Palliative Care im Akutspital - kompetitiv oder komplementär? · Soorösophagitis, axiale...
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S.Eychmüller
Die Themen
• Über die Liebe – und Definitionen
• Über das Leiden
• Über die Evidenz
• Über das Teamwork
• Über die Finanzen
• Über das Ende und den Anfang
S.Eychmüller
Palliative Care im Akutspital
Keine Liebe auf den ersten Blick
S.Eychmüller
Das Akutspital:
Ort der Hoffnung bei weit fortgeschrittenen Leiden
Zwischen Machsal und Schicksal
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Warum? Palliative Care ist…..
Händchen halten und Kerzen
anzünden („touchy – feely“)
…..und keine richtige Medizin…
Komforttherapie…..
Sterbebegleitung
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Die offizielle Definition
“Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problem associated with lifethreatening illness, through the prevention and relief of suffering by means of early identification and impeccable assessment and treatment of pain and other problems, physical, psychosocial and spiritual.”
WHO 2002
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WHO Europe 2011
…. Regardless of resource level, all countries can
implement the four basic components of cancer
control – prevention, early detection, diagnosis
and treatment, and palliative care – and thus avoid
and cure many cancers, as well as palliating
suffering.
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Mehr als am Lebensende
Das Terminologieproblem 1 …..Wann…
Palliative Care beginnt/ hat seinen Schwerpunkt bei……
Präterminal Terminal prä- final post……..
t
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Das Terminologieproblem Teil 2……
Die Behandlungsintention:
kurativ oder palliativ
K P
Ein Konstrukt ohne Evidenz ?!
Point of no return? Disease trajectories?
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Das Terminologieproblem Teil 2……
kurativ
A cure is the end of a medical condition; the
substance or procedure that ends the medical
condition, such as a medication, a surgical
operation, a change in lifestyle, or even a
philosophical mindset that helps end a person's
suffering. It may also refer to the state of being
healed, or cured.
Disease free survival? Remission? R 0?
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…und das Ende von „kurativ“ und „palliativ“?
I have a dream
Diagnosis specific
+
Problem based
= Spitzen- Care
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Die Themen
• Über die Liebe – und Definitionen
• Über das Leiden
• Über die Evidenz
• Über das Teamwork
• Über die Finanzen
• Über das Ende und den Anfang
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Frau G. Tumorprogression eines metastasierenden Gallenblasenkarzinoms ED 04/2012 - Stadium IVB
(Peritonealkarzinose, Omentum majus) - Infiltration des Duodenums mit sekundärer Duodenalstenose
- 18.04.12 CT Abdomen: Cholezystolithiasis mit chronischer Cholezystitis, extrahepatische
Cholestase - 19.04.12 ERCP: Plastikstenteinlage zur biliären Drainage bei Stenose im mittleren DHC
- 25.04.12 ÖGD und obere EUS: Stenose im Bereich Bulbus duodeni, Cholezystolithiasis,
Soorösophagitis, axiale Hiatushernie - 29.04.12 Gastroskopie: Antrumgastritus und Ulkus präpylorisch
- 04.05.12 Revisionslaparotomie, retrokolische Gastroenterostomie, Jejuno-Jejunostomie, Biopsien -
Patho. Uni Bern: Siegelringzelliges Adenokarzinom im Fettgewebe sowie im Peritoneum - 05/12
Einleitung einer Chemotherapie mit Cisplatin und Gemzar - letzte Chemotherapie 07.08.12 - CT
11.08.12: Vd.a. Stentdysfunktion, Zunahme der Cholestase, Vd.a. Tumorprogression im kleinen
Becken
3.St.n. segmentalen Lungenembolien in sämtlichen Lappen (CT 12.06.2012) - unter Fraxiforte
4.Status nach Hepatitis B (anamnestisch 1964)
5.Nebendiagnosen: - C-Gastritis (ED 25.4.2012) - St.n. Soor-Ösophagitis (ED 25.4.2012),aktuell
erneuter enoraler Soor - Axiale Hiatushernie - Arterielle Hypertonie - Dyslipidämie - St. nach
traumatischer Pankreasruptur 1959
Frage: woran leidet diese Patientin?
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Frau G – CT- Abdomen/ Becken
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Palliative Care bietet Strukturhilfe im Dschungel
S ymptome
E ntscheidungsfindung
N etzwerk- Organisation
S upport Familie etc.
Leitfrage: „What causes most your suffering“ ?
Twycross PallMed 2006
Ziele: „4 S“
• Selbsthilfe
• Selbstbestimmung
• Sicherheit
• Support
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Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet
Frau G.
