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Pharmakokinetik 1
Pharmakokinetische Modelle
1 Grundbegriffe
Ziel derPharmakokinetik (PK) ist es, denzeitlichen Verlaufvon Arzneistoffkonzentrationen im
Korper zu beschreiben und daraus Dosierungsvorschlage zu entwickeln. Die Pharmakokinetik
beinhaltet die Prozesse derResorption, Verteilung, Metabolisierungund derElimination. Die
Untersuchung des Zusammenhanges zwischenKonzentration und Wirkungeines Arzneimittels
ist Gegenstand derPharmakodynamik (PD). Das Begriffspaar Pharmakokinetik und Pharmako-
dynamik wird haufig dadurch charakterisiert, daß man es als Antworten auf die beiden Fragen:
“Was macht der Korper mit dem Arzneimittel?” und “Was macht das Arzneimittel mit dem
Korper?” auffaßt.
1.1 Kinetik nullter und erster Ordnung
Wahrend der Resorption, Verteilung und Elimination eines Arzneistoffes im Korperandert sich
dessen KonzentrationC in den Korperflussigkeiten als Funktion der Zeitt.
Ist dieAnderungsgeschwindigkeitdC(t)/dt konstant und unabhangig von der jeweils vorhande-
nen KonzentrationC(t), spricht man vonKinetik nullter Ordnung :
dC(t)dt
= −k0 (1)
Die Konstantek0 wird als Geschwindigkeitskonstante nullter Ordnungbezeichnet und hat die
Einheit [Konzentration/Zeit]. Wird etwa ein Arzneistoff mit einer Kinetik 0. Ordnung eliminiert,
so wird pro Zeiteinheit einekonstante MengeArzneistoff ausgeschieden. Durch Integration von
(1) ergibt sich die zum Zeitpunktt jeweils vorliegende Konzentration C(t):
C(t) = C0−k0 · t (2)
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Dabei istC0 die Anfangskonzentration zum Zeitpunktt = 0, d.h.C0 = C(t = 0). Eine graphische
Darstellung der Kinetik 0. Ordnung ergibt eine Gerade mit der Steigung−k0 (Abb. 1). Beispiel
fur eine Kinetik nullter Ordnung: Elimination vonAthylalkohol aus dem menschlichen Korper.
In den meisten Fallen ist allerdings dieAnderungsgeschwindigkeit der Arzneistoffkonzentration
nicht konstant, sondern direkt proportional zur jeweils vorhandenen Konzentration. In diesem
Fall spricht man vonKinetik erster Ordnung :
dC(t)dt
= −k ·C(t) (3)
Die Konstantek wird Geschwindigkeitskonstante erster Ordnungbezeichnet (Einheit [1/Zeit]).
Sie gibt an, wieviel von der jeweils vorhandenen Arzneistoffmenge pro Zeiteinheit umgesetzt
wird. Wird etwa ein Arzneistoff mit einer Kinetik 1. Ordnung eliminiert, so wird pro Zeitein-
heit einekonstante Fraktionder jeweiligen Arzneistoffmenge ausgeschieden. Integration von (3)
liefert die KonzentrationC(t) zu jedem Zeitpunktt:
C(t) = C0 ·e−k·t (4)
Die graphische Darstellung einer Kinetik erster Ordnung ist eine Exponentialfunktion (Abb. 2).
Beispiel fur eine Kinetik erster Ordnung: Elimination von Penicillin aus dem Korper nach intra-
venoser Verabreichung mittels Injektion. Durch Logarithmieren von (4) erhalt man
lnC(t) = lnC0−k · t (5)
In halblogarithmischer Darstellung ergibt also eine Kinetik erster Ordnung (4) eine Gerade mit
Steigung−k und Achsenabschnitt auf der Ordinate (Interzept)lnC0 (Abb. 3).
Weiters erhalt man durch Integration von (4) die Flache unter der Kurve vonC(t) bis zum Zeit-
punktt (area under the curve,AUC):
AUC0−t =C0
k·(
1−e−k·t)
(6)
Extrapolation bis zum Ende der Kurve ergibt die GesamtflacheAUC:
AUC =C0
k(7)
Erfolgt die Verteilung und Elimination eines Arzneistoffes mit Kinetik 1. Ordnung, so spricht
man vonlinearer PK . Ist dies nicht der Fall, so spricht man vonnichtlinearer PK . Der Haupt-
grund fur nichtlineare PK istSattigungvon Eliminations- und Bindungsmechanismen im Korper.
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Pharmakokinetik 3
0 1 2 3 4 5 60
20
40
60
80
100
120
t [h]
C [
µg/m
L]
Abb. 1 Beispiel einer Kinetik nullter Ordnung.
0 1 2 3 4 5 60
20
40
60
80
100
120
t [h]
C [
µg/m
L]
Abb. 2 Beispiel einer Kinetik erster Ordnung.
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Pharmakokinetik 4
0 1 2 3 4 5 610
0
101
102
t [h]
C [
µg/m
L]
Abb. 3 Halblogarithmische Darstellung einer Kinetik erster Ordnung.
1.2 Verteilungsvolumen
Gelangt ein Arzneistoff in das Blut, sei es durch direkte i.v.-Verabreichung oder durch Resorption
nach extravaskularer Verabreichung (z.B. Resorption im Magen-Darm-Kanal nach oraler Gabe),
so wird er zunachst im Blut und schließlich in die anderen Verteilungsraume (Extrazellularraum,
Intrazellularraum, Gewebe) verteilt. Die Verteilung erfolgt vorwiegend durch passive Diffusion,
es konnen aber auch aktive Transportmechanismen beteiligt sein. Eiweißbindung beschrankt die
passive Korperverteilung, wahrend eine hohe Fettloslichkeit sie erleichtert.
DasVerteilungsvolumen Vd (volume of distribution) ist dasjenigefiktiveVolumen, das von der
GesamtmengeX eines Arzneistoffes eingenommen werden mußte, um beihomogenerLosung
die in der untersuchten Korperflussigkeit (z.B. Plasma) gemessene KonzentrationC zu erhalten:
Vd =XC
(8)
Vd ist also der Proportionalitatsfaktor zwischen der im Plasma gemessenen Arzneistoffkonzen-
tration und der gesamten Arzneistoffmenge im Organismus. Das Verteilungsvolumen ist eine
substanzspezifischeEigenschaft, die die Verteilung eines Arzneimittels im Korper quantifiziert.
Sie ist grundsatzlich dosisunabhangig und wird nicht von der Darreichungsform beeinflußt.Vd
ist umso großer, je mehr Arzneistoff sich außerhalb des Plasmas befindet. Das kleinstmogliche
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Vd ist zwar das reale Plasmavolumen (etwa 3 L), nach oben hin gibt es aber keine feste Grenze.
So konnen Verteilungsvolumina von mehreren 100 L berechnet werden, wenn der Arzneistoff
intensiv an Gewebestrukturen gebunden wird und somit die Plasmakonzentration sehr gering ist.
Die Große des Verteilungsvolumens (relativ zum Korpergewicht KGW) ist ein Indiz fur die Art
der physiologischen Verteilungsablaufe:
0.05 L/kg Verteilung nur in den Plasmaraum
0.20 L/kg Verteilung in den gesamten extrazellularen Wasserraum (Plasma + Interstitium)
0.40 L/kg Verteilung in den gesamten intrazellularen Wasserraum
0.60 L/kg Verteilunguber das gesamte Korperwasser (etwa 60% des KGW)
> 1 L/kg zusatzliche Bindung bzw. Speicherung im Gewebe
Tabelle 1 Beispiele fur Verteilungsvolumina.
Arzneimittel Vd / KGW (L/kg) Vd (L) bei 70 kg KGW
Sulfisoxazol 0.16 11.2
Phenobarbital 0.55 38.5
Phenytoin 0.63 44.1
Diazepam 2.40 168
Digoxin 7 490
1.3 Clearance
Unter Clearance CL versteht man dasvirtuelle Volumen der untersuchten Korperflussigkeit
(z.B. Blutplasma), das pro Zeiteinheit von dem betreffenden Arzneistoff befreit (“geklart”) wird.
Die Clearance ist ein Maß fur dieAusscheidungsgeschwindigkeiteines Arzneistoffes und hat die
Einheit [Volumen/Zeit], ist also formal ein Volumsfluß.CL kann berechnet werden als Quotient
von pro Zeiteinheit ausgeschiedener ArzneistoffmengedE/dt und ArzneistoffkonzentrationC in
der untersuchten Korperflussigkeit (meist Plasma, Serum oder Blut):
CL =dEdt
/C (9)
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Fur jedes Eliminationsorgan kann eine entsprechendeOrganclearanceberechnet werden, z.B.
eine renale ClearanceCLR fur die Nierenausscheidung oder einehepatische ClearanceCLH
fur die Ausscheidunguber die Leber. Die Summe aller dieser Organclearancewerte wird als
GesamtkorperclearanceCL bezeichnet.
Die Clearance ist eng mit dem BlutflußQ durch das jeweilige Ausscheidungsorgan verknupft:
Die maximale Clearance wird dann erreicht, wenn das Blut vollstandig von dem jeweiligen
Arzneistoff geklart wird (CL = Q). Unvollstandige Elimination kann mit Hilfe desExtraktions-
koeffizientenε quantifiziert werden:
CL = Q· ε (10)
ε entspricht der eliminierten Arzneistofffraktion (0≤ ε ≤ 1) und berechnet sich aus den Kon-
zentrationen, mit denen der Arzneistoff in das Eliminationsorgan eintritt (Ci) und mit der er es
wieder verlaßt (Ca):
ε =Ci−Ca
Ci(11)
Die maximale hepatische Clearance entspricht dem Leberblutfluß (etwa 1500 mL/min) und die
maximale renale Clearance dem renalen Plasmafluß (etwa 650 mL/min).
1.4 Halbwertszeit
Unter derHalbwertszeit t1/2 versteht man die Zeitspanne, in der eine Konzentration auf die
Halfte ihres ursprunglichen Wertes abgefallen ist.
Fur eineKinetik 1. Ordnungerhalt mant1/2 aus (5), indem man fur den Zeitpunktt = t1/2 die
KonzentrationC(t1/2) = C0/2 setzt:
lnC0
2= lnC0−k · t1/2
lnC0− ln2 = lnC0−k · t1/2
t1/2 =ln2k
(12)
Fur eine KinetikersterOrdnung ist also die Halbwertszeitkonstantund umgekehrt proportional
zur Geschwindigkeitskonstantek.
Fur eineKinetik 0. Ordnungergibt sich unmittelbar aus (2):
t1/2 =C0
2·k0(13)
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Fur eine Kinetiknullter Ordnung ist also die HalbwertszeitkeineKonstante, sondern richtet sich
nach der jeweiligen AusgangskonzentrationC0.
Wegen seiner Anschaulichkeit und leichten Quantifizierbarkeit ist die Halbwertszeit heute der
klinisch am haufigsten verwendete pharmakokinetische Parameter.
Die Halbwertszeitt1/2 ist jedoch einsekundarer pharmakokinetischer Parameter, der von den
primarenParameternClearanceCL undVerteilungsvolumenVd abhangt: Fur den Falllinearer
Pharmakokinetik ergibt sich namlich aus (9) und (8)
dEdt
= CL ·C = k ·X = k ·Vd·C (14)
CL = k ·Vd (15)
und mit (12)
t1/2 =ln2·Vd
CL(16)
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2 Kompartment-Modelle
In der Pharmakokinetik hat es sich als hilfreich erwiesen, den Korper als ein System von sog.
kinetischen Kompartmentsanzusehen, selbst wenn diese Kompartments nicht unbedingt eine
physiologische Grundlage besitzen, d.h. keine unmittelbareUbereinstimmung zwischen Kom-
partment und anatomischer Region bzw. Organ besteht.
