die Antragsgegnerin erhob in allen Verfahren die Einrede der mangelnden
Benutzung der Widerspruchsmarke, so sei etwa im Bereich „Web-TV“ die Widerspruchsmarke
nicht geltungserhaltend verwendet worden. Der Marke der Antragstellerin komme auch bloß
schwache Kennzeichnungskraft zu. „Look“ sei bereits Bestandteil der deutschen
Alltagssprache und werde als Synonym für Mode und Fashion aufgefasst. Schwache
Zeichenbestandteile würden nur wenig zum Gesamteindruck beitragen, sodass schon relativ
geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen könnten, die
Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Alle angegriffenen Marken seien im Gegensatz zur
Widerspruchsmarke Wortbildmarken und ansprechend grafisch gestaltet. Das jeweils kursiv
geschriebene Wort „look“ erscheine durch die Kleinschreibung und das Rufzeichen
„insgesamt frech und jugendlich“. Der allen ihren Marken gemeinsame Teil „Salzburgerin“ sei
keine bloße Orts- oder Bestimmungsangabe, sondern – ebenso wie die jeweils spezielle
grafische Aufbereitung – besonders prägnant. Jedenfalls in den geschützten Klassen 35 und
39 bestehe weder Ähnlichkeit noch Identität der Waren, weil die Widerspruchsmarke in diesen
Klassen nicht registriert sei. Aber auch in den übrigen Klassen bestehe keine Identität,
sondern allenfalls nur eine Ähnlichkeit der Schutzbereiche.
Mit den angefochtenen, über weite Strecken gleichlautend abgefassten Beschlüssen
gab das Patentamt den Widersprüchen in den Klassen 16, 35, 38 und 41 im Umfang der im
Spruch jeweils konkret bezeichneten Waren und Dienstleistungen teilweise statt (darauf wird
zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen; § 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60
Abs 2 erster Satz AußStrG) und wies das Mehrbegehren jeweils als unberechtigt ab. Dem
legte es in der Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke anhand der vorgelegten
Nachweise in allen vier Verfahren als Sachverhalt zugrunde, dass die Widerspruchsmarke nur
im folgenden Schutzumfang ausreichend benutzt worden sei:
38 Services in the field of telecommunications; services in the field of telecommunications, namely transmission of information to third parties over the Internet; services in the field of telecommunication, namely dissemination of information in wireless or wire-bound networks; content provider services, namely provision of access to platforms or information on the Internet;
41 Education, training, entertainment, especially radio and television entertainment, services of a publishing house (excluding printing); publishing and editing publications in
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
5 von 23
printed and electronic form with editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class); sporting and cultural activities; publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs, „ausschließlich“ [Anm: anstelle von „also“] in the form of electronic media, in particular audio books and multimedia products (included in this class).
In der Klasse 38 sah es für „broadcasting of radio and (cable) television programmes,
including digital data dissemination“ keine ausreichende Verwendung.
In der Klasse 16 verneinte das Patentamt die Benutzung der Widerspruchsmarke
vollständig.
In der Frage der Verwechslungsgefahr erkannte die Rechtsabteilung für die Waren der
Klasse 16 der vier angefochtenen Marken eine Ähnlichkeit zu den Waren der Klasse 38 der
Widerspruchsmarke. Für die Dienstleistungen der Klasse 35 gelangte das Patentamt zur
Ansicht, dass hier eine nur teilweise Ähnlichkeit zwischen „Herausgabe von
Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke“ und „Herausgabe von
Werbetexten“ zu „publishing and editing publications in printed and electronic form with
editorial contents and partly advertising contents in the off-line and on-line publishing trade
(included in this class)“ bestehe. Für die Frage der Dienstleistungen der Klassen 38 und 41
gelangte die Rechtsabteilung zur Ansicht, dass jene der angefochtenen Marke teilweise
ähnlich und teilweise ident zu jenen der Widerspruchsmarke seien. Für die Klasse 39
verneinte das Patentamt eine Ähnlichkeit zum Schutzbereich der Widerspruchsmarke.
Ausgehend von dieser Analyse der einander gegenüberstehenden Waren und
Dienstleistungen konzedierte das Patentamt dem Wort LOOK als im allgemeinen
Sprachgebrauch üblich nur schwache Kennzeichnungskraft, werde es doch als „Aussehen,
Note, Moderichtung, Mode[erscheinung]“ verstanden. Dieser Bestandteil nehme in allen
angegriffenen Marken aufgrund seiner Größe und seiner Schriftgestaltung eine dominante
Stellung ein und präge so den jeweiligen Gesamteindruck der jüngeren Marken. In den
Marken AT 280626 (= 133 R 67/17a) und AT 280625 (= 133 R 68/17y) nehme der Schriftzug
„look!“ (zusätzlich auch) wegen der Signalfarbe Rot eine dominante Stellung ein.
Der Bestandteil SALZBURGERIN bezeichne die Bewohnerinnen der Stadt und/oder
des gleichnamigen Bundeslandes und sei als beschreibender geografischer Hinweis oder als
Bestimmungsangabe zu verstehen. Die angefochtenen Marken würden daher am ehesten
jeweils als „Schau! Salzburgerin“ oder aber im Sinn von „Mode! (für die) Salzburgerin“
verstanden. Die angesprochenen Verbraucher würden die Marken und Dienstleistungen beim
Erwerb sowohl sehen als auch online oder in der Werbung hören, sodass sowohl auf die
bildliche als auch die klangliche Ähnlichkeit Bedacht zu nehmen sei. Jedenfalls in bildlicher
und klanglicher Hinsicht bestehe daher große Ähnlichkeit, die auch durch allfällige
Bedeutungsunterschiede nicht neutralisiert werden könne. Zumal auch die ältere in die
jüngere Marke vollständig aufgenommen worden sei, sei trotz schwacher
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
6 von 23
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Verwechslungsgefahr im Umfang der
genannten Waren und Dienstleistungen zu bejahen.
