Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1...
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zu unterhalten, machte Offenbach bald
zum Zentrum des hebräischen Buch-
drucks. Mit der Ansiedlung von Juden
in Offenbach wurden der Bau einer
Synagoge und die Einrichtung eines
jüdischen Friedhofes erlaubt. Toleranz
im Zeichen einer durchdachten Wirt-
schaftspolitik machte aus dem Dorf
Offenbach bald eine florierende Han-
delsstadt. Auch die soziale Fürsorge
wurde gewährleistet und 1714 ein
Zum Glück ist der Grundriss von Neu-
Isenburg als eine der wenigen in
Deutschland ideal geplanten und kom-
plett ausgeführten Anlagen vollständig
erhalten. Der geistige Vater eines sol-
chen Plans war mit Sicherheit der Lan-
desvater und Ortsgründer Graf Johann
Philipp selbst. Er besaß mehrere Wer-
ke die sich mit Stadtplanung und
Architektur befassten.
Das Rathaus war der MittelpunktEs war von zierlicher Gestalt
Armen- und Waisenhaus, finanziert
durch eine Lotterie, eingerichtet. Ne-
ben den gut ausgebildeten Hugenotten
kamen auch französische Flüchtlinge
in die Grafschaft, die als einfache
Handwerker und Bauern ihr Auskom-
men suchten. Ihnen wurde Land im
Süden Offenbachs zugesprochen. Am
24.07.1699 leisteten 30 Hugenotten im
Offenbacher Schloss Graf Johann
Philipp zu Ysenburg und Büdingen
Bereits 1700 waren zwei Gasthäuser
errichtet worden. 1702 wurde auch der
Grundstein für die reformierte Kirche
gelegt, zwei Jahre später die erste
Schule errichtet. Das Rathaus wurde
1702 vollendet. Der Graf hatte es auf
eigenen Kosten errichten lassen. Das
7,06 m breite und 9,18 m hohe Gebäu-
de mit Uhrtürmchen ( 5,78 m), war ein
zierliches Bauwerk, das in seiner un-
verwechselbaren Gestalt in Neu-Isen-
burg nie etwas vergleichbares hatte.
Das Hugenottenrathaus diente 170
Jahre lang der langsam wachsenden
Gemeinde auf vielfache Weise: ge-
schützt vor der Witterung konnte das
Wasser geschöpft werden. Der Rats-
versammlung stand 36 Quadratmeter
im Saal zur Verfügung, von dem aus
allen Gassen und Gässchen des Huge-
nottenkreuzes gesehen werden konnte.
jemand klar und deutlich sagt: „Durch
Deutschland muss ein Ruck gehen.
Wir müssen Abschied nehmen von
„Es ist weder möglich noch erträglich,
alles zu bewahren und nichts zu ver-
gessen – das wäre das Ende der Ge-
schichte“ konstatiert der Kultur-
theoretiker Hartmut Böhme. Er weist
darauf hin, dass Vergessen, Verfallen
und Zerstören in Bezug auf die Ver-
gangenheit wahrscheinlicher sind, als
das Bewahren und Erinnern.
Der Grundstein für Neu-Isenburgs
Erfolgsgeschichte wurde 1699 gelegt,
mit der Ansiedelung französischer
Hugenotten. Die Siedlung hieß Ysen-
burg und der fortschrittlich denkende
Graf Johann Philipp gewährte den
Flüchtlingen auch Glaubensfreiheit.
Wer weiß das heute noch? Und warum
soll man das Vergangene kennen,
wenn alles auch „gegoogelt“ werden
kann?
Der Philosoph Odo Marquard antwor-
tete in seinem Buch „Zukunft braucht
Herkunft“, auf die Frage: ist das Le-
ben so kurz, dass wir keine Zeit für
Vergangenes haben? Er schrieb: „Das
Neue, das wir suchen, braucht das
Alte, sonst können wir das Neue auch
gar nicht als solches erkennen. Ohne
das Alte können wir das Neue nicht
ertragen, heute schon gar nicht, weil
wir in einer wandlungsbeschleunigten
Welt leben.“ Deshalb ist es wichtig an
Personen zu erinnern, die außerge-
wöhnliches geschaffen haben. Ihr Na-
me und ihre Leistung soll vor dem
Vergessen bewahrt werden.
Ihr Neu-Isenburger
Extrablatt
m
Umwelt + Energie + Verkehr + Konsum + Innenstadt + Bildung + Beruf + Demografischer Wandel + Gesundheit + Intelligente Stadt
Tarek Al-Wazir:
Mobilität
2035LETZTE FOLGE S. 8-9
Stadtumbau:
Bürgerschaft
dringend gesuchtINNENSTADT S. 11
Odo Marquard:
Zukunft braucht
Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1
Neu-IsenburgerExtrablattNr. 61 * 2018 Freitag 28. September
Neues Fotoprojekt:
In Neu-Isenburg
zu HauseHUGENOTTENBANK S. 5
17. Woche der Toleranz und
Mitmenschlichkeit
Die jährlich stattfindende Themenwoche
zeigt Integration und Vielfalt
in Neu-Isenburg Seite 4-5
Smartphone Besitzer können
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blatt kostenlos nutzen.
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Neu-Isenburg
Die neue Serie über unsere
Stadt. Am 21.09.1718 verstarb
Graf Johann Philipp. Von 1655
bis 1718 war er der Regent der
Grafschaft Isenburg-Offenbach.
Wie alles begann…
NEU: Iseborjer satirisches Gebabbel
Das Top-Thema des Monats, direkt
und schonungslos kommentiert,
von der Satireredaktion:
Seite 12
Graf Johann Philipp zu Ysenburg-
Büdingen – Gründer unserer Stadt Erinnerungen zum 300. Todestag
1655-1718
Er war ein weitsichtiger und toleranter Landesherr Unter seinem Schutz wurde Neu-Isenburg von 30 Hugenotten gegründet.
G
Der Grundriss kam
vom Grafen selbst
Vor dem Vergessen
bewahren:
Themenzeitung für Neu-Isenburg
den Treueeid. Die Flüchtlinge erhiel-
ten zwischen dem Dorf Sprendlingen
und dem Frankfurter Stadtwald eine
brachliegende Lichtung als Siedlungs-
land. Das gegründet Dorf erhielt dann
den Namen „Ysenburg“. Heute hat
Neu-Isenburg fast 40.000 Einwohner
und ist bedeutender Wirtschaftsstand
ort. Namhafte Konzerne, die Dienst-
leistungsbranche, Handel, Handwerk
und Logistikzentren, auch mittelstän-
dische Betriebe tragen zur hohen Wirt-
schaftskraft von Neu-Isenburg bei.
Die Uhr – von den 4 Hauptgassen
sichtbar - diente mit ihren Glocken zu-
gleich dem Gottesdienst, der Feuer-
warnung und zur Anmahnung der
Steuern, Das Treppenhaustürmchen
nahm die Arrestzelle und den Aufent-
haltsraum des Nacht- und Feuerwäch-
ters auf. Das Rathaus wurde 1876
wegen Baufälligkeit abgerissen.
raf Johann Philipp zu Ysen-
burg-Büdingen machte sich
als weitsichtiger Landesherr
einen Namen: In Folge des Dreißig-
jährigen Krieges war seine Graf-
schaft Offenbach verarmt, verwüs-
tet, entvölkert. Doch Johann Philipp
erkannte das Potential, dass in der
Nachbarschaft zur Messe- und Han-
delsstadt Frankfurt am Main lag.
Verhinderten in Frankfurt die Hand-
werksgilden den Zuzug von fremden
Arbeitern und die Gründung neuer
Unternehmen, warb er aktiv Immi-
granten an. Vor allem die Hugenotten,
protestantische Flüchtlinge aus Frank-
reich, die über ein fortschrittliches
Wissen im Manufakturwesen verfüg-
ten, waren für ihn von Interesse.
Die Hugenotten hatten nach der Auf-
hebung des Toleranzedikts von Nantes
ihr Land verlassen müssen. Ihre Flucht
führte sie zu dem reformierten Graf
Johann Philipp von Ysenburg-Büdin-
gen. Er sicherte ihnen im Rahmen sei-
ner Ansiedelungspolitik Schutz, freien
Gebrauch der französischen Sprache
und Religionsfreiheit zu.
Zahlreiche Gewerbe entwickelten sich
in Offenbach, insbesondere das
Druckereiwesen gelang zu Bedeutung.
In Offenbach wurde bald gedruckt,
was in Frankfurt verboten war: reli-
giöse Schriften von Abweichlern, aber
auch hebräische Texte. Die Möglich-
keit für Juden, ein eigenes Druckhaus
Verhässlichung der Städte
Stararchitekt und Stadtplaner
Léon Krier kritisiert die Irr-
wege der Nachkriegsmoderne
Seite 10
Seite 2 September 2018
zu gebieten. Die Neu-Isenburger hol-
ten sich nämlich Bau- und Feuerholz
im Frankfurter Stadtwald. Ein gefähr-
liches Unterfangen, denn der Förster
vom Stadtwald wachte vom Forsthaus
aus. Heute kennt man das Gebäude als
„Frankfurter Haus.“ (Siehe Bild).
Besonders viel Ärger
gab es mit Langen
Schlimmer trieben es die Untertanen
des Dorfes Langen! Unter Berufung
auf ihr althergebrachtes Recht des
„Weidgangs“ trieben sie ihre Rinder-
herde durch die frisch angelegten Hir-
se-, Rüben- und Tabakfelder der fran-
zösischen Flüchtlinge, worauf es zu
einem heftigen Zusammenstoß kam.
Graf Johann Philipp pochte beim
Landgrafen auf Schadenersatz. Der
drohte mit Gegenforderungen, da er
durch das „Ausrotten“ der Wälder für
das neue Dorf Ysenburg, seine Weide-
rechte geschmälert sah. Den Prozess
vor Gericht hatte der Graf allerdings
verloren, obwohl er einen Rechtsan-
walt aus Wien verpflichtete, das zeigt
sein Engagement für seine Leute.
as Wissen über die Wurzeln
unserer Stadt gerät immer
mehr in Vergessenheit. Wie
wichtig ist es, die Alte Welt zu ver-
stehen und wie kann unser kultur-
elles Erbe vor dem Vergessen be-
wahrt werden? Graf Johann Philipp
von Ysenburg sollte vor dem Ver-
gessen bewahrt werden und deshalb
allen Neu-Isenburgern in Erinne-
rung bleiben. Hier ist die Geschichte
unserer Stadtgründung und die Zeit
danach.
Johann Philipp zu Ysenburg, der im
Offenbacher Schloss residierende
Graf, kannte in seiner Regierungszeit
von 1685 bis 1718 nur wenige Frie-
densjahre als Atempause. Ansonsten
gab es immer nur Kriegszustand des
Reiches mit Frankreich und an der
Türkenfront. Seine Aufbauleistung in
dieser schwierigen Zeit, die zur Grün-
ung von Neu-Isenburg geführt hat, ist
daher um so höher zu bewerten.
Was war seine Motivation?
Die unmittelbare Konfrontation mit
der Härte der französischen Politik
war für seine Haltung – das christliche
Mitleiden, mit den um der Wahrheit
und der Religion wegen aus ihrem Va-
terland in Armut und Elend Verstoß-
enen – sicher mit ausschlaggebend ge-
wesen. Die Aufnahme einer kleinen
französischen Hugenottengemeinde in
der Residenz Offenbach und die Grün-
dung des „welschen Dorfes“ (auslän-
disch Sprechende) sind Resultate, die
vor dem Vergessen zu bewahren sind.
Bereits auf den 01.07.1699 datiert, ist
ein Maßstab aus Messing – der Isen-
burger Fuß – mit dem der Graf die
Siedlungsgrundstücke durch den Bau-
meister Andreas Löber vermessen
ließ. Im Gründungsprivileg billigte der
Landesherr den Flüchtlingen weiter-
gehende Selbstverwaltungsrechte und
gewährte den Mittellosen großzügig
Hilfe beim Häuserbau. Der kam aller-
dings nur schleppend voran, noch im
Mai 1700 gab es weder fest gebaute
Häuser noch eine Kirche.
Kirche, Rathaus und Schule
entstehen
Im Mai erfolgte die Grundsteinlegung
einer Kirche am Marktplatz, die 1708
fertiggestellt wurde. Im gleichen Jahr
lässt Graf Johann Philipp auf seine
Kosten auf dem Marktplatz ein kleines
Rathaus errichten. Heute noch ein oft
dargestelltes Symbol. Ecke Pfarrgasse
und Wiesenstraße entstand 1704 das
erste Schulhaus, indem in französi-
scher Sprache unterrichtet wurde.
Ärger mit Frankfurt
Doch handelte sich der Graf, mit der
neuen Siedlung auf der grünen Wiese,
oder besser gesagt, mitten im Wirt-
schaftsstandort „Wald“, zunächst eine
Menge Ärger mit den Nachbarn ein.
Dazu gehörte die Reichsstadt Frank-
furt, die sofort gegen die Gründung
unmittelbar an der Grenze ihres Stadt-
waldes protestierte und schon 1701
dort ein wehrhaftes Forsthaus erbauen
ließ, um jeglichem Waldfrevel Einhalt
Graf Johann Philipp zu Ysenburg-Büdingen
N E U - I S E N B U R G
Den Grafen vor dem Vergessen bewahrenSeine Lebensleistung ist eng mit der Geschichte von Neu-Isenburg verbunden
Sprendlingen
Frankfurter Stadtwald
Neu-Isenburg: ein kleines Dorf inmitten großer Wälder. Zeichnung um das Jahr 1800
Siedlungs-
land
Ausstellung und Programm zum 300. Todestag
D
Frankfurter
Haus
Frankfurter Straße
Schloss des Grafen von IsenburgIn Offenbach am Main residierte der Graf
Die ersten Steuern wurden
ab 1711 erhoben.
Deshalb kehrten aber nicht ein Drittel
der hugenottischen Familien Neu-
Isenburg wieder den Rücken. Es war
eher die Unzufriedenheit mit den Le-
bensumständen und die Erinnerung an
die alte Heimat, die ein Drittel der Hu-
genotten veranlassten, zurückzukeh-
ren. Den hugenottischen Gründern ist
nichts geschenkt worden. Sie mussten
einen harten Kampf ums tägliche Brot
führen, der Boden für landwirtschaft-
liche Nutzung war wenig ergiebig.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird
Offenbach Residenz und Sitz der Lan-
desverwaltung der Grafen von Isen-
burg. Unter Einbeziehung älterer Teile
wurde Anfang des 16. Jahrhunderts
bis zur Fertigstellung 1559 ein reprä-
sentativer Schlossbau errichtet. Es ist
eines der wenigen Renaissanceschlös
ser Hessens von Bedeutung. Während
des 30-jährigen Krieges residierte
Gustav Adolf 1631 im Schloss. Die
Grafschaft Isenburg hatte auch Jahr-
zehnte danach unter den verheerenden
Kriegsfolgen zu leiden.
Johann Philipp von Isenburg-Offen-
bach wurde 1655 als drittes Kind und
erster Sohn von Johann Ludwig, Graf
von Isenburg-Büdingen-Offenbach,
und Luise, Prinzessin von Nassau-Dil-
lenburg, im Schloss geboren. Der
zweiten Ehe entstammt eine Tochter,
Deutsche siedelten sich
in Neu-Isenburg an
Damit die Häuser nicht verfallen,
Äcker nicht brach liegen, damit das
Dorf lebensfähig bleibt, erlaubte der
Graf offiziell, dass sich Deutsche in
Neu-Isenburg ansiedeln durften. Das
damalige Dorf war verschuldet und
konnte in den ersten Jahren seines
Daseins nur mit der Unterstützung
holländischer Freunde der Hugenotten,
lebensfähig erhalten werden.
Den Hugenotten gefiel nicht, dass die
zugezogenen Deutschen „Lutheraner“
waren. Es gab ständig Ärger. Per Er-
lass schrieb Johann Phillips Nachfol-
ger Graf Wilhelm Moritz II: „Dieses
Dorf soll für immer eine französische
Colonie bleiben“. Deutsche sollten
ihre Kinder in die französische Schule
schicken. Der Kampf um heimatliche
Wurzeln war somit entbrannt.
Wie viel Heimat braucht
der Mensch?
Wenn Neu-Isenburg sich trotzdem gut
entwickeln konnte, so lag es an der
geistigen Regsamkeit seiner Bewohner
französischen Ursprungs und der kom-
merziellen Geschicklichkeit und des
Fleißes, den diese Bevölkerung aus-
zeichnete. Leider erinnert nur noch
wenig an Gründerzeiten im Alten Ort.
Luise Charlotte von Isenburg-Birstein-
Offenbach, sie ist 1715 in Offenbach
am Main geboren. Südlich von Offen-
bach ließ er das Schloss Philippseich
bauen, er verstarb in der neuen Graf-
schaft Isenburg-Philippseich 1718.
Mit dem Ende der Herrschaft der
Isenburger 1816 und mit der Einglie-
derung Offenbachs in das Großher-
zogtum Hessen-Darmstadt, wurde das
Isenburger Schloss zur Verwaltung
des Wald- und Grundbesitzes bei
Offenbach benötigt.
Das Isenburger Schloss ist heute Be-
standteil des Campus der Hochschule
für Gestaltung Offenbach. Hier sind
der Bereich Fotografie und der
Computer-Arbeitsraum untergebracht.
Das Erdgeschoss wird für Veranstal-
tungen genutzt.