Ein Kompartment ist ein Element eines Austauschsystems, das bezuglich des untersuchten Stof-
fes raumlich oder auch nur funktionell durch einen definierten Prozeß (z.B. Transportvorgang,
chemische Reaktion) abgegrenzt ist und in sich homogen ist. Einem Kompartment ist ein Gehalt
(z.B. eine StoffmengeX) sowie eine einheitliche Kinetik zugeordnet.
Beispiele fur Kompartments: Anatomische Region (Zelle, Organ z.B. Schilddruse, Organismus),
Gewebetype (z.B. Fettgewebe), chemische Komponenten, verschiedene Reifestadien von Zellen.
Kompartmentanalyse ist ein interaktives Wechselspiel zwischen Hypothese und Experiment. Es
sind folgende Grundfragen zu beantworten:
1. Aus wievielen Kompartments besteht das System?
2. Wie sind diese Kompartments angeordnet?
3. Wie groß sind die Austauschparameter?
2.1 Ein-Kompartment-Modelle mit linearer Pharmakokinetik
Dem Ein-Kompartment-Modell mit linearer PK liegen folgende Annahmen zu Grunde:
• Nach der Arzneimittelgabe befinden sich alle Korperflussigkeiten im Fließgleichgewicht.
• Die Verteilung des Arzneistoffes erfolgt in einer vernachlassigbar kurzen Zeitspanne.
• Der Arzneistofftransport erfolgt nach einer Kinetik erster Ordnung.
Anmerkung: Obwohl der Organismus als ein einziges pharmakokinetisches Kompartment ange-
sehen wird, bedeutet dies aber nicht, daß der Arzneistoff in den einzelnen Korperflussigkeiten
und Organen in der gleichen Konzentration vorliegt. Der Blutspiegel und die einzelnen Gewe-
bespiegel konnen je nach den Verteilungseigenschaften des Arzneistoffes sehr unterschiedlich
sein. Verandert sich aber die Konzentration, z.B. im Blut, soandern sich gleichzeitig auch die
Arzneistoffkonzentrationen in allen anderen Korperflussigkeiten in gleichem Maße.
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2.1.1 Einmaldosierung (IV Bolus) ohne Resorption und ausschließlicher
Ausscheidung in den Urin
Der Arzneistoff wird intravenos (i.v.) als Bolusgabe (rasche Injektion der gesamten Dosis) in den
Organismus injiziert. Im Ein-Kompartment-Modell wird angenommen, daß der Arzneistoff im
Korper so rasch verteilt wird, daß dieser Vorgangim Vergleich zu anderen Transportprozessen
vernachlassigbar ist. Als einziger Transportprozeß wird die Ausscheidung der Substanz in den
Urin betrachtet; dafur wird eine Kinetik erster Ordnung mit einerEliminationskonstante ke
angenommen (Abb. 4). BezeichnetD die gegebene Arzneistoffdosis,X die Arzneistoffmenge im
Korper undU diejenige im Urin, so lautet die Massenbilanz fur das Ein-Kompartment-Modell:
dX(t)dt
= −ke ·X(t)
dU(t)dt
= +ke ·X(t)
(17)
ek
i.v.D
X U
Abb. 4 Ein-Kompartment-Modell mit ausschließlicher Ausscheidung in den Urin.
Weiters gilt aus stochiometrischen Grunden fur die ArzneistoffmengenX(t) undU(t), die sich
zum Zeitpunktt noch im Organismus bzw. im Urin befinden
D = X(0) = X(t)+U(t) = U(∞) (18)
Gleichung (17) ist einelineareDifferentialgleichung 1. Ordnung (mit konstanten Koeffizienten)
fur X(t). Sie kann damit analytisch integriert werden und liefert die ArzneistoffmengeX(t) im
Organismus als Funktion der Zeitt:
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Umformen von (17)dXX
= −kedt
und Integration auf beiden Seiten ergibt
∫ X(t)
X(0)
dXX
= −ke
∫ u=t
u=0du
[lnX
]X(t)
X(0)= −ke
[u]t
0
lnX(t)− lnX(0) = −ke · t +ke ·0
ln
[X(t)X(0)
]= −ke · t
und damit schließlich
X(t) = X(0) ·e−ket (19)
Verwendung der Symbolic Math Toolbox inMATLAB zur Losung von (17):
>> syms ke X0
>> X = dsolve(’DX = - ke * X’, ’X(0) = X0’, ’t’)
X =
X0*exp(-ke*t)
Plasmaspiegel
In der Praxis wirdublicherweise nicht die ArzneistoffmengeX im Organismus, sondern die
ArzneistoffkonzentrationC ermittelt. In der Regel wird Blutplasma oder Blutserum als Referenz-
flussigkeit verwendet, da es relativ leicht zuganglich ist und Blut das zentrale Verteilungssystem
darstellt. Die Konzentration im PlasmaCp ist mit der ArzneistoffmengeX im Korper durch das
VerteilungsvolumenVd verbunden (vgl. (8)):Cp(t) = X(t)/Vd. Mit dem Verteilungsvolumen
laßt sich daher die Arzneistoffkonzentration im Plasma als Funktion der Zeit ausdrucken,
Cp(t) = Cp(0) ·e−ket (20)
wobeiCp(0) die (fiktive) Anfangskonzentrationdes Arzneimittels zur Zeitt = 0 ist, d.h. jene
Konzentration, die sich ergeben wurde, wenn zum Zeitpunkt der Injektiont = 0 bereits ein Dif-
fusionsgleichgewicht im Verteilungsraum bestanden haben wurde.
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In halblogarithmischer Darstellung erhalt manCp(0) nach linearer Regression der Meßwerte als
Schnittpunkt der Regressionsgeraden mit dery-Achse (Interzept), dieEliminationskonstanteke
aus der Steigung der Regressionsgeraden (vgl. Abb. 3).ke kann analog zu (12) alsHalbwertszeit
geschrieben werden:
t1/2 =ln2ke
=0.693
ke(21)
DasVerteilungsvolumenVd kann aus dem InterzeptCp(0) und der DosisD bestimmt werden:
Cp(0) =X(0)Vd
=D
Vd
Vd =D
Cp(0)(22)
Weiters kann aus Gl. (15) bei bekanntemke undVd die GesamtkorperclearanceCL berechnet
werden:
CL = ke ·Vd (23)
Clearance und Verteilungsvolumen sind also im Falle linearer Pharmakokinetik konstant. Somit
kann fur jede DosisD zu jedem Zeitpunktt derPlasmaspiegelberechnet werden:
Cp(t) =D
Vd·e−ket (24)
Der Plasmaspiegel ist also zu jedem Zeitpunkt direkt proportional zur gegebenen Dosis. Diesen
Zusammenhang bezeichnet man alsDosislinearit at.
Urinausscheidung
Da hier die Urinausscheidung der einzige Eliminationsweg ist, gilt wegen Gleichung (18)
U(t) = U(∞)−X(t) = U(∞)−X(0) ·e−ket
und wegenX(0) = U(∞)
U(t) = U(∞) ·(
1−e−ket)
(25)
Abb. 5 zeigt eine kumulative UrinausscheidungskurveU(t) fur den Betablocker Sotalol.
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0 5 10 15 20 25 30 350
10
20
30
40
50
60
70
80
t [h]
U(t
) [m
g]
Abb. 5 Kumulative Urinausscheidung von Sotalol.
Die Geschwindigkeitskonstanteke kann durch alleinige Auswertung der Urinausscheidungsdaten
ermittelt werden:
Methode 1
Durch Umformen von (25) ergibt sich
U(∞)−U(t)U(∞)
= e−ket
ln
[U(∞)−U(t)
U(∞)
]= −ket
ln [U(∞)−U(t)] = lnU(∞)−ke · t (26)
Tragt man die noch auszuscheidende Arzneistoffmenge[U(∞)−U(t)] in halb-logarithmischem
Maßstab gegen die Zeitt auf, erhalt man eine Gerade mit der Steigung−ke und dem Interzept
lnU(∞) (Abb. 6). Diese Darstellungsweise nennt manSigma-Minus-Plot . Da man bei dieser
Methode die gesamte in den Urin ausgeschiedene ArzneimengeU(∞) moglichst genau kennen
muß, wird in der Praxis der gesamte Urin so lange gesammelt und analysiert, bis kein Arzneistoff
mehr in den Proben nachweisbar ist.
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0 5 10 15 20 2510
0
101
102
t [h]
U(∞
) −
U(t
) [m
g]
Abb. 6 Sigma-Minus-Plot zur Bestimmung vonke fur Sotalol.
function [] = sm()
%SM Sigma-Minus-Plot zur Bestimmung von k_e
% Noch in den Urin auszuscheidende Sotalolmenge: U(infty) - U(t)
A = load(’sotalol_dUt.dat’);
xp = A(:,1); % 1. Spalte: t [h]
yp = A(:,2); % 2. Spalte: U(infty) - U(t) [mg]
p = polyfit( xp, log(yp), 1 ) % y = p1*x + p2
x = linspace(0,25);
y = exp( p(1).*x + p(2) ); % k_e = p(1)
semilogy(xp, yp, ’or’, x, y, ’-b’, ’Linewidth’, 1.4, ...
’Markersize’, 8, ...
’MarkerFaceColor’, ’r’);
axis([0 25 1.0 100]);
xlabel(’t [h]’, ’FontSize’, 18);
ylabel(’U(\infty) - U(t) [mg]’, ’FontSize’, 18);
set(gca, ’FontSize’, 18);
Alternativ kann man inMATLAB ln [U(∞)−U(t)] linear gegent plotten und dann im Figure-
Fenster unterTools, Basic Fitting mit der Auswahllinear eine lineare Regression durchfuhren.
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Methode 2
Hier wird die Urinausscheidungsgeschwindigkeitausgewertet. Einsetzen von (19) in (17) ergibt
dU(t)dt
= ke ·X(0) ·e−ket
Die UrinausscheidungsgeschwindigkeitdU/dt kann abgeschatzt werden, indem Urin in be-
stimmten Zeitintervallen∆t gesammelt und die in diesen Proben enthaltene Arzneistoffmenge
∆U bestimmt wird. Fur t verwendet man die Intervallmittetm des jeweiligen Sammelintervalls
∆t. Durch Logarithmieren erhalt man aus der letzten Gleichung wieder eine Geradengleichung:
ln
(∆U∆t
)= ln(ke ·D)−ke · tm (27)
In halblogarithmischer Darstellung von∆U/∆t gegentm kann manke wieder durch lineare Re-
gression aus den Meßwerten ermitteln (Abb. 7). Der Vorteil dieser Methode besteht darin, daß
es nicht notig ist, den gesamten Urin zur Bestimmung vonU(∞) zu sammeln. Allerdings zeigt
dieses Verfahren in der Regel eine großere Variabilitat als die Sigma-Minus-Methode.
Die Urinausscheidungsrate kann weiters durch dierenale ClearanceCLR quantifiziert werden:
Wegen (9) ist die renale ClearanceCLR gegeben durch
dU(t)dt
= CLR ·Cp(t) (28)
Approximiert man die UrinausscheidungsgeschwindigkeitdU/dt wieder durch den Differenzen-
quotienten∆U/∆t und wahlt als entsprechenden Plasmaspiegel den zum mittleren Zeitpunkt des
UrinsammelintervallsCp(tm),
∆U∆t
= CLR ·Cp(tm) (29)
so kannCLR als Steigung eines Plots der Urinausscheidungsgeschwindigkeit∆U/∆t gegen den
PlasmaspiegelCp(tm) ermittelt werden (Abb. 8).