Gegen den jeweils abweisenden Teil der angefochtenen Beschlüsse richten sich die
Rekurse der Antragstellerin und zwar stets aus dem Rekursgrund der unrichtigen
rechtlichen Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) mit dem Antrag, die
angefochtenen Beschlüsse jeweils dahingehend abzuändern, dass den Widersprüchen Folge
gegeben und dementsprechend die Registrierung zur Gänze aufgehoben werde, in eventu die
angefochtenen Beschlüsse aufzuheben. Der im Verfahren 133 R 66/17d erhobene Rekurs ist
im Zweifel rechtzeitig.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Rekurse jeweils abzuweisen.
Gegen den jeweils stattgebenden Teil der bekämpften Beschlüsse wenden sich die
Rekurse der Antragsgegnerin ebenfalls stets allein aus dem Rekursgrund der unrichtigen
rechtlichen Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) mit dem Antrag, die
angefochtenen Beschlüsse jeweils dahingehend abzuändern, dass die Widersprüche zur
Gänze abgewiesen werden. Hilfsweise stellt auch die Antragsgegnerin einen
Aufhebungsantrag.
Auch die Antragstellerin beantragt ihrerseits, die Rekurse jeweils abzuweisen.
Sämtliche Rekurse sind nicht berechtigt.
1. Gemäß § 187 ZPO, gegen den heranzuziehen das Rekursgericht ungeachtet des
Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im nach § 139 PatG iVm § 77c Abs 1 MSchG
anzuwendenden AußStrG keine Bedenken hat (dogmatisch ist in Bezug auf § 12 Abs 2
AußStrG ein Größen- oder ein Analogieschluss zu ziehen; vgl RIS-Justiz RS0035344
[Insolvenzverfahren]), kann der Senat Verfahren verbinden, die zwischen den nämlichen
Personen geführt werden, wenn dadurch zum Beispiel die Kosten und der Aufwand
vermindert werden. Die verbundenen Verfahren können auch durch ein gemeinschaftliches
Urteil (hier aber: einen gemeinschaftlichen Beschluss) entschieden werden (§ 404 Abs 2
ZPO). Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht auf das Verfahren erster Instanz
beschränkt (vgl Schragel in Fasching/Konecny2 § 187 ZPO Rz 2; RIS-Justiz RS0037216).
2. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer
früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen,
sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken
eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke
gedanklich in Verbindung gebracht würde.
2.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen,
also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind
die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
7 von 23
Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden
Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in
welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/
Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind
alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder
Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom
Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die
Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder
Dienstleistungen (vgl C-39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht4 117 mwN
bei FN 108).
2.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein
gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen
konkretisiert hat (zB C-191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T-599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt
auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159,
T-One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RIS-Justiz RS0121500, insb T4;
RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob
7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff
mwN).
2.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen
den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre
Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder
Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder
Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden
und umgekehrt (C-39/97, Cannon/Canon). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren-
oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst
erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren-
oder Dienstleistungsabstand (RIS-Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f,
KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht4 111 mwN).
2.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich
informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen
Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C-591/12 P,
Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS-Justiz RS0117324; Schumacher in
Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 111).
Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
8 von 23
angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (quattro/Quadra; 4 Ob
139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0078944; C-342/97, Lloyd,
Rn 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher
grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS-Justiz
RW0000786).
2.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine
Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a,
GO; 4 Ob 55/04y = RIS-Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob
57/14g, Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen
hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu
berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS-Justiz RS0117324). Zu
berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke
normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet
(stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/
ATC; EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer
Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C-120/04, Thomson
life, Rn 28; C-591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21). Dem Durchschnittsverbraucher
bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu
vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen
im Gedächtnis behalten hat (C-342/97, Lloyd, Rn 26; C-291/00, Slg 2003, I-2799, LTJ
Diffusion, Rn 52; C-104/01, Orange, Rn 64).
2.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die
Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz
RS0117324, RS0066753 [insb T9]; C-251/95, Sabel/Puma; C-206/04, Muelhens). Für das
Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten
Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner). Auch
hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der
betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob
124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die
den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen
Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen
ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74,
Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken).
2.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen
Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164, Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b, GARANTA; 4 Ob
225/03x, luminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438)
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
9 von 23
2.8. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie
im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die
Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care;
4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS). Das
kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht
gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping
City).
2.9. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der
Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an
diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem
dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner,
Markenrecht4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch
solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur
Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154,
Preishammer; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More).
2.10. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur
dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu
vernachlässigen sind (C-193/06 P, Quick/Quicky). Maßgebend sind auch hier der
Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren
oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony
Hotels).
2.11. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig
– und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und
damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen
(4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; RIS-
Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht
Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden
Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den
Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt
(Om 15/01, Jack&Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob
32/08t, Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C-120/04, Thomson life) kann – mit der daher
übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren
oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige
Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer
normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
10 von 23
zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob
32/08t, Jukebox; Om 12/10, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax).
3. Angesichts der Dichte der Argumente in den Rekursen und in den
Rekursbeantwortungen empfiehlt es sich, die erhobenen Rechtsrügen nach Themen
gegliedert gemeinsam zu behandeln.
4. Zur Benutzung der Widerspruchsmarke:
4.1. Als Aspekt unrichtiger rechtlicher Beurteilung macht die Antragstellerin geltend, die
Rechtsabteilung habe die rechtserhaltende Benutzung nicht ausreichend gewürdigt, soweit
sie dabei den Schutzumfang der Widerspruchsmarke (Anm: in der Klasse 9 [richtig:
Klasse 16] zur Gänze und in den Klassen 38 und 41 teilweise) eingeschränkt habe.
4.2. Eine Marke wird „ernsthaft benutzt“, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion
– die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie
eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen
Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (C-40/01, Ansul, Rz 43; C-416/04 P, Sunrider,
Rz 70; C-259/02, La Mer Technology, Rz 27; Om 8/11, WEG; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RIS-
Justiz RS0123519; RW0000854).
Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt
vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur
Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass
der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der
betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab C-342/97, Lloyd)
annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder
Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer
Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ!;
17 Ob 1/08h, Feeling/Feel I; RIS-Justiz RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher,
marken.schutz2 § 33a Rz 27 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das
damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO;
I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl; siehe auch RIS-Justiz
RW0000854).
Ohne einen konkreten Bezug zu einer Ware oder zu einer Dienstleistung bezieht sich
ein solcher Hinweis allenfalls auf die Dienstleistung des Handelsunternehmens, nicht aber auf
die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder
Dienstleistungen anderer Herkunft (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZB 10/03
= GRUR 2006, 150, Rz 9, 11, Norma; Fezer, Markenrecht4 § 26 MarkenG Rz 70).
4.3. Ist die Marke nur für Waren/Dienstleistungen benutzt worden, die unter keinen der
Begriffe des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses subsumiert werden können, so ist die
Marke insgesamt unbenutzt und löschungsreif. Eine Benutzung für eine Ware/Dienstleistung,
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
11 von 23
die mit den eingetragenen Waren/Dienstleistungen nur ähnlich ist oder unter einen
gemeinsamen, nicht eingetragenen Oberbegriff fällt, ist nicht rechtserhaltend (Ingerl/Rohnke,
MarkenG3 § 26 Rz 108 mwN). Bei Spezifizierungen einer im Waren- oder
Dienstleistungsverzeichnis registrierten Ware oder Dienstleistung kann die Benutzung für eine
andere Spezifizierung der Ware/Dienstleistung nur rechtserhaltend sein, wenn beide
Waren/Dienstleistungen unter einen im Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen
Oberbegriff fallen. Handelt es sich dagegen um verschiedene Spezifizierungen von
Waren/Dienstleistungen, die unter keinen Oberbegriff im Verzeichnis zu subsumieren sind,
liegt keine Benutzung vor (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 248).
4.4. Wenn der Markeninhaber eine Marke nur für einen Teil der im Waren- und
Dienstleistungsverzeichnis eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt hat, so gilt
nach der Judikatur des OPM die Verwendung der Marke auch für weitere Waren und
Dienstleistungen, sofern diese in ihren Eigenschaften und Zweckbestimmungen mit den
benutzten Waren übereinstimmen (Om 6/07; Om 3/11, Jones ; vgl ferner Engin-Deniz,
MSchG² 350: „zum gleichen Bereich gehören“; Koppensteiner, Markenrecht4 138 [bei und in
FN 301]). Diese Judikatur setzt voraus, dass für zumindest eine eingetragene Ware oder
Dienstleistung der Benutzungsnachweis gelang. Für diesen Fall erstreckte der OPM die
rechtserhaltende Wirkung auf ähnliche (im Sinne von zweckgleiche) Waren oder
Dienstleistungen.
4.5. Zu den jeweils die Rechtsrüge einleitenden Ausführungen in den Rekursen der
Antragsgegnerin ist festzuhalten, dass die durch das Europarecht und die Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs determinierten weiteren Grundsätze des Nachweises der
Benutzung sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:
Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreicht, um Marktanteile für die durch
die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen,
hängt von mehreren Faktoren und von einer Einzelfallbeurteilung ab (RIS-Justiz RW0000806).
Dabei sind die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Häufigkeit und die
Regelmäßigkeit der Benutzung der Marke, die Frage, ob die Marke benutzt wird, um alle
identischen Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder nur manche von diesen
zu vermarkten, oder auch die Beweise über die Benutzung der Marke, die der Inhaber
vorlegen kann, zu berücksichtigen. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine
geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um
die Ernsthaftigkeit zu belegen (C-416/04 P, Vitafruit; Om 14/06, Dreher; Om 4/09, Sallaki;
Om 10/10, Nuke mwN).
Auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung kann ernsthaft sein, wenn sie im
betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten
oder zu gewinnen (C-259/02, La Mer Technology; C-416/04 P, Sunrider, Rn 72). Die Größe
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
12 von 23
des Vertriebsgebietes ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (C-416/04 P,
Sunrider, Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die
kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen
werden (C-259/02, La Mer Technology, Rn 3; Om 10/10, Nuke; Om 11/09, BT). Letztlich ist
auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von
Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09, BT).
Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu
stellen, (Om 3/11, Jones; Om 5/10, Coolwater; RIS-Justiz RS0066797 [das
Löschungsverfahren betreffend]).
4.6. Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern
unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden
Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich
benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen
kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RIS-Justiz RS0121289, SIERRA Tequila;
Om 1/91, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina
[Gestaltungsspielraum]).
4.7. Wenn der hinzugefügte Markenbestandteil als eigenständiges Kennzeichen
wahrgenommen wird, liegt eine sog Mehrfachkennzeichnung vor und die registrierte Marke ist
rechtserhaltend benutzt. Kennzeichnen daher mehrere Marken die selbe Ware, so ist in
solchen Fällen von einem kennzeichnungsmäßigen Gebrauch sämtlicher Marken
auszugehen, es sei denn eine Marke würde vollständig (etwa wegen ihrer Kleinheit oder bei
– unüblicher – Verwendung der Marke nur auf der Rückseite der Ware) in den Hintergrund
treten (Om 13/07, Völkl [zur Dachmarke]; Om 3/02, Spitz, unter Verweis auf Gräser, Der
„Gebrauchszwang“ im Markenrecht, ÖBl 1982, 109; OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE =
RIS-Justiz-RW0000807; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 84 mwN;
Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 137 f; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26
Rz 135 f).
4.8. Verfahrensrechtlich gilt ausgehend davon, dass das Patentamt eine mündliche
Verhandlung jeweils für nicht erforderlich hielt, folgender Grundsatz:
Eine unmittelbare Beweiswiederholung nach § 52 Abs 2 AußStrG ist nicht erforderlich,
wenn die Feststellung, von der das Rekursgericht abzuweichen erwägt, nur auf mittelbar
gewonnene Beweise gestützt wurde; das Rekursgericht ist mangels unmittelbarer
Beweisaufnahme zu einem Thema in erster Instanz somit nicht gehalten, eine
Beweiswiederholung durchzuführen (RIS-Justiz RS0122252 [insb T4 und T5]; OLG Wien 34 R
100/14x, ICEGRIP/ICE).
