Polytec InFocus 2014 (deutsch)

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Magazin für Optische Messsysteme von Polytec InFocus AUSGABE 2014 Groß im Kleinen Polytec stößt in Bereiche vor, die für das Auge kaum sichtbar sind Im Dienste der Gesundheit Seite 5 Extrem vielseitig Seite 10 Kompetenzzentrum für Laser-Doppler-Vibrometrie Seite 33 Sichtbare Musik Seite 36 Dem Hören auf der Spur Seite 40 Jetzt für den Newsletter anmelden: www.polytec.de/ newsletter

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Magazin für Optische Messsysteme von Polytec

Transcript of Polytec InFocus 2014 (deutsch)

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Magazin für Optische Messsysteme von Polytec

InFocusAUSGABE 2014

Groß im KleinenPolytec stößt in Bereiche vor, die für das Auge kaum sichtbar sind

Im Dienste der GesundheitSeite 5

Extrem vielseitigSeite 10

Kompetenzzentrum für Laser-Doppler-Vibrometrie

Seite 33

Sichtbare Musik Seite 36

Dem Hören auf der Spur Seite 40

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Wie ein Uhrwerk – nur kleiner

Der Begriff „MEMS“ ist in aller Munde, doch nicht alle können sich darunter etwas

vorstellen. Bei MEMS handelt es sich um Strukturen, die so filigran wie ein Uhrwerk,

aber um ein Vielfaches kleiner sind. Komponenten der MEMS sind zuweilen viermal

dünner als ein menschliches Haar.

Technische Strukturen stoßen, bezogen auf ihre Größe, in Bereiche vor, für deren

Verständnis unsere eigenen Sinne nicht mehr ausreichen. Ohne technische Hilfsmittel

sind sie für uns unsichtbar. Die Mikrofone unserer Smartphones etwa sind gerade

einmal 3 mal 4 Millimeter groß und einen Millimeter dick. Und das ist sicherlich

noch nicht das Ende der Entwicklung.

Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie Instrumente von Polytec in ganz unterschiedlichen

Bereichen helfen, diese Mikrostrukturen zu entwickeln und zu optimieren.

Eric WinklerLeiter des Geschäftsbereichs Optische Messsysteme

Polytec News Seite 3

Im Dienste der Gesundheit Seite 5

Wie schwingen Mikrostrukturen? - MSA-100-3D Seite 8

Extrem vielseitig Seite 10

Good Vibrations Seite 16

Besser schalten Seite 20

Maßgeschneiderte Modelle für MEMS Seite 23

Bio-MEMS auf dem Prüfstand Seite 27

Große Bühne für kleine Sänger Seite 30

Das Hören verbessern Seite 33

Interview Seite 34

Sichtbare Musik Seite 36

Dem Hören auf der Spur Seite 40

Unbegrenzte Möglichkeiten - HSV-100 Seite 43

Oberflächenmessung in neuer Dimension - TMS-500 Seite 44

Scanning Vibrometer für hohe Frequenzen - PSV-500-V Seite 46

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News

Benefiz-YogaMitarbeiter schwitzen für guten Zweck

Um die Flutopfer auf den Philippinen zu unterstützen, bot Thomas Schott, Einkaufsleiter bei Polytec, am 4. Dezember eine Schnupperstunde im anspruchsvollen, traditionellen Ashtanga Vinyasa Yoga an. Die 15 Teilnehmer kamen ordentlich ins Schwitzen – und das für einen guten Zweck. Denn die Teil-nahmegebühr wurde vollständig der Aktion Deutschland hilft gespendet. Polytec honorierte das humanitäre Engagement, indem es den Endbetrag noch einmal verdoppelte.

Nils Schmid bei PolytecMinister besucht Weltmarktführer

Der Finanz- und Wirtschaftsminister Baden-Württembergs, Dr. Nils Schmid, besuchte am 18. November Polytec. Mitarbeiter präsentierten dem Minister verschiedene Messinstrumente. Ein anschließender Firmenrundgang fand seinen krönenden Abschluss im RoboVib Test-Center, das seine Wirkung nicht verfehlte: „Wow, das ist wirklich sehr beeindruckend.“

Polytec fördert ForschungNachwuchswissenschaftlerin gewinnt Preis

Polytec lobte 2013 erstmals den „Polytec Young Researcher Award“ aus, der für eine herausragende Präsentation eines Nachwuchswissenschaftlers verliehen wird. Gewonnen hat ihn Taina Conrad von der Universität Ulm mit ihrem Vortrag „He’s giving me good vibrations – The role of vibrations in mason bees“. Den Preis erhielt die Nachwuchswissenschaftlerin im Rahmen der Entomologentagung 2013 in Göttingen. Einen interessanten Artikel zu diesem Thema finden Sie auch auf Seite 30.

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News

Anwendertreffen bei Polytec13. Anwenderkonferenz in Waldbronn

Das größte Treffen für Anwender der Laservibrometrie findet vom 18. bis 19. November 2014 in Waldbronn statt. Ziel der Veranstaltung ist ein intensiver Erfahrungsaustausch über Appli-kationen und neue Entwicklungen.

Diskutieren Sie mit erfahrenen Anwendern und Polytec-Ex-perten. Präsentieren Sie Ihre erfolgreich gelöste Messaufgabe bzw. Erkenntnisse beim Einsatz der Laservibrometrie.

Reichen Sie Ihren Vortragstitel bis zum 31. Mai 2014 online ein: www.polytec.de/anwenderkonferenz

Werden Sie Referent!MEMS Testing and Metrology Workshop

Die internationale Veranstaltung findet am 7. und 8. Oktober 2014 im Rahmen der SEMICON Europa in Grenoble, Frankreich statt. Diese Expertenveranstaltung behandelt aktuelle Anfor-derungen und Trends bei der MEMS-Entwicklung sowie bei Messtechnik und Testverfahren.

Lernen Sie die neuesten Verfahren für die Charakterisierung von MEMS kennen und diskutieren Sie über Wafer-Level-Teststrate-gien und Standardisierungsfragen.

Oder Sie werden selbst Referent und stellen Ihre Ergebnisse vor!

Weitere Infos unter: www.memunity.org

Jetzt vormerken!

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Gesundheit

Fortschrittliche Diagnosesysteme werden sowohl in industrialisierten Ländern als auch

in Entwicklungsländern benötigt, um Patienten unabhängig von den zentralisierten

Einrichtungen eines Krankenhauslabors zu untersuchen. Speziell in Entwicklungslän-

dern fallen immer noch zahlreiche Menschen Seuchen wie der Malaria, der Schlaf-

krankheit oder der Tuberkulose zum Opfer. Die Arbeitsgruppe von Prof. Jon Cooper

von der Universität Glasgow entwickelte hierfür nun tragbare Diagnosesysteme mit

Einweg-Testchips. ►

Im Dienste der Gesundheit Nutzung von Ultraschallschwingungen für die Manipulation von Flüssigkeiten

in diagnostischen Handgeräten

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Gesundheit

Das Verfahren basiert auf einem Mikrochip, der über eine aktive Oberfläche zur Manipu-lation der zu untersuchenden Flüssigkeits tropfen verfügt. Die aktive Oberfläche erzeugt Ultraschall-Oberflächenwellen, mit deren Hilfe die Tropfen zu verschieden Orten auf dem Mikrochip bewegt und wo dann die eigentlichen Diagnosetests durchführt werden. Bei der Entwicklung der Mikrochips ermöglicht die Laser-Doppler- Vibrometrie die Charakterisierung der Oberflächenschwingungen mit hoher räumlicher Auflösung auf großen Flächen. Sie ist damit das entscheidende Werkzeug zur Validierung des Chipdesigns.

Nur wenige Testverfahren, wie z.B. das persönliche Glukosemoni-toring bei Diabetes, haben bislang den Weg von zentralen Einrich-tungen zum Patienten gefunden. Um dies zu ändern, kamen preis-werte Einwegchips zum Einsatz, um mit Ultraschall sämtliche Funktionen, die man für einen vollständigen diagnostischen Test benötigt, durchzuführen. Unter-schiedlichste Ultraschallwandler wurden bereits entwickelt, hauptsächlich für Konsumen-ten-Elektronik. Dies schließt auch sogenannte SAW-Wandler (SAW = Surface Acoustic Wave) für Sensorik und mikrofluidische Tropfenmanipulation ein (Bild 1a).

Entwickelt wurde eine neue Platt-form, bei der die Ultraschallwellen in ein sogenanntes phononisches Gitter eingekoppelt werden. Dabei handelt es sich um ein mikro strukturiertes mechanisches Gitter (Bild 1b-c). In ähnlicher Weise wie die Brechungsindex-variationen in den Elementen eines Hologramms das Lichtfeld „formen“ können, wird das Ultra-schallfeld durch den elastischen Kontrast zwischen den Elementen des phononischen Gitters und der umgebenden Matrix beeinflusst.

In einem konkreten Fall setzte man diese Technologie für einen integrierten, Nukleinsäure-ba-sierten Test für die Diagnose von Malaria ein. Dieser Test analysiert das genetische Material des Para-siten, das aus den roten Blutkör-perchen eines infizierten Patienten stammt. Bild 2 zeigt Simulationen und Vibro meter-Messungen, die verdeutlichen wie phononische Elemente die Ultraschallwellen beeinflussen, um diese spezifi-schen Funktionen zu erzielen.

DIE VIBROMETER-MESSUNGEN

Die Messungen wurden mit einem UHF-Ultrahochfrequenz- Vibrometer durchgeführt, bei einer Anregungsfrequenz von 9,35 MHz. Die Besonderheit dieser Flächenmessungen bestand in den sehr unterschied-lichen Maßstäben, die bei den Messungen auftraten. Dies

erforderte lange Scans, um eine ausreichende Fläche zu erfassen (eine Flüssigkeitsprobe von einigen mm) und ein aussage-kräftiges Ergebnis bei vertikalen Amplituden von unterhalb 1 nm und mit einer räumlichen Auflösung unterhalb der akusti-schen Wellenlänge (100 µm) zu erzielen. In einigen Fällen wurde mit Messzeiten von 10 Tagen gearbeitet um cm-große Flächen zu erfassen (siehe Bild 3).

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Phononische SAW-Bausteine sind bei der Realisierung integ-rierter Point-of-care Diagnostik vielversprechend. Sie nutzen die von Ultraschallfeldern transpor-tierte mechanische Energie um Flüssigkeitsproben von Patienten auf Low-Cost Mikrochips zu manipulieren. Es wurde deutlich, dass ein Bluttropfen mit Hilfe eines akustischen Filters effektiv manipuliert werden kann, um auf einem integrierten Mikro-chip einen vollständige Mala-ria-Diagnose durchzuführen. Die Laser-Doppler-Vibrometrie ist ein entscheidendes Werkzeug für den Entwicklungsprozess. Sie erlaubt es, das Schallwellenfeld auf der gesamten Oberfläche des Mikrochips zu visualisieren und damit den Chip-Ent-wurf zu validieren. Zukünftig werden komplexere Tests auf dieser Plattform integriert um Krankheiten wie etwa Tuber-kulose nachzuweisen. ■

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Bild 1 (a): Oberflächenwelle (SAW), die sich auf einem piezoelektrischen Substrat ausbreitet und mechanische Energie auf einen Flüssigkeitstropfen überträgt; (b): ein alter-natives Format, bei welchem ein Einweg-Chip mit phononischer Bandlückenstruktur auf dem piezoelektrischen Substrat aufgebracht ist; (c): Beispielschema für ein phononisches Gitter (Löcher mit 80 µm Durchmesser).

Bild 3: Ein Vibrometer-Scan zeigt die Amplitundenverteilung der Schwingungen in einem phononischen Leitkegel, mit dem Energie an spezifischen Stellen fokussiert wird. Scan mit ca. 190.000 Punkten bei 9,35 MHz.

Bild 2: Ein phononischer Filter, (a) simuliert (Comsol Multiphysics) und (b) gemessen mittels Laser-

vibrometrie (UHF, Polytec) bei 9,35 MHz Anregung. Die Ergebnisse (Schwingungsamplitude) zeigen die

Abschwächung der Wellen innerhalb der Struktur (repräsentiert durch das Gitter leerer Löcher in der Messanordnung (b)) während sie sich nach außen

fortpflanzen. Das Element ist ca. 1,5 cm breit.

Gesundheit

Kontakt

Julien Reboud, Rab Wilson, Yannyk Bourquin, Jonathan M Cooper

[email protected]

Universität Glasgow

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Produkt

Aussagekräftige Messungen

zur Charakterisierung des

dynamischen Verhaltens

von Mikrosystemen wie

etwa MEMS werden nicht

nur innerhalb des Entwick-

lungsprozesses benötigt,

sondern sind auch wich-

tig für Routine-Messun-

gen auf Wafer-Ebene. Als

berührungsloses, optisches

Messverfahren hat sich die

Laser-Doppler-Vibrometrie

hier als unverzichtbares

Werkzeug fest etabliert.