Alternativ kannCLR auch nach Integration von (28),
U(t) = CLR ·∫ t
0Cp(t)dt = CLR ·AUC0−t (30)
als Steigung eines Plots der kumulativen Arzneistoffmenge im UrinU(t) gegen die Flache unter
der Plasmaspiegelkurve bis zum Zeitpunktt, AUC0−t , bestimmt werden. Die FlacheAUC0−t
kann aus den Meßdaten z.B. mit Hilfe der Trapezregel abgeschatzt werden.
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0 5 10 15 20 2510
−1
100
101
102
tm
[h]
∆ U
/ ∆
t [m
g/h]
Abb. 7 Urinausscheidungsgeschwindigkeit gegentm zur Bestimmung vonke fur Sotalol.
0 0.5 1 1.50
2
4
6
8
10
Cp(tm
) [µg/mL]
∆ U
/ ∆
t [m
g/h]
Abb. 8 Renaler Clearance-Plot∆U/∆t gegenCp(tm) zur Bestimmung vonCLR fur Sotalol.
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Tabelle 2 Urindaten fur Sotalol (nach Derendorf et al., 2002).
t ∆U U(t) ∆U/∆ t Cp(tm) AUC0−t U(∞)−U(t)[h] [mg] [mg] [mg/h] [µg/mL] [µg/(mL·h)] [mg]
0 75.8
2 32.0 32.0 16.0 1.65 3.35 43.8
4 13.5 45.5 6.8 1.11 5.60 30.3
6 8.7 54.2 4.4 0.75 7.10 21.6
8 6.3 60.5 3.2 0.51 8.12 15.3
10 3.8 64.3 1.9 0.34 8.79 11.5
12 2.0 66.3 1.0 0.23 9.25 9.5
14 1.6 67.9 0.8 0.16 9.56 7.9
36 7.9 75.8 0.4 0.015 10.17
Gesamtflache unter der Plasmaspiegelkurve
Die GesamtflacheAUC unter der Plasmaspiegelkurve ergibt sich mit Gl. (7) zu
AUC =Cp0
ke=
DVd·ke
=D
CL
Nach intravenoser Gabe kann also die GesamtkorperclearanceCL aus der DosisD und der Ge-
samtflacheAUC unter der Plasmaspiegelkurve bestimmt werden:
CL =D
AUC
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2.1.2 Einmaldosierung bei oraler Gabe mit Resorption erster Ordnung
Die orale Gabe von Arzneistoffen mit anschließender Resorption aus dem Magen-Darm-Kanal
(Gastro-Intestinal-Trakt) stellt die am haufigsten verwendete Applikationsform dar. Der Resorp-
tionsvorgang kann oft durch eine Kinetik erster Ordnung hinreichend genau beschrieben werden.
Ist A(t) die Arzneistoffmenge, die zur Zeitt am Resorptionsort zur Resorption zur Verfugung
steht undE(t) die Gesamtmenge des bereits ausgeschiedenen Arzneistoffes, so ergeben sich die
folgenden Bilanzgleichungen (Abb. 9):
dA(t)dt
= −ka ·A(t)
dX(t)dt
= ka ·A(t) − ke ·X(t)
dE(t)dt
= ke ·X(t)
(31)
Die Konstanteka ist die Resorptionsgeschwindigkeitskonstante. Wegen der Erhaltung der Ge-
samtmasse des Arzneistoffes gilt fur die ArzneistoffmengenA(t), X(t) undE(t), die zur Zeitt
noch nicht resorbiert sind, sich im Organismus befinden oder bereits ausgeschieden sind:
F ·D = A(0) = A(t)+X(t)+E(t) = E(∞) (32)
Dabei istF die Fraktion der verabreichten DosisD, die tatsachlich resorbiert wird und in den
systemischen Kreislauf gelangt (Bioverfugbarkeit ).
eka kA
D
X
F*D
E
Abb. 9 Ein-Kompartment-Modell mit Arzneistoffresorption erster Ordnung.
Aus (31) erhalt man die Arzneistoffmenge, die noch zur Resorption zur Verfugung steht als
Funktion der Zeit:
A(t) = A(0) ·e−ka t = F ·D ·e−ka t (33)
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Damit lautet die Differentialgleichung fur X(t):
dX(t)dt
= ka ·F ·D ·e−ka t − ke ·X(t) (34)
Das ist eine inhomogene lineare Differentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Die allgemeine Losung von (34) laßt sich schreiben als
X(t) = XS(t)+XH(t) ,
wobeiXH(t) die allgemeine Losung derhomogenenGleichungX′(t) =−ke ·X(t) ist, undXS(t)eine spezielle Losung der inhomogenen Gleichung (34).
Die allgemeine Losung der homogenen Gleichung lautet
XH(t) = c·e−ket
mit einer Konstantenc∈ R. Eine Moglichkeit zur Berechnung vonXS(t) ist der Produktansatz
von Lagrange (Variation der Konstanten):
XS(t) = c(t) ·e−ket
Einsetzen in (34) ergibt fur den Fallka 6= ke
c′(t)e−ket −kec(t)e−ket = kaF D e−ka t − kec(t)e−ket
c′(t)e−ket = kaF D e−ka t
c′(t) = kaF D e(ke−ka) t
c(t) =kaF Dke−ka
e(ke−ka) t
XS(t) = c(t) ·e−ket =kaF Dke−ka
e−ka t
Damit wird die allgemeine Losung von (34)
X(t) = XS(t)+XH(t) =kaF Dke−ka
e−ka t + c·e−ket
Wegen der AnfangsbedingungX(t = 0) = 0 ergibt sich fur c aus der letzten Gleichung
0 =kaF Dke−ka
+ c
c = − kaF Dke−ka
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Pharmakokinetik 19
und damit schließlich
X(t) =kaF Dka−ke
(e−ket − e−ka t
)(35)
Ermittlung der Losung von (34) mitMATLAB :
>> syms ka ke f d t
>> X = dsolve(’DX = ka*f*d*exp(-ka*t) - ke*X’, ’X(0) = 0’, ’t’)
X =
(ka*f*d/(-ka+ke)*exp(-t*(ka-ke))+ka*f*d/(ka-ke))*exp(-ke*t)
>> pretty( simplify(X) )
ka f d (exp(-t (ka - ke)) - 1) exp(-ke t)
- -----------------------------------------
ka - ke
Plasmaspiegel
Aus (35) erhalt man nach Division durch das VerteilungsvolumenVd die Plasmakonzentration
Cp(t) als Funktion der Zeit (Bateman-Funktion ):
Cp(t) =ka ·F ·D
Vd· (ka−ke)·(
e−ket − e−ka t)
(36)
Der Zeitverlauf der Plasmakonzentration ist also eine Differenz zweier Exponentialfunktionen,
multipliziert mit einer Konstante (biexponentiellerVerlauf, Abb. 10).
Fur die meisten Arzneistoffe, die mit einer Kinetik erster Ordnung resorbiert werden, istka großer
alske. Deswegen strebt fur t →∞ auche−ka t schneller gegen 0 alse−ket . Fur die terminale Phase
Cp(t) der Plasmaspiegelkurve gilt daher naherungsweise:
Cp(t) =ka ·F ·D
Vd· (ka−ke)· e−ket (37)
Ein halblogarithmischer Plot der Bateman-Funktion erlaubt daher fur den Fallka > ke die Be-
stimmung vonke aus der Steigung des terminalen Kurvenabschnittes (Abb. 11). Die Geschwin-
digkeitskonstanteka der Resorption kann nun durch Subtraktion der PlasmaspiegelkurveCp(t)vonCp(t) ermittelt werden (Residualmethode):
Cp(t)−Cp(t) =ka ·F ·D
Vd· (ka−ke)· e−ka t (38)
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Pharmakokinetik 20
Wird die DifferenzCp(t)−Cp(t) halblogarithmisch als Funktion der Zeit dargestellt, ergibt sich
eine Gerade mit der Steigung−ka (Abb. 11).
0 5 10 15 20 250
2
4
6
8
10
12
14
16
18
t [h]
Cp
[mg/
L]
ke
ka
Abb. 10 Bateman-Funktion fur F ·D = 300mg,Vd = 25L, ka = 0.5 h−1, ke = 0.15h−1.
0 5 10 15 20 2510
−1
100
101
t [h]
Cp
[mg/
L]
ke
ka
Abb. 11 Halblogarithmische Darstellung der Bateman-Funktion aus Abb. 10.
Computersimulation in der Medizin R. Karch, c© 2003
Pharmakokinetik 21
Die Residualmethode kann nur dann sinnvoll angewendet werden, wennka mindestens drei- bis
funfmal so groß ist wieke. Ist das nicht der Fall, muß die Abschatzung der Modellparameter
direkt aus (36) mit Hilfe einernichtlinearen Regressionnumerisch durchgefuhrt werden: Sei
dazu allgemein
y = y(t; a) (39)
eine Modellfunktion, dienichtlinearvon M Parameterna = (a1, . . . ,aM) abhangt. SindN Meß-
punkte(ti ,yi), i = 1, . . . ,N, gegeben, werden die Parametera1, . . . ,aM so bestimmt, daß die Große
χ2(a) :=N
∑i=1
[yi−y(ti ; a)
σi
]2
(40)
minimal wird (Methode der kleinsten Quadrate), wobei σi die Meßfehler sind. (Stehen diese
nicht zur Verfugung, setzt manσi = 1.)
Im obigen Beispiel lautet die Modellfunktion (vgl. (36))
y(t;a1,a2,a3) =a1 ·a2
(a2−a3)· (e−a3 t −e−a2 t) (41)
mit a1 = F ·D/Vd, a2 = ka unda3 = ke. Eine nichtlineare Regression laßt sich inMATLAB z.B.mit der Funktionlsqcurvefit aus der Optimization Toolbox durchfuhren:
function [] = bateman2()
%BATEMAN2 Fit einer Bateman-Funktion
% Nichtlineare Regression zur Schaetzung der Modellparameter:
% a(1) = F*D/Vd
% a(2) = ka
% a(3) = ke
t = [0.25 0.5 0.75 1.0 1.5 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0];
Cp = [1.91 2.98 3.54 3.80 3.84 3.62 3.04 2.49 2.04 1.67 1.37];
randn(’state’,1);
Cp = Cp + randn(1,length(Cp)).*0.2;
f_fit = inline(’(a(1)*a(2)/(a(2)-a(3))).*(exp(-a(3).*t)-exp(-a(2).*t))’, ...
’a’, ’t’);
a0 = [3 1 0.1]; % Startwerte
options = optimset(@lsqcurvefit);
options = optimset(options, ’LargeScale’, ’off’);
[a, resnorm] = lsqcurvefit( f_fit, a0, t, Cp, [], [], options )
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Pharmakokinetik 22
x = linspace(0, 7);
y = f_fit(a, x);
plot( t, Cp, ’or’, x, y, ’-b’, ...
’Linewidth’, 1.4, ...
’Markersize’, 8, ...