Das Isenburger Schloss in Offenbach am Main
Fr. 21.9.2018, 18 Uhr
Eröffnung der Sonderausstellung
im Plenarsaal des Rathauses durch Bürgermeister
Herbert Hunkel und Grußwort von
Alexander Fürst von Isenburg
21.9.2018- 24.02.2019
Stadtmuseum Haus zum Löwen
„1718 – Graf Johann Philipp Zu Ysenburg-Büdingen
und seine Zeit
Sonderausstellung zum 300. Todestages des
Neu-Isenburger Stadtgründers
Mo. 24.9.2018 19:30 Uhr Hugenottenhalle
Die Streiche des Scapin
Komödie von Molière,
Einführung 18:45 Uhr.
Zwei reiche und gierige
Kaufleute überlassen ihre
beiden Söhne den Dienern
zur Aufsicht…
Fr. 05.10. 2018, 18:30 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Modenschau
Die Gewänder von Graf Johann und Charlotte Amalie,
Pfalzgräfin bei Rhein zu Zweibrücken-Landsberg
So. 14.10.2018, 18 Uhr
Treffpunkt Stadtmuseum
Kostümführung durch Alten Ort
Stadtgeschichte als Zeitreise: Eine Hugenottin
trifft den Geist des Grafen. (Die Zeitreise findet
auch 4.11. um 17 Uhr statt)
Sa. 26.8.2018, 11-18 Uhr
Barockes Sommerfest im Bansapark
Historischer Holzspiele-
park und 12 Riesen-
spielstationen laden
zum Mitspielen ein.
Mit Gästen aus dem
Barock und Lesung
mit Chantal, Prinzessin
zu Ysenburg
So. 30.09.2018, 11 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Druckwerkstatt – Fremde Zeichen
Auf den Spuren der Druckerei
Lanoy geht es zu den hebräischen
Drucken „Gestalt der Erde“ und
„Die Spiegel der versammelten
Frauen“, die Ausdruck der Tole-
ranzpolitik des Grafen waren.
So. 07.10.2018, 17 Uhr Hugenottenhalle
Barockkonzert Vierfarben Saxophonquartett
Das Vierfarben
Saxophonquartett
präsentiert Werke
aus dem Barock
von Frescobaldi,
Bach, Händel
und anderen.
Das Stadtmuseum befindet sich seit
1958 im „Haus zum Löwen“, einem
1976 abgerissenen und 1978 original-
getreu wiederaufgebauten ehemaligen
Gasthaus aus dem frühen 18. Jahr-
hundert. Nach einer mehrjährigen
Umbau- und Sanierungsphase öffnete
im Februar 2011 das Museum mit
einer neugestalteten und erweiterten
Dauerausstellung wieder die Pforten.
In der Löwengasse 24 präsentiert seit-
dem das Stadtmuseum seine Dauer-
ausstellung: eine facettenreiche Ge-
schichte von Neu-Isenburg. Themen-
schwerpunkte sind die Gründung und
Entstehung des Dorfes, theologische
Aspekte und Lebensweise der ersten
Hugenotten sowie die wirtschaftliche
und demografische Entwicklung zur
Stadt, anhand ausgewählter Hand-
werks- und Gewerbezweige. Die The-
men der Dauerausstellung werden
durch regelmäßige Sonderausstellung-
en, Veranstaltungen, und museums-
Seite 3 September 2018N E U - I S E N B U R G
Die Ausstellung zu seinem 300. TodestagEs gilt den Grafen vor dem Vergessen zu bewahren
pädagogische Angebote ergänzt. Der
300. Todestag des Stadtgründers von
Neu-Isenburg ist eine dieser Sonder-
ausstellungen, die vom Stadtmuseum
konzipiert und realisiert wurden.
Seit 2016 ist Christian Kunz Muse-
umsleiter und auch Kurator der Aus-
stellung zu Graf Johann Philipp zu
Ysenburg-Büdingen und seine Zeit.
Das Neu-Isenburger Extrablatt hatte
die Gelegenheit während der Aufbau-
phase in den letzten Tagen vor der
Eröffnung, noch mit Christian Kunz
zu sprechen. Hier ist das Interview:
Herr Kunz, welche Größe hat die
Ausstellung insgesamt und was
erwartet den Besucher – speziell
auch bei den Exponaten? Wie viel
Zeit sollte man sich für den Besuch
mitbringen?
Die Ausstellung ist die bislang größte
im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“
und verteilt sich über das ganze Haus.
Sie setzt sich zusammen aus 39 Infor-
mationstafeln und 13 hochkarätigen
Exponaten, die zusätzlich ausgeliehen
wurden.
Neben dem einzigen erhaltenen
Originalporträt des Neu-Isenburger
Stadtgründers Graf Johann Philipp,
können wir 300 Jahre alte Bücher aus
der Hofdruckerei Lanoy in Offenbach
sowie eine „Schnepper“-Armbrust,
die Kugeln verschießt, präsentieren.
Sie wurde zur Vogeljagd verwendet.
In der Ausstellung kann man mehrere
Stunden verbringen, es lohnt sich aber
auch die intensive Betrachtung eines
einzelnen Themas an einem Tag und
weitere Besuche an anderen Tagen.
Wie lange haben Sie und ihr Team
an der Ausstellung gearbeitet?
Vom ersten Konzept, über die
Anfrage der geliehenen Objekte
bis zu Realisierung, haben wir
etwa anderthalb Jahre an der
Ausstellung gearbeitet.
Welchen Überblick gibt die Aus-
stellung den Besuchern und was
sind die Themen?
Von Graf Johann Philipp hört in
Neu-Isenburg jedes Grundschulkind,
aber in welcher Zeit hat er überhaupt
gelebt? Wie kleidete man sich, was
hat man gegessen? Wer arbeitete an
einem kleinen Grafenhof?
Was glaubte man, was war umstritten?
Wie wurde gespielt, gejagt, wie hat
man sich unterhalten? Was passierte
um Neu-Isenburg herum und in ganz
Europa? Was waren die Erfindungen
und Entwicklungen 1718?
Diese Fragen und noch einige mehr,
kann man in der Ausstellung erfahren.
Anhand einiger Punkte im Leben Graf
Johann Philipps können detaillierte
Lebensumstände aus der Zeit um 1718
erfahren werden. Die Ausstellung
stellt auch intime Fragen nach Körper-
hygiene und Parfumkultur, zeigt
aktuelle Mode, beschreibt Kunst,
Kultur und Freizeitvergnügen sowie
Ernährungsgewohnheiten der Zeit.
Museumsleiter und Kurator der Ausstellung
Christian Kunz hier im Exklusivinterview
Alexander Fürst von Isenburg und Gemahlin Dr. med. Sarah Fürstin von Isenburg
Was ist das Besondere an der
Ausstellung, warum muss man
sie gesehen haben?
Die Ausstellung möchte auch Sinne
ansprechen, die sonst im Museum
selten bedient werden: An einer Duft-
station kann man die Bestandteile der
ältesten Parfümmarke der Welt, das
Farina Eau de Cologne von 1709
riechen, eine Kostümstation lädt
Kinder ein, sich im Stil des Barocks,
bis hin zur Perücke, zu kleiden und
Barocke Spiele können nachgespielt
werden. „1718 – Graf Johann Philipp
zu Ysenburg – Büdingen und seine
Zeit“ ist also eine Ausstellung für alle
Sinne und für Groß und Klein!
Vielen Dank für das Interview
Stadtmuseum „Haus zum Löwen“
Löwengasse 24
63263 Neu-Isenburg
Öffnungszeiten:
Fr. 17–20 Uhr
Sa., So., Feiertage 11–17 Uhr
Telefon
(0 61 02) 5 60 91 94
Aktuelles
Gruppenführungen nach
Voranmeldung bei: Dagmar Seitz,
Tel.: (0 61 02) 7 47-4 34 oder
Verena Stein-Fuckner,
Tel.: (0 61 02) 7 47-4 16
Eintritt:
Zahle was du willst!
Auch Trauer auf Schloss Birstein
in Hessen
Franz Alexander Fürst von Isenburg
ist tot. Das teilte das Fürstenhaus am
8. Mai 2018 mit. Seine Durchlaucht
sei, so heißt es in der Traueranzeige,
die auch auf der Webseite des Fürsten-
hauses zu finden ist, "nach langem,
mit großer Geduld getragenem Lei-
den“ gestorben. Die Herzen der Bir-
steiner habe er unter anderem mit
seiner Bodenständigkeit und Naturver-
bundenheit gewonnen, berichten die
Medien über den beliebten Adeligen.
Zusammen mit seiner Frau Fürstin
Christine, mit der er im Januar noch
die Goldene Hochzeit feiern konnte,
hat der Fürst fünf Kinder: Katharina
Erzherzogin von Österreich, Isabelle
Fürstin zu Wied und Viktor Prinz von
Isenburg. Die zweite Tochter des Fürs-
tenpaares, Sophie, ist mit Georg Fried-
rich Prinz von Preußen verheiratet.
Haus Isenburg hat
neues Oberhaupt
Das Haus Isenburg kann auf eine
Geschichte zurückblicken, die bis ins
10. Jahrhundert reicht und zählt damit
zu den ältesten Adelsgeschlechtern
Europas. Fürst Franz Alexander war
schon 1956 – damals war er noch ein
Kind – auch Chef des Hauses.
Sein Nachfolger wird nach seinem
Tod nun sein ältester Sohn, Alexander,
der nun den Titel Fürst von Isenburg
trägt. Er hatte bereits seit einigen
Jahren die Geschäfte des Hauses von
Birstein aus geführt. Alexander Fürst
von Isenburg, wurde am 16.6.1969 in
Frankfurt am Main geboren. Seine
Leidenschaft gehört der Hege und
Pflege des Waldes, der Landwirt-
schaft, der Jagd sowie des Schlosses.
So. 20.01.2019, 15 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Barocke Spiele
Das höfische Spiel war eine
Form des festlichen Zere-
moniells, das mehrere Ele-
mente vereinigte und die Hof-
ordnung repräsentierte.
Fr. 01.02.2019, 18:30 Uhr
Stadtmuseum zum Löwen
Das Leben am Hofe des Grafen
Hirte und Lakai oder Gärtner und Fasanenpfleger
waren übliche Berufe vor 300 Jahren am Hof.
Ein Vergleich mit anderen europäischen Höfen.
Vortrag Christian Kunz
Fr. 07.12.2018, 19 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
300 Jahre Duftgeschichte mit Farina 1709
Die älteste Parfümmarke der Welt.
Johann Maria Farina war der Erfinder
eines Aqua mirabilis, Eau de Cologne
Vortrag Aqua Mirabilis
Fr. 30.11.2018, 18 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Was nützt die Beschäftigung mit GJP heute?
Wen interessiert eigentlich noch jemand der schon
300 Jahre tot ist? Aber vielleicht lohnt sich doch
mal ein anderer Blickwinkel.
Vortrag von Matthias Loesch, Pfarrer i.R.
So. 18.11.2018, 14 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Da wir nemlich (…) zu fünf Morgen Aecker ein
Morgen Wiese beyfügen…
Auf unbebauter Wiese entstand das Dorf Isenburg.
Mit dem Isenburger Fuß wurden die Parzellen
vermessen. Wie sahen die Landkarten aus?
Vortrag von Martin Klöffler
Fr. 02.11.2018, 18:30 Uhr
Rathaus Plenarsaal
Vortragsabend mit Gästen aus dem Haus Ysenburg
Gemeinschaftsveranstaltung mit GHK Neu-Isenburg
Sa. 20.10.2018, 14 Uhr
Radtour zu den Zeitzeugen Graf Johann Philipps
Forstamt Langen zeigt Naturdenkmäler der Region.
Wie hat der Wald vor 300 Jahren ausgesehen?
Gemeinschaftsveranstaltung mit Hessen Forst
Do. 18.10.2018, 19 Uhr
Stadtmuseum Haus zum Löwen
Religion und Weltanschauung um 1700
Graf Johann Philipp regierte über Lutheraner,
Katholiken, calvinistische Hugenotten und Juden.
Vortrag von Sven Lichtenegger
Ausstellung und Programm zum 300. Todestag
So. 24.2.2019, 14 Uhr
Stadtmuseum zum Löwen
Finissage der Sonderausstellung
Unter anderem mit „Lieder aus der Zeit“, Führung
durch die Ausstellung, Kinderlaufsteg mit Kostümen.
Serenadenkonzert mit dem Ensemble Avara von
deutschen sowie italienischen Komponisten im
17. und 18. Jahrhundert.
Stolz präsentiert Christian Kunz in der Ausstellung das einzig erhaltene Gemälde des Grafen zu Ysenburg
Seite 4 September 2018N E U - I S E N B U R G
Programm zur 17. Woche der Toleranz und Mitmenschlichkeit
Wie viel Heimat
braucht der Mensch?
Seine Ansiedelungspolitik war ja
in der Region nicht sehr beliebt.
Was musste der Graf da alles
durchstehen?
In der Tat war die Ansiedlungspolitik
des Grafen Johann Philipp nicht
beliebt. Zum einen störte sich die
freie Reichsstadt Frankfurt am Main
über die unliebsame Siedlung in ihrem
Süden und unmittelbaren Nachbar-
schaft und machte meinem Vorfahren
auf allen Wegen Schwierigkeiten.
Zum anderen hatte Graf Johann
Philipp auch aus seinem eigenen Land
einiges durchzustehen, weil er den
Hugenotten verschiedene Privilegien,
wie z.B. Steuerfreiheit, gestattete, die
in seiner Grafschaft nicht auf frucht-
baren Boden fiel und Neid und Miss-
gunst erzeugte. Es kann nicht nur eine
große Portion Mut gewesen sein die
Hugenotten anzusiedeln; es gehörte
auch sehr viel innere Überzeugung
dazu.
Gibt es noch schriftliche Unterlagen
die zeigen, wie wichtig ihm "sein
Neu-Isenburg" war?
Ja, es gibt Unterlagen die zeigen wie
wichtig dem Grafen Johann-Philipp
sein Neu-Isenburg war. Er hat sich
zum Beispiel regelmäßig über die
Entwicklung von Neu-Isenburg
informieren lassen und sogar
Privilegien verlängert, um den
Hugenotten die Möglichkeit zu
geben sich etwas aufzubauen
und in Sicherheit zu leben.
Vielen Dank für das Interview
So. 09. September, 19:30 Uhr
Cineplace, Beethovenstr. 89a
Nach dem Brand
Film und Gespräch mit Ibrajim Arslan. In
Mölln legten Neonazis in der Nacht zum
23. November 1992 einen Brand im Haus
der türkischstämmigen Familie Arslan.
Mo. 10.09. – 28.09.2018,
Foyer Plenarsaal, Rathaus
„Rechts Außen – Mitten Drin“
Eine Ausstellung über Rechtsextremismus,
Erscheinungsformen und Handlungs-
möglichkeiten.
Alexander Fürst von Isenburg mit dem „Isenburger Fuß“ von 1699 zur Grundstücksvermessung in den Händen
„So war Graf Johann Philipp“Das Interview mit Alexander Fürst von Isenburg
DAS FAMILIENWAPPEN
Das Familienwappen der Grafen und
heutigen Fürsten von Isenburg besteht
aus zwei schwarzen Balken auf silber-
nem Schild. Mit der Erhebung der Bir-
steiner Linie in den Reichsfürstenstand
durch Kaiser Karl VII. im Jahre 1744
war eine Wappenvermehrung verbun-
den. Dies bedeutet, dass dem Stamm-
wappen eine neue Komponente hinzu-
gefügt werden durfte. Es war dies der
„Hardecker Löwe“: Ein nach rechts
blickender, goldener Löwe mit dop-
peltem Schweif auf blauem Schild,
ziert seither das Herzschild auf dem
alten Isenburger Wappen.
Um die Entstehung des Wappens rankt
sich folgende Sage: Kaiser Barbarossa
hatte sich bei einer winterlichen Jagd
im Büdinger Wald verirrt. Bei der ver-
zweifelten Suche nach einem Ausgang
traf er auf einen Köhler. Der erkannte
den Kaiser nicht, führte ihn aber hilfs-
bereit aus dem Wald heraus. Der Kai-
ser gab sich zu erkennen und sprach
zu dem Köhler: „Knie nieder, denn ich
will Dich als Belohnung für die Hilfs-
bereitschaft zum Ritter schlagen.“ Der
Köhler zeichnete mit schwarzen Fin-
gern zufällig zwei Linien im Schnee,
woraufhin der Kaiser sprach: „Dieses
soll Dein Wappen sein, zwei schwarze
Balken auf silbernem Schild“.
Mi. 12. September, 16:00 Uhr
Stadtbibliothek Gravenbruch
Dreiherrensteinplatz
„Das Allerwichtigste“
Von Antonella Abbatiello
Italienisch-Deutsche Vorlesestunde.
Die Tiere des Waldes streiten sich. Der
Igel meint, es sei das Wichtigste, Stacheln
zu haben, die Giraffe hält einen langen
Hals für das Wichtigste und der Vogel,
Flügel zu haben. Ob die kluge Eule eine
Lösung findet?
Bedürfnis nach Zugehörigkeit,
Anerkennung und Sicherheit
Psychologen stellen bei der Beobach-
tung seelischer Prozesse bei Einwan-
derern heute zunehmend fest: es be-
steht das grundlegende Bedürfnis nach
Zugehörigkeit, Anerkennung und Si-
cherheit. Doch dazu gilt es neue Re-
geln des Zusammenlebens zu erlernen,
sich anderen Menschen und vor allem
einer anderen Sprache anzupassen.
Dabei erweist sich Migration und Inte-
gration immer mehr zum zentralen,
gesellschaftlichen Problemfeld.
Das Angebot zum Zusammenleben,
hat den verstörenden Erfahrungen der
Migranten in vielen Städten bisher
wenig Rechnung getragen. Wie geht
Neu-Isenburg mit dieser Situation um?
Einwanderung gibt es in Neu-Isenburg
ja schon seit 1699. Durch seinen
hugenottischen Ursprung kennt Neu-
Isenburg von Anfang an die Heraus-
forderungen und Chancen der Ein-
wanderung.