Sie liefert das komplette Fre-quenzspektrum in Echtzeit und ermöglicht auf einfache Weise die Erfassung periodischer als auch die Messung transienter Vorgänge wie z.B. Relaxationen. Jedoch war für Mikrosysteme das Verfahren bislang auf die Messungen von Schwingungen aus der Bauteil-ebene heraus (Out-of-Plane) beschränkt. Dagegen ist die Laser-Doppler-Vibrometrie für makroskopische Objekte schon seit längerem ein anerkanntes Standardverfahren zur 3D-Mes-sung mechanischer Schwingun-gen. Das Verfahren erfasst sowohl den Out-of-Plane- als auch den In-Plane-Anteil der Schwingung. In vielen Fällen erfordern Mi-krosysteme und andere kleine Strukturen mit komplexem

Bewegungsverhalten jedoch die gleichzeitige Erfassung und Analyse aller drei Bewegungskom-ponenten. In der Vergangenheit nutzte man Verfahren auf Basis der Hochgeschwindigkeits-Bild-verarbeitung zur Erfassung der In-Plane-Bewegung, war hierbei allerdings eingeschränkt auf eine Auflösung im nm-Bereich. Für die Qualifizierung neuartiger MEMS-Bausteine ist jedoch oftmals eine deutlich höhere In-Plane-Auflösung erforderlich.

Der neue Polytec MSA-100-3D Micro System Analyzer erfüllt diese Anforderungen. Der Mess-kopf analysiert den vom Mess-objekt in drei Raumrichtungen gestreuten einzelnen Laserstrahl und bestimmt daraus die drei-

Wie schwingen Mikrostrukturen?Optische 3D-Erfassung der Bewegungszustände mit hoher Amplitudenauflösung

Der neue MSA-100-3D

Micro System Analyzer von

Polytec

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Produkt

dimensionale Objektbewegung. Das Messsystem erfasst die Schwingungen mikroskopischer Objekte in Echtzeit und erreicht mittels des neuartigen Messprin-zips für In-Plane-Bewegungen erstmals eine Amplitudenauf-lösung im Picometer-Bereich. Für Forschung und Entwicklung von MEMS ist dies eine sehr wichtige Eigenschaft, da die Bewegungsrichtung bzw. die Be-wegungsebene vieler MEMS-Bau-steine innerhalb der Bauteilebene (In-Plane-Bewegungen; IP) liegt. Typische Beispiele sind Inertial-sensoren wie Beschleunigungs-aufnehmer oder Gyroskope. In einem kleineren Teil der Fälle ist die relevante Bewegungsrichtung orthogonal zur Bauteilebene (Out-of-Plane-Bewegungen, OOP). Typische Beispiele sind Mikrospiegelarrays, Inkjet-Druck-köpfe oder auch Mikrofone oder Drucksensormembranen. Aller-dings lässt sich in den meisten Fällen das reale Verhalten nicht als reine OOP- oder IP-Schwingung charakterisieren, sondern ist viel-mehr eine Überlagerung von IP- und OOP-Bewegungen. Deshalb

benötigt man zur vollständigen Beschreibung hochauflösende Messdaten der Bewegung für jede Bewegungskomponente. Die Bewegungsamplituden erstrecken sich vom µm- bis in den pm-Be-reich, um auch parasitäre Stör-komponenten sicher zu erfassen.Dank des kleinen Laserspots, der nicht größer als 4 µm ist, führt das MSA-100-3D Messungen mit hoher räumlicher Auflösung durch. Der große Arbeitsabstand des neuen Messgerätes von 38 mm ist ideal für Messungen auch an nicht planaren Messobjekten oder in Vakuumkammern. Zwei integrierte Videokameras liefern Detail- und Übersichtsbilder für ein schnelles und einfa-ches Einrichten der Messung. Umfangreiche Zubehör- und Software-Optionen ermöglichen eine optimale Anpassung des Messsystems an die jeweilige Fra-gestellung. So lassen sich mittels der Scanning-Option flächenhafte Messungen zur Bestimmung der 3D-Schwingformen von Mikro-systemen einfach durchführen.

Das MSA-100-3D ist in verschie-denen Konfigurationen mit einer maximalen Messbandbreite von 25 MHz erhältlich. Bild 1 zeigt typische Out-of-Plane- und In-Plane-Schwingungsmoden eines MEMS-Kantilever-Bausteins.

Bei der Entwicklung des MSA-100-3D wurde von vorne-herein eine optionale Integration in Wafer-Prober berücksichtigt. So sind halbautomatische oder vollautomatische Tests von MEMS auf Wafer-Ebene einfach möglich. Aufgrund des großen Arbeitsabstandes, der speziellen Form des Messkopfes sowie eines austauschbaren Kompen-sationsfensters eignet sich das Gerät auch für Messungen an einem Vakuum-Prober. Der MSA-100-3D eröffnet völlig neue Möglichkeiten für Messungen und Tests während der Entwicklung neuartiger MEMS-Bausteine und anderer Mikrokomponenten, z.B. aus der Festplattentechnik.

Mehr Info

www.polytec.com/mems

Bild 1: Out-of-Plane- und In-Plane- Schwingformen eines MEMS-Kantilever-Bausteins

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Mikrostrukturen

Extrem vielseitigDer Micro System Analyzer im

MEMS Laboratory der japanischen Tohoku University

In diesem Labor und in

vielen anderen Labora-

torien der Welt sind die

Polytec Micro System

Analyzer unverzichtbare

Werkzeuge für die mecha-

nische Charakterisierung

von MEMS-Bausteinen.

Dieser Artikel behandelt

drei typische Beispiele für

die Messung und Bewer-

tung von MEMS durch

Polytec Messtechnik.

HOCHFREQUENZ-“DISK”-TYP- MEMS-RESONATOREN

Mechanische Resonanz ist eine der fundamentalen dynamischen Eigenschaften von MEMS. Sie wird für Gyroskope, Masse-sensoren, optische Scanner, Clock-Oszillatoren, etc. genutzt. Ein Forschungsschwerpunkt bei MEMS-Resonatoren ist das Errei-chen höherer Resonanzfrequezen, um dadurch neue Anwendungen zu ermöglichen bzw. zu ent-wickeln. Elektrostatische und piezoelektrische Wandlung sind zwei wichtige Antriebsprinzipien, wobei der Forschungsschwer-punkt anfänglich auf elektrost-atischen MEMS-Resonatoren

lag. Allerdings stellt die relativ schwache elektromechanische Kopplung für viele Anwendungen des elektrostatischen Antrieb-sprinzips ein großes Problem dar. Deshalb entschied man sich für Resonatoren mit piezoelek-trischem Antriebsprinzip vom „Disk“-Typ, die sich schon in vor-angegangen Studien bewährten.

Bild 1 zeigt eine Anordnung von zwei piezoelektrischen “Disk”-Typ-Resonatoren, die mechanisch über ein zentrales kreisförmiges Silizium-Element verbunden sind [1]. Aufgesput-tertes Aluminumnitrid (AlN) bildet einen piezoelektrischen Dünnfilm. Bild 2 zeigt die Fre-

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Mikrostrukturen

Extrem vielseitigDer Micro System Analyzer im

MEMS Laboratory der japanischen Tohoku University

quenzcharakteristik im Bereich bis 400 MHz. Jeder Peak entspricht einer spezifischen Resonanzmo-de, dabei ist die (2, 4) Mode bei 292,8 MHz die benötigte „Haupt“-Mode. Die Modenform kann mittels der Finite Elemente Methode (FEM) bestimmt wer-den, siehe Bild 3. Allerdings ist es aufgrund der kleinen Größe der Struktur und der hohen Frequenz nicht einfach die tatsächliche Modenform zu messen.In dieser Untersuchung wurde ein Polytec UHF-120 zur Beobachtung der tatsächlichen Schwingformen von „Disk-Typ“- Resonatoren eingesetzt [2]. Das Polytec UHF-120 ist ein Hochfrequenz Laser-Doppler-Vibrometer, das Schwingwege bis zu Frequenzen von 1.200 MHz erfasst. Das Rauschen beträgt lediglich 10 pm. Bild 4 zeigt die gemessenen (2, 3) und (2, 4) Schwingungsmoden. Die tatsächlich gemessenen Schwingungsmoden weichen von den berechneten Moden, die in Bild 3 dargestellt sind, ab. Zusätzlich gibt es eine lokale starke Amplitudenüberhöhung im Bereich “links-oben”, die möglicherweise auf eine Fehlaus-richtung bei der lithographischen Strukturierung zurückzuführen ist.Leider stellte man fest, dass sich dieser MEMS-Resonator-Typ für kommerzielle Frequenz-Steue-rungsanwendungen praktisch nicht eignet, deshalb wandte man sich als Ergebnis dieser Studie anderen akustischen Resonator-Ty-pen zu. Es wurde jedoch deutlich,

Bild 1: Mechanisch gekoppelte piezo-elektrische „Disk“-Typ-MEMS-Resonatoren

Bild 2: Frequenz charakteristik von „Disk“-Typ-MEMS-Resonatoren aus Bild 1

Bild 3: Modenformen berechnet mittels FEM

Bild 4: Mittels Scanning-Laservibrometrie (Polytec UHF-120) bestimmte Modenformen

(a) (2, 3) Mode bei 252.6 MHz (b) (2, 4) Mode bei 286.8 MHz

(a) (2, 3) Mode bei 260.1 MHz (b) (2, 4) Mode bei 292.9 MHz

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dass das Polytec UHF-120 Vibro-meter ideal für die Untersuchung derart hochfrequent schwingen-der MEMS-Resonatoren ist.

SEITWÄRTS BETRIEBENER PZT1-AKTUATOR

Aktuatoren spielen oft eine limi-tierende Rolle bei der MEMS-Ent-wicklung. Natürlich wünscht sich jeder auch von einem kleinen Aktuator große Kräfte und Stell-wege, was für MEMS-Aktuatoren häufig (noch) zu viel verlangt ist. Auf der anderen Seite erwartet man ständig neue MEMS-Ak-tuatoren mit höherer Leistung und/oder neuen Funktionen, die das Anwendungsspektrum von MEMS erweitern. Bild 5 zeigt einen kürzlich entwickelten neuartigen PZT-MEMS-Aktuator [3]. Normalerweise bewegen sich PZT-MEMS-Aktuatoren senkrecht zur Bauteilebene (Out-of-Plane), da die Vorzugsrichtung durch die Biegebewegung eines PZT Dünnfilms vorgegeben ist. Der neue Aktuator hingegen bewegt sich in der In-Plane-Richtung, d.h. seitlich. Bild 6 erläutert das Funktionsprinzip des seitwärts angetriebenen PZT-Aktuators. Der Kantilever besteht aus einer seitwärts gestapelten PZT/Silizium/PZT-Struktur, die durch das Auffüllen von 2 µm-breiten

Bild 6: Funktionsprinzip des seitwärts angetriebenen PZT-Aktuators

Bild 5: Seitwärts angetriebener MEMS-Aktuator auf Basis einer PZT/Si/PZT-Struktur mit großem Aspektverhältnis.

Mikrostrukturen

1PZT: Blei-Zirkonat-Titanat (PZT) ist ein Stoffverbund aus Blei (Pb), Sauerstoff (O) und Titan(Ti) oder Zirconium (Zr) und gehört zu der Familie der Ferroelektrika. Es eines der weltweit am häufigsten genutzten piezoelektrischen Materialien.

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Silizium-Kanälen mit Sol-Gel-ba-sierten PZT-Nano-Komposit-Ma-terial entstehen. Auf beiden Seitenwänden jedes PZT-Balkens wurden dünne Platin-Schichten als Antriebselektroden mittels Atomic Layer Deposition (ALD) aufgebracht. Der neue Kantilever biegt sich so mittels eines Bi-morph-Mechanismus und ist des-halb viel kleiner als konventionelle elektrostatische Kamm-Antriebe.Der in Bild 5 dargestellte Aktuator wurde mit dem Stan-dard-MEMS-Evaluierungstool, dem Polytec MSA-500 charakte-risiert. Das MSA-500 umfasst ein Scanning Laser-Doppler-Vibrome-ter, ein Weißlichtinterferometer für die Erfassung der Topografie und ein stroboskopisches Video- Mikroskop. Das letztere dient zur Messung der lateralen Be-wegung von MEMS-Aktuatoren.

Bild 7 zeigt eine abklingende Schwingung eines Kantilevers, gemessen mit dem MSA-500 In-Plane-Messverfahren. Mittels Fourier-Transformation der Daten aus Bild 7, wurde die fundamenta-le Resonanzfrequenz (f0) mit 14,26 kHz bestimmt. Zusätzlich wurde die Dichte ρPZT des PZT aus der Gewichtsdifferenz nach selekti-vem Nass-Ätzen des PZT-Materials bestimmt. Aus f0 und ρPZT wurde dann das Elastizitätsmodul des PZT-Materials bestimmt. Die statische Auslenkung der Kanti-lever-Spitze betrug 5 µm und 10 µm bei einer jeweiligen Antriebs-spannung von 25/0 V (unimor-pher Antrieb) beziehungsweise 25/−5 V (bimorpher Antrieb). Schließlich bestimmte man noch die piezoelektrische Konstante d31 des Materials bei 36 pC/N.