’MarkerFaceColor’, ’r’);
grid on;
axis([0 8 0 5]);
xlabel(’t [h]’, ’FontSize’, 18);
ylabel(’Cp [mg/L]’, ’FontSize’, 18);
set(gca, ’FontSize’, 18);
0 2 4 6 80
1
2
3
4
5
t [h]
Cp
[mg/
L]
Abb. 12 Nichtlineare Regression zur Schatzung der Modellparameter einer Bateman-Funktion.
Zwei charakteristische Kenngroßen zur Beschreibung des Plasmaspiegels nach einer Resorption
1. Ordnung sind AusmaßCpmax und Zeitpunkttmax des Plasmaspiegelmaximums. Durch Diffe-
renzieren der Bateman-Funktion (36) erhalt man:
tmax =ln
(kake
)
(ka−ke)(42)
Einsetzen vontmax in (36) ergibt:
Cpmax =F ·DVd
·e−ketmax (43)
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Pharmakokinetik 23
Die fur (42) und (43) notwendigen Rechenschritte inMATLAB :
>> syms ka ke f d t
>> X = dsolve(’DX = ka*f*d*exp(-ka*t) - ke*X’, ’X(0) = 0’, ’t’)
X =
(ka*f*d/(-ka+ke)*exp(-t*(ka-ke))-ka/(-ka+ke)*f*d)*exp(-ke*t)
>> dXdt = diff(X, t)
dXdt =
ka*f*d*exp(-t*(ka-ke))*exp(-ke*t) - (ka*f*d/(-ka+ke)*exp(-t*(ka-ke)) -
ka/(-ka+ke)*f*d)*ke*exp(-ke*t)
>> tmax = solve(dXdt, t)
tmax =
-log(ke/ka)/(ka-ke)
>> Xmax = subs(X, t, tmax)
Xmax =
(f*d/(-ka+ke)*ke-ka/(-ka+ke)*f*d)*exp(ke*log(ke/ka)/(ka-ke))
>> Xmax = simplify(Xmax)
Xmax =
f*d*(ke/ka)ˆ(ke/(ka-ke))
>> Xmax == f*d*exp(-ke*tmax)
ans =
0
0 5 10 1510
0
101
t [h]
Cp
[mg/
L]
Abb. 13 In halblogarithmischer Darstellung liegen die Plasmaspiegelmaxima bei Resorption
1. Ordnung fur verschiedeneka bei konstantemF , D, Vd undke auf einer Geraden. Das ist jene
Kurve, die sich beika = ∞ (rasche i.v.-Gabe der gleichen resorbierten Dosis) ergibt, vgl. (36).
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Pharmakokinetik 24
Durch Integration der Bateman-Funktion (36) vont = 0 bis t = ∞ erhalt man die Gesamtflache
AUC unter der Plasmaspiegel-Zeit-Kurve:
AUC =∫ ∞
0Cp(t)dt =
F ·DVd·ke
=F ·DCL
(44)
Diese Flache ist unabhangig vonka, d.h. jede der in Abb. 13 dargestellten Kurven umschließt die
gleiche Flache.AUC kann bei bekannter ClearanceCL dazu verwendet werden, den resorbierten
ArzneistoffanteilF ·D aus der Plasmaspiegel-Zeit-Kurve zu bestimmen.
Verwendung vonMATLAB zur Integration vonCp(t) in (44):>> syms ka ke f d Vd t real positive
>> X = dsolve(’DX = ka*f*d*exp(-ka*t) - ke*X’, ’X(0) = 0’, ’t’);
>> Cp = simplify(X) / Vd;
>> AUC = int(Cp, t, 0, inf)
AUC =
1/ke*f*d/Vd
Anmerkung:
Fur den Fall, daß Resorptions- und Eliminationsgeschwindigkeitskonstante gleich groß sind,
ka = ke, kann die Bateman-Gleichung nicht mehr angewendet werden. In diesem Fall lautet die
Losung von (34):
Cp(t) =ke ·F ·D
Vd· t ·e−ket (45)
0 10 20 300
1
2
3
4
5
t [h]
Cp
[mg/
L]
0 10 20 3010
−1
100
101
t [h]
Cp
[mg/
L]
Abb. 14 Plasmakonzentration fur ka = ke in linearer und halblogarithmischer Darstellung.
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Pharmakokinetik 25
Urinausscheidung
Die kumulative UrinausscheidungU(t) erhalt man nach Integration der Bilanzgleichung
dU(t)dt
= kR ·X(t) = kR · kaF Dka−ke
(e−ket − e−ka t
)(46)
wobeikR die renale Eliminationskonstante,ke die Gesamteliminationskonstante undX(t) die zur
Zeit t im Organismus vorhandene Arzneistoffmenge nach (35) ist:
U(t) =kR ·ka ·F ·D
ke·{
1ka
+1
(ke−ka)·e−ket − ke
ka · (ke−ka)·e−ka t
}(47)
0 5 10 15 20 25 300
20
40
60
80
100
120
t [h]
U(t
) [m
g]
Abb. 15 Kumulative Urinausscheidung nach (47).
Die gesamte in den Urin ausgeschiedene ArzneistoffmengeU(∞) erhalt man aus (47) fur t →∞:
U(∞) =kR
ke·F ·D (48)
Sigma-Minus-PlotU(∞)−U(t) (Abb. 6) und Urinausscheidungsplot∆U/∆t (Abb. 7) sind auch
nach Resorption anwendbar, die terminale Phase dieser Plots ist in halblogarithmischer Darstel-
lung eine Gerade, aus deren Steigung die Gesamteliminationskonstanteke (wennka > ke) bzw.
die Resorptionsgeschwindigkeitskonstanteka (wennke > ka) bestimmt werden kann.
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Pharmakokinetik 26
2.1.3 Einmaldosierung bei i.v.-Dauerinfusion (Resorption nullter Ordnung)
Bei einer intravenosen Dauertropfinfusion wird dem Organismus pro Zeiteinheit eine konstant
bleibende Arzneistoffmenge zugefuhrt, es liegt also eineResorption nullter Ordnungvor. Die
ResorptionsgeschwindigkeitskonstanteR0 gibt die Arzneistoffmenge an, die pro Zeiteinheit in
den Organismus gelangt. Damit lauten die zugehorigen Modellgleichungen (Abb. 16):
dA(t)dt
= −R0
dX(t)dt
= R0 − ke ·X(t)
dE(t)dt
= ke ·X(t)
(49)
ek0
D
X EAR
Abb. 16 Ein-Kompartment-Modell mit Arzneistoffresorption nullter Ordnung.
Die LosungX(t) von (49) laßt sich schreiben alsX(t) = XS(t)+XH(t), wobeiXH(t) = c·e−ket dieLosung der zugehorigen homogenen Gleichung ist. Geht man mit dem AnsatzXS(t) = c(t) ·e−ket
in die Differentialgleichung (49) ein, so bleibt:
c′(t) = R0 ·eket
c(t) =R0
ke·eket
XS(t) = c(t) ·e−ket = (R0/ke) ·eket ·e−ket = R0/ke
X(t) = XS(t)+XH(t) = (R0/ke) + c·e−ket
Wegen der AnfangsbedingungX(t = 0) = 0 ist c =−R0/ke und damit:
X(t) =R0
ke·(
1− e−ket)
(50)
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Pharmakokinetik 27
Plasmaspiegel
Aus (50) erhalt man nach Division durch das VerteilungsvolumenVd die Plasmakonzentration
Cp(t) als Funktion der Zeit
Cp(t) =R0
ke ·Vd·(
1− e−ket)
(51)
Wahrend der Infusion steigt die Plasmakonzentration also standig an und erreicht nach einiger
Zeit ein Plateau (Steady-State-LevelCpss, Abb. 17).
0 5 10 15 20 25 300
5
10
15
20
25
30
t [h]
Cp
[mg/
L]
Cpss
Abb. 17 Dauerinfusion fur R0 = 100mg/h,ke = 0.2 h−1, Vd = 20L.
>> syms R0 ke Vd t
>> X = dsolve(’DX = R0 - ke*X’, ’X(0) = 0’, ’t’)
X =
R0/ke-exp(-ke*t)*R0/ke
>> Cp = X/Vd;
>> R0 = 100.0; % [mg/h]
>> ke = 0.2; % [1/h]
>> Vd = 20.0; % [L]
>> sol = subs(Cp)
sol =
25-25*exp(-1/5*t)
>> x = linspace(0,30);
>> y = subs(sol, t, x);
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Pharmakokinetik 28
>> Cpss = R0/(ke*Vd);
>> ys = linspace(Cpss,Cpss);
>> figure(1);
>> plot( x, y, ’-r’, x, ys, ’--b’, ’Linewidth’, 1.2 );
Die Steady-State-KonzentrationCpss erhalt man aus (51) fur t → ∞ zu
Cpss =R0
ke ·Vd=
R0
CL(52)
oder alternativ (wegenX(t) =Vd·Cp(t)) direkt aus der Bilanzgleichung (49) fur dCp(t)/dt = 0:
Vd· dCp(t)dt
= R0 − ke ·Vd·Cp(t)
0 = R0 − ke ·Vd·Cpss
Cpss =R0
ke ·Vd
Aus gemessener Steady-State-KonzentrationCpss und bekannter InfusionsrateR0 kann umge-
kehrt die GesamtkorperclearanceCL berechnet werden, sowie bei bekannter Eliminationskon-
stanteke auch das VerteilungsvolumenVd:
CL =R0
Cpss(53)
Vd =R0
Cpss·ke(54)
Die Zeit t bis zum Erreichen einer Fraktionfss der Steady-State-KonzentrationCpss kann wiefolgt berechnet werden:
Cp(t)Cpss
= fss =(
1−e−ket)
1− fss = e−ket
ln(1− fss) = −ket
t = − ln(1− fss)ke
(55)
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Pharmakokinetik 29
Demnach wird dieZeit, die zur Annaherung an die Steady-State-Konzentration benotigt wird,
nur von der Eliminationsgeschwindigkeit (ke), nicht jedoch von der Infusionsrate (R0) bestimmt.
Hingegen hangt derWertder Steady-State-Konzentration sehr wohl vonR0 ab.
Beispielsweise betragt die Zeitt bis zum Erreichen der Halfte vonCpss:
t = − ln(1−0.5)ke
= − ln(1/2)ke
t =ln(2)
ke= t1/2
Man muß also fur die Dauer einer Eliminationshalbwertszeitt1/2 infundieren, um die Halfte des
Steady-State-Plasmaspiegels zu erreichen.
Betragt die Gesamtdauer der InfusionT, so ist der Plasmaspiegel am Ende der Infusion gleich-
zeitig das PlasmaspiegelmaximumCpmax:
Cpmax =R0
ke ·Vd·(
1− e−keT)
=R0
CL·(
1− e−keT)
(56)
NachBeendigungder Infusion ist der einzig wirksame Prozeß die Elimination des Arzneimittels
mit einer Kinetik 1. Ordnung, sodaß der Plasmaspiegel fur t > T exponentiell abfallt (Abb. 18):
Cp(t) = Cpmax·e−ke(t−T) (57)
0 10 20 300
5
10
15
20
25
30
t [h]
Cp
[mg/
L]
Cpss
ke
0 10 20 3010
−1
100
101
t [h]
Cp
[mg/
L]
Cpss
ke
Abb. 18 Dauerinfusion fur R0 = 100mg/h,ke = 0.2 h−1, Vd = 20L, InfusionsdauerT = 10h.