4.9. Für die weitere Auseinandersetzung mit den Rekursvorbringen ist es zudem
erforderlich offenzulegen, dass nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts die Frage der
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
13 von 23
„ernsthaften markenmäßigen Benützung“ jedenfalls keine reine Rechtsfrage, sondern
zumindest eine sogenannte quaestio mixta ist, also jedenfalls (auch) ein taugliches
Tatsachensubstrat ermittelt werden muss, anhand dessen diese Frage beurteilt werden kann
(OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE; der OGH sieht in der verwandten Frage der
Verkehrsgeltung eine reine Tatfrage: RIS-Justiz RS0043668; für das Eintragungsverfahren s
OBm 3/13, Steirerfleisch). Soweit das jeweils allein unter dem Rechtsmittelgrund der
unrichtigen rechtlichen Beurteilung erstattete Rekursvorbringen der Parteien also (auch) als
Tatsachenrüge aufzufassen ist, so schadet ihnen dies nicht (RIS-Justiz RS0041851), weil das
Rechtsmittel als Ganzes betrachtet und danach beurteilt werden muss, welchem
Rechtsmittelgrund die Rügen zuzuordnen sind (RIS-Justiz RS0041851 [T8]; RS0111425).
Dass die Behauptungs- und Bescheinigungslast für die Benutzung die Antragstellerin
trifft und daher allfällige Zweifel zu ihren Lasten zu werten sind (§ 29 Abs 3 erster Satz
MSchG), sei allerdings klargestellt (zu § 33a Abs 5 MSchG: Om 3/11, Jones; Engin-Deniz,
MSchG² 356; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 127; allgemein zB RIS-
Justiz RS0039939).
4.10. Das Rekursgericht teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass mit den
Zeitschriftencovers wie zB Beilage ./N sowohl die Widerspruchsmarke LOOK als auch das
Zeichen GALA gemeinsam verwendet werden und ausgehend von den dargelegten
Grundsätzen daher ein Fall der Mehrfachkennzeichnung gegeben ist. Das Patentamt hat
nämlich auch festgestellt, dass „Gala [...] eine Marke mit relativ hohem Bekanntheitsgrad“ ist
(BS 11, vorletzter Absatz).
Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung
ist eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis. Insbesondere ist es üblich, neben
einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung
der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als
auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide für sich
genommen rechtserhaltend benutzt werden (vgl die in den Rekursen der Antragstellerin
zutreffend zitierte Entscheidung des BGH I ZR 71/04, bodo Blue Night, Rz 15, unter Verweis
auf BGH GRUR 1993, 972, Sana/Schosana; GRUR 2000, 510, Contura; s auch Om 10/07,
Rothmans; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 93). Dabei kommt es darauf an, ob die
Gestaltung vom angesprochenen Verkehr wie bei einem Gesamtzeichen im Zusammenhang
wahrgenommen wird oder ob der Verkehr daran gewöhnt ist, in einer Gesamtaufmachung
einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer
Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuzuerkennen.
Anders als die Rechtsabteilung – und ihr zustimmend die Antragsgegnerin in ihren
Rekursbeantwortungen – ist das Rekursgericht unter diesen Umständen nicht der Auffassung,
dass die beiden Wortmarken derart grafisch aneinandergefügt sind, dass sie optisch
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
14 von 23
miteinander verschmelzen, weil das Wort GALA nicht nur senkrecht angeordnet ist, sondern in
den meisten Fällen auch farblich abweichend vom waagrecht verwendeten Wort LOOK
gestaltet ist (Beilagen ./N, ./T, ./Y, ./Z [weiß gegenüber lila]; Beilagen ./U und ./V [weiß
gegenüber rot]; anders Beilagen ./P und ./AB [einheitlich rot] und Beilage ./AD [einheitlich
lila]).
Dass die Antragstellerin in der Zeitschrift „GALA LOOK“ selbst eine „Line Extension“
sieht (zB Beilage ./AC), steht der Qualifikation als Mehrfachkennzeichnung nicht entgegen,
weil das Publikum gerade auch in diesem Kontext an die verbreitete Verwendung von
Zweitkennzeichen gewöhnt ist (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 167; BGH
I ZR 71/04, bodo Blue Night, Rz 14 [Parfum]) und zudem LOOK grafisch deutlich größer als
das bekannte Zeichen GALA gehalten ist und daher beide Marken dieselbe Ware
kennzeichnen (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 170 mwN der Rsp des BGH).
Dass LOOK vollständig in den Hintergrund tritt oder gar als rein beschreibende Angabe
aufgefasst wird, lässt sich damit gerade nicht sagen, sondern es ist davon auszugehen, dass
die angesprochenen Verkehrskreise in der zu beurteilenden Kennzeichenkombination GALA
als (bekannte) Haupt- und LOOK als Spezialmarke im Rahmen einer Markenfamilie erkennen
(Om 10/07, Rothmans; BGH I ZR 41/08, Peek & Cloppenburg II, Rn 20 und Rn 28 ff
[Serienzeichen]; s auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 168; Ingerl/Rohnke,
MarkenG³ § 26 Rz 93), zumal hier im Gegensatz zu den Überlegungen der Rechtsabteilung
nicht das Hinzufügen eines bloßen (beliebigen und nicht geschützten) Wortbestandteils zu
einer Marke (dazu s etwa Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 173 ff), sondern die kombinierte
Verwendung von zwei selbständig registrierten Marken zu beurteilen ist.
Eine Auseinandersetzung mit den Argumenten des Hanseatischen OLG in seiner von
der Rechtsabteilung zitierten Entscheidung vom 21.11.2007, 3 U 184/09 (das in einem
anderen vom Patentamt geführten Verfahren als Beilage ./5 vorgelegt wurde [WM 54/2015 =
OLG Wien 133 R 70/17t)]), kann schon deswegen unterbleiben, weil keine Bindungswirkung
besteht.