HERMETISCHE KAPSELUNG ANODISCH GEBONDETER LTCC-SUBSTRATE AUF WAFER-EBENE

Viele MEMS umfassen sehr kleine bewegliche und/oder frei aufge-hängte Strukturen, die hermetisch gekapselt werden müssen. Dies geschieht einerseits aus Schutz vor Umwelteinflüssen wie Feuchtig keit, Staub und anderen Kontaminationen, andererseits aus Gründen der Luftdämpfung und der thermischen Isolation, etc. Die Kapselung hat einen großen Einfluss auf Größe und Preis der MEMS, daher ist die Kapselung auf Wafer-Ebene entscheidend für eine erfolgreiche Kommer-zialisierung von MEMS. Bis heute werden für die hermetische Kapselung auf Wafer-Ebene häufig Borsilikat-Glasdeckel anodisch an den Wafer gebondet. Das anodi-sche Bonden selbst ist ein einfa-cher und zuverlässiger Prozess mit hoher Ausbeute, allerdings ist der elektrische Zugang zu den MEMS im hermetisch abge-schlossenen Hohlraum schwierig.

Zusammen mit der Firma Nikko (Ishikawa, Japan) entwickelte man Niedertemperatur-Einbrand-Kera-mik-Wafer (low temperature cofi-red ceramic, LTCC), die anodisch mit Silizium-Wafern zusammenge-bondet werden können [4]. Das LTCC-Material hat den gleichen thermischen Ausdehnungs-Koef-fizienten wie Silizium und enthält Natrium- Ionen, die oberhalb von

Bild 7: Abklingende Schwingung des seitwärts angetriebenen PZT-Aktuators gemessen mittels stroboskopischer Video-Mikroskopie (Polytec MSA-500)

Mikrostrukturen

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Mikrostrukturen

300°C eine Ionen-Leitfähigkeit er-möglichen, darüber hinaus verhält sich der anodische Bondprozess wie bei Borsilikat-Glas. Wie bei konventionellen LTCC-Wafern, werden auch die anodisch bond-fähigen Wafer durch Aufeinander-legen und Sintern sogenannter „green sheets“ produziert, die eine „Innenverdrahtung“ über gestanzte und metallisierte Lochkanäle ermöglichen (Bild 8).

Wie in [5, 6] dargestellt, können gleichzeitig mit dem Bondprozess die Metall-VIAs im LTCC-Wafer und die MEMS auf dem Silizium-Wafer mittels poröser Gold-Bumps elek-trisch verbunden werden.Die Zuverlässigkeit des hermeti-schen Abschlusses wurde mit Hilfe von Silizum-Membranen getestet. Den LTCC-Wafer bondete man hierzu im Vakuum mit dem Membran-Test-Wafer anodisch zusammen. Anschließend wurde die Verformung der Membranen unter atmosphärischem Luftdruck mit Hilfe des MSA-500 Weiß-lichtinterferometers bestimmt. Wie in Bild 9 dargestellt, ist die Deformation der Membranen während eines thermischen Lasttests (40°C × 30 min/125°C × 30 min) vernachlässigbar. Die hohe Zuverlässigkeit der elektrischen Verbindungen über die porösen Gold-Bumps konnte über Widerstandsmessungen von in Reihe geschalteten Kompo-nenten nachgewiesen werden.

Neben der generellen Zuverläs-sigkeit ist der Restdruck innerhalb des abgekapselten Hohlraums ein wichtiges Thema. Es ist bekannt, dass Sauerstoff während des anodischen Bondens elektro-che-misch generiert wird. Dies führt dazu, dass der Druck innerhalb der Kavität oftmals höher ist als der Umgebungsdruck beim Bonden. Der Druck in der dicht abgeschlossenen Kavität wurde ebenfalls über die Membran mit-tels eines Null-Gleichgewichtsver-fahrens in einer Vakuumkammer bestimmt. Der Verkapselungs-druck entspricht dem Kammer-druck, bei dem die Membran flach war. Das Messobjektiv des MSA-500 wurde hierzu mit einer Spezialoptik kombiniert, die den Einfluss des Kammerfensters kompensiert. Bild 10 zeigt bei-spielhafte Messdaten. Bei Einsatz eines nichtflüchtigen Dünn-schicht-Getters (non-evaporable getter, NEG) liegt der Kapseldruck unterhalb der Nachweisgrenze (bei diesem Experiment 80 Pa). ■

Bild 8: Querschnitt eines anodisch gebon-deten LTCC-Wafer

Bild 9: Zuverlässigkeit eines hermetisch gekapselten Wafers (Kapselung mittels anodisch gebondetem LTCC-Wafer)

Bild 10: Dichtungsdruck-Messung mittels der Null-Gleichgewichtsmethode (Entgasen bei 400°C für 30 min → Anodisches Bonden bei 400°C und 600 V für 1 min, Hohlraumvo-lumen = 0,26 mm3)

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Mikrostrukturen

REFERENZEN

[1] Takeshi Matsumura et al., Multi-band radio-frequency filters fabricated by using polyimide-based membrane transfer bonding technology, Journal of Microme-chanics and Microengineering, 20 (2010) 095027

[2] Takeshi Matsumura et al., Vibration Mode Observation of Piezoelectric Disk-Type Resonator by High-Fre-quency Laser Doppler Vibrometer, Electronics and Communications in Japan, 95 (2012) pp. 33–41

[3] Shinya Yoshida et al., Fabrication and characte-rization of laterally-driven piezoelectric bimorph MEMS actuator with sol–gel-based high-aspect-ratio PZT structure, Journal of Micromechanics and Microengineering, 23 (2013) 065014

[4] Shuji Tanaka et al., Wafer-Level Hermetic Packaging Technology for MEMS using Anodically-Bondable LTCC Wafer, 24th IEEE International Conference on Micro Electro Mechanical Systems, Cancun, Mexico, January 23–27, 2011 pp. 376–379

[5] Shuji Tanaka et al., Versatile Wafer-Level Hermetic Packaging Technology using Anodically-Bondable LTCC Wafer with Compliant Porous Gold Bumps Spontaneously Formed in Wet-Etched Cavi-ties, 25th IEEE International Conference on Micro Electro Mechanical Systems, Paris, France, January 29–February 2, 2012, pp. 369–372

[6] Shuji Tanaka et al., Electrical Interconnection in Anodic Bonding of Silicon Wafer to LTCC Wafer Using Highly Compliant Porous Bumps Made from Submicron Gold Particles, Sensors and Actuators A, 188 (2012) pp. 198–202

Danksagung

Abschließend möchte ich Dr. Takeshi Matsumura, Herrn Nan Wang und Herrn Mamoru Mohri für die Beispiele 1, 2, 3 danken. Die Beispiele 1 und 2 wurden gefördert durch das “Funding Program for World-Leading Innovative R&D on Science and Technology”, und Beispiel 3 wurde teilgeför-dert durch das “Creation of Innovation Centers for Advanced Interdisciplinary Research Areas Program”.

Zum Schluss gilt mein Dank Polytec für die Möglichkeit diesen Artikel zu publizieren.

Kontakt

Professor Shuji Tanaka

Department of Bioengineering and Robotics,Graduate School of EngineeringTohoku University

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Good VibrationsOptimierung von Energy Harvestern und RF-MEMS

Mikroelektromechanische Systeme (MEMS) werden in der Halbleiterprozesstechnik

mittles spezieller Mikrobearbeitungs-Verfahren hergestellt. MEMS nutzen elektro-

statische, piezoelektrische, thermische oder magnetische Effekte, um mikrometer-

große, bewegliche Bauteile zu steuern. Mittlerweile werden jährlich Milliarden von

MEMS-Sensoren und -Aktoren hergestellt. Verwendung finden Sie in nahezu allen

Bereichen des täglichen Lebens: in der Automobilindustrie, in Konsumgütern und in

digitalen Projektions-Systemen.

Mikrostrukturen

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Das Tyndall National Institute wurde gegründet, um Industrie und Forschung bei der Entwick-lung marktreifer Produkte zu unterstützen. Es ist eins der führenden Forschungszentren für Informations- und Kommu-nikationstechnik (IKT) und die größte Einrichtung dieser Art in Irland. Tyndall beschäftigt sich auch intensiv mit der Entwick-lung von MEMS-Bauteilen, hauptsächlich für die Elektronik-, Medizingeräte-, Energie- und Telekommunikations-Industrie. Bei diesen Forschungen setzt das Institut routinemäßig zerstö-rungsfreie optische Messverfahren ein, um diese Strukturen zu charakterisieren.

Der folgende Artikel stellt die Polytec Laservibrometrie-Einrich-tung in Tyndall vor und präsen-tiert zwei Anwendungen: Radio Frequency (RF) MEMS für die Telekommunikation und piezo-elektrische MEMS-Kantilever für das Energy Harvesting (Wandlung von Umgebungsenergie in nutz-bare elektrische Energie).

HARDWARE

Das Labor besitzt ein 30 MHz Polytec MSA-400 mit 1x- bis 50x-Objektiven. Es befindet sich auf einem schwingungsge-dämpften Tisch für hochpräzise Messungen (Bild 1). Das System hat außerdem eine maßgefertigte Vakuum-Kammer mit 150 mm

Durchmesser, eine Glasabdeckung und Anschluss einer Turbomo-lekular-Pumpe. Die Kammer enthält Ultraschall-Transducer zur Anregung von Bauelementen sowie einige Durchführungen für elektrische Verbindungen. Ein 300 Volt-Verstärker sorgt für die hohen Spannungen, die für die Charak-terisierung von MEMS gebraucht werden. Das System ermöglicht die vollständige Charakterisie-rung von MEMS, d.h. sowohl Messung der Oberflächentopog-raphie als auch des In-Plane- und Out-of-Plane-Schwingverhaltens bei einem regelbaren Druck von 0,01 mbar bis atmosphärisch.

RF-MEMS

RF-MEMS-Komponenten, wie etwa Schalter, Resonatoren und Varaktoren, nutzen elektrostati-sche Anregung, um die Position eines mikro-mechanischen Stellelements oberhalb eines Hochfrequenzleiters zu ändern und dadurch der Eigenschaften dieser Leitung und des Schalt-kreises, in den es eingebaut ist. RF-MEMS-Bauelemente zeigen eine überlegene RF-Leistung, sind klein, leicht und einfach integ-rierbar. Für Anwendungen wie etwa phasenschiebende Schalt-kreise, RF-Radio-Frontends und rekonfigurierbare Antennen sind sie vielversprechende Kandidaten.

Mikrostrukturen

Bild 1: Links: Polytec MSA-400, das mit einer maßgefertigten Vakuum- Kammer und einem aktiv schwingungsisolierten Tisch ausgestattet ist. Rechts: Nahaufnahme der Vakuum- Kammer und des anregenden Transducers.

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Eine Hauptcharakteristik eines Mikroschalters ist die effektive mechanische Steifigkeit (k) der beweglichen Elektrode. Sie legt die für die Betätigung des Schalters nötige Spannung fest. Normalerweise ist diese effektive Steifigkeit eine Funktion der Mate-rialeigenschaften und der Geome-trie der beweglichen Elektrode. Die Steifigkeit kann experimentell festgelegt werden, indem die mechanische Schwing-Frequenz (f) einer Elektrode mit der Masse (m) gemessen und der Ausdruck k = (2πf)2m angewandt wird.Bild 2 zeigt die Frequenzspektren von 100 µm-großen, rechteckigen Aluminium-Elektroden, die an drei unterschiedlichen Feder-Typen aufgehängt sind: gerade, mäander- und spiralförmig. Es ist klar, dass die Resonanzfrequenz (und Steifigkeit) stark von jener der Geometrie der Aufhängung abhängt.

Umgebungsparameter wie Gasdruck und -konzentration haben einen starken Einfluss auf die optimale Leistung und Zuver-lässigkeit eines MEMS-Bausteins. Bild 3 zeigt den Einfluss der Luft-dämpfung auf die Resonanzlinie eines einfachen MEMS-Kantile-ver-Resonators. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Umge-bungsdruck im Element unter einem bestimmten kritischen Level liegen muss, um einen hohen Q-Faktor des Resonators zu gewährleisten. In diesem Fall ist das etwa 1 mbar.

PIEZOELEKTRISCHES ENERGY HARVESTING

Energy Harvester wandeln frei verfügbare kinetische Umge-bungsenergie in elektrische Energie, mit der autonome Niederspannungs-Systeme, wie etwa drahtlose Sensorknoten in

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Bild 2: 100 µm-große, rechteckige kapazitive RF-MEMS-Schalter mit drei unterschiedlichen Feder-Designs und die jeweils gemessenen mechanischen Resonanz-Frequenzen.