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Pharmakokinetik 30
Die GesamtflacheAUCunter der Plasmaspiegelkurve erhalt man durch Integrationuber die Teil-
kurven (51) und (57),
AUC =R0
CL·∫ T
0(1−e−ket)dt + Cpmax·
∫ ∞
Te−ke(t−T) dt =
=R0
CL
[t +
1ke
e−ket]T
0+ Cpmax·
[− 1
kee−ke(t−T)
]∞
T=
=R0
CL
(T +
1ke
e−keT − 1ke
)+
R0
CL·(
1− e−keT)· 1ke
=
=R0
CL·T
also insgesamt wegenD = R0 ·T :
AUC =R0 ·TCL
=D
CL(58)
Die GesamtkorperclearanceCL kann also durch Division der DosisD durch die Gesamtflache
AUC unter der Plasmaspiegelkurve ermittelt werden:
CL =R0 ·TAUC
=D
AUC(59)
Bis zum Erreichen der Steady-State-PlasmakonzentrationCpss kann es je nach Eliminations-
geschwindigkeitke des Arzneistoffes sehr lange dauern. Um den fur die Therapie erwunschten
PlasmaspiegelCpss sofort zu erreichen, kann zu Beginn der Therapie eineStartdosis(Loading
Dose)DL als Bolus verabreicht werden, dieCpss erzeugt. Diese Gleichgewichtskonzentration
braucht dann nur mehr durch die DauerinfusionR0 aufrechterhalten zu werden. Die Startdosis
DL ergibt sich mit (52) zu
Cpss =R0
ke ·Vd=
DL
Vd
DL = Cpss·Vd =R0
ke(60)
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Pharmakokinetik 31
2.1.4 Mehrfachdosierung (IV Bolus) ohne Resorption
Viele Arzneimittel werden nicht nur einmal, sondern nach einem bestimmten Dosierungsschema
mehrmals verabreicht. Dabei erfolgt die erneute Arzneistoffgabe in der Regel zu einem Zeit-
punkt, zu dem noch Arzneistoff im Organismus vorhanden ist. Auf Grund dieserKumulation
werden hohere Arzneistoffspiegel erzielt als bei einer Einmalgabe.
Wird ein Arzneistoff in einer bestimmten DosisD intravenos als Bolus verabreicht, so zeigt der
PlasmaspiegelCp(t) eine exponentielle Abnahme mit der Zeit (siehe Gl. (20), Seite 10):
Cp(t) = Cp0 ·e−ket
woCp0 = D/Vddie Arzneistoffkonzentration im Plasma unmittelbar nach der Injektion darstellt.
Wird nun mehrmals eine konstante DosisD nach jeweils dem gleichen Zeitintervallτ (Dosie-
rungsintervall) mit einer i.v.-Injektion verabreicht, so ist die Plasmakonzentration unmittelbar
nach der ersten InjektionCp1 = Cp0, unmittelbar nach der zweiten Injektion betragt sie
Cp2 = Cp0 + Cp0 ·e−keτ︸ ︷︷ ︸1. Injektion
unmittelbar nach der dritten Injektion
Cp3 = Cp0 + Cp2 ·e−keτ = Cp0 +(Cp0 + Cp0 ·e−keτ
)·e−keτ
= Cp0 + Cp0 ·e−keτ + Cp0 ·e−2keτ
und unmittelbar nach dern-ten Injektion
Cpn = Cp0 +(Cp0 + Cp0 ·e−keτ + . . . + Cp0 ·e−(n−2)keτ
)·e−keτ
= Cp0 + Cp0 ·e−keτ + Cp0 ·e−2keτ + . . . + Cp0 ·e−(n−1)keτ
= Cp0 ·[1 + e−keτ + e−2keτ + . . . + e−(n−1)keτ
]
Wegen∑n−1j=0 x j = (1−xn)/(1−x) ist daher die Plasmakonzentration unmittelbar nach dern-ten
Injektion
Cpn = Cp0 · 1−e−nkeτ
1−e−keτ =D
Vd· 1−e−nkeτ
1−e−keτ (61)
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Pharmakokinetik 32
Der Zeitverlauf der PlasmakonzentrationCpn( t ) im Zeitintervall[(n−1) ·τ , n·τ] nach dern-ten
Injektion lautet daher (0≤ t ≤ τ, d.h. t ist die Zeit seit der letzten Injektion, also relativ zum
Anfang des aktuellen Dosierungsintervalls)
Cpn( t ) = Cp0 · 1−e−nkeτ
1−e−keτ ·e−ket (62)
und allgemein fur ein beliebigest ≥ 0
Cpn(t) = Cp0 · 1−e−nkeτ
1−e−keτ ·e−ke[t−(n−1)τ] (63)
Cpn(t) unterscheidet sich vom Verlauf der Plasmakonzentration bei Einmaldosierung durch die
Kumulationsfaktoren(1−e−nkeτ)/(1−e−keτ).
0 6 12 18 24 30 36 42 480
2
4
6
8
10
t [h]
C [
mg/
L]
Cpmin(ss)
Cpmax(ss)
Abb. 19 Plasmaspiegel nach i.v. Bolusgabe vonD = 100mg mitVd= 25L alle τ = 6 Stunden.
Die Plasmakonzentration des Arzneistoffes fluktuiert in jedem Dosierungsintervallτ zwischen
einemMaximum(Cpmax) und einemMinimum(Cpmin). Nachn Injektionen gilt fur diese Werte:
Cpmax(n) = Cp0 · 1−e−nkeτ
1−e−keτ (64)
Cpmin(n) = Cp0 · 1−e−nkeτ
1−e−keτ ·e−keτ (65)
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Pharmakokinetik 33
Schließlich wird ein Gleichgewichtszustand (Steady-State) erreicht, in dem der Plasmaspiegel
zwischen einemkonstanten Maximum(Cpmax(ss)) und einemkonstanten Minimum(Cpmin(ss))fluktuiert. Diese Werte erhalt man als Grenzwerte von (64) bzw. (65) fur n→ ∞ :
Cpmax(ss) = Cp0 · 1(1−e−keτ
) (66)
Cpmin(ss) = Cp0 · 1(1−e−keτ
) ·e−keτ = Cpmax(ss) ·e−keτ (67)
In der Praxis mussen DosisD und Dosierungsintervallτ so aufeinander abgestimmt sein, daß
Cpmin(ss) noch oberhalb der minimalen effektiven Plasmakonzentration liegt,Cpmax(ss) aber die
minimale toxische Konzentration nicht erreicht.
DasVerhaltnis aus Maximal- und Minimal-Gleichgewichtskonzentration,
Cpmax(ss)
Cpmin(ss)= eke·τ (68)
hangt nur von der Eliminationskonstanteke (bzw. der Halbwertszeitt1/2) und dem Dosierungs-
intervallτ ab, nicht aber von der verabreichten DosisD. Entspricht das Dosierungsintervallτ der
Halbwertszeitt1/2, so fallt der Plasmaspiegel wahrend des Dosierungsintervalls auf die Halfte
seines Maximums ab (vgl. Abb. 19).
Aus (68) kann bei bekannter Eliminationsgeschwindigkeit (ke) fur ein gegebenes Verhaltnis von
Plasmaspiegelmaximum und -minimum das notige Dosierungsintervallτ berechnet werden:
τ =ln
(Cpmax(ss)/Cpmin(ss)
)
ke(69)
Ist beispielsweise die minimale toxische Konzentration 4 mal so hoch wie die minimal notige effektive
therapeutische Konzentration, so erhalt man
τ =ln4ke
=ln22
ke=
2· ln2ke
= 2· t1/2
d.h. das notige Dosierungsintervallτ ist gerade doppelt so lang wie die Eliminationshalbwertszeitt1/2.
Steht das Dosierungsintervallτ fest, muß jetzt noch die EinzeldosisD berechnet werden. Wegen
Cp0 = D/Vd erhalt man z.B. aus (66):
D = Cpmax(ss) ·Vd· (1−e−keτ) (70)
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Pharmakokinetik 34
Die FlacheAUCτ unter der Plasmaspiegelkurve im Steady-State-Zustand innerhalb eines Dosie-
rungsintervallsτ ergibt sich durch Integration mit Hilfe von (66):
AUCτ = Cpmax(ss) ·∫ τ
0e−ket dt =
Cp0(1−e−keτ
)∫ τ
0e−ket dt
=D
Vd· 1(
1−e−keτ) ·
[− 1
kee−ket
]τ
0=
DVd
· 1(1−e−keτ
) ·(− 1
kee−keτ +
1ke
)
=D
Vd· 1(
1−e−keτ) ·
(1−e−keτ
)· 1ke
=D
ke ·Vd
Im Steady-State-Zustand ist also die FlacheAUCτ unter der Plasmaspiegelkurve innerhalb ei-
nes Dosierungsintervalls genauso groß wie die GesamtflacheAUC nach Einmaldosierung des
Arzneistoffes (vgl. (7), Seite 2):
AUCτ =D
ke ·Vd(71)
WegenCL = ke ·Vd (vgl. (15), Seite 7), kann die letzte Gleichung zur Berechnung der Ge-
samtkorperclearanceCL herangezogen werden:
CL =D
AUCτ(72)
Abhangig von der Eliminationsgeschwindigkeitke kann es unter Umstanden sehr lange dauern,
bis man dem Steady-State-Zustand hinreichend nahe kommt. Es ist daher haufig sinnvoll, die
Therapie mit einer hoherenStartdosis(Loading DoseDL) einzuleiten, die sofort den gewunsch-
ten maximalen PlasmaspiegelCpmax(ss) des Steady-State-Zustandes erzeugen soll:
DL = Cpmax(ss) ·Vd (73)
Zur Aufrechterhaltung vonCpmax(ss) muß dann in den Dosierungsintervallenτ nur mehr eine
Erhaltungsdosis(Maintenance DoseDM) verabreicht werden:
DM =[Cpmax(ss) −Cpmin(ss)
] ·Vd = Cpmax(ss) ·(
1−e−keτ)·Vd =
DL
Vd·(
1−e−keτ)·Vd
DM = DL ·(
1−e−keτ)
(74)
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Pharmakokinetik 35
2.2 Zwei-Kompartment-Modelle mit linearer Pharmakokinetik
Bei den Ein-Kompartment-Modellen haben wir angenommen, daß der Arzneistoff innerhalb ei-
ner vernachlassigbar kurzen Zeitspanne im Organismus verteilt wird, sodaß der Verteilungsvor-
gang selbst in den Modellen nicht berucksichtigt werden mußte.
Tatsachlich ist diese Annahme aber oft unzulassig, vor allem fur den Fall einer intravenosen
Bolusinjektion: Wahrend im Plasma die Arzneistoffkonzentration von Anfang an absinkt, steigt
sie zur gleichen Zeit im Gewebe an (Verteilungsphase). Erst nachdem ein gewisser Gleichge-
wichtszustand erreicht ist, nehmen beide Arzneistoffkonzentrationen schließlich mit der gleichen
Geschwindigkeit ab (Eliminationsphase).
Beim Zwei-Kompartment-Modell unterteilt man den Organismus in zweikinetischunterschied-
liche Kompartments:
• Das zentraleKompartment steht in unmittelbarem Gleichgewicht mit dem Plasma. Der
Verteilungsvorgang innerhalb dieses Kompartments kann zeitlich vernachlassigt werden.
• DasperiphereKompartment benotigt einige Zeit, bis es nach der Arzneistoffverabreichung
mit dem zentralen Kompartment im Gleichgewicht steht.