Die Woche der Toleranz und
Mitmenschlichkeit
Heute ist Neu-Isenburg eine inter-
nationale Stadt geworden, in der Men-
schen aus 122 Nationen leben. Zum
siebzehnten Mal veranstaltet die Stadt,
gemeinsam mit vielen Partnern, die
Woche der Toleranz und Mitmensch-
lichkeit. Der jährliche Termin ist in-
zwischen Tradition in Neu-Isenburg
und bietet vielfältige Möglichkeiten
der Begegnung, der Reflexion, der
Information und des Zusammenfeiern
in unserer immer internationaler wer-
denden Stadt
Mit einem Programm vom 10. August
bis zum 29. Oktober 2018 lädt die
Stadt zum Mitmachen und zum Be-
such ein. Überall kann man teilneh-
men, bei Ausstellungen, Initiativen
und Veranstaltungen.
seinem Doppelleben wissen. Als Dinos
Vater erkrankt und seinen Sohn bittet, den
Fastenmonat Ramadan an seiner Stelle
zum begehen, bekommt der in Religions-
fragen ungeübte Sprössling ein Problem...
Sa. 25. August, ab 13:30 Uhr
Rosenauplatz
Tag der Nationen – Ein Fest der
Integration
Das Fest wird dieses Jahr mit Podiums-
diskussion zum Thema Integration
bereichert. Neben kulinarischen
Spezialitäten gibt es ein abwechselndes
Programm.
Die Gründungsgeschichte der Stadt ist
die Geschichte von Graf Johann
Philipp, der bis zu seinem Tod vor 300
Jahren als weitsichtiger und toleranter
Regent wirkte. Seine Leistung als
Landesherr ist immer mit seiner An-
siedelungspolitik in Verbindung zu
bringen, als er nämlich aktiv Immi-
granten anwarb, vor allem die Huge-
notten, aus Frankreich. Und aller An-
fang ist bekanntermaßen schwer: denn
schon damals, wurde die „Immigra-
tion“ von anderen Fürsten, Landgrafen
oder Landesherren, vehement verhin-
dert, oder versucht zu verhindern. Wie
sich die Zeiten gleichen…
Als „Integration“ noch
ein Fremdwort war
Dass die Integration in den ersten
hundert Jahren – das heißt in diesem
Falle das Zusammenleben der Huge-
notten mit den Anderen in der Region
– nicht funktionierte konnte, war auch
für den Graf nur schwerlich in den
Griff bekommen. Die Streitigkeiten
mit den „Nachbarn“ waren Streitig-
keiten um Wälder, Weiderechte, Fel-
der, Äcker und Wiesen. Denn am An-
fang war es der Kampf ums tägliche
Überleben, um Nahrung und Aus-
kommen, dass die Hugenottenfamilien
beschäftigte.
Damit die Hugenotten überhaupt über-
leben konnten, gewährte der Graf den
Mittellosen großzügige Hilfe beim
Häuserbau. 1702 baute der Graf dann
auf eigene Kosten auf dem zentralen
Platz ein kleines Rathaus. Danach
folgte das erste Schulhaus und die
erste Kirche. Natürlich wurde überall
französisch gesprochen, denn es gab ja
keine anders sprechenden Einwohner.
Mit dem vermehrten Zuzug von Deut-
schen, wurde die Sprache zur Grün-
derfrage: Deutsche sollten also ihre
Kinder in die französische Schule
schicken. Für alle, die kein französisch
sprechen, soll es allerdings einmal im
Monat einen Gottesdienst in Deutsch
geben. Doch um diese Verfügung
scherte sich der französisch-reformier-
te Pfarrer allerdings wenig, da die
Franzosen eine Schmälerung ihrer
Rechte nicht dulden wollten.
Randale in der Kirche
Heute unvorstellbar aber war: am 18.
Januar 1761 besetzten die deutsch-
sprachigen Neu-Isenburger die evan-
gelische Kirche am Marktplatz. Kaum
hatte der lutherische Pfarrer die Kann-
zel betreten, drangen hugenottische
Franzosen ein und rissen den Pfarrer
von der Kanzel. In der Folge entstand
ein Tumult in der Kirche, der in eine
Schlägerei ausartete. Von da an wurde
jeden Sonntag auch ein Gottesdienst
auf deutsch gehalten. Deutsch wurde
erst 1829 offizielle Amtssprache.
Fr. 10. August, 16.00 Uhr
Westend-Bibliothek, Alicestr. 107
Kinder-Lese-Reise: Kroatien
Zweisprachige Vorlesestunde für Kinder
ab 5 Jahren.
Fr. 24. August, 20:30 Uhr
Rosenauplatz Hugenottenhalle
Open Air Kino „Fasten auf Italienisch“
Dino Fabrizzi ist ein cooler Typ,
doch hat ein Geheimnis, er heißt Mourad
Ben Saoud und ist Sohn algerisch-
stämmiger Einwanderer, die nichts von
Das Foto entstand auf dem Schloss
Bierstein, dass seit 1517 die Residenz
der Fürsten von Isenburg ist. Dort fra-
gen wir den Fürsten:
In welcher Linie stehen Sie zu Graf
Johann Philipp?
Graf Johann Philipp, der Stifter und
Gründer der Stadt Neu-Isenburg war
der jüngere Bruder meines Ur-ur-ur-
ur-ur-ur-Grossvaters. Da er ohne
Erben verstarb, fiel seine Grafschaft,
aufgrund von Erbverträgen, an seinen
älteren Bruder, der in Birstein lebte,
zurück. Offenbach blieb Regierungs-
sitz der beiden wieder vereinten
Linien und somit meines Hauses.
Woher kam diese Motivation sich für
hugenottische Flüchtlinge
einzusetzen?
Die Motivation sich für hugenottische
Flüchtlinge einzusetzen war vielfältig.
Zum einen, und wichtigsten, war die
Verbindung im Glauben. Mein
Vorfahre war auch Protestant.
Es war Graf Johann Philipp ein
Herzensanliegen seinen Brüdern im
Glauben beizustehen und ihnen die
Möglichkeit zu eröffnen in seinem
Land, nach der Vertreibung und
Flucht aus Frankreich, einen Neu-
anfang in Sicherheit zu wagen.
Zum anderen waren die Hugenotten
als tüchtige Handwerker bekannt.
Es kann daher vermutet werden, dass
Graf Johann-Philipp auch auf wirt-
schaftliche Impulse für seine Graf-
schaft hoffte, die von den Hugenotten
ausgehen konnten und sollten.
Mi. 29. August, 15:00 Uhr
Stadtteilzentrum Westend
Maud Gonne – ein Leben für Irland
Er war der Paradiesvogel des irischen
Freiheitskampfs sehr groß, sehr glamourös,
sehr eigensinnig. 100 Jahre nach dem
Osteraufstand in Dublin, dem Fanal der
irischen Unabhängigkeit, ist sie noch
immer eine Ikone des geistigen und
militanten Widerstands.
Lesung mit Elesemarie Maletzke.
Die Autorin lebt und arbeitet als
Herausgeberin und freie Journalistin
in Frankfurt.
Seite 5 September 2018N E U - I S E N B U R G
Programm zur 17. Woche der Toleranz und Mitmenschlichkeit
Vermittlerpool
Der Vermittlerpool der Stadt Neu-
Isenburg wird aktuell neu aufgelegt.
Gesucht werden ehrenamtlich enga-
gierte Isenburgerinnen und Isenburger
mit oder ohne Migrationshintergrund.
Ihre Aufgabe wird sein, in Situationen,
in denen aus sprachlichen und/oder
kulturellen Gründen Kommunikation
misslingt oder schwierig wird, Hilfe
zu leisten. Informationen: Frau Müller
Internationaler Frauentreff
Ein monatlicher Nachmittags-Treff für
alle Frauen. Jeden letzten Samstag im
Monat von 15:00 bis 18:00 Uhr im
Stadtteilzentrum West (Kurt-Schuma-
cher-Straße 8). Kontakt und Informa-
tionen: Koordination Stadtteilzentrum
West, Frau Lack: Tel. 06102-241456
Sportcoach für geflüchtete
Menschen
Im Jahr 2016 wurde Neu-Isenburg in
das Förderprogramm „Sport und
Flüchtlinge“ aufgenommen. Frau Ayse
Tschischka ist als Sportcoach bei der
Integration von zugewanderten und
geflüchteten Menschen in Neu-Isen-
burg unterwegs diese zu unterstützen
in der Gesellschaft Fuß zu fassen.
Runder Tisch der Religionen
Seit dem Jahr 2011 lädt das Integra-
tionsbüro der Stadt Neu-Isenburg zwei
Mal im Jahr Vertreterinnen und Ver-
treter verschiedenen Religionen und
Glaubensgemeinschaften der Stadt ein,
um ins Gespräch zu kommen und ge-
meinsam über aktuelle Themen zu dis-
kutieren. Die Treffen finden im Tur-
nus der jeweiligen Einrichtungen statt.
Projekt Rechtsstaatsklassen an der
Brüder-Grimm Schule
Das hessische Justizministerium führt
flächendeckend ein Programm mit
sechs Modulen zu den Themen Demo-
kratie und Rechtsstaat, Asylverfahren,
Gleichberechtigung, Arbeitsmarkt, So-
ziales und Familie für geflüchtete
Menschen durch. Das Programm soll
in Naher Zukunft gemeinsam mit der
Brüder Grimm Schule durchgeführt
werden. Informationen Frau Müller
Information für alleinerziehende
Mütter mit Migrationshintergrund
Am 17.10. 2018 findet um 14 Uhr eine
Informationsveranstaltung der ProAr-
beit für alleinerziehende Frauen mit
Migrationshintergrund statt. Anmel-
dung und Information bei Integrations-
büro, Frau Müller
Mieterqualifizierung für Menschen
mit Migrationshintergrund
Ende November startet die Stadt Neu-
Isenburg das Projekt „Fit für die ei-
gene Wohnung!“ Die Teilnehmer er-
halten nach 5 Modulen ein Zertifikat.
Informationen: Frau Müller
Sa. 22. September, 10:00-15:00 Uhr
St. Christoph Gravenbruch
Internationaler Kochkurs
Marokkanische, türkische und deutsche
Gerichte. Teilnahmegebühr 12 €
Mo. 24. September, 19:30 Uhr
Buchenbuschgemeinde
Kunstprojekt „O-ToNne“
Ein Kunstprojekt von Tobias Boos.
Mi. 26. September, 19:00 Uhr
Cineplace, Beethovenstraße 89a
Die Schattenseite der Mode
Dokumentarfilm zur Textilbranche.
Die 17. Woche der
Toleranz und Mit-
menschlichkeit bietet
mit ihren vielen Pro-
grammpunkten – an-
lässlich des 300. To-
destags des toleran-
ten und weitsichtigen
Stadtgründers – eine
Vielzahl von gelung-
enen Beispielen für
Integration und Viel-
falt. Das Neu-Isen-
burger Extrablatt hat
deshalb das 2013 be-
gonnene Fotoprojekt
„In Neu-Isenburg zu
Hause“, fortgesetzt.
Die Hugenottenbank
steht diesmal im Fo-
kus der Aufnahmen.
Das Fotoprojekt soll ein lebendiges
Miteinander aufzeigen, das von kultu-
reller Freiheit und Vielfalt geprägt ist.
Auf insgesamt 15 Fotomotiven werden
Integrationsthemen aufgezeigt, die alle
eines gemeinsam haben: Sie sind am
gleichen Ort zu Hause und scheinen
sich dort wohl zu fühlen.
Diesmal nehmen die Protagonisten auf
einer Bank platz, die im letzten Jahr
von Flüchtlingen aus Neu-Isenburg er-
stellt wurde und sich mit der Flucht
der Hugenotten beschäftigt. (Siehe Be-
richt „Die preisgekrönte Bank“).
Altes Rathaus als Hintergrund
Als Hintergrund für die Fotos wurde
bewusst das „Relief des Alten Rat-
hauses“ gewählt, zu sehen im Rathaus
Hugenottenallee im 1. Stock. Kein an-
deres Symbol steht für den Stadt-
gründer Graf Johann Philipp, wie das
Alte Rathaus, welches 1876 wegen er-
wirkter Baufälligkeit und wegen des
vorherigen Krieges gegen die Franzo-
sen, aus Hass abgerissen wurde. Auf
der Hugenottenbank sitzend, zeigen
die neu angekommenen Isenburgerin-
nen und Isenburger, wie man vonei-
nander Lernen und sich gegenseitig
helfen kann. Die Entdeckung von ge-
teilten Gemeinsamkeiten verbindet
und die Wahrnehmung von Unter-
schieden erzeugt Bewegung.
Fr. 28. September, ab 10:00 Uhr
Weltladen in der Lessingstraße
Banana Fairday
Bundesweiter Aktionstag zum Abschluss
der Fairen Woche 2018.
Fr. 29. September, 15:00 Uhr
Stadtbibliothek Neu-Isenburg
Kinder-Lese-Reise „Kongo“
Zweisprachige Vorlesestunde.
Fr. 05. Oktober, 15:00 bis 18:00 Uhr
Ev. Gemeinde Gravenbruch
Kreativtag
Kunsthandwerke ausprobieren.
In Neu-Isenburg zu HauseNeues Fotoprojekt zum 300. Todestag des Stadtgründers
Die Gründung
der Colonie
Zeichnung: Arthur-Peter Wickerath
Vor 319 Jahren wurde Neu-Isenburg
auf einer Lichtung mitten im Wald
von 30 Hugenotten gegründet. Das
Dorf wurde als „welsches Dorf“ be-
zeichnet: es bedeutet „Ausländerdorf.“
Heute leben und arbeiten über 120 Na-
tionen in unserer Stadt, eine Stadt die
noch nie so international war, wie
heute. Die jährlich stattfindende Wo-
che der Toleranz und Mitmenschlich-
keit bietet vielfältige Möglichkeiten
der Begegnung, der Reflektion, der
Information und des Zusammenfeiern.
INTEGRATION UND VIELFALT
Integration wird innerhalb der Stadt-
verwaltung im Fachbereich Soziales,
Wohnungswesen, Integration, wahrge-
nommen.
Fachbereichsleiterin ist:
Cornelia Mateos
Ansprechpartner Flüchtlingsarbeit
und Arbeitsmarktintegration:
Alexander Gerstenberger-Vogt
Monika Semsroth (Allgemeine
Aufgaben der Flüchtlingsarbeit)
Integrationsbüro:
Stefanie Müller
Tel. 06102-241763
integrationsbuero@stadt-neu-
isenburg,de
Migrationsberatungsstelle (KUBI)
Herr Ismet Küpelikilinc,
Rathaus, Hugenottenallee 53
Dienstag, 09:30 - 13:00 Uhr
Donnerstag, 14:30 – 16:30 Uhr
Tel. 0177 - 63620052
Die Stadt hat ein umfangreiches Bün-
del an Projekten und Veranstaltungen:
Integrationskurse
Seit Februar 2009 bietet Neu-Isenburg
Integrationskurse an. Sie bestehen aus
einem Sprach- und einem Orientie-
rungskurs und umfassen insgesamt
645, bzw. 945 Unterrichtseinheiten.
Ziel des Sprachkurses ist der Erwerb
"ausreichender" Sprachkenntnisse Ni-
veau B1. Am Ende des Kurses legen
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
eine Prüfung ab. Kontakt: vhs Neu-
Isenburg e.V. Bahnhofstraße 2
Telefon: 254746
Sa. 15. September, 15:00 Uhr
Weltladen in der Lessingstraße
10 Jahre Weltladen Neu-Isenburg
Ein Fest für Alle!
So. 16. September, 10:00 Uhr
Ev.-ref. Buchenbuschgemeinde
Gottesdienst in ca. 15 Sprachen
Im Anschluss internationaler Imbiss,
Begegnung und Austausch.
17. bis 28. September,
Rathaus Neu-Isenburg
Der Faire Handel der Weltläden
Ausstellung zum 10-jährigen Jubiläum.
Deutschkurs für Mütter
mit Migrationshintergrund
Das Thema „Sprache“ spielt nach wie
vor eine große Rolle. Insbesondere für
Mütter mit kleinen Kindern ist es
schwierig, an Sprachkursen teilzuneh-
men. Daher gibt es das Angebot. Der
Kurs findet immer montags und
donnerstags von 9.00 Uhr bis 13.00
Uhr im Jugendbüro statt. Es gibt eine
Kinderbetreuung. Das Sprachniveau
ist „Anfänger“ (Alphabetisierung) und
„Fortgeschrittene“.
Sprachpaten
Das Projekt hat als Ziel, Partnerschaf-
ten zwischen deutschsprachigen Isen-
burger/innen und Zugewanderten zu
bilden. Diese sollen an erster Stelle da-
zu dienen, Migranten/innen beim Er-
lernen der deutschen Sprache zu un-
terstützen. Zum anderen ermöglicht
das Projekt allen Beteiligten, Einblicke
in andere Denk- und Lebensweisen zu
erhalten und neue Kontakte zu knüp-
fen. Für beide Seiten ist es wichtig,
solche persönlichen Kontakte aufzu-
bauen und zu pflegen, um Vorurteilen
und dem Rückzug in die jeweils ei-
genen Gruppen entgegenzuwirken.
Weitere Informationen: Flüchtlings-
hilfe Neu-Isenburg e.V.
Mutter-Kind- Spielkreis
Der Spielkreis trifft sich immer diens-
tags und freitags von 10.00 Uhr bis
12.00 Uhr im Jugendbüro. Unter einer
ehrenamtlichen Anleitung erhalten die
Frauen die Möglichkeit, sich auszu-
tauschen, mit ihren Kindern zu spielen
oder zu singen. Dabei soll gemeinsam
mit den Kindern spielerisch die deut-
sche Sprache erlernt werden. Mütter
und Kinder sind bereits teilweise seit
2015 in Neu-Isenburg zu Hause.