Bild 3: Gemessene Resonanzfrequenz eines MEMS-Kantilever- Resonators in Abhängigkeit vom Umgebungsdruck (links) und die entsprechende Druckabhängigkeit der Resonanzfrequenz und des Gütefaktors Q.

der Medizintechnik, betrieben werden können. Der Harvester selbst ist ein mechanisches System, dessen Resonanzfrequenz auf die spektrale Verteilung der Umgebungsenergie abgestimmt ist. Regt die Umgebung den Wandler zu Schwingungen an, wird er zum Signal-Verstärker für die externen Schwingungen bei genau dieser Frequenz. Der Wandler muss dann in der Lage sein, die Schwingungs-Energie in nutzbare elektrische Energie zu transformieren. Piezoelektrische Harvester tun dies, indem sie die Fähigkeit des piezoelektrischen Materials, bei mechanischer Belas-tung Ladungen auf ihrer kristal-linen Fläche zu sammeln, nutzen.Tyndall hat MEMS-Wandler mit einer Schwing-Frequenz von unter 150 Hz ent wickelt. Die Bauelemente werden durch eine Kombination von Verfahren der Volumen- und

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Mikrostrukturen

Bild 4: Schematische Darstellung des Profils eines Silizium-basierten, piezoelektrischen Energy Harvesters.

Bild 5: Mit dem Vibrometer gemessenes Schwingungsspektrum von drei leicht unterschiedlichen Kantilever-Strukturen.

Kontakt

Dr. Conor O’Mahony, Dr. Oskar Olszewski und Dr. Ruth Houlihan vom Microsystems Centre des Tyndall National Institute, University College Cork, Irland

[email protected]

+353 21 2346200

Die Forschung wurde unterstützt von Enterprise Ireland, der Science-Foundation Ireland, der Euro-pean Space Agency und der Europäischen Union.

Oberflächenmikromechanik hergestellt. Bild 4 zeigt das Profil eines Silizium-Kantilever-Harves-ters. Für die gewünschten Reso-nanzen von unter 150 Hz müssen die Biegebalken (Kantilever), die die Systemfeder darstellen, lang (~8 mm – 10 mm) und dünn (<50 µm) sein. Die gesamte Waferdicke wird herangezogen, um die Masse zu bilden. Zwei der

größten Herausforderungen bei Energieharvestern ist ihre geringe Ausgangsleistung und ihre von Natur aus schmale Bandbreite. Ein Lösungsansatz ist, mehrere Elemente elektrisch zusammenzu-schalten, um so die Ausgangsleis-tung zu erhöhen. Bild 5 zeigt die Ergebnisse für die Kombination von drei Kantilever-Harvestern, die identische Massen aber

unterschiedlich gestaltete Biege-balken haben. Diese Elemente wurden so konstruiert, dass sie etwa bei derselben Frequenz schwingen. Die Resonanzfrequenz der Biegebalken wurde mittels der Laservibrometrie erfasst. Die Elemente schwingen resonant zwischen 115 Hz und 118 Hz mit einem Schwingweg von mehreren Mikrometern. Den Aufbau der Messung zeigt Bild 1. ■

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Mikrostrukturen

Besser schaltenCharakterisierung und Optimierung

BiCMOS-integrierter RF-MEMS-Schalter

Die monolithische Integration von RF-MEMS in einer SiGe-BiCMOS-Technologie

ermöglicht die Entwicklung kostengünstiger und hochintegrierter Schaltkreise für

zukünftige Radar- und Imaging-Systeme. Durch den Einsatz von Laser-Doppler-

Vibrometrie (LDV) und Weißlichtinterferometrie (WLI) wurden RF-MEMS-Schalter

mit ausgezeichneter Performance und Zuverlässigkeit entwickelt.

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Mikrostrukturen

BICMOS-INTEGRATION VON RF-MEMS-SCHALTERN

SiGe-BiCMOS-Technologien wer-den zunehmend interessanter für mm-Wellen-Anwendungen wie z.B. WLAN, Radar und Imaging. Diese benötigen oftmals elektro-nische Schaltungen für verschie-dene Frequenzbänder, Schalter zur Steuerung des Signalpfads zwischen Sender, Empfänger und Antenne sowie phasengesteuerte Systeme, welche mit RF-MEMS-Schaltern realisierbar sind und von den verbesserten Hochfre-quenz-Eigenschaften profitieren (Bild 1).

Der am IHP entwickelte kapa-zitive RF-MEMS-Schalter wird monolithisch innerhalb des Backend-of-Line (BEOL) der SiGe-BiCMOS-Technologie integ-riert (Bild 2), wodurch minimale Leitungslängen zwischen den Transistoren und MEMS realisiert und damit bei hohen Frequenzen auftretende parasitäre Effekte minimiert werden.

Die ersten drei Metallisierungs-ebenen beinhalten den Schalter. In Metall 1 befinden sich die Elektroden zur elektrostatischen Anregung des Schalters, Metall 2 dient als Signalleitung und die bewegliche Membran befindet sich in Metall 3. Durch elektrost-

atische Ansteuerung wird die Membranposition und damit die kapazitive Kopplung zwischen Signalleitung und beweglicher Membran verändert und damit Hochfrequenz- Signale effizient geschaltet.

EXPERIMENTELLES SETUP

Die Entwicklung eines RF-MEMS- Schalters erfordert viel seitige Messmethoden zur Charakterisierung der mecha-nischen, elek trischen und Hoch-frequenz- Eigenschaften. Die Analyse der elektromechanischen Eigenschaften ist wichtig, da diese die Hochfrequenz-Eigenschaften signifikant beeinflussen. Dabei

Bild 1: Einsatz eines RF-MEMS-Schalters als Tx/Rx-Schalter (links) oder Phasenschieber (rechts)

Bild 2: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme des RF-MEMS-Schalters.

Bild 3: LDV-Messung zeigt Auslenkung der Membran bei verschiedenen Anregungsspannungen (links) und die Homogenität über den Wafer (rechts).

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Mikrostrukturen

werden optische Verfahren bevor-zugt, da Messungen mit höchster Genauigkeit ohne Beeinflussung des Messobjektes möglich sind. Zur elektromechanischen Charak-terisierung der Schalter wird das MSA-500 von Polytec verwendet. Es analysiert Bewegungen mittels LDV sowie statische Verformun-gen mittels WLI automatisiert auf 200-mm-Wafern. Speziell LDV ist hier eine hervorragende Messme-thode zur prozessbegleitenden Charakterisierung, da diese Tech-nik Out-of-Plane-Schwing ungen mit Wegauflösungen im nm- bei örtlicher Auflösung im µm-Bereich detektiert.

ERGEBNISSE

Durch Anregung des Schalters mit verschiedenen Spannungen werden Parameter wie die Pull-In Spannung und Schaltzeiten extrahiert, wobei eine sehr gute Homogenität über den Wafer erreicht wird (Bild 3).

Über die Auslenkung der Mem-bran werden Rückschlüsse auf die mechanische Federkonstante der Membran und den Einfluss von Materialverspannungen gezogen. Letztere führen zur Beeinflussung der mechanischen, elektrischen und Hochfrequenz-Eigenschaften und werden deshalb analysiert und durch Prozessanpassungen optimiert.

Zuverlässigkeit ist eines der größten Hindernisse für den Einsatz von MEMS, da etwa das sogenannte Charging oder Materialermüdung schnell zum Ausfall führen. Auch dabei ist LDV behilflich, da eine Vielzahl an Schaltern parallel und damit schnell und kostengünstig über viele Milliarden Schaltzyklen getestet werden (Bild 5).

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

In Bezug auf monolithisch-integ-rierte RF-MEMS-Schalter wurden in den letzten Jahren große Fort-schritte hinsichtlich der Perfor-mance, Prozessstabilität, Ausbeute und Zuverlässigkeit erzielt. Diese schnelle Entwicklung ermöglichte nicht zuletzt LDV und WLI. Durch den Einsatz dieser Messmethoden ist es möglich, schnelle und kos-tengünstige Analysen der elektro-mechanischen Eigenschaften auf Wafer-Level durchzuführen und damit zuverlässige mm-Wellen Systeme wie das in Bild 6 darge-stellte intelligente Antennen- Array mit integrierten RF-MEMS-Schal-tern zu entwickeln. ■

Bild 4: WLI-Analyse eines RF-MEMS- Schalters zeigt den Ein fluss von Verspannungen in den dünnen Schichten.

Bild 5: LDV-Zuverlässigkeitstest eines RF-MEMS-Schalters.

Bild 6: Transceiver Quad-Chip für intelligente Antennen-Arrays.

Kontakt

Dipl-Ing. (FH) Matthias WietstruckIHP – Innovations for High Performance

[email protected]

MicroelectronicsIm Technologiepark 2515236 Frankfurt (Oder)

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Mikrostrukturen

Maßgeschneiderte Modelle für MEMS

Systematische Parameter-Extraktion und Modellvalidierung mit dem MSA-500

Mikromechanische Wandler elemente sind aus vielen Anwendungen nicht mehr weg

zu denken. Einsatzgebiete sind zum einen klassische Bereiche wie die Automobiltechnik

(z.B. Airbag- oder Reifendrucksensoren), zunehmend aber auch der Consumerbereich

(z.B. Mobiltelefone). Simulationen sollen bei den immer weiter steigenden Anforderun-

gen an diese Bauelemente und Systeme helfen, Zeit und Kosten zu sparen.

Die Modellierung muss dabei eng mit experimenteller Charakterisierung verzahnt

sein, um möglichst effizient das gewünschte Ergebnis zu erzielen. ►

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Mikrostrukturen

Hierbei bewegt man sich in einem äußerst komplexen Umfeld, da stets Kopplungen zwischen verschiedenen Energieformen zu berücksichtigen sind. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Konzepte muss darüber hinaus immer das Ge-samtsystem mit elektronischer Beschaltung zur Ansteuerung, Regelung und Signalauswertung betrachtet werden. Daher sind im Entwicklungsprozess von Mikrobauelementen und –syste-men Modellbildung, Simulation, experimentelle Charakterisierung, Parameterextraktion und Mo-dellverifikation eng verzahnt, um möglichst schnell und effizient das gewünschte Ergebnis zu liefern.

Um Mikrosysteme mit sinnvollem Aufwand zu beschreiben, benö-tigt man oftmals abstrahierende Modelle, die das Verhalten des Gesamtsystems effizient und schnell simulieren. Hierzu verwen-det man einen hierarchischen und modularen Modellierungsansatz (Bild 1, links), bei dem das System zunächst in Subsysteme unterteilt wird, für die, je nach Anforderung, maßgeschneiderte, physikalisch basierte Systemmodelle abge-leitet werden (siehe Überblick in Bild 1). Mittels standardisierter Hardware-Beschreibungssprachen lassen sich diese Modelle direkt in einen Schaltkreissimulator imple-mentieren. Sie eignen sich dann für die Co-Simulation von mikro-

mechanischen Wandlerelementen mit der zu entwickelnden Auswer-te- und Regelelektronik innerhalb einer homogenen Simulationsum-gebung. Voraussetzung für einen derartigen Prozess ist allerdings die enge Verzahnung mit dezi-dierter Parameterextraktion und Kalibrierung sowie Validierung der einzelnen Modelle. Hierfür ver-wendete man den dargestellten Messaufbau (Bild 1, rechts). Dieser besteht aus einem MSA-500 Laser-Doppler- Vibrometer und einer Messkammer, in der man die Proben druck- und temperaturab-hängig charakterisieren kann. Die Bauelemente sind sowohl elekt-risch als auch mechanisch über einen Piezoschwinger angeregbar.

Bild 2: Mikromechanischer Hochfrequenzschalter. Der Schalter und damit der HF-Signalpfad kann geschlossen werden, indem die geschlitzte, an vier Balken aufgehängte Membran mittels einer elektri-schen Spannung bis zum Kontakt mit der Gegenelek-trode ausgelenkt wird.

Bild 1: Hierarchischer Modellierungsansatz für mikromechanische Bauele-mente und Systeme (links); für Parameterextraktion, Kalibrierung und Modellvalidierung wird ein MSA-500 Laser-Doppler-Vibrometer einge-setzt, das mit einer Vakuummesskammer zur druck- und temperaturab-hängigen Charakterisierung kombiniert werden kann.

Mikrosystem

Zerlegung in Subsysteme

Ableitung von physikalisch basierten Subsystemmodellen

Gesamtsystem (Wandler, Beschaltung, Umgebungseinflüsse,

Gehäuse)

Parameter-extraktion,

Modell-kalibrierung und

-validierung:MSA-500 mit Messkammer

Synthese des Gesamtsystemmodells

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Mikrostrukturen

Ergänzt wird diese Ausrüstung durch ein Weißlichtinterferome-ter zur Topologie-Bestimmung sowie elektrischer Messtechnik (vorwiegend kapazitive Charakte-risierung).