Um festzustellen, ob ein Modell geeignet ist, die zu untersuchenden Vorgange tatsachlich wie-
derzugeben, muß sein kinetisches Verhalten berechnet und mit dem Experiment verglichen wer-
den. Die mathematische Darstellung eines Kompartment-Modells beginnt ganz allgemein mit
der Aufstellung eines Systems von Differentialgleichungen (Ratengleichungen). Dabei gilt der
folgende Grundsatz (Fluß-Bilanz):
dXm
dt= ∑
jQ jm − ∑
jQm j j 6= m (75)
Die AnderungsgeschwindigkeitdXm/dt der ArzneistoffmengeXm im Kompartmentmergibt sich
als die Summe aller mit diesem Kompartment kommunizierenden FlusseQ (pro Zeiteinheit
transportierte Arzneistoffmenge), wobei die von außen( j) in das Kompartmentm fuhrenden
FlusseQ jm positiv, die aus dem Kompartment herausfuhrenden FlusseQm j hingegennegativ
gerechnet werden (Anderungsgeschwindigkeit = Summe der Zuflusse – Summe der Abflusse).
Fur die Berechnung der Flusse gilt im Fall einerlinearenPK ein linearer kinetischer Ansatz:
Q jm = k jm ·Xj (76)
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Pharmakokinetik 36
Dabei bezeichnetk jm eine Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung (Maßeinheit [h−1]), die
den Fluß vom Kompartmentj in das Kompartmentm beschreibt. Naturlich konnen auch andere
Flußgleichungen verwendet werden, so z.B. die Michaelis-Menten-Gleichung beim Vorliegen
vonsattigbarenEliminations-, Verteilungs- oder Bindungsmechanismen (nichtlinearePK).
2.2.1 Einmaldosierung (IV Bolus) ohne Resorption
Der einfachste Fall eines Zwei-Kompartment-Modells liegt vor, wenn der Arzneistoff mittels
i.v.-Bolusinjektion direkt in das zentrale Kompartment 1 injiziert wird:
e
k12 k21
X1
X2
kE
D i.v.
Abb. 20 Zwei-Kompartment-Modell mit intravenoser Arzneimittelgabe.
Die Arzneistoffmengen im zentralen Kompartment (Kompartment 1) und im peripheren Kom-
partment (Kompartment 2) werden alsX1 und X2 bezeichnet. Da einelineare PK vorausge-
setzt wird, kann der Arzneistoffaustausch zwischen den beiden Kompartments mit Geschwin-
digkeitskonstantenersterOrdnung (sog. Mikrokonstanten) beschrieben werden:k12 beschreibt
den Transport vom zentralen Kompartment 1 ins periphere Kompartment 2. Analog beschreibt
k21 die Ruckverteilung vom peripheren ins zentrale Kompartment. Weiters wird angenommen,
daß die Arzneistoffelimination nur vom zentralen Kompartment aus erfolgen kann und ebenfalls
einer Kinetik erster Ordnung folgt (Eliminationsgeschwindigkeitskonstanteke). Die Summe der
bereits eliminierten Arzneistoffmenge wird mitE bezeichnet.
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Pharmakokinetik 37
Die Bilanzgleichungen fur das Zwei-Kompartment-Modell lauten:
dX1
dt= k21 ·X2 − k12 ·X1 − ke ·X1
dX2
dt= k12 ·X1 − k21 ·X2
(77)
Die Anfangsbedingungen sindX1(0) = X10 = D, X2(0) = 0. Aus stochiometrischen Grunden
muß weiters gelten
D = X0 = X1(t)+X2(t)+E(t) = E∞ (78)
wobeiD die verabreichte Dosis undE∞ die insgesamt ausgeschiedene Arzneistoffmenge ist.
Mit k1 := k12+ke lautet das obige System:
dX1
dt= −k1 ·X1 + k21 ·X2 (79)
dX2
dt= k12 ·X1 − k21 ·X2 (80)
Mit der Matrix
A =
(−k1 k21
k12 −k21
)(81)
und den Vektoren
X(t) =
(X1(t)X2(t)
)(82)
sowie
dX(t)dt
=
dX1(t)dt
dX2(t)dt
(83)
kann das Differentialgleichungssystem (77) geschrieben werden als
dX(t)dt
= A·X(t) (84)
Dies legt den Losungsansatz
X(t) = u ·eλ t (85)
nahe mit einem konstanten Vektor
u =
(u1
u2
)
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Pharmakokinetik 38
Einsetzen von (85) in (84) ergibt
λ ·u ·eλ t = A·u ·eλ t
A ·u = λ ·u
D.h. der Ansatz (85) ist Losung von (84), wennλ Eigenwertder KoeffizientenmatrixA ist undu
ein zugehorigerEigenvektor:
(A−λ I) u = o (86)
I ist die (2× 2)-Einheitsmatrix undo = (0,0)T der Nullvektor. Nicht-triviale Eigenvektoren
erhalt man nur dann, wenn(A−λI) singular ist, d.h. wenndet(A−λ I) = 0 gilt:∣∣∣∣∣
(−k1−λ) k21
k12 (−k21−λ)
∣∣∣∣∣ = 0 (87)
λ2 − (TrA)λ + detA = 0 (88)
λ1,2 =(TrA) ± [
(TrA)2 − 4 detA]1/2
2(89)
λ1 + λ2 = TrA (90)
λ1 ·λ2 = detA (91)
Dabei sindTrA unddetA die Spur und die Determinante der KoeffizientenmatrixA:
TrA = −k1−k21 = −(k21+k12+ke) (92)
detA = k1 ·k21 − k21 ·k12 = (k12+ke) ·k21 − k21 ·k12 = ke ·k21 (93)
Setzt man
α := −λ2 =−(TrA) +
[(TrA)2 − 4 detA
]1/2
2(94)
β := −λ1 =−(TrA) − [
(TrA)2 − 4 detA]1/2
2(95)
so istα > β und weiters
α + β = k21+k12+ke (96)
α ·β = ke ·k21 (97)
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Pharmakokinetik 39
Bestimmung eines Eigenvektorsu zum Eigenwertλ2 =−α :(
(−k1−λ2) k21
k12 (−k21−λ2)
)·(
u1
u2
)=
(0
0
)(98)
((−k1 +α) k21
k12 (−k21+α)
)·(
u1
u2
)=
(0
0
)(99)
(−k1 +α) ·u1 + k21 ·u2 = 0 (100)
k12 ·u1 + (−k21+α) ·u2 = 0 (101)
Setzt man etwa in der letzten Gleichungu2 =−1, so erhalt man:
u =
(u1
u2
)=
(α−k21)k12
−1
(102)
Bestimmung eines Eigenvektorsv zum Eigenwertλ1 =−β :(
(−k1−λ1) k21
k12 (−k21−λ1)
)·(
v1
v2
)=
(0
0
)(103)
((−k1 +β) k21
k12 (−k21+β)
)·(
v1
v2
)=
(0
0
)(104)
(−k1 +β) ·v1 + k21 ·v2 = 0 (105)
k12 ·v1 + (−k21+β) ·v2 = 0 (106)
Setzt man etwa in der letzten Gleichungv2 = 1, so erhalt man:
v =
(v1
v2
)=
(k21−β)k12
1
(107)
Die allgemeine Losung von (84) ist eine Linearkombination
X(t) = c1ue−α t + c2ve−β t (108)
(X1(t)X2(t)
)= c1
(α−k21)k12
−1
e−α t + c2
(k21−β)k12
1
e−β t (109)
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Pharmakokinetik 40
mit reellen Konstantenc1 undc2. Aus den AnfangsbedingungenX1(0) = D undX2(0) = 0 erhalt
man:
X1(0) = D = c1(α−k21)
k12+ c2
(k21−β)k12
(110)
X2(0) = 0 = −c1 + c2 (111)
Damit istc1 = c2 und die erste Gleichung liefert
D =c1
k12(α−β) (112)
c1 =k12D
(α−β)(113)
Damit lautet die LosungsfunktionX1(t) fur das zentrale Kompartment:
X1(t) = a·e−α t + b·e−β t (114)
mit den Konstanten (Hybridkonstanten)
a =(α−k21)D
(α−β)
b =(k21−β)D
(α−β)
(115)
α =(k21+k12+ke) +
√(k21+k12+ke)2−4kek21
2
β =(k21+k12+ke) −
√(k21+k12+ke)2−4kek21
2
(116)
mit α > β und den Beziehungen
α + β = k21+k12+ke
α ·β = ke ·k21
(117)
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Pharmakokinetik 41
Die LosungsfunktionX2(t) fur das periphere Kompartment ergibt sich aus dem Obigen zu:
X2(t) = −c1e−α t + c1e−β t
X2(t) = c1 ·{
e−β t − e−α t}
X2(t) =k12D
(α−β)·{
e−β t − e−α t}
(118)
Plasmaspiegel
Die Arzneistoffkonzentration im Plasma als Funktion der Zeit ergibt sich aus Gl. (114) nach
Division durch das VerteilungsvolumenVc oderV1 des zentralen Kompartments und zeigt einen
biexponentiellenVerlauf:
Cp(t) = a·e−α t + b·e−β t (119)
mit
a = a/Vc =(α−k21)D(α−β)Vc
b = b/Vc =(k21−β)D(α−β)Vc
(120)
Ubera undb sind PlasmaspiegelCpund DosisD auch hier direkt proportional (Dosislinearitat).
α undβ sind dosisunabhangig; diese Parameter sind jedoch keine Geschwindigkeitskonstanten
erster Ordnung, sondern von diesen abgeleiteteHybridkonstanten.
Das VerteilungsvolumenVc des zentralen Kompartments kann aus der DosisD und der extrapo-
lierten initialen PlasmakonzentrationCp0 berechnet werden:
Vc =X0
Cp0=
DCp0
=D
a+b(121)
Abb. 21 zeigt ein Beispiel fur den Zeitverlauf des Plasmaspiegels bei i.v.-Einmaldosierung im
Zwei-Kompartment-Modell. Im Unterschied zum Ein-Kompartment-Modell fallt der Plasma-
spiegel im ersten Teil der Kurve rasch ab (Verteilungsphaseoderα-Phase) und geht nach Errei-
chen eines Gleichgewichtes in die lineareEliminationsphase(oderβ-Phase)uber. Die erste Phase
ist uberwiegend durch Elimination und Verteilung bestimmt, wahrend die zweite Phase vor allem
durch Elimination und Ruckverteilung vom peripheren ins zentrale Kompartment gepragt ist.
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Pharmakokinetik 42
0 2 4 6 8 10 1210
−1
100
101
102
t [h]
Cp
[mg/
L]
α β
Abb. 21 Plasmaspiegel in halb-logarithmischer Darstellung fur D = 500mg,k12 = 0.53h−1,
k21 = 0.61h−1, ke = 0.62h−1, V1 = 14.3 L.
function [] = k2iv1()
%
syms k12 k21 ke d V1 t
[X1, X2] = dsolve(’DX1 = k21*X2 - k12*X1 - ke*X1, DX2 = k12*X1 - k21*X2’,...
’X1(0) = d’, ...
’X2(0) = 0’, ...