Es ist daher von einem kennzeichenmäßigen und damit rechtserhaltenden Gebrauch
beider Marken - und damit auch der Widerspruchsmarke - auszugehen. Daher lieg en
auch die in den Rekursen der Antragstellerin geltend gemachten sekundären
Feststellungsmängel nicht vor.
4.11. Der Argumentation der Antragstellerin in ihren Rekursen folgend ist ihr daher
auch der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke in der Klasse 16 für die Waren
„printed matter“ [Druckwaren] gelungen. Folge davon ist, dass auch für die damit verwandten
Dienstleistungen der Klasse 41 „services of a publishing house (excluding printing); publishing
and editing publications in printed and electronic form with editorial contents and partly
advertising contents in the off-line and on-line publishing trade (included in this class);
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
15 von 23
publishing and editing of products by a publishing company that consist of texts and/or music
and/or spoken language and/or pictures and/or films and/or computer programs“ keine
Einschränkung auf bloß elektronische Medien vorzunehmen ist, wie es die Rechtsabteilung
ausgehend von der vom Rekursgericht nicht geteilten Beurteilung der Verwendung des
Zeichens der Antragstellerin für „GALA LOOK“ als erforderlich erachtete.
4.12. Hingegen vermag das Rekursgericht anhand der vorgelegten Urkunden nicht zu
erkennen, inwiefern die Widerspruchsmarke in der Klasse 41 auch für die Dienstleistungen
„education, training“ verwendet worden sein könnte. Diese Bescheinigungsmittel reichen
ungeachtet des auf die bloße Glaubhaftmachung herabgesetzten Beweismaßes (Rechberger
in Rechberger, ZPO4 § 274 Rz 1 [überwiegende Wahrscheinlichkeit]; RIS-Justiz RS0040276;
RS0005225 [T3] uva) nicht aus, um nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls und
unter Berücksichtigung der Art der Verwendung der Marke der Antragstellerin ihre Behauptung
in den Rekursen zu stützen, Styling-Tipps seien Teil von Ausbildung und Training, weil es sich
dabei letztlich um Tätigkeiten handelt, die grundsätzlich ebenso banal wie alltäglich sind: So
gehört ein gepflegtes Auftreten und eine gewisse Körperpflege zu den Grundanforderungen
und -voraussetzungen. Bloß damit in Zusammenhang stehende Tipps begründen daher
insofern keine rechtserhaltende Verwendung der Widerspruchsmarke.
4.13. Im Einklang mit der Argumentation der Rechtsabteilung sieht das Rekursgericht
auch angesichts des Rekursvortrags der Antragstellerin keinen Grund, warum aus dem
Umstand, dass unter dem Zeichen LOOK online Videos bereitgestellt wurden, eine
kennzeichenmäßige Nutzung auch für „broadcasting of radio and (cable) television
programmes“ in der Klasse 38 und für „[entertainment, especially] radio and television
entertainment“ in der Klasse 41 abzuleiten wäre.
Auch wenn die Antragstellerin in den Rekursen die Grundsätze der Berücksichtigung
verwandter Waren und Dienstleistungen bei der Prüfung ausreichender Benutzung an sich
richtig wiedergibt (vgl dazu bereits oben Punkt 4.5.), so überzeugen ihre Schlüsse in concreto
nicht, weil – wie die Antragsgegnerin in den Rekursbeantwortungen richtig aufzeigt –
Dienstleistungen zu beurteilen sind, die nebeneinander registriert sind und die in keinem
Unterordnungsverhältnis zueinander stehen (s dazu Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11
§ 26 Rz 261 ff; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 26 Rz 112 ff).
Der verwendete, aber irreführende Begriff „Web-TV“ verschleiert ausgehend von den
vom Patentamt dazu getroffenen Feststellungen (vgl BS 9 bis 11), dass es sich dabei um
Videos handelt, die bei Zugriff auf die Domain www.stern.de über das Internet abrufbar waren.
Solche Inhalte unterscheiden sich von Radio- und Fernsehprogrammen nicht nur wesentlich
durch die Art der Bereitstellung sowie durch die für den Empfang/die Nutzung verwendeten
Geräte, sondern ebenso wesentlich auch durch die zeitliche Art und Weise der
Bezugsmöglichkeit, was den Verkehrskreisen auch bewusst ist: Während sich in das Netz
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
16 von 23
gestellte Internetinhalte im Regelfall nach Wahl des Interessenten jederzeit abrufen und
konsumieren lassen, ist dies bei TV- und Radioformaten nicht der Fall; sie können nur
während der jeweiligen Sendezeit konsumiert werden. Dass immer mehr Radio- und
Fernsehstationen ihre Sendungen teilweise nach der Ausstrahlung auch zum Download oder
Streaming im Internet bereitstellen, entkräftet diese Sichtweise nicht, sondern bestärkt sie
sogar: Die bereits ausgestrahlten Radio- und Fernsehsendungen werden nachträglich für
gewisse Zeit im Internet online und damit nicht in Form einer (Aus-)Sendung bereitgestellt.
4.14. Soweit die Antragsgegnerin in ihren gleichlautenden Rekursen meint, der
Antragstellerin sei der Benutzungsnachweis hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 38
und 41 ganz generell nicht gelungen, weil im relevanten Zeitraum (vom 20.12.2009 bis zum
19.12.2014) keine Videos mehr online gestellt worden und diese nur durch eine „vertiefte
aktive Suche“ auffindbar seien, geht sie nicht vom bescheinigten Sachverhalt aus (RIS-Justiz
RS0043603 [T2]; RS0043312 [T12, T14]).
Die Rechtsabteilung hat nämlich nicht nur festgestellt, dass „[e]inige Videos [...] auch
nach 2010 im relevanten Zeitraum abrufbar [waren] bzw. [...] auch abgerufen wurden“,
sondern ua auch dass zum 19.1.2015 Videos unter der dem Konzern der Antragstellerin und
auch ihr selbst zuzurechnenden Domain www.stern.de (s dazu näher BS 10 unten) nicht nur
„im Archiv“ abrufbar waren, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren und
zwischen 2010 und 2015 kontinuierlich (und zwar etwa bei acht Videos zwischen 1.113- und
40.497-mal) abgerufen wurden (BS 9, drittletzter und letzter Absatz, BS 10 dritter, vierter und
letzter Absatz).