Bild 3 zeigt ein typisches Vorge-hen bei der Modellkalibrierung und –validierung bei einem Hochfrequenzschalter. Dabei handelt es sich um eine an vier Balken aufgehängte, geschlitzte bewegliche Brücke, die mittels elektrostatischer Anregung nach unten auslenkbar ist, bis der Kontakt mit der darunter liegen-den Gegenelektrode hergestellt und ein Hochfrequenz-Signalpfad geschlossen ist. Hierzu muss

zunächst das mechanische Teil-modell kalibriert und die genauen geometrischen Abmessungen, die mechanische Steifigkeit und die eventuelle fabrikationsbedingte Verwölbung bestimmt werden. Weißlichtinterferometer-Mes-sungen des Bauelementeprofils im unbelasteten Zustand sowie Eigenfrequenzmessungen bei niedrigem Umgebungsdruck liefern diese Parameter (Bild 3a). Quasistatische Messungen der Struktur bei elektrostatischer Anregung der Brücke bis zum Kontakt, sogenannte Pull-in-Mes-sungen (Bild 3c), geben Aufschluss über die Spalthöhe unter der Brücke und die Schaltspannung. Das Gesamtmodell inklusive der

Bild 3: Exemplarische Messdaten für die Parameter-Extraktion und Kalibrierung eines gekoppelten Simulationsmodells für den in Bild 2 darge-stellten mikromechanischen Hochfrequenzschalter. a) Biegelinie des Ruhezustandes, vermessen mit einem Weißlichtinterferometerb) Eigenfrequenzbestimmungc) Quasistatische Pull-in-Charakteristik der elektrostatisch angeregten Brücke, jeweils gemessen mit dem Laser-Doppler-Vibrometer

Dämpfungseffekte durch die umgebende Luft wird schließlich anhand des dynamischen Verhal-tens überprüft. Stimmen simulierte und gemesse-ne Werte überein, sind alle Effekte im Modell physikalisch korrekt und mit ausreichender Genau-igkeit enthalten. Es ist damit für Untersuchungen des Bauelemen-teverhaltens sowie Design- und Optimierungsstudien geeignet. Mit einem so kalibrierten Modell untersucht und optimiert man dann beispielsweise Schaltzeiten, Schaltverhalten und mechani-schen Kontakt verschiedener Designs (Bild 4). Bild 5 zeigt die Auslenkung einer alternativen Schaltervariante, bei der zur ►

c)a)

b)

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Kontakt

Gabriele Schrag, Thomas Künzig, Johannes Manz, Regine Behlert, Martin Nießner*

[email protected]

Arbeitsgruppe „Mikroelektromechanische Systeme“ am Lehrstuhl für Technische Elektrophysik der Technischen Universität München

*jetzt: Infineon Technologies AG, München

Steigerung der Zuverlässigkeit Heizmäander unterhalb der Anker integriert wurden. Im Falle einer Fehlfunktion durch Haften an der Gegenelektrode sollen über eine thermische Ausdehnung der beweglichen Brücke Biegemomen-te auf diese ausgeübt werden, die sie lösen und den Schalter wieder funktionstüchtig machen. Aus Simulation und Messung können Rückschlüsse auf Effizienz und Zeitverhalten dieses Mechanismus gezogen und Vorschläge zur Verbesserung erarbeitet werden.

Als letztes Beispiel zeigt Bild 6 Untersuchungen zur Entwicklung neuartiger nano-elektromecha-nischer Bauelemente, bei denen die Spalthöhen unterhalb der mechanisch beweglichen Balken und Membranen im sub-Mikro-meter-Bereich liegen.Wenn solche Strukturen als Reso-natoren betrieben werden, sind mechanische Schwingungsgüten von großem Interesse. Beispielhaft werden hier druckabhängige Gütewerte gezeigt, extrahiert aus der 3-dB-Bandbreite der ersten Eigenresonanz der dort dargestell-ten Balkenstruktur im Vergleich mit den simulierten Werten. Eine besondere Herausforderung bei solchen Strukturen stellen die kleinen Strukturgrößen dar, da man hier schon bei Raumdruck an die theoretischen Grenzen der klassischen Kontinuumstheorie stößt und bei der Ableitung der Simulationsmodelle mit besonde-rer Sorgfalt vorgehen muss. ■

Bild 4: Schließvorgang eines Mikroschalters. Vergleich zwischen Simulation und Messung.

Bild 5: Transiente vertikale Auslenkung einer mikromechanischen Schalterstruktur induziert durch Aufheizen der Brücke mittels unter den Ankern implantierter Heiz-mäander: Vergleich zwischen Messungen und Simulation. Überlagert sind Schwin-gungen der Brücke in der fundamentalen Eigenmode.

Bild 6: Güte-Bestimmung für eine Balken-struktur mit einem Abstand zum Substrat im sub-Mikrometerbereich. Die Güte wurde aus der 3-db-Bandbreite der ersten Eigenresonanz berechnet.

Mikrostrukturen

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Mikrostrukturen

Die Möglichkeit, Bewegungen von Mikrosystemen

bei hohen Frequenzen mit sub-Nanometer- Auflösung

zu erfassen, ist der Schlüssel zur Entwicklung

resonanzbasierter Sensortechnologie der nächsten

Generation.

Mikrosystemtechnische Herstel-lungsverfahren läuten eine neue Generation der Medizintechnik ein. Sie versprechen Sensoren für den Einsatz am Point-of-Care (Ort der Behandlung) mit gesteigerter Empfindlichkeit und schnelle Ergebnisse innerhalb von Minuten bei gleichzeitig geringen Kosten. ►

Bio-MEMS auf dem PrüfstandSchwingungsbasierter Nachweis von Biomolekülen

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Mikrostrukturen

Die höchste Empfindlichkeit erreicht man mit resonant schwin-genden Systemen, bei denen angelagerte Biomoleküle zu einer Massebeladung des Sensors und damit zu einer Verschiebung der Resonanzfrequenz führen.Ein neues an der Universität Newcastle entwickeltes Nach-weisverfahren beruht auf entar-teten Schwingungsmoden (die Frequenzen der Schwingungs-moden fallen zusammen). Für eine gegebene Sensor-Geometrie wählt man zwei entartete Schwin-gungsmoden. Bei einem perfekt hergestellten Baustein bedingt die geometrische Symmetrie, dass die Frequenz beider Schwin-gungsmoden zusammenfällt (Bild 1). Durch Funktionalisierung des Sensors fängt man bestimmte Biomoleküle an bestimmten Zonen der Oberfläche ein. Dies ist an den Schwingungsbäuchen bei einer der Moden der Fall. Hierdurch wird die Symmetrie gebrochen und es kommt zu einer Frequenzverschiebung zwischen beiden Moden. Das Verfahren ist zuverlässig, da die Aufspaltung proportional zu

der dem Sensor hinzugefügten Masse, aber unempfindlich gegenüber unspezifischen Bindungsereignissen und Tempe-raturfluktuationen ist (Bild 2).

DESIGN UND HERSTELLUNG DER SENSORELEMENTE

Bisherige Varianten des Sensor- Designs nutzen eine 4,5 µm dicke kristalline Silizium-Membran mit kapazitiver Anregung und kapazitivem Nachweis mittels Elektroden. Diese sind unterhalb der Membran in einer Kavität eingeschlossen. Ein Nachteil war bei diesem Ansatz die aufwändige Signalnachbearbeitung, die zu einem unverhältnismäßig hohen Preis der Einwegsensoren führen

würde. Der neueste Entwicklungs-schritt, finanziert über ESPRC (EP/G061394/1), beinhaltet einen 750 nm dicken, auf der Silizi-um-Membran abgeschiedenen piezoelektrischen (PZT) Film. Mittels einer 200 nm dicken Silizium-Oxidschicht werden flächige Elektroden definiert. Setzt man die Elektroden unter Spannung setzt das über die Piezoschicht induzierte Biegemo-ment das Bauteil in Bewegung.

Die Herstellung der Elemente erfolgt im Reinraum über einen Halbleiterprozess. Dabei berück-sichtigt der Entwurf typische Herstellungstoleranzen von ±2 µm. Zwei Siliziumwafer, von denen einer strukturiert ist, werden so zusammengebonded, dass kreisförmige Membran-Reso-natoren entstehen. Eine Platin-Ba-siselektrode dient als Unterlage für die nachfolgend per Spin-Coating

Bild 2: Nach Funktionalisierung des Sensors wird die Entartung aufgehoben und die modalen Frequenzen weisen eine Aufspaltung Δf1 auf.Hinzufügen von Masse an den Posi-tionen der Schwingungsbäuche der funktionalisierten Mode vergrößert die Aufspaltung zu Δf2. Bei unspezifischer Massevariation (rot) bleibt die Aufspal-tung unverändert.

Bild 3: Prozess-Schritte bei der Herstellung des Sensors.

Bild 1: Die Schwingungsmoden der (1,0) Schwingung einer kreisförmigen Membran. Für ein symmetrisches Bauelement bilden die Moden ein entartetes Paar (Zusammenfall der Resonanzen).

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des starken elektromechanischen Kopplungsfaktors des Piezo-materials, das Verhalten unter Vakuum und Atmosphärendruck vergleichbar ist. Aufgrund der deutlich stärkeren Massenträg-heit der Flüssigkeitsumgebung tritt eine Leistungsminderung auf, für die eine elektronische Lösung als schwierig erscheint.

Der Abgleich der Schwingungs-moden ist der Schlüssel für die Empfindlichkeit des Sensors. Da der Geometrie-Entwurf festlegt, wo Moleküle an der Oberfläche eingefangen werden, ist es wichtig, dass diese Position mit der Position der Schwin-gungsbäuche der notwendigen Schwingungsmode zusammen-fällt. Durch Fertigungstoleranzen bedingte Abweichungen können einen Fehlabgleich der Moden bewirken, sodass eine genaue Erfassung jeder Schwingform in dieser Entwicklungsphase notwendig ist. Für einen gege-benen modalen Abgleich wird die Massenempfindlichkeit durch elektrochemische Abscheidung zusätzlichen Goldes bestimmt.

ERGEBNISSE UND ZUKÜNFTIGE ARBEITEN

Erste Ergebnisse liefern eine Massensensitivität von 12,0 Hz pg-1 (Für vollständige Details siehe J. Micromech. Microeng. 23 (2013) 125019). Aktuell wird an einer Frequenz-Tracking-Elek-tronik für die Messung des

Mikrostrukturen

aufgetragene PZT Dünnfilm-schicht sowie für die struktu-rierten Oxid- und Goldschichten, die die Top-Elektroden und die Fixierungszonen bilden (Bild 3). Die Wafer werden anschlie-ßend zersägt und individuelle Bausteine (Bild 4) gepackaged.

CHARAKTERISIERUNG DER SENSOREN

Obwohl die On-Board-Elektronik letztendlich die Bewegung des Sensorelementes erfasst, benötigt man während der Entwicklung dieser Elektronik zur Charak-terisierung des mechanischen Sensorverhaltens ein unabhän-giges Messverfahren wie die Laser-Doppler-Vibrometrie.

Die Sensorelemente werden unter Vakuum, Atmosphärendruck und in flüssiger Umgebung getestet. Die Messung der Resonanzfre-quenzen und der Qualitätsfak-toren der Moden sind hierbei entscheidende Aufgaben. Die Ergebnisse zeigen, dass aufgrund

Kontakt

Dr. John Hedley, Dr. Zhongxu Hu, Dr. Barry Galla-cher, Dr. Neil Keegan, Julia Spoors, Prof. Calum McNeil

[email protected], [email protected]

Newcastle UniversitySchool of Mechanical and Systems Engineering / Institute of Cellular Medicine

www.ncl.ac.uk/mech

Einfangs von Biomolekülen an der Sensoroberfläche gearbeitet.

Die vorliegenden, vorläufigen Untersuchungen des Sensors wurden mit einem Faseroptischen Vibrometer von Polytec mit einer Frequenzbandbreite von 20 MHz durchgeführt. Zusätzliche ESPRC-Gelder ermöglichten die Anschaffung eines UHF-120 Ultrahochfrequenz-Vibrometers und erweiterten die messtechni-schen Möglichkeiten bis 1,2 GHz. Da die Empfindlichkeit des Sensors von der Frequenz abhängt, ist das Studium von Schwingungsmoden höherer Ordnung des aktuellen Sensor-designs sowie die Untersuchung anderer Sensorkonzepte auf der Basis ultrahochfrequenter Ober-flächenwellen (SAWs) von beson-derem Interesse. Dies ist mit dem neuen Vibrometer in einem sehr weiten Frequenzbereich möglich. Das UHF-Vibrometer steht auch externen Anwendern zur Verfü-gung. Auf diesem Weg bietet man anderen Forschergruppen und Instituten Unterstützung bei der Charakterisierung ihrer hochfrequenten Komponenten und Sensorelemente an. ■

Bild 4: Mikroskop-Aufnahme eines fertiggestellten Sensors.

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Zikaden bilden innerhalb der Insekten eine sehr diverse Tiergruppe, über deren

Verhalten und Evolution noch relativ wenig bekannt ist. Vibrationssignale spielen eine

wichtige Rolle beim Paarungsverhalten und der Arterkennung. Bei deren Erforschung

ist der Einsatz von Laservibrometern äußerst hilfreich.