’t’)
Cp = X1 / V1;
d = 500.00; % Dosis [mg]
k21 = 0.61; % [1/h]
k12 = 0.53; % [1/h]
ke = 0.62; % Eliminationskonstante [1/h]
V1 = 14.30; % Verteilungsvolumen [L]
sol = subs(Cp)
tmax= 12;
x = linspace( 0, tmax, 256 );
y = subs( sol, t, x );
semilogy( x, y, ’-r’ );
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Pharmakokinetik 43
Die vier Parameterα, β, a und b konnen mit Hilfe der Residualmethode (vgl. Seite 19) bzw.mit einer nichtlinearen Regression aus den experimentellen Daten bestimmt werden. Aus denHybridkonstantenα, β, a und b konnen dann die Geschwindigkeitskonstanten erster Ordnungk21, k12 undke (Mikrokonstanten) berechnet werden. Mit (120) und (121) erhalt man zunachst:
a =(α−k21)D(α−β)Vc
=(α−k21)(α−β)
· (a+b)
a(α−β)a+b
= α−k21
k21 = α − a(α−β)a+b
=(a+b)α − a(α−β)
a+b=
aα+bα−aα+aβa+b
k21 =a·β + b·α
a+b(122)
Weiters erhalt man aus (117) und mit Hilfe der letzten Gleichung:
αβ = k21ke
ke =αβk21
=αβ
a·β + b·αa+b
=(a+b)αβa·β + b·α
ke =a + baα + b
β(123)
Damit ergibt sich schließlichk12 aus (117):
k12 = α+β−k21−ke =a·b· (β−α)2
(a+b) · (a·β+b·α)(124)
Integration vonCp(t) in (119) ergibt die Flache unter der Plasmaspiegelkurve bis zur Zeitt:
AUC(t) =∫ t
0Cp(t ′)dt′ =
aα·(
1−e−α t)
+bβ·(
1−e−β t)
(125)
Die Gesamtflache unter der Plasmaspiegelkurve(t → ∞) ist daher:
AUC =aα
+bβ
(126)
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Pharmakokinetik 44
Arzneistoffmenge im Gewebe
Die Messung von Arzneistoffkonzentrationen im Gewebe (d.h. im peripheren Kompartment) ist
bis heute problematisch. Der zeitliche Verlauf der ArzneistoffmengeX2(t) im peripheren Kom-
partment kann jedoch mit Hilfe von Gl. (118) aus Messungen der PlasmakonzentrationCp(t)vorhergesagt werden:
X2(t) =k12D
(α−β)·{
e−β t − e−α t}
(127)
Befindet sich der Rezeptor, der fur die pharmakologische Wirkung des Arzneistoffes verantwort-
lich ist, im peripheren Kompartment, dann beschreibt diese Gleichung auch den zeitlichen Ver-
lauf derArzneimittelwirkung. In halb-logarithmischer Darstellung ist wegenα > β der terminale
Teil von X2(t) eine Gerade mit der Steigung−β, d.h. die Kurven fur die Arzneimittelmengen
X1(t) undX2(t) im zentralen und peripheren Kompartment verlaufen im terminalen Teilparallel
(Abb. 22).
0 2 4 6 8 10 12
101
102
103
t [h]
X [
mg]
X1
X2
Abb. 22 ArzneistoffmengenX1(t) undX2(t) im zentralen und peripheren Kompartment fur
D = 500mg,k12 = 0.53h−1, k21 = 0.61h−1, ke = 0.62h−1.
Die Arzneistoffmenge im Gewebe erreicht zum Zeitpunkttmax ihr Maximum. AusdX2(t)/dt = 0
ergibt sich fur tmax:
tmax =lnα − lnβ
α − β(128)
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Pharmakokinetik 45
Verteilungsvolumen des Gesamtorganismus
Wahrend die Bestimmung des Verteilungsvolumens im Ein-Kompartment-Modell problemlos
ist, ist die Definition dieses Begriffes im Zwei-Kompartment-Modell komplexer. Das Vertei-
lungsvolumenVd ist alsProportionalitatsfaktordefiniert, der es erlaubt, aus einer experimentell
bestimmten ArzneistoffkonzentrationC die GesamtmengeX des Arzneistoffes in dem unter-
suchten kinetischen Kompartment zu berechnen (X = Vd ·C). Ist X(t) die Arzneistoffmenge im
Gesamtorganismus,Cp(t) die Plasmakonzentration, so gilt fur jeden Zeitpunktt
X(t) = Vd(t) ·Cp(t)
wobeiVd(t) das Verteilungsvolumen des Gesamtorganismus darstellt.X(t) ist die Differenz zwi-
schen verabreichter DosisD und bereits ausgeschiedener ArzneistoffmengeE(t):
X(t) = D − E(t)
Analog zu Gl. (30) (Seite 14) kannE(t) aus der FlacheAUC(t) unter derCp(t)-Kurve bis zum
Zeitpunktt und der GesamtkorperclearanceCL berechnet werden:
E(t) = CL ·AUC(t)
Wegen
CL =D
AUC(129)
ist daher
Vd(t) =X(t)
Cp(t)=
D−E(t)Cp(t)
=D−CL ·AUC(t)
Cp(t)=
D− (D
AUC
) ·AUC(t)Cp(t)
und schließlich
Vd(t) =D · [AUC−AUC(t)
]
Cp(t) ·AUC(130)
Zum Zeitpunktt = 0 ist Vd(t) = Vc, da der gesamte Arzneistoff im zentralen Kompartment
vorliegt. Wahrend der Verteilungsphase nimmt das VerteilungsvolumenVd(t) zu und erreicht in
der terminalen Phase fur t → ∞ wegen (129), (125), (126) und (119) den Wert
Vdarea =D
AUC· 1
β= CL · 1
β=: Vβ (131)
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Pharmakokinetik 46
0 1 2 3 4 5 60
10
20
30
40
50
t [h]
Vd(
t) [
L]
Vc
Vdarea
Abb. 23 Verteilungsvolumen des Gesamtorganismus im Zwei-Kompartment-Modell.
Urinausscheidung
Die kumulative UrinausscheidungU(t) erhalt man nach Integration von
dU(t)dt
= kR ·X1(t) = kR ·D ·{
(α−k21)(α−β)
·e−α t +(k21−β)(α−β)
·e−β t}
(132)
wobeikR die renale Eliminationskonstante ist:
U(t) = kR ·D ·{
k21
α ·β +(k21−α)α · (α−β)
·e−α t +(k21−β)β · (β−α)
·e−β t}
(133)
0 2 4 6 8 10 120
100
200
300
400
500
600
t [h]
U(t
) [m
g]
Ein−Kompartment−Modell
Zwei−Kompartment−Modell
Abb. 24 Arzneistoffmenge im Urin im Ein- und Zwei-Kompartment-Modell nach (133).
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Pharmakokinetik 47
2.3 Nichtlineare Pharmakokinetik
Wir sind bisher von der Voraussetzung ausgegangen, daß die Elimination eines Arzneistoffes aus
dem Organismus nach einer Kinetik 1. Ordnung erfolgt, d.h. dieAnderungsgeschwindigkeit der
Arzneistoffkonzentration ist proportional zur jeweils vorhandenen Konzentration (linearePK):
dC(t)dt
= −k ·C(t)
Der weitaus haufigste Grund fur nichtlinearePharmakokinetik ist das Vorliegen vonsattigbaren
Eliminations-, Verteilungs- oder Bindungsmechanismen. Ist der Haupteliminationsweg fur einen
Arzneistoff z.B. Sekretionuber die Nierenkanalchen, so konnen bei hohen Arzneistoffkonzentra-
tionen alle zur Ausscheidung beitragenden Carriersysteme (Tragermolekule, die den Arzneistoff
durch die Zellmembranen schleusen) besetzt sein; eine weitere Erhohung der Arzneistoffkonzen-
tration kann dann zu keiner Beschleunigung der tubularen Sekretion mehr fuhren. Das gleiche
gilt, wenn alle fur einen Metabolismusschritt zustandigen Enzyme mit Arzneistoff besetzt sind.
2.3.1 Michaelis-Menten-Theorie in der Enzymkinetik
Nach dem Modell von Michaelis und Menten (1913) lauft eine durch ein EnzymE katalysierte
chemische Reaktion zur Bildung eines ReaktionsproduktesP aus einem SubstratS uber einen
Substrat-Enzym-KomplexC nach folgendem Schema ab:
S + E
k1
k−1
C
k2
→ P + E (134)
wobeik1, k−1 undk2 die zugehorigen Geschwindigkeitskonstanten sind. Sinds(t), e(t), c(t) und
p(t) die Konzentrationen vonS, E,C undP zum Zeitpunktt, dann wird die Systemdynamik nach
demMassenwirkungsgesetzdurch folgendes Differentialgleichungssystem beschrieben:
ds(t)dt
= −k1e(t)s(t) + k−1c(t) (135)
de(t)dt
= −k1e(t)s(t) + k−1c(t) + k2c(t) (136)
dc(t)dt
= k1e(t)s(t) − k−1c(t) − k2c(t) (137)
dp(t)dt
= k2c(t) (138)
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Pharmakokinetik 48
Zu Beginn der Reaktion (t = 0) sollen nur das SubstratSund das EnzymE vorhanden sein. Die
Anfangsbedingungen fur das obige System sind
s(0) = s0 , e(0) = e0 , c(0) = 0 , p(0) = 0 (139)
wobei das Verhaltnis
ε :=e0
s0(140)
der Ausgangskonzentrationen vonE und S ublicherweise klein ist. Realistische Werte vonεliegen in der Großenordnung von10−2 bis 10−7.
Die letzte Gleichung (138) des obigen Differentialgleichungssystems ergibt durch Integration
p(t) = k2
∫ t
0c(t ′)dt′ (141)
Ist also der zeitliche Verlaufc(t) der Konzentration des Substrat-Enzym-Komplexes bekannt, so
ergibt sich der zeitliche Verlauf der Konzentrationp(t) des Reaktionsproduktes aus Gl. (141).
Weiters folgt aus der Addition der zweiten und dritten Differentialgleichung (136) und (137)
de(t)dt
+dc(t)
dt= 0 (142)
e(t) + c(t) = const (143)
also wegen der Anfangsbedingungen (139)
e(t) + c(t) = e0 (144)
e(t) = e0 − c(t) (145)
Damit kennt man mit der Konzentrationc(t) des Substrat-Enzym-Komplexes auch die Konzen-
tratione(t) des Enzyms. Es genugt also, anstelle des Systems (135)–(138) mit vier abhangigen
Variablen folgendes System mit zwei abhangigen Variablen zu behandeln:
ds(t)dt
= −k1e0s(t) +[k1s(t) + k−1
]c(t)
dc(t)dt
= k1e0s(t) − [k1s(t) + k−1 + k2
]c(t)
(146)
s(0) = s0 , c(0) = 0 (147)
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Pharmakokinetik 49
Nimmt man an, daß nach einer Anfangsphase, wahrend der die Bildung des Substrat-Enzym-
Komplexes sehr rasch ablauft, die Bildungs- und Zerfallsrate des Substrat-Enzym-Komplexes
annahernd gleich ist, so gilt naherungsweise
dc(t)dt
≈ 0 (148)
Diese Annahme, die auf Briggs und Haldane (1925) zuruckgeht, nennt manPseudo-Steady-
State-Hypothese . Mit dieser Naherung wird die zweite Differentialgleichung in (146) zu einer
algebraischenGleichung, aus der manc(t) als Funktion vons(t) erhalt:
0 = k1e0s(t) − [k1s(t) + k−1 + k2
]c(t)
c(t) =k1e0s(t)
k1s(t) + k−1 + k2
oder
c(t) =e0s(t)
s(t)+Km(149)
mit
Km =k−1 + k2
k1(150)
Setzt man nunc(t) in die erste Gleichung von (146) ein, erhalt man:
V :=dp(t)
dt= − ds(t)
dt=
k2 ·e0 ·s(t)Km + s(t)
=Vmax·s(t)Km + s(t)
(151)
Gleichung (151) heißtMichaelis-Menten-Gleichung . Sie beschreibt die GeschwindigkeitV,
mit der die Substratkonzentrations(t) als Funktion der Zeitt abnimmt bzw. die Konzentration
p(t) des Produktes zunimmt.Km heißtMichaelis-Menten-Konstante und entspricht derjenigen
Substratkonzentration, fur dieV = Vmax/2 wird (vgl. Abb. 25).