Anders als die Antragsgegnerin sieht das Rekursgericht im Bereithalten und im
gedanklich notwendigerweise darauf basierenden Abruf von Online-Inhalten innerhalb des
Konzernverbunds im Einklang mit der rechtlichen Beurteilung des Patentamts sehr wohl eine
rechtserhaltende Benutzung im Bereich der darauf bezogenen Dienstleistungen der Klasse 38
und teilweise auch der Klasse 41 (s näher oben Punkt 4.13.). Das fortwährende, nicht bloß
passive Bereitstellen dieser Inhalte im Internet unter Nutzung der Widerspruchsmarke in
Verbindung mit dem Umstand zahlenmäßig äußerst relevanter Zugriffe auf sie wird unter
Bedachtnahme auf den angegriffenen Schutzbereich (in der Klasse 38 zB Content-
Providerdienste und in der Klasse 41 etwa Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen in
elektronischer Form) den von der Rechtsprechung des EuGH, des OGH und des OPM
entwickelten eher liberalen Kriterien gerecht und geht – anders als die Antragsgegnerin unter
Außerachtlassung der relevanten Feststellungen der Rechtsabteilung argumentiert – über die
bloße und damit per se nicht ausreichende Abrufbarkeit im Internet qualifiziert hinaus (dazu
vgl etwa Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG11 § 26 Rz 227 ff; Bogatz/Schäffer in
Kur/v. Bromhard/Albrecht, Markenrecht, § 26 MarkenG Rz 69 ff). Die in den Rekursen der
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
17 von 23
Antragsgegnerin vorgenommene semantische Differenzierung zwischen „Bereitstellen“ und
„Stehenlassen“ überzeugt das Rekursgericht unter diesen Umständen nicht.
4.15. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Beurteilung der
Benutzungsnachweise der Rechtsabteilung mit Ausnahme von „Druckereierzeugnissen“ in der
Klasse 16, um die daher die geschützten Waren zu erweitern sind, zutrifft.
5. Zur Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit:
5.1. Wendet man die eingangs der Rekursentscheidung genannten Grundsätze im
vorliegenden Fall an, so ist der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch die
Rechtsabteilung im Ergebnis beizupflichten.
5.2. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen
sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren
kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und
Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren
oder Dienstleistungen (C-39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher,
marken.schutz2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren muss geeignet
sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die
Waren, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der
Kontrolle eines einzelnen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich
gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten
Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina, 4 Ob 180/02d, Opus One).
Für die Auslegung des Warenverzeichnisses ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im
Prioritätszeitpunkt abzustellen. Die im Warenverzeichnis verwendeten
Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem
objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte
Klassifikation der Waren dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist nicht entscheidend,
ob die Waren jeweils in der selben Klasse aufscheinen (Om 3/09, Arccos/Archos). Als
relevante Faktoren kommen auch die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen
Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre
Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob
18/02d, opus one; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at).
Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen
ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware
unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung
beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle
Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen
werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
18 von 23
des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist (OLG Wien, 34 R 69/16s, Silan/
HydroPurSilan uva).
5.3. Ausgehend vom Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke auch für
„Druckereierzeugnisse“ in der Klasse 16 besteht sogar teilweise Warenidentität, wie die
Antragstellerin in ihren Rekursen daher zutreffend aufzeigt. Die in der Klasse 16 für die
angefochtenen Marken geschützten Waren sind alle solche, die sich problemlos unter solche
„Druckereierzeugnisse“ subsumieren lassen und daher als ident oder zumindest hochgradig
ähnlich anzusehen sind. Dies berücksichtigend verfängt die Argumentation der
Antragsgegnerin nicht, wonach nur auf die Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der Klasse 38
Bedacht zu nehmen sei.
Das Rekursgericht hält ungeachtet des Vortrags in den Rekursen der Antragstellerin,
die ein weiteres Verständnis anstrebt, und in jenen der Antragsgegnerin, die wiederum eine
Ähnlichkeit gänzlich in Abrede stellt, die Beurteilung durch die Rechtsabteilung für
überzeugend, dass die Werbedienstleistungen in der Klasse 35 der angegriffenen Marken in
jenem Umfang zu den Dienstleistungen der Klasse 41 der Widerspruchsmarke ähnlich sind,
als sie mit „Veröffentlichung und Druck“ in Verbindung gesetzt werden können. Die von der
Antragstellerin behauptete Ähnlichkeit zu Werbung ganz allgemein besteht nicht, weil das
Verlegen und das Veröffentlichen keine enge Verbindung zu Werbetätigkeiten aufweisen, wie
die Antragsgegnerin in ihren Rekursbeantwortungen korrekt aufzeigt; umgekehrt kritisiert sie
zwar in ihren Rekursen, dass die Rechtsabteilung „eine rechtlich fundierte Begründung [...]
missen“ lasse, sie zeigt aber ihrerseits nicht auf, warum die überzeugende Argumentation im
angefochtenen Beschluss unrichtig sein könnte. Mit einem derart pauschalen Vorwurf der
Unrichtigkeit vermag sich das Rekursgericht aber nicht auseinanderzusetzen.
Dass die Widerspruchsmarke auch für „Druckereierzeugnisse“ in der Klasse 16 und für
„Verlagsdienstleistungen“ in der Klasse 41 ausreichend benutzt wurde, schafft im Gegensatz
zur Argumentation der Antragstellerin noch keine Ähnlichkeit zu den weiteren Dienstleistungen
der Klasse 35, weil der bloße Umstand, dass „ein Verlagshaus“ auch derartige
Dienstleistungen typischerweise erbringt, keine ausreichende Nähe zu „Verbreitung von
Werbeanzeigen“, „Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte“, „Abonnementvermittlung für
Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen“ oder „Vermittlung von Adressen für Werbezwecke“
schafft. Davon abgesehen ist ohnehin allein auf den Registerstand abzustellen (oben
Punkt 2.1.; RIS-Justiz RW0000786), wie die Antragsgegnerin in ihren Rekursbeantwortungen
richtig betont.
