Notfallmedizin beim Palliativpatienten
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Notfallmedizin beim Palliativpatienten
Leben retten oder sterben lassen?
Christina GrebeLandesverband Hospiz OÖ
Palliativstation Vöcklabruck
Gmunden 20.10.2018
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Fallbeispiel
• 86jährige Patientin, seit 3 Jahren von Mobiler Pflege betreut
• wohnt mit Sohn und Schwiegertochter in einem Haus, 2 Töchter besuchen sie regelmäßig
• Verhältnis der Kinder untereinander ist gespannt
• Grunderkrankung: Mb. Parkinson
• Immobilität, Angina pectoris
• Verlauf: wird schwächer
• Pat. betont, dass sie keine Angst vor dem Sterben hat, will nach eigenen Angaben nicht reanimiert werden bei HKL-Stillstand
• es gibt keine Patientenverfügung oder ärztliche Anordnung
Patientin verstirbt während der Betreuung - Reanimation?
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Notfallmedizin
Diagnostik- und Therapiemaßnahmen zur Überwindung
akut lebensbedrohlicher Erkrankungen und
Verletzungen
Ziel ist immer der Erhalt des Lebens
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Palliative Care
Ziel: Verbesserung der Lebensqualität
• PatientIn kann bis zum Lebensende in der
häuslichen Umgebung bleiben.
• Sterben zuhause ermöglichen.
H o s p i z - u n d P a l l i a t i v b e t r e u u n g
GRUNDVERSORGUNGunterstützende/beratende
Dienstebetreuende
Dienste
Akut-bereich
Krankenhäuser
Hospiz-teams
Palliativ-konsiliar-dienste
Palliativ-stationen
Langzeit-bereich
Alten-/Pflegeheime
Mobile Palliativ-
teams
Stationäre Hospize
Zuhause niedergelassene Ärzte, Mobile Dienste, TherapeutInnen
Tages-hospize
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Gegensätze (?)
Notfall – so viel wie möglich
Palliativ – so wenig wie nötig
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In der Begleitung Sterbender gibt es
Situationen, in denen sonst angemessene
Diagnostik und Therapieverfahren nicht
mehr angezeigt und Begrenzungen
geboten sind.(Grundsätze der dt. Bundesärztekammer zur ärztlichen
Sterbebegleitung)
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Bei Patienten, die in absehbarer Zeit
sterben, ist eine Änderung des
Therapieziels geboten, wenn
lebenserhaltende Maßnahmen Leiden nur
verlängern würden oder die Änderung des
Behandlungsziels dem Willen des
Patienten entspricht. (Grundsätze der dt. Bundesärztekammer zur ärztlichen
Sterbebegleitung)
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Stellungnahme des dt. Nationalen Ethikrates:
Therapie am Lebensende:
„Dazu gehören auch Maßnahmen, bei denen die
Möglichkeit besteht, dass der natürliche Prozess
des Sterbens verkürzt wird, sei es durch eine
hochdosierte Schmerzmedikation oder eine starke
Sedierung, ohne die eine Beherrschung
belastender Symptome nicht möglich ist.“
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individuelle, auf den Patienten
abgestimmte Therapieentscheidung
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Medizinische
BehandlungspflichtRechtliche
Rahmenbedingungen
Patienten-
wille
Therapieentscheidungen
am Lebensende
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- Autonomie -
im westlichen Kulturkreis wird die
Selbstbestimmung des Patienten über die ärztliche
Entscheidung gestellt.
die Indikation zur Therapie obliegt jedoch dem Arzt.
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Rechtliche Rahmenbedingungen
Sterbehilfe:
- aktiv, direkt
- aktiv, indirekt
- passiv
Was ist mein Ziel?
Neue Nomenklatur:
- Sterbebegleitung
- Therapie am Lebensende
- Sterben zulassen
Bioethikkommission 2015
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Rechtliche Rahmenbedingungen
Patientenverfügungsgesetz 2006
Das Gesetz lässt die medizinische
Notfallversorgung unberührt, sofern der mit der
Suche nach einer PV verbundene Zeitaufwand das
Leben oder die Gesundheit des Patienten ernstlich
gefährdet.
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= ein akut krisenhaftes unbeherrschbares Symptom, das mit
der Grunderkrankung assoziiert ist und den Patienten und /
oder die Angehörigen betrifft.
Gratzl R. et al 2011
Definition
Palliativmedizinischer Notfall
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1. Informationsdefizit bezüglich der Patienten-Erkrankung &
-willen bezüglich medizinischer Maßnahmen
2. Zeitdruck bezüglich des Ergreifens oder Unterlassens
von lebenserhaltenden Maßnahmen
Im Zweifel hat der Erhalt des Lebens Vorrang!