Mi. 19. September, 15:00 Uhr
Stadtteilbibliothek Zeppelinheim
Huch! Wir kriegen Besuch!
Bilderbuchkino. Vorlesereihe: Kinder
lesen für Kinder.
Mi. 19. September, 10:00 Uhr
Treff im Quartier IV, Luisenstraße
Frauenfrühstück
Als Sport Coach unterwegs.
Do.20. September, 20:00 Uhr
Ev.-ref. Buchenbuschgemeinde
Stellung beziehen gegen Rechts
Vortrag und Diskussion.
Die preisgekrönte Bank
Eine kunstvoll gestaltete Bank steht
seit über zwei Jahren im Eingangs-
bereich des Neu-Isenburger Rathauses.
David Distelmann, Lehrer an der Drei-
eicher Max-Eyth-Schule, hat sie im
Unterricht mit Flüchtlingen in seiner
Integrationsklasse gebaut (siehe Foto
unten). Letztes Jahr hat die „Hugenot-
tenbank“ den Förderpreis beim Wett-
bewerb „Demokratisch Handeln“ ge-
wonnen.
Das Sitzmöbel mit den schwarz-rot-
goldenen Lehnen ist mit dem Huge-
notten- und Waldenserpfad bemalt und
zeigt einen Kartenausschnitt des 2000
Kilometer langen Kulturfernwegs. Der
gleichnamige, in Neu-Isenburg ansäs-
sige Verein war nämlich der Anstoß-
geber für die Bank. Auf der Sitzfläche
haben die Jugendlichen ihre eigenen
Migrationsgeschichten einfließen las-
sen. „Sie alle sind seit maximal zwei
Jahren hier in Deutschland“, so Distel-
mann.
Die Juroren waren begeistert von der
blau-grünen Bank und der Botschaft,
die sie ausstrahlt: Wer darauf sitzt, ist
nicht mehr unterwegs, ist angekom-
men. Grund genug also diese Huge-
nottenbank im Rahmen des Fotopro-
jektes „In Neu-Isenburg zu Hause“
weiter zu Ehren kommen zu lassen.
Do. 25. Oktober, 19:30 Uhr
Buchenbuschgemeinde
Kino Abend „Rabbi Wolff“
Der ungewöhnlichster Rabbiner der Welt
So. 28. Oktober, 10:00 Uhr
Buchenbuschgemeinde
Filmgottesdienst
Kinofilm „Rabbi Wolff“.
Anschließend Diskussion mit Frühstück
Mo. 29. Oktober, 16:00 Uhr
Jüdische Gemeinde Darmstadt
Rabbi Jehoshua Ahrens
Exkursion zu einer Synagoge
12 Millionen recycelte
Plastikflaschen für Bottich-
Produktion
Recycelte Plastikflaschen werden für die
Produktion der Bottiche verwendet (©
Grundig Intermedia GmbH)
Im Bereich Waschen hat Grundig ein
neues Produktionsverfahren entwick-
elt, das sowohl die Umweltverschmut-
zung durch nicht recycelte Kunststoffe
minimiert, als auch die Kohlendioxid
emissionen dank gesteigerter Energie-
einsparungen verringert. Mit diesem
Verfahren ist Grundig in der Lage,
recycelte Plastikflaschen bei der Pro-
duktion von Bottichen für alle Wasch-
trockner-Modelle zu verwenden. Die
aktuelle Bilanz: Bei 200.000 produ-
zierten Waschtrocknern wurden circa
12 Millionen Kunststoffflaschen à 500
ml verwendet.
90 Prozent recycelte Materialien:
der Bodyguard Staubsauger von
Grundig
Besonders nachhaltig: der Grundig Body-
guard Staubsauger (© Grundig Inter-
media GmbH)
Mit dem Bodyguard Staubsauger stellt
Grundig ein umweltfreundliches Pro-
dukt vor, dass einen wegweisenden
Schritt darstellt, um Erdölprodukte –
wie Kunststoff – zu recyceln und die
weltweite Belastung der Mülldeponien
deutlich zu senken.
Im April 2018 wurde Arçelik, die
Muttergesellschaft von Grundig, be-
reits für diese nachhaltige Produk-
tionsweise ausgezeichnet. Von der
Plastics Recycling Show (PRS) Eu-
rope erhielt das Unternehmen den
„Recycled Plastic Consumer Lifestyle
Product of the Year“1 Award, da für
die Herstellung des Bodyguard Staub-
saugers 90 Prozent der Kunststoffma-
terialien aus den Elektro- und Elek-
tronikaltgeräten (EEAG) der Arçelik
Recyclinganlagen verwendet wurden.
Sauberes Grundwasser,
ein recycelter Staubsauger
und die intelligente
Wiederverwendung von
Fischernetzen unterstrei-
chen die Nachhaltig-
keitsstrategie von Grundig
auf der IFA 2018.
Berlin/Neu-Isenburg Mit den auf der
IFA 2018 vorgestellten Technologien
bestärkt Grundig sein anhaltendes
Engagement, Produkte für die wachs-
enden Anforderungen der Verbraucher
zu entwickeln, die gleichzeitig für
mehr Nachhaltigkeit im Haushalt sor-
gen und die Umwelt schonen.
Neu gedacht: recycelte Fischernetze
für Grundig Öfen
Kunststoffabfälle, die sich in großen
Mengen im Wasser ansammeln, stel-
len eine große Bedrohung für Tiere
dar. Verloren gegangene Fischernetze
sind die Haupttodesursache von einer
halben Million Meereslebewesen pro
Jahr, einschließlich Fischen, Krusten-
tieren, Meeressäugern und Meeres-
schildkröten. Grundigs Beitrag für die
Reduzierung der Meeresverschmut-
zung umfasst das Recyceln von Fisch-
ernetzen und dessen nützliche Ver-
wendung in Haushaltsgeräten des
Unternehmens.
So wurden Verbundstoffe auf Nylon-
basis mit hoher mechanischer Festig-
keit und Wärmebeständigkeit aus
recycelten Fischernetzen sowie Textil-
und Schrottabfällen entwickelt, die zur
Produktion von Ofenteilen verwendet
werden. Bis Ende 2018 werden ins-
gesamt 65 Tonnen dieser Abfallstoffe
recycelt, um daraus verbesserte Ny-
lonverbundstoffe herzustellen.
Ab September 2018 werden die recy-
celten Materialien bereits in Grundig
Öfen eingesetzt (wie zum Beispiel bei
Display-Abdeckungen von Öfen, Tei-
len des Kühlgebläses oder Halterun-
gen für die Elektroniksteuerung). Ca.
30 Komponenten des gesamten Haus-
gerätesortiments stehen 2019 dann für
die Serienproduktion zur Verfügung.
Im kommenden Jahr soll sich der
Verbrauch der recycelten Materialien
auf Nylonbasis auf insgesamt 330
Tonnen erhöhen, indem die Nutzung
der Materialien auch auf andere
Produktkategorien ausgedehnt wird.
Filtersystem für Grundig
Waschmaschinen sorgt für sauberes
Grundwasser
Einen weiteren Lösungsansatz im Ein-
satz gegen die Umweltverschmutzung
liefert Grundig mit einer neuartigen
Filtertechnologie. Mit dem Filtersys-
tem, das in der Waschmaschine inte-
griert ist, werden 99 Prozent der Stoff-
mikrofasern aus dem Wasser gefiltert.
Neben dem positiv geleisteten Beitrag
für sauberes Grundwasser und einem
gesunden Ökosystem soll damit auch
das Bewusstsein für dieses Problem
und das Verantwortungsgefühl der
Menschen für eine bessere Umwelt
gefördert werden.
Arçelik führt seit 2014 eine Kampagne
durch, bei der gebrauchte Haushalts-
geräte in speziell dafür vorgesehenen
Recycling Zentren wiederverwertet
werden. Mit innovativen Verfahren
werden die Kunststoffmaterialien aus
diesen Second-HandGeräten entfernt
und im Bodyguard Beutelstaubsauger
von Grundig wiederverwertet
Über Grundig Intermedia Grundig:
Intermedia ist einer der führenden An-
bieter von Produkten aus den Berei-
chen Unterhaltungselektronik sowie
kleine und große Haushaltsgeräte. Mit
einem Portfolio von über 500 ver-
schiedenen Produkten – von Ultra
HD-TVs und mobilen Audiogeräten
über Hairstyler, Bodenstaubsauger und
Küchengeräten – bietet die Marke für
jeden Raum im modernen Zuhause
eine Lösung.
Als europäischer Vollsortimenter setzt
Grundig mit seinen Home-Electronics-
Produkten kontinuierlich neue Maß-
stäbe mit dem Fokus auf Qualität,
Design und Innovation. Grundig ist
Teil von Arçelik A.S., die Nummer
drei in Europa im Bereich Elektro-
großgeräte und Teil der international
tätigen, börsennotierten Koç-Gruppe
mit über 80.000 Mitarbeitern.
Weltweit arbeiten über 1.000 Mit-
arbeiter in Forschung & Entwicklung,
um zukunftsweisende und umwelt-
freundliche Produkte herzustellen. Am
Standort Neu-Isenburg sind die Be-
reiche Marketing, Vertrieb, Produkt-
und Qualitätsmanagement sowie Lo-
gistik und Service für den deutschen
Markt angesiedelt. Grundig Produkte
werden hauptsächlich in eigenen Pro-
duktionsstätten in Europa produziert
und in über 55 Ländern weltweit
vertrieben. Mehr: www.grundig.de.
Wissenschaftler tüfteln weltweit da-
ran, wie Kunststoffe anderweitig her-
gestellt werden können, als wie her-
kömmlich aus Erdöl. Und manche
Möglichkeiten, um Plastik zu vermei-
den, haben sich auch schon durch-
gesetzt. Hier ein Überblick:
Papier- statt Plastiktüten
Wenn es nur so einfach wäre: Statt
Plastiktüte kauft man sich im Super-
markt schnell einen aus Papier und hat
schon damit die Umwelt gerettet. Das
ist falsch. Denn laut Naturschutzbund
Deutschland fängt eine Papiertüte erst,
wenn sie vier Mal benutzt worden ist,
an, ökologischer zu sein als ihr Plas-
tik-Pedant.
Auch Baumwolltaschen sind nur dann
ökologisch sinnvoller, wenn sie häufig
genutzt werden. Hundertmal so oft wie
eine normale Plastiktüte müssen sie im
Einsatz sein, um die schlechtere Kli-
mabilanz auszugleichen. An der Kasse
eine kaufen und sie dann auf einen
großen Stapel im Schrank legen, hilft
der Umwelt also nicht.
Biokunststoff PLA
Bereits vielfach eingesetzt wird der
Biokunststoff Polylactid (PLA). Er
wird auf Basis vom Milchsäure und
Maisstärke hergestellt. PLA und ande-
ren Kunststoffen sind seit vielen Jah-
ren etabliert, zum Beispiel im medi-
zinischen Bereich als Verpackungen,
Die Wachsmotte und Ideonella sind
nicht allein: Neben ihnen gibt es
unter anderem auch Pilze und En-
zyme, die Plastik abbauen – ihr
Tempo reicht aber (noch) nicht aus.
Teller aus Blättern
Inspiriert von einer Reise nach In-
dien ist im Jahr 2013 das Start-Up
„Leaf Republic“ gegründet worden:
Der Firmengründer Pedram Zolgadri
sah dort Menschen, die ihre Mahl-
zeiten von Blättern aßen. Die Idee
fand er so gut, dass er sich nach
Deutschland mitbrachte. Die Teller
und Schüsseln aus Blättern einer in-
dischen Schlingpflanze werden von
einer eigens entwickelten Maschine
in Taufkirchen bei München in
Form gepresst. Auf dem Kompost
verrottet das Einweggeschirr nach
Unternehmensangaben innerhalb
von vier Wochen. Der Haken: Die
Blätter werden aus Indien importiert,
die Klimabilanz ist nicht Lupenrein.
Fazit
Wirklich nachhaltig ist also nur der
Versuch, möglichst wenig Müll zu
verursachen.
U M W E L T & K L I M A
„NACHHALTIG“
Die Kolumne:
Folge 4
Seite 6 September 2018
Plastik in neuer Mission:
Recycelte Materialien für nachhaltige
Haushaltsgeräte
NACHHALTIG
Kunststoffe ander-
weitig herstellen?
Petra Klink
Wegwerfbesteck oder Mulchfolien in
der Landwirtschaft. Auch in 3D-
Druckern kommt PLA zum Einsatz.
Der Kunststoff ist biologisch abbau-
bar, allerdings braucht es dafür be-
stimmte Umweltbedingungen, die in
der Natur kaum vorkommen, zum
Beispiel hohe Temperaturen. Er ist al-
so keine Option für den heimischen
Kompost. Selbst in industriellen Kom-
postieranlagen dauert der Vorgang ge-
raume Zeit.
Lebende Plastikfresser
Vielleicht auch einen Lösung: Die
Larven der Großen Wachsmotte
fressen den Kunststoff Polyethylen
(PE). Er besonders häufig benutz und
ist biologisch sehr schwer abbaubar.
Ein Forschungsteam in Spanien fand
heraus, dass hundert dieser Larven in
zwöf Stunden rund 92 Milligramm
einer normalen Einkaufstüte fressen.
Es bräuchte also sehr viele Larven für
die großen Mengen Müll, die weltweit
anfallen.
2016 entdeckte das Institut für Tech-
nologie in Kyoto ein Bakterium names
Ideonella sakaiensis. Es kann PET-
Flaschen verdauen. Selbst bei opti-
malen Bedingungen braucht aber auch
das Bakterium noch zu lange, um ein
kleines Stück Kunststoff zu zersetzen.
Handy-
sammel-
aktion!
Abfallaufkommen aus Elektro- und Elektronikgeräten
Die Nutzungsdauer der meisten Elektrogeräte ist begrenzt.
Vielfach gehen die Geräte nach einigen Jahren kaputt oder
es gibt neue Entwicklungen, die die vorhandenen Geräte
„alt“ aussehen lassen. Gerade die Entwicklung im Bereich
Computer- und Handytechnik ist rasant. Viele erst neu ge-
kaufte Geräte sind nach einem oder zwei Jahren nicht mehr
auf dem neuesten Stand und werden ersetzt. Obwohl die
meisten Geräte noch funktionieren. „Hier wollen wir etwas
tun“ sagt Petra Klink, Vorstand der DLB AöR. „Sowohl
privat als auch bei meiner täglichen Arbeit ist das Smart-
phone nicht mehr wegzudenken. Der Trend immer auf dem
neuesten Stand der Technik zu sein geht an vielen nicht
spurlos vorüber. So lagern nach aktuellen Schätzungen Mil-
lionen Mobiltelefone ungenutzt in deutschen Haushalten.
Deshalb haben wir uns entschlossen an der Handysammel-
aktion „Verbindung getrennt? Loslassen für die Zukunft!“
der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen teilzunehmen. Bis Ende
des Jahres steht auf dem Wertstoffhof in Neu-Isenburg eine
Handysammelbox bereit, um ihnen eine Alternative zum E-
Schrottcontainer anzubieten. Noch funktionsfähigen Geräte
werden nach der sorgfältigen Löschung der Daten in Europa
und Asien weiterverwendet. Defekte Geräte werden zu Gra-
nulat zerkleinert. Spezialisierte Recyclingunternehmen neh-
men schließlich die Rückgewinnung von (Edel-)Metallen
(Kupfer, Gold, Silber, Palladium) aus dem Granulat vor. Bis
zu 100 % der eingesetzten Materialien lassen sich als recy-
celte Metalle oder zur Energieerzeugung weiterverwenden.
Mehr Informationen:
www.dlb-aoer.de
Was ist das Contracting-Netzwerk
Hessen CNH?
Das Contracting-Netzwerk Hessen ist
eine Plattform zum Informations- und
Erfahrungsaustausch. Das CNH ist
eine Initiative des Hessischen Minis-
teriums für Wirtschaft, Energie, Ver-
kehr und Landesentwicklung und hat
sich als wirkungsvolles Instrument bei
der Umsetzung von Energieeffizienz-
maßnahmen in Hessen etabliert.
Das Contracting-Netzwerk Hessen
trägt dazu bei, dass weitere potenzielle
Zielgruppen für Contracting von den
bereits in Hessen gesammelten Erfah-
rungen profitieren können. Durch den
Austausch erweitert und aktualisiert
sich das Netzwerk selbst, es wächst
sozusagen mit seinen Aufgaben. Als
Plattform informiert das CNH zu den
Chancen und Möglichkeiten von
Contracting und zu den Angeboten
des Bundes und des Landes Hessen.
Ihr Ansprechpartner
Alexander Becker
0611 95017-8942
benötigt Unterstützung, kann sie sich
auch mit meinen Kollegen der LEA-
Fördermittelberatung in Verbindung
setzen.
Was sind zurzeit wichtige Themen im
Bereich Gebäude-Energieeffizienz,
Nutzung erneuerbarer Energien?
In der Vergangenheit hat man sich in
der Analyse der Energieeinsparungen
und Nutzung der erneuerbaren Ener-
gien auf ein Gebäude bezogen. Der
Ansatz in größeren Maßstäben zu
denken, wie bei Installation von
Wärmenetzen, hat die Entwicklung
befördert für ganze „Stadtquartiere“
Energiekonzepte zu entwickeln.
Die Entwicklung von sogenannten
„energetischen Quartierskonzepten“
wird staatlich bezuschusst und ist ein
wichtiger Baustein in der gesamtheit-
lichen Betrachtung nachhaltiger
Stadtentwicklung.