S ymptommanagement
• Welche Probleme/Themen/ Symptome bereiten Ihnen
derzeit oder für die Zukunft am meisten Sorgen?
• Aber auch: welche eigenen guten Erfahrungen haben Sie
bei der Bewältigung dieser Themen/ Probleme/
Herausforderungen/ Symptome bereits gemacht (=
sogenannte Ressourcen)?
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Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet
E ntscheidungsfindung/ End of life Vorbereitung
- Was ist Ihnen ganz besonders wichtig? Was möchten Sie
in der kommenden Zeit dringend erleben/ erledigen?
- Welche Ziele möchten Sie mit den (medizinischen)
Massnahmen erreichen?
- Was möchten Sie im Voraus bereits festlegen (bspw. im
Rahmen einer Patientenverfügung)?
- Haben Sie bestimmte Wünsche/ Vorstellungen was mit
Ihnen geschehen/ nicht geschehen soll, wenn Sie darüber
nicht mehr selber entscheiden können (incl. Pflege,
Rituale, Bestattung)?
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Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet
N etzwerk
• Wo möchte ich am liebsten sein/ bleiben? Wie sind die
örtlichen Verhältnisse (bspw. Treppen, Zugang zu Bad/
WC etc.)?
• Wenn es zu einer Komplikation/ zu einem Notfall kommen
sollte: was mache ich/ machen wir („Rettungskette“)?
• Welche Alternativen für eine weitere Betreuung (bspw.
Pflegeinstitution) muss ich in Betracht ziehen
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Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet
S upport
- Machen Sie sich Sorgen um Ihre Familie/ Angehörigen?
Hat Ihre Familie/ Angeh. ausreichend Unterstützung
(privat, Fachpersonen) ?
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Frau G - Versuch Summary
S: Inappetenz, zunehmende Schwäche; Angst vor Sterben
E:solange wie möglich zuhause; keine second line Chemo;
ggf. Stent bei Rektum/ Sigma-Kompression
N:die Tochter in der Nähe; das Haus
S: Support für die Tochter
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Das Prompt Sheet ( siehe auch Clayton, Butow 2003, 2010
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Spezialisierte Palliative Care ist….
……bio- psycho- social intensive care
S ymptome
E ntscheidungsfindung
N etzwerk- Organisation
S upport Familie etc.
S Medizin, Pflege
E Medizin, Psychologie
N Sozialberatung
S Pflege, Seelsorge, Psych.
SENS strukturiert Teamwork
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Dazu braucht es
• Assessment -Tools
• Symptom- Guidelines
• Pathways (bspw. Liverpool Care Pathway for the
dying patient)
• Strukturierte Gesprächsleitfäden („Runder Tisch“)
• Patienten- und Angehörigenschulung/- information
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SOLL
Leiden
IST
Calman K C. Journal of medical ethics 1984; 10: 124-127.
Ein wesentliches Assessment – Instrument in der
Palliative Care: der CALMAN - Gap
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Symptome in den letzten 4 Lebenswochen
Semionov et al 2012
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Palliativspezifische Assessment - Tools
• ECOG/ Karnovski/ Palliative Performance Scale PPS
• ESAS Edmonton Symptom Assessment System
• BPI Brief Pain Inventory
• Distress Thermometer
• DOS Delirium Observation Scale
• SeiQL-DW Individual Quality of life
• Assessment der Prognose
• Assessment der Sterbephase („Diagnosing dying“)
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ESAS
Edmonton
Symptom
Assessment
System
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Distress
Thermometer
Problembereiche
- praktische
- familiäre
- emotionale
- spirituell/ religiöse
- körperliche
Extrem
belastet
Gar nicht
belastet
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und evidenzbasiert
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Temel, Greer et al.,
NEJM. 2010
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summary
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Kosten: Reden ist gold-wert
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• 627 Patienten mit fortgeschrittenem Ca
• Longitudinale Studie „baseline“ bis Tod
• In 31% Diskussionen zum Thema Lebensende
Kosten 35% niedriger als bei Patienten OHNE Diskussion
„The multimillion dollar- conversation“
Arch Intern Med. 2009;169(5):480-488
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Je höher die Kosten desto schlechter die quality of death
Zhang et al Arch Intern Med. 2009
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Palliative Care -
Eine riesige Chance für Teamwork
„Learning together to work together for health“
WHO 1986
- kompetenzbasiert
- neue Rollendefinition
- gemeindenah
- partnerschaftlich
- Hilfe zur Selbsthilfe
attraktiv
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Palliative Care – für wen?