Notfallmedizin beim Palliativpatienten
Einsatzdiagnosen:
- Akute Dyspnoe
- Krampfanfall
- Bewusstseinsstörung
- Herz-Kreislaufstillstand
- Akute Schmerzexazerbation
- Psychosoziale Entgleisung (Angst,
Panikattacken, Depression, Angehörige)
C. Wiese Nofall Rettungsmed 2010
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Palliative Notfälle
1. Verschlechterung des AZ oder bekannter Symptome,
die durch die Grunderkrankung bedingt sind.
2. Neu aufgetretene Symptome, die durch die
Grunderkrankung bedingt sind.
3. Von der Grunderkrankung unabhängige Notfälle
(Apoplex, akutes Coronarsyndrom etc.)
4. Notfälle durch Therapienebenwirkungen (z.b.
neutropenisches Fieber / Sepsis nach CTX)
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Palliative Notfallsituationen
• 3-5% der präklinischen
Notfälle (DE)
• 2,5% der Rettungsfahrten
bei „Tumorpatienten in der
Sterbephase (DE) (Anästhesist 2007; 56:133)
Hilft der Notarzt?
Retrospektive, mulitzentrische Befragung von
Notärzten bei Palliativpatienten (akute
Schmerzexazerbation beim Tumorpatienten)
• 17 Patienten
• Bei 10 präklinisch keine Schmerzlinderung erreicht
• 15 wurden ins KH eingewiesen
• Bei 2 ambulanter Palliativdienst – blieben zuhause
C. Wiese Nofall Rettungsmed 2010
Advance care planning
- Was kann passieren?
- Was wünscht der Patient?
- Was ist sinnvoll / indiziert?
- Welche therapeutischen Möglichkeiten?
- Was ist das Therapieziel?
Ziele ACP
•Patientenwillen mehr berücksichtigen
•Weniger ungewollte Notarzteinsätze
•Vermeidung von Übertherapien am
Lebensende
•(Kostenersparnis)
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Modelle in anderen Ländern
• Respecting choices® (Australien)
• POLST® (Oregon)
• Beizeiten begleiten (Deutschland)
• Behandlung im Voraus Planen BVP (Dt.)
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Plan für Krisen und Notfälle – Tirol
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Vorsorgedialog des DV Hospiz Österreich
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• Österreichweit
• Standardisiert
• Einheitliche Kommunikation
• Einheitliche Dokumentation
• Entspricht beachtlicher Patientenverfügung
• Enthält Krisenblatt für Notfallsituationen
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Akute Schmerzexazerbation
• >90% der Patienten mit fortgeschrittener
Tumorerkrankung leiden an Schmerzen
• Akute Schmerzexazerbationen treten bei >80% der
fortgeschrittenen Tumorpatienten auf
WHO-Stufenschema
Stufe 1: Nicht-Opioide
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Stufe 2: Schwache Opioide
Stufe 3: Starke Opioide
+ A
dju
vantie
n
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Durchbruchschmerz-Behandlung
Orale IR-Opioide (Rescue-Medikation)
30
Tramadol (s.c. / i.m. / i.v.) Tramal® 100 200 300 400 500
Tramadol (oral / rectal) Tramal® 150 300 450 600
Dihydrocodein (oral)
Paracodin®
120 240 360
Morphin (oral / rectal) Vendal® 30 60 90 120 150 180 210 240 300 600 900
Oxycodon (oral)
OxyContin®
30 60 90 120 150 300 450
L-Methadon (oral) Heptadon® 7,5 Individuelle Titration
Hydromorphon (oral) Hydal® 4 8 12 16 20 24 28 32 40 80 120
Morphin (s.c. / i.v.) Vendal® 10 20 30 40 50 60 70 80 100 200 300
Piritramid (i.v.) Dipidolor® 15 30 45 60
Pethidin (i.v.) Dolantin® 75 150 225 300
Morphin (epidural) Vendal® 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 15,0 17,5 20,0 25,0 50,0 75,0
Morphin (intraspinal) Vendal® 0,25 0,5 0,75 1,0 1,25 1,5 1,75 2,0 2,5 5,0 7,5
Fentanyl Depot Pfl. (mg/24 h) Durogesic® 0,3 0,6 - 1,2 - 1,8 - 2,4 3,0 - 9,0
Fentanyl Depot Pfl.( μg / h) Durogesic® - 25 - 50 - 75 - 100 125 - 375
Buprenorphin (s.l.) Temgesic® 0,4 0,8 1,2 1,6 2,0 2,4 2,8 3,2 4 8 12,0
Buprenorphin Dep. Pfl.( μg / h) Transtec® 17,5 35 52,5 70 87,5 105 122 140
Buprenorphin Dep. Pfl.( mg/24 h)
Transt.®
0,8 1,2 1,6
Buprenorphin (s.c. / i.v.) Temgesic® 0,3 0,6 0,9 1,2 1,5 1,8 2,1 2,4 3,0 6
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Ersticken – akute Dyspnoe
- Atemnot ist die häufigste Ursache für die Krankenhaus-
einweisung in der Terminalphase (Edmonds 2001)
- Inzidenz: 80% der Palliativpatienten in der letzten
Lebensphase
- Atemnot-Angst-Spirale
- Sterben wird oft mit Ersticken gleichgesetzt
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Ersticken – akute Dyspnoe
Diagnostik:
- Reversible Ursache?