Ihr Ansprechpartner
für Kommunen
Jürgen Werner
0611 95017-8628
Herr Becker, was verbirgt sich hinter
dem Begriff „Contracting“?
Contracting ist eine umfangreiche
Energiedienstleistung. Im Bereich der
Modernisierung, sowie der Neuerrich-
tung von Energieanlagen finden die
Modelle ihre Anwendung. In der Re-
gel bietet der Contractor die Planung,
die Installation, den Betrieb, sowie die
Finanzierung von Energieanlagen an:
es gibt Angebote für Energiespar-,
Energieliefer-, Betriebsführungs-
Contracting, Pachtmodelle, Ener-
giesparpartnerschaften, etc.
Für wen ist Contracting interessant?
Contracting ist grundsätzlich für alle
Arten von Unternehmen, für Kommu-
nen und für private Haushalte attraktiv
und kann durch Einsparung von Ener-
giekosten und Treibhausgasen einen
Beitrag zur Energiewende leisten. Für
jede dieser Zielgruppen und deren An-
forderungen und Bedürfnisse gibt es
passgenaue Contracting-Angebote
Welche Maßnahmen können konkret
ergriffen werden?
Es ist immer abhängig vom Zustand
des Gebäudes. Wichtig es jedoch,
wenn man verschiedene Energiespar-
maßnahmen plant, sich vorab genau zu
überlegen, welche Maßnahmen man
nacheinander durchführt. Es sollte
zum Beispiel bei einer Dachsanie-
rung überlegt werden, ob der Dach-
überstand für die spätere Dämmung
der Außenwand ausreichend ist.
Eine nachträgliche Änderung dieses
Details erzeugt höhere Kosten. Um
diese Fehler zu vermeiden, hilft ein
sogenannter Sanierungsfahrplan. Die
Energieberatung vor Ort und die Er-
stellung eines Sanierungsfahrplans für
Privatgebäude wird staatlich gefördert
(www.bafa.de).
Zusätzlich können sich Bürgerinnen
und Bürger Unterstützung und hilf-
reiche Tipps von den Kollegen der
Hessischen Energiespar-Aktion (Anm.
d. Red.: ebenfalls ein LEA-Angebot)
bekommen.
Gibt es Fördermöglichkeiten?
Für Kommunen in Hessen gibt es
umfassende Förderungen durch das
Hessische Energiezukunftsgesetz. Hat
sich eine Kommune für eine oder
mehrere Maßnahmen entschieden und
Contracting-Modelle werden für Im-
mobilien jeglicher Art bedarfsgerecht
angeboten und umgesetzt. Gebäude-
eigentümer für Bestands- und Neubau
immobilien erschließen sich somit at-
traktive Einsparpotentiale. Kommu-
nen, Wohnungswirtschaft, Gewerbe
und Industrieunternehmen erhalten bei
der LEA eine Impulsberatung zu den
unterschiedlichen Contracting-Formen
und einer zielgerichteten Umsetzung.
Etwa ein Drittel des Endenergiever-
brauchs entfallen auf Gebäude. Der
Gebäudebereich bietet daher große
Energieeinsparpotenziale. Eine Ein-
schätzung der LEA zum Status Quo
und zu Möglichkeiten.
Herr Werner, welche Rolle spielt
Gebäude-Energieeffizienz bei der
Energiewende/dem Klimaschutz?
Ein Ziel der Energiewende ist die jähr-
liche Sanierungsquote der Gebäude
von zurzeit ca. 1 Prozent auf zukünftig
2 bis 3 Prozent zu erhöhen. Im Gegen-
satz zu der Nutzung von erneuerbaren
Energien ist im Bereich der energeti-
schen Sanierung von Gebäuden in der
Vergangenheit zu wenig geschehen.
Die Energiewende basiert auf dem
Grundsatz, die Effizienz zu verbessern
und hohe Energieeinsparungen zu er-
zielen, um dann den restlich verblie-
benen Energiebedarf durch die Nut-
zung von erneuerbaren Energien
erzeugen zu können.
Zweiter Contracting-Tag Hessen
30. August 2018
Wer nachhaltig Energie einsparen
will, muss nicht zwangsläufig selbst in
neue Energieanlagen investieren und
diese betreiben. Darauf hat Hessens
Minister der Finanzen Dr. Thomas
Schäfer am zweiten Contracting-Tag
Hessen hingewiesen: „Inzwischen gibt
es vielfältige Geschäftsmodelle von
Energiedienstleistern, die effiziente
und ökologische Energiekonzepte im
Rahmen von Contracting-Lösungen
anbieten und ermöglichen,“ sagte der
Minister auf dem hessischen Contrac-
ting-Tag in Frankfurt.
„Die hessische Landesverwaltung soll
ab dem Jahr 2030 CO2-neutral arbei-
ten. Bis zum Jahr 2050 soll ganz
Hessen klimaneutral sein und der
Bedarf an Strom und Wärme mög-
lichst zu 100 Prozent aus erneuerbaren
Energien gedeckt werden. Dafür
müssen wir auch die Energieeffizienz
deutlich steigern, und dazu kann
Contracting einen erheblichen Beitrag
leisten. Zudem verlagert das jeweils
beteiligte Unternehmen das wirtschaft-
liche und technische Risiko der In-
vestition auf den Energiedienstleister.“
Herr Ideker, als Reifenentwickler im
europäischen Entwicklungszentrum
von Hankook können Sie uns sicher-
lich erklären, warum der Jahreszei-
tenwechsel auch für Autofahrer in
unseren Breitengraden relevant ist?
Natürlich. Im besten Falle haben Sie
vor dem ersten Frost auf Winterreifen
umgerüstet. Auch wenn sich Sommer-
und Winterreifen auf den ersten Blick
"nur" im Profil voneinander unter-
scheiden, sind Sie nur mit der richti-
gen Bereifung bei kälteren Tempera-
turen, Frost und Schnee sicher unter-
wegs. Die "goldene Regel" für die
Nutzung von Winterreifen lautet
hierbei von "O bis O", also von
Oktober bis Ostern.
Und das liegt woran?
Im Wesentlichen an zwei Bereichen,
die einen Winter- von einem Sommer-
reifen unterscheiden: Das sind die
Laufflächenmischung und das Profil.
Die Gummimischung eines Winter-
reifensist speziell dafür gemacht bei
Temperaturen unter 7 °C elastisch zu
bleiben und im Winter die optimale
Straßenhaftung zu bieten.
Das Profil ist dafür entwickelt Wasser
und Schneematsch optimal zu
verdrängen während sich die feinen
Lamellen auf verschneiten Straßen mit
dem Schnee verzahnen, Traktion
geben und den Bremsweg verkürzen
Der Landesbetrieb Bau und Immobi-
lien Hessen (LBIH) hat bereits 36 Pro-
jekte seit 2001 bei landeseigenen Im-
mobilien umgesetzt. Die durchschnitt-
liche garantierte Kosteneinsparung be-
läuft sich auf 31 Prozent. Insbesondere
Praxisbeispiele standen im Vorder-
grund der Veranstaltung. Hier zeigt
sich die große Bandbreite der heute
schon praktizierten Geschäftsmodelle.
Ganz unterschiedliche Energielösun-
gen wie zum Beispiel mit Kraft-
Wärme-Koppelung (BHKW) oder
dem Einsatz von Biomasse-Heizkes-
seln wurden vorgestellt.
Diese Projekte können in nahezu allen
größeren Immobilien und Quartieren
umgesetzt werden. Aktuelle Umfragen
zeigen, dass im Bereich der neu er-
richteten Wohn- und Gewerbequartie-
ren bereits sehr häufig Contracting-
Modelle zum Einsatz kommen.
Veranstalter des Contracting-Tags ist
das Contracting-Netzwerk Hessen
(CNH), das 2016 auf Initiative des
Hessischen Wirtschaftsministeriums
gegründet wurde. Ihm gehören Ver-
bände, Unternehmen, die Bürgschafts-
bank Hessen und die Ingenieurkam-
mer Hessen an.
Informationen zu Contracting in
Hessen finden Sie unter:
energieland.hessen.de/contracting
Was passiert denn, wenn ich mit
meinen Sommerreifen auch im
Winter unterwegs bin?
Ein Sommerreifen ist darauf ausgelegt
auch bei starker Hitze optimalen Halt
zu bieten. Bei sinkenden Temperatu-
ren verhärtet sich die Laufflächenmi-
schung des Reifens zunehmend, so
dass selbst ohne Glatteis oder Schnee
auf dem Straßenbelag nicht mehr die
nötige Haftung geboten ist und er
spätestens beim Bremsmanöver ins
Rutschen kommt.
Wie schafft es dann ein Allwetter-
reifen sowohl im Sommer als auch im
Winter sicher unterwegs zu sein?
Ein Ganzjahresreifen muss naturge-
mäß ein paar Kompromisse machen.
Für den urbanen Bereich oder Auto-
fahrer, die vor allem auf kürzeren
Strecken unterwegs sind, kann ein
Allwetterreifen aber die richtige
Wahl sein. Mit dem Wechsel von
Sommer- auf Winterreifen ist man
immer mit einem Spezialisten unter-
wegs und somit „bestmöglich bereift“.
Seite 7 September 2018U M W E L T & K L I M A
Gebäude-Energieeffizienz und
nachhaltige QuartiersentwicklungJürgen Werner informiert:
Alexander Becker informiert:
„Contracting Modelle mindern
Energieverbrauch und Energiekosten“
Zweiter Contracting-Tag in Frankfurt fand großes Interesse
„Jahreszeitenwechsel“ für Autofahrer Hankook im Interview:
Die LandesEnergieAgentur (LEA) baut ihr Beratungsangebot aus Energiekonzepte und Contracting-Modelle
„Vielleicht werden wir in
Zukunft eine Flatrate für
Robotertaxis haben. Das
braucht einen klaren
Rechtsrahmen, den die öf-
fentliche Hand abstecken
muss. Die Automobil- und
Mobilitätskonzerne wer-
den diesen Rahmen dann
mit ihren Angeboten
ausfüllen.“Stefan Gerwens, Leiter Ressort
Verkehr, ADAC
Mobilität neu denken und
neu planen
Die Hessische Landesregierung nimmt
diese Herausforderungen an, sie zwin-
gen dazu, Mobilität und ihre Angebo-
te neu zu definieren. Gleichzeitig er-
fordert der Eintritt neuer Akteure im
Markt auch die Neudefinition der Rol-
le des Staates als Mobilitätsanbieter.
Neu zu diskutieren ist die Frage, wo
der Markt mit seinen Angeboten endet
und staatliche Angebote (zwingend)
erforderlich sind, gerade wenn Mobi-
lität auch künftig als Teil der Daseins-
vorsorge dazu beitragen soll, soziale
Teilhabe für alle Bürgerinnen und
Bürger möglich zu machen.
Und nicht nur das: Die Infrastruktur-
planung und –umsetzung mit zeitli-
chen Dimensionen von 15 bis 20 Jah-
ren kann mit der heutigen Geschwin-
digkeit von Innovationen und Verän-
derungen durch neue Technik und
Dienstleistungen nicht Schritt halten.
Hier müssen wir Lösungen entwi-
ckeln, die dies spiegeln und unsere
Flexibilität erhöhen.
Für die innerörtliche Planung setzt die
Landesregierung auf die im Verkehrs-
weißbuch der EU (2011) vorgeschla-
genen nachhaltigen urbanen Mobili-
tätspläne (SUMP) und hat zu deren
Umsetzung ein Fachzentrum im House
of Logistics & Mobility (HOLM) ein-
gerichtet.
Sustainable Urban Mobility Planning
(SUMP)
SUMP (oder „Nachhaltige Urbane
Mobilitätsplanung“) ist ein neues In-
strument, mit dessen Hilfe die EU die
Verkehrsplanung auf der lokalen Ebe-
ne stärker strukturieren möchte. Das
Land Hessen unterstützt die Kom-
munen bei der Etablierung eines
SUMP durch das Fachzentrum Nach-
haltige Urbane Mobilität, das über
das HOLM den Kommunen hilft. Den
Anfang machen die 11 Städte und Ge-
meinden in Hessen, die die Stickoxid-
grenzwerte nicht einhalten.
Das Land wird die ersten dieser Pro-
esse fachlich und inhaltlich in enger
Zusammenarbeit mit den Kommunen
und dem Fachzentrum modellhaft be-
gleiten. Die so beispielhaft entwickel-
ten Lösungen sollen für andere Kom-
munen als Blaupause zur Umsetzung
eigener SUMP dienen.
Flexibler Rechtsrahmen
und Offenheit für Neues
Gleichzeitig ist zu spüren, dass die
neuen Mobilitätsangebote und der
Rechtsrahmen, in dem sich der Ver-
kehr und insbesondere der öffentliche
sich auf der anderen Seite die Planung
von Mobilität und Verkehr:
• Verkehr ist nach wie vor wesent-
licher Bestandteil der klassischen
Raum- und Stadtplanung, zum Bei-
spiel mit Paradigmen wie der „Stadt
der kurzen Wege“ der Planung von
Siedlungen an leistungsfähigen Ver-
kehrsachsen oder ähnlichem. Neue
Mobilität muss sich auch in einer
integrierten Stadtentwicklung
widerspiegeln.
• Gleichzeitig ist in Hessen mit dem
im Gesetz über den ÖPNV in Hessen
verankerten Nahverkehrsplan ein
weiteres, rechtlich normiertes Plan-
werk vorgegeben, mit dem die Ver-
Verkehrsverbünde und lokalen Auf-
gabenträger des ÖPNV Entwicklung
und Angebote des Verkehrs in ihrem
Zuständigkeitsbereich darstellen
müssen.
• Viele Kommunen leisten sich – auf
freiwilliger Basis – teilweise noch
eine eigene übergeordnete Verkehrs-
entwicklungsplanung. Verkehrsent-
wicklungspläne kamen in den 1970er
Jahren auf und sind der Versuch ei-
ner ganzheitlichen und verkehrsträ-
gerübergreifenden Verkehrsplanung
auf kommunaler Ebene. Ihre fehlen-
de Rechtsgrundlage und infolgedes-
sen fehlende Rechtsverbindlichkeit
haben oft dazu geführt, dass die Plä-
ne zwar mit aufwendigen Verfahren
erstellt, aber im Weiteren nicht oder
nur teilweise umgesetzt wurden.
Außerdem reichen die realen Ver-
flechtungen häufig über die Grenzen
einer Kommune und damit über den
Geltungsbereich dieser Pläne hinaus.
• In der Lärmminderungsplanung wird
mittlerweile für einzelne Verkehrsträ-
ger in die Verkehrsabläufe steuernd
eingegriffen, um die vom Verkehr
ausgehende Lärmbelastung durch
Straßen-, Schienen- und Luftver-
kehrslärm zu reduzieren.
• Die aufgrund der teilweise erhebli-
chen Überschreitungen der Stickox-
idgrenzwerte in der Luftreinhaltepla-
nung festgelegten Maßnahmen grei-
fen tief in das Verkehrsgeschehen
ein. Sie sind aber notwendig, um die
Gesundheit der Anwohnerinnen und
Anwohner zu schützen.
Die aktuelle Diskussion um Die-
selabgase und die Luftreinhaltung
bestärkt uns darin, dass neben inte-
grierten, inter- und multimodalen
Lösungen die Einführung einer
blauen Plakette zur Senkung der
Belastung notwendig werden kann,
um generelle Fahrverbote zu
vermeiden.
• Schließlich zeigt sich, dass gerade
bei der Planung 49 von Verkehrswe-
gen und -abläufen Betroffenheiten
unter den Bürgerinnen und Bürgern
entstehen, die deren Beteiligung zum
Ausgleich der unterschiedlichen
Interessen erfordern.
• Nur mithilfe dieser partizipativen
Ansätze wird es überhaupt möglich
sein, neue Infrastruktur – egal für
welchen Verkehrsträger – zu errich-
ten. Und neue Infrastruktur ist auch
künftig erforderlich, sei es in Form
von neuen Schienenstrecken für den
öffentlichen Personennahverkehr,
von Radschnellwegen oder von Was-
serstraßen für den Güterverkehr, die
auch bei Niedrigwasser nutzbar sind.
„Der Klimaschutz ist das Ziel,
dem sich die Verkehrsplanung
unterordnen muss: verkehrs-
trägerübergreifend planen, kur-
ze Wege ermöglichen und Ver-
kehrsvermeidung durch Tele-
arbeit und Bündelung von Lie-
ferungen fördern. In der Fläche
brauchen wir eine stärkere För-
derung des Radverkehrs und
mehr Sharing-Angebote, damit
auch dort die Mobilität multi-
modal werden kann, nicht nur in
den Städten.“
Matthias Biemann,
Landesvorsitzender, VCD Hessen
Neues Mobilitätsfördergesetz setzt
verlässlichen Finanzierungsrahmen
Ab 2019 will die Hessische Landes-
regierung mit dem neuen Mobilitäts-
fördergesetz mindestens 100 Millionen
Euro jährlich für die Verkehrsinfra-
struktur der Kommunen bereitstellen.
Damit wird ein verlässlicher Finanzie-
rungsrahmen für Verkehrsprojekte ge-
schaffen. Die Mittel werden je zur
Hälfte zwischen dem Straßenbau und
dem öffentlichen Verkehr aufgeteilt.
Die ab 2020 entfallenden Bundesmit-
tel werden damit ausgeglichen und
hohe Planungssicherheit für die Kom-
munen wird gewährleistet.
Mehr Raum zum Teilen:
Hessisches Carsharing-Gesetz
Weiterhin wird die Landesregierung
ein hessisches Carsharing-Gesetz erar-
beiten, um die Einrichtung von Car-
sharing-Stellplätzen zu fördern. Künf-
tig sollen so die Entwidmung öffent-
lichen Straßenraums oder die Gestat-
tung von Sondernutzungen geregelt
werden. Diese Maßnahmen würden
das Carsharing-Gesetz des Bundes
und die Initiative der Landesregierung
zur Nutzung von Stellplätzen an Lan-
desliegenschaften für Carsharing un-
terstützen.