Betrachtet man in der Michaelis-Menten-Gleichung (151) die Reaktionsgeschwindigkeits′(t) als
Funktion der Substratkonzentrations(t), so kann man zwei Grenzfalle unterscheiden (Abb. 25):
• Fur sehr niedrige Substratkonzentrationens¿ Km kann man im Nenner von (151)s(t)gegenKm vernachlassigen und (151) vereinfacht sich zu:
ds(t)dt
= −Vmax
Km·s(t) (152)
d.h. die Reaktionsgeschwindigkeitds(t)/dt hangt linear von der Substratkonzentration
s(t) ab (Kinetik erster Ordnung).
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Pharmakokinetik 50
• Fur hohe SubstratkonzentrationensÀ Km kann man im Nenner von (151)Km gegens
vernachlassigen, sodaßs(t) aus der rechten Seite von (151) herausfallt. Insgesamt bleibt:
ds(t)dt
= −Vmax = −k2 ·e0 (153)
d.h. fur hohe Substratkonzentrationen ist die Reaktionsgeschwindigkeitds(t)/dt konstant
gleichVmax (Sattigung) und unabhangig von der Substratkonzentrations(t) (Kinetik nullter
Ordnung).
Die KonstanteVmax ist diemaximale Reaktionsgeschwindigkeitund hangt bei festeme0 nur von
der Geschwindigkeitskonstantek2 der DissoziationsreakionC→ P+ E ab. Diesen Reaktions-
schritt nennt man daher dengeschwindigkeits-begrenzendenSchritt der Reaktion (134). AusVmax
ist k2 experimentell gut bestimmbar.k−1 undk1 sind experimentell schwierig zu ermitteln, aus
Km erhalt man zumindest das Verhaltnis(k−1 +k2)/k1.
Zur experimentellen Bestimmung vonKm und Vmax geht man von der Beobachtung aus, daß
(151) geschrieben werden kann als
1V
=1
Vmax+
Km
Vmax· 1
s(154)
d.h.1/V ist eine lineare Funktion von1/s. Wird also1/V gegen1/saufgetragen, erhalt man eine
Gerade mit der SteigungKm/Vmax und dem Interzept1/Vmax (Lineweaver-Burk-Methode ).
0 2 4 6 8 100
0.5
1
1.5
2
s
− d
s/dt
Vmax
Km
= 0.5
Km
= 2.0
Abb. 25 Reaktionsgeschwindigkeit−ds/dt als Funktion der Substratkonzentrations fur eine
Michaelis-Menten-Kinetik nach (151).
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Pharmakokinetik 51
2.3.2 Nichtlineare PK bei Einmaldosierung (IV Bolus) ohne Resorption
Der einfachste Fall einer nichtlinearen PK ist der, wenn ein Arzneimittel intravenos als Bolus-
injektion verabreicht wird und mit einemsattigbaren Eliminationsmechanismusausgeschieden
wird. Bestehen keine weiteren parallelen Ausscheidungsmoglichkeiten, so laßt sich die Aus-
scheidungsgeschwindigkeit im Ein-Kompartment-Modellahnlich wie bei enzymatischen Reak-
tionen haufig mit einer Michaelis-Menten-Gleichung beschreiben:
dCp(t)dt
= − 1Vd
· Vmax·Cp(t)[Km + Cp(t)]
(155)
Vmax ist die maximale pro Zeiteinheit ausgeschiedene Arzneimenge. (155) ist einenichtlineare
Differentialgleichung 1. Ordnung fur den zeitlichen Verlauf der Plasmakonzentration, fur die
man im allgemeinen keine analytische LosungCp= Cp(t) angeben kann. Faßt man jedochCp
als unabhangige undt als abhangige Variable auf, so kann man die Losung in der Formt = t(Cp)darstellen, d.h. die Zeitt als Funktion der PlasmakonzentrationCp ausdrucken (Abb. 26):
dt = − VdVmax
· (Km+Cp)Cp
dCp
dt = − VdVmax
·(
Km1
Cp+ 1
)dCp
∫ t
0dt′ = − Vd
Vmax·∫ Cp
Cp0
(Km
1u
+ 1
)du
t = − VdVmax
·[Km lnu + u
]Cp
Cp0
t = − VdVmax
·[Km lnCp+ Cp− Km lnCp0 −Cp0
]
t =Vd
Vmax·[Km(lnCp0 − lnCp) + (Cp0 −Cp)
]
t (Cp) =Vd
Vmax·[Km · ln Cp0
Cp+ (Cp0 −Cp)
](156)
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0 50 100 150 20010
−1
100
101
102
t [min]
Cp
[mg/
L]
D = 23 mgD = 108 mgD = 455 mg
Abb. 26 Plasmaspiegel bei nichtlinearer PK gemaß (156) nach intravenoser Gabe von drei
unterschiedlichen DosierungenD in halblogarithmischer Darstellung.
0 50 100 150 200
10−2
10−1
t [min]
Cp
/ D
[ L−
1 ]
D = 23 mgD = 108 mgD = 455 mg
Abb. 27 Superposition der Kurven aus Abb. (26) nach Division durch die jeweilige DosisD.
Tragt man bei verschiedenen Dosierungen den QuotientCp/D des PlasmaspiegelsCp und der
DosisD auf, so fallen beilinearer PK diese Kurven aufeinander (Dosislinearitat). Bei Vorliegen
nichtlinearerPK ist dies jedoch nicht der Fall (Abb. 27). Dieses Verfahren derSuperposition
stellt somit einen einfachenTest auf Vorliegen nichtlinearer Kinetikdar.
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Pharmakokinetik 53
Bestimmung von Vmax und Km
Zur quantitativen Beschreibung der PK einer Substanz, die mit nichtlinearer Kinetik eliminiert
wird, mussen die beiden KenngroßenVmax undKm bestimmt werden:
• Lineweaver-Burk-Methode:
Dazu tragt man1/(dCp/dt) gegen1/Cp auf (vgl. Seite 50). Man erhalt eine Gerade mit
der SteigungKm ·Vd/Vmax und dem InterzeptVd/Vmax. Der negative Achsenabschnitt auf
derx-Achse entspricht dann1/Km. Dabei wirddCp/dt durch den Differenzenquotienten
∆Cp/∆t approximiert (∆Cp= Cp2−Cp1, ∆t = t2− t1), Cpdurch die mittlere Plasmakon-
zentrationCpm = (Cp1 + Cp2)/2 in dem entsprechenden Intervall.
• Nichtlineare Regression mit Hilfe der Modellfunktion (156).
Gesamtkorperclearance
Die GesamtkorperclearanceCL ist definiert als Quotient von pro Zeiteinheit ausgeschiedener
ArzneistoffmengedE/dt und PlasmakonzentrationCp (vgl. Seite 5):
CL =dEdt
/Cp (157)
Die AusscheidungsgeschwindigkeitdE/dt ergibt sich beim Vorliegen einer Sattigungskinetik
nach Michaelis-Menten mit (155) zu:
dEdt
= − dXdt
= − dCpdt
·Vd =Vmax·CpKm + Cp
Fur die Gesamtkorperclearance gilt also:
CL =Vmax
Km + Cp(158)
Die Gesamtkorperclearance ist also nicht wie in der linearen Pharmakokinetik konstant und kon-
zentrationsunabhangig, sondern abhangig vom jeweiligen PlasmaspiegelCp.
Fur niedrige Konzentrationen (Cp¿ Km) ist CL annahernd konstant:
CL =Vmax
Km(159)
Fur hohe Konzentrationen (CpÀ Km) ist CL umgekehrt proportional zum PlasmaspiegelCp:
CL =Vmax
Cp(160)
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Halbwertszeit
Wahrend im Ein-Kompartment-Modell nach i.v. Gabe die Eliminationshalbwertszeitt1/2 eine
Konstante unabhangig vonCp0 darstellt (t1/2 = ln2/ke = ln2·Vd/CL, vgl. Seite 11), ist dies bei
nichtlinearer PK nicht der Fall. Mit (156) erhalt man namlich:
t1/2 = t(Cp0/2) =Vd
Vmax·[Km · ln Cp0
Cp0/2+ (Cp0 −Cp0/2)
]
also
t1/2 =Vd
Vmax·[Km · ln2 +
Cp0
2
](161)
Fur niedrige Konzentrationen(Cp0¿ Km) ist t1/2 annahernd konstant:
t1/2 =Vd
Vmax·Km · ln2 (162)
Bei hohen Konzentrationen(Cp0À Km) ist t1/2 direkt proportional zur Plasmakonzentration:
t1/2 =Vd
Vmax·Cp0
2(163)
Gesamtflache unter der Plasmaspiegelkurve
Die GesamtflacheAUCunter der Plasmaspiegelkurve kann durch Integration vont(Cp) aus (156)
ermittelt werden:
AUC =∫ Cp0
0t(Cp) dCp
=Vd
Vmax·∫ Cp0
0
[Km · ln Cp0
x+ (Cp0 − x)
]dx
=Vd
Vmax·∫ Cp0
0
[Km · (lnCp0 − lnx) + (Cp0 − x)
]dx
=Vd
Vmax·∫ Cp0
0
[−Km · lnx− x + Km · lnCp0 + Cp0
]dx
=Vd
Vmax·[−Km ·x · (lnx−1) − 1
2x2 + (Km · lnCp0 + Cp0) ·x
]Cp0
0
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=Vd
Vmax·[−Km ·Cp0 · (lnCp0−1) − 1
2Cp2
0 + (Km · lnCp0 + Cp0) ·Cp0
+ Km · limx→0
(x · lnx)︸ ︷︷ ︸
0
]
=Vd
Vmax·[
Km ·Cp0 +12·Cp2
0
]
=Vd
Vmax·[
Km · DVd
+12· D2
Vd2
]
Insgesamt ergibt sich damit fur die Gesamtflache unter der Plasmaspiegelkurve:
AUC =D
Vmax·[
Km +12· DVd
](164)
Fur niedrige Dosen(D/(2 ·Vd)¿ Km) gilt, wie in der linearen PK, daß die Gesamtflache unter
der Plasmaspiegelkurve proportional zur verabreichten Dosis ist:
AUC =Km
Vmax·D (165)
Fur hohe Dosierungen(D/(2·Vd)À Km) ist jedoch die Gesamtflache unter der Plasmaspiegel-
kurve proportional zumQuadratder Dosis:
AUC =1
2·Vd·Vmax·D2 (166)
Bei Verdopplung der Dosis wachst hier also dieAUC (und die Plasmakonzentration) nicht auf
das Doppelte (was bei linearer Kinetik der Fall ware), sondern steigtuberproportional an.
Schließlich ergeben sich aus Gleichung (155) folgende Grenzfalle:
Fur sehr niedrige KonzentrationenCp¿ Km erhalt man eine Kinetik 1. Ordnung,dCp(t)/dt =−(Vmax/(Vd·Km)) ·Cp(t).Fur hohe KonzentrationenCpÀ Km ist die Kinetik von 0. Ordnung,dCp(t)/dt =−Vmax/Vd.
Im dazwischenliegenden Konzentrationsbereich ist die Kinetik nichtlinear, Gleichung (155).
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Pharmakokinetik 56
Literatur
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