Große Bühne für kleine SängerLaservibrometer in der Insektenforschung

Biologie

Glasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus). Diese Art überträgt eine Pflanzenkrankheit auf

Weinreben und ist darum von großem wissenschaft-lichen und wirtschaftlichen Interesse.

Page 31: Polytec InFocus 2014 (deutsch)

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Die Gesänge der großen Sing-zikaden sind den meisten Leuten aus dem Urlaub am Mittelmeer oder den Tropen bekannt. Die Hemiptera (Schnabelkerfe), zu denen neben den Zikaden noch die Wanzen, Blattläuse und Weiße Fliegen gehören, sind eine sehr diverse und erfolgreiche Ordnung von Insekten. Bis heute wurden weltweit etwa 42.000 Zikaden arten beschrieben. Die Mehrheit der Arten gehört zu den sogenannten Kleinzikaden (siehe Titelbild) mit einer Kör-pergröße von weniger als 5 mm. Sie spielen eine wichtige Rolle als primäre Konsumenten und somit auch als Nahrung für andere Tiergruppen. Auch als Schädlinge treten Zikaden in Erscheinung, zum Beispiel an Reben oder an Reis, und sind somit auch von wirtschaftlicher Bedeutung.

PROBLEMSTELLUNG

Im Gegensatz zu den Singzi-kaden, deren Gesänge auch für Menschen ohne weitere Hilfsmittel hörbar sind, benutzen Kleinzikaden substratgebundene Signale. Sie erzeugen Vibrationen (100 - 3.000 Hz), die nur auf der Pflanze zu registrieren sind, auf der das Tier gerade sitzt. Subs-tratgebundene Signale wurden lange nicht beachtet, obwohl sie bei Insekten weit verbreitet sind. Die Gesänge klingen oft wie Trommelwirbel und werden durch sogenannte Trommelorgane erzeugt – Platten am Hinterleib, die mittels Muskeln in Schwingun-gen versetzt werden. Die Kom-munikation dient in erster Linie der Partnerfindung und oft gibt es zwischen den Geschlechtern artspezifische Wechselgesänge,

die eine Barriere zu anderen Arten bilden (biologisches Artkonzept). Die Artunterscheidung ist jedoch bei vielen Kleinzikaden schwierig. Bei den bislang benutzten ana-tomischen Merkmalen sind die Unterschiede oft gering, weshalb andere Identifizierungsmerkmale nötig sind. Abgesehen von molekularen Methoden bietet sich dabei die Bioakustik an.

VERSUCHSAUFBAU

Früher wurden die Vibrations-signale mittels sehr einfacher Methoden registriert. Mit einer an die Wirtspflanze gelegten Grammophonnadel konnten die Vibrationen hörbar gemacht werden. Später kamen piezo-elektrische Aufnahmesysteme hinzu. Die Signale konnten so auf Magnetbänder oder später digital

Biologie

Bild 1: Versuchsaufbau für Aufnahmen von Kleinzikadengesängen. Die Vibrationen werden mittels Laservibrometer PDV-100 entweder direkt auf dem Tier oder auf deren Wirtspflanze gemessen.

Page 32: Polytec InFocus 2014 (deutsch)

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bzw. dem Substrat nötig ist (Bild 1). Außerdem können die Mess-punkte exakter definiert werden und sind so besser reproduzierbar.

AUSBLICK

Durch Laservibrometer-Messun-gen können aber noch weitere Fragestellungen angegangen werden. So ist zum Beispiel noch unklar, ob es sich wirklich nur um reine Vibrationssignale handelt oder ob, zumindest im Nahbereich, auch der Luftschall eine Rolle bei der Kommunikation spielt. Die ersten Versuche haben gezeigt, dass zwar ein Luftschall messbar ist, das Signal aber deut-lich schwächer und verrauschter ist (Bild 2). Auch die Ausbreitung des Körperschalls auf der Wirts-pflanze und das Schwingverhalten der Wirtspflanze können dank dem Scanning-Laservibrometer untersucht werden (Bild 3). Wichtige Aspekte hierbei sind die Position des Insektes während des Gesanges, die Beschaffenheit des Pflanzenmaterials sowie das Verhältnis zwischen erzeugter Frequenz und Eigenresonanz der Pflanze. Weitere Untersuchungen werden hier mögliche evolutive Anpassungen der Insekten an ihre Wirtspflanzen aufzeigen, was zu einem besseren Verständnis der Artbildungsprozesse bei Kleinzikaden führen wird. ■

aufgezeichnet werden. Ein großer Nachteil bei diesen Methoden ist, dass das Aufnehmersystem entweder direkt mit der Wirts-pflanze in Kontakt stehen muss oder zumindest so nahe am Tier ist, dass dieses eventuell in seinem natürlichen Verhalten gestört werden könnte. Laservibrometer bieten hier unvergleichliche Vorteile, indem direkt auf dem Tier oder der Pflanze gemessen werden kann ohne dass ein direkter Kontakt mit dem Tier

Biologie

Bild 3: Schwingform des Pflanzenblattes (Brennnessel)

durch künstlich induziertes Signal (170 Hz) und das entsprechende

Frequenzspektrum.

Bild 2: Vergleich von Laservibrometer- und Mikrofonmessungen. Oben das klare Vibrationssignal einer männlichen Glasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus). Unten die zeitgleiche Aufnahme des Luftschalls in unmittelbarer Umgebung des Tieres.

AutorenDr. Roland Mühlethaler, Dr. Andreas Wessel, Prof. Dr. Hannelore [email protected] für NaturkundeLeibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitäts-forschung an der Humboldt-Universität zu Berlinwww.naturkundemuseum-berlin.de

BildnachweiseTitelfoto: E. Wachmann, Berlin.Bild 1: S. Grube/V. Hartung, Berlin.

DanksagungWir danken Herrn Dr. Reinhard Behrendt und Samy Monsched von Polytec herzlich für die intel-lektuelle und technische Unterstützung.

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Kooperation

Von den Forschungen profitieren insbesondere hörgeschädigte Menschen. „Mit unserer Ausstat-tung in der Lasermesstechnik schaffen wir Voraussetzungen für exzellente Forschung und fundierte Ausbildung“, so der Leiter des ITM, Prof. Peter Eber-hard. Dr. Stefan König, Vertriebs-ingenieur bei Polytec ergänzt: „Die Laser-Doppler-Vibrometrie am ITM erlaubt uns interessante Anwendungen und tiefgehende Analysen.“

Die Laser-Doppler-Vibrometrie erfasst selbst kleinste Bewegungen im Nanometerbereich und macht dadurch insbesondere hochdyna-mische Vorgänge ohne Beeinflus-sung des Messobjekts zugänglich. „Die Laservibrometrie ist eine

grundlegende Methodik zur Erfassung und zum Verständnis von Schwingungen. Sie lässt sich daher auch bei biomechanischen Vorgängen wie der Schallüber-tragung durch das Mittelohr zum Innenohr anwenden“, erklärt Dr. Albrecht Eiber. Der stellvertre-tende Leiter des ITM erforscht seit Jahren mit Verfahren wie der Computersimulation Implantate, die eine Rekonstruktion eines durch Alter, Krankheit oder Unfall geschädigten Gehörs erlauben.

Wie sich Hör-Prothesen bei unterschiedlichen Tönen tatsäch-lich verhalten und wie gut der Patient nach einer Operation wieder hört, war jedoch aufgrund der beengten Verhältnisse im Mittel- oder Innenohr und der

Das Hören verbessernPolytec und Uni Stuttgart eröffnen Kompetenzzentrum für Laser-Doppler-Vibrometrie in der Biomechanik

Die Universität Stuttgart eröffnete im November 2013 das

neue Kompetenzzentrum für Laser-Doppler-Vibrometrie.

Messtechniken aus dem Maschinenbau werden hier auf

die Biomechanik übertragen. Bei diesem Projekt koope-

riert Polytec mit dem Institut für Technische und Numeri-

sche Mechanik (ITM) der Universität Stuttgart.

Schmerzbelastung für den Pati-enten bisher schwer zu ermitteln. Mit Hilfe der berührungsfreien Laser-Doppler-Vibrometrie sind solche Messungen nun möglich. Sie leistet daher einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung von passiven Hörhilfen, die leistungs-fähig und preisgünstig sind, ohne große Operation verpflanzt werden können und dem Pati-enten maximalen Komfort und Sicherheit bieten.

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Kooperation

Wir sprachen mit Herrn Prof. Dr.-Ing.

Peter Eberhard, dem Leiter des

Kompetenzzentrums für Laser-Doppler-

Vibrometrie in der Biomechanik

der Universität Stuttgart, über seine

Forschungen und seine Erfahrungen

mit den Instrumenten von Polytec.

„Seit 1991 im Dauereinsatz“

Herr Prof. Eberhard, Sie sind Leiter des neu eröffneten Kompetenzzentrums. Welchen Fragen wird an diesem Zentrum nachgegangen?

In diesem Zentrum wollen wir uns zusammen mit Polytec um verschiedene Forschungsgebiete kümmern.Zum Einen erforschen wir den menschlichen Hörvorgang. Dabei entwickeln und testen wir passive und aktive Prothesen. Neben hoch-präzisen Messungen mit Laser-Doppler-Vibrometern sind dafür auch verlässliche Simulati-onen erforderlich.Zum Anderen schulen wir Studie-rende frühzeitig in den jeweiligen Messtechniken, damit sie diese

in studentischen Arbeiten selb-ständig einsetzen.Darüber hinaus untersuchen wir das Schwingverhalten unterschiedlichster Bauteile und Systeme.

„Wir arbeiten seit mehr als 20 Jahren mit Laser-Doppler- Vibrometern von Polytec.“

Wie und wann haben Sie Polytec kennengelernt?

Wir arbeiten seit mehr als 20 Jahren mit Laser-Doppler-Vibro-metern von Polytec. Für unsere Entscheidung waren damals die einfache Bedienung der Geräte,

die kurze Vorlaufzeit für hochwer-tige Messungen und natürlich die Tatsache, dass die Messob-jekte ohne lange Vorbereitung berührungslos überprüft werden können, ausschlaggebend.

Welche Polytec-Geräte verwenden Sie?

Wir haben derzeit vier 1D-Vi-brometer der Typen OFV-300, OFV-3001, OFV-5000 und PDV-100, zwei 3D-Vibrometer der Typen CLV-3000 und MSA-050 sowie ein Scanning-Vibrometer des Typs PSV-500 für vielfältigste Messungen im Einsatz. Bemer-kenswert ist, dass unser ältestes Vibrometer seit 1991, d.h. seit 23 Jahren im Dauereinsatz ist.

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Kooperation

Können Sie eine Anwendung kurz beschreiben?

Im Kompetenzzentrum beschäf-tigen wir uns vor allem mit Messungen des Verhaltens biolo-gischer Strukturen im menschli-chen Gehörapparat. Dabei wird das Bewegungsverhalten kleinster Strukturen erfasst, bei denen sehr geringe Verschiebungen und sehr kleine Kräfte auftreten.

Welchen Nutzen hat die berüh-rungslose Schwingungsmes-stechnik für Sie?

Offensichtlich ist natürlich, dass die berührungslose Messung das zu messende Objekt kaum beeinflusst und damit die Messer-gebnisse nicht verfälscht. Weitere wichtige Eigenschaften sind die präzise Messung auch kleiner Signale sowie die Möglichkeit, auch hochfrequente Bewegungen genau zu erfassen. Dies ist bei mechanischen Messverfahren nicht möglich.

„Wenn man jedoch in die physikalischen Extrembereiche kommt, spielen opti-sche Verfahren ihre Stärken aus.“

Wo sehen Sie die Vorteile der Messinstrumente von Polytec gegenüber anderen Messmethoden?

Mechanische Messverfahren, z.B. Beschleunigungsaufnehmer, liefern zuverlässige Ergebnisse. Wenn man jedoch in die physika-lischen Extrembereiche kommt, spielen optische Verfahren ihre Stärken aus. Entscheidend ist auch die einfache Bedienbar-keit. Oft kombinieren wir auch verschiedene Messverfahren, z.B. bei der reproduzierbaren Anregung biologischer Struk-turen über Mikro-Verstell-Tische und der simultanen Messung von Kräften mit Kraftsensoren im Milli-Newton-Bereich sowie Verschiebungsmessungen im Mikrometer-Bereich.

Wie ist Ihr genereller Eindruck von Polytec?

Seit vielen Jahren begleiten wir die Entwicklung von Polytec und freuen uns immer wieder über innovative Weiter- und Neuent-wicklungen. Für uns ist wichtig, dass die Entwicklungen sowohl im Bereich relativ einfacher Geräte für Standardmessungen als auch im High-End-Bereich für schwierigste Situationen voran-getrieben werden. Besonders wertvoll sind für uns auch die kompetenten Vertriebsansprech-partner bei Polytec, die unsere

Anforderungen verstehen und uns geeignete Lösungen vorschlagen.

Welche Fragestellungen wollen Sie in der Zukunft noch mit der Schwingungsmesstechnik von Polytec lösen?