Dabei steht die Annahme im Vor-
dergrund, dass Carsharing ein hervor-
ragendes Mittel ist, um die Inan-
spruchnahme des Straßenraums durch
Autos zu reduzieren, denn nach An-
gaben des Bundesverbands Carshar-
ing kann ein „geteiltes“ Auto bis zu
zehn Privat-Pkw ersetzen und damit
entsprechenden Parkraum frei machen.
Damit besteht die Möglichkeit, auf
den Straßen mehr Raum zum Laufen
und Leben zu schaffen.
Das Neu-Isenburger Extrablatt hat
sich entschlossen die „Hessenstrategie
Mobilität 2035“ zum Inhalt einer
mehrteiligen Serie zu machen und die
Leser über die Ziele, Strategien und
Maßnahmen zur Hessenstrategie
Mobilität 2035 zu informieren. In der
6. Folge informieren wir ausführlich
über das letzte Fokusfeld der Hessen-
strategie: Verlässlichen Rahmen
schaffen. Planung und Gesetze. Der
Text wurde uns freundlicherweise
vom HMWEVL zur Verfügung
Das Hessische Ministerium für Wirt-
schaft, Energie, Verkehr und Landes-
entwicklung schreibt im Strategiepa-
pier die folgenden Sätze: „Mobilität
wird in vieler Hinsicht auch als Belas-
tung erlebt – von Autofahrerinnen
und Autofahrern, die im Stau stehen,
ebenso wie von Anwohnerinnen und
Anwohnern von Verkehrswegen.
Die zu hohen Schadstoffemissionen
vor allem durch Dieselfahrzeuge ge-
fährden die Gesundheit der Menschen
in vielen Städten. Doch Schadstoffe
machen nicht an den Stadttoren Halt.
Gleichzeitig sind Folgen des Klima-
wandels bereits überall zu spüren.
Dem Wachstum des Individualver-
kehrs ist mit klassischem Straßenbau
nicht mehr Herr zu werden.
Es steht außer Zweifel,
dass es so nicht mehr
weiter gehen kann.
Die Verkehrswende
ist ein (über)lebens-
wichtiges Projekt. Tarek Al-Wazir
Fokusfeld 5
VERLÄSSLICHEN RAHMEN
SCHAFFEN: PLANUNG UND
GESETZE
Individualisierung trifft
auf fragmentierte Planung
Klassischerweise wird Verkehr in In-
dividual- und öffentlichen Verkehr un-
terteilt. Ergänzend wird noch als wie-
teres übliches Kriterium hinzugefügt,
ob es sich um motorisierten Verkehr
handelt oder nicht. In den vergangenen
Jahren hat sich zunehmend gezeigt,
dass diese Differenzierung nicht mehr
greift. Die Fortbewegungsmittel ver-
ändern sich und werden sich in Zu-
kunft noch stärker verändern – ebenso
wie die Anforderungen und das Mobi-
litätsverhalten.
Angesichts der oben skizzierten Ent-
wicklungen und Faktoren leuchtet ein,
dass auch der rechtliche Ordnungs-
rahmen und die Planungsprozesse der
Mobilität entsprechend weiterentwi-
ckelt werden müssen. Aber während
sich auf der einen Seite die Nachfrage
nach Mobilität individualisiert und die
Angebote vervielfältigen fragmentiert
H E S S E NSeite 8 September 2018
Verlässlichen Rahmen schaffen: Planung und GesetzeHessenstrategie Mobilität 2035 – letzte Folge
Verkehr bewegen, nicht zusammen-
passen. Zwar hilft das Personenbeför-
derungsgesetz einerseits bei der Struk-
turierung und Regulierung bestimmter
Verkehrsmärkte, andererseits erweist
es sich für neue Angebote oft als
Hemmschuh.
Das gilt für Angebote wie Bürgerbus-
se ebenso wie für neue Organisations-
formen des öffentlichen Personennah-
verkehrs im ländlichen Raum. Hier
wird die Hessische Landesregierung
sich für eine Flexibilisierung des
Rechtsrahmens einsetzen. Dieser muss
es schaffen, eine verlässliche Basis für
eine Grundversorgung der Menschen
mit Mobilitätsangeboten sicherzustel-
len, wo der Markt keine Angebote hat,
und muss auch offen für Neues sein.
Die hessischen Verkehrsverbünde ge-
hören oftmals zu denjenigen, die Neu-
es ausprobieren möchten – sei es beim
Mobile Ticketing, bei Apps oder emis-
sionsarmen Antrieben. Die Landesre-
gierung unterstützt dies ausdrücklich
und sieht auch in Zukunft starke Ver-
kehrsverbünde mit einem breiten An-
gebotsspektrum an Verkehrsmitteln.
Gesetzlicher Ordnungsrahmen
für Radschnellverbindungen
Wenn der Fuß- und insbesondere der
Radverkehr mit der Nahmobilität eine
zentrale Funktion erhalten soll, müs-
sen in den nächsten Jahren über die im
engeren Rhein-Main-Gebiet diskutier-
ten Verbindungen hinaus zahlreiche
Radschnellwege geplant und gebaut
werden. Da die Verbindungen überört-
lich sein sollen, bietet es sich an, dass
das Land diese Wege in Abstimmung
mit den Kommunen plant und baut.
Deswegen werden wir prüfen, ob eine
Aufnahme der Radschnellwege in das
Hessische Straßengesetz sinnvoll und
möglich ist, damit das Land hier ko-
ordinierend tätig werden kann. Vor-
rangiges Ziel ist es, für Verbindungen
mit großen Pendlerpotenzialen in
hochverdichteten Regionen Nord-,
Mittel- und Südhessens Radschnell-
verbindungen zu schaffen, eingebun-
den in ein hochwertiges Radnetz.
Nutzung von Carsharing-Angeboten
immer steiler wird. Auf diesen Wen-
depunkt steuern wir zu. Bei einem an-
deren Verkehrsmittel haben wir das in
den vergangenen Jahren ja schon
beobachten können: Inzwischen ist
jedes fünfte neu verkaufte Fahrrad
elektrisch unterstützt. Hier hat die
Elektromobilität ihren Durchbruch
bereits geschafft. Sie hat viele Men-
schen zurück - oder neu - auf den Sat-
tel geholt und ihnen neue Möglichkei-
ten für ihre Alltagsmobilität eröffnet –
zum Beispiel für den Weg zur Arbeit.
Der Ausbau der Schieneninfra-
struktur im Rhein-Main-Gebiet ist
unumgänglich. Wer stellt jetzt die
Weichen: Bund, Land, gemeinsam?
Die Schieneninfrastruktur ist über-
lastet, sie ist sogar der gravierendste
Engpass im deutschen Bahnnetz und
eine Hauptquelle von Verspätungen.
Leider ist hier viel zu lange nichts
passiert. Zwar wurde 2003 das Maß-
nahmenpaket FrankfurtRheinMainPlus
beschlossen, aber erst in den vergan-
genen Jahren ist Bewegung in die
Sache gekommen: Gerade wurde die
neue Signaltechnik im S-Bahn-Tunnel
in Betrieb genommen, von der wir uns
mehr Pünktlichkeit versprechen.
Wie sieht denn der Zeitplan aus?
Zur Wahrheit gehört leider auch:
Schienenprojekte sind immer komplex
und zeitaufwendig. Die Strecken ver-
laufen ja selten im Niemandsland, son-
dern durch ein dichtbesiedeltes Bun-
desland, wo jeder Quadratmeter ge-
nutzt wird – als Siedlungsfläche, für
Industrie und Gewerbe, für die Land-
wirtschaft, als Schutzgebiet für Tiere
und Pflanzen…da müssen die Planer
erst einmal einen Weg finden, der
möglichst wenig Konflikte auslöst.
Danach geht es an Finanzierung und
Realisierung.
FrankfurtRheinMainPlus wird die
heutige Situation in vielen Punkten
verbessern, aber letztlich ist es die
Antwort auf den Handlungsbedarf,
wie er sich im Jahr 2002 abgezeichnet
hat. Seitdem haben sich viele Dinge
anders entwickelt, als damals erwartet
– nicht zuletzt die Einwohnerzahl der
Stadt Frankfurt. Heute wissen wir,
dass FrankfurtRheinMainPlus nicht
ausreichen wird. Wir müssen also die
Weichen für die Zeit danach stellen.
Sobald klar ist, was der Bund vorhat,
werden wir ermitteln, welche Maß-
nahmen wir sinnvoll für den Nah-
verkehr ergänzen können. Dies bedarf
einer Prognose der künftig zu erwar-
tenden Verkehrsströme. Ich bin über-
zeugt davon, dass ein Schienenring um
Frankfurt – so wie es ihn in Berlin
oder London gibt – eine große Ver-
besserung wäre, nach der Regionaltan-
gente West eine im Süden und Osten.
Vielen Dank für das Interview
Integrierte Lärmbetrachtung auf
Bundesebene
Vor allem in den Ballungsräumen,
aber nicht nur dort, sind die Lärm-
belastung und die Lärmsensibilität der
Menschen in den letzten Jahren ge-
stiegen. Mit Lärmaktionsplänen be-
müht sich die Landesregierung schon
lange, einen guten Ausgleich zu fin-
den. Grundlage sind die Lärmkarten,
die mit kommunaler Beteiligung er-
stellt werden. Die Lärmkartierung und
entsprechende Lärmminderungsmaß-
nahmen beruhen auf Berechnungsver-
fahren, die in der 34. Bundesimmissi-
onsschutzverordnung festgelegt sind.
Im Hinblick auf die Gesamtlärmbelas-
tung ist die Landesregierung bestrebt,
die Belastungen durch verkehrsträger-
übergreifende Lärmquellen weiter zu
minimieren. Nach der derzeit gelten-
den Rechtslage ist jedes Verkehrsseg-
ment für sich zu betrachten und zu be-
werten. Das Konzept spiegelt sich in
der bundesrechtlichen Verkehrslärm-
schutzverordnung (16. BimSchV) wi-
der, die in den Berechnungsvorschrif-
ten für Straßen- und Schienenver-
kehrslärm jeweils eine isolierte Erfas-
sung der Verkehrslärmarten vor sieht.
An diese Vorgaben ist Hessen gebun-
den. Anerkannt ist bisher nur, dass von
dem Grundsatz der getrennten Be-
trachtung der einzelnen Verkehrsseg-
mente eine Ausnahme zu machen ist,
wenn der Lärm des jeweiligen Ver-
kehrsträgers einen beachtlichen Bei-
trag zu einer Gesamtlärmbelastung be-
wirkt, die die Schwelle zur Gesund-
heitsgefährdung (70 dB(A) tags, 60
dB(A) nachts) übersteigt. Ungeachtet
dessen setzt sich das Land Hessen in
den zuständigen Gremien dafür ein,
dass die Gesamtlärmbetrachtung recht-
lich und technisch etabliert wird.
Ziel ist es, dass die Gesamtlärmbe-
trachtung auch unterhalb der Schwelle
zur Gesundheitsgefährdung sowohl
bei der Planfeststellung als auch bei
der Lärmsanierung zur Anwendung
kommt. Dies setzt jedoch vor allem
ein einheitliches Berechnungspro-
gramm für zum Beispiel Straße und
Schiene voraus.
Das könnte CNOSSOS-EU liefern,
dessen Einführung für 2019 vorge-
sehen ist. Ob darauf aufbauend mittel-
fristig ein einheitliches Berechnungs-
verfahren für den Gesamtlärm ent-
wickelt wird beziehungsweise werden
kann, ist derzeit offen. Wir engagieren
uns dafür, dass in Zukunft eine inte-
grierte Betrachtung und Minderung
von Lärm möglich sein wird.
Lärmschutz
Nach den derzeitigen bundesgesetz-
lichen Grundlagen ist jede Verkehrs-
art als eigene Lärmquelle zu betrach-
ten. Das Land Hessen setzt sich dafür
ein, dass eine neue Gesamtlärmbe-
trachtung rechtlich und technisch
etabliert wird, die sowohl in der
Planfeststellung als auch bei Lärm-
sanierungen zur Anwendung kommt.
Dafür ist auch ein einheitliches
Berechnungsprogramm für Lärm
erforderlich.
ZIELSETZUNGEN
PLANUNG UND GESETZE
• Mobilitätsplanung vor Ort und
überörtlich neu denken.
• Stärker auf nachhaltige integrierte
Verkehrsplanung achten, das heißt
Luftreinhalte-, Lärmminderungs- und
klassische Verkehrsplanung und
Nahmobilität. Zum Beispiel mittels
SUMP.
• Vorreiterrolle des Fachzentrums
Nachhaltige Urbane Mobilität
künftig noch ausbauen.
• Regulierung auf Bundesebene den
Anforderungen anpassen, Regeln für
autonomes Fahren schaffen und Per-
sonenbeförderungsgesetz reformie-
ren, zum Beispiel für neue alternative
Bedienformen oder Bürgerbusse.
• Dabei oberste Priorität: Sicherung
des Gemeinwohls.
• Einfache Mobilitätsangebote
schaffen, die allen zugänglich sind.
• Weiterentwicklung der Verkehrs-
verbünde zu multioptionalen Mobi-
litätsanbietern unterstützen.
• Bis 2035 Radschnellverbindungen in
den Ballungsräumen schaffen, einge-
bunden in ein hochwertiges Radnetz
in Hessen.
• Dazu: Prüfen, ob Radschnellwege in
das Hessische Straßengesetz mit
aufzunehmen sind.
• Auf kommunaler Ebene verlässliche
Finanzierung von Mobilitätsvorhaben
realisieren mit neuem Mobilitäts-
fördergesetz.
• Hessisches Carsharing-Gesetz zu-
sätzlich zum Bundesgesetz soll
geeignete Rahmenbedingungen
setzen für neue Angebote, Sicherung
der Mobilität und die Zahl der
Eigentums-Pkw reduzieren.
• Integrierte Lärmbetrachtung auf
Bundesebene anstreben.
Das Neu-Isenburger Extrablatt hat in
monatlichen Folgen die Hessen-
strategie „Mobilität 2035“ vorgestellt
und aufgezeigt, wie Hessen die Ver-
kehrswende schaffen und Vorreiter bei
der neuen Mobilität werden will.
Zum Abschluss der Berichterstattung
befragt das Neu-Isenburger Extrablatt
Verkehrsminister Tarek Al-Wazir
nochmals zur aktuellen Situation:
Geschieht die Verkehrswende nur in
den Ballungsräumen?
Auch abseits der Zentren ist viel in
Bewegung: Auch dort entstehen Car-
sharing-Angebote, werden Ladesäulen
für Elektrofahrzeuge aufgestellt, neue
Konzepte des öffentlichen Nahver-
kehrs erprobt. Rund 200 hessische
Städte und Gemeinden sind inzwi-
schen der Arbeitsgemeinschaft Nah-
mobilität Hessen beigetreten mit dem
Ziel, den innerörtlichen Verkehrsraum
neu zu gestalten und Fußgängern und
Radlern die notwendige Bedeutung
einzuräumen. Mit dem Schülerticket
Hessen haben wir einen ersten landes-
weiten Flatrate-Tarif, der Busse und
Bahnen bequem nutzbar macht.
Elektromobilität ist der Schlüssel der
Energiewende im Verkehr. Wann
erwarten Sie den großen Durch-
bruch, schon zur IAA 2019?
Zunächst einmal: Klimafreundlich ist
die Elektromobilität nur dann, wenn
der Strom aus erneuerbaren Quellen
stammt. Sonst verlagert man nur die
Emissionen vom Auspuff zum Schorn-
stein, womöglich dem eines Kohle-
kraftwerks. Aber auch mit sauberem
Strom genügt es nicht, nur den Auto-
antrieb auszutauschen, und ansonsten
so weiterzufahren wie bisher. Eine
wirklich nachhaltige und gleichzeitig
leistungsfähige, also den Ansprüchen
einer modernen Industriegesellschaft
genügende Mobilität gibt es nur in
einem intelligent vernetzten System,
das alle Verkehrsmittel möglichst
nahtlos verknüpft und effizient nutzt.
Ein solches System stellen wir gerade
auf die Beine, und das können Sie
ganz wörtlich verstehen. Wir begrei-
fen die Nahmobilität – also das Zufuß-
gehen und das Radfahren – nicht als
Freizeitvergnügen, sondern als den
Anfang jeder Wegekette und versu-
chen, dafür optimale Bedingungen
und bequeme Schnittstellen zu den
motorisierten Verkehrsmitteln zu
schaffen. Und natürlich werden
diese motorisierten Verkehrsmittel
mehr und mehr elektrisch betrieben.
Bis jetzt verläuft der Absatz in
Deutschland aber eher schleppend…
Es ist unübersehbar, dass die Ent-
wicklung auch auf dem Automobil-
sektor Fahrt aufgenommen hat. Viele
deutsche Hersteller haben Modell-
offensiven angekündigt, Kommunen
haben begonnen, ihre Busflotten um-
zustellen. Solche Entwicklungen ver-
laufen meistens nicht linear, sondern
in einer Kurve, die eine ganze Weile
flach bleibt, aber dann sehr schnell
Seite 9 September 2018H E S S E N
Jetzt ist Frankfurt als erste hessische
Stadt zum Handeln verurteilt. Hilft
die Gerichtsentscheidung bei der
Verkehrswende?