Palliative Care in der Grundversorgung (Patientengruppe A)
Allgemeine Unterstützung:
Freiwillige
Koordination und Vernetzung
Spezialisierte Palliative Care (Patientengruppe B)
Spital
Palliative Care im stationären Akutbereich
Spitäler Inkl. Rehabilitation und Psychiatrie
Palliativ-Konsiliardienst (spitalintern)
Palliativstation/-klinik (mit Spitalstatus)
Langzeit- bereich
Palliative Care im Langzeitbereich
Alters- und Pflegeheime, andere Einrichtungen
Mobiler Pallia-
Stationäres Hospiz (mit Pflegeheimstatus)
Ambulanter Bereich
Palliative Care im ambulanten Bereich (zu Hause)
Niedergelassene (Fach-)Ärztinnen und -Ärzte, spitalexterne Pflege, Ambulatorien
tivdienst (spitalextern, 2. Linie)
Tages-/ Nachtstrukturen
Palliativ-Ambulatorium
Versorgungsstrukturen palliative ch, GDK, BAG 2012
Palliative Care in der
Grundversorgung
(Patientengruppe A)
Spezialisierte
Palliative Care
(Patientengruppe B)
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Wann braucht es spezialisierte Palliative Care?
Komplexität
BAG: Indikationskriterien spezialisierte Palliative Care 2011
„Palliative Care Spezialisten sind
Ansprechpersonen in stürmischen Zeiten……“
Instabilität
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Was andere Zentren machen
Palliative Care: fester Teil
Nicht nur bei Cancer
Die Insel holt auf: das Palliativzentrum
Angebote Die Station im SWAN Haus
10 Betten
Der Konsiliardienst
Tel: 25040
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Palliative Care –
nur sinnvoll in einem lokalen Netz
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Die Themen
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• Über die Finanzen
• Über das Ende und den Anfang
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Betreuung am Lebensende – die Schweiz im
Hintertreffen?
• UK
• Australien
• Neuseeland
• Irland
• …
• Schweiz: Rang 19
Economist Report 2010
Volkswirtschaft-
liche Anreize?
Weniger
betriebswirtschaft-
lich?
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Schwerkrank sein:
zwischen Kosten und Sterbehilfe
Anzahl Todesfälle CH (BfS)
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WHO demonstration project Catalonia
Palliativnetz
• Zufriedenheit: alle (incl. Familien);
Präventivplanung ausschlaggebend
• Kosten: bis zu 75% niedriger in letzten 6
Lebenswochen (kaum Notfall –
Hospitalisationen)
Was bringt Palliative Care ?
– volkswirtschaftlich sinnvoll
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die volkswirtschaftliche Perspektive II
• Leere Spitalbetten: Erfolg?
• Wenig Diagnostik: Erfolg?
• Wenig Notfälle: Erfolg?
• Wenig Spezialisten: Erfolg?
• Viel zuhause
• Viel Eigenverantwortung
• Viel präventive Vorausplanung
• Viel Familie, Freunde, Nachbarschaft
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Was wird bezahlt am Lebensende?
«Spitzen – Care» am Lebensende?
Indikationsqualität medizinischer
Interventionen am Lebensende - mit
gleich langen Spiessen messen:
• ein Stent, eine Chemotherapie oder eine
Radiotherapie wird bezahlt
• Home Care und Palliative Care ?
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Nov 2008
Palliative Care = innovativ
Auch für Chronic care?
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Palliative Care hat Zukunft
• Vom Hospiz zur akademischen Disziplin
• uralt und modern
• Weit entwickelt in „national health services“ (Anreize für
Netzwerk)
• Wichtigste „Träger“: primary care
• Lehrstühle, internationale Forschungsprojekte; führend:
USA, UK, Canada, Australien
• Fach-Curricula in vielen Ländern
• Zukunft: Interprofessionalität, Verankerung primary care
…und die Schweiz holt auf: die „Nationale Strategie“
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Die Themen
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• Über die Evidenz
• Über das Teamwork
• Über die Finanzen
• Über das Ende und den Anfang
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Palliative Care:
Vorbereitung nicht erst in letzter Minute
50
http://www.pilotlight.org.au/Dying-to-Know
People study for
weeks for a birth
Why not study for a
death?
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Dealing with uncertainty in the time of plenty
• Our own feelings: „I‘m not sure, I don‘t know“ – „but I‘ll
work on it“……
• Harness the available evidence: seldom critallize what‘s
best…but will educate us what will harm the patient“
• Teach ourselves how to communicate with patients about
uncertainty…. „….managing one‘s own angst“
Srivastava R. NEJM 2011
Let’s cooperate!
Danke für die
Aufmerksamkeit !