Hinsichtlich der „Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für
Werbezwecke“ und der „Herausgabe von Werbetexten“ hat das Patentamt ohnehin die
Ähnlichkeit bejaht (und die Registrierung der angegriffenen Marken aufgehoben), sodass das
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
19 von 23
Rekursgericht das darauf bezogene Vorbringen der Antragstellerin in ihren Rekursen nicht
nachvollzieht.
Die „Vermietung von Werbefläche in Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, auch im
Internet (Bannerexchange)“ steht hingegen ebenso wenig in einem relevantem
Zusammenhang zu „Druckereierzeugnissen“ wie „Werbung durch Werbeschriften“.
Soweit die Antragsgegnerin in ihre Rekursen versucht, die teilweise Identität und die
teilweise Ähnlichkeit in der Klasse 38 weg zu argumentieren, so setzt sie der tragenden
Begründung der Rechtsabteilung, wonach sich der Begriff der Telekommunikation in beiden
Verzeichnissen dominierend wiederfindet (BS 15 f), nichts Stichhaltiges entgegen. Die
Antragstellerin wiederum bleibt über die bloße Behauptung der Identität zwischen „Vermittlung
von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von eCommerce“ sowie „Präsentation von
Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel“ zu „Content-Providerdiensten“ in der
Klasse 38 der Widerspruchsmarke Argumente dafür schuldig. Solche sind für das
Rekursgericht auch nicht ersichtlich, geht es bei der letztgenannten Dienstleistung doch rein
um das Bereitstellen von Medieninhalten und Informationen im Internet.
Dass in der Klasse 39 der angegriffenen Marken zwischen „Austragen und Verteilen
von Zeitungen und anderen Drucksorten“ eine Ähnlichkeit zu „Druckereierzeugnissen“ in der
Klasse 16 und ganz allgemein zu sämtlichen Dienstleistungen der Klasse 41 bestehen soll,
behauptet die Antragstellerin zwar in ihren Rekursen, jedoch überzeugt der Rekursvortrag
nicht, weil für den Verkehr nicht die zumindest erforderliche sinnvolle und dementsprechend
enge Komplementarität ersichtlich ist: Das Austragen und Verteilen von Zeitungen erfolgt
– anders als ihr Straßenverkauf, auf den die Antragstellerin in ihren Rekursen Bezug nimmt –
keineswegs stets durch entsprechend gekleidete Personen.
Der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke auch für „Ausbildung“ ist der
Antragstellerin nicht gelungen; eine darauf fußende mögliche Ähnlichkeit zu Dienstleistungen
der angegriffenen Marken in der Klasse 41 kann sie daher nicht erfolgreich geltend machen,
wie auch die Antragsgegnerin in den Rekursbeantwortungen treffend aufzeigt. Soweit sich die
Antragsgegnerin in ihren Rekursen gegen die Argumentation der Rechtsabteilung wendet,
dass ansonsten Ähnlichkeit bis hin zur Identität besteht, so überzeugt sie das Rekursgericht
damit nicht: Dass „Dienstleistungen eines Verlages“ (Widerspruchsmarke) als Oberbegriff
auch solche „eines Zeitungsverlages“ (angefochtene Marken) umfassen, ist logisch wie
semantisch zwingend. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher auf die zutreffenden
Ausführungen des Patentamts in den angefochtenen Entscheidungen verwiesen werden
(§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
6. Zur Verwechslungsgefahr:
6.1. Diese vom Patentamt zutreffend als ident und/oder ähnlich qualifizierten Waren
und Dienstleistungen sind überwiegend nicht solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
20 von 23
der Aufmerksamkeit ihres Adressaten, der entweder Endverbraucher oder Fachmann ist, bei
ihrer Inanspruchnahme durchschnittlich hoch (Koppensteiner, Markenrecht4 114). Bei der
Inanspruchnahme von Werbedienstleistungen, die sich typischerweise an Fachleute richten,
die Unternehmer sind, ist das Publikum etwa durchschnittlich alert (OLG Wien, 34 R 144/14t,
HOLY/HOLY SHIT). Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so
gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später
wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des
anderen Zeichens vergleichen kann (RIS-Justiz RS0117324), wird daher fast immer nur
einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten.
6.2. Im Wortbild stimmen die Zeichen im Begriff LOOK jeweils überein; die
gleichnamige Widerspruchsmarke wurde zur Gänze in alle angefochtenen Zeichen
aufgenommen. Unterschiede resultieren daraus, dass die zu 133 R 66/17d und 133 R 67/17a
angegriffenen Marken aus dem weiteren vorangestellten Wort SALZBURGERIN und einem
abschließenden Satzzeichen – einem Rufzeichen nach LOOK – bestehen. Die angefochtenen
Marken AT 280625 und AT 280624 enthalten abweichend davon den Zusatz FÜR DIE
SALZBURGERIN. Optisch dominant bleibt ungeachtet des Vortrags in den Rekursen der
Antragsgegnerin aber der Bestandteil LOOK, der in allen vier zu prüfenden Fällen den
Bestandteil „[FÜR DIE] SALZBURGERIN“ durch die schriftliche Gestaltung um zumindest
mehr als das Fünffache überragt.
Die grafische Gestaltung aller angegriffenen Marken ist als innerhalb des Üblichen
anzusehen und damit banal und für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Belang. Dass die zweit-
und die drittangegriffene Marke (AT 280626 und AT 280625) farblich insoweit anders gestaltet
sind als „look!“ jeweils in Rot gehalten ist, ändert nichts an dieser Beurteilung, weil dies weder
fantasievoll noch in irgendeiner Weise für die adressierten Verkehrskreise ungewöhnlich ist
und daher keinen Aufmerksamkeitswert hat.