Erguss, Bolus, Bronchokonstriktion, Pneumonie, ..
- Irreversible Ursache?
Tumor
- Befindet sich der Patient in der Terminalphase?
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Dyspnoe – Therapie
- Ruhe, nicht alleine lassen
- Positionierung
- Frischluft, Ventilator
- Kausale Therapie wenn möglich
- Atemphysiologische Maßnahmen
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Dyspnoe – Therapie
- Opioide
- Benzodiazepine?
- Sauerstoff?
Opiate in der Dyspnoetheapie
Es gibt keinen Hinweis, dass eine lege artis
durchgeführte Therapie der Atemnot mit
Opioiden zu einer klinisch relevanten
Atemdepression führt.
Abernethy et al. 2003
Sauerstoffgabe?
Sauerstoff sollte nicht zur Linderung von
Atemnot bei nicht-hypoxämischen Patienten
mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung
eingesetzt werden. Abernethy et al. 2010
Sauerstoffgabe?
Nicht-hypoxämische bzw. leicht-
hypoxämische COPD-Patienten (PaO2 ≥ 60
mmHg bzw. 55–59 mmHg), die nicht die
Kriterien für eine Sauerstoff- Langzeittherapie
erfüllen, können von einer Sauerstoffgabe
zur symptomatischen Linderung von Atemnot
profitieren (Uronis et al. 2011 (SysRev))
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Delir in der Sterbephase
• In der letzten Lebenswoche sind 44% der Patienten
verwirrt (Morita 1998)
• Ursachen:
- psychisch (Angst, Alleinsein, Unerledigtes)
- unkontrollierte Symptome (Schmerz, Atemnot,
Mundtrockenheit, Harnverhalt)
- ZNS-Störungen (Hypoxie, Elyte, Metastasen)
- Medikamente!! >5 Medikamente = Delirrisiko x14
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Delir in der Sterbephase
• Therapie:
- Ruhe, Vertrauen schaffen, gewohnte Umgebung
- Reversible Ursachen beseitigen
• Medikamentös: Benzodiazepine
Haloperidol
Quetiapin, Risperidon
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Akute Blutung
• Vorsorgeprotokoll für Blutungsnotfall
• Aufklärung der Angehörigen / Betreuenden
• Dunkle Tücher
• Dabei bleiben, Ruhe vermitteln
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Akute Blutung
Leichte, gut zugängliche Blutung:
- Kompression
- Otrivin-Nasentropfen, Adrenalin lokal
- Sucralan
- Tabotamp Gazestreifen
Starke, lebensbedrohliche Blutung:
- Benzodiazepine, Opiate
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Todesrasseln
= in- und exspiratorisches Atemgeräusch. Sekret-
ansammlung durch vermindertes Schlucken und Husten
Wird von Angehörigen oft mit Atemnot / Ersticken
gleichgesetzt.
Aufklärung, Stresszeichen suchen!
Flüssigkeitszufuhr reduzieren, Robinul s.c.
Cave: Absaugen, Diuretika!
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Wahrscheinlichkeit, nach CPR das KH lebend zu
verlassen:
- Gesamtpopulation: 4,3-11,2%
- Lokalisierter Tumor: 9,1%
- Metastas. Tumor: 7,8%
- Karnofsky <50% 2,3%
Reisfield GM et al 2006
CPR – ja /nein?
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• Patientin äußert einen klaren, mutmaßlichen
Patientenwillen
Fallbeispiel
Dokumentation!
Hausarzt
Erstellen einer PV
Mobiles Palliativteam
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• bekannte Familienkonflikte
Fallbeispiel
Familienkonferenz
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Take home:
• Vorausschauendes Handeln ist
entscheidend
• Frühzeitige Integration von PC
• Betreuungskontinuität
• Teamarbeit - Vernetzung
• Angehörige einbinden