Mein Ziel sind nicht Fahrverbote,
sondern saubere Luft, und wir hoffen
immer noch, das ohne Fahrverbote zu
schaffen. Es wäre für alle besser ge-
wesen, wenn die Bundesregierung
rechtzeitig gehandelt hätte, dann wäre
es gar nicht erst zu diesem Urteil ge-
kommen wäre. Gewiss: Ohne die
vielen anhängigen Verfahren hätte
die Bundesregierung bestimmt nicht
den Eine-Milliarde-Euro-Fonds für die
betroffenen Städte eingerichtet. Davon
wird eine Menge Geld auch nach Hes-
sen kommen, allein Wiesbaden hat 46
Mio. Euro beantragt – ziemlich genau
zehnmal so viel wie Frankfurt, was ja
durchaus etwas über unterschiedlich
entwickelten verkehrspolitischen
Ehrgeiz aussagt.
Aber der Bund hätte viel früher han-
deln und die Autohersteller zu wirk-
samen Hardware-Nachrüstungen
zwingen müssen. Und natürlich hätte
er schon früher damit anfangen müs-
sen, die Kommunen bei einer vernünf-
tigen Verkehrspolitik zu unterstützen,
so wie das Land Hessen es im Rahmen
seiner Möglichkeiten seit Jahren tut –
mit der Förderung von Radverkehrs-
konzepten, mit Zuschüssen zur An-
schaffung von E-Bussen, mit dem
Fachzentrum für nachhaltige urbane
Mobilität und vielem mehr.
Klar ist: Ein Fahrverbot für hundert-
tausende Fahrzeuge in Frankfurt und
Umgebung, ziemlich kurzfristig ange-
ordnet– das ist eine drastische Maß-
nahme, die keine Freude auslöst. Wer
im Vertrauen auf die Herstelleranga-
ben vor gar nicht langer Zeit einen
Euro 5-Diesel gekauft hat fühlt sich
zu Recht betrogen. Und die Bundesre-
gierung ist mitverantwortlich, weil sie
gescheut hat, die Hersteller zu Hard-
ware-Nachrüstungen zu verpflichten.
Aber es stimmt, die Dringlichkeit
einer Verkehrswende wird in diesen
Tagen noch einmal deutlicher.
Hat in Hessens Städten die neue
Mobilität bereits begonnen?
Ja, ihre Ansätze sind an vielen Stellen
erkennbar. In den größeren Städten
gehören Leihfahrrad- und Carsharing-
systeme inzwischen zum gewohnten
Straßenbild. Logistik-Unternehmen
erproben dort auch, wie sie mit Elek-
trofahrzeugen oder Lastenrädern den
Lieferverkehr in den Innenstädten
flüssiger und klimafreundlicher
machen können.
Sehr interessant ist das Projekt e-Mo-
bil in meiner Heimatstadt Offenbach,
das ein Netz von Mobilitätsstationen
anlegt, an denen man nahtlos vom
ÖPNV in ein elektrisches Leihauto
oder ein Miet-Pedelec wechseln kann.
In Darmstadt wird der Straßenverkehr
digital und in Echtzeit gesteuert –
Kameras erfassen das Verkehrsauf-
kommen und passen automatisch die
Ampelschaltungen an.
Zwischen Frankfurt und Darmstadt
beginnt demnächst der Bau der ersten
hessischen Radschnellverbindung.
Viele dieser Initiativen hat das Land
begleitet und unterstützt.
Neue Mobilität für alle –
wird Hessen Vorreiter werden?Tarek Al-Wazir im Extrablatt Interview
Hankook
Hessenstrategie
Mobilität 2035
Was brachte Sie zur traditionellen
Architektur?
Das ist über Jahre gewachsen. Ein
Anstoß war ein altes Bauernhaus in
der Toskana, das ich mir 1973 gekauft
hatte. Da musste man ein paar Sachen
flicken. Und dann fragt man sich: Wie
mache ich das Dach? Natürlich so, wie
es war. Auf diese Weise lernte ich das
Elementare des Bauens. Für einen
Freund entwarf ich ein Haus in der
Nähe, da habe ich zum ersten Mal
gewagt, traditionelle Details zu
zeichnen.
Ein anderer Schlüsselmoment: In
meiner Heimatstadt Luxemburg sollte
der Parkgürtel abgeholzt werden für
eine riesige Tiefgarage. Ich habe in
einer Zeitung einen Artikel gegen den
Zonierungsplan publiziert mit einem
städtebaulichen Gegenentwurf.
Sie arbeiten unter anderem auch
für Prince Charles?
Ja, ich bin Stadtplaner des Prince of
Wales und Entwickler der im rein
traditionellen Baustil geplanten Stadt
Poundbury, südwestlich von London.
Ich lernte ihn 1987 bei der Eröffnung
einer Ausstellung über traditionelle
Architektur kennen, wo er die Er-
öffnungsrede hielt. Er kam auf mich
zu. Damals ging es um eine Neube-
bauung direkt neben St. Paul’s Cathe-
dral, da waren zehn Geschosse ge-
plant. Das wollte Charles verhin-
dern. So kamen wir ins Gespräch.
Was haben Prince Charles und
Poundbury gemeinsam?
Das Städtchen Poundbury ist eine
Modellstadt zur Umsetzung der
Grundsätze der nachhaltigen Ent-
wicklung und der Gestaltungsgrund-
sätze, die der britische Thronfolger
Prinz Charles in seinem Buch
A Vision Of Britain dargelegt hat.
Seite 10 September 2018
Prinz Charles war maßgeblich an
der Konzeption und Umsetzung
beteiligt, die er dann zusammen
mit mir realisiert hat.
Gab es ein architektonisches
Gesamtkonzept?
Ja, das architektonische Gesamt-
konzept basiert auf einer Ablehnung
der Gestaltungsprinzipien der Moder-
ne und orientiert sich stattdessen an
Es gibt in der Welt nur einige wenige
Stadtplaner, wie Jan Gehl zum Bei-
spiel der seine Projekte zur Stadtent-
wicklung für Menschen in den Städten
geplant hat. Sein Buch Public Spaces,
Public Life beschreibt am Beispiel
Kopenhagen, wie innerhalb von 40
Jahren aus einer vom Autoverkehr
stark geprägten Stadt ein Ort der Ver-
kehrsberuhigung mit vielen verschie-
denen Begegnungszonen entstand.
Das wäre doch auch ein gutes Fallbei-
spiel für unsere vom Autoverkehr be-
lastete Stadt Neu-Isenburg. In unserer
zweiten Folge der Serie „Große Stadt-
planer helfen Neu-Isenburg“ die am
26. Oktober erscheinen wird, bringen
wir das Interview mit Jan Gehl.
Gehl betreut Stadtentwicklungspro-
jekte auf der ganzen Welt. So arbeitete
er eine Studie für Transport for
London über die Qualität des öffent-
lichen Raums in London aus. Im Jahr
2007 wurde er vom Department of
Transportation von New York City
beauftragt, dort die Bedingungen für
Radfahrer und Fußgänger zu verbes-
sern. Das von ihm geleitete Büro Gehl
Architects arbeitet mit in der Däni-
schen Fahrrad-Botschaft (Cycling
Embassy of Danmark, CED), die
Léon Krier ist Architekt, Theoreti-
ker und Stadtplaner aus Luxem-
burg und einer der bedeutendsten
Vertreter der neorationalistischen
und neoklassizistischen Architektur
des späten 20. Jahrhunderts, vor
allem durch seine provokanten
theoretischen Beiträge zum Thema
Städtebau und Stadtplanung. Léon
Krier hat als einer der ersten – und
besonders polemisch – die Irrwege
der Nachkriegsmoderne kritisiert.
Auf Einladung von Jürgen Aha und
dem Neu-Isenburger Extrablatt weilte
Leon Krier – der persönliche Stadt-
planer von Price Charles – in Frank-
furt am Main. Der Luxemburger gilt
als der Protagonist einer weltweiten
Architektenbewegung, die sich für ei-
nen traditionellen Baustil einsetzt, ge-
nannt "New Urbanism". Und in der
Tat: Alle Städte, die Leon Krier bis-
lang plante, u.a. in Großbritannien,
Belgien, Italien und nun sogar Gua-
temala, waren große Erfolge, vor al-
lem für die Menschen, die dort leben,
aber auch für die Investoren.
Aha ergriff die Gelegenheit und fuhr
Leon Krier auch nach Neu-Isenburg.
Was würde der große Meister zur
Stadtgestaltung sagen und welche
Vorschläge würde er für den geplan-
ten Stadtumbau mitbringen?
Herr Krier, warum haben Sie in
Frankfurt zu tun und warum
interessiert Sie Neu-Isenburg?
Die Frankfurter Altstadtfreunde hatten
mich anlässlich der Eröffnung der
Frankfurter Altstadt zu einem
Symposium eingeladen. Altstadt-
Initiator Jürgen Aha bat mich dann,
vor meinem Rückflug noch Neu-Isen-
burg zu besuchen. So konnte ich mir
einen ersten stadtplanerischen Ein-
druck von der Nachkriegsmoderne
dieser Innenstadt verschaffen.
klassischer und traditioneller Archi-
tektur. Es gehört zum Konzept, Sozial-
wohnungen und Privathäuser in einem
kleinstädtischen Gefüge zu mischen.
Poundbury ist ein Beispiel für die Be-
wegung des New Urbanism, die in den
1980er Jahren als Gegenbewegung zu
immer weiter ausufernde Zersiedelung
von Landschaft gegründet wurde.
Prince Charles wollte Poundbury
eine Alternative aufzeigen, gab das
keine Probleme?
Die gab es in der Tat, wir können
keine richtige Stadt machen, weil es
das Baurecht nicht zulässt und wir
eine zu große Konkurrenz für andere
Kommunen darstellen. Wir wollten
eine Highstreet mit vielen Geschäften,
aber das war nicht erlaubt. Und wir
dürfen unsere Highstreet nicht einmal
„Highstreet“ nennen. Poundbury gilt
heute landesweit vielen als Vorbild.
Es ist uns also gelungen, ein architek-
tonisches Gesamtkonzept, das sich an
klassizistischer und traditioneller
Architektur orientiert, umzusetzen.
Queen Elizabeth hat vor zwei Jahren
den Hauptplatz eingeweiht. Alles in
allem: ein großer Erfolg.
Kenntnisse und Erfahrungen bei der
Förderung des Radverkehrs welt-weit
verbreitet. Was sagt uns der weltweit
renommierte Stadtplaner auf unsere
frage woran man die Lebensqualität
einer Stadt erkennt? Er sagt:
„Es gibt einen sehr simplen Anhalts-
punkt. Schauen Sie, wie viele Kinder
und alte Menschen auf Straßen und
Plätzen unterwegs sind. Das ist ein
ziemlich zuverlässiger Indikator. Eine
Stadt ist nach meiner Definition dann
Was ist ihr erster Eindruck
von Neu-Isenburg?
Ich war zunächst begeistert von Neu-
Isenburgs Geschichte. Dann machte
ich schon beim Betreten der Frankfur-
ter Straße einige Vorschläge: Die
Frankfurter Straße muss natürlich
überarbeitet werden. Es sollten
schmale, hohe Laubbäume am Rand
gepflanzt werden, um einen Alleen-
Charakter zu erhalten. Die Fassaden
könnten durch davor gestellte Balkone
auf Gusseisernen Trägern an Charme
gewinnen und somit südländischen
Flair verströmen.
Die große Kreuzung Frankfurter
Straße/Carl-Ulrich-Straße sollte durch
einen großen Kreisel für den Auto-
verkehr beruhigt werden. Auch vor
dem Isenburg-Zentrum ließe sich
durch einen kleineren Kreisel das
Tempo rausnehmen.
Den Wiederaufbau des alten Rat-
hauses fand Krier eine ausgezeichnete
Idee. Dort machte er den Vorschlag,
auch gleich den Bordstein mit abzu-
senken, um das Platzerlebnis zu
verbessern.
Krier erklärte sich grundsätzlich
bereit, mehr für Neu-Isenburg zu
planen, wenn die Stadt daran
interessiert wäre.
lebenswert, wenn sie das menschliche
Maß respektiert. Wenn sie also nicht
im Tempo des Automobils, sondern in
jenem der Fußgänger und Fahrrad-
fahrer tickt. Wenn sich auf ihren über-
schaubaren Plätze und Gassen wieder
Menschen begegnen können. Darin
besteht schließlich die Idee einer
Stadt. Das ganze Interview und warum
wir Innenstädte ganz neu denken müs-
sen, lesen Sie am 26.10. im Neu-Isen-
burger Extrablatt. Ein Monat später ist
„Jaime Lerner“ im Interview.
Woran erkennt man die Lebensqualität einer Stadt? Das Interview mit Jan Gehl, dänischer Architekt und Stadtplaner im nächsten Extrablatt
N E U - I S E N B U R G
Gegen die „Verhässlichung“ der StädteExperte Léon Krier zum Stadtumbau – Neu-Isenburg soll schöner werden
Jürgen Aha zeigt Léon Krier die Entwicklungsgebiete Frankfurter Straße und den Alten Ort
Krier ist seit über 15 Jahren der persönliche Stadtplaner des Prinzen
Hankook
Seite 11 September 2018
Sicherlich eine interessante Frage,
wenn es um den STADT.UMBAU
vom „Alten Ort bis zur Neuen Welt“
geht. Denn so formuliert unser Bür-
germeister Herbert Hunkel gerne das
definierte Fördergebiet und erklärt da-
bei auch gerne ausführlich, was es
bedeutet. Nun will Neu-Isenburg seine
Innenstadt umbauen – sie soll schöner
werden, mehr Aufenthaltsqualität bie-
ten und sich auch besser auf die Fol-
gen des Klimawandels einstellen.
Wer entscheidet mit?
Von den Nachfolgern der Hugenotten
wohnen vielleicht noch eine Handvoll
in Neu-Isenburg. Aber inzwischen le-
ben über 120 Nationen in unserer
Stadt: Neu-Isenburg ist als Standort
attraktiv, die Stadt wächst, sie wird
immer internationaler – aber wird sie
sich deshalb auch immer fremder? In
einer Dorfgemeinschaft zum Beispiel
gibt es keine Fremden. In der Stadt
sind fremde Gesichter das Normale,
nur die vertrauten fallen auf. Aber
ohne den Zuzug von Fremden gibt es
keine großen und schon gar keine
kulturell und ökonomisch produktiven
Städte.
Wo ist unsere Bürgerschaft?
Fast 40.000 Einwohner hat Neu-Isen-
burg. Leider interessiert sich kaum
jemand dafür, wie Neu-Isenburg schö-
ner werden soll. Die Bürgerbeteili-
gung beim größten Stadtumbauprojekt
– unsere Innenstadt – ist so gering,
dass die Frage: „wo ist unsere Bürger-
schaft?“, berechtigt ist. Zur Erarbei-
tung des Integrierten Stadtentwick-
lungskonzeptes (ISEK) soll das die
Gruppe „Lokale Partnerschaft“ über-
nehmen. Sie umfasst die verschiedens-
ten Institutionen und ist als fester
Bestandteil des Planungsprozesses zu
integrieren.
Wer engagiert sich?
Es sind immer dieselben
An den ersten Sitzungen nahmen rund
40 Vertreterinnen und Vertreter aus
Interessengruppen teil. Es wurden drei
Arbeitsgruppen entlang der Förderge-
biete gegründet. Das Neu-Isenburger
Extrablatt war bei den ersten Treffen
der drei Arbeitsgruppen „Alter Ort“,
„Neue Welt“ und „Innenstadt“ dabei.
Ideen und Anregungen sollten von den
ohne dass die Lebensqualität der
Anwohner leidet. Also kein Projekt,
das mit aller Gewalt durchgezogen
werden soll. Aber es ist nun mal unser
früheres Wahrzeichen und soll im
Nutzen eine Bereicherung für all
werden. Zu unseren Festen soll es ein
Mittelpunkt werden und mehr noch
ein Grund sein, den schönen Alten Ort
wieder als Zentrum unserer Stadt zu
sehen und zu erleben.
Wir hoffen das sich viele für diese
Idee begeistern können. Wir haben
jetzt auch Facebook und Email:
Hugenotten Rathaus Neu-Isenburg
Mail: [email protected]
Ein Blick zurück – Fußgängerzone
Das Neu-Isenburger Extrablatt hat ins
Archiv gesehen: Die Fußgängerzone
war eine der Ersten in Deutschland
und wurde am 04.09.1976 eröffnet.
Schon damals hieß es, dass nun der
erste Schritt zur Erneuerung unserer
Innenstadt getan sei. Zu den bereits
vorhandenen guten Spezialitäten- und
Fachgeschäften, sollen weitere attrak-
tive Einkaufsmöglichkeiten kommen,
die den sehr kaufbewussten Bürger
anziehen und ihn fern von Abgasen
das Einkaufen ermöglichen. Der dabei
entstehende Boulevard-Charakter soll
für einkaufende Isenburger, eine ge-
mütliche Atmosphäre schaffen. Bür-
germeister Hans Fey wurde im Neu-
Isenburger Anzeigeblatt wie folgt
zitiert: „Neu-Isenburg soll schöner
werden. Heute sehen wir, dass man
mit relativ einfachen Mitteln eine In-
nenstadt schöner gestalten kann. Wir
haben 14 Pflanzkombinationen für die
Verschönerung aufgestellt, 25 Papier-
körbe (für Umweltbewußte) und 25
Fahrradständer, womit die Fußgänger-
zone nun mit allem ausgestattet sein
dürfte, was das Leben und Einkaufen
hier zu einer echten Freude werden
läßt.“
Bürger in Bewegung:
Der Alte Ort: Torsten von Juterzenka
(links im Bild). Die Attraktivität des
Alten Orts ist unbestritten. Es kommt
nur darauf an ob man dort wohnt oder
den Alten Ort besuchen will. Und da
mangelt es an vielen Ecken. Es geht in
erste Linie um die Lebensqualität für
alle Isenburger die ihren Stadtkern
erleben wollen.