6.3. Klanglich besteht eine bedeutsame Gemeinsamkeit in der Sprechweise darin,
dass alle angegriffenen Marken LOOK enthalten. Zusätzlich bestehen sie auch noch aus
[FÜR DIE] SALZBURGERIN und zwar entweder voran- oder nachgestellt. LOOK prägt daher
die angefochtenen Marken mit, sodass ein gewisser, aber geringer Abstand besteht: Liegt auf
dem (Wort-)Anfang die Betonung, ist er für den Gesamteindruck bedeutend (Fezer,
Markenrecht4 § 14 MarkenG Rz 497 f; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 14 Rz 864 und 886;
Om 6/11, Evolution/revölution etc), umgekehrt haben aber gerade auch Endungen einen
Auffälligkeitswert (oben Punkt 2.7.).
6.4. Zur Frage der Wortbedeutung ist das Rekursgericht der Auffassung, dass das
allen Zeichen gemeinsame englische Wort LOOK unter summarischer Bedachtnahme auf den
Schutzumfang unterdurchschnittlich unterscheidungskräftig ist. Es ist keineswegs nur ein
fremdsprachiges Wort, sondern als Anglizismus bereits Bestandteil der deutschen
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
21 von 23
Alltagssprache; es bezeichnet das Aussehen, eine Note, eine Moderichtung, die
Mode(erscheinung) (so schon OLG Wien 34 R 73/14a, STYLEBOOK, LOOKBOOK
[Eintragungsverfahren]). Dass es daneben auch „schau[e]!“ bedeuten kann, ist angesichts des
von den angegriffenen Zeichen beanspruchten Schutzbereichs ohne tiefere Relevanz, weil
auch dieses Verständnis für die adressierten Verkehrskreise ebenso naheliegt, wie die
Rechtsabteilung richtig betont.
Nach ständiger Rechtsprechung des Rekursgerichts wäre zudem der von der
Antragsgegnerin ohnehin nicht erhobene Einwand, die Widerspruchsmarke hätte keine
Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig, ohne Belang, weil damit ein
Löschungsgrund geltend gemacht würde, der nur im dafür vorgesehenen Verfahren geltend
gemacht werden könnte (zu § 33 MSchG s Hauer in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2
§ 33 Rz 4 f; OLG Wien 34 R 12/15g, Skylens/sky; 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360, = 4 Ob
164/16w ua; zur internationalen Marke s allgemein Ullrich in Kucsko/Schumacher,
marken.schutz² § 2 Rz 120). Insoweit geht auch der Verweis der Antragsgegnerin auf die
Entscheidung 34 R 146/16m des OLG Wien (GOURMET/GOURMET GOLD) fehl, weil keine
der beiden dort zu vergleichenden Marken allein aus dem damals für nicht
kennzeichnungskräftig erachteten Bestandteil GOURMET bestand.
Der den angefochtenen Marken gemeinsame und von der Widerspruchsmarke
abweichende Teil „[FÜR DIE] SALZBURGERIN“ besitzt allerdings wenn überhaupt ebenfalls
nur geringe Kennzeichnungskraft, wie die Antragstellerin in ihren Rekursbeantwortungen
zutreffend herausstreicht, weil die angesprochenen Verkehrskreise darin entweder eine
Herkunfts- (erst- und zweitangegriffene Marke) und/oder Bestimmungsangabe (dritt- und
viertangegriffene Marke) verstehen werden (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG; OBm 3/13, Steirerfleisch
[Eintragungsverfahren]; dazu zuletzt 4 Ob 222/16z, Schärdinger Hex [Verletzungsverfahren]).
An das Hinzufügen von Rufzeichen in Marken ist der Verkehr gewöhnt; das Beifügen eines
solchen Satzzeichens ist für den Ähnlichkeitsvergleich im Regelfall ohne Bedeutung (OLG
Wien 34 R 33/15w, weil du einfach mehr brauchst! [Eintragungsverfahren]).
Mit anderen Worten spielt LOOK im Sinngehalt der Zeichen der Antragsgegnerin keine
untergeordnete, sondern eine ungeachtet seiner prinzipiellen Kennzeichnungsschwäche
dennoch (zumindest: mit-) dominierende Rolle, weil es in der Widerspruchsmarke sowohl als
Substantiv als auch – wie in den angegriffenen Marken – als Imperativ verstanden werden
kann.
6.5. Wird aber eine Marke komplett in ein Zeichen aufgenommen, so ist bei Ähnlichkeit
und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr
anzunehmen, weil selbst bei der Übernahme eines – wie hier – schwachen Zeichens
Verwechslungsgefahr besteht, wenn die übernommene Marke innerhalb des übernehmenden
Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
22 von 23
Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (vgl
die Nw oben bei Punkt 2.11.; weiters zB auch OLG Wien 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 =
4 Ob 164/16w; 34 R 41/16y, Mona/Monalisa).
6.6. Unter diesen Umständen sind wegen der grafischen, semantischen und
phonetischen Gemeinsamkeiten sowie der teilweisen Identität und der teilweisen Ähnlichkeit
der Waren und Dienstleistungen der miteinander zu vergleichenden Zeichen in allen
verbundenen Verfahren die zutreffend differenzierenden Entscheidungen der Rechtsabteilung
auch die Verwechslungsgefahr betreffend im Endergebnis nicht korrekturbedürftig; sämtlichen
Rekurse beider Parteien war damit auch insoweit nicht Folge zu geben.
7. Ob eine Marke rechtserhaltend benutzt wurde, betrifft eine Frage des spezifischen
Einzelfalls (zB RIS-Justiz RS0123519). Da die Entscheidung auch sonst keine Rechtsfragen
von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht
bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880 [Ermessensspielraum]; RIS-Justiz RS0066779 [T24]),
ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der
Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist,
aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist
angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
8. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und
§ 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.
Oberlandesgericht Wien1010 Wien, Schmerlingplatz 11Abt. 133, am 23. Oktober 2017
Dr. Reinhard HingerElektronische Ausfertigung
gemäß § 79 GOG
Oberlandesgericht Wien
133R66/17d
23 von 23