Für mich als Institutsleiter ist es immer wieder interessant zu sehen, wie stark die Vibrometer in unserem Labor ‚herumwan-dern‘. Oft werden die Geräte für Versuche eingesetzt, bei denen man vorher nicht an optische Verfahren dachte. Auch bei Prin-zip-Versuchen, bei denen man nur einmal schnell etwas auspro-bieren möchte, sind die Geräte zu finden. Wenn Geräte im Dauer-einsatz sind und die Mitarbeiter diese gerne und selbstverständ-lich für verschiedenste Zwecke verwenden, ist man sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben.Daneben haben wir natürlich auch einige Herausforderungen für zukünftige Polytec-Geräte, denen wir als Fachleute für mechanische Schwingungstechnik und Dynamik, mit der Unter-stützung von Polytec, gespannt entgegensehen.

Herr Eberhard, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Prof. Dr.-Ing. Prof.E.h. Peter Eberhard

[email protected]

Leiter Institut für Technische und Numerische MechanikUniversität Stuttgart

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Akustik

Sichtbare MusikScanning-Vibrometer erfasst Schwingverhalten von Instrumenten

Die Geschichte der Musikinstrumente ist beinahe so alt, wie die Menschheit selbst.

Sowohl die Güte als auch die Spielweise vieler Instrumente haben durch die jahr-

hundertelange empirische Weiterentwicklung eine kaum übertreffbare Qualität

erreicht. Daher hat die wissenschaftliche Untersuchung zunächst nicht das Ziel, hier

eine wesentliche Verbesserung herbei zu führen. Wichtiger erscheint dagegen der

Anspruch, ein Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zu entwickeln.

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Sichtbare MusikScanning-Vibrometer erfasst Schwingverhalten von Instrumenten

Akustik

Bei diesem Forschungsvorhaben wurden zunächst zwei qualitativ unterschiedliche Triangeln unter-sucht. Diese unterscheiden sich zum einen in der Form (Bild 1), zum anderen im Klang. Ziel der Untersuchungen ist es, den Einfluss der geometrischen Beson-derheiten der qualitativ hochwer-tigeren Triangel auf den Klang zu ermitteln. Darüber hinaus sollen mit dieser verhältnismäßig einfachen Struktur Erfahrungen bezüglich der experimentellen Analyse und der numerischen Modellierung von Musikinstru-menten gesammelt werden.

VERSUCHSAUFBAU UND DURCHFÜHRUNG

Die Analyse und Messung der Triangeln erfolgt in zwei Schrit-ten. Bei der ersten Messung erfasst ein Polytec PSV-400 Scanning-Laservibrometer in einer experimentellen Modal-analyse die Eigenfrequenzen und Eigenschwingformen. In einem zweiten Schritt gibt eine Mikrofon messung darüber

Aufschluss, wie sich die Schwing-ung der Struktur auf die Luft und damit auf den Hörer überträgt.

Im Allgemeinen hängt die Triangel mit einer Schnur an einem Ständer und wird mit einem Metallstab angeregt. Um einer Verdrehung und einer zu großen Schwingung während der Messung vorzubeugen, wird, in Anlehnung an die originale Spielweise, diese im Versuch an zwei Punkten mit Federn gelagert (Bild 2). Die weichen Federn dienen hier der Entkopplung vom Versuchsstand, was im Nachhinein den Abgleich mit der numerischen Simulation erleichtert. Die Struktur kann sich frei im Raum bewegen.

Die Anregung erfolgt, wie auch bei der originalen Spielweise, impulsartig mittels eines Impuls-hammers. Dabei unterscheidet sich der Klang nicht merklich von dem bei einer Anregung mit dem Metallstab. Um die Reproduzierbarkeit der Messung zu gewährleisten, wurde eine ►

Bild 1: Geometrische Besonderheiten der qualitativ hochwertigeren Triangel.

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Vorrichtung konstruiert, mit deren Hilfe der Hammerschlag immer an derselben Stelle und in derselben Richtung mit einer definierten Kraft erfolgt (Bild 3). Im Versuch erfolgt die Anregung der Triangel zum einen in der Triangel-Ebene (Bild 2 grün) und zum anderen senkrecht dazu (Bild 2 blau).

Für die Messung des Geschwin-digkeitsfeldes wird das PSV-400 eingesetzt. Gegenüber alternati-ven Messmethoden mit Beschleu-nigungssensoren bietet dieses berührungslose Laser-Doppler- Messverfahren den Vorteil, dass die Schwingungseigenschaften der Struktur durch die Messung nicht beeinflusst werden. Des Weiteren lässt sich das Scan-Gitter mittels der optischen Unterstütz-ung des Scan-Kopfes beliebig fein einrichten. Für eine erhöhte Signalqualität des rückgestrahl-ten Laserstrahls wird lediglich

eine Reflexionsfolie punktuell auf die verchromte Oberfläche der Triangel aufgebracht.Für den zweiten Teil, der Mes-sung mit dem Mikrofon, werden Lagerung und Anregung der Struktur beibehalten. Das Mikro-fon ist in einem Abstand von 40 cm zur Triangel angebracht. Der

Abstand bestimmt sich zum einen aus den baulichen Abmaßen des Prüfstandes und zum anderen muss ein Mindestabstand einge-halten werden, um außerhalb des akustischen Nahfeldes zu messen.

Auf Grund der örtlich hohen Auflösung des Scan-Gitters lassen sich im Abgleich von Messung und Simulation die Schwingformen und damit auch die zugehörigen Eigenfrequenzen eindeutig zuordnen (Bild 4). Eine Sensitivitätsanalyse ermittelt unter Zuhilfenahme der Finite-Elemente- Modellierung die unbekannten Materialparameter der Triangeln.

ERGEBNISSE UND SCHLUSSFOLGERUNG

Akustische Instrumente erzeugen grundsätzlich einen Klang, der aus einer Überlagerung vieler harmonischer Schwingungen unterschiedlicher Frequenzen besteht. Letztere entsprechen den Eigenfrequenzen der Struktur.

Ein Klang besteht in der Regel aus einem Grundton und den harmonisch dazu aufsteigenden Obertönen. Das Empfinden für einen schönen Klang ist stark abhängig von der musikalischen Erfahrung des Hörers. Dennoch lassen sich objektive Kriterien finden, mit denen die Konsonanz bzw. Dissonanz von jeweils zwei Frequenzen bzw. der harmonische Zusammenhang aller auftreten-Bild 3: Vorrichtung für die Anregung

mit dem Impulshammer.

Bild 2: Freie Lagerung und verschiedene Anregungsrichtungen der Triangel.

Akustik

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Bild 4: Vergleich der berechneten (links) und der gemessenen (rechts) Eigenformen.

den Frequenzen beschrieben werden kann. Da die Triangel zu den Perkussions- Instrumenten gehört und Tonart-unabhängig gespielt wird, ist es nicht gewollt, dass sie einen Grundton aufweist. Damit lässt sich für sie kein Kriterium für die harmonische Folge der Obertöne anwenden.

Der Klang der Triangel ist maß-geblich von der Richtung der Anregung abhängig. Aus den Ergebnissen der Mikrofonmessung ist nicht eindeutig erkennbar, wel-che Eigenfrequenzen zu welcher Anregungsrichtung gehören, da durch den Impuls immer auch die orthogonale Richtung angeregt wird. Erst mit Hilfe des PSV-400 lassen sich die Eigenfrequenzen eindeutig zuordnen, da die Mess-richtung genau einstellbar ist.

Aus diesen Ergebnissen und dem Kriterium für Konsonanz lässt sich zeigen, warum die qualitativ hochwertigere Triangel für den Hörer besser klingt. Es zeigt sich nämlich, dass die ersten fünf entscheidenden Eigenfrequenzen nicht dissonant zueinander sind. ■

Kontakt

Dipl.-Ing. Pascal Bestle, Prof. Dr.-Ing. Prof. E.h. Peter Eberhard, Prof. Dr.-Ing. Michael Hanss

[email protected]

Institut für Technische und Numerische Mechanik Universität Stuttgart

Akustik

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Medizin

Dem Hören auf der Spur

Schwingungsmuster vom kleinsten Knochen des Menschen

Der WHO zufolge leiden weltweit 360 Millionen Menschen unter Hörverlust.

Dieser kann durch krankheits- oder unfallbedingte Veränderungen des Mittelohres

entstehen. Am Universitätsspital Zürich werden deshalb die Schwingungsmuster und

damit das Hörvermögen bei Veränderungen des Mittelohrs untersucht.

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Bild 1: Das menschliche Gehör: Schallwellen werden vom Trommelfell via Hammer ,Amboss und Steigbügel ins Innenohr geleitet.

Das Gehör ist unser wichtigstes Sinnesorgan für Orientierung und Sicherheit. Es warnt uns rund um die Uhr vor herannahenden Gefahren – sogar im Schlaf. Wie nehmen wir Geräusche und Warnsignale aber genau wahr? Schallwellen sind nichts anderes als Luftdruckschwankungen, welche durch den Gehörgang zum Trommelfell gelangen. Das Trommelfell wird in Schwingung versetzt und leitet diese mecha-nischen Schwingungen über die Gehörknöchelchenkette weiter ans Innenohr. Dort entsteht durch die Bewegung von Haarzellen ein Nervenimpuls, welcher im Gehirn das Hören erzeugt. Unsere For-schung konzentriert sich auf die Gehörknöchelchenkette, beste-hend aus dem Hammer, dem Am-boss und dem kleinsten Knochen des Körpers: dem Steigbügel.

Eine durch Krankheit oder Unfall eingeschränkte Schallübertragung der Gehörknöchelchenkette vermindert das Hörvermögen. Am Universitätsspital Zürich werden deshalb die Schwingungsmuster bei Veränderungen des Mittelohrs im Vergleich zur Situation mit Gesunden u.a. mit Messtechnik von Polytec untersucht. Mit den Messresultaten werden Simu-lationen des Bewegungs- und Übertragungsverhaltens der Ge-hörknöchelchenkette erstellt. Die Simulationen sollen eine optimier-te Abstimmung von Hörhilfen, verbesserte Interpretation in der

Medizin

Diagnostik und eine Weiterent-wicklung von Diagnoseverfahren ermöglichen. Die Schallleitungs-störung im Mittelohr kann etwa durch künstliche Gehörknöchel-chen (Prothesen) überbrückt werden. Solche Mittelohrpro-thesen ersetzen zum Beispiel die gesamte Gehörknöchelchenkette oder nur den Steigbügel (Steig-bügel-Prothese). Anhand der erstellten Simulationen werden Mittelohrprothesen entwickelt und weiter optimiert. Beim aktuellen Projekt untersuchen wir deshalb die Funktion des Gelenkes zwischen Hammer und Amboss (Hammer-Amboss-Gelenk).

VERSUCHSAUFBAU

In Schläfenbeinpräparaten werden die Gehörknöchelchen sichtbar gemacht. Mit einem Lautsprecher wird das Trommel fell stimuliert, wodurch die Gehörknöchelchen zu schwingen beginnen. Gleich-zeitig wird mit einem Mikrofon die Lautstärke des Tons kont-rolliert. Die Schwing ungen des Steigbügels misst ein Scanning Laservibrometer. Die gewünschte Position des Scanning Laservibro-meters steuert ein Roboterarm (KUKA KR-16, Positionswiederhol-genauigkeit von <± 0,05 mm) an. Zusätzlich hilft eine Videokamera (VCT 24) das zu scannende Areal ►

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zu erfassen. Die Reflexion des La-serstrahls wird durch retroreflek-tive Glaskügelchen (Durchmesser 50 µm) optimiert. Die Messung der Schwingung des Steigbügels wird bei mehreren Frequenzen

Medizin

Bild 2: Beispiel für eine Mittelohr-prothese: Steigbügel-Prothese (NiTi-BOND®): der defekte Steigbügel im Mittelohr wird durch eine Prothese ersetzt. Dank der Prothese wird die Schallübertragung wiederhergestellt und das Hörvermögen verbessert.

durchgeführt und mit blockier-tem Hammer-Amboss-Gelenk wiederholt. Durch den Vergleich der Steigbügel-Schwingung mit funktionierendem und blockier-tem Gelenk kann der Einfluss des Hammer-Amboss-Gelenks auf die Schallübertragung im Mittelohr bestimmt werden.

ERGEBNISSE UND ANWENDUNGEN

Welchen Einfluss hat das Ham-mer-Amboss-Gelenk auf die Schallübertragung im Mittelohr? Vorläufige Daten deuten auf einen frequenzabhängigen Einfluss des Hammer-Amboss-Gelenks auf die Schwingung des Steigbügels hin. Die Messresultate dienen der Erstellung dynamischer virtueller

Kontakt

Rahel GerigDoktorandin, M.Sc. Biomedizinische Wissenschaften

[email protected]

Forschungsgruppe „Biomechanik des Hörens“ Prof. Dr. med. Alexander HuberUniversitätsSpital ZürichKlinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie Nord 2, BFrauenklinikstrasse 24 CH 8091 Zürich

Danksagung

Diese Studie wird unterstützt durch den ‚Schwei-zerischen Nationalfonds’ (SNF) Nr. 138726 und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) inner-halb des EI-231-6/1 Grant.