Ideen für einen Wochenmarkt oder
Geschäfte wie Bäcker und Metzger
sind schon geboren. Der Aufbau des
Alten Rathauses sollte als Initialzün-
dung und als Belebung fungieren. So
dass sich vom Kern aus andere Ge-
schäfte und Gastronomen ansiedeln,
Liebe Leser vom Neu-Isenburger
Extrablatt, seit 2014 bin ich Vorstand
der „City Neu-Isenburg Interessen-
gemeinschaft“, zu der 33 Einzelhänd-
ler, Dienstleistungsbetriebe sowie das
Isenburg-Zentrum gehören. Unsere
Geschäfts- und Kaufwelt lebt von und
mit dem Wettbewerb. Unser Motto
„Gut für die Leut, gut für die Stadt“
bringt unsere Botschaft auf den Punkt.
Und wenn die Bürger von sich aus da-
zu stehen „Gude, du hast mein Wort,
ich kauf´s im Ort,“ dann freuen wir
uns besonders für die IG City.
Das Stadtumbauprojekt ist die wohl
größte Herausforderung für die Zu-
kunft unserer Innenstadt. Der oft be-
vorzugte Einkauf auf der „grünen
Wiese“ und der boomende Online-
Handel, setzen Innenstädte immer
mehr unter Druck. Und der demo-
grafische Wandel lässt die klassische
Einkaufsklientel langsam aber sicher
weniger werden. Wir brauchen für
unsere Innenstadt ein ganzheitliches
Konzept, das Wohnen, Leben und Ein-
kaufen, kurz städtisches Leben fördert.
Neue Wohnungen müssen in der In-
nenstadt gebaut werden damit die Ge-
schäfte der Innenstadt leben können.
Die Wahlbeteiligung bei der letzten
Kommunalwahl 2016 in Neu-Isenburg
war mit 40,4 Prozent die bisher nied-
rigste. 1997 waren es noch 58 Prozent.
War das bereits ein erstes Warnsignal,
dass die Politik sich vom Bürger ent-
fremdet? Heute spielt sicherlich auch
die Bundespolitik mit eine große Rol-
le, die Ereignisse der letzten Wochen
und die für Bürger nicht nachvollzieh-
baren Entscheidungen, verstärken wei-
ter die Entfremdungstendenzen.
Brauchen wir eine neue Kultur
des Miteinanders?
Scheinbar hat die alte Kultur des Mit-
einanders auch in Neu-Isenburg aus-
gedient und sollte überprüft werden.
So zumindest lässt sich ein erstes
Resümee aufgrund des Desinteresses
am „Stadtumbau in der Bevölkerung“
ziehen. Man kann ja das Interesse der
Bevölkerung am Stadtgeschehen nicht
nur an den Besucherzahlen bei städti-
schen Festen messen: wie Altstadtfest,
Open Doors, Weinfest.
Wie kann man aber das Interesse der
Bürger wecken, damit diese sich zum
Beispiel bei der Gruppe der „Lokalen
Partnerschaft“ mit einbringen? Sicher-
lich ist das einen Aufgabe, die von der
Öffentlichkeitsarbeit der Stadt zu lö-
sen ist. Da kann man auch von ande-
ren Kommunen lernen, die einen kon-
tinuierlichen Bürgerdialog führen und
dabei sich auch verstärkt der sozialen
Medien bedienen. Eine Medienplatt-
form, die natürlich besonders von der
Generation Mitte genutzt wird.
Auch die NH ProjektStadt
ist gefordert
Für die nächsten 10 Jahre (plus 5 Jah-
re) berät das beauftragte externe Be-
ratungsteam unsere Stadt bei der Ent-
wicklung des Konzeptes. Sicherlich
kann man als erfahrenes und mit Neu-
Isenburg vertrautes Unternehmen,
nicht mit der Bürgerbeteiligung zufrie-
den sein. Letztendlich geht es um In-
vestitionen von über 20 Millionen
Euro im Rahmen des Stadtumbau
Projektes.
Es gibt sogar im Budgetplan zu ver-
wendende Mittel für die Öffentlich-
keitsarbeit. Gibt es ein Konzept für
den Bürgerdialog? Oder wie soll eine
permanente Information über die
geplanten Maßnahmen erfolgen? Das
Neu-Isenburger Extrablatt wollte in
dieser Ausgabe bereits mehr über das
berichten, was die Stadt plant. Leider
wurden wir vertröstet mit dem Hin-
weis doch auf der Homepage der Stadt
nachzusehen. Doch da ist letzte Infor-
mation vom 28.08.2018.
Wem gehört eigentlich die Stadt?Den Beamten, Stadtplanern, Investoren, Bürgern – oder diesen Gründerfamilien von 1699?
N E U - I S E N B U R G
Torsten von Juterzenka redet Klartext auf dem Alten Marktplatz
Christian Kahnke (IG City) redet Klartext zur Fußgängerzone
Arbeitsgruppen miteingebracht wer-
den, was auch von den Anwesenden
rege geschah. Aber wer war eigentlich
anwesend? Wenn man zunächst die
Zahl der „Offiziellen“ abzieht, dann
waren im Durchschnitt pro Veran-
staltung ca. 10-15 interessierte Bürger
pro Fördergebiet anwesend. Übrigens
Personen, die in der Tat meistens bei
Veranstaltungen zur Stadtentwicklung
zu sehen sind. Es sind engagierte
Bürger, die sich einbringen und somit
auch bereit sind, für ihre Ideen ein-
zustehen. Aber repräsentieren sie die
Bevölkerung unserer Stadt?
Nein…
Man könnte in diesem Fall von einem
harten Kern sprechen: eher ältere,
Ende 60-jährige, über 70-jährige Neu-
Isenburger, mit einer hohen Affinität
zu ihrer Stadt. Sie sind sozusagen das
Fundament, das zur Meinungsbildung
in unserer Stadt wesentlich beiträgt,
aber nicht die Mehrheit der Bevölke-
rung ausmacht. Wie setzt sich denn
die Bevölkerung zusammen?
Hier ein Blick auf die Einwohnersta-
tistik aus dem Jahr 2017: Bemerkens-
wert ist, dass fast 9.000 Neu-Isenbur-
gerInnen nicht älter als 25 Jahre sind.
Die über 65-jährigen haben einen
Anteil von 21 Prozent an der Gesamt-
bevölkerung. Die sogenannte „Gene-
ration der Mitte“ (im Alter zwischen
25 und 55 Jahren) macht knapp 44
Prozent der Bevölkerung aus und stellt
somit den Hauptanteil der Isenburger.
Aber warum engagiert sich nicht die
„Generation der Mitte“, die letztend-
lich die Mehrheit von Neu-Isenburgs
Bürger ausmacht?
Was denkt unsere
„Generation Mitte?“
Im Kern der Gesellschaft – so offen-
sichtlich auch in Neu-Isenburg –
macht sich nach einer aktuellen Al-
lensbach-Studie zu Folge, eine massi-
ve Unsicherheit breit. Seit 2016 ist der
Anteil der Bürger, die eine Schwä-
chung des gesellschaftlichen Zusam-
menhalts beklagen, von 56 Prozent auf
67 Prozent angestiegen. Eine große
Mehrheit von 65 Prozent empfindet
ihn insgesamt "schwach" oder sogar
"sehr schwach". Begründet wird dies
damit, dass sich die Politik zuneh-
mend vom Bürger entfremdet.
Impressum: Das Neu-Isenburger Extrablatt ist eine monatliche Themenzeitung für die Stadt
Neu-Isenburg. Sie erscheint zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung im Umfang von 12
Seiten. Druck: PNP Druck die Hybrid-Spezialisten, Passau. Vertrieb: Deutsche Post. Idee,
Redaktion und Gestaltung: Klaus Reinhardt. Fotos: Redaktion, Agron Babalija. Titel-Illus-
trationen: Torsten von Juterzenka, Film und Postproduction: Peter Kochems. Facebook Neu-
Isenburger Extrablatt. Telefon: 06102 – 8394757 Email: [email protected]
W. Eritas kommentiert:
Wer hat schon was gegen
frische Luft.
Wir laden jedes Schäfchenwölkchen
mit Sauerstoffkapazität herzlich
ein in unserer Stadt zu verweilen.
Wenn da nicht die böse Physik
wäre. Die, die noch böseren Aus-
puff schleudern, in ihrem Unter-
fangen zu unterstützen, die ach
so geliebte Frischluft (die leider
zu leicht ist) in ihre Schranken
zu weisen.
Wir können leider nicht alle
Nicht-Isenburger die hier durch-
brettern an ihrem Vorhaben
hindern früh nach Hause kommen
zu wollen. Weil´s ja keinen Weg
außen rum gibt. Wäre mal ne
gute Idee. Haben andere schon
umgesetzt…und läuft. Gibt’s aber
bei uns noch nicht.
Also werden auch in Zukunft alle
mit Tunnelblick fahrenden SUV
Prols und ihre Kleinwagenfreunde
immer den schnellsten Weg
nutzen und sämtliche Schönheiten
die unsere Stadt zu bieten hat,
galant ignorieren, damit sie sich
daheim über die Scheißluft in der
Stadt beschweren können.
Da wir aber erst in ca. 20
Jahren alle schwebende und
autonome Elektroautos haben,
oder fahren, oder gefahren
werden, bleibt uns wohl
nichts anderes übrig, mal
dahin zu spazieren, wo es
eine Überdosis an H2O gibt.
Also aufhören zu jammern,
Schuhe anziehen und die un-
endlichen Hektar an Wald und
Wiese erkunden, die unser
Städtchen umgibt. Und immer
schön ein- und ausatmen…
es beruhigt!!!
wird nun von den Erwachsenen ge-
staltet. Über alle Maßnahmen ent-
scheidet der Magistrat der Stadt Neu-
Isenburg, beraten von der NH Projekt
Stadt als externes Team. Wie hieß
noch der Song von Herbert Gröne-
meier: Gebt den Kindern das Kom-
mando. Sie berechnen nicht, was sie
tun. Die Welt gehört in Kinderhände.
Dem Trübsinn ein Ende…
Zuerst die gute Nachricht…
Frischluftschneisen, oder auch Frisch-
luftbahnen genannt, leiten luft-hygie-
nisch unbelastete, thermisch aber nicht
näher differenzierte Luftmassen. Hier-
durch kann frische, kühle Umlandluft
weit in den Stadtkörper hineingeführt
werden. Das Lexikon der Geowissen-
schaften definiert die Frischluftschnei-
se als zusammenhängendes, hindernis-
freies Gebiet vom Umland bis in das
Stadtgebiet, in dem die Frischluft ver-
frachtet werden kann.
…nun die schlechte Nachricht
Die Frischluftschneisen müssen aller-
dings möglichst weit weg von Straßen
und Industriegebieten verlaufen, damit
die Luft auf ihrem Weg in die Innen-
stadt sich nicht mit Schadstoffen an-
reichert wie CO2, NOx, CO, Feinstaub,
Benzol, Ozon oder SO2. Hoppla, sagt
unsere Satireredaktion und hat ihr neu-
es Thema für die Seite 12 gefunden.
Unsere Innenstadt
ist also keine Frischluftschneise?
Nein! Und so informiert die Satirere-
daktion weiter: Liebe „Bürgerinitiati-
ven und „Arbeitsgruppen Stadtumbau“
da habt ihr wohl etwas in die falsche
Luftröhre bekommen. Wo soll denn
eine Frischluftschneise durch unsere
Innenstadt gehen? Liebe „Bürger in
Bewegung“, die Grafik unten zeigt,
wie Frischluftschneisen funktionieren:
sie gehen nicht durch dicht bebaute
Innenstadtbereiche, weil es dort an
Anschlüssen für eine Kaltluft leitende
Kinder müssen draußen bleiben Stadtumbau nur für Erwachsene geeignet
N E U - I S E N B U R G
Neu-Isenburg, und beschießen uns mit
Abgasen, Feinstaub und anderen Gift-
stoffen. Aber wie lange hält die Burg
Neu-Isenburg noch stand? Wann muss
sie wegen der Übermacht des motori-
sierten Verkehrs kapitulieren? Oder
müssen wir mit den Kommunen im
Rhein-Main-Gebiet ein Pkw-Rückfüh-
rungsabkommen an der Stadtgrenze
schließen? Dafür muss Neu-Isenburg
dann allerdings selbst Pkws die aus
Neu-Isenburg kommen, auch wieder
zurücknehmen.
Neu-Isenburg wird Frischluftzone
Neu-Isenburg wächst rasant und die
Politik muss sich auf mehr Bürger,
mehr Unternehmen und mehr Verkehr
einstellen. Unsere Stadt gehört zu den
besonders mit Feinstaub und Stickoxi-
den belasteten Städten im Rhein-
Main-Gebiet. Deshalb sind große freie
Flächen, nötig, um den dringend erfor-
derlichen Luftaustausch in der bereits
zu dicht verbauten Stadt zu gewähr-
leisten.
Der einfachste Weg ist, im Rahmen
des Programm STADT.UMBAU die
Innenstadt zur Frischluftzone zu er-
klären. So kann treu dem Motto Neu-
Isenburg wird schöner, bzw. STADT.
MOBIL Staufrei in die Zukunft, unse-
re Stadt „überlebenswerter“ werden.
führt. Dabei wäre dies doch ein erster
Schritt in die richtige Richtung gewe-
sen, um den gesellschaftlichen Zusam-
menhalt von früh auf zu stärken. Nun
hat man offensichtlich diese Chance
vertan und Neu-Isenburgs Innenstadt
„Satirisches“ Gebabbel zum Stadtklima und zur Lufthygiene
Seite 12 September 2018
Das sind Frischluftschneisen bzw. Frischluftbahnen
CO2
Feinstaub
NOX
Benzol
COOzon
Frischluftsterben: Rettet unsere Innenstadt Von Frischluftschneisen, sauberer Luft und Pkw-Rückführungsabkommen
Nachbarstädte Isenburg
Wir werden euch schon zeigen Wie eure
Stadt in 10 Jahren auszusehen hat…
Frischluftschneise fehlt. Es handelt
sich bei Frischluftschneisen vielmehr
um freigehaltene Flächen, die Frisch-
luftströmungen erst ermöglichen sol-
len. Dort allerdings, wo enge Häuser-
schluchten, Asphalt und Pflastersteine
sowie fehlendes Grün die Innenstadt
im Sommer aufheizen, sind primär an-
dere Maßnahmen gefordert, um dort
die Luftqualität zu verbessern. Doch
von wo kommt eigentlich die soge-
nannte „frische“ Luft?
Stadtklima und Luftqualität
Die Satireredaktion hat tagelang re-
cherchiert und konnte folgendes er-
mitteln: über Neu-Isenburg weht zu
ca. 70 % im Jahr der Westwind. So die
Aussage vom Flughafen Frankfurt, der
es ja wissen muss in welcher Richtung
Flugzeuge starten. Die frisch-gekühlte
Luft kommt also aus Richtung Flug-
hafen und trifft in Neu-Isenburg erst-
mals auf Höhe des Bahnhofs ein.
Die noch frische Luft zieht dann über
Neu-Isenburg hinweg und lädt sich
Straße für Straße, Haus für Haus mit
Schadstoffen und Feinstaub auf, um
die Innenstadt mit „frisch“ belasteter
Luft zu durchströmen.
„Frischluftschneise“
Carl-Ulrich-Straße
So sieht es aus, wenn sich die noch
frische Luft der Frischluftschneise
Carl-Ulrich-Straße nähert, bevor diese
dann mit Schadstoffen angereichert
wird. Entlang der Carl-Ulrich-Straße
nimmt die Luft dann immer mehr
Schadstoffe auf und so wird aus einer
Frischluftschneise – entlang der Straße
– eine „Dreckluftschneise“, über die
das ganze Übel in die Innenstadt ge-
blasen wird. Von frischer Luft, ist nun
nichts mehr vorhanden, geschweige
von sauberer Luft, die eigentlich euro-
paweit ein höchstrichterlich bestätigtes
Recht ist. Handlungsbedarf ist gege-
ben: im integrierten Klimaschutzkon-
zept der Stadt ist aufzunehmen:
Saubere Luft mit
Pkw-Rückführungsabkommen
In Neu-Isenburg verursacht der Ver-
kehr fast die Hälfte der CO2 Emissio
nen. Der motorisierte Individualver-
kehr hat jetzt bereits einen Anteil von
64%. Das Tagesverkehrsaufkommen
betrug 2016 ca. 100.000 Kfz/24h. Da-
von kommen ca. 37.000 Verkehrsteil-
nehmer aus beruflichen Gründen nach
Die Satireredaktion vom Neu-Isenbur-
ger Extrablatt – bekannt für ihre klare
und unverblümte Meinungsäußerung –
sagt, was Sache ist – denn die Zukunft
unserer Innenstadt ist nur etwas für die
Erwachsenen, die Erziehungsberechti-
gen, oder sonstige Vormünder.
In 10 Jahren (plus 5 Jahre) ist das För-
derprogramm Stadtumbau verbaut und
wir blicken voller Staunen auf das,
was wir geschaffen haben. Toll, wird
dann wahrscheinlich die Politik sagen,
wer auch immer im Stadtparlament
noch sitzen wird. Und hoffentlich le-
ben dann auch noch die engagierten
Bürger, die sich so vehement für ein
schöneres Neu-Isenburg eingesetzt ha-
ben.
Aber vor allem werden die damals
jungen Neu-Isenburger dann staunen,
die man nicht befragt hatte, weil sie ja
noch so jung und unerfahren waren.
Kinder fragt man nicht, wie sie sich
ihre Stadt in Zukunft vorstellen, in der
sie in Zukunft leben sollen. Wir hoffen
für alle, dass dies gut geht und nicht
zu einem Konflikt der Generationen