Die Autorin bedankt sich bei Prof. Dr. med. Alexander Huber, Dr. Jae Hoon Sim und Dr. med. Christof Röösli für ihre Mitarbeit und die wertvollen Ratschläge.

Bild 2: Versuchsaufbau: Der Roboterarm ermöglicht das Anfahren der gewünschten Position des Scanning Laservibrometers, sodass die Schwingungen des sich im Schläfenbein befindenden Steigbügels erfasst werden können.

Mittelohrmodelle. Es soll der Einfluss des Hammer-Amboss-Ge-lenks auf die Altersschwerhörigkeit und eine eventuelle Dämpfungs-funktion des Hammer-Amboss- Gelenks bei Knallgeräuschen beschrieben werden. Zudem wer-den Mittelohrprothesen, die die Schalleitungsstörung überbrücken und somit das Hören verbessern, entwickelt und weiter optimiert. Es wurde bereits erfolgreich eine neue Steigbügel-Prothese (NiTiBOND®) zusammen mit der Firma KURZ® und dem Institut für Technische und Numerische Mechanik der Universität Stuttgart auf den Markt gebracht. ■

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Unbegrenzte MöglichkeitenHSV-100 High Speed Vibrometer

Mehr Info

www.polytec.de/highspeed

Produktneuheiten

Hochaufgelöste Schwingungs-messung bei hohen Bewegungs-geschwindigkeiten bis zu 40 m/s zeichnet das neue HSV-100 High Speed Vibrometer aus. Ob Messung der Ventiltriebsdynamik in Hochleistungsmotoren, Reso-nanztests an Turbinenschaufeln oder Pyroschockanwendungen, das HSV-100 erfasst Schwing-geschwindigkeiten und -wege zuverlässig und berührungslos.

Neben der 1-Kanal-Version ist das HSV-100 auch als 2-Kanal-Vibrometer erhältlich, zur differenziellen Schwin-gungsmessung mit Bezug zu einer Referenzfläche. So kann beispielsweise bei der Messung am Ventiltrieb die Bewegung des Motorblocks gleichzeitig erfasst und vom Bewegungssignal des Ventiltriebs abgezogen werden. Neu im HSV-100 ist auch die

Kopplungsmöglichkeit mehrerer Controller, die eine phasen-richtige Mehrkanal-Schwin-gungsmessung mit beliebig vielen Kanälen ermöglicht.

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Produktneuheiten

Oberflächenmessung in neuer Dimension

Fehler in der Produktion frühzeitig

zu erkennen ist essentiell, um die

Produktions ausbeute zu steigern und

die Produktionskosten zu senken.

Mit dem optischen Messsystem

TMS-500 TopMap charakterisieren

Anwender nicht nur Oberflächen

dreidimensional. Sie überprüfen

auch bspw. Ebenheits-, Paralleli-

täts- und Stufenhöhen toleranzen

produktions nah, schnell und mit

hoher Wiederholpräzision.

Das großflächig messende TMS-500 TopMap erfasst in Sekundenschnelle knapp 2 Milli-onen Messpunkte auf einer Fläche von 43 mm x 32 mm. Die hohe laterale Auflösung von bis zu 13 µm stellt sicher, dass Sie keine wichtigen Details übersehen. Der große vertikale Messbereich von 70 mm in Kombination mit dem Messprinzip der Weiß-lichtinterferometrie ermöglicht es zudem, tiefliegende Flächen und große Stufenhöhen präzise und rückführbar zu charakterisieren. Zuverlässige Messergebnisse erzielen Sie dabei sowohl bei spiegelnden als auch an matten Probenoberflächen.

Die einfach zu bedienende mitgelieferte Mess- und Auswer-tesoftware bietet umfangreiche Auswertemöglichkeiten. Dazu gehört unter anderem die Stufen-höhenauswertung sowohl entlang eines Profilschnitts nach DIN ISO 5436-1 als auch flächig.

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Das TMS-500 TopMap-System besteht aus Sensorkopf, Controller und Datenmanagementsystem. Umfangreiches Zubehör, wie Vibrationsdämmung und motori-sierte Achsen, ist ebenfalls erhält-lich. Routine-Messungen führt das TMS-500 dank der kundenspezi-fisch anpassbaren Software-Ober-fläche schnell und automatisiert durch.

So lässt sich die Softwareober-fläche auf die Bedürfnisse beispielsweise der Uhrenindustrie anpassen. Hier wurde aufgrund der Vielzahl zu vermessender unterschiedlicher Bauteiltypen besonderen Wert auf das schnelle und einfache Einlernen neuer Bauteile gelegt. Hier werden üblicherweise mehrere Bauteile innerhalb des großen Messfeldes vermessen und im Anschluss hinsichtlich der geforderten Tole-ranzen automatisiert überprüft. Die Position und Orientierung der

Oberflächenmessung in neuer Dimension

zu untersuchenden Bauteile wird dabei von der Software erkannt und die Toleranzauswertung entsprechend angepasst.

Die einfache und automatisierte Messgerätebedienung stellt sicher, dass unterschiedliche Benutzer ein identisches Messergebnis erhalten. Dies sicherzustellen ist wichtig, um Bauteile mit hohen Toleranzanforderungen, wie sie bspw. in der Uhrenindustrie oder auch Automobilindustrie vorkommen, zuverlässig zu über-prüfen. Die Übermittlung der Messwerte zu gängigen Statis-tik-Softwarepaketen wie bspw. qs-STAT ist ebenfalls durch die mitgelieferte Messsoft-ware möglich.

Das einfach integrierbare Messsystem ist auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnitten. Es ist überall dort einsetzbar, wo es auf

Qualitätssicherung ankommt: im Messraum, produktionsnah oder direkt in der Produktionslinie.

Mehr Info

www.topmap.de

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Produktneuheiten

Die V-Serie (V steht für Very High Frequency, VHF) des PSV-500 Scanning Vibrometers erlaubt erstmals eine Bandbreite von 25 MHz mit digitaler Dekodie-rung und damit sehr niedrigem Rauschen. Es löst auch kleinste Schwingungen von medizini-schen Sensoren, Sonarsensoren und Sensor-Arrays auf. Timing, Übersprechen zwischen Senso-relementen und die räumliche Amplitudenverteilung lassen sich zuverlässig ermitteln. Sie dienen als Datengrundlage für die Validierung von Finite Elemente Modellen und zur Verifizierung von Leistungsmerkmalen.Die digitale Scanning Techno-logie des PSV-500 liefert eine hohe räumliche Auflösung mit

angepassten Bildfeldern vom mm²- bis in den m²-Bereich. Das PSV-500-V ist ein vollständiger Messarbeitsplatz mit VHF-Signal-generator, präzisem Trigger und drei Datenerfassungskanälen für zusätzliche Hochfrequenzsignale. Erstmals präsentiert Polytec damit ein Multi-MHz, 3D-fä-higes und flächenhaftes Schwingungsmesssystem für Ultraschallschwingungen. Diese neueste Entwicklung erweitert die verfügbare 3D-Bandbreite um eine Größenordnung. Drei unab-hängige, scannende Laser und ein Bildverarbeitungssystem sorgen für eine perfekte Strahlüberlap-pung. Das PSV-500-3D-V ist die flexible Lösung für die Charak-terisierung von Materialien, die

Scanning Vibrometer für hohe FrequenzenPSV-500-V

Die räumliche Auflösung von Ultraschallsensoren ist eng

mit hohen Frequenzen verbunden. Eine neue speziell für

hohe Frequenzen entwickelte Version des Polytec Scan-

ning Vibrometers mit exzellenter Auflösung ist jetzt für

die einfache Charakterisierung von Hochleistungssenso-

ren verfügbar.

Mehr Info

www.polytec.de/psv3d

zerstö-rungs-freie Prüfung von Werkstoffen und die Qualifizierung von Sensoren.Schon die Vorgänger der PSV-500-V Serie ließen Ideen von Forschern weltweit in Medi-zintechnik und Diagnostik Wirk-lichkeit werden. Auch das „V“ ist wieder Startpunkt für zukünftige Sensor-Innovationen.

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automatisch in die Messeinstel-lungen eingelesen und so eine Fehlerquelle bei der Konfiguration ausgeschlossen wird. Erweiterte Dämpfungswerte stehen jetzt für eine erste Beurteilung von Berech-nungsergebnissen zur Verfügung.Für Entwickler aus dem Bereich MEMS und Mikrossysteme, welche die Micro System Analyzer MSA oder Ultra High Frequency Scanning Systeme verwenden, wurde die Dämpfungs-Ermitt-lung um den Q-Faktor erweitert. Speziell für die Ermittlung der Betriebsschwingformen bei hohen Ultraschallfrequenzen wurden die Möglichkeiten zur exakten Abstimmung der räumlichen Auflösung der Messgitter auf die akustische Wellenlänge des

Bauteils angepasst. Universitäten und Hochschulen die am Polytec-Hochschulpro-gramm teilnehmen, profitierten automatisch von allen Fort-schritten in der Software. Die Preisgestaltung für die Auswer-tesoftware ohne Messfähigkeit wurde deutlich an die Bedürfnisse von größeren Arbeitsgruppen und externen Berechnungsdienstleis-tern angepasst.

Alles hört auf mein KommandoDie Scanning Vibrometer Software 9.1

Sinnesorgane ohne Gehirn sind nutzlos. Bei den Schwin-

gungsmesssystemen von Polytec sorgt die PSV-Software

für die richtige Verbindung zum Laser-Schwingungssen-

sor. Mit Bildverarbeitung und voller 64-Bit-Unterstützung

verbessert sie die Handhabung und Messzeit weiter.

Mehr Info

www.polytec.de/software

Die PSV-Software ist eine offene

Plattform, auf der Anwender auch mit externen

Software-Werkzeugen wie MatLab®, LabView® oder Micro-soft™ Excel zugreifen, steuern und Daten analysieren können.Besonders Anwender der 3D-Scanning Vibrometer profi-tieren von dem neuen halbau-tomatischen Verfahren zum sogenannten 3D-Abgleich. Er sorgt einfach und schnell für einen Abgleich importierter Messgitter z.B. aus Finite Elemente Modellen und dem realen Messobjekt.Modal-Analyse-Experten werden die TEDS-Unterstützung schätzen, bei der die Kalibrierdaten eines Beschleunigungsaufnehmers

Page 48: Polytec InFocus 2014 (deutsch)

Polytec GmbHPolytec-Platz 1-776337 WaldbronnTel. +49 7243 [email protected]

Polytec GmbHVertriebs- undBeratungsbüro Berlin

Schwarzschildstraße 112489 BerlinTel. +49 30 6392-5140

www.polytec.deÄn

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2014

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F_D

ImpressumPolytec InFocus · Magazin für Optische MesssystemeAusgabe 2014 – ISSN 1864-9181 · Copyright © Polytec GmbH, 2014Herausgeber: Polytec GmbH · Polytec-Platz 1 - 7 · D-76337 Waldbronn

V.i.S.d.P.: Dr. H. SelbachRedaktion/Produktion: Dr. Philipp Hassinger,

Melanie Ohmer

Advancing Measurements by Light

Messen und Events

Bildrechte: Seite 10: Shutterstock.com; Seite 23: Maridav/Shutterstock.com; Seite 41: ©creaseo/fotolia.com; soweit nicht anders angegeben bei den Autoren.

Datum Veranstaltungen Ort

06.05. - 09.05.2014 Control Stuttgart

20.05. - 21.05.2014 Berechnung und Simulation - Anwendungen,

Entwicklungen, Trends

Bamberg

03.06. - 05.06.2014 Cadfem Ansys UserMeeting Nürnberg

03.06. - 05.06.2014 Sensor&Test Nürnberg

17.06. - 20.06.2014 EPHJ 2014 Genf, Schweiz

24.06. - 25.05.2014 ChassisTech München

24.06. - 26.06.2014 Testing Expo Europe Stuttgart

02.07. - 03.07.2014 8. Magdeburger Akustik-Symposium Magdeburg

02.07. - 04.07.2014 ISNVH International Styran Noise, Vibration and

Harshness Congress

Graz, Österreich

25.05. - 26.09.2014 SSC Montreux, Schweiz

07.10. - 09.10.2014 Aluminium 2014 Düsseldorf

06.11.2014 STAHL 2014 Düsseldorf

Alle aktuellen Veranstaltungen finden Sie auf unserer Website www.polytec.de/events.

Messen und Events

Vom 24. bis 27. Juni 2014 findet zum elften Mal die „International Conference on Vibra-tion Measurements“ statt. Sie wird von der AIVELA mit Unterstützung diverser wissen-schaftlicher Fachverbände (AIP, OSA, SEM, EAA und EOS) organisiert. Verpassen Sie nicht die wichtigste wissenschaftliche Konferenz über die Technologien und Applikationen der berührungslosen Schwingungsmesstechnik.

Experten treffen sichKonferenz über Schwingungsmessung in Ancona

Erfahren Sie mehr über